„National Missile Defense“ – Versionsunterschied

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Der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion der Grünen [[Jürgen Trittin]] rief die USA unterdessen auf, im Atomkonflikt mit Iran die "Eskalationsstrategie" zu beenden. Das "Gerede über einen Dritten Weltkrieg und die aktive militärische Einkreisung Irans" müsse aufhören. "Davon profitieren nur die Hardliner in Iran - einer internationalen Kontrolle des iranischen Atomprogramms dient das nicht." <ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,514459,00.html Atomstreit mit Iran: Bush lässt Kriegspläne dementieren] (Spiegel Online, 31. Oktober 2007)</ref>
Der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion der Grünen [[Jürgen Trittin]] rief die USA unterdessen auf, im Atomkonflikt mit Iran die "Eskalationsstrategie" zu beenden. Das "Gerede über einen Dritten Weltkrieg und die aktive militärische Einkreisung Irans" müsse aufhören. "Davon profitieren nur die Hardliner in Iran - einer internationalen Kontrolle des iranischen Atomprogramms dient das nicht." <ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,514459,00.html Atomstreit mit Iran: Bush lässt Kriegspläne dementieren] (Spiegel Online, 31. Oktober 2007)</ref>


<b>IAEA: Mohamed el-Baradei zeigt sich besorgt</b>
=== Kriegsgefahr: Mohammed el-Baradei zeigt sich besorgt ===
[[Bild:Shahab-3 Range.jpg|thumb|left|280px|Max. Reichweite der iranischen Rakete Schahab-3 nach Angaben der [[Central Intelligence Agency|CIA]], 2006]]
[[Bild:Shahab-3 Range.jpg|thumb|left|280px|Max. Reichweite der iranischen Rakete Schahab-3 nach Angaben der [[Central Intelligence Agency|CIA]], 2006]]
Der Generaldirektor der internationalen Atomenergiebehörde ([[IAEA]]) [[Mohammed el-Baradei]] gab sich Ende Oktober 2007 besorgt ob der scharfen Worte aus Washington gegen den Iran. Diese führten nur zu einer Zuspitzung des Konflikts, was letztlich in eine Katastrophe führen könne, so el-Baradei. Es gebe derzeit keine Beweise dafür, dass der Iran aktiv an einem solchen Programm arbeite. <ref>[http://www.nytimes.com/2007/10/28/opinion/28dowd.html?ei=5087&em=&en=9760f169dbded406&ex=1193716800&pagewanted=print Maureen Dowd: W.M.D. in Iran? Q.E.D.] ("New York Times", 28. Oktober 2007)</ref> "Wir haben Informationen, dass es möglicherweise Studien über eine atomare Bewaffnung gegeben hat", sagte el-Baradei. Es seien durchaus noch einige Fragen offen. Allerdings habe man weder Hinweise darauf, dass der Iran das nötige nukleare Material besitze, noch dass es ein aktives Atomwaffenprogramm gebe. <ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,514055,00.html Atomkonflikt: El-Baradei warnt USA vor scharfem Ton gegenüber Iran] (AP/Spiegel Online, 29. Oktober 2007)</ref> El-Baradeis Stellvertreter [[Olli Heinonen]] rechnete gleichzeitig mit einem Fortschritt bei den Verhandlungen mit Iran über dessen Urananreicherungs-Zentrifugen in Teheran.
Der Generaldirektor der internationalen Atomenergiebehörde ([[IAEA]]) [[Mohammed el-Baradei]] gab sich Ende Oktober 2007 besorgt ob der scharfen Worte aus Washington gegen den Iran. Diese führten nur zu einer Zuspitzung des Konflikts, was letztlich in eine Katastrophe führen könne, so el-Baradei. Es gebe derzeit keine Beweise dafür, dass der Iran aktiv an einem solchen Programm arbeite. <ref>[http://www.nytimes.com/2007/10/28/opinion/28dowd.html?ei=5087&em=&en=9760f169dbded406&ex=1193716800&pagewanted=print Maureen Dowd: W.M.D. in Iran? Q.E.D.] ("New York Times", 28. Oktober 2007)</ref> "Wir haben Informationen, dass es möglicherweise Studien über eine atomare Bewaffnung gegeben hat", sagte el-Baradei. Es seien durchaus noch einige Fragen offen. Allerdings habe man weder Hinweise darauf, dass der Iran das nötige nukleare Material besitze, noch dass es ein aktives Atomwaffenprogramm gebe. <ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,514055,00.html Atomkonflikt: El-Baradei warnt USA vor scharfem Ton gegenüber Iran] (AP/Spiegel Online, 29. Oktober 2007)</ref> El-Baradeis Stellvertreter [[Olli Heinonen]] rechnete gleichzeitig mit einem Fortschritt bei den Verhandlungen mit Iran über dessen Urananreicherungs-Zentrifugen in Teheran.
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Die USA und Frankreich verwarfen die Einschätzung el-Baradeis, der Iran sei Jahre von der Fähigkeit zum Bau einer Bombe entfernt. Die Vereinigten Staaten sagten, der Umstand, dass der Iran auf der Anreicherung im eigenen Land bestehe, anstatt es billiger einzuführen, weise darauf hin, dass das Land wirklich nach Nuklearwaffen strebe. Der französische Verteidigungsminister [[Hervé Morin]] forderte Teheran auf, den Inspektoren der IAEO uneingeschränkten Zugang zu seinen nuklearen Anlagen zu gewähren. Die Informationen Frankreichs, die von jenen anderer Länder gestützt würden, seien konträr zu denen des IAEO-Generaldirektors: "Wenn el-Baradei recht hat, dann gibt es keinen Grund, dass der Iran el-Baradei und die IAEO davon abhält, Inspektionen durchzuführen." Der Iran bestreitet jedoch jedwede Behinderung der Tätigkeit der Atomenergiebehörde. <ref>[http://newsvote.bbc.co.uk/mpapps/pagetools/print/news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/7068478.stm IAEA findings on Iran dismissed] (BBC, 30. Oktober 2007)</ref>
Die USA und Frankreich verwarfen die Einschätzung el-Baradeis, der Iran sei Jahre von der Fähigkeit zum Bau einer Bombe entfernt. Die Vereinigten Staaten sagten, der Umstand, dass der Iran auf der Anreicherung im eigenen Land bestehe, anstatt es billiger einzuführen, weise darauf hin, dass das Land wirklich nach Nuklearwaffen strebe. Der französische Verteidigungsminister [[Hervé Morin]] forderte Teheran auf, den Inspektoren der IAEO uneingeschränkten Zugang zu seinen nuklearen Anlagen zu gewähren. Die Informationen Frankreichs, die von jenen anderer Länder gestützt würden, seien konträr zu denen des IAEO-Generaldirektors: "Wenn el-Baradei recht hat, dann gibt es keinen Grund, dass der Iran el-Baradei und die IAEO davon abhält, Inspektionen durchzuführen." Der Iran bestreitet jedoch jedwede Behinderung der Tätigkeit der Atomenergiebehörde. <ref>[http://newsvote.bbc.co.uk/mpapps/pagetools/print/news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/7068478.stm IAEA findings on Iran dismissed] (BBC, 30. Oktober 2007)</ref>


Kritiker nicht nur in den USA erkennen hier nicht zum ersten Mal Parallelen zu den Kriegsvorbereitungen gegen den [[Irakkrieg|Irak]] im Jahr 2002: "Falls das vertraut klingt, ist es in der Tat ein Déjà-vu. El-Baradei erklärte dasselbe, bevor der Irak angegriffen wurde. Aber drei Tage vor der Invasion sagte der amerikanische Nuklearexperte [[Dick Cheney]] [[Tim Russert]] von der NBC: 'Ich denke, Herr el-Baradei liegt, ganz offen, falsch.' - Da sind wir wieder. Wie im Fall des Irak hat die US-Aufklärung nach Beweisen für ein Atomwaffenprogramm im Iran Ausschau gehalten, aber - leider - vergeblich. Gebrannt von den Schwindel-'Beweisen', die beim Irak angeführt wurden - dem Uran aus Afrika, den Aluminiumröhren - scheut die Regierung davor zurück, nuklearbezogene 'Beweise' zu fingieren. Vertrauen Bush und Cheney abermals auf das [[Donald Rumsfeld|Rumsfeld]]-[[Diktum]], dass 'die Abwesenheit von Beweisen kein Beweis der Abwesenheit ist'?" Die Katze habe der israelische Botschafter in Washington, [[Sallai Meridor]], aus dem Sack gelassen, als er vor dem [[American Jewish Committee]] am 22. Oktober 2007 sagte, die Angelegenheit erfordere "vereinte Vereinigte Staaten", damit die Iraner nicht meinten, "kommt der Januar 2009 [das Ende der Amtszeit von George W. Bush], dann können sie machen, was sie wollen", schrieb Ray McGovern, der 27 Jahre lang Analyst des US-Geheimdienstes CIA war. <ref>[http://www.alternet.org/waroniraq/66607/ Ray McGovern: Attacking Iran for Israel?] (AlterNet, 1. November 2007 - McGovern war 27 Jahre lang Analyst des US-Geheimdienstes CIA)</ref>
Kritiker nicht nur in den USA erkennen hier nicht zum ersten Mal Parallelen zu den Kriegsvorbereitungen <ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,514951,00.html Cordula Meyer und Gregor Peter Schmitz: US-Strategie: Bushs Planspiele für den Iran-Krieg] (Spiegel Online, 2. November 2007)</ref> gegen den [[Irakkrieg|Irak]] im Jahr 2002: "Falls das vertraut klingt, ist es in der Tat ein Déjà-vu. El-Baradei erklärte dasselbe, bevor der Irak angegriffen wurde. Aber drei Tage vor der Invasion sagte der amerikanische Nuklearexperte [[Dick Cheney]] [[Tim Russert]] von der NBC: 'Ich denke, Herr el-Baradei liegt, ganz offen, falsch.' - Da sind wir wieder. Wie im Fall des Irak hat die US-Aufklärung nach Beweisen für ein Atomwaffenprogramm im Iran Ausschau gehalten, aber - leider - vergeblich. Gebrannt von den Schwindel-'Beweisen', die beim Irak angeführt wurden - dem Uran aus Afrika, den Aluminiumröhren - scheut die Regierung davor zurück, nuklearbezogene 'Beweise' zu fingieren. Vertrauen Bush und Cheney abermals auf das [[Donald Rumsfeld|Rumsfeld]]-[[Diktum]], dass 'die Abwesenheit von Beweisen kein Beweis der Abwesenheit ist'?" Die Katze habe der israelische Botschafter in Washington, [[Sallai Meridor]], aus dem Sack gelassen, als er vor dem [[American Jewish Committee]] am 22. Oktober 2007 sagte, die Angelegenheit erfordere "vereinte Vereinigte Staaten", damit die Iraner nicht meinten, "kommt der Januar 2009 [das Ende der Amtszeit von George W. Bush], dann können sie machen, was sie wollen", schrieb Ray McGovern, der 27 Jahre lang Analyst des US-Geheimdienstes CIA war. <ref>[http://www.alternet.org/waroniraq/66607/ Ray McGovern: Attacking Iran for Israel?] (AlterNet, 1. November 2007 - McGovern war 27 Jahre lang Analyst des US-Geheimdienstes CIA)</ref>


<b>Rosatom gegen Zentrum für Urananreicherung in arabischen Ländern</b>
<b>Rosatom gegen Zentrum für Urananreicherung in arabischen Ländern</b>
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<b>Barack Obama plädiert für einen neuen Ansatz gegenüber dem Iran</b>
<b>Barack Obama plädiert für einen neuen Ansatz gegenüber dem Iran</b>


In einem ausführlichen Interview mit der "[[New York Times]]" verdeutlichte US-Senator [[Barack Obama]], der sich als Präsidentschaftskandidat der [[Demokratische Partei|Demokratischen Partei]] für 2008 bewirbt, Anfang November 2007 die erheblichen Unterschiede seines Ansatzes gegenüber dem Iran sowohl im Blick auf die Politik der Bush-Regierung als auch im Vergleich zu [[Hillary Clinton]]. So bezeichnete er zwar das Atomprogramm des Landes als Grund für "ernsthafte Besorgnisse" und hob er die Notwendigkeit hervor, dass Teheran seine "Einmischung im Irak" beenden müsse, führte diese aber ausdrücklich auf die Angst des Iran vor der Politik Bushs in der Region zurück. Er betonte auch, dass er als Präsident bereit sein würde, mit dem Iran ohne Vorbedingungen zu sprechen: "Ich denke, es ist wichtig für uns, ein Signal auszusenden, dass wir nicht um jeden Preis auf einen Regimewechsel aus sind, sondern einen Wandel des Verhaltens [des Iran] erwarten." Gegenüber Teheran stünden sowohl Zuckerbrot als auch Peitsche zur Verfügung, um einen solchen Wandel des Verhaltens zu erwirken. Eine mögliche Belohnung für den Iran könne zum Beispiel eine Aufnahme des Iran in die [[Welthandelsorganisation]] sein. Obama unterstrich, er würde sich im Fall seiner Wahl für eine "aggressiv persönliche Diplomatie" engagieren. Der "New York Times" zufolge lehnte es Obama allerdings ab, die Frage zu beantworten, ob er für den Fall des diplomatischen Scheiterns militärische Maßnahmen gegen den Iran ergreifen oder weiter eine Eindämmungspolitik gegenüber Teheran verfolgen würde. <ref>[http://www.nytimes.com/2007/11/02/us/politics/02obama.html?_r=1&hp&oref=slogin Michael R. Gordon and Jeff Zeleny: Obama Envisions New Iran Approach] ("New York Times", 2. November 2007)</ref>
In einem ausführlichen Interview mit der "[[New York Times]]" verdeutlichte US-Senator [[Barack Obama]], der sich als Präsidentschaftskandidat der [[Demokratische Partei|Demokratischen Partei]] für 2008 bewirbt, Anfang November 2007 die erheblichen Unterschiede seines Ansatzes gegenüber dem Iran sowohl im Blick auf die Politik der Bush-Regierung als auch im Vergleich zu [[Hillary Clinton]] <ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,515012,00.html US-Wahlkampf: Hillary Clinton in der Iran-Falle] (Spiegel Online, 2. November 2007)</ref>. So bezeichnete er zwar das Atomprogramm des Landes als Grund für "ernsthafte Besorgnisse" und hob er die Notwendigkeit hervor, dass Teheran seine "Einmischung im Irak" beenden müsse, führte diese aber ausdrücklich auf die Angst des Iran vor der Politik Bushs in der Region zurück. Er betonte auch, dass er als Präsident bereit sein würde, mit dem Iran ohne Vorbedingungen zu sprechen: "Ich denke, es ist wichtig für uns, ein Signal auszusenden, dass wir nicht um jeden Preis auf einen Regimewechsel aus sind, sondern einen Wandel des Verhaltens [des Iran] erwarten." Gegenüber Teheran stünden sowohl Zuckerbrot als auch Peitsche zur Verfügung, um einen solchen Wandel des Verhaltens zu erwirken. Eine mögliche Belohnung für den Iran könne zum Beispiel eine Aufnahme des Iran in die [[Welthandelsorganisation]] sein. Obama unterstrich, er würde sich im Fall seiner Wahl für eine "aggressiv persönliche Diplomatie" engagieren. Der "New York Times" zufolge lehnte es Obama allerdings ab, die Frage zu beantworten, ob er für den Fall des diplomatischen Scheiterns militärische Maßnahmen gegen den Iran ergreifen oder weiter eine Eindämmungspolitik gegenüber Teheran verfolgen würde. <ref>[http://www.nytimes.com/2007/11/02/us/politics/02obama.html?_r=1&hp&oref=slogin Michael R. Gordon and Jeff Zeleny: Obama Envisions New Iran Approach] ("New York Times", 2. November 2007)</ref>


<b>Mögliche Konsequenzen für die NATO</b>
<b>Mögliche Konsequenzen für die NATO</b>

Version vom 2. November 2007, 16:28 Uhr

Start des Prototypen des „Exoatmospheric Kill Vehicle“
Prototyp des „Exoatmospheric Kill Vehicle“

Die National Missile Defense (kurz NMD; dt.: nationale Raketenabwehr) bzw. der US-Raketenschild ist ein zur Regierungszeit von George W. Bush angestrengtes Rüstungsprojekt der USA. Es gilt als Nachfolger der Strategic Defense Initiative (SDI).

