Politische Parteien in Polen

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Das seit 1989 bestehende polnische Parteiensystem ist durch eine relativ starke Diskontinuität geprägt. Aufgrund einer geringen Parteienbindung der Wähler und zersplitterter politischer Lager, befindet es sich in ständiger Bewegung. Zudem bewiesen viele Abgeordnete bisher eine hohe, wenn auch mittlerweile zurückgehende Bereitschaft zum Parteiwechsel. Zahlreiche Parteineugründungen, -auflösungen, -zusammenschlüsse und -abspaltungen machen es schwer ein einfaches Bild zu zeichnen. Hinzu kommt die Möglichkeit im polnischen Parlament parteiungebundene Fraktionen zu bilden oder lose Wahlbündnisse zu schließen, die keine rechtliche Vereinigung der beteiligten Parteien voraussetzen.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die polnische Verfassung legt die Ziele und die Grundsätze fest, nach denen die Parteien funktionieren und organisiert sind. Hervorzuheben ist dabei der Artikel 13, der das Verbot von Parteien bestimmt:

„Verboten ist das Bestehen politischer Parteien und anderer Organisationen, die sich in ihren Programmen auf die totalitären Methoden und Praktiken des Nazismus, Faschismus und Kommunismus berufen. Verboten ist auch das Bestehen solcher Parteien, deren Programm oder Tätigkeit Rassen- und Nationalitätenhass, Gewalt zum Zweck der Machtübernahme oder Einflussausübung auf die Staatspolitik voraussetzt oder zulässt sowie das Verheimlichen von Strukturen oder Mitgliedschaft vorsieht.“

Um eine Partei zu gründen sind mindestens 1.000 wahlberechtigte Bürger notwendig. Einzelne Personengruppen wie Richter, Staatsanwälte, Polizisten, Soldaten oder Staatsbeamte dürfen nicht Mitglied einer Partei sein. Darüber hinaus regelt die Verfassung auch die Parteienfinanzierung. Staatliche Zuschüsse erhalten demnach nur diejenigen Parteien, die mindestens 3 Prozent der Stimmen bei einer Wahl erhalten. Für Wahlbündnisse gilt eine Grenze von 8 Prozent der Stimmen. Eine Wirtschaftstätigkeit der Parteien ist nicht erlaubt.

Parlamentswahlen 2015

Sitzverteilung im Sejm seit 2015

Am 25. Oktober 2015 fanden die Parlamentswahlen zur achten Wahlperiode statt, woraus fünf Parteien den Einzug in das polnische Unterhaus schafften. Der nationalkonservativen Partei Prawo i Sprawiedliwość (PiS) gelang es unter Ministerpräsidentin Beata Szydło die absolute Mehrheit im Sejm und Senat zu erzielen, was ein Novum in der Dritten Polnischen Republik darstellt. Die vorher regierende Koalition bestehend aus der liberalkonservativen Platforma Obywatelska (PO) und Polskie Stronnictwo Ludowe (PSL) wurde nach zwei Legislaturperioden abgewählt und hat zusammen nur noch 154 Sitze. Die Zjednoczona Lewica (ZL) verfehlte die für Wahlbündnisse aus mehreren Parteien geltende Sperrklausel von 8 Prozent. Somit ist erstmals seit Beginn der Dritten Republik keine linke Partei im Parlament vertreten. Das Wahlkomitee Kukiz'15 des Rockmusikers Paweł Kukiz und die liberale Partei .Nowoczesna des Ökonomen Ryszard Petru sind erstmals im Parlament vertreten. Das Wahlergebnis wird als Rechtsruck bezeichnet.

Parlamentswahlen 2011

Sitzverteilung im Sejm 2011–2015

Nach den Parlamentswahlen 2011 schafften zunächst fünf Parteien den Einzug in den Sejm. Stärkste Fraktion wurde die von Ministerpräsident Donald Tusk geführte Bürgerplattform (Platforma Obywatelska, PO). Sie bildet seit 2007 eine Koalition mit der agrarisch orientierten Polnischen Volkspartei (Polskie Stronnictwo Ludowe, PSL), die zunächst mit Waldemar Pawlak in den Wahlkampf zog, mittlerweile jedoch von Janusz Piechociński geleitet wird. Zweitstärkste Fraktion wurde die von 2005 bis 2007 regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość, PiS), welche vom ehemaligen Ministerpräsidenten Jarosław Kaczyński geführt wird. Ebenfalls einziehen konnte die Partei Bund der Demokratischen Linken (Sojusz Lewicy Demokratycznej, SLD), die bis 2005 zur stärksten politischen Kraft zählte und deren Vorsitzender der ehemalige Ministerpräsident Leszek Miller ist. Die erstmals im Sejm vertretene Partei Deine Bewegung (Twój Ruch, TR) bildet unter ihrem Vorsitzenden Janusz Palikot hingegen die drittstärkste Fraktion.

Im Laufe der Legislaturperiode kam es jedoch innerhalb der beiden großen Parteien PO und PiS zu personellen und programmatischen Differenzen. Neben mittlerweile 16 fraktionslosen Abgeordneten ist aus einer Gruppe von Abweichlern der PiS die Fraktion Solidarisches Polen (Solidarna Polska, SP) unter Führung des ehemaligen Europaabgeordneten Zbigniew Ziobro entstanden. Die bis 2011 im Sejm vertretenen Parteien Selbstverteidigung (Samoobrona) und Liga Polnischer Familien (Liga Polskich Rodzin, LPR) haben nach deutlichen Wahlniederlagen ihre bisherige Bedeutung gänzlich eingebüßt.

Die polnischen Grünen (Zieloni) sind erstmals seit 2014 nach einem Parteiwechsel der transsexuellen Abgeordneten Anna Grodzka im Sejm vertreten. Diese hatte über die Wahlliste der Partei Deine Bewegung ihr Mandat gewonnen und ist auch weiterhin Mitglied deren Fraktion.

Weitere gegenwärtig in der Öffentlichkeit präsente, allerdings außerhalb des Sejm stehende Parteien, sind die vom ehemaligen Justizminister Jarosław Gowin gegründete Partei Polen Zusammen (Polska Razem, PR) sowie der Kongress der Neuen Rechten (Kongres Nowej Prawicy, KNP) unter seinem Vorsitzenden Janusz Korwin-Mikke. Letzterer Partei gelang bei der Europawahl 2014 sogar der Einzug ins Europaparlament.

Politisches Spektrum

Das für westeuropäische Parteiensysteme verwendete Rechts-Links-Schema ist auf die polnische Parteienlandschaft nur bedingt anwendbar. Die Einteilung in „Linke“, „Mitte“ und „Rechte“ kann nur als grobe Richtungsanzeige für das politische Spektrum in Polen dienen, das sich vornehmlich an kulturell-ideologisch-normativen Kriterien orientiert und aus Sicht der sozioökonomischen Programmatik der Parteien ein anderes Bild ergeben würde. Eine Verortung nach sozioökonomischen Positionen der Parteien zwischen Staatsinterventionismus und freier Marktwirtschaft sowie kulturell-ideologisch-normativen Haltungen der Parteien zwischen Nationalismus und Kosmopolitismus erscheint plausibler.

Die Konfliktlinien, an denen sich das polnische Parteiensystem seit Gründung der sogenannten Dritten Republik orientiert, bewegen sich hauptsächlich auf der kulturell-ideologisch-normativen Achse. Erst seit den Parlamentswahlen 2001 spielen sozioökonomische Fragen eine größere Rolle. In den 1990er Jahren wurden diese von anderen Themen überlagert, wenngleich sie dennoch eine strukturierende Wirkung entfalteten.

Für die Eigenbezeichnung oder -verortung der polnischen Parteien sind folgende Konfliktlinien prägend:

Die Linke

Die politische Linke Polens hat sich mittlerweile vollständig aus ihrer postkommunistischen Vergangenheit gelöst und wird vornehmlich durch die zwei Parteien Bund der Demokratischen Linken (Sojusz Lewicy Demokratycznej, SLD) und Arbeitsunion (Unia Pracy, UP) repräsentiert.

Der SLD wurde bereits 1991 als Wahlbündnis aus etwa 30 verschiedenen Gruppierungen gegründet und insbesondere von der Sozialdemokratie der Republik Polen (Socjaldemokracja Rzeczypospolitej Polskiej, SdRP) als Nachfolgepartei der kommunistischen Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (Polska Zjednoczona Partia Robotnicza, PZPR) sowie dem Gesamtpolnischen Gewerkschaftsverband (Ogólnopolskie Porozumienie Związków Zawodowych, OPZZ) dominiert. 1999 wurde das Wahlbündnis offiziell in eine Partei umgewandelt.

Innenpolitisch vertritt der SLD sozialdemokratische Ziele, außenpolitisch ist er an einer engen Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union und der NATO interessiert. Er fordert eine sozialverträgliche Durchführung der Transformationsprozesse. Im Verhältnis zur Kirche zeigt sich die Partei strikt laizistisch, mit bisweilen antiklerikalen Untertönen. 2001 fuhr der SLD mit 41 Prozent der Stimmen seinen bisher größten Wahlsieg bei den Parlamentswahlen ein. Sein damaliger Spitzenkandidat Leszek Miller wurde Ministerpräsident einer Koalition mit der sozialdemokratischen UP und der gemäßigt konservativen PSL, die allerdings im März 2003 aus der Koalition ausschied. Kurz nach dem Beitritt zur Europäischen Union im Mai 2004 trat Miller zurück. Sein Nachfolger wurde Marek Belka. Während einer tiefen Vertrauenskrise im März 2004 kam es bis 2005 unter der Wortführerschaft des damaligen Parlamentspräsidenten Marek Borowski zu einer kurzzeitigen Spaltung der Partei.

Ab 2007 war die politische Linke in Polen über das Wahlbündnis Linke und Demokraten (Lewica i Demokraci, LiD) vertreten. Mit ihrem Spitzenkandidaten, dem ehemaligen Staatspräsidenten Aleksander Kwaśniewski, erreichte das Bündnis 13,15 Prozent der Stimmen. 2005 erreichten die im Bündnis zusammengeschlossenen Einzelparteien noch insgesamt 17,65 Prozent. Die Erwartungen an ein Zusammengehen wurden somit nicht erfüllt. 2008 löste sich das Bündnis daher wieder auf, blieb aber bis zur nächsten Wahl im Herbst 2011 als Fraktion im Sejm vertreten.

Die Mitte

Logo der PO

Der politische Liberalismus wird heute vor allem durch die liberal-konservative Bürgerplattform (Platforma Obywatelska, PO), die erst 2011 gegründete Partei Deine Bewegung (Twój Ruch, TR) und die mittlerweile zur Kleinpartei geschrumpfte sozial-liberale Demokratische Partei (Partia Demokratyczna oder Demokraci, PD) repräsentiert.

Die PD ging 2005 aus der Freiheitsunion (Unia Wolności, UW) hervor, die 1993 aus einem Zusammenschluss aus der Demokratischen Union (Unia Demokratyczna, UD) und dem Liberal-Demokratischen Kongress (Kongres Liberalno-Demokratyczny, KLD) entstanden war. Aus ihrem Umkreis kamen die drei Ministerpräsidenten Tadeusz Mazowiecki, Jan Krzysztof Bielecki und Hanna Suchocka. Die vor allem im Europäischen Parlament unter Bronisław Geremek aktive PD schaffte zwar 2001 und 2005 nicht den Einzug ins Parlament, erreichte diesen aber schließlich wieder 2007 über das Wahlbündnis LiD 2007, bevor sie 2011 ganz ausschied.

Die 2001 von ehemaligen Parteigängern der konservativen Wahlaktion Solidarität (Akcja Wyborcza Solidarność, AWS) und der PD gegründete PO wurde 2005 zweitstärkste Fraktion und zog schließlich 2007 mit einem Rekordergebnis von 41,1 Prozent als stärkste Kraft in den Sejm ein. Sie bildet seitdem unter Ministerpräsident Donald Tusk mit ihrem Koalitionspartner, der Polnischen Volkspartei (Polskie Stronnictwo Ludowe, PSL), die Regierung. Die PSL zählt zu den ältesten unter den derzeit aktiven Parteien in Polen. Sie gilt als gemäßigt konservative und zentristisch orientierte Partei, die vor allem die Landbevölkerung und den landwirtschaftlichen Sektor vertreten möchte, dabei aber vor allem gegenüber der Europäischen Union euphorisch auftritt. Die heutige PSL basiert auf einer gleichnamigen polnischen Bauernpartei, die bereits im 19. Jahrhundert existierte. Sie ist eine neu-alte Partei und wurde nach dem politischen Systemwechsel 1989 neugegründet.

Die Partei Deine Bewegung (Twój Ruch, TR) stellt hingegen ein Novum in der polnischen Parteienlandschaft dar. Unter ihrem Vorsitzenden Janusz Palikot, einem ehemaligen Abgeordneten der PO, gegründet, vertritt sie Positionen des sozialen Liberalismus, einer neuorientierten Sozialdemokratie, eines stärkeren Progressivismus und eines deutlichen Antiklerikalismus. Die Partei sieht sich selbst als Bindeglied zwischen sämtlichen politischen Lagern, jedoch auch als direkte Konkurrenz zur PO und dem SLD.

Die Rechte

Wie auf dem linken, gab es auch auf dem rechten Flügel der polnischen Politik den Versuch, die bereits 1990 zersplitterten christlich-demokratischen, konservativen und nationalistischen Kräfte zu einer schlagkräftigen Partei zu bündeln. Nachdem die ab 1996 aus zahlreichen Gruppierungen entstandene Wahlaktion Solidarität (Akcja Wyborcza Solidarność, AWS) 1997 mit 33,8 Prozent die Parlamentswahlen mit großem Vorsprung vor dem SLD mit nur 27,1 Prozent gewinnen konnte, übernahm Jerzy Buzek – zuerst in einer Koalition mit der UW, später in einer Minderheitsregierung – die Regierungsverantwortung. Bereits kurz nach der Wahl kam es jedoch zu Erosionserscheinungen, weshalb die Partei sukzessive zersplitterte. 2001 erreichte die übrig gebliebene Rumpfpartei in einem Wahlbündnis mit der rechts-katholischen Bewegung für den Wiederaufbau Polens (Ruch Odbudowy Polski, ROP) nur noch 5,6 Prozent der Stimmen und zog nicht mehr in den Sejm ein. Erfolgreicher waren hingegen die aus ihr hervorgegangenen Parteien, die um die Führung der Rechten kämpften.

Die beiden derzeit stärksten Parteien Polens sind die national-konservative Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość, PiS) und die liberal-konservative Bürgerplattform (Platforma Obywatelska, PO). Die erstgenannte PiS, die größtenteils als gegenüber der Europäischen Union skeptisch anzusehen ist, gewann 2005 mit 27 Prozent der Stimmen unerwartet die Wahlen zum Sejm. Premier wurde Kazimierz Marcinkiewicz, der jedoch im Juli 2006 seinen Posten zugunsten von Parteichef Jarosław Kaczyński räumen musste. Kaczyńskis Koalition mit der nationalistischen Liga Polnischer Familien (Liga Polskich Rodzin, LPR) und der als links-populistisch einzustufenden Selbstverteidigung (Samoobrona) zerbrach jedoch, so dass im Oktober 2007 Neuwahlen nötig wurden, bei denen die PiS zwar rund fünf Prozentpunkte hinzugewann, jedoch hinter die PO zurückfiel. Beide vorherigen Koalitionspartner scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde und sind seitdem in der politischen Bedeutungslosigkeit versunken.

Des Weiteren existiert mit dem Kongress der Neuen Rechten (Kongres Nowej Prawicy, KNP), geführt von Janusz Korwin-Mikke, seit 2011 eine weitere Partei innerhalb des rechten Spektrums, die sowohl gesellschafts- als auch wirtschaftspolitisch libertäre Züge aufweist und seit 2014 im Europaparlament vertreten ist.

Historischer Rückblick

In den Jahren zwischen 1944 und 1948 - nach der Befreiung aus der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg - kämpften die polnischen Kommunisten der Polnischen Arbeiterpartei (Polska Partia Robotnicza, PPR), welche durch die Sowjetunion massiv unterstützt wurden, um die Vorherrschaft im Nachkriegspolen. Sie konkurrierten mit den Sozialisten der Polnischen Sozialistischen Partei (Polska Partia Socjalistyczna, PPS), welche von den Staatsicherheitsorganen der polnischen Kommunisten und der Sowjetunion unterwandert wurde, um eine kommunistische Machtübernahme zu ermöglichen. Neben diesen Parteien gab es zudem die im Volk populäre und zentristisch orientierte Polnischen Volkspartei (Polskie Stronnictwo Ludowe, PSL). Daneben existierten noch die beiden ebenfalls links des Spektrums anzutreffenden Splitterparteien Arbeitspartei (Stronnictwo Pracy, SP) und Volkspartei (Stronnictwo Ludowe, SL). Lediglich das kleine liberal-demokratische und bis heute existierende Demokratische Bündnis (Stronnictwo Demokratyczne, SD) konnte sich eine gewisse Unabhängigkeit bewahren.

Die PPR versuchte über das System eines Wahlblocks eine einheitliche Wahlliste mit gemeinsamen Kandidaten zu etablieren. Zur Teilnahme waren alle Parteien eingeladen. Im Laufe der Jahre wurde Josef Stalin einer der entscheidendsten Schiedsrichter und mischte sich erheblich in die polnische Innenpolitik ein. Der Kommunismus beziehungsweise Stalinismus wurde aufgrund von bürgerkriegsähnlichen Zuständen zwischen den politischen Lagern allerdings erst nach 1948 eingeführt. Im selben Jahr waren die PPR und die PPS einer Zwangsvereinigung unterzogen worden (ähnlich der zwischen SPD und KPD zur SED). Die PPS erfuhr massive politische Säuberungen und Gegner des neuen Regimes wurden aus Partei- sowie Regierungsämtern gedrängt. Die neue Partei hieß nun Polnische Vereinigte Arbeiterpartei (Polska Zjednoczona Partia Robotnicza, PZPR). Ihre Führungspersönlichkeiten waren Bolesław Bierut und Władysław Gomułka.

Logo der PZPR

Nach 1948 wurde die PZPR zur führenden und die Regierung allein bestimmenden Partei. Allerdings gab es, wie in der DDR, auch Blockparteien, die im weiterhin betriebenen Sejm auftraten: Die Vereinigte Bauernpartei (Zjednoczone Stronnictwo Ludowe, ZSL), die zuvor genannte SD und kleinere katholische Gruppierungen.

Nach 1989

Durch den politischen Systemwechsel 1989 entwickelte sich in Polen ein sehr vielfältiges Parteienwesen, das anfangs auf Grund der noch frischen Strukturen und mangelnder institutioneller Traditionen häufigen Veränderungen unterworfen blieb. In dieser Situation versuchten immer wieder ehrgeizige Einzelpersonen mit eigenen Parteien größere Wählergruppen hinter sich zu bringen. Die Einführung einer Sperrklausel von 5 Prozent für Parteien sowie 8 Prozent für Wahlbündnisse 1993 hat dafür gesorgt, dass diese Projekte kurzlebig blieben und dass ein Konzentrationsprozess innerhalb des Parteiensystems eingesetzt hat.

Folgende lagerbezogene Regierungsphasen lassen sich des Weiteren seit 1989 feststellen:

1989–1993 Die turbulente Phase der „Solidaritätsregierungen“ bestehend aus wechselnden Nachfolgeparteien der demokratischen Oppositionsbewegung und geprägt von harschen Reformkursen unter Wirtschaftsminister Leszek Balcerowicz sowie einer starken Parteienfragmentierung.
1993–1997 Die lange und erste Phase der postkommunistischen Regierungen beziehungsweise die Rückkehr ehemaliger sozialistischer Parteikader und der Aufstieg ihrer Nachfolgepartei SLD, gleichbedeutend mit dem Wunsch der Wählerschaft nach mehr staatlichem Protektionismus.
1997–2001 Die zweite jedoch kurze „Postsolidaritätsregierung “ unter dem späteren Präsidenten des Europäischen Parlaments Jerzy Buzek sowie der konservativen AWS und somit die vorerst letzte Phase eines geeinten Mitte-Rechts-Lagers, geprägt von einschneidenden Reformen auf allen Ebenen.
2001–2005 Die zweite und als Hochphase anzusehende Regierungszeit der nunmehr zu Sozialdemokraten transformierten Postkommunisten des SLD, geprägt vom Beitritt zur Europäischen Union.
2005–2007 Die Regierung bestand aus der national-konservativen PiS, der nationalistischen LPR und der agrarisch-linkspopulistischen Samoobrona
2007–2015 Eine liberal-konservativen Koalition aus wirtschaftsliberaler PO und agrarisch orientierter PSL unter dem Ministerpräsidenten Donald Tusk. Seit September 2014 ersetzt Ewa Kopacz den bisherigen Ministerpräsidenten Donald Tusk, der anschließend zum Präsidenten des "Europäischen Rates" gewählt wurde.
seit 2015 Alleinregierung der national-konservativen PiS unter Ministerpräsidentin Beata Szydło. Das Wahlergebnis wird als Rechtsruck bezeichnet.
Politische Präferenzen in den Jahren 1996–2008 laut Daten des Meinungsforschungsinstitutes CBOS

Verweise

Siehe auch

Literatur

  • Dieter Bingen: Polen. Wie ein labiles Parteiensystem zu einer Stabilisierung der Demokratie beiträgt, in: Ellen Bos / Dieter Segert (Hrsg.): Osteuropäische Demokratien als Trendsetter? Parteien und Parteiensysteme nach dem Ende des Übergangjahrzehnts, Opladen 2008, S. 77–90
  • Florian Grotz: Politische Institutionen und post-sozialistische Parteiensysteme in Ostmitteleuropa. Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei im Vergleich Opladen 2000
  • Michael Holländer: Konfliktlinien und Konfiguration der Parteiensysteme in Ostmitteleuropa 1988–2002, Norderstedt 2003
  • Christoph Kotowski: Populismus in Polen. Ein parteiübergreifendes Phänomen, 2. Auflage, Hamburg 2014, ISBN 978-3-95684-228-3
  • Csilla Machos: Desintegration und Umstrukturierung. Parteiensysteme in Ostmitteleuropa seit den Parlamentswahlen 1997/98, in: Südost-Europa, 50 (2001) 7–9, S. 403–440
  • Anna Niewiadomska-Frieling: Politische Parteien Polens nach 1989, Berlin 2006
  • Karsten Schmitz: Wahlsysteme und Parteiensysteme in Osteuropa. Analyse des Einflusses der Wahlsysteme auf die Parteiensysteme Osteuropas im Transformationsprozess, Saarbrücken 2008
  • Tom Thieme: Wandel der Parteiensysteme in den Ländern Ostmitteleuropas: Stabilität und Effektivität durch Konzentrationseffekte?, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 39 (2008), 4, 795-809
  • Konstanty Adam Wojtaszczyk: Das Parteiensystem in Polen, in: Das politische System Polens, 2001, S. 105–112
  • Klaus Ziemer: Die politische Ordnung, in: Dieter Bingen / Krzysztof Ruchniewicz: Länderbericht Polen, Bonn 2009, S. 147–191
  • Klaus Ziemer, Claudia-Yvette Matthes: Das politische System Polens, in: Wolfgang Ismayr (Hrsg.): Die politischen Systeme Osteuropas im Vergleich, Opladen 2004
  • Klaus Ziemer: Parlament – Parteien – Wahlen, in: Jochen Franzke (Hrsg.): Das moderne Polen. Staat und Gesellschaft im Wandel, Berlin 2003, S. 24–45

Weblinks

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