Spiel des Jahres
Der Kritikerpreis Spiel des Jahres ist ein vom Verein Spiel des Jahres e. V. seit 1979 vergebener Spielepreis für deutschsprachige Brett- und Kartenspiel-Neuheiten. Er gilt als die weltweit bedeutendste Spieleauszeichnung. Die Siedler von Catan und Carcassonne gelten mit ihren Millionenauflagen als die beiden populärsten Spiele, die diesen Preis erhalten haben. Seit 2001 wird auch das Kinderspiel des Jahres ausgezeichnet. Seit 2011 vergibt die Jury einen dritten Hauptpreis Kennerspiel des Jahres, der „sich an Spieler richtet, die bereits über längere Zeit Erfahrungen mit Brettspielen gesammelt haben und mehr Herausforderung suchen“.[1][2]
Jury
Der Preis wird vom Spiel des Jahres e. V. vergeben, deren Mitglieder als Spielekritiker für deutschsprachige Publikumsmedien tätig sind. Über das Spiel des Jahres entscheidet eine zurzeit zehnköpfige Jury, die sich aus Vereinsmitgliedern zusammensetzt. Über neue Jurymitglieder entscheidet die Vereinsversammlung. Vorsitzender des Vereins ist seit 2011 der schweizerische Zeitungsjournalist Tom Felber[3] (Neue Zürcher Zeitung), Sprecher der Jury ist seit 2009 der bayerische Radioredakteur Bernhard Löhlein (Radio K1).
Die Geschichte des Spiels des Jahres geht auf 1978 zurück, als der WDR-Journalist Jürgen Herz die Initiative für die Vereinsgründung ergriff. Die erste Preisverleihung fand 1979 mit finanzieller Unterstützung des Bundesfamilienministeriums unter Schirmherrschaft der Ministerin Antje Huber in Essen statt.[4]
In eine Krise geriet der Verein 2001, als drei Mitglieder der Jury zurücktraten, weil sie die enge Kooperation zwischen der Jury und dem von einem Jurymitglied geleiteten Deutschen Spiele-Archiv als problematisch ansahen.[5] Sie befürchteten, dass die Arbeit des Archivs zwingend darauf angewiesen sei, dass die Jury jährlich sechsstellige Lizenzeinnahmen erwirtschafte. Darüber hinaus gab es inhaltliche Differenzen: Die drei Mitglieder waren mit dem Kurs der Jurymehrheit, die Spieleverlage dazu aufzurufen, eine „neue Art von Publikumsnähe“ zu suchen und Spiele mit einfachen Regeln und einfachem Einstieg zu entwickeln, nicht einverstanden. Außerdem äußerten die ausgetretenen Juroren den Verdacht, dass den zumeist älteren Jurymitgliedern die Kompetenz fehle, die aktuellen Neuheiten sachkundig zu bewerten.[6] In den Folgejahren hat die Jury eine Erneuerung durchgemacht, die – nach dem plötzlichen Rücktritt des damaligen Vorsitzenden Uwe Petersen – in der Wahl von Stefan Ducksch zum Jury-Sprecher im Jahr 2006 gipfelte.
Die Entscheidungen der Jury haben einen großen Einfluss auf den Brettspielemarkt. Die Bekanntheit der Auszeichnung führt dazu, dass sich vom prämierten Spiel innerhalb eines Jahres zumeist mehr als 300.000 Exemplare verkaufen lassen.[7] Das bedeutet jeweils mindestens eine Verzehnfachung der ursprünglichen Auflage des Spiels. Die ausgezeichneten Spiele dürfen einen roten Pöppel (der auch als Halmakegel bezeichnet wird) tragen, der 2001 eingeführte Kinderspielpreis einen blauen Pöppel. Für die Verwendung dieses Logos erhebt der Spiel des Jahres e. V. eine Lizenzgebühr, die sich an der Zahl der verkauften Spiele bemisst. Die Mitglieder des Spiel des Jahres e. V. arbeiten ehrenamtlich. Die Vereinseinnahmen kommen in erster Linie der Öffentlichkeitsarbeit für das Spiel im Allgemeinen und für die ausgezeichneten Spiele im Besonderen zugute. Dazu gehören Messestände, bei denen Besucher firmenunabhängig beraten werden, ein jährliches Spieleautorenstipendium, die Initiative Spielend gesund werden an Kinderkliniken sowie die Stadt-Spiele-Tage. Auch das Deutsche Spiele-Archiv e. V. profitierte viele Jahre von den Lizenzeinnahmen.[8]
Wahlverfahren
Bis 1998 stellte die Jury zunächst eine Bestenliste auf, die zwischen fünf und zwölf Titel umfasste. Aus diesen Spielen wurde dann ein Spiel als Spiel des Jahres ausgewählt, die übrigen nominierten Spiele wurden mit einem Platz auf der Auswahlliste Spiel des Jahres ausgezeichnet. Zwischen 1999 und 2003 wurde als erstes eine Auswahlliste mit bis zu 13 Spielen erstellt. Jeweils drei dieser Titel wurden für das Spiel des Jahres nominiert, einer davon schlussendlich zum Sieger gekürt. Seit 2004 gibt es keine Auswahlliste mehr. Stattdessen gibt es – sowohl beim Spiel des Jahres als auch beim seit 2001 vergebenen Kinderspiel des Jahres – eine Nominierungsliste mit fünf Titeln. Seit 2011 gibt es jeweils drei nominierte Spiele für das Spiel des Jahres, Kinderspiel des Jahres und das neu eingeführte Kennerspiel des Jahres. Zusätzlich wird seit 2004 eine Empfehlungsliste veröffentlicht.
