„Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ – Versionsunterschied

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Die Initiative versandte 2013 [[Voodoo-Puppen]] an Bundestagsabgeordnete und weitere Politiker, die man mit „verfluchten Wahlversprechen“ – wahlweise mit Zuschussrente, Frauenquote, Energiesubventionen, Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer oder Mindestlohn – erstechen konnte. Mit der Aktion sollte gezeigt werden, dass „Wahlversprechen schmerzhafte Auswirkungen“ haben könnten. Die Kampagne stieß auf geteiltes Echo.<ref>{{Literatur |Autor=Bastian Brinkmann |Titel=Wirtschaftslobby bezirzt Bundestag mit Voodoo |Sammelwerk=Süddeutsche Zeitung |Datum=2013-01-07 |Online=[http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/insm-wirtschaftslobby-bezirzt-bundestag-mit-voodoo-1.1566851 online] |Abruf=2013-08-07}}</ref>
Die Initiative versandte 2013 [[Voodoo-Puppen]] an Bundestagsabgeordnete und weitere Politiker, die man mit „verfluchten Wahlversprechen“ – wahlweise mit Zuschussrente, Frauenquote, Energiesubventionen, Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer oder Mindestlohn – erstechen konnte. Mit der Aktion sollte gezeigt werden, dass „Wahlversprechen schmerzhafte Auswirkungen“ haben könnten. Die Kampagne stieß auf geteiltes Echo.<ref>{{Literatur |Autor=Bastian Brinkmann |Titel=Wirtschaftslobby bezirzt Bundestag mit Voodoo |Sammelwerk=Süddeutsche Zeitung |Datum=2013-01-07 |Online=[http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/insm-wirtschaftslobby-bezirzt-bundestag-mit-voodoo-1.1566851 online] |Abruf=2013-08-07}}</ref>


=== Steuern und Solidaritätszuschlag ===
=== Bundestagswahlkampf 2017 ===
{{Anker|Kampagne gegen SPD-Steuerpläne}}Im Rahmen des Bundestagswahlkampfes 2017 veröffentlichte die INSM in der [[Bild (Zeitung)|Bild]] eine Anzeige zur geplanten Reichensteuer der SPD. Neben einem Bild des SPD-Kanzlerkandidaten [[Martin Schulz]] war die Frage ''Lieber Herr Schulz, Reichensteuer schon ab 60.000 Euro: Ist das Ihr Respekt vor Leistung?''<ref name="SPON1">{{Internetquelle |url=http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/martin-schulz-wie-der-lobbyverband-insm-die-spd-steuerplaene-verfaelscht-a-1154508.html |titel=Wie Wirtschaftslobbyisten die SPD-Steuerpläne verfälschen |werk=[[Spiegel Online]] |datum=2017-06-26 |zugriff=2014-08-23}}</ref> abgedruckt. Die INSM wurde daraufhin kritisiert, die Anzeige sei „irreführend“.<ref name="SPON1" /> Denn das Programm der SPD sieht vor, dass der bereits vorhandene Spitzensteuersatz von 42 Prozent statt ab rund 54.000 Euro erst ab 60.000 Euro erhoben wird. Demnach stiege der Steuersatz kontinuierlich bis zu einem neuen Spitzensteuersatz von 45 Prozent, der ab einem Einkommen von rund 76.000 Euro fällig würde. Die von der INSM beschriebene Reichensteuer würde hingegen wie bisher erst ab einem Einkommen von 250.000 Euro fällig werden und zudem um drei Prozentpunkte erhöht werden. Die Definition der INSM wurde daher als „keine seriöse Definition“ kritisiert.<ref name="SPON1" />
{{Anker|Kampagne gegen SPD-Steuerpläne}}Im Rahmen des Bundestagswahlkampfes 2017 veröffentlichte die INSM in der [[Bild (Zeitung)|Bild]] eine Anzeige zur geplanten Reichensteuer der SPD. Neben einem Bild des SPD-Kanzlerkandidaten [[Martin Schulz]] war die Frage ''Lieber Herr Schulz, Reichensteuer schon ab 60.000 Euro: Ist das Ihr Respekt vor Leistung?''<ref name="SPON1">{{Internetquelle |url=http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/martin-schulz-wie-der-lobbyverband-insm-die-spd-steuerplaene-verfaelscht-a-1154508.html |titel=Wie Wirtschaftslobbyisten die SPD-Steuerpläne verfälschen |werk=[[Spiegel Online]] |datum=2017-06-26 |zugriff=2014-08-23}}</ref> abgedruckt. Die INSM wurde daraufhin kritisiert, die Anzeige sei „irreführend“.<ref name="SPON1" /> Denn das Programm der SPD sieht vor, dass der bereits vorhandene Spitzensteuersatz von 42 Prozent statt ab rund 54.000 Euro erst ab 60.000 Euro erhoben wird. Demnach stiege der Steuersatz kontinuierlich bis zu einem neuen Spitzensteuersatz von 45 Prozent, der ab einem Einkommen von rund 76.000 Euro fällig würde. Die von der INSM beschriebene Reichensteuer würde hingegen wie bisher erst ab einem Einkommen von 250.000 Euro fällig werden und zudem um drei Prozentpunkte erhöht werden. Die Definition der INSM wurde daher als „keine seriöse Definition“ kritisiert.<ref name="SPON1" />


Anlässlich des [[Fernsehduell#Bundestagswahl 2017|TV-Duells 2017]] sponserte die INSM auf [[Twitter]] den [[Hashtag]] #tvduell, sodass Nutzer, die nach diesem Hashtag suchten, zuerst einen Beitrag der INSM zum Thema Renten angezeigt bekamen.<ref>{{Literatur |Autor=Jörg Wimalasena |Titel=Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft: Lobbyismus mit gekauften Hashtags |Sammelwerk=Die Tageszeitung: taz |Datum=2017-09-07 |ISSN=0931-9085 |Online=https://taz.de/!5445882/ |Abruf=2021-06-14}}</ref>

=== Solidaritätszuschlag ===
Die INSM sprach sich 2020 gemeinsam mit dem parteiunabhängigen [[Berufsverband]] ''[[Wirtschaftsrat der CDU]]'' für eine komplette Abschaffung des [[Solidaritätszuschlag]]s aus und stellte eine „Soli-Uhr“ auf. Diese sollte zuviel gezahlte Steuern anzeigen.<ref>FAZ, [https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/steuerpolitik-mit-einer-eigenen-uhr-gegen-den-solidaritaetszuschlag-16573323.html Mit einer eigenen Uhr gegen den Solidaritätszuschlag], 9. Januar 2020</ref>
Die INSM sprach sich 2020 gemeinsam mit dem parteiunabhängigen [[Berufsverband]] ''[[Wirtschaftsrat der CDU]]'' für eine komplette Abschaffung des [[Solidaritätszuschlag]]s aus und stellte eine „Soli-Uhr“ auf. Diese sollte zuviel gezahlte Steuern anzeigen.<ref>FAZ, [https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/steuerpolitik-mit-einer-eigenen-uhr-gegen-den-solidaritaetszuschlag-16573323.html Mit einer eigenen Uhr gegen den Solidaritätszuschlag], 9. Januar 2020</ref>

=== Renten ===
Die INSM spielte eine zentrale Rolle bei der Diskussion um die [[Gesetzliche Rentenversicherung (Deutschland)|Rentenversicherung in Deutschland]] in den 2000er-Jahren. Die INSM bezeichnete Deutschland dabei als „überdrehten“ [[Wohlfahrtsstaat]] und behauptete, dass die gesetzliche Rente alleine nicht mehr zur Vorsorge ausreichen würde. Die gesetzliche Rente sollte daher gekürzt werden und Bürger sollten zu einem Teil auch in eine [[Kapitaldeckungsverfahren|kapitalgedeckte]] Altersvorsorge investieren. Durch breit angelegte Öffentlichkeitskampagnen sollte die Meinung in der Bevölkerung hierzu beeinflusst werden. Unter anderem finanzierte die INSM eine Dokumentation, die 2003 im [[Öffentlich-rechtliches Fernsehen|öffentlich-rechtlichen Fernsehen]] ausgestrahlt wurde und über 2 Mio. Zuschauer erreichte. In dieser kamen fast ausschließlich Personen zu Wort, die der INSM nahe standen oder sich für die Reform der Renten im Sinne der INSM aussprachen.<ref>{{Literatur |Autor=Diana Wehlau |Titel=Lobbyismus und Rentenreform |Verlag=VS Verlag für Sozialwissenschaften |Ort=Wiesbaden |Datum=2009 |ISBN=978-3-531-16530-1 |DOI=10.1007/978-3-531-91461-9 |Seiten=258-259}}</ref>

Anlässlich des [[Fernsehduell#Bundestagswahl 2017|TV-Duells 2017]] sponserte die INSM auf [[Twitter]] den [[Hashtag]] #tvduell, sodass Nutzer, die nach diesem Hashtag suchten, zuerst einen Beitrag der INSM zum Thema Renten angezeigt bekamen.<ref>{{Literatur |Autor=Jörg Wimalasena |Titel=Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft: Lobbyismus mit gekauften Hashtags |Sammelwerk=Die Tageszeitung: taz |Datum=2017-09-07 |ISSN=0931-9085 |Online=https://taz.de/!5445882/ |Abruf=2021-06-14}}</ref>


=== Erneuerbare Energien Gesetz und CO<sub>2</sub>-Steuer ===
=== Erneuerbare Energien Gesetz und CO<sub>2</sub>-Steuer ===
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=== Bundestagswahlkampf 2021 ===
=== Bundestagswahlkampf 2021 ===
Gemeinsam mit der Zeitung [[Die Welt]] organisierte die INSM zudem mehrere Gesprächsveranstaltungen, die gemäß [[Christian Stöcker]] „nur als Wahlkampf-Events für die Union“ gedeutet werden können.<ref>[[Christian Stöcker]]: [https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/insm-kampagne-gegen-annalena-baerbock-die-hemmungslose-lobbyarbeit-der-reichen-im-wahlkampf-a-c6e17012-1117-47f7-af2f-d1cec5c2bbe5 ''Lobbyarbeit vor der Bundestagswahl. Komm, wir kaufen uns einen Kanzler '']. In: ''[[Spiegel Online]]'', 13. Juni 2021. Abgerufen am 13. Juni 2021.</ref>
Gemeinsam mit der Zeitung [[Die Welt]] organisierte die INSM mehrere Gesprächsveranstaltungen, die gemäß [[Christian Stöcker]] „nur als Wahlkampf-Events für die Union“ gedeutet werden können.<ref>[[Christian Stöcker]]: [https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/insm-kampagne-gegen-annalena-baerbock-die-hemmungslose-lobbyarbeit-der-reichen-im-wahlkampf-a-c6e17012-1117-47f7-af2f-d1cec5c2bbe5 ''Lobbyarbeit vor der Bundestagswahl. Komm, wir kaufen uns einen Kanzler '']. In: ''[[Spiegel Online]]'', 13. Juni 2021. Abgerufen am 13. Juni 2021.</ref>


==== Anzeigenkampagne gegen Annalena Baerbock ====
==== Anzeigenkampagne gegen Annalena Baerbock ====

Version vom 15. Juni 2021, 13:38 Uhr

Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
Gründer Gesamtmetall
Geschäftsführer Hubertus Pellengahr[1]
Gegründet 12. Oktober 2000
Sitz Berlin
Aktionsraum Deutschland
Finanzmittel 6,97 Mio. Euro (2012, nach Abzug von Steuern)[2]
Fokus Wirtschaftsliberalismus[3]
Methoden Öffentlichkeitsarbeit
Website www.insm.de

Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft GmbH (kurz: INSM) ist eine im Jahr 2000 vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall gegründete und von Arbeitgeberverbänden getragene advokatorische Denkfabrik und Lobbyorganisation.[4] Sie verfolgt das Ziel, durch Öffentlichkeitsarbeit ihre politischen Botschaften bei Entscheidern und in der Bevölkerung zu verankern. In der Bevölkerung sollen die Bereitschaft für wirtschaftsliberale Reformen erhöht, ein unternehmensfreundliches Klima erzeugt und Eigenverantwortung, Wettbewerb und unternehmerische Freiheit als positive Werte betont werden.[5]

Die Initiative ist bundesweit für ihre Öffentlichkeitsarbeit und Kampagnen bekannt. Dabei werden manche ihrer Tätigkeiten und Kampagnen wiederholt kontrovers diskutiert und rufen öffentliche Kritik hervor.

Organisation

Rechtsform und Betreuung durch Agenturen

Im Jahr 1999 wurde zunächst die PR-Agentur berolino.pr GmbH gegründet, welche in der Öffentlichkeit als „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM) auftrat. Die Agentur wurde dann im Jahr 2007 umbenannt in INSM Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft GmbH. Die ursprünglich in Köln ansässige Agentur wurde im Dezember 1999 von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie gegründet,[2] 2010 wurde der Unternehmenssitz nach Berlin verlegt. Mit der Konzept- und Inhaltsgestaltung wurde vom Verband zunächst die PR-Agentur Scholz & Friends beauftragt,[6] von 2010 bis 2014 betreute die Agentur Serviceplan Public Opinion den Etat der INSM,[7] seit 2015 ist die zu Commarco gehörende Agentur Blumberry für die INSM tätig.[8]

Etat und Kooperationen

Der Jahresetat der INSM beträgt nach eigenen Angaben etwa 7 Millionen Euro (Stand 2020) und stammt von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie.[2] Verbindungen bestehen unter anderem zum Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Die INSM arbeitet zudem mit dem Institut für Demoskopie Allensbach zusammen. Sie ist Mitglied im Stockholm Network, einem europäischen Netzwerk marktwirtschaftlich orientierter Denkfabriken.[9]

Personen

Die GmbH hat 8 feste und etwa 40 freie Mitarbeiter. Geschäftsführer ist der frühere HDE-Sprecher Hubertus Pellengahr, der am 1. Januar 2010 Max A. Höfer und Dieter Rath (vorher unter anderem Presse- und PR-Chef des BDI) ablöste.[2]

Die INSM benennt eine Reihe von involvierten Personen aus Wirtschaft und Politik als „Kuratoren“ und „Botschaftern“, beispielsweise Roland Berger, Arend Oetker, Ulrich van Suntum und Randolf Rodenstock. Ferner gab es zwischenzeitlich einen Förderverein, welcher unter anderem durch Friedrich Merz mitgegründet wurde.[2] Unter den aktiven und ehemaligen Botschaftern finden sich auch Mitglieder verschiedener politischer Parteien, vor allem der CDU, SPD und FDP.[9][10][11][12]

Vorsitzender des Kuratoriums war der frühere Bundeswirtschaftsminister und Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen Wolfgang Clement. Er war der Nachfolger von Hans Tietmeyer, der seit Gründung der INSM im Jahr 2000 bis 2012 diesen Vorsitz innehatte.[13]

Ziele

Nach Eigenaussage vertritt die INSM folgende Ziele:

„Wir wollen die Soziale Marktwirtschaft an die aktuellen Herausforderungen der Globalisierung, des demografischen Wandels und die Wissensgesellschaft anpassen. Die Soziale Marktwirtschaft hat sich über Jahrzehnte bewährt – doch auch erfolgreiche Konzepte müssen fortlaufend auf ihre Zukunftsfestigkeit überprüft und modernisiert werden. Daraus ergibt sich für uns dringender Reformbedarf in folgenden Politikfeldern: Arbeitsmarktpolitik, Wirtschaftspolitik, Umwelt- und Energiepolitik, Sozialpolitik und Bildungspolitik.“[2]

Laut Handbuch Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände in Deutschland verfolgt die INSM das Ziel, durch Öffentlichkeitsarbeit ihre ordnungspolitischen Botschaften bei Entscheidern und in der Bevölkerung zu verankern. In der Bevölkerung sollen die Bereitschaft für wirtschaftsliberale Reformen erhöht, ein unternehmensfreundliches Klima erzeugt und Eigenverantwortung, Wettbewerb und unternehmerische Freiheit als positive Werte betont werden.[5]

Öffentlichkeitsarbeit

Strategie der Öffentlichkeitsarbeit

Die Öffentlichkeitsarbeit der INSM ist charakterisiert durch die Strategie der integrierten Kommunikation. Die Verbreitung der Inhalte erfolgt durch Anzeigen, Broschüren, Magazine, Bücher und Lehrveranstaltungen.[14] Die INSM stellt aus den Reihen ihrer Botschafter Experten für Diskussionsrunden im Fernsehen sowie Interviewpartner für Zeitungsredaktionen, liefert fertige Beiträge für Print- und Fernseh-Redaktionen, stellt O-Töne für Hörfunkjournalisten zur Verfügung und beliefert Bildagenturen mit Bildmotiven. Ebenso finanzierte die INSM einen Workshop an der RTL-Journalistenschule in Köln. Auch veranstaltete die INSM Aktionen, wie zum Beispiel eine Gruppe junger Leute mit den Wappen der 16 Bundesländer auf weißen T-Shirts, die symbolträchtig vor dem Reichstag zogen. Das Bild gelangte teilweise, ohne die INSM als Urheber zu nennen, als dpa-Foto in diverse Medien.[15] Außerdem stellte die INSM Materialien zum Thema Wirtschaft für den Schulunterricht zur Verfügung[16] und kooperiert mit einem Promotionskolleg zur Sozialen Marktwirtschaft der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung[17].

Verleihung von (Schmäh-)Preisen

Von 2003 bis 2005 kürte die INSM zusammen mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung jährlich den „Reformer des Jahres“. Dabei sollten Personen ausgezeichnet werden, die sich im betreffenden Jahr in besonderer Weise für „marktwirtschaftliche Reformen“ in Deutschland eingesetzt haben. Mit dem Titel wurde 2005 der Verfassungsrichter Udo di Fabio ausgezeichnet, 2004 der CDU-Politiker Friedrich Merz und 2003 das spätere CDU-Kompetenzteam-Mitglied Paul Kirchhof. In den Jahren 2004 und 2003 wurde zusätzlich mit dem IG-Metall-Vorsitzenden Jürgen Peters und dem SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles auch je ein „Blockierer des Jahres“ ernannt.[18]

Öffentlichkeitskampagnen und deren Kontroversen

Verschicken von Voodoo-Puppen an Politiker

Die Initiative versandte 2013 Voodoo-Puppen an Bundestagsabgeordnete und weitere Politiker, die man mit „verfluchten Wahlversprechen“ – wahlweise mit Zuschussrente, Frauenquote, Energiesubventionen, Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer oder Mindestlohn – erstechen konnte. Mit der Aktion sollte gezeigt werden, dass „Wahlversprechen schmerzhafte Auswirkungen“ haben könnten. Die Kampagne stieß auf geteiltes Echo.[19]

Steuern und Solidaritätszuschlag

Im Rahmen des Bundestagswahlkampfes 2017 veröffentlichte die INSM in der Bild eine Anzeige zur geplanten Reichensteuer der SPD. Neben einem Bild des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz war die Frage Lieber Herr Schulz, Reichensteuer schon ab 60.000 Euro: Ist das Ihr Respekt vor Leistung?[20] abgedruckt. Die INSM wurde daraufhin kritisiert, die Anzeige sei „irreführend“.[20] Denn das Programm der SPD sieht vor, dass der bereits vorhandene Spitzensteuersatz von 42 Prozent statt ab rund 54.000 Euro erst ab 60.000 Euro erhoben wird. Demnach stiege der Steuersatz kontinuierlich bis zu einem neuen Spitzensteuersatz von 45 Prozent, der ab einem Einkommen von rund 76.000 Euro fällig würde. Die von der INSM beschriebene Reichensteuer würde hingegen wie bisher erst ab einem Einkommen von 250.000 Euro fällig werden und zudem um drei Prozentpunkte erhöht werden. Die Definition der INSM wurde daher als „keine seriöse Definition“ kritisiert.[20]

Die INSM sprach sich 2020 gemeinsam mit dem parteiunabhängigen Berufsverband Wirtschaftsrat der CDU für eine komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags aus und stellte eine „Soli-Uhr“ auf. Diese sollte zuviel gezahlte Steuern anzeigen.[21]

Renten

Die INSM spielte eine zentrale Rolle bei der Diskussion um die Rentenversicherung in Deutschland in den 2000er-Jahren. Die INSM bezeichnete Deutschland dabei als „überdrehten“ Wohlfahrtsstaat und behauptete, dass die gesetzliche Rente alleine nicht mehr zur Vorsorge ausreichen würde. Die gesetzliche Rente sollte daher gekürzt werden und Bürger sollten zu einem Teil auch in eine kapitalgedeckte Altersvorsorge investieren. Durch breit angelegte Öffentlichkeitskampagnen sollte die Meinung in der Bevölkerung hierzu beeinflusst werden. Unter anderem finanzierte die INSM eine Dokumentation, die 2003 im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgestrahlt wurde und über 2 Mio. Zuschauer erreichte. In dieser kamen fast ausschließlich Personen zu Wort, die der INSM nahe standen oder sich für die Reform der Renten im Sinne der INSM aussprachen.[22]

Anlässlich des TV-Duells 2017 sponserte die INSM auf Twitter den Hashtag #tvduell, sodass Nutzer, die nach diesem Hashtag suchten, zuerst einen Beitrag der INSM zum Thema Renten angezeigt bekamen.[23]

Erneuerbare Energien Gesetz und CO2-Steuer

Mit mehreren Kampagnen bezog die INSM seit 2011 gegen die Förderung von Ökostrom durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz Stellung.[24] Kritiker wie Hans-Josef Fell und Claudia Kemfert bemängelten, die Kampagnen stützten sich auf irreführende Zahlen und seien von den Interessen der beteiligten Unternehmen der Kohlewirtschaft geleitet.[25][26] Als „von bedeutendem Einfluss für die graue Offensive gegen das EEG“ wird in der Fachliteratur ihre 2012 lancierte Kampagne betrachtet, bei der sie viele mit schrillen Botschaften versehene Anzeigen in Medien schaltete und großflächig im Berliner Regierungsviertel plakatierte.[27] 2013 startete sie ebenfalls eine große Kampagne gegen die Energiewende.[28]

2019 begann sie eine weitere Kampagne zur CO2-Bepreisung mit einem Beitrag unter dem Titel „12 Fakten zur Klimapolitik“, in der sie sich für eine langsamere Energiewende und gegen schnellen Klimaschutz ausspricht.[29][30] Der Ingenieurwissenschaftler und Energieforscher Volker Quaschning warf ihr darauf in einem Faktencheck vor, dass sich ihre „Argumente für Laien oft überzeugend“ anhörten, die Aussagen tatsächlich jedoch häufig „Fake-News-Charakter“ hätten.[31][32][33] Für Die Zeit stellt die Kampagne einen Täuschungsversuch der Öffentlichkeit dar. Demnach gebe die INSM nur vor, sich für Klimaschutz einzusetzen, verwässere ihn jedoch, indem sie nur die Einhaltung des Zwei-Grad-Zieles anstrebe, während tatsächlich im Übereinkommen von Paris international vereinbart sei, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Primär diene die Kampagne dazu, „die von sehr vielen Wissenschaftlern und Ökonomen favorisierte CO2-Abgabe zugunsten eines Emissionshandels zu verhindern“.[34] Der Bundesverband Erneuerbare Energie warf ihr vor, „Blockade der Energiewende“ zu betreiben „und die Verhinderung notwendiger politischer Maßnahmen“ im Ziel zu haben, zudem warf er der INSM ebenfalls vor, Falschbehauptungen über erneuerbare Energien zu verbreiten.[28]

Nachdem Fridays for Future seinerseits eine Kampagne gegen die INSM gestartet hatte, ließ der Industrieverband verlauten, er stehe zum Pariser Klimaschutzabkommen.[35] Die Welt stellt dazu fest „Der Vorwurf …, der von der INSM vorgeschlagene CO2-Deckel sei viel zu niedrig angesetzt‘, …, ist darüber hinaus unwahr: Die INSM hat sich über die Höhe eines CO2-Deckels bislang überhaupt nicht geäußert.“[36]

Bundestagswahlkampf 2021

Gemeinsam mit der Zeitung Die Welt organisierte die INSM mehrere Gesprächsveranstaltungen, die gemäß Christian Stöcker „nur als Wahlkampf-Events für die Union“ gedeutet werden können.[37]

Anzeigenkampagne gegen Annalena Baerbock

Die INSM schaltete im Juni 2021, einen Tag vor der Bestätigung von Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin, Wahlwerbung gegen befürchtete „grüne Verbote“ und bebilderte die Anzeigen mit Annalena Baerbock, die wie Mose Gesetzestafeln im Arm hielt.[38] Die Kampagne unterstellte Baerbock bzw. den Grünen, Verbote wie „Du darfst nicht fliegen“ oder „Du darfst Deine Arbeitsverhältnisse nicht frei aushandeln“ anzustreben.[39] Veröffentlicht wurde die Anzeige in verschiedenen überregionalen Tageszeitungen und sie wurde auch in reichweitenstarken Portalen geschaltet.[39]

Kritik kam von verschiedenen Seiten. Ein Faktencheck der DPA, der vier der behaupteten Verbote prüfte, stufte die Behauptungen anhand des grünen Programmentwurfs als „(teilweise) falsch“ oder „ungenau“ ein.[40] Kritisiert wurde die Kampagne auch wegen ihrer Symbolik: Unter anderem erklärte die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, die INSM habe „sich völlig im Ton vergriffen“, während der Antisemitismus-Beauftragte Baden-Württembergs, Michael Blume eine Warnung aussprach, „im Wahlkampf antisemitische Verschwörungsmythen zu bedienen“. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände distanzierte sich von der Kampagne.[41] Der Politikwissenschaftler Michael Koß analysierte die Kampagne. Er kritisierte die Nutzung „antisemitische Stereotype“ und frauenfeindlicher Motive und bezeichnete die „konzertierte Kampagne“ als Tabubruch, aber auch als Symptom für eine „Rückentwicklung des politischen Diskurses“.[42]

Die INSM reagierte auf die Kritik an der Kampagne und stellte diese als Form des Mundtot-Machens dar. Auch die Reaktion der INSM sorgte für weitere Kritik. So erklärte Daniel Hornuff, dass auf die Kritik mit der „Unterstellung“ reagiert worden sei, „man wolle Meinungsfreiheit abschaffen“. Dies sei „tatsächlich höchst problematisch.“[43]

Allgemeine Rezeption und Kritik

Verwendung der Schlüsselworte Soziale Marktwirtschaft

Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Claus Leggewie ist das Ziel der INSM weniger „soziale“ Marktwirtschaft als vielmehr „kapitalistische freie Marktwirtschaft“.[44] Nach Ansicht des Journalisten Thomas Leif gehe es der INSM im Kern um „die Flankierung von Wirtschaftsinteressen durch PR-Maßnahmen“.[45] Rudolf Speth sieht in einer Studie für die Hans-Böckler-Stiftung die INSM in der Tradition des Verbandes „Die Waage“.[6]

Nach sprachwissenschaftlicher Analyse von Martin Wengeler könne die Verwendung des Schlüsselwortes Soziale Marktwirtschaft im Namen der INSM „im Diskurszusammenhang nur als Versuch gewertet werden […], den ‚Begriff‘ im eigenen, wirtschaftsliberalen Sinn […] zu besetzen“.[46] Soziale Marktwirtschaft war in der Frühzeit der Bundesrepublik Deutschland ein zentraler, aber umstrittener, Selbstverständnisbegriff. In den 1990er Jahren hat in der Diskussion um marktradikale Konzepte die Berufung auf die Soziale Marktwirtschaft durch Kritiker von Haushaltskürzungen und sozialen Kürzungen wieder eine wichtige Rolle gespielt. Zudem wurde das Wort Soziale Marktwirtschaft von den Parteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen (auch die PDS soll es in der Programmdiskussion erwogen haben) übernommen bzw. für die eigenen Ziele beansprucht, nachdem es vorher ausschließlich von der CDU verwendet worden war.[47] Auch die CDU griff auf den Begriff zurück, um ihre neuen Vorstellungen und Pläne damit anzupreisen. Die Erweiterung der Wortverbindung Soziale Marktwirtschaft um das Attribut „neu“ lasse erkennen, dass zwar das alte Schlüsselwort beibehalten werde, aber die damit nun verbundenen inhaltlichen Konzepte sich verschieben sollen, in Richtung wirtschaftsliberaler Konzepte, die allerdings auch schon in den 1950er Jahren unter anderem von Vertretern des Vereins Die Waage befürwortet wurden „und also schon damals eine Lesart von Soziale Marktwirtschaft darstellten“. In der Zeit, in der das Konzept Angela Merkels zur „Neuen Sozialen Marktwirtschaft“ in der CDU heftig diskutiert wurde, erfolgte die Namensgebung der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.[47] Die Wortverbindung Soziale Marktwirtschaft komme in den Texten der INSM so gut wie nicht vor. Ihr Verständnis von Soziale Marktwirtschaft schließe dabei an das Verständnis von Wirtschaftsliberalen wie Friedrich August von Hayek an, die bereits in den 1950er Jahren befürchtet hätten, dass das Attribut „sozial“ Versprechungen mache, die dem wirtschaftlichen Fortschritt im Wege stünden und daher „unsozial“ seien. Um das damit verbundene Konzept dennoch als Soziale Marktwirtschaft bezeichnen zu können, sei laut Wengeler der Wortverbindung das Attribut „neu“ hinzugefügt worden, sowie eine Berufung auf Ludwig Erhard.[48] Es dürfte jedoch nicht gelungen sein, dieses Verständnis von Soziale Marktwirtschaft im Diskurs durchzusetzen – im Gegensatz zu anderen Schlagworten wie „Reform“, bei denen die INSM mittlerweile eine in ihrem Sinn dominierende Interpretation voraussetzen könne.[48]

Horst Friedrich Wünsche, Geschäftsführer der Ludwig-Erhard-Stiftung, wirft der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft vor, zu Unrecht mit einem Porträt Ludwig Erhards für sich zu werben. Die Initiative vereinnahme ihn ebenso für ihre Ziele wie andere Interessengruppen, die Erhard unter umgekehrten Vorzeichen für sich in Anspruch nähmen.[49]

Verhältnis zu den Medien

Der Politikwissenschaftler Ulrich Müller von Lobbycontrol prangert die Berichterstattung als unkritisch und intransparent an. Dabei beruft er sich auf[50] eine Magisterarbeit von Christian Nuernbergk über die Öffentlichkeitsarbeit der INSM mit Blick auf das Verhältnis von Journalismus und PR. Nuernbergk kommt zum Fazit, die Medienberichterstattung übernehme weitgehend die INSM-Perspektive, insbesondere wenn exklusive Medienkooperationen geboten werden. Sie mache die Funktion der Initiative als ein strategisches Element in der Interessenvertretung von Arbeitgeberverbänden nur unzureichend transparent. Informationen zur Einordnung der Berichterstattung würden dem Leser vorenthalten. Bei mehr als der Hälfte aller untersuchten Beiträge tauchten INSM-Botschafter auf, aber nicht einmal in jedem sechsten Beitrag wurde die Botschafterrolle für die INSM transparent gemacht.[51]

Im Hinblick auf die Gefährdung der journalistischen Unabhängigkeit rügte die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche die zunehmende Veröffentlichung von PR-Texten als redaktionelle Beiträge ohne jegliche Hinweise über die Herkunft der Texte. Sie zitiert eine Studie der Universität Leipzig unter der Leitung des Medienwissenschaftlers Michael Haller, die zu dem Ergebnis kommt, dass die INSM „zur Vermarktung neoliberaler Reformideen […] über Media-Kampagnen allgemein wahrnehmbare und durch „repräsentative“ Umfragen belegte Stimmungen erzeuge. So werde direkt und indirekt auf das Agenda-Setting der Redaktionen Einfluss genommen.“[52]

Das Institut für Journalistik der TU Dortmund, Transparency International und die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche monierten in der Studie „Gefallen an Gefälligkeiten: Journalismus und Korruption“ (2013), dass „angesichts einbrechender Werbeeinnahmen und sinkender Verkaufszahlen selbst bei vielen renommierten Medien kaum noch Hemmungen vorhanden sind, entstandene Rückgänge durch Kooperationen mit Lobbyisten und Unternehmen auszugleichen.“ Weiter stellt die Studie fest: „Der Ruf nach journalistischer Unabhängigkeit wirkt zunehmend hilflos“. Als besonders gravierendes Beispiel nannte die Studie die Medienpartnerschaften der INSM.[53] Auch Rudolf Speth kritisierte in einer Studie für die Hans-Böckler-Stiftung die Medienpartnerschaften der INSM mit großen Zeitungen wie der Wirtschaftswoche, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Die Welt und Handelsblatt, aber auch Talkshows und betonte, dass durch die Arbeit der INSM „die Grenzen zwischen PR und Journalismus“ verschwimmen würden.[6]

Der Medienwissenschaftler Siegfried Weischenberg sagte in einer Monitor-Sendung im Jahre 2005: „Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ist höchst erfolgreich, weil es ihr gelungen ist, so einen neoliberalen Mainstream in den Medien durchzusetzen. Und das konnte auch leicht gelingen, weil die Medien kostengünstig produzieren müssen. Sie sind sehr darauf angewiesen, dass ihnen zugeliefert wird, hier gibt’s eine Lobby, die sehr wohlhabend ist. Das ist natürlich eine sehr, sehr problematische Geschichte, weil die Medien nicht das tun, was sie tun sollen. Die Journalistinnen und Journalisten fallen sozusagen aus der Rolle, weil sie nicht kritisch kontrollieren, weil sie die Interessen nicht transparent machen.“ Laut Monitor haben die mit Beiträgen belieferten Sender allerdings angegeben, die Beiträge redaktionell bearbeitet zu haben, die meisten Sender hätten die Zusammenarbeit mit der INSM inzwischen beendet.[54] Grundsätzlich wurde ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Journalismus und Public Relations moniert.[54]

Eine Reihe von Botschaftern haben diese Tätigkeit zwischenzeitlich wieder aufgegeben, beispielsweise Wolfgang Clement nach Übernahme des Amtes des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit,[55] der jedoch seit Juli 2012 als Kuratoriumsvorsitzender wieder einstieg.[13]

Nach Werner Bührer schalte die INSM „nahezu wöchentlich eine Anzeige in den großen Tageszeitungen“. Neben der markanten Figur Erhards mit verjüngten Gesichtszügen und der obligatorischen Zigarre finden sich unter der Zeile „Erhard schreibt wieder“ ein Zitat des „Vaters des Wirtschaftswunders“ und ein Kommentar der Initiatoren dieser Anzeigenkampagne. Bei der Ludwig-Erhard-Stiftung sei man nicht glücklich darüber, da die Instrumentalisierung Erhards einen „ernsthaften Bezug auf das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft vermissen“ lasse.[56] Laut Horst Friedrich Wünsche sei es schwierig Erhards Theorie zu ergründen, da er unter Wirtschaftspolitik etwas anderes verstand, als die Politiker vor und nach ihm und er sich bei der Begründung seiner Politik auf Erkenntnisse stützte, die an Universitäten nicht gelehrt wurden und werden.[57] „Die Neigung von Interessenvertretern sich so oder so auf Erhard zu berufen, lässt sich sachlich nicht begründen … Die Forderung der Industrie die „freie Wirtschaft“ mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu begünstigen, und das Verlangen der Gewerkschaften, sozialpolitisch mehr für „soziale Gerechtigkeit“ zu tun“ bewertet Wünsche als interessenpolitische Fehldeutungen. Die Öffentlichkeitsarbeiter der Verbände würden Erhard in den Mund legen, was sie gerne hören möchten. Ironisch merkt er an, dass sich dies geradezu anbiete, da Ludwig Erhard vieles gesagt habe und die Soziale Marktwirtschaft durch Akzentverschiebung leicht in die ein oder andere Richtung ausgelegt werden könne: vom Sozialen zur Marktwirtschaft oder von der Marktwirtschaft zum Sozialen. „Und wird das eine genügend betont, kann das andere schon mal ganz weggelassen werden.“[49]

