Tiraspol

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Тираспол / Tiraspol (rum.)
Тирасполь (Tiraspol) (russ.)
Тирасполь (Tyraspol) (ukr.)

Wappen
Wappen
Flagge
Flagge
Staat: Transnistrien Transnistrien (de-facto)
Moldau Republik Moldau (de-jure)
Rajon: Stadt Tiraspol
Gegründet: 1792
Koordinaten: Koordinaten fehlen! Hilf mit.Koordinaten fehlen! Hilf mit.
Fläche: 50 km²
 
Einwohner: 148.917 (2010[1])
-Metropolregion: 350.000 (2010[1])
Bevölkerungsdichte: 2.978 Einwohner je km²
 
Zeitzone: Osteuropäische Zeit (UTC+2/UTC+3)
Telefonvorwahl: (+373) 533
 
Bürgermeister: Andrei Besbabtschenko
Webpräsenz:
Koordinaten fehlen
Koordinaten fehlen

Tiraspol (russisch Тирасполь, ukrainisch Тирасполь/Tyraspol) ist die Hauptstadt des De-facto-Regimes Transnistrien. De jure ist es die zweitgrößte Stadt Moldawiens, das nach wie vor die Region als Teil des eigenen Territoriums ansieht.

Tiraspol liegt am östlichen Ufer des Dnister und ist Universitätsstadt, Kulturzentrum und Wirtschaftsstandort. Es hatte im Jahr 2010 knapp 150.000 Einwohner. Zusammen mit den nahegelegenen Städten Bendery und Slobodseja sowie zahlreichen Umlandsgemeinden bildet die Stadt eine Agglomeration mit knapp 350.000 Einwohnern.

Geschichte

Tiraspol im 19. Jahrhundert
Post- und Telegrafenamt Tiraspol, Anfang des 20. Jahrhunderts
Die Uliza Lenina im Jahr 1941
Sowjet der Stadt Tiraspol
Transnistrische Universität

Die Stadt Tiraspol wurde im Jahre 1792 von dem russischen Feldherrn Alexander Suworow als Festung begründet, in der Nähe des rumänischen Dorfs Sucleia. Der Name Tiraspol entstand in Anlehnung an Tyras, den griechischen Namen des Flusses Dnister. Tiraspol entwickelte sich im 19. Jahrhundert zu einer relativ wichtigen Zollstation.

Nach der Russischen Revolution von 1917 wurde die Stadt Teil der Sowjetunion. