Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft

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Die Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft e. V. wurde 1998 von einer Gruppe von Wirtschaftswissenschaftlern, Juristen, Unternehmern und Publizisten in Freiburg gegründet und hat ihren Sitz in Berlin. Sie steht in enger Verbindung zur im Jahr 2002 gegründeten Friedrich August von Hayek-Stiftung für eine freie Gesellschaft (nicht zu verwechseln mit der im Jahr 1999 gegründeten Friedrich-August-von-Hayek-Stiftung). Die Gesellschaft war ursprünglich liberal orientiert, bewegte sich mit dem Eintritt von Personen wie Alice Weidel, Beatrix von Storch und Vera Lengsfeld in den letzten Jahren aber zunehmend nach rechts.

Die Gesellschaft bezweckt gemäß Statuten die „Förderung der wirtschafts-, rechts- und gesellschaftswissenschaftlichen Forschung und Erkenntnis im Geiste Friedrich A. von Hayeks sowie deren Verbreitung“. Sie veranstaltet jährliche Hayek-Tage mit der Verleihung der Hayek-Medaille sowie mit einem bundesweiten universitären Essaywettbewerb für die Ideen von Hayeks.[1] Sie fördert Gesprächskreise, sogenannte „Hayek-Clubs“, die im deutschsprachigen Raum der Vernetzung und dem regelmäßigen Austausch dienen sollen[2], und veranstaltet Juniorenkreise sowie die Akademie der Freiheit.[3] Am 24. Juli 2017 hatte sie 316 Mitglieder. Sie ist Teil des Netzwerks der Mont Pèlerin Society.

Ihre Arbeit wird wesentlich finanziert von der Friedrich August von Hayek-Stiftung für eine freie Gesellschaft, die über ein mittleres siebenstelliges Stiftungsvermögen verfügt.[4] Der Papierindustrielle Edmund Radmacher hatte jedoch verfügt, dass Erträge seiner Privatstiftung nur fließen, solange dort Gerd Habermann bestimmt.[5]

Die Hayek-Gesellschaft war ursprünglich eine liberale Organisation. In den letzten Jahren (Stand 2020) bewegte sie sich aber u. a. mit dem Eintritt von Personen wie Alice Weidel, Beatrix von Storch und Vera Lengsfeld immer weiter nach rechts. Spiegel Online spricht in diesem Kontext von einem „Prozess der Unterwanderung“ der Organisation, wobei jedoch viele dort diesen aus freien Stücken akzeptierten.[6]

Im ersten Halbjahr 2015 akzentuierte sich innerhalb der Gesellschaft eine Auseinandersetzung zwischen dem Initiator der Gesellschaft, Gerd Habermann, und deren Vorsitzender, Karen Horn, die an den Hayek-Tagen im Juni 2015 eskalierte. Horn hatte in verschiedenen Artikeln zur Abgrenzung gegenüber rechtem und rechtsnationalem Gedankengut aufgerufen.[7] Sie sorge sich darum, dass Vorurteile und üble Nachrede nicht nur wie gewohnt gegen Keynesianer und Sozialisten, sondern auch gegen „Demokratie, Feminismus, Pluralität, Homosexualität und Atheismus“ als Feindbilder überhand nähmen.[8]

In einem offenen Brief forderten 26 Mitglieder Horn darauf zum Rücktritt auf: Den Artikel könnten sie nur „als Versuch verstehen, der Gesellschaft ein einseitiges und verengtes Liberalismusverständnis aufzuzwingen und große Teile der Mitgliederschaft als ,reaktionär‘ auszugrenzen“. Die Gesellschaft brauche an der Spitze jemanden, der den Geist der Freiheit vorlebe.[8]

Auf der Mitgliederversammlung im Juni 2015 schlug die Vorsitzende Karen Horn weitgehende Satzungsänderungen vor, denen die Mehrheit der Mitglieder nicht zustimmte.

Im Juli 2015 traten rund 60 Vereinsmitglieder aus und veröffentlichten eine Erklärung,[9] darunter die Vorsitzende Karen Horn, der stellvertretende Vorsitzende Michael Wohlgemuth, drei Mitglieder des Stiftungsrates sowie Lars Feld, IW-Chef Michael Hüther, FDP-Chef Christian Lindner und Hans-Olaf Henkel.[7][10]

Der Ökonom Peer Ederer wurde im Frühjahr 2017 als für Finanzen zuständiges Mitglied der Friedrich August von Hayek-Stiftung für eine freie Gesellschaft abberufen. Er hatte Interna an den Spiegel weitergegeben und durch die resultierende Veröffentlichung den Datenschutz und Persönlichkeitsrechte einzelner Mitglieder verletzt, insbesondere durch die Nennung der Höhe der Bezüge, die Gerd Habermann für seine Tätigkeit bekam. Günter Ederer und sein Sohn Peer traten im Juni 2017 aus der Hayek-Gesellschaft aus, weil sie das Vermächtnis von Friedrich August von Hayek „in einen nationalistisch-völkischen Sumpf gezogen“ sahen.[5]

Ehrung von Javier Milei

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Am 22. Juni 2024 erhielt der amtierende Präsident Argentiniens, Javier Milei, die Medaille der Hayek-Gesellschaft in Hamburg. In seiner Laudatio beschrieb deren Präsident, der Ökonom Stefan Kooths, Milei als einen Bahnbrecher, welcher seinem Land die Chance gebe, aus durch Blockaden des Interventionismus verursachten Sackgassen herauszufinden. Er sei kein Populist, sondern vielmehr ein „Popularisierer freiheitlich-marktwirtschaftlicher Ideen“ und wende sich ab von populistischen Versprechungen auf billige Lösungen und von paternalistischen Attitüden eines Wohlfahrtsstaats, welcher letztlich nur das Elend verwalte: Damit gebe er seinen Landsleuten Selbstvertrauen und berechtigte Hoffnung.[11] Der Verleihung, bei der auch bekannte Personen der rechten Szene in Deutschland wie etwa Hans-Georg Maaßen und Beatrix von Storch anwesend waren, wohnten etwa 200 Gäste bei. Die Veranstaltung wurde von Protesten einiger hundert Menschen begleitet,[12] zu denen verschiedene linke und einige argentinische Organisationen wie auch die deutsche Partei Die Linke aufgerufen hatten.[13]

Im Vorfeld der Auszeichnung hatte das Vorstandsmitglied der Hayek-Gesellschaft Gerd Habermann im Blog "Achse des Guten" sich wie folgt zu Milei geäußert: „Es geht Milei um nichts weniger als um die Abschaffung des egalitären Wohlfahrtstaates (nicht nur seine Reform) und des gesellschaftspolitischen Destruktionismus (Genderismus and all that).“ Die Zeit kommentierte zu den Hintergründen für diese Einschätzung, dass der Staat für Milei „ein moderner Pharao“ sei, „und seine Beamten wie ägyptische Sklavenhalter“ seien. „Mit der Peitsche von Arbeits- und Umweltrecht machen sie der Wirtschaft das Leben zur Hölle.“ Die Zeit wies darauf hin, dass neben Mileis Ultraliberalismus ein „autoritäre[s] rechtsradikale[s] Gehabe“ trete. Er hasse "Scheißlinke" und Umweltaktivisten, und Feministinnen ganz besonders. Die „nach rechts hin offene“ Hayek-Gesellschaft habe mit Mileis politischen Ansichten offenbar kein Problem. Dies sei wenig verwunderlich, denn der Namensgeber der Organisation Friedrich August von Hayek war 1977 „nach Chile gereist, um dem Gewaltherrscher Augusto Pinochet bei der "Befreiung" der Wirtschaft mit Rat und Tat zur Seite zu stehen“. Hayek pflegte auch Sympatien für den portugiesischen Diktator António de Oliveira Salazar.[14]

Parteimitgliedschaften

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Mit Datum vom 9. Februar 2016 hatte der Vorsitzende der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft, basierend auf einer „großen Mehrheit innerhalb des Vorstands“, Beatrix von Storch brieflich um einen freiwilligen Austritt aus der Hayek-Gesellschaft gebeten. Das öffentlich wahrnehmbare Verhalten entspreche nicht dem Zweck der Hayek-Gesellschaft und dem Gedankengut Hayeks. Von Storch ist dieser Bitte jedoch nicht nachgekommen.[15][5] Neben ihr sind auch die AfD-Bundestagsabgeordneten Alice Weidel und Peter Boehringer Mitglieder der Gesellschaft. Alice Weidel gab ihren Austritt im Februar 2021 bekannt.[16]

Die Hayek-Medaille erhielten:[18]

Aktuelle und ehemalige Mitglieder

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Im Jahr 2015 gehörten der Gesellschaft 300 Wirtschafts- und Politikwissenschaftler, Juristen, Unternehmer und Autoren an,[19] darunter:


Einzelnachweise

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  1. Allgemeine Informationen zur Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft e. V. Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft, abgerufen am 22. Juli 2015.
  2. Hayek-Clubs Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft
  3. Homepage der Akademie der Freiheit
  4. Benjamin Bidder: AfD-Streit zerreißt liberale Hayek-Gesellschaft. Spiegel-Artikel vom 31. Januar 2021
  5. a b c Katja Riedel & Sebastian Pittelkow: Die Hayek-Gesellschaft – „Mistbeet der AfD“? In: Süddeutsche Zeitung. 14. Juli 2017
  6. Benjamin Bidder, Michael Sauga: Homburg, Meuthen, Tichy. Wenn Ökonomen abdriften. In: Spiegel Online, 23. Dezember 2020. Abgerufen am 26. Dezember 2020.
  7. a b Philip Plickert: Liberaler Verein: Austritte erschüttern Hayek-Gesellschaft. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 14. Juli 2015, abgerufen am 16. Juli 2017.
  8. a b Heike Göbel: Streitbare Geister der Freiheit, FAZ, 26. Juni 2015
  9. Erklärung von Leipzig: Austritte aus der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft. Juli 2015, abgerufen am 16. Juli 2017 (mit Stellungnahme von Karen Horn).
  10. Peter A. Fischer: Exodus aus der Hayek-Gesellschaft: Streit unter Liberalen eskaliert. In: Neue Zürcher Zeitung. 14. Juli 2015, abgerufen am 16. Juli 2017.
  11. Peter A. Fischer: Vom Ökonomieprofessor zum Freiheitskämpfer: Javier Milei erhält Hayek-Medaille. In: Neue Zürcher Zeitung. 22. Juni 2024, abgerufen am 22. Juni 2024.
  12. Preisverleihung in Hamburg: Milei verzichtet auf Krawallrede. 22. Juni 2024, abgerufen am 26. Juni 2024.
  13. tagesschau.de: Demonstration in Hamburg Protest gegen Preis für Argentiniens Präsident Milei. 22. Juni 2024, abgerufen am 22. Juni 2024.
  14. Thomas Assheuer: Javier Milei: Auf dem Weg zum Marktfaschismus. In: Die Zeit. 24. Juni 2024, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 27. Juni 2024]).
  15. Eine Mitteilung des Vorstands der Hayek-Gesellschaft in Bezug auf die Mitgliedschaft von Frau Beatrix von Storch in der Hayek-Gesellschaft (Memento vom 10. Dezember 2019 im Internet Archive). 29. November 2016
  16. Alice Weidel zieht sich aus Hayek-Gesellschaft zurück
  17. a b c d Gremien. Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft, abgerufen am 2. Februar 2021.
  18. Hayek-Medaillenträger, hayek.de, abgerufen am 8. August 2023
  19. Philip Plickert: Heftiger Streit in der Hayek-Gesellschaft. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 27. Juni 2015, abgerufen am 9. April 2016. (PDF; 277 kB).
  20. a b Ute Löhning und Sophia Boddenberg: Javier Milei und seine rechten deutschen Freunde. Abgerufen am 27. Juni 2024.