Schleichwerbungsvorwurf

Im September 2005 wurde durch eine von der ARD veröffentlichte Kundenliste bekannt, dass die INSM 2002 insgesamt 58.670 Euro bezahlte, um Einfluss auf Dialoge in der ARD-Sendung Marienhof zu erhalten. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di warf ihr daraufhin vor, sie habe mit politischer Werbung Jugendliche manipulieren wollen. Die INSM erklärte daraufhin, es sei nur darum gegangen, „Grundkenntnisse über unsere Wirtschaftsordnung“ zu vermitteln und die „Bedeutung eigenen Engagements bei der Suche nach einer Ausbildungs- oder Arbeitsstelle“ zu betonen. Sie räumt inzwischen ein, dass die Medien-Kooperation im Falle der ARD-Serie Marienhof ein Fehler war. Der Initiative sei aber von der Produktionsgesellschaft mehrfach versichert worden, dass die Form der Zusammenarbeit in Einklang mit dem Rundfunkstaatsvertrag stehe und die zuständige ARD-Redaktion die Stücke abnehme, was sich als falsch herausgestellt habe. Den von der Gewerkschaft ver.di in ihrer Pressemitteilung vom 20. September 2005 angebrachten Vorwurf der Medienmanipulation weist die Geschäftsführung der INSM zurück.[58]

Vorwurf redaktioneller Einflussnahme

Im November 2005 berichtete die Wochenzeitung Freitag, dass die INSM, nachdem in den Medien zunehmend kritische Berichterstattung über sie stattfinden würde, zu deren Bekämpfung Druck auf Redaktionen ausübe. Nach Berichten in Fernsehsendungen wie Monitor habe sich die INSM auch direkt an einzelne Mitglieder des Rundfunkrats und ZDF-Fernsehrats gewandt und über „einseitige“ Berichterstattung geklagt. Kritische Journalisten würden von der INSM als gewerkschaftsnah oder als Attac-Sympathisanten dargestellt, um ihre Glaubwürdigkeit zu untergraben.[59]

Unterrichtsmaterial an den Schulen

Über das Lehrerportal www.wirtschaftundschule.de stellt die Initiative kostenloses Unterrichtsmaterial zu den Themen Politik und Wirtschaft zur Verfügung. Aufbereitet und bereitgestellt werden die Materialien durch IW Consult GmbH und IW Medien GmbH,[60] zwei Tochterunternehmen des Instituts der deutschen Wirtschaft. Die Materialien wurden von verschiedenen Seiten kritisiert, da sie die Interessen von Arbeitgebern in den Vordergrund stellten und soziale Aspekte vernachlässigten.[61][62] Aussagen wie „In der Realität hat der Mindestlohn nur eine Folge: dass noch mehr Menschen arbeitslos werden“ wurden als tendenziös eingeordnet.[63] Durch die Verwendung des Materials sollen Lehrer als Multiplikatoren genutzt werden.[64] Focus Money betreibt zudem mit der INSM das Schulprojekt „Wir erklären die Wirtschaft“, in dessen Rahmen Lehrern und Schulen monatlich Lehrmaterialien für den Unterricht zur Verfügung gestellt.[65]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. ISNM.de: Das Team
  2. a b c d e f FAQ der INSM
  3. Gerd F. Hepp: Bildungspolitik in Deutschland: Eine Einführung. ISBN 978-3-531-15210-3, S. 89
  4. lobbyradar.de (Memento vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive)
  5. a b Wolfgang Schroeder, Bernhard Wessels: Handbuch Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände in Deutschland. ISBN 978-3-531-14195-4, S. 228
  6. a b c Rudolf Speth: Die politischen Strategien der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. (PDF; 465 kB), Hans-Böckler-Stiftung, Reihe Arbeitspapiere, Nr. 96, November 2004
  7. Serviceplan gewinnt Etat der INSM, 18. November 2009, aufgerufen zuletzt am 15. April 2013
  8. Blumberry: Commarco-Agentur löst Serviceplan bei INSM ab. In: horizont.net. Abgerufen am 14. Juni 2021.
  9. a b Kommunikative Strategie und Methodik Der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Aus Lisa Wegeners Studienarbeit, S. 12
  10. Georg Sturm: CDU-Kandidatur von Friedrich Merz: Biedermeier im Vormerz. In: taz.de. 14. Februar 2020, abgerufen am 14. Mai 2020.
  11. t-online, Umstrittene Anti-Baerbock-Anzeige: "Kein angemessener Umgang im Wettstreit um politische Inhalte", 11. Juni 2021
  12. Homepage Fördervereins Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, Arvchivlink
  13. a b Wolfgang Clement neuer Kuratioriumsvorsitzender, 4. Juli 2012
  14. Norbert Nicoll: Die ökonomische Rationalität in die Öffentlichkeit tragen. 2008, S. 102
  15. Norbert Nicoll: Die ökonomische Rationalität in die Öffentlichkeit tragen. 2008, S. 107 f.
  16. Norbert Nicoll: Die ökonomische Rationalität in die Öffentlichkeit tragen. 2008, S. 120 f.
  17. Promotionskolleg zur Sozialen Marktwirtschaft der KAS, [1]
  18. Norbert Nicoll: Die ökonomische Rationalität in die Öffentlichkeit tragen. 2008, S. 110 f.
  19. Bastian Brinkmann: Wirtschaftslobby bezirzt Bundestag mit Voodoo. In: Süddeutsche Zeitung. 7. Januar 2013 (online [abgerufen am 7. August 2013]).
  20. a b c Wie Wirtschaftslobbyisten die SPD-Steuerpläne verfälschen. In: Spiegel Online. 26. Juni 2017, abgerufen am 23. August 2014.
  21. FAZ, Mit einer eigenen Uhr gegen den Solidaritätszuschlag, 9. Januar 2020
  22. Diana Wehlau: Lobbyismus und Rentenreform. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-531-16530-1, S. 258–259, doi:10.1007/978-3-531-91461-9.
  23. Jörg Wimalasena: Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft: Lobbyismus mit gekauften Hashtags. In: Die Tageszeitung: taz. 7. September 2017, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 14. Juni 2021]).
  24. Die Fehler der Energiewende. INSM, abgerufen am 28. August 2017 (zum Beispiel).
  25. Hans-Josef Fell: Die Kampagnen der Initiative neue soziale Marktwirtschaft gegen das EEG. PV Magazin, 23. August 2017, abgerufen am 28. August 2017.
  26. Kampagne der INSM und des RWI gegen die Förderung des Ökostroms. Lobbypedia, abgerufen am 28. August 2017.
  27. Tobias Haas, Die politische Ökonomie der Energiewende. Deutschland und Spanien im Kontext multipler Krisendynamiken in Europa. Wiesbaden 2017, S. 184.
  28. a b BEE wirft der INSM Sabotage der Energiewende vor. In: PV-Magazine, 30. Juli 2019. Abgerufen am 3. August 2019.
  29. 12 Fakten zur Klimapolitik – Fortschritt, Wachstum und Klimaschutz. In: Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. 27. Juni 2019, abgerufen am 30. August 2019.
  30. Elsa Koester: Grüne Wirtschaft – Die Fridays for Future finden ihren Gegner. In: der Freitag. 26. Juli 2019, abgerufen am 30. August 2019.
  31. Scientists for Future: „Wir wollen die Leute bloßstellen, die den Klimaschutz verhindern“. In: Enorm, 31. Juli 2019. Abgerufen am 3. August 2019.
  32. Klimaschutzkampagne der INSM fällt beim Faktencheck durch. In: top agrar, 31. Juli 2019. Abgerufen am 3. August 2019.
  33. Die Klima-Aussagen der INSM im Faktencheck. In: Neue Energie, 1. August 2019. Abgerufen am 3. August 2019.
  34. Vorsicht, Spaltungsgefahr. In: Die Zeit, 20. August 2019. Abgerufen am 30. August 2019.
  35. Klimaaktivisten demonstrieren gegen Wirtschaftslobby (neues deutschland). In: neues deutschland. 16. August 2019, abgerufen am 30. August 2019.
  36. Daniel Wetzel: „Fridays for Future“: Wirtschaft wehrt sich gegen die Vorwürfe. In: WELT. 19. August 2019, abgerufen am 30. August 2019.
  37. Christian Stöcker: Lobbyarbeit vor der Bundestagswahl. Komm, wir kaufen uns einen Kanzler . In: Spiegel Online, 13. Juni 2021. Abgerufen am 13. Juni 2021.
  38. Umstrittene Kampagne. INSM zeigt Baerbock als Verbots-Moses. In: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 11. Juni 2021. Abgerufen am 11. Juni 2021.
  39. a b Staatsreligion? Kritik an INSM wegen Baerbock-Anzeige. In: Werben & Verkaufen, 11. Juni 2021. Abgerufen am 11. Juni 2021.
  40. Initiative gegen Grüne: Was ist dran an den „Verboten“?. In: Süddeutsche Zeitung, 12. Juni 2021. Abgerufen am 12. Juni 2021.
  41. Arbeitgeber distanzieren sich von Anti-Baerbock-Anzeige. In: Spiegel Online, 11. Juni 2021. Abgerufen am 11. Juni 2021.
  42. Michael Koß: INSM-Kampagne gegen Annalena Baerbock: Die gehört nicht zu uns. In: Die Zeit, 12. Juni 2021. Abgerufen am 13. Juni 2021.
  43. „Moses“-Kampagne gegen Annalena Baerbock. Die populistische Kodierung eines Religionsstifters. In: Deutschlandfunk Kultur, 12. Juni 2021. Abgerufen am 12. Juni 2021.
  44. Sebastian Müller: Was ist Soziale Marktwirtschaft, Der Freitag Online vom 13. März 2012
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  46. Steffen Pappert, Melani Schröter, Ulla Fix: Verschlüsseln, Verbergen, Verdecken in öffentlicher und institutioneller Kommunikation. 2008, ISBN 978-3-503-09851-4, S. 100
  47. a b Steffen Pappert, Melani Schröter, Ulla Fix: Verschlüsseln, Verbergen, Verdecken in öffentlicher und institutioneller Kommunikation. 2008, ISBN 978-3-503-09851-4, S. 101
  48. a b Steffen Pappert, Melani Schröter, Ulla Fix: Verschlüsseln, Verbergen, Verdecken in öffentlicher und institutioneller Kommunikation. 2008, ISBN 978-3-503-09851-4, S. 102
  49. a b Horst Friedrich Wünsche: Ludwig Erhards Soziale Marktwirtschaft. Eine Bilanz, Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 112 (2007), S. 82
  50. Lobbycontrol: Berichterstattung über die INSM: unkritisch und nicht transparent Wolfgang Lieb, 26. April 2006
  51. Christian Nuernbergk: Die Mutmacher: Eine explorative Studie über die Öffentlichkeitsarbeit der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (PDF; 27 kB), eigene Homepage.
  52. PR-Einfluss auf Journalismus muss drastisch zurückgedrängt werden. (PDF; 90 kB) Netzwerk Recherche, 2005.
  53. Kurzstudie: Gefallen an Gefälligkeiten – Journalismus und Korruption (PDF; 2 MB)
  54. a b Gitti Müller, Kim Otto, Markus Schmidt: Die Macht über die Köpfe: Wie die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft Meinung macht (Memento vom 15. Juni 2006 im Internet Archive), MONITOR Nr. 539 am 13. Oktober 2005
  55. Angriff der Schleichwerber, Frankfurter Rundschau Online vom 8. Januar 2007
  56. Werner Bührer: Der Traum vom „Wohlstand für alle“. Wie aktuell ist Ludwig Erhards Programmschrift? Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 4 (2007) H. 1+2.
  57. Horst Friedrich Wünsche: Ludwig Erhards Soziale Marktwirtschaft. Eine Bilanz, Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 112 (2007), S. 89
  58. INSM: Werbung in «Marienhof» war «Fehler» (Memento vom 23. Dezember 2005 im Internet Archive), netzeitung.de vom 21. September 2005
  59. Die Medien einschüchtern, der Freitag vom 11. November 2005
  60. wirtschaftundschule.de
  61. Wie Firmen und Verbände Meinungen steuern wollen. In: Süddeutsche Zeitung. 12. September 2013, abgerufen am 28. Juli 2014.
  62. Caterina Lobenstein: Die Ahnungslosen. In: Die Zeit, Nr. 8/2013
  63. Tilman Steffen: Lobbyisten im Lehrerzimmer. In: Zeit Online. 11. Mai 2011, abgerufen am 28. Juli 2014.
  64. Götz Hamann: Lautsprecher des Kapitals. In: Die Zeit, Nr. 19/2005
  65. „Lehrmittel – PR in der Schule“, Zapp, 2. November 2011