Zweck der NMD soll es sein, anfliegende Interkontinentalraketen mit satellitengestützter Überwachung zu erkennen und entweder bereits nahe der Abschussrampen, auf ihrer Bahn im Weltall oder während des Sinkfluges in der Erdatmosphäre mittels Raketen oder Laser zu zerstören. Auf diese Weise soll ein Verteidigungsschutzschild für die Vereinigten Staaten realisiert werden.

Federführend verantwortlich für die Entwicklung und Umsetzung der NMD ist die Missile Defense Agency (MDA; etwa: Amt für Raketenverteidigung), eine Abteilung des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums.

Das Gesetz

Beschlossen wurde das Gesetz zur Nationalen Raketenverteidigung noch in der Regierungszeit von Bill Clinton. Darin heißt es:

Es ist die Politik der Vereinigten Staaten, so rasch wie technologisch möglich eine effektive Nationale Raketenverteidigung zu stationieren, die in der Lage ist, das Gebiet der Vereinigten Staaten gegen begrenzte ballistische Raketenangriffe (ob nun unbeabsichtigt, ungenehmigt oder vorsätzlich) zu verteidigen und deren Finanzierung unter dem Vorbehalt der jährlichen Zuteilungsbewilligung und der jährlichen Bewilligung von Mitteln für die Nationale Raketenverteidigung steht. (National Missile Defense Act von 1999 [1])

Historische Vorläufer

Weitere Vorläufer der NMD neben Ronald Reagans Strategic Defense Initiative waren u. a. seit den späten 50-er Jahren des 20. Jahrhunderts das Nike-Zeus-Programm (1961 eingestellt), das Project Defender, das Sentinel-Programm und – damit zusammenhängend – das Konzept des Ballistic Missile Boost Intercept (BAMBI; jeweils ab 1963; eingestellt 1968) sowie – ab 1967 – das Safeguard-Programm. Alle diese Vorhaben erwiesen sich aus politischen und technischen Gründen als problematisch und scheiterten letztendlich.

Aufgaben und Verfahren des Systems

Übersicht

Zunächst muss ein Raketenabwehrsystem anfliegende Raketen erkennen und unterscheiden können. Mittels Frühwarnradarstationen am Boden und mit Hilfe von Infrarotkameras in geostationären Satelliten erkennt das System – zumindest in der Theorie – automatisch startende Raketen an ihrer Antriebswärme (also dem Schweif bzw. Feuerstrahl). Die Infrarotkameras der Frühwarnsatelliten können die Raketen nach dem Durchqueren der unteren Atmosphärenschichten detektieren und anhand der Form und der Hitzeverteilung im Feuerstrahl den Raketentyp bestimmen – so jedenfalls die Vorstellung der Initiatoren der NMD.

Zu diesem Zeitpunkt (in der boost phase) ist bei Raketentypen, die sowohl für die Raumfahrt als auch als ICBMs verwendet werden, allerdings bislang keine Unterscheidung zwischen einem zivilen Raumfahrteinsatz oder einer militärischen Aggression möglich.

Am 24. April 2007 wurde das Near Field Infrared Experiment (NFIRE) [2] mit einer Minotaur-1-Trägerrakete von der Wallops Flight Facility auf eine Umlaufbahn in 495 km Höhe gebracht. Der ursprünglich schon für 2005 geplante Start war zuvor zweimal verschoben worden. NFIRE soll die Detektion von Raketentypen bzw. ihres Einsatzzweckes nunmehr entscheidend verbessern. Raketen, die in friedlicher Absicht eingesetzt werden, sollen so schon in der Startphase aussortiert werden können.

Im nächsten Schritt wird die Bahn der Rakete beobachtet und vorausberechnet. In der Zusammenschau der – in einem äußerst kurzen Zeitfenster – gewonnenen Daten muss dann abgeschätzt werden, ob es sich beim jeweiligen Raketenstart um einen Angriff oder zum Beispiel nur um eine Trägerrakete für die Raumfahrt handelt.

Die Vorausberechnung der Flugbahn ist relativ einfach, solange es sich bei dem Geschoss um eines mit strikt ballistischer Flugbahn wie etwa bei den meisten Interkontinentalraketen (ICBMs) handelt. Diese Raketen steigen nach dem Brennschluss in einer rechnerisch nachvollziehbaren Bahn (mit gewissen Abweichungen, verursacht u. a. durch diverse atmosphärische Einflüsse) bis in den Weltraum hinauf, um dort einen oder mehrere Gefechtsköpfe freizusetzen. Üblicherweise werden bei MIRVs auch noch Gefechtskopfattrappen freigesetzt, um Abwehrsysteme abzulenken und zu verwirren.

Allerdings hatte die Sowjetunion bereits in den 1960er Jahren ein System zur Einsatzreife entwickelt, das schon damals eine Vorausschau des mutmaßlichen Ziels bis kurz vor dem Einschlag unmöglich machte (vgl. FOBS).

Zur Zerstörung der atomaren Gefechtsköpfe wird in ihrer Flugbahn ein vom Boden gestartetes oder auch von Satelliten freigesetztes „Kill Vehicle“ (wie bei NFIRE vorgesehen, das die Detektion von feindlichen Flugkörpern mit deren Abwehr in einem Satelliten verbinden soll) auf Kollisionskurs gebracht – in teilweise nahezu entgegengesetzter Flugrichtung. Es ist mit IR- und Bildsensoren ausgestattet, um die Gefechtsköpfe zu erkennen. Im Idealfall besitzt diese Vernichtungsvorrichtung ein gewisse Lenkfähigkeit. Geplant sind auch Killersatelliten, die zu selbstständigen Annäherungsoperationen fähig sind ("Autonomous Proximity Operations"). Ein solches „Kill Vehicle“ soll dann einen Gefechtskopf bei seiner Bahn im All in der Regel durch bloße Kollision – also durch kinetische Energie – bei über 7 km/s (also 25.200 km/h) zerstören.

Hintergründe

Politischer Hintergrund

Als Nachfolgeprogramm der 1983 von Ronald Reagan ins Leben gerufenen Strategic Defense Initiative wird die NMD im Auftrag des amerikanischen Präsidenten George W. Bush mit Hochdruck weiterentwickelt. Dabei soll es nach offiziellen Angaben in erster Linie nicht als Verteidigung gegen mögliche Attacken der konkurrierenden Weltmächte Russland und China dienen, sondern vielmehr vor Terroristen und so genannten Schurkenstaaten wie dem Iran und Nordkorea schützen. Zusätzlich soll das System auch vor einem versehentlichen Abschuss atomarer Raketen durch Russland schützen, dem man offenbar auf Grund einer unterstellten mangelnden Stabilität seiner inneren Ordnung zutraut, seine Streitkräfte könnten der Kontrolle der Regierung entgleiten. Die Fertigstellung von NMD hätte allerdings gegen den noch mit der UdSSR abgeschlossenen ABM-Vertrag von 1972 verstoßen, den die USA deshalb am 13. Dezember 2001 einseitig aufgekündigt haben. Die Kündigung wurde sechs Monate später, am 13. Juni 2002, wirksam.

Technische Kritik

Die Verteidigung gegen eine ganze Flotte angreifender Raketen – und somit der vielbeschworene „Schutzschild“ – gilt jedoch nach Angaben verschiedener Experten bis heute (Stand: 2006) als technisch nicht möglich. Demnach können derzeit höchstens 20 Gefechtsköpfe auf einmal abgewehrt werden, was zwei bis drei angreifenden Raketen mit sieben bis acht MIRVs entspräche.

Gegen terroristische Angriffe ist der Schutz nach Einschätzung von Kritikern des NMD-Konzepts ebenfalls unvollkommen: eine terroristische Organisation, wenn sie denn in den Besitz einer Kernwaffe gelangte, würde diese eher auf anderen Wegen gegen die Vereinigten Staaten anwenden, etwa ins Land geschmuggelt (z. B. als „Kofferbombe“), in einem LKW o. ä. untergebracht und/oder per Schiff in den Hafen einer großen Stadt transportiert.

Auch hinsichtlich eines Raketenangriffs aus Russland ist die Wirksamkeit des Systems derzeit zweifelhaft, da die neu entwickelte russische Interkontinentalrakete Topol-M (SS-X-27; Topol-M2) über einen Sprengkopf verfügt, der sowohl im Hyperschallbereich operieren soll als auch lenkbar ist und somit keine ballistische (also vorausberechenbare) Flugbahn mehr hat. Sollte ein „Kill-Vehicle“ den atomaren Sprengkopf dennoch treffen und vernichten, würde sich der größte Teil seiner Trümmer inklusive des radioaktiven spaltbaren Materials weiter auf der ursprünglichen Bahn bewegen und über dem Ziel in die Erdatmosphäre eintreten und dort verglühen.

Taktische Grundlagen eines Raketenabwehrsystems

Die Zielsetzung bei der Systemarchitektur der National Missile Defense (Grafik des DoD)
Abkürzungen in der Grafik:

GBR Ground-Based Radar Am Boden stationiertes Radar
GBI Ground-Based Interceptor Am Boden stationierte Abfangeinrichtung [3]
DSP Defense Support Program Programm zur Unterstützung der Verteidigung
SBIRS Space-Based Infrared System Weltraumgestütztes Infrarotsystem
UEWR Upgraded Early Warning Radar Verbessertes Frühwarnradar
SMTS Space and Missile Tracking System Raumüberwachungs- und Raketenverfolgungssystem
LEO Überwachungssatellit im erdnahen Raum (Lower Earth Orbit)
GEO Geostationärer Überwachungssatellit

Grundlage einer Raketenabwehr ist die schnelle Reaktion auf anfliegende Raketen/Gefechtsköpfe. Innerhalb kürzester Zeit müssen startende Raketen als anfliegende ICBMs erkannt und deren Flugbahnen bestimmt werden.

Die Bekämpfung kann in drei möglichen Phasen des Angriffs stattfinden:

  1. Startphase
  2. Ballistischer, gfs. suborbitaler Flug außerhalb der Atmosphäre
  3. Wiedereintritt in die Atmosphäre/Zielanflug

Startphase

Datei:AASATAbnLaser.jpg
Künstlerische Darstellung: Eine Boeing AL-1 beschießt eine startende ballistische Rakete mit einem Laser

In der Startphase bietet eine aufsteigende ICBM im Prinzip ein relativ großes, sich auf einer vorausberechenbaren Bahn bewegendes Ziel, welches theoretisch einfach erfasst und bekämpft werden könnte. Ebenso könnten (im Prinzip) auf diese Weise mehrere Sprengköpfe (MIRVs) gleichzeitig durch die Zerstörung einer Rakete ausgeschaltet werden.

Das Problem in dieser Phase ist allerdings die Reaktionszeit: Die aktive Aufstiegsphase dauert ca. fünf bis zehn Minuten; bei moderneren Langstreckenraketen ist sie noch erheblich kürzer. In dieser Zeit müssen die Starts entdeckt und bewertet werden. Es muss entschieden werden, ob ein Angriff vorliegt und welche Ziele voraussichtlich angegriffen werden. Außerdem müssten in dieser kurzen Zeit die politischen und militärischen Entscheidungen zur Reaktion auf einen möglichen Angriff getroffen werden, was die Gefahr von Fehlschlüssen erheblich erhöht.

Durch das NMD-Konzept ist eine Bekämpfung in dieser Phase bislang nicht möglich, wenngleich auch hierzu intensiv geforscht wird. In Zukunft sollen für Abfangmanöver in der Startphase vornehmlich luftgestützte Laser (Airborne Laser, ABL) eingesetzt werden, da hier für den Einsatz jedweder materieller Geschosse die Zeit in aller Regel einfach zu knapp wäre (es sei denn, die Abwehrwaffe befände sich in unmittelbarer Nähe der startenden Rakete). Vom ABL erhofft man sich, Raketen in der Startphase innerhalb von Sekunden vernichten zu können [4].

Ende Oktober 2006 wurde angekündigt, dass 2007 eine Boeing-747, genannt Big Crow (deutsch: Große Krähe), mit einem Lasersystem zur Raketenabwehr ausgestattet werden soll; Meldungen zufolge sind die ersten Tests des Lasersystems unter Luftkampfbedingungen für 2008 geplant.

Für Kritiker sind Laserwaffen dieser Art allerdings nicht nur zu teuer, sondern oberdrein auch überflüssig, da sie mit geringem Aufwand wirkungslos gemacht werden könnten: Man müsse die Raketen dazu einfach nur mit einer verspiegelten Ummantelung versehen, die einen Großteil der gerichteten Energie ablenke. - Bisher sollen die USA für das Lasersystem zur Raketenabwehr bereits 3,5 Milliarden US-Dollar aufgewendet haben [5]. Der für das Projekt verantwortliche US-Generalleutnant Henry Trey Obering feierte Big Crow ganz im Sinne der manichäischen Star Wars-Welt: „Ich glaube, dass wir die Mächte des Guten aufbauen, um die Mächte des Bösen zu schlagen. Wir unternehmen einen großen Schritt, um dem amerikanischen Volk sein erstes Lichtschwert zu geben.[6]

Hauptartikel: Directed Energy Weapon; vgl. Tactical High Energy Laser

Ballistischer suborbitaler Freiflug außerhalb der Atmosphäre

Während des ballistischen Flugs werden die Sprengköpfe ausgesetzt. Diese steuern daraufhin auf ihre Ziele zu. Sollten MIRVs oder MARVs eingesetzt werden, vervielfachen sich dabei die zu bekämpfenden Objekte. Die Sprengköpfe stellen kleine, sich rasch und unabhängig bewegende Ziele dar. Jeder Sprengkopf müsste einzeln erfasst, verfolgt und bekämpft werden, was eine äußerst umfangreiche Dislozierung von Abwehrmitteln erforderte.

Der Vorteil einer Bekämpfung in dieser Phase wäre die verlängerte Reaktionszeit, um den Angriff zu bewerten und Prioritäten für die Verteidigung festzulegen.

Beim NMD-Programm soll diese Phase vorrangig zur Bekämpfung anfliegender Gefechtsköpfe genutzt werden.

Wiedereintritt in die Atmosphäre/Zielanflug

Der Wiedereintritt in die Atmosphäre bietet die längste Reaktionszeit: je nach Flugbahn bis zu 45 Minuten nach dem Start der zu bekämpfenden Rakete. Es ist am ehesten möglich, betroffene Ziele und Flugbahnen zu bestimmen, um den Abfangvorgang zu koordinieren - jedenfalls bei ballistischen Raketen. Ebenso können Attrappen besser ausgeschlossen werden, falls diese beim Eintritt in die Atmosphäre verglühen sollten.

Beim Wiedereintritt sind allerdings aktive Ausweichmanöver der Gefechtsköpfe möglich, so z.B. ein Hakenschlagen im hohen Überschallbereich in der oberen Atmosphäre, etwa durch als Auftriebskörper geformte Gefechtsköpfe.

Eine Bekämpfung durch das NMD-Konzept wäre begrenzt in den oberen Schichten der Atmosphäre möglich. In den unteren Schichten müssten jedoch konventionelle FlaRak-Systeme den untersten (und letzten) Abwehrschirm für durchkommende Gefechtsköpfe bilden.

Das NMD-Programm deckt nur einen Teil aller Angriffsphasen ab. Es stellt praktisch einen Kompromiss zwischen maximaler Reaktionszeit und möglichst einfacher Bekämpfung dar. Am problematischsten ist dabei, Verfahren und Techniken für eine schnelle Evaluierung und Entscheidung zu entwickeln, da bei einem Angriff 30 bis maximal 45 Minuten zwischen Start und Einschlag zur Verfügung stehen.

Die Testbilanz der NMD bis September 2007

Nach einer Mitteilung der Missile Defense Agency hat eine bodengestützte, von der Vandenberg Air Force Base in Kalifornien gestartete Rakete Ende September 2007 erfolgreich ein Zielprojektil über dem Pazifik abgefangen, das vom Kodiak Launch Complex in Alaska abgefeuert worden war. Einem Sprecher der MDA zufolge erfasste das kurz zuvor aufgerüstete Frühwarnradar der Beale Air Force Base in Kalifornien das „angreifende“ Geschoss unmittelbar nach dem Start. Die Demonstration dieser Fähigkeit war dem US-Raketenabwehramt zufolge das Anliegen des Tests, der der zwölfte dieser Art seit 1999 war. Vier davon waren Fehlschläge; ein Test im Mai 2007, als eine Abfangrakete nicht abhob, wurde zum „Nicht-Test“ erklärt. Jeder dieser Versuche kostet rund 100 Millionen Dollar. [7]

Auswirkungen

Neuer Rüstungswettlauf

Das Sea-based X-band Radar (SBX), das weltgrößte X-Band-Radar, hier während Modernisierungsarbeiten in Pearl Harbor im Januar 2006. Es soll ab 2007 bei Adak Island (einer Alëuten-Insel bei Alaska) stationiert werden und dem NMD-Raketenabwehrsystem dienen

Das National Missile Defense Projekt könnte zu einer erneuten Aufrüstung der Atommächte führen. So kündigte das russische Militär bereits neue Langstreckenraketen an, die über drei in der freien Flugphase lenkbare Sprengköpfe sowie über zusätzliche Attrappen verfügen sollen, womit sie die bisherigen Konzepte der NMD, wie oben erwähnt, weitestgehend nutzlos machen würden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Russland seit längerem plant, seine veralteten SS-18 und SS-N-20 Interkontinentalraketen (Baujahr 1967 bzw. 1984) zu ersetzen. Die Tatsache, dass dessen ungeachtet gleichwohl eine geringe Anzahl anfliegender Raketen bzw. Sprengköpfe abgewehrt werden können, würde das Wettrüsten voraussichtlich zusätzlich beschleunigen. Um eine glaubwürdige Abschreckung aufrecht zu erhalten, wäre zum Beispiel China gezwungen, sein Atomwaffenarsenal aufzustocken [8]. Davon könnten sich wiederum Pakistan und Indien gefährdet fühlen und ihrerseits ihre Arsenale vergrößern und modernisieren. "Chinas bescheidener Ausbau seiner nuklearen Raketenstreitkräfte wird dazu betrieben, um es in die Lage zu versetzen, gegenwärtige und künftige Raketenverteidigungssysteme der USA überwinden zu können. Eine dieser Technologien wären Mehrfach-Gefechtsköpfe, um die Raketenabwehr zu überfordern", hielt der US-Militärexperte Rick Fisher dazu 2005 fest [9].

Aktuelle Entwicklungen

Stationierungspläne in Tschechien und Polen

US-Grafik des Ballistic Missile Defense System (BMDS) in Europa

Einem Bericht des The Guardian (London) vom 22. Januar 2007 zufolge [10] hat die tschechische Regierung am 20. Januar grünes Licht gegeben für eine Militärbasis, die das umstrittene Raketenabwehrsystem der USA beherbergen soll. Es sei das erste Mal, dass Prag offiziell bestätige, Washington habe um Erlaubnis gebeten, eine Radarstation für das NMD-Programm auf tschechischem Territorium errichten zu dürfen. Schon in einer seiner ersten Amtshandlungen als tschechischer Ministerpräsident sagte Mirek Topolanek, der Bau der Einrichtungen in der Tschechischen Republik werde die europäische Sicherheit entscheidend verbessern. Er bezog sich dabei laut "Guardian" lediglich auf den Radarstützpunkt - dem britischen Blatt zufolge ein starkes Indiz dafür, dass das Pentagon hofft, Silos für Antiraketen-Raketen im benachbarten Polen bauen zu dürfen.

Unter dem Schlagwort on-of-Star-Wars-Einrichtung bzw. -Stützpunkt werden solche außerhalb des US-amerikanischen Hohheitsgebiets verstanden [11].

Unmissverständliche Warnungen aus Moskau

Russland hatte bereits Anfang Januar 2007 wiederholt davor gewarnt, dass jedwede Ausweitung des US-Raketenverteidigungsprojekts nach Osteuropa es nötigen werde, seine militärischen Planungen zu überarbeiten, um der darin gesehenen Bedrohung zu begegnen.

Das ist uns nicht gleichgültig und wir beobachten dies aufmerksam“, erklärte Generaloberst Wladimir Popowkin, der Befehlshaber der russischen Weltraumtruppen, dazu in Moskau vor Medienvertretern nach Bekanntwerden des tschechischen Placets zugunsten des US-Militärs [12]. Die Stationierung von US-amerikanischen Radaranlagen in Tschechien und von zehn Abwehrraketen in Polen würde die Sicherheit Russlands bedrohen, unterstrich der General. „Die Aufstellung amerikanischer Radars in Tschechien und die Einrichtung eines Stellungraumes für Abwehrraketen in Polen würden für Russland eine Gefahr darstellen. Vor allem deshalb, weil unsere strategischen Atomkräfte sichtbar sein würden“, so Popowkin.

Der Kommandeur der strategischen Bomberflotte Russlands, Generalleutnant Igor Chworow, hatte bereits am 5. März 2007 unverhohlen gedroht, seine Fernfliegerkräfte könnten mit Leichtigkeit jedwede Infrastruktur der Raketenabwehr in Polen oder Tschechien unbrauchbar machen oder zerstören. Zuvor hatte am 19. Februar Generaloberst Nikolai Solowzow, Chef der strategischen Raketenstreitkräfte, ebenso unmissverständlich angedeutet, dass Moskau Standorte der National Missile Defense der USA mit Waffen aus seinem nuklearen Arsenal angreifen könnte, wenn Washington seine Pläne weiter vorantreibt [13].

Ein NATO-Sprecher erklärte dazu: „Die Tage, in denen von Angriffen auf NATO-Gebiet oder umgekehrt gesprochen wurde, liegen lange hinter uns. Diese Art übertriebener Sprache ist altmodisch und deplatziert.“ Der polnische Regierungschef Jaroslaw Kaczynski sprach von einem Missverständnis und wandte sich gegen die Behauptung, der Schutzschild ziele auf eine Veränderung des militärischen Gleichgewichts ab. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hob gegenüber dem Handelsblatt die diplomatischen Versäumnisse hervor: „Da die Stationierungsorte näher an Russland heranrücken, hätte man vorher auch mit Russland reden sollen.[14]

Wladimir Putin: „Niemand fühlt sich mehr in Sicherheit!

Vielfach wurden Befürchtungen vor einem neuen Kalten Krieg laut - insbesondere auch, nachdem sich Wladimir Putin auf der Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik am 10. Februar mit Nachdruck gegen die unipolare Welt der Pax Americana gewandt hatte: „Ich glaube, dass das monopolare Modell für die heutige Welt nicht nur unannehmbar, sondern überhaupt unmöglich ist. Und nicht nur weil bei der Führung eines einzelnen in der heutigen - eben in der heutigen - Welt weder die militärpolitischen noch die wirtschaftlichen Ressourcen ausreichen würden.“ Es sei „eine immer stärkere Vernachlässigung der grundlegenden Prinzipien des Völkerrechts“ zu beobachten, so Putin: „Das ist natürlich äußerst gefährlich. Und das führt dazu, dass sich niemand mehr in Sicherheit fühlt. Ich möchte das betonen: Niemand fühlt sich mehr in Sicherheit! Weil sich niemand hinter der schützenden Mauer des Völkerrechts verbergen kann. Eine solche Politik katalysiert natürlich das Wettrüsten.[15]

Als Reaktion darauf meldeten sich in Deutschland Politiker aller Parteien kritisch zu dem Vorhaben. Es wurde gefordert, dass die Stationierung neuer Militärtechnik mit strategischer Bedeutung nicht einzeln zwischen USA und den betroffenen Ländern ausgehandelt werde, sondern auf EU- und NATO-Ebene abgestimmt werden müsse. Andere Kommentatoren merkten an, dass auch eine derart konzertierte Vorgehensweise nichts an den wesentlichen Bedenken strategischer Art seitens Russland ändern würde [16] oder stellten den angegebenen Zweck des Schutzes vor Raketen aus Iran in Frage - tatsächlich gehe es den USA darum, den Rüstungswettlauf mit Russland fortzusetzen.

Raketentest Ende Mai 2007

Am 29. Mai 2007 wurde von Russland demonstrativ der Prototyp der neuen Interkontinentalrakete RS-24 getestet. Dies wurde von Beobachtern als klares Signal an die USA, möglicherweise aber auch an China interpretiert[17]. Die RS-24 kann als Erst- und als Zweitschlagswaffe eingesetzt werden.

Am 31. Mai 2007 erklärte Wladimir Putin, die Raketentests seien eine direkte Antwort auf einseitige, unbegründete Handlungen westlicher Länder in der Sphäre der Raketenverteidigung. Sie „dienen dazu, das Gleichgewicht in der Weltordnung zu erhalten, und sie sind äußerst wichtig, um weltweit Frieden und Sicherheit zu erhalten“, zitierte ihn die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. [18] - Das Säbelrasseln [19] wurde im September 2007 mit der Präsentation der angeblich weltstärksten Vakuumbombe[20] fortgesetzt.

Hardliner in Moskau hatten zudem unter anderem vorgeschlagen, als Reaktion auf die Stationierungspläne der USA aus dem Vertrag über die Raketen mittlerer und geringerer Reichweite auszusteigen und operativ-taktische Raketenkomplexe vom Typ Iskander-M (eine Kurzstreckenrakete mit extrem geringen Vorwarnzeiten) an der Grenze zu Polen zu stationieren (im Oblast Kaliningrad).

Ende Oktober 2007: RS-18/SS-19 in modernisierter Version getestet

Die russischen Weltraumtruppen haben am 29. Oktober 2007 eine modernisierte Version der Interkontinental-Rakete RS-18 vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan gestartet. Die RS-18 (NATO-Code: SS-19 oder Stiletto) wurde erstmals 1975 und in verbesserter Ausführung 1980 in Dienst gestellt. Das Startgewicht der Rakete beträgt 105,6 Tonnen, die Länge 24 Meter und der Durchmesser 2,5 Meter. Die Rakete hat einen Mehrfachsprengkopf und startet aus einem Schacht. Der Übungsstart erfolgte im Auftrag der Raketentruppen, hieß es. [21]

Juli 2007: Putin setzt KSE-Vertrag aus

Wegen des Streits um die US-Raketenabwehr in Osteuropa hatte Putin am 14. Juli 2007 den Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa [22] ausgesetzt. Die Suspendierung tritt am 12. Dezember in Kraft. [23] - Am 12. Juni 2007 begann in der Wiener Hofburg eine von Russland geforderte Sonderkonferenz zu diesem Vertrag, die nach vier Tagen ohne Ergebnis endete.

"Erstens kann das amerikanische Militär sicher nicht ernsthaft glauben, dass der Iran dazu in der Lage ist, ballistische Interkontinentalraketen zu bauen und zweitens dazu, sie auf die USA abzufeuern. Beide Hochrechnungen gehören eher in das Reich der Psychiatrie als in das des Militärs oder der politischen Voraussicht. - Das legt für die Russen natürlich nahe, dass die NMD gegen Russland gerichtet ist und nicht gegen den Iran. Und es gibt einen zunehmenden Verdacht, dass die in Silos in Polen zu stationierenden Raketen keine bodengestützten Abfangvorrichtungen sind, sondern Mittelstreckenraketen in sehr kurzer Kampfentfernung von Zielen im europäischen Teil Russlands", analysiert Alexander Chramtschichlin vom Moskauer Institut für politische und militärische Analyse Ende Oktober 2007. [24] Er hebt allerdings hervor, dass es keineswegs im Interesse Russlands wäre, den Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa auszusetzen, weil dann die NATO erst recht ihre Überlegenheit ausspielen könne.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier und der französische Außenminister Bernard Kouchner haben am 28. Oktober 2007 gemeinsam an die Regierung in Moskau appelliert, die Bestimmungen des KSE-Vertrages nicht wie vorgesehen am 12. Dezember auszusetzen - dies "könnte das Ende des Vertragsregimes bedeuten", das sich seit 1990 als "Stabilitätsanker für die europäische Sicherheit bewährt habe"; eine "Erosion des KSE-Vertrags ("der bislang größte freiwillige und kontrollierte Abrüstungsprozess konventioneller Streitkräfte") könnte neue Rüstungswettläufe und Konfrontationslinien zur Folge haben", schrieben die beiden Minister in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 29. Oktober 2007.

August 2007: Russland plant umfangreiche Aufrüstung

Im August wurden zudem Pläne für eine umfangreiche Aufrüstung und Modernisierung der russischen Streitkräfte bekannt [25]. Unter anderem wurden die regelmäßigen Patrouillenflüge von Langstreckenbombern [26] außerhalb des russischen Staatsgebiets wiederaufgenommen, die 1992 einseitig eingestellt worden waren; geplant ist u.a. der Bau von sechs Flugzeugträgern sowie von neuen U-Booten. Darüber hinaus entwickelt Russland neue Flugzeuge (vgl. Suchoi Su-35), darunter einen Tarnkappenbomber.

Die Anführer des russischen Militärs und des militärisch-industriellen Komplexes haben auf die wahrgenommene Bedrohung einer US-Raketenstationierung nahe den russländischen Grenzen in typischer Manier geantwortet ... Das russische Militär und die Verteidigungsindustrie scheinen über mögliche politische Auswirkungen einer Politik von Drohungen und Gegendrohungen nicht besorgt zu sein. Allerdings wissen sie, dass erhöhte Spannungen zwischen Ost und West die Verteidigungsausgaben hochtreiben können, was immer gern gesehen wird. - Gleichermaßen könnte im Westen eine kontrollierte Steigerung der Ost-West-Spannungen und ein begrenzter Rüstungswettlauf den Zusammenhalt der NATO stärken sowie dazu beitragen, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen und daher begrüßt werden, solange die politische Entscheidungsfindung auf beiden Seiten ausschließlich militärischer Logik folgt“, so Pavel Felgenhauer Anfang März 2007. [27]

Strategische nukleare Parität ist Grundlage des Selbstverständnisses Russlands als Weltmacht

Für Russland stellt die strategische nukleare Parität mit den USA die Grundlage des Selbstverständnisses als Weltmacht sowie einen unverzichtbaren Garanten nationaler Sicherheit dar. Aus diesem Grund reagiert Russland auch äußerst sensibel auf vermutete Änderungen im nuklearstrategischen Verhältnis. Nachdem Russland bereits den Ausstieg der USA aus dem ABM-Vertrag hinnehmen musste und sich für den weiteren Abrüstungsprozess mit dem Moskauer Vertrag als äußerst schwaches Rahmenwerk ohne Verifikationsmechanismen begnügen musste, wird die Stationierung von MD-Komponenten in Osteuropa als ein weiterer Affront wahrgenommen. Im Sinne des selbstperzipierten Status als Großmacht hätte Russland Konsultationen im Vorfeld engerer Verhandlungen der USA mit Polen und der Tschechischen Republik erwartet. Die Drohungen Russlands sind daher auch als ein Ergebnis einer strukturellen Dissonanz zwischen Selbstwahrnehmung und Behandlung durch die USA zu verstehen“, analysierte dazu Martin Senn 2007. [28]

Anlässlich eines NATO-Außenministertreffens Ende April 2007 in Oslo hatte US-Außenministerin Rice erklärt: „Die Vorstellung, dass an die zehn Interzeptoren und ein paar Radare in Osteuropa die sowjetische [sic!] strategische Abschreckung bedrohen werden, ist schlichtweg haarsträubend [im Original: ludicrous; auch: grotesk, lachhaft, lächerlich, skurril].“ Besonders ihr Versprecher zog große Aufmerksamkeit von Kommentatoren auf sich. [29]. Rice sagte seinerzeit, dass die USA ihre Anstrengungen, die NMD-Pläne gegenüber den Russen durch gemeinsame Nutzung von Daten und Technologie zu entmystifizieren fortsetzen werden. Sie bestand darauf, dass Russland, Europa und die Vereinigten Staaten einer gemeinsamen Bedrohung ausgesetzt seien, weil das Risiko bestehe, dass der Iran Langstreckenraketen entwickele. [30]

Russischer Generalstabschef: Stationierung von Radar in Tschechien ist „schwerer Fehler

Die vor vier Monaten durchgeführten russisch-tschechischen Konsultationen über diese Frage haben zu unserem großen Leidwesen keine Veränderungen an der Position der tschechischen Führung ergeben. Sie haben beschlossen, weiter an der Stationierung einer Radarstation auf Ihrem Territorium zu arbeiten. Das ist sowohl ein politischer als auch ein militärischer Beschluss. Ich glaube, es wäre ein schwerer Fehler Ihrer Führung, Raketenabwehr-Elemente auf dem eigenen Territorium unterzubringen“, erklärte der Generalstabschef der russischen Streitkräfte Juri Balujewski am 21. August 2007 bei seinem Treffen mit dem stellvertretenden tschechischen Verteidigungsminister, Martin Bartak. Nach Ansicht des russischen Generalstabschefs wachsen sich die Verhandlungen über den Raketenabwehr-Aufbau in Europa zu einem Problem aus, wie die Nachrichtenagentur RIA Nowosti meldete [31].

Ich bin ein Militär und rede gerade heraus, ohne diplomatischen Firlefanz“, wird Balujewski zitiert. „Heute äußern bestimmte Kreise im Westen direkt Entrüstung über die Diskussionen und Konsultationen, die Russland mit jenen einzuleiten versucht, denen es nicht einerlei ist, wie sich die Situation in Europa und der Welt als Ganzes entwickeln wird“, sagte Balujewski. Er betonte hierbei, dass solche Konsultationen auch weiterhin unbedingt abgehalten werden müssen (vgl. Shanghai Cooperation Organisation). Gleichzeitig wies er Vorwürfe zurück, Russland würde sich "einmischen".

Altbundeskanzler Schröder: Die NMD treibt Russland in die Isolation

Anlässlich einer Buchvorstellung in Moskau im September 2007 kritisierte der deutsche Altbundeskanzler Gerhard Schröder, jetzt Aufsichtsratsvorsitzender der Nord Stream AG (Ostsee-Pipeline), die geplante Aufstellung von Teilen der US-Raketenabwehr in Osteuropa scharf und zeigte sich beunruhigt darüber, dass Elemente dieses Systems auch in den neuen Bundesländern stationiert werden sollen. Die Regierungen in Polen und Tschechien rief er demnach [32] auf, sich von gesamteuropäischen Interessen leiten zu lassen und den Raketenschirm nicht zu einer bilateralen Angelegenheit mit den USA zu machen. Diese „engstirnige Politik“ mache das vereinigte Europa „zur Geisel der nationalen Interessen“, so Schröder, der sich stets vehement für gute Beziehungen zu Russland einsetzte [33]. Die deutsche Bundesregierung forderte er auf, das US-Raketenabwehrsystem offiziell als „gefährlich“ einzustufen, denn dieses Programm treibe Russland in die Isolation [34], was europäischen Interessen widerspreche.

Politische Diskussion und Meinungsbildung zur NMD in Deutschland

Auch Peter Ramsauer, stellvertretender Fraktionvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, erklärte gegenüber dem Jewish Institute for National Security Affairs (JINSA) in den USA, die Raketenabwehr sollte nicht trilateral zwischen den Vereinigten Staaten, Tschechien und Polen ausgehandelt, sondern im NATO-Russland-Rat thematisiert werden [35]. Ramsauer äußerte sein Bedauern, dass Deutschland nicht in die Planungen miteinbezogen wurde und zeigte gleichzeitig Verständnis für die russischen Einwände gegen die NMD.

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag Eckart von Klaeden hatte sich noch im April 2007 für eine Raketenabwehr in Europa ausgesprochen. Er begründete dies vor allem mit der seiner Meinung nach vom Iran ausgehenden Gefahr: "In 5 bis 10 Jahren könnte er in der Lage sein, selbst Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von 3000 km herzustellen - München ist 2760 km vom Iran entfernt." - "Deutschland, Europa und die Nato müssen endlich eine gemeinsame und fundierte Bedrohungsanalyse formulieren, dringend ihre Bedrohungsperzeption den Realitäten anpassen und über einen Raketenabwehrschirm befinden. Dass der Iran nach Ansicht der internationalen Atomenergiebehörde erst in zwei, vier oder sechs Jahren in der Lage sein wird, eine Atombombe zu bauen, ist wahrlich kein Grund zur Entwarnung: Unter Berücksichtigung der Entwicklungszeiten von bis zu 10 Jahren für ein Raketenabwehrsystem müssten wir eigentlich schon heute mit ersten Maßnahmen zu seinem Aufbau beginnen", so von Klaeden. Es passe nicht zusammen, "wenn gerade die Gegner eines Raketenabwehrschildes den Vereinigten Staaten einerseits militärischen Interventionismus vorwerfen, andererseits aber den Aufbau von Alternativen zu militärischem Eingreifen verhindern wollen." [36]

Hinsichtlich einer möglichen Zusammenarbeit von Moskau und Washington bei der Raketenabwehr (die allerdings zusehends unwahrscheinlicher wird) hatte auch der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle Anfang Juni 2007 eine Beteiligung der Europäer eingefordert. "Wenn die Präsidenten Putin und Bush jetzt über eine gemeinsame Raketenabwehr beispielsweise in Aserbaidschan nachdenken wollen, dann muss Europa auch dabei beteiligt sein." Diese Einbindung sei die Lehre aus dem Kalten Krieg: "Unser aller Sicherheit darf nie mehr als geteilte Sicherheit verstanden werden", erklärte Westerwelle. Gerade neue Bedrohungen könnten nur gemeinsam beantwortet werden. [37]

Bei einem Vortrag zur Gegenwärtigen Lage der Welt [38] im Deutschen Historischen Institut in Moskau äußerte Ende September 2007 hingegen der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt Bedenken gegen die Stationierungspläne der US-Amerikaner: Ein neues Wettrüsten werde "den Frieden bestimmt nicht stabilisieren", erklärte Schmidt. "Russland versteht diese Entwicklung plus die bereits geschehene NATO-Erweiterung bis direkt vor die eigenen Grenze als Programm zur Sicherung der amerikanischen Vorherrschaft und nicht als Sicherung des militärischen Gleichgewichts." Das Land werde heute "besser und friedlicher regiert als in den Jahrzehnten zuvor." Ungeachtet dessen hielten "einige Amerikaner und auch bis zu einem gewissen Grade die NATO am früheren Argwohn fest", sagte der Altkanzler. Gleichwohl äußerte er sich skeptisch hinsichtlich einer künftigen demokratischen Entwicklung Russlands: "Russland ist etwas Einzigartiges. Seit tausend Jahren ist das Land an autokratische Regime gewöhnt", meinte Schmidt: "Es wird deshalb kaum jemals eine Demokratie nach Westminster oder Washingtoner Vorbild werden." [39];[40]

Mehrheit der tschechischen Bürger gegen Stationierung

Laut einer nach eigenem Bekunden repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Opinion Research Corporation, die im Auftrag der US-amerikanischen Organisation Missile Defense Advocacy Alliance (etwa: Raketenabwehrunterstützerallianz) [41] im August 2007 durchgeführt wurde, sprachen sich 51 Prozent der Bürger Tschechiens gegen die Stationierung einer US-Radareinrichtung für die NMD in ihrem Land aus. Nur 38 Prozent befürworteten die Aufstellung. 57 Prozent der Tschechen glauben demnach, dass die US-amerikanische Präsenz und die Stationierung der Radaranlage nicht zur Erhöhung der Sicherheit Tschechiens beitragen würden. 30 Prozent vertraten die gegenteilige Meinung. Während 38 Prozent der Befürworter in der Radarstation einen Schutz gegen die vom Iran ausgehende Bedrohung sehen, stimmten 24 Prozent der Befürworter der Aussage zu, dass die Stationierung helfen würde, "der Einschüchterung seitens Russlands entgegenzuwirken" [42]. - Hinweis: Das angekündigte Webdokument zu dieser Umfrage der die NMD vehement befürwortenden Organisation war am 30. Oktober 2007 immer noch "under construction"; die entsprechende Pressemitteilung wurde offenbar von der Website entfernt, entlinkt oder ins Unauffindbare verlagert.

Vaclav Klaus: Radarstation in Míšov stärkt Beziehungen der Tschechischen Republik zu den USA

In einer Rede zum 89. Jahrestag der Gründung der ehemaligen Tschechoslowakei sprach sich der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus am 28. Oktober 2007 für eine Stärkung der Beziehungen zu den Vereinigten Staaten aus, denen eine solide Grundlage gegeben werden müsse. "Ein Beispiel könnte die derzeitige Debatte über die amerikanische Radarstation in unserem Land sein, die dieses Problem sehr klar wiederspiegelt: Wir müssen den richtigen 'Zement' für diese Partnerschaft finden und dabei abwägen, wo die Bedrohungen in der heutigen Welt sind", wurde Klaus von der AFP zitiert. [43]

In einem Gespräch mit dem US-Rundfunksender Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) hatte Vaclav Klaus Anfang August 2007 gefordert, die Prager Regierung solle den Widerstand der Bürger gegenüber dem amerikanischen Vorhaben, in Tschechien eine Radaranlage zu stationieren, respektieren und insbesondere die komplexe Sachlage bezüglich des US-Raketenabwehrsystems in Mitteleuropa umfassend erklären. "Die öffentlichen Umfragen, die zu dieser Frage durchgeführt wurden, sind eindeutig. Niemand hat sie gefälscht", so Klaus.

Der Sprecher des US-amerikanischen Raketenabwehramts, Richard Lehner, erklärte, der militärische Standort Brdy unweit der Gemeinde Míšov im Okres Plzeň-jih biete die beste Infrastruktur und logistische Absicherung für die Stationierung einer US-Radaranlage in Tschechien. Der Standort sei besonders günstig bezüglich seiner Versorgung mit Wasser und Strom. Auch die tschechische Regierung sieht den Standort unweit Míšovs als den günstigsten für die mögliche Stationierung der Radaranlage an, hieß es Anfang August 2007. [44]

Unterdessen hat die tschechische Regierung Kompensationszahlungen für die betroffenen Kreise und Gemeinden in Höhe von 1,25 Milliarden Kronen (66,7 Millionen USD, ca. 48 Mio. Euro) in Aussicht gestellt. Das Geld werde auch dann ausbezahlt, wenn keine US-Radarstation gebaut werden sollte, erklärte Ende Oktober 2007 Ivan Fuksa, der Leiter der zuständigen Kommission. [45]

Míšovs Bürger fast einhellig gegen die Stationierung

In Míšov selbst hatten sich 112 von 116 Wahlberechtigten gegen die NMD-Radaranlage ausgesprochen; zu den Befürwortern zählt allerdings der Bürgermeister, der sich seitdem vorwerfen lassen muss, von der Regierung "gekauft zu sein". Die Bürgerinitiative "Ne základnám" ("Nein zum Schild") hatte Mitte August bereits 80.000 Unterschriften für die Abhaltung eines landesweiten Referendums gesammelt. Ihre Mitglieder sehen sich u.a. Vorwürfen ausgesetzt, "Kommunisten" zu sein, was Pavel Hlávka, ein Sprecher der Initiative, bestreitet: "Wir sind keine Kommunisten." Das sei alles "von der Regierung erlogen, um uns zu schaden". Hlávka sprach dem Wiener "Standard" zufolge von einem "Drehbuch", nach dem die Russen die Amerikaner angreifen und diese wiederum "innerhalb von 30 Minuten Europa und als allererstes Tschechien opfern" würden. - Eine weitere Initiative fordert die Umwandlung des nahegelegenen Truppenübungsplatzes Brdy (VVP Jince) in ein Naturschutzgebiet. [46]

Juri Balujewski: "Raketenabwehrsystem in Europa offenkundig gegen Russland gerichtet"

Der RIA Nowosti zufolge will der russische Generalstabschef Juri Balujewski beweisen, dass die von den USA geplante Stationierung von Raketenabwehrbasen in Polen und Tschechien gegen Russland gerichtet sind: „Das Raketenabwehrsystem, das heute in Europa geschaffen wird, ist offenkundig gegen Russland gerichtet. Ich bin bereit, das mit Kalkulationen und Schemen zu beweisen“, so Balujewski am 19. September 2007.

Balujewski nannte die Erklärung der USA, dass die Ausweitung der National Missile Defense auf eine angebliche Bedrohung seitens Iran ziele, "unsinnig". Er fügte hinzu: „Wenn wir die Logik der Amerikaner übernehmen, dass Iran die Raketen binnen fünf bis sieben Jahren gebaut haben wird, was werden die Radare und Raketenabwehrbasen der USA während dieser sieben Jahre machen? Welche Funktionen werden sie erfüllen?“ Die Antwort sei eindeutig: „Die USA sind an Russlands Potential interessiert“, sagte der Generalstabschef. Gleichzeitig betonte er, dass Russland entgegen anderslautender Vorwürfe über alle Mittel zur Verteidigung verfüge und "dass es in Russland alles gibt, damit unser Volk ruhig und kreativ leben sowie arbeiten kann". [47]

Bereits 1998 wurde im norwegischen Vardø nur wenige Kilometer von der russischen Grenze ein X-Band-Radar stationiert. "Im Gegensatz zu diesem System in Vardø, das nur einige wenige Zielobjekte simultan beobachten kann, ist das geplante X-Band-Radar im tschechischen Jince für die gleichzeitige Erfassung vieler Ziele konzipiert. Diese technische Eigenschaft ermöglicht es Washington, alle silogestützten ICBMs Russlands zu erfassen, die im Falle eines Nuklearschlags gegen die amerikanische Ostküste gerichtet werden würden. Sollte das seegestützte X-Band-Radar in der Nähe der Aleuten mit dem Radarsystem in der Tschechischen Republik verbunden werden, würde dies den USA sogar erlauben, alle ICBMs zu erfassen und zu überwachen, die in Richtung der amerikanischen Ost- und Westküste abgefeuert werden. - Diese Möglichkeit der Erfassung silogestützter ICBMs wiegt umso schwerer, als bodengestützte Systeme wie schon in sowjetischer Zeit das Rückgrat der nuklearstrategischen Streitkräfte Russlands bilden und dieses auch weiterhin sein werden. [..] Sollte den USA zusätzlich die Stationierung eines X-Band-Radars im Kaukasus gelingen, so könnte dieses eine ähnliche Funktion erfüllen wie die Anlage in Vardø. Ein X-Band-Radar in Georgien oder Aserbaidschan könnte zwei Drittel der außer-atmosphärischen Flugbahn von Raketen überwachen, die vom Testgelände Kapustin Jar nach Bajkonur abgeschossen werden", erläuterte dazu Martin Senn. [48];[49]

US-Wissenschaftler bestätigen russische Bedenken

Sechs US-Wissenschaftler bestätigten die Befürchtungen Balujewskis und hatten geäußert, dass die Beunruhigung Russlands über die geplante Aufstellung der US-Raketenabwehr in Polen und Tschechien wohl begründet ist [50]. Theodore A. Postol etwa vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), der vielfach als Berater führender US-Politiker und des Militärs arbeitete (u.a. als Berater des US-Befehlshabers für Seeoperationen) und der frühzeitig als einer der herausragendsten Kritiker der NMD bekannt wurde [51];[52] sowie George Lewis von der Cornell University im Auftrag der US-Raketenabwehragentur die Struktur der National Missile Defense untersucht. Sie waren dabei zu dem Schluss gekommen, dass das in Tschechien vorgesehene Radar und die geplanten Abfangraketen in Polen russische ballistische Raketen orten und zerstören können und deshalb Russlands Atompotential beeinträchtigen. Um eine denkbare Gefahr aus dem Iran abzuwenden, müssten die USA ihr Raketenabwehrsystem näher an dessen Grenze verlegen, so die Physiker. Die US Missile Defense Agency hatte am 27. September 2007 diese Schlussfolgerungen als falsch zurückgewiesen [53]. "Wir sind von der Beurteilung von Dr. Theodore Postol, dass das AMB-System auch gegen modernste Waffen wirksam ist, ermutigt. Dennoch bleibt die Agentur bei ihrer Meinung, die auf den Ergebnissen von Tests beruht", hieß es in einer Erklärung. Postols Berechnungen seien "zu optimistisch" und ließen viele Parameter außer Acht, so zum Beispiel etwa die Zeit, die für die Zielortung und für den Start von Abfangraketen notwendig sei. [54]

Mit der optimistischen Einschätzung der Entwicklungsstufe der NMD im Jahr 2007, die über die des Amts für Raketenverteidigung hinausgeht, widerspricht Theodore Postol allerdings seiner eigenen apodiktischen Missbilligung der National Missile Defense in deren Anfangszeiten zur Jahrtausendwende [55]: "Die Beamten und Programmmanager, die in die Entwicklung des Antiraketensystems einbezogen sind, haben einen Eid geschworen, die Nation zu verteidigen. Jedoch haben sie die Tatsache vor dem US-amerikanischen Volk und dem Kongress verborgen, dass ein Waffensystem, für das mit hart verdienten Steuerdollars bezahlt wird, um unser Land zu verteidigen, nicht funktionieren kann." [56]

Russischer Vorschlag: Radar in Aserbaidschan einbeziehen

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 die Stationierung eines gemeinsamen Raketenverteidigungsprojekts in Aserbaidschan vorgeschlagen. Zur Ortung von Raketenbewegungen könne die Radarstation Qəbələ genutzt werden, die von Russland bis zum Jahr 2012 gepachtet wurde. "George W. Bush war, trotz diverser Vorgespräche so überrascht, dass es bei ihm – auch noch nach Tagen – nur zum Kommentar: „interessanter Vorschlag“ reichte; die Europäer zeigen sich entspannt durch Putins „Rückkehr zur Verständigung“, von der Sache her gibt man sich skeptisch, ob die in Aussicht genommene aserbeidschanische Basis „nicht zu nah an den Schurkenstaaten“ liege, wie Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer kommentierte. In den deutschen Medien herrscht der Tenor vor, Putins Vorschlag sei eine Finte, mit der er vom schlechten Image Russlands ablenken wolle. [..] Angesichts all dieser Auftritte Putins kann man nur wiederholen, dass die Welt in Zukunft mit einem selbstbewussten Russland zu rechnen hat, auch wenn es militärisch nicht an die USA heranreicht", analysierte Kai Ehlers im Juni 2007 [57].

Obering: russische Radaranlagen können Stationierung in Tschechien und Polen nicht ersetzen

Nachdem US-amerikanische Experten u.a. die Radarstation Qəbələ Mitte September 2007 besichtigt hatten, erklärte Generalleutnant Henry Obering, der Chef der Missile Defense Agency, am 18. September 2007, die russischen Radare könnten nach ihren bisher bekannten Eigenschaften die Aufgaben, für die die in Tschechien geplante Radaranlage vorgesehen sei, nicht erfüllen. Die von Moskau angebotenen zwei Radaranlagen in Aserbaidschan und Russland können demnach die Basen im dritten Stellungsraum der Raketenabwehr in Polen und Tschechien nicht ersetzen, deren Fertigstellung für 2011 oder 2012 geplant sei. Obering unterstrich den „dringlichen Charakter“ der Arbeiten zur Einrichtung der Raketenabwehr angesichts der Bedrohung durch den Iran und Nordkorea. „Wir sehen weltweit ein drastisch zunehmendes Interesse an der Raketenabwehr“, sagte er Meldungen zufolge. [58]

Sowohl US-Außenministerin Condoleezza Rice als auch Pentagon-Chef Robert Gates hatten schon zuvor erklärt, Washington sei zu dem Versuch bereit, die Radaranlage in Gabala in das gesamte ABM-System zu integrieren, wobei aber bei dieser Variante von einer Alternative für das amerikanische ABM-System in Europa keine Rede sein könne. Schon im Mai 2007 hatte Condoleezza Rice anlässlich eines Besuchs im Moskau (der wegen der von Rice in den Vordergrund gebrachten Menschenrechtsfragen relativ heikel verlief) unterstrichen, die USA würden auch gegen den Protest Russlands ihre Raketenabwehr in Europa errichten. Washington lasse sich von niemandem in dieser Frage ein Veto aufzwingen, hatte sich die US-Chefdiplomatin nach einem Treffen mit Präsident Wladimir Putin geäußert. - Der für Sicherheitsfragen zuständige russländische Vize-Regierungschef Sergej Iwanow (er war bis März 2007 Verteidigungsminister) hatte damals noch betont, von einem neuen „Kalten Krieg“ mit den USA könne keine Rede sein. [59]

"Moskau möchte, dass anstelle des rein amerikanischen ABM-Systems in Tschechien und Polen ein gemeinsames regionales Russland-NATO-USA-System gebildet wird, in das die Radarstation in Gabala und die Radaranlage der neuen Generation vom Typ Woronesch einbezogen werden, die demnächst beim südwestrussischen Armawir ihrer Bestimmung übergeben wird. Faktisch setzt sich Russland für die Schaffung eines gemeinsamen regionalen Raketenabwehrsystems ein", analysierte Pjotr Gontscharow in einem Beitrag für die RIA Nowosti. Wladimir Putin gab sich im September 2007 jedenfalls noch optimistisch, dass es zu einer gütlichen Einigung mit den Vereinigten Staaten kommen könnte: "Die Chancen sind noch nicht verloren, ein gewisser gesunder Optimismus ist noch vorhanden", wurde er zitiert. [60]

KAS-Studie: Keine Seite wird auf militärische Autonomie verzichten

Bereits im August 2007 gaben sich allerdings die Autoren einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung skeptisch hinsichtlich der Realisierungschancen von Putins (scheinbar?) überraschendem Vorstoß: "Nach ersten eher ablehnenden US-Signalen vermuten jedoch einige, dass Moskau mit seinem Vorschlag eine Absage der Amerikaner provozieren und die USA somit als „kompromisslose Aggressoren“ darstellen will. So interessant der Vorschlag auf den ersten Blick erscheint, bezweifelt eine zunehmende Zahl von Sicherheitsexperten in Ost und West, dass die aserische Anlage - aufgrund ihrer geographischen Nähe zu iranischen Abschusspunkten – die Sicherheitsanforderungen der Amerikaner befriedigen und zusätzliche Systeme in Europa vollständig ersetzen könnte. - Darüber hinaus stellen sich die Fragen, inwieweit Moskau bereit wäre, alle in Gabala gesammelten Daten mit Washington zu teilen, und: Würde Washington sich mit einer hundertprozentigen Annahme des russischen Vorschlags nicht völlig abhängig von Moskaus militärischer Infrastruktur machen? - Bisher scheint es unwahrscheinlich, dass sowohl die Amerikaner als auch die Russen ihre autonomen Entscheidungswege im Bereich der Kriegsführung kompromittieren oder gar auf diese verzichten würden." (a.a.O.)

Lawrow: "Unsere Jungs werden die Hände nicht in den Schoß legen"

Am 21. September 2007 ergänzte der russische Außenminister Sergej Lawrow die deutlichen Warnungen der russischen Generalität und gab sich weit weniger zuversichtlich als sein Präsident. Die Ausweitung der NMD nach Osteuropa stelle eine Bedrohung für Russland dar, auf die das Land reagieren werde: "Jede Aktion erfordert eine Gegenaktion." Das seien die Spielregeln. "Es ist die Verpflichtung der Militärs, die Verpflichtung des Oberbefehlshabers, jeder Bedrohung eine maximal effektive Antwort zu erteilen", betonte Lawrow und fügte hinzu, dass die Errichtung des Raketenabwehrschilds ein neues Wettrüsten initiieren werde. "Und dies wird die Wissenschaftler auf jener [der US-amerikanischen] Seite des Ozeans, den militärisch-industriellen Komplex sicherlich anregen, so etwas wie eine effektivere Art von Waffen zu entwickeln. Aber unsere Jungs werden ihre Hände nicht in den Schoß legen." Mit Blick auf die Einschätzung der aserbeidschanischen Radarstation durch US-Experten frotzelte Lawrow: "Wenn unsere amerikanischen Partner sagen, Gabala könne keine Alternative zum Radar in der Tschechischen Republik sein, verstehe ich sie, weil das Radar in Gabala kein russisches Territorium von den westlichen Grenzen bis zum Ural einsehen kann ... Ein Radar in der Tschechischen Republik kann das." [61]

Russische Parlamentarier schlagen Vierer-Konferenz zur NMD in Europa vor

Auch russische Parlamentarier nehmen die Angelegenheit überaus ernst. So stellt die Stationierung von Teilen der US-Raketenabwehr in Polen und Tschechien nach Ansicht eines russischen Experten eine "direkte Gefahr" für die Sicherheit Russlands dar. "Das wird Russland zu Gegenschritten zwingen", erklärte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Föderationsrates (der zweiten Kammer des russländischen Parlaments), Michail Margelow, am 26. September in einer parteiübergreifenden Beratung zu außenpolitischen Problemen in Moskau. "Im Grunde genommen initiiert Washington eine neue Spirale des Wettrüstens, in das nicht nur Russland, sondern auch die Europäische Union (EU) verwickelt werden. Das liegt weder im Interesse Russlands noch der EU noch der nüchtern denkenden Kreise in Washington, was man glauben möchte." Margelow zufolge wurde in der Beratung ein Appell an die Parlamente der USA, Polens und Tschechiens angenommen, der auf die Verhinderung der Stationierung von Elementen der NMD in Osteuropa zielt. Vorgeschlagen wurde demnach auch, eine vierseitige Konferenz zu diesem Problem in Moskau anzuhalten: "Die iranische Gefahr für Europa ist zu stark übertrieben. Teheran hat keine Raketen, vor denen die USA Europa zu schützen suchen. Sollte der Iran solche Raketen jemals testen, wird das mit Hilfe einer Radaranlage in Gabala (Aserbaidschan) sofort bekannt", so Margelow. Er warnte eindringlich: "Wenn die Parlamente der USA, Polens und Tschechiens es gestatten, unsere Länder aufeinander zu hetzen, wird die gesamte internationale Gemeinschaft verlieren. Profitieren werden nur der internationale Terrorismus und in politischer Hinsicht 'unzuverlässige' Staaten." [62]

Lawrow: "erfundene, vorhergesagte Bedrohung" durch den Iran lediglich Vorwand für die NMD

Auf dem 7. Gipfel der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit in Bischkek (Kirgisistan) am 16. August 2007 hatte der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad die US-Raketenabwehr als "gegen ganz Asien gerichtet" bezeichnet. Sergej Lawrow pflichtete ihm bei und sagte, die "erfundene, vorhergesagte Bedrohung" durch den Iran diene lediglich als Vorwand für die Raketenstationierungspläne der USA. - Ende September 2007 wandte sich Lawrow in New York zudem gegen neue Sanktionen gegen den Iran. Der UN-Sicherheitsrat solle Teheran mehr Zeit einräumen, seine Vereinbarungen mit der IAEO einzulösen, sagte der Außenminister gegenüber russischen Journalisten. [63] Im Gegensatz dazu haben sich die USA und Frankreich (das sich unter Präsident Nicolas Sarkozy deutlich an Washington angenähert hat [64]) sowie jüngst auch die deutsche Bundesregierung für schärfere Strafmaßnahmen gegen den Iran ausgesprochen; Russland wie China können entsprechende Beschlüsse als Veto-Mächte verhindern.

Der Iran hat die angeblich von seinen Raketen ausgehende Bedrohung als Rechtfertigung für den Ausbau der NMD auch in Europa mehrfach zurückgewiesen. "Behauptungen von US-Beamten, dass die Installation eines Raketenabwehrsystems in Europa darauf zielt, gegen iranische Raketen vorzugehen und Europa vor dem Iran zu schützen, sind der Witz des Jahres", erklärte der mittlerweile als Chefunterhändler Teherans zurückgetretene Ali Laridschani der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA Anfang Juni 2007. "Die Reichweite iranischer Raketen deckt Europa überhaupt nicht ab", ergänzte Laridschani - eine Aussage, die auf die älteren Raketenmodelle von Typ Schahab zutreffen mag; allerdings sollen neue im Bau sein (Schahab-3 bzw. Schahab-4), die Sprengköpfe theoretisch bis nach Paris und darüber hinaus transportieren können. Diese Behauptung westlicher Regierungen und Geheimdienste wurde allerdings bisher nicht von Teheran oder von unabhängiger Seite bestätigt. [65]

Nach den Worten des iranischen Verteidigungsministers Mostafa Mohammad Nadschar stellen die iranischen Raketen keine Gefahr für die Länder der Welt dar. „Die iranischen Raketen tragen keine Gefahr für die Staaten und sind ausschließlich für die Aggressoren bestimmt, die die Grenze der Islamischen Republik verletzen“, erklärte er am 27. Oktober 2007. Das iranische Raketenpotential diene dem Frieden und der Sicherheit in der Region und sei ein Teil der Verteidigungsmacht der islamischen Welt. Die Behauptungen seitens der US-Regierung, iranische Raketen könnten gegen 2015 in der Lage sein, den europäischen und den amerikanischen Kontinent zu erreichen, bezeichnete Nadschar als Übertreibung. Er gab seiner Überzeugung Ausdruck, dass sich die von Washington verhängten neuen Sanktionen gegen die Revolutionswächter sowie eine Reihe von iranischen Banken nicht auf die Wirtschaft des Landes und den Willen des Volkes der Islamischen Republik auswirken werden. [66]

Ergebnislose Konsultationen zwischen USA und Russland

Nach Unterredungen in der US-Hauptstadt Washington Ende Juli 2007 fand eine zweite Runde der russisch-amerikanischen Konsultationen über die Stationierung von Teilen des NMD-Systems in Europa am 10. September in Paris statt. Russland wurde dabei vom stellvertretenden Außenminister Sergej Kisljak vertreten; sein Verhandlungspartner war John Rood, ein Sicherheitsexperte des US-Außenministeriums. Rood hatte zuvor Gespräche in Polen und Tschechien geführt.

Bei einem Treffen mit US-Außenministerin Condoleezza Rice und US-Verteidigungsminister Robert Gates in Nowo-Oragewo bei Moskau hat der russische Präsident Wladimir Putin mit dem Ausstieg aus dem so genannten INF-Vertrag, einem zentralen Abrüstungsvertrag zwischen den USA und Russland, gedroht. Der Vertrag über Raketen mittlerer Reichweite (Intermediate Range Nuclear Forces) war 1987 vom damaligen sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow und US-Präsident Ronald Reagan unterzeichnet worden. Er hatte die Signatarstaaten zur Abrüstung von atomaren Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern verpflichtet. Putin erklärte dazu, für Russland sei es problematisch, dem Vertrag weiter anzugehören, wenn dieser sich nicht auch auf andere Länder beziehe. Die Bestimmungen sollten zu einem "wahrhaft universalen Vertrag" ausgeweitet werden. Putin warnte die USA zudem, ihre Pläne für den Raketenschild nicht zu schnell voranzutreiben, so lange die Gespräche mit Russland darüber noch laufen. "Wir zählen darauf, dass Sie Ihre vorherigen Vereinbarungen mit osteuropäischen Ländern während unserer vielschichtigen Verhandlungen nicht forcieren." [67] - Rice erklärte vor dem Gespräch in Putins Datscha: "Wir werden versuchen, Wege zu finden, um zu kooperieren." Der Kampf gegen den Terror sei trotz aller Meinungsverschiedenheiten ein verbindendes Element. - Putin hatte die beiden US-Spitzenpolitiker zunächst 40 Minuten warten lassen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow gab sich skeptisch hinsichtlich eines Durchbruchs bei den Gesprächen. Die US-Außenministerin wollte sich während ihres Moskau-Besuchs auch mit Vertretern von russischen Nichtregierungsorganisationen (NGO) treffen. [68] Rice hatte sich Anfang Oktober besorgt über die Entwicklung des politischen Systems in Russland geäußert: "Ich glaube, derzeit ist das Besorgniserregende an Russland die Konzentration von Macht im Kreml", sagte Rice der New York Post. Es fehle an ausgleichenden Institutionen: "Die Duma ist es nicht, die Gerichte sind es nicht." [69] Russlands Präsident Wladimir Putin selbst habe angekündigt, er werde die Verfassung nicht ändern, das glaube sie ihm, fügte Rice hinzu. Die Zeitung hatte Rice gefragt, ob Putin sich ihres Erachtens darauf vorbereite, "lebenslänglich Diktator" zu werden.

Vor den Gesprächen mit Sergej Lawrow und Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow über Raketenabwehr und Rüstungskontrolle hatte Rice erklärt, die USA wollten „nützliche Elemente“ des 2009 ablaufenden russisch-amerikanischen Vertrages zum Abbau von strategischen Nuklearwaffen (START-1) aufrechterhalten. „Wir suchen nach Möglichkeiten, um die Gültigkeitszeit der nützlichen Elemente des START-1-Vertrages zu verlängern“, wurde sie in Berichten zitiert. Der 1991 unterzeichnete START-1-Vertrag läuft am 5. Dezember 2009 ab. Er sieht eine Reduzierung von russischen und amerikanischen Gefechtsköpfen und atomaren Waffensystemen vor. Bereits am 6. Dezember 2001 hatten Russland und die USA angegeben, ihre Verpflichtungen aus dem START-1-Vertrag vollständig erfüllt zu haben. [70]

Russland hat bei den Verhandlungen mit den USA über die umstrittene Raketenabwehr für Osteuropa die dahin gehenden Pläne Washingtons erneut abgelehnt, wie am 12. Oktober in Moskau offiziell mitgeteilt wurde. Zuvor hieß es von amerikanischer Seite, dass es bei den Gesprächen nicht gelungen sei, eine Einigung mit Russland in Bezug auf die geplante Stationierung von Elementen der US-Raketenabwehr in Polen und Tschechien zu erzielen. [71]

Unterschiedliche Einschätzungen im Hinblick auf den Iran

Die USA müssen der US-Außenministerin Condoleezza Rice zufolge schon jetzt mit der Stationierung von Elementen ihrer Raketenabwehr in Osteuropa beginnen. "Die Gefahr (von Seiten des Irans) ist näher als wir glauben", sagte Rice am 12. Oktober 2007 in einem Interview des russische Fernsehens in Moskau. "Aber wir möchten in dieser Frage kooperieren. Uns hat das Angebot von Präsident Putin gefallen, der konkrete Orte für die Stationierung der Raketenabwehr genannt hatte… Wir arbeiten mit unseren russischen Kollegen an der Lösung dieses Problems. Wir denken, dass es uns gelingt, unsere Kollegen davon zu überzeugen, dass das System (der US-Raketenabwehr) keine Gefahren für Russland darstellt", so Rice. [72]

Bei einer Pressekonferenz am 10. Oktober hatte Putin nach den Gesprächen mit seinem französischen Amtskollegen Nicolas Sarkozy erklärt, Russland habe keine Angaben über eine militärische Ausrichtung des iranischen Atomprogramms. Deshalb gehe Moskau davon aus, dass Iran nicht plane, Atomwaffen zu bauen, so Putin. „Bei dem Treffen mit der (US-) Außenministerin Conoleezza Rice und Robert Gates (Pentagon-Chef) heute morgen betonte Präsident Putin, dass er bei seinem Iran-Besuch bei der Arbeit mit der iranischen Führung die Linie, die die kollektive ‘Sechser’-Position und die kollektive Position des UN-Sicherheitsrates widerspiegelt, weiterführen wird“, äußerte Lawrow bei einer Pressekonferenz nach Abschluss der russisch-amerikanischen Konsultationen in Moskau. [73]

Die Hartnäckigkeit der USA in Sachen Raketenabwehr löse jetzt auch bei Frankreich zunehmende Beunruhigung aus, hieß es in einem Bericht der RIA Nowosti. „Sarkozy sprach mit Putin auch über den US-Raketenschild“, bestätigte demnach eine Quelle im russischen Außenministerium im Gespräch mit der Wirtschaftzeitung „RBC Daily“. „Frankreich erwägt ernsthaft eine Rückkehr in die Kommandostruktur der NATO. Ein großes Raketenabwehrsystem in Europa, das dem gemeinsamen NATO-Kommando nicht untersteht, verärgert die Franzosen“, so das Blatt. - Sowohl Russland als auch Frankreich lehnen die US-Raketenabwehr in Osteuropa ab, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Ein gemeinsames Auftreten mit Paris wäre für Moskau ein zusätzliches Argument für die Verhandlungen mit den USA, analysiert „RBC Daily“. [74]

Ex-General Naumann: Russland würde sich mit einem Ausstieg aus dem Abrüstungsvertrag INF selbst schaden

Russland würde sich mit einem Ausstieg aus dem Abrüstungsvertrag INF nach Ansicht des ehemaligen Bundeswehrgenerals Klaus Naumann vor allem selbst schaden. Naumann sagte am 13. Oktober 2007 im Deutschlandfunk, Präsident Putin wäre in einem solchen Fall gezwungen, aufzurüsten, was mit Blick auf den Zustand der russischen Streitkräfte eine "mittlere Geldverschwendung" wäre. Putin falle mit seiner Rhetorik immer öfter in die Kategorien der früheren UdSSR zurück, meinte Naumann. Er sprach sich dafür aus, die USA und andere Mitglieder der Allianz sollten gemeinsam mit Russland über die zunehmende Raketenrüstung in Ländern wie dem Iran, Pakistan oder Indien reden.

Schon im März 2007 hatte Naumann Warnungen deutscher Politiker vor einem neuen Wettrüsten als "Unsinn" bezeichnet. Es grenze an eine "unverschämte Manipulation der Öffentlichkeit", wenn Russland den Eindruck erwecke, von dieser für Osteuropa geplanten Raketenabwehr bedroht zu sein, sagte Naumann, früherer Vorsitzender des NATO-Militärausschusses. "Russland versucht, einseitig Einfluss auf Entscheidungen der NATO und der NATO-Partner zu nehmen. Russland versucht, den Einfluss der Amerikaner in Europa zurückzudämmen, vor allem dort, wo Russland als Sowjetunion selber früher Einfluss hatte, nämlich in diesen ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten, und Russland lässt niemals zu, dass im Gegenzug auf seine Entscheidungen Einfluss genommen wird. Ich möchte daran erinnern, in der Amtszeit von Präsident Putin wurde die Interkontinentalrakete Topol, eine reine Angriffswaffe, eingeführt als neue Rakete. Es gab keinen amerikanischen Gegenzug dazu. Es hat im Westen darüber kein Geschrei gegeben. Also da hätte man vor Wettrüsten warnen müssen, aber da blieb man schweigsam." - "... die deutsche Außenpolitik wäre gut beraten zu überlegen, wo denn der Bündnispartner ist und von wem man mehr braucht und von wem man stärker abhängig ist. Auf Gedankenspiele zu setzen, dass man, wie es ja auch mal in der deutschen Politik gewesen ist, dass man Achsen zwischen Moskau und Berlin und vielleicht noch verlängert nach Paris schmiedet, von diesem strategischen Unsinn sollte man möglichst rasch Abschied nehmen. Ich glaube, das hat auch die Bundesregierung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bundeskanzlerin auch nur im Entferntesten an derartigen Unsinn denkt. Was man tun muss, ist mit Russland reden und mit Russland darüber sprechen, dass man nichts tut, was die gegenseitigen Interessen beeinträchtigt. Aber wenn die Generale in Moskau sich nicht ihr Schulgeld wiedergeben lassen wollen, dann müssen sie ihrem Präsidenten schon mal die richtigen Sachen aufschreiben und nicht über das falsche Pferd nun ein Geschrei entfachen", sagte Naumann, der auch Mitglied des Kuratoriums der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. ist. [75] [76]

Die SPD stand im Frühjahr 2007 in der Debatte noch nicht geschlossen hinter dem Kurs von Parteichef Kurt Beck, der die NMD-Pläne in Europa ablehnt. Der SPD-Außenpolitiker Hans-Ulrich Klose hatte im Südwestrundfunk erklärt, er halte den Widerstand von Beck gegen die US-Pläne für sachlich unbegründet. Es gebe vielmehr gute Gründe für das Projekt. Falls etwa der Iran in den Besitz von Nuklearwaffen gelange und für eine Raketenabwehr dann keine Stützpunkte in Polen und Tschechien bereitstünden, drohe „Europa in der Tat schutzlos“ zu werden. Befürchtungen, die Abfangraketen könnten Russland bedrohen, nannte Klose „militärisch, nach meiner Auffassung, Unfug“. [77] Bernd W. Kubbig von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung sah das - ebenfalls im März 2007 - allerdings ganz anders: "Der geplante Raketenschild könnte zu einem doppelten Wettrüsten mit Russland und Iran führen." [78]

"USA vergessen die Lehren der Kubakrise"

Mit der Stationierung eines Raketenabwehrsystems in Europa vergessen die USA die Lehren der Karibik-Krise (Kubakrise) von 1962, erklärte der ehemalige Hauptstabschef der strategischen Raketentruppen Russlands, Generaloberst Viktor Jessin, am 11. Oktober 2007 vor Medienvertretern. An der Militärakademie "Peter der Große" fand eine militärhistorische Konferenz statt, die dem 45. Jahrestag der strategischen Operation „Anadyr“ gewidmet war, der Verlegung von sowjetischen Raketenstreitkräften nach Kuba.

Die Sowjetregierung hatte 1962 die Entscheidung getroffen, eine Sonderoperation namens „Anadyr“ durchzuführen. Bei dieser wurden eine Raketendivision, zwei Fla-Raketenabteilungen, vier selbstständige motorisierte Schützenregimenter, ein Hubschrauberregiment, ein Regiment von Frontmarschflugkörpern, ein Regiment der Jagdfliegerkräfte, ein Regiment der Marinefliegerkräfte sowie eine Reihe von Spezialtruppen und -einheiten auf die mit Moskau verbündete Karibikinsel gebracht. Ziel war es, den Abzug von Mittelstrecken-Raketenstreitkräften der USA aus der Türkei zu erzwingen. Der Vergleich ist insofern bemerkenswert, weil er die Möglichkeit einer erneuten nuklearen Konfrontation zwischen Washington und Moskau andeutet, die seinerzeit beinahe zu einem dritten Weltkrieg geführt hätte.

„Der Sieg im gegenwärtigen Kernwaffenkrieg ist illusorisch. Aber leider vergisst die Administration von George Bush junior diese Lehre“, meinte Jessin. Er erklärte, dass die amerikanischen Falken mit der Stationierung eines globalen Raketenabwehrsystems darauf rechnen, sich in einem möglichen Kernwaffenkonflikt abzusichern. „Unser Herangehen beruht darauf, dass eine Zerstörung der entstandenen Balance der Möglichkeiten der russischen und der amerikanischen Kernwaffenkräfte nicht zugelassen werden darf“, betonte Jessin. „Obwohl es heute keine volle Parität gibt, müssen wir ungeachtet dessen die Möglichkeit haben, den USA bei Gegenmaßnahmen einen untragbaren Schaden in seiner heutigen Auffassung zuzufügen“, unterstrich der ehemalige Hauptstabschef. „Wenn wir eine solche Möglichkeit haben, so wird sich in der Welt ungeachtet der Stationierung des US-Raketenabwehrsystems die strategische Stabilität erhalten. Und wir werden unsere strategische Position bewahren können“, sagte der Experte. Jessin zufolge wird gegenwärtig in Russland dafür nicht wenig getan, obwohl auch mehr getan werden könnte. [79]

Putin kritisiert wachsenden Einfluss der USA auf osteuropäische Länder

Schon zuvor hatte der russische Präsident Wladimir Putin den wachsenden Einfluss der Vereinigten Staaten auf die Länder in Osteuropa kritisiert. "Ich weiß, dass in bestimmten osteuropäischen Ländern leider nicht nur die Bewerbungen für das Amt des Verteidigungsministers, sondern auch für weniger hohe Funktionen von den US-Botschaftern abgesegnet werden", sagte Putin Meldungen zufolge bei einem Treffen mit ausländischen Politologen in Sotschi. "Das ist für diese Staaten und auch für die Vereinigten Staaten nicht gut." Putin verglich demnach die Folgen des Einflusses mit denen der Sowjetherrschaft und bezeichnete die Langzeitfolgen als eine Art "Sodbrennen", wie es auch "die Dominanz der Sowjetunion auslöste". "Heutzutage gibt es nicht mehr viele Länder auf der Welt, die das Vergnügen und das Glück haben, zu behaupten, sie seien Souveräne; man kann sie an den Fingern abzählen." Zu ihnen zählte Putin China, Indien, Russland "und einige andere Länder", die er nicht benannte. Westeuropa sei hingegen genötigt, in seiner Politik die Interessen der NATO zu berücksichtigen. [80]

Auch Putin griff Ende Oktober den Vergleich mit der Kubakrise wieder auf. Auf der abschließenden Pressekonferenz nach dem Russland-EU-Gipfel erklärte Putin in der portugiesischen Stadt Mafra: "Ähnliche Handlungen der damaligen Sowjetunion hatten Mitte der 1960er Jahre die Karibik-Krise ausgelöst." - "Für uns ist die Situation technologisch sehr ähnlich." [81] Die Vereinigten Staaten wiesen Putins Einlassung zurück: "Ich glaube, dieser historische Vergleich hinkt", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino. "Hier gibt es ein paar ganz klare historische Unterschiede", ergänzte Präsidialamtssprecher Sean McCormack am 26. Oktober. Der geplante Schutzschild sei defensiv ausgerichtet und ziele darauf ab, Raketenangriffe aus "Schurkenstaaten" wie etwa dem Iran abzuwehren. Im Falle der Stationierung von mit Atomsprengköpfen bestückten sowjetischen Mittelstreckenraketen auf Kuba habe es sich dagegen um ein offensives Unterfangen gehandelt. US-Verteidigungsminister Robert Gates zeigte sich verblüfft und besorgt: "Ich weiß nicht genau, was ich von diesen starken Anmerkungen halten soll", sagte er. "Aber die Rhetorik ist doch manchmal recht beunruhigend." [82]

Gleichzeitig drohte Russland mit der Wiederaufnahme der Produktion von Kurz- und Mittelstreckenraketen. Die Produktion dieser Waffensysteme könne "in kürzester Zeit" wieder aufgenommen werden, erklärte der Kommandeur der Strategischen Streitkräfte Russlands, General Nikolai Solowzow. "Wir haben alles, was wir dafür brauchen."

Nach den Worten von US-Vizeaußenminister Daniel Fried könnten die USA ihre Haltung zur Stationierung ihres Raketenschildes in Europa ändern, wenn der Iran die Urananreicherung einstellt. In Brüssel hatte Fried präzisiert: Der Iran müsse die Urananreicherung komplett einstellen, das Zusammenwirken mit der Völkergemeinschaft aufnehmen und "seinen Ton ändern".

"Eine natürliche Reaktion auf eine solche Äußerung wären Zweifel daran, inwieweit diese Initiative lebensfähig und überhaupt ernsthaft gemeint ist. Immerhin würden es die USA mit dem Teheraner Ayatollah-Regime zu tun haben, das für das Weiße Haus weiterhin als eine Verkörperung des Bösen ist. - Im Grunde genommen geht es aber um ein Geschäft, das Washington dem Kreml anbietet. Russland muss Iran dazu bringen, auf die Urananreicherung zu verzichten. Diese Rolle wird gerade Moskau zugedacht, das - daran zweifelt das Weiße Haus offenbar nicht - gewissen Druck auf Iran ausüben könnte", analysierte dazu Pjotr Gontscharow für die RIA Nowosti: "Frieds Angebot ist ein Schachzug, mit dem Washington kein Risiko eingeht. Unabhängig davon, ob Moskau einem solchen Geschäft zustimmen wird oder nicht, haben die USA wiederholt zu verstehen gegeben, dass der Raketenschild in Europa ausschließlich gegen Iran gerichtet ist." [83]

Ende Oktober wurde auch bekannt, dass das Pentagon 88 Millionen Dollar für den Umbau der B-2-Bomber beantragt hat, um diese für die Aufnahme der bunkerbrechenden "Superbombe" MOP (Massive Ordnance Penetrator) vorzubereiten. Auch US-Kongressabgeordnete vermuten, dass die MOP gegen tief unter der Erde liegende Objekte im Iran eingesetzt werden könnte wie zum Beispiel die schwer gesicherten unterirdischen Nuklearanlagen in Natans. [84]

Wegen der von den USA im Alleingang verhängten abermals verschärften Sanktionen gegen Teheran und der Furcht vor einem bevorstehenden Militärschlag [85];[86] nicht nur gegen Atomanlagen, sondern auch gegen die Revolutionären Garden, die von den USA als Teil der regulären Streitkräfte des Iran zur "Terrororganisation" erklärt worden sind [87], sowie angesichts des militärischen Eingreifens der Türkei in den irakischen Kurdengebieten stieg der Ölpreis erheblich an; am 26. Oktober schnellte er teilweise über 92 Dollar pro Fass. Als "Horrorszenario" gilt Experten für den Fall eines Kriegs gegen den Iran der gleichzeitige Ausfall der Lieferungen aus dem Irak und aus dem mit dem Iran eng verbündeten Venezuela, dass seit geraumer Zeit massiv aufrüstet (u.a. sollen zwei Produktionsstätten für Armeegewehre russischer Provenienz errichtet werden; von Moskau erwarb das Land zudem fünf Unterseeboote zur Stärkung seiner Marine, die auch mit See-Luft-Raketen ausgerüstet sind). [88] - In den kommenden fünf Jahren will sich Teherans "strategischer Alliierter" [89] zu einem der weltweit größten Energieproduzenten entwickeln, wie venezolanische Präsident Hugo Chavez Mitte September im Staatsfernsehen erklärte. „Wir wollen die Gasproduktion innerhalb von fünf Jahren verdoppeln und uns damit in eine Energiesupermacht verwandeln“, sagte Chavez. - Die USA beziehen derzeit rund 17 Prozent ihres Öls aus Venezuela. [90]

„Die Verschwörungen gegen die Islamische Republik haben einen sehr geringen Einfluss auf die iranische Wirtschaft und jegliche Handlungen gegen unser Land destabilisieren die Weltwirtschaft“, erklärte der iranische Minister für Wirtschaft und Finanzen, Dawud Danesch-Dschafari dem Satelliten-Fernsehkanal Press TV zufolge. Danesch-Dschafari betonte demnach, dass die US-Amerikaner die Propaganda gegen Iran immer dann verstärken würden, wenn die iranisch-amerikanischen Beziehungen sich zuspitzen. Das habe einen Einfluss auf den Weltmarkt für Öl: „Iran ist aus dieser Konfrontation immer als Gewinner hervorgegangen“, gab sich der Minister gewiss. [91]

Der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion der Grünen Jürgen Trittin rief die USA unterdessen auf, im Atomkonflikt mit Iran die "Eskalationsstrategie" zu beenden. Das "Gerede über einen Dritten Weltkrieg und die aktive militärische Einkreisung Irans" müsse aufhören. "Davon profitieren nur die Hardliner in Iran - einer internationalen Kontrolle des iranischen Atomprogramms dient das nicht." [92]

Kriegsgefahr: Mohammed el-Baradei zeigt sich besorgt

Max. Reichweite der iranischen Rakete Schahab-3 nach Angaben der CIA, 2006

Der Generaldirektor der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Mohammed el-Baradei gab sich Ende Oktober 2007 besorgt ob der scharfen Worte aus Washington gegen den Iran. Diese führten nur zu einer Zuspitzung des Konflikts, was letztlich in eine Katastrophe führen könne, so el-Baradei. Es gebe derzeit keine Beweise dafür, dass der Iran aktiv an einem solchen Programm arbeite. [93] "Wir haben Informationen, dass es möglicherweise Studien über eine atomare Bewaffnung gegeben hat", sagte el-Baradei. Es seien durchaus noch einige Fragen offen. Allerdings habe man weder Hinweise darauf, dass der Iran das nötige nukleare Material besitze, noch dass es ein aktives Atomwaffenprogramm gebe. [94] El-Baradeis Stellvertreter Olli Heinonen rechnete gleichzeitig mit einem Fortschritt bei den Verhandlungen mit Iran über dessen Urananreicherungs-Zentrifugen in Teheran.

Am 21. August hatten der Iran und die IAEO einen Zeitplan für die Klärung aller noch offenen Fragen zum Atomprogramm vereinbart. Iran verpflichtete sich, alle Fragen bis zum Jahresende zu beantworten. Vor diesem Hintergrund hatten die Sechser-Staaten (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland), die im Atomstreit vermitteln, am 28. September beschlossen, die Entscheidung über neue Sanktionen gegen Iran auf November zu verschieben. Die einseitige Verschärfung der Sanktionen durch Washington läuft diesem Beschluss zuwider. [95]

Die USA und Frankreich verwarfen die Einschätzung el-Baradeis, der Iran sei Jahre von der Fähigkeit zum Bau einer Bombe entfernt. Die Vereinigten Staaten sagten, der Umstand, dass der Iran auf der Anreicherung im eigenen Land bestehe, anstatt es billiger einzuführen, weise darauf hin, dass das Land wirklich nach Nuklearwaffen strebe. Der französische Verteidigungsminister Hervé Morin forderte Teheran auf, den Inspektoren der IAEO uneingeschränkten Zugang zu seinen nuklearen Anlagen zu gewähren. Die Informationen Frankreichs, die von jenen anderer Länder gestützt würden, seien konträr zu denen des IAEO-Generaldirektors: "Wenn el-Baradei recht hat, dann gibt es keinen Grund, dass der Iran el-Baradei und die IAEO davon abhält, Inspektionen durchzuführen." Der Iran bestreitet jedoch jedwede Behinderung der Tätigkeit der Atomenergiebehörde. [96]

Kritiker nicht nur in den USA erkennen hier nicht zum ersten Mal Parallelen zu den Kriegsvorbereitungen [97] gegen den Irak im Jahr 2002: "Falls das vertraut klingt, ist es in der Tat ein Déjà-vu. El-Baradei erklärte dasselbe, bevor der Irak angegriffen wurde. Aber drei Tage vor der Invasion sagte der amerikanische Nuklearexperte Dick Cheney Tim Russert von der NBC: 'Ich denke, Herr el-Baradei liegt, ganz offen, falsch.' - Da sind wir wieder. Wie im Fall des Irak hat die US-Aufklärung nach Beweisen für ein Atomwaffenprogramm im Iran Ausschau gehalten, aber - leider - vergeblich. Gebrannt von den Schwindel-'Beweisen', die beim Irak angeführt wurden - dem Uran aus Afrika, den Aluminiumröhren - scheut die Regierung davor zurück, nuklearbezogene 'Beweise' zu fingieren. Vertrauen Bush und Cheney abermals auf das Rumsfeld-Diktum, dass 'die Abwesenheit von Beweisen kein Beweis der Abwesenheit ist'?" Die Katze habe der israelische Botschafter in Washington, Sallai Meridor, aus dem Sack gelassen, als er vor dem American Jewish Committee am 22. Oktober 2007 sagte, die Angelegenheit erfordere "vereinte Vereinigte Staaten", damit die Iraner nicht meinten, "kommt der Januar 2009 [das Ende der Amtszeit von George W. Bush], dann können sie machen, was sie wollen", schrieb Ray McGovern, der 27 Jahre lang Analyst des US-Geheimdienstes CIA war. [98]

Rosatom gegen Zentrum für Urananreicherung in arabischen Ländern

Die Föderale Agentur für Atomenergie Russlands (Rosatom) spricht sich gegen die Gründung eines internationalen Zentrums für Urananreicherung in einem arabischen Land aus, wie der Chef der Behörde, Sergei Wladilenowitsch Kirijenko, am 2. November 2007 vor Medienvertretern sagte. Einige arabische Länder hatten die Gründung eines solchen Zentrums auf ihrem Territorium vorgeschlagen. Russland hatte dem Iran in der Vergangenheit mehrfach angeboten, die Aufbereitung nuklearer Brennstäbe in Angarsk (Sibirien) durchführen zu lassen, was von Teheran mit Blick auf seine Souveränitätsrechte und die Rechte, die sich aus dem Atomwaffensperrvertrag ergeben, bislang stets abgelehnt wurde. [99]

Hälfte der US-Amerikaner für einen Schlag gegen den Iran, um nukleare Bewaffnung zu verhindern

Einer Umfrage vom Oktober 2007 zufolge unterstützt mehr als die Hälfte der befragten US-Amerikaner einen Schlag gegen den Iran, wenn es dabei darum geht, ihn vom Bau einer Atombombe abzuhalten. [100] Der Iran hat unterdessen Verhandlungen mit den USA über sein Atomprogramm ab unter den von der US-Regierung genannten Bedingungen abgelehnt. Zuvor hatte US-Außenministerin Condoleezza Rice mehrmals angekündigt, Washington wolle mit Teheran umfassend verhandeln, falls der Iran die Urananreicherung aussetzt. "Wir brauchen sie gar nicht, das iranische Volk braucht die USA nicht. Wenn jemand heute Vorbedingungen für die Verhandlungen stellen darf, so ist das das iranische Volk. Sie aber (die Amerikaner)... haben kein Recht, uns irgendwelche Bedingungen zu diktieren", zitierte ein RIA-Nowosti-Korrespondent den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad am 30. Oktober 2007. "Das iranische Volk will 100 Prozent von seinen Rechten haben, und unsere Feinde müssen wissen, dass die iranische Nation nicht im Geringsten auf ihre Rechte bei der Atomenergie verzichten wird", unterstrich Ahmadinedschad neuerlich. [101] Am gleichen Tag war der russische Außenminister Sergej Lawrow in Teheran eingetroffen, um mit Mahmud Ahmadinedschad und dem iranischen Außenminister Manutschehr Mottaki das umstrittende Atomprogramm des Iran sowie Fragen der bilateralen Beziehungen zu besprechen. [102]

Auf der gleichzeitig stattfindenden 15. Internationalen Konferenz über Zentralasien und den Kaukasus in der iranischen Hauptstadt hatte Mottaki in einer Rede zur Ausdehnung der NATO in die Region hervorgehoben, dass die Beschaffenheit der Herausforderungen, denen sich die Region gegenübersehe, von einer Art sei, bei der die einseitige Gewichtung der militärischen und technologischen Aspekte der Sicherheit keine Lösung hervorbringe, sondern eher Teil des Problems werde. Die regionalen Angelegenheiten könnten nur durch die Schaffung von gegenseitigem Beistand und Vertrauen und durch Zusammenarbeit der einheimischen Regionalmächte gelöst werden. Die Interessen des Iran, den er als einen der wichtigen Mitwirkenden in der gewaltigen Ausdehnung Eurasiens bezeichnete, würden am besten durch Sicherheit und Stabilität in der Region gewährleistet. Der Iran unternehme die äußersten Anstrengungen, um diese Ziele zu erreichen (vgl. The Great Game). - Der Iran strebt die Vollmitgliedschaft in der von Moskau und Peking zur Jahrtausendwende initiierten Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit an und hat in der SOZ seit 2005 einen Beobachterstatus. [103] Ahmadinedschad erklärte am 31. Oktober 2007, der eintägige Besuch Lawrows in Teheran sei eine Fortsetzung der bilateralen Diskussionen über wichtige regionale und internationale Fragen während des Besuches von Wladimir Putin Mitte Oktober gewesen. Lawrow überbrachte dem iranischen Präsidenten auch eine mündliche Botschaft Putins, meldete die amtliche iranische Nachrichtenagentur IRNA, ohne Einzelheiten dazu zu nennen. [104] Der iranische Präsident unterstrich die Bereitschaft seines Landes, mit der Internationalen Atomenergiebehörde zu kooperieren, während Lawrow bei seiner Rückkehr nach Moskau forderte, der Iran müsse das Vertrauen in den friedlichen Charakter seines Atomprogramms wiederherstellen: "Die Gespräche hoben den fortgesetzten Dialog hervor, den der russische Präsident Wladimir Putin während seines Besuchs in Teheran vor einigen Wochen einleitete", so Lawrows diplomatische Auskunft. [105]

"The Times": Bahrainischer Kronprinz bezichtigt Iran der Lüge

Hingegen soll Anfang November ein führender Politiker eines iranischen Nachbarstaats Teheran erstmals unumwunden bezichtigt haben, über sein Atomprogramm zu lügen. Der bahrainische Kronprinz Salman bin Hamad bin Isa al-Chalifa sagte in einem Interview mit der Londoner "Times": "Dieweil sie die Bombe noch nicht haben, entwickeln sie sie, oder die Fähigkeit dazu [eine zu bauen]." Die ganze Region könne in einen militärischen Konflikt hineingezogen werden, warnte al-Chalifa, und forderte sowohl Indien als auch Russland auf, zu einer diplomatischen Lösung beizutragen: "Es muss viel mehr getan werden an der diplomatischen Front", sagte er. "Es ist immer noch Zeit zu reden." Bahrain ist der Stützpunkt der 5. US-Flotte [106], deren Aufgabe es ist, die Straße von Hormus abzusichern. Die iranische Küste ist für Mittelstreckenraketen oder Kampfflugzeuge zehn Minuten entfernt. In dem Königreich wird ein schiitische Mehrheit von einer sunnitischen Minderheit regiert. "Wir sind ein Land wie Irak und Libanon, und wir sind das einzige, dass richtig funktioniert", zitierte die "Times" Scheich Chalid al-Chalifa, den Außenminister Bahrains. In einem Beitrag für die Tageszeitung "Kayhan" im Sommer 2007 hatte Hossein Shariatmadari (der wie seine Zeitung im Bericht der "Times" allerdings nicht genannt wird), angeblich ein enger Vertrauter des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad, eine alte Behauptung wiederaufleben lassen, Bahrain sei die 14. Provinz des Iran, was an Saddam Husseins Entwurf von Kuweit in den späten 1980-ern gemahne (vgl. Zweiter Golfkrieg). Die Behauptung "rührte an die Legitimität unseres Landes", wird der bahrainische Außenminister zitiert. Unerwähnt blieb in dem Bericht der konservativen "Times" (dem publizistischen Flaggschiff des Medienkonzerns von Rupert Murdoch, eines persönlichen Freundes von Norman Podhoretz), dass sowohl Bahrain als auch der Iran mögliche Spannungen umgehend zu entschärfen suchten: "Die beiden Länder respektieren gegenseitig ihre Integrität und Souveränität", erklärte der iranische Außenminister Mottaki anlässlich eines Besuches in Bahrain. "Was in Zeitungen oder von einigen Einzelnen in den beiden Ländern veröffentlicht wird, beeinträchtigt diese klare Politik nicht." [107] [108]

Barack Obama plädiert für einen neuen Ansatz gegenüber dem Iran

In einem ausführlichen Interview mit der "New York Times" verdeutlichte US-Senator Barack Obama, der sich als Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei für 2008 bewirbt, Anfang November 2007 die erheblichen Unterschiede seines Ansatzes gegenüber dem Iran sowohl im Blick auf die Politik der Bush-Regierung als auch im Vergleich zu Hillary Clinton [109]. So bezeichnete er zwar das Atomprogramm des Landes als Grund für "ernsthafte Besorgnisse" und hob er die Notwendigkeit hervor, dass Teheran seine "Einmischung im Irak" beenden müsse, führte diese aber ausdrücklich auf die Angst des Iran vor der Politik Bushs in der Region zurück. Er betonte auch, dass er als Präsident bereit sein würde, mit dem Iran ohne Vorbedingungen zu sprechen: "Ich denke, es ist wichtig für uns, ein Signal auszusenden, dass wir nicht um jeden Preis auf einen Regimewechsel aus sind, sondern einen Wandel des Verhaltens [des Iran] erwarten." Gegenüber Teheran stünden sowohl Zuckerbrot als auch Peitsche zur Verfügung, um einen solchen Wandel des Verhaltens zu erwirken. Eine mögliche Belohnung für den Iran könne zum Beispiel eine Aufnahme des Iran in die Welthandelsorganisation sein. Obama unterstrich, er würde sich im Fall seiner Wahl für eine "aggressiv persönliche Diplomatie" engagieren. Der "New York Times" zufolge lehnte es Obama allerdings ab, die Frage zu beantworten, ob er für den Fall des diplomatischen Scheiterns militärische Maßnahmen gegen den Iran ergreifen oder weiter eine Eindämmungspolitik gegenüber Teheran verfolgen würde. [110]

Mögliche Konsequenzen für die NATO

Die Chancen für eine mögliche Annäherung Moskaus an Washington nach dem Ende der Präsidentschaft Putins wurden von Lothar Rühl, früher (1982 bis 1989) Staatssekretär im damals noch westdeutschen Verteidigungsministerium, als gering eingeschätzt: "Putins öffentliche Polemik gegen den amerikanischen Plan suggeriert, dass vor den kommenden russischen Wahlen und der Nachfolgeregelung im Kreml kein erheblicher Fortschritt zu erwarten ist. Verhandlungen würden in jedem Fall schwierig, wahrscheinlich auch langwierig. 2009 läuft der bilaterale Start-Vertrag über die Reduzierung der strategischen Angriffswaffen aus. Dann oder danach könnte es zu einer Kombination eines neuen Vertrags mit kooperativer strategischer Raketenabwehr kommen." Im Hinblick auf den wachsenden Druck auch auf die europäischen NATO-Staaten meinte Rühl: "Nach den erfolglosen Ministergesprächen zwischen Russland und Amerika über Raketenabwehr in Europa wird es, so oder so, für die europäischen Alliierten ernst. Die Amerikaner dringen auf eine politische Grundsatzentscheidung für einen strategischen Raketenabwehrschirm in Europa im Bündnisrahmen. Die Regierungen in Warschau und Prag beharren auf souveränen nationalen Entscheidungen im Verhältnis zu Washington und erwarten von den Nato-Partnern nicht Mitbestimmung, sondern politische Rückendeckung - also eine positive Kenntnisnahme." [111]

"Das von den USA in Polen und Tschechien geplante Raketenabwehrsystem hat unter den europäischen Partnern zu politischen Verwerfungen geführt. Und es besteht auch keine Einigkeit darüber, ob das Bündnis um neue Mitglieder erweitert werden sollte. Die von den USA betriebene Aufnahme Georgiens erfüllt manche europäische Regierungen mit Unbehagen. Sie sehen mehr geostrategische Risiken als Chancen", merkte Martin Winter in der "Süddeutschen Zeitung" zur Lage des nordatlantischen Bündnisses an. [112]

China und Russland legen der UNO gemeinsame Deklaration gegen Weltraumwaffen vor

Am 27. September 2007 kündigte Wladimir Popowkin, der Verantwortliche für die russischen Weltraumtruppen, "angemessene Gegenmaßnahmen" an, sollte ein Land Waffen im Weltraum stationieren. Popowkin zufolge konzipierten Russland und China eine gemeinsame Deklaration, die sich gegen die Stationierung von Waffen im Weltraum richtet, und legten diese der UNO vor. Gleichzeitig warnte der General, die Waffenstationierung im Weltraum werde zu unkalkulierbaren Folgen und sogar zu einem Krieg führen. Gegenwärtig besitze kein Land Waffen im All. Kein Land dürfe den Weltraum zum eigenen Interessenbereich machen: „Wir wollen keinen Krieg und keine Vorherrschaft im Weltraum, lassen aber kein anderes Land dort vorherrschen“, unterstrich Popowkin, der sich damit gegen die im Oktober 2006 bekannt gewordene Neufassung der National Space Policy [113] (Nationale Weltraumpolitik) der USA wandte, mit der die Vorherrschaft der Vereinigten Staaten auch im All proklamiert wurde [114]. Zahlreiche Elemente der NMD erfordern die Stationierung von militärischen Einrichtungen im Weltraum. - Derzeit seien nur Russland und die USA in der Lage, den Weltraum sowohl zu zivilen als auch zu militärischen Zwecken weitgehend zu nutzen. Bald könnten China, Indien und Europa hinzukommen, so Popowkin. [115]

China: "Militarisierung des Weltalls nimmt immer konkretere Züge an"

Die Militarisierung des Weltalls durch die USA nehme immer konkretere Züge an, zeigt man sich auch in der Volksrepublik China besorgt. In einem Bericht von Radio China International hieß es zu den Reaktionen Moskaus darauf: "Im Jahr 2006 hat Russland einen Zehnjahres-Plan für die Raumfahrt verabschiedet. Gemäß dem Plan strebt Russland eine Stärkung seiner Präsenz im Weltraum an. Russland will dazu schwerpunktmäßig Satellitenabwehrwaffen entwickeln. In den kommenden zehn Jahren will Russland die Rekordsumme von fast 487 Milliarden Rubel in die Weltraumforschung investieren. Darüber hinaus hat Russland bereits zahlreiche Systeme entwickelt, um militärische Satelliten erfolgreich vernichten zu können.

Politische Beobachter befürchten, dass der Kampf um die Vorherrschaft im Weltall zu militärischer Konfrontation im Weltall führen wird." [116]

China hatte am 11. Januar 2007 den veralteten Wettersatelliten Fengyun-1C zerstört, um seine Fähigkeiten zur Kriegsführung im Weltraum zu demonstrieren. Peking selbst treibt seine militärischen Aktivitäten nicht nur im All mit zunehmendem Aufwand voran. [117];[118] Zudem will China nach den Worten von Staatspräsident Hu Jintao verstärkt mit Russland zusammenarbeiten, um das "gegenseitige strategische Vertrauen" und die dauerhafte Kooperation zu verbessern. Die strategische Partnerschaft beider Länder solle auf eine "neue Stufe" gehoben werden. Das "Jahr Chinas" in Russland habe die sino-russländischen Beziehungen bereichert, so Hu am 27. September 2007 bei einem Treffen mit Sergej Mironow, dem Vorsitzenden des russischen Föderationsrats, in Peking. [119]

Stationierungspläne in Asien und Ozeanien

Teile der National Missile Defense sollen auch in Japan [120];[121] und Australien [122] [123] stationiert werden - angeblich, um aus dem "Schurkenstaat" Nordkorea drohenden Gefahren zu begegnen [124]. Dies wird in China mit großer Besorgnis gesehen. Pan Zheng, Forscher an der Universität für Nationale Verteidigung der Volksbefreiungsarmee, geht davon aus, dass das System dazu diene, China im Zaum zu halten: "Ich kann keine Notwendigkeit erkennen, derzeit auf Nordkorea zu zielen." Zhang Qinsheng, stellvertretender Generalstabschef der VBA, gab sich gewiss, die Einbeziehung Taiwans in den Raketenschirm werde Instabilität in Asien zur Folge haben. Jin Linbo, Wissenschaftler am China Institute of International Studies erklärte, das System beeinträchtige definitiv China. - Australische Diplomaten hatten hervorgehoben, dass die Raketenabwehr nicht dazu diene, den Einfluss Chinas zu hemmen. [125] Vor dem Hintergrund der Einschätzungen der komplexen Machtbalance im asiatisch-pazifischen Raum durch China [126] könnte sich eine umfassende Dislozierung von NMD-Elementen in dieser Weltregion jedoch ähnlich problematisch auswirken wie in Europa. Entscheidungsträger und Beobachter sowohl in Peking wie auch in Moskau befürchten eine groß angelegte Einkreisungsstrategie Washingtons im Hinblick auf den eurasischen Raum (vgl. Seidenstraßenstrategie). [127]

Am 5. Juni 2007 hatte die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums Jiang Yu erklärt, das US-Raketenabwehrsystem werde die globale strategische Stabilität gefährden und neuer Proliferation Vorschub leisten. [128] Jiang reagierte damit auf eine Sicherheitskonferenz in Singapur, auf der Japan und die USA eine gemeinsame Raketenabwehr diskutierten. Sie unterstrich, dass Chinas Haltung zur NMD unabhängig davon sei, ob diese in Europa oder in Asien errichtet wird. - Ebenfalls Anfang Juni 2007 hatte der australische Verteidigungsminister Brendan Nelson betont, dass ein gemeinsamer Raketenschild der USA, Japans und Australiens "nichts mit einer Verteidigungsstrategie gegen China zu tun" habe. Australien sei an einer "so genannten Containment-Strategie" gegen China weder interessiert noch wolle es daran beteiligt sein. [129]

Planen China, Russland und Indien eine Militärallianz?

Die geplante Aufstellung der US-Raketenabwehr in Europa würde die bestehenden Sicherheitsprobleme nicht beseitigen, sondern das strategische Gleichgewicht weltweit stören, unterstrich der chinesische Außenminister Yang Jiechi neuerlich am 24. Oktober 2007 im nordostchinesischen Harbin nach Verhandlungen mit seinen Amtskollegen aus Russland und Indien. Das Treffen der drei Minister war das dritte dieser Art; die beiden ersten fanden in Neu-Delhi statt. Einige Experten und Medien sehen darin einen Anlauf, eine militärisch-politische Allianz zu formen, um den Einfluss der USA in der Region zu kontern. Russlands Außenminister Lawrow erklärte dazu, dass Russland keine Absichten habe, eine Militärunion mit China und Indien zu bilden. Die bi- und trilateralen Gespräche der drei Nationen im Rahmen der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit und anderen Strukturen dienten dazu, Schlüsselfragen der Sicherheit gemeinsam zu lösen, "vornehmlich durch politischen und diplomatischen Dialog". Lawrow beklagte bei dieser Gelegenheit auch, dass Russland von den USA entgegen der Zusagen von Außenministerin Rice und Verteidigungsminister Gates bisher keine Vorschläge für eine Zusammenarbeit im Bereich der Raketenabwehr erhalten habe. [130]

Gegen wen richtet sich die NMD?

Die Glaubwürdigkeit der wiederholten Beteuerungen der USA, die National Missile Defense richte sich ausschließlich gegen Staaten der "Achse des Bösen", wurde von Anfang an angezweifelt. So analysierte Matthias Schuler in einer Studie für die HSFK bereits im Sommer 2004 zusammenfassend:

"Die NATO-Erweiterung nach Osten, die Aufkündigung des ABM-Vertrags, die Interventionen auf dem Balkan, besonders im Kosovo, und der jüngste Golfkrieg ließen Russland nicht auf eine strategisch defensive Grundhaltung der USA schließen. China wird das NMD-Projekt wahrscheinlich als Teil einer Gesamtstrategie betrachten, mit der Washington seine Unterstützung für Taiwan unterstreicht, TMD in der Region verbreitet und die Ausweitung der japanischen Militärausgaben sowie deren militärische Einsetzbarkeit fordert. Ein unbeschränktes Raketenabwehrsystem gegen Interkontinentalraketen würde also die Beziehungen zwischen den USA, Russland und China zumindest stark belasten, wenn nicht gar dauerhaft beschädigen und die Unsicherheit vor den Absichten der USA verstärken. Damit würde es auf die globale Sicherheit destabilisierend und somit kontraproduktiv wirken.

Das gewichtigste Gegenargument gegen diese Einschätzungen ist, dass der Abschreckungs- und Schadensbegrenzungsnutzen eines hocheffektiven NMD-Systems die Gefahren, die von einer erhöhten Unsicherheit Russlands und Chinas ausgingen, bei weitem übersteigen würde. Da aber selbst Experten, die der Bush-Regierung nahe stehen, erhebliche Zweifel an der Effektivität des Systems hegen, ist dieses Argument wohl wirklich nur theoretisch zu beachten, zumal es lediglich die Auswirkungen auf die Sicherheit der USA, nicht aber die Veränderungen der globalen Sicherheitslage ausreichend berücksichtigt, von der die USA letzten Endes aber abhängig sind.

Unter den gegebenen Umständen erscheint das Streben der USA nach nuklearer Überlegenheit als sicherheitspolitisch weder logisch noch sinnvoll, da angesichts der Tatsache, dass sich die amerikanischen Beziehungen zu Russland und China derzeit in Übergangsstadien befinden und kooperatives Verhalten zur Verbesserung und Festigung friedvoller Beziehungen beitragen könnte, ein unbeschränktes Raketenabwehrprogramm bestenfalls zu einem 'Neuen Kalten Krieg' führen könnte. Dieses Urteil wird noch dadurch gestärkt, dass die amerikanischen Anstrengungen, einen wirksamen Raketenschild gegen Russland und China zu entwickeln, aus den genannten Gründen mit großer Wahrscheinlichkeit scheitern würden, wodurch die USA die gesamten Kosten eines solchen Systems zu tragen, aber keinerlei Nutzen zu erwarten hätten." [131]

"Die Vereinigten Staaten sollten kein Bedürfnis haben, ein NMD-System gegen China zu errichten. Aber falls China weiter darauf insistiert, dass es ihm frei stehe, Gewalt gegen Taiwan anzuwenden, falls es fortfährt, noch mehr ballistische Raketen aufzustellen, die gegen Taiwan und die Vereinigten Staaten gerichtet sind, und falls es weiter droht, diese Raketen gegen beide einzusetzen, dann könnten die Vereinigten Staaten schlicht keine andere Wahl haben", schrieb der gegenwärtige Berater für Nationale Sicherheit der USA Stephen Hadley, der seit dem 22. Januar 2001 Stellvertreter von Condoleeza Rice war, schon im Jahr 2000 (vgl. Taiwan-Konflikt). [132]

US-Senat bewilligt 225 Millionen Dollar

Die von Präsident George W. Bush beantragten Gelder für die NMD-Systeme in Polen und Tschechien, die im August 2007 vom Repräsentantenhaus des US-Kongresses um 45 Prozent gekürzt worden waren, sind zu einem größeren Teil bewilligt worden. Der Bewilligungsunterausschuss des US-Senats hatte am 11. September 2007 eine entsprechende Fassung des US-Verteidigungsbudgets für das Jahr 2008 bestätigt. Demnach beträgt die Kürzung nur noch 27 Prozent auf nunmehr 225 Millionen US-Dollar. Im Februar hatte Bush beim US-Kongress die Bereitstellung von 310 Millionen US-Dollar für die Raketenabwehrwaffen in Polen und Tschechien beantragt. Im August war die beantragte Summe vom US-Repräsentantenhaus um 139 Millionen US-Dollar auf 171 Millionen gekürzt worden. Gleichzeitig war dem Pentagon verboten worden, „mit dem Bau einer Raketenbasis“ zu beginnen und „Begleitausrüstungen“ zu stationieren, solange die Abkommen mit Polen und Tschechien über die Raketenabwehr nicht unterzeichnet sind. Die im August getroffene Entscheidung des Repräsentantenhauses war vom Weißen Haus scharf kritisiert worden; im selben Monat wurde vor einer unzureichenden Finanzierung des europäischen Teils des Raketenabwehrsystems gewarnt. [133]

Kippt die Finanzierung?

Am 1. November 2007 hieß es jedoch überraschend, der US-Haushalt für 2008 enthalte keine Finanzierung für das geplante Raketenabwehr-System in Polen und Tschechien. Der amerikanische Kongress werde sie vorerst nicht genehmigen. Es gebe noch nicht einmal eine grundsätzliche Einigung zwischen Polen und den USA, begründete dies der Kongressabgeordnete Murtha in Washington. Deshalb sei für das Programm in dem bis Ende September 2008 laufenden Haushaltsjahr kein Geld vorgesehen. - Die US-Regierung hatte im Etat 2008 für die NMD insgesamt 3,5 Milliarden Dollar veranschlagt. [134]

Siehe auch

Literatur

Artikel

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Weblinks

Quellen

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