Prämiert werden Spiele des aktuellen Jahrgangs, das heißt in der Regel Titel, die zwischen Mitte des Vorjahres und März des laufenden Jahres erschienen sind. Maßgebend für die Bewertung eines Spieles sind Spielidee, Spielregel sowie Layout und Funktionalität des Spieles und Spielmaterials. Neben den Hauptpreisen kann die Jury Sonderpreise vergeben.
Mitglieder der Jury (Auswahl)
Immer wieder waren bekannte Autoren und Journalisten Mitglieder der Jury, so unter anderem auch:
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Preisträger
Für die zwischen 1979 und 2003 veröffentlichte Auswahlliste siehe Spiel des Jahres – Auswahlliste, für die seit 2004 veröffentlichte Empfehlungsliste siehe Spiel des Jahres – Empfehlungsliste.
Kritikerpreis Spiel des Jahres
Kennerspiel des Jahres
Seit 2011 wird auch der Preis „Kennerspiel des Jahres“ verliehen und dazu eine Nominierungsliste veröffentlicht. Während sich der bisherige Preis traditionell mit Familienspielen befasst, wurde hier ein Preis geschaffen, der sich ähnlich wie der Deutsche Spiele Preis an komplexere Spiele für erfahrene Spieler richtet. [9]
Kinderspiel des Jahres
Seit 2001 prämiert der Spiel des Jahres e.V. ein Kinderspiel des Jahres. Drei Vereinsmitglieder und ein dreiköpfiger Beirat entscheiden über den jeweiligen Preisträger. Der Preis ist der Nachfolger des zwischen 1989 und 2000 vergebenen Sonderpreis Kinderspiel.
Die seit 2001 nominierten und ausgezeichneten Spiele sind im Hauptartikel aufgeführt, für die 2002 bis 2003 erstellte Auswahlliste siehe Kinderspiel des Jahres – Auswahlliste, für die seit 2004 jährlich veröffentlichte Empfehlungsliste siehe Kinderspiel des Jahres – Empfehlungsliste.
Sonderpreise
Sonderpreis Schönes Spiel
- 1979: Seti (Bütehorn)
- 1980: Das Spiel (Reinhold Wittig/Edition Perlhuhn, aktuelle Neuauflage bei Abacus)
- 1981: Ra (Marco Donadoni/Intelli)
- 1982: Skript (Henri Sala/Jumbo)
- 1983: Wir füttern die kleinen Nilpferde (Reinhold Wittig/Edition Perlhuhn)
- 1984: Uisge (Reinhold Siegers/Hexagames)
- 1985: Die drei Magier (Johann Rüttinger/Noris)
- 1986: Müller & Sohn (Reinhold Wittig/Franckh-Kosmos)
- 1987: Tatort Nachtexpress (Jeff Smets/Jumbo)
- 1988: Inkognito (Alex Randolph/Leo Colovini/MB, aktuelle Neuauflage bei Winning Moves)
- 1989: Henne Berta (Geni Wyss/HABA)
- 1990: Lifestyle (Ravensburger)
- 1991: Das Labyrinth der Meister (Max Kobbert/Ravensburger)
- 1993: Kula Kula (Reinhold Wittig/Blatz)
- 1994: Doctor Faust (Reinhold Wittig/Blatz)
- 1995: Tribalance (Michael Sohre/Theta)
- 1996: Venice Connection (Alex Randolph/Drei Magier Spiele)
- 1997: Aztec (Niek Neuwahl/Zoch)
Sonderpreis Bestes Solitärspiel
- 1980: Rubik’s Cube (Ernő Rubik/Arxon, aktuelle Neuauflage bei Jumbo)
Sonderpreis Kooperatives Familienspiel
- 1988: Sauerbaum (Johannes Tranelis/Herder)
Sonderpreis Kinderspiel
- 1989: Gute Freunde (Alex Randolph/Selecta, aktuelle Neuauflage bei Drei Magier Spiele)
- 1990: Das Geisterschloss (Virginia Charves/F.X. Schmid)
- 1991: Corsaro (Wolfgang Kramer/Herder)
- 1992: Schweinsgalopp (Heinz Meister/Ravensburger, aktuelle Neuauflage bei Abacus)
- 1993: Ringel Rangel (Geni Wyss/Haba)
- 1994: Looping Louie (Carol Wiseley u.a./MB)
- 1995: Karambolage (Heinz Meister/Haba)
- 1996: Vier zu mir! (Heike Baum/ASS)
- 1997: Leinen los! (Alex Randolph/Haba)
- 1998: Zicke Zacke Hühnerkacke (Klaus Zoch/Zoch)
- 1999: Kayanak (Peter-Paul Joopen/Haba)
- 2000: Arbos (Martin Arnold/Armin Müller/M+A)
Seit 2001 wird anstelle des Sonderpreises Kinderspiel ein eigenständiges Kinderspiel des Jahres vergeben.
Sonderpreis Puzzle
- 1995: 3D Krimi-Puzzle (MB)
Sonderpreis Geschicklichkeitsspiel
- 1996: Carabande (Jean du Poël/Goldsieber)
- 1997: Husarengolf (Torsten Marold/Abacus)
Sonderpreis Geschichte im Spiel
- 2001: Troia (Thomas Fackler/Zeitstein Spiele)
Sonderpreis Literatur im Spiel
- 2001: Der Herr der Ringe (Reiner Knizia/Kosmos)
Sonderpreis Fantastisches Spiel
Sonderpreis Komplexes Spiel
- 2006: Caylus (William Attia/Ystari/Huch & friends)
- 2008: Agricola (Uwe Rosenberg/Lookout Games)
Sonderpreis Partyspiel
Sonderpreis Neue Spielwelten
Sonderpreis Spiel des Jahres plus
Andere Spielepreise im deutschen Sprachraum
Neben dem Spiel des Jahres gibt es den Deutschen Spiele Preis, der auf einer breit angelegten Experten- und Fachpublikums-Abstimmung beruht, und die Spiel der Spiele-Auszeichnung für Titel, die auf dem österreichischen Markt erhältlich sind. In der Schweiz wurde zwischen 2002 und 2007 der Schweizer Spielepreis, von den ansässigen Ludotheken vergeben und seit 2010 der Swiss Gamers Award. Erstmals 2009 wurde der Grafik-Preis Graf Ludo verliehen, der herausragende Leistungen im Bereich Gestaltung bei Brett- und Kartenspielen auszeichnet.[10]
Literatur
- Bernward Thole, Tom Werneck (Hrsg.): Spiel des Jahres. Ratgeber der Jury. Hugendubel, München 1988, ISBN 3-88034-380-2.
- Bernward Thole, Tom Werneck (Hrsg.): Die ausgezeichneten Spiele: ein Führer durch den Spiele-Dschungel (= Rororo 8912). Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1991, ISBN 3-499-18912-7.
- Bernward Thole, Tom Werneck (Hrsg.): Die ausgezeichneten Spiele: ein Führer durch den Spiele-Dschungel (= Rororo 8927). Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1992, ISBN 3-499-18927-5.
- Bernward Thole, Tom Werneck (Hrsg.): Ausgezeichnete Spiele. Ratgeber der Jury "Spiel des Jahres". Don Bosco, München 1997, ISBN 3-7698-1053-8.
- Bernward Thole, Tom Werneck (Hrsg.): Ausgezeichnete Spiele. Jahrbuch der Jury "Spiel des Jahres". Don Bosco, München 1999, ISBN 3-7698-1193-3.
Weblinks
- Spiel des Jahres – Offizielle Website des eingetragenen Vereins
- Tom Felber über die Arbeit der Jury Spiel des Jahres – Videointerview mit Tom Felber, Vorsitzender der Jury Spiel des Jahres 2011
- zuspieler.de: Bernhard Löhlein über den neuen Preis, das Kennerspiel des Jahres – Interview mit Bernhard Löhlein, Sprecher der Jury Spiel des Jahres 2011
Einzelnachweise
- ↑ Spiel des Jahres vergibt dritten Hauptpreis
- ↑ Kennerspiel des Jahres erscheint in Anthrazit
- ↑ http://www.spiel-des-jahres.com/cms/front_content.php?idart=577
- ↑ spieldesjahres.de: Geschichte
- ↑ meome.de: Jury Spiel des Jahres: Rücktritte ( vom 18. Februar 2001 im Internet Archive)
- ↑ meome.de: Jury Spiel des Jahres: Business as usual ( vom 31. Oktober 2002 im Internet Archive)
- ↑ Beruf Spiele-Autor. Berechenbare Kundschaft. In: Süddeutsche Zeitung. 11. August 2010, abgerufen am 29. Juli 2015.
- ↑ spieldesjahres.com: FAQ – Häufig gestellte Fragen
- ↑ Kennerspiel des Jahres 2016
- ↑ http://www.graf-ludo.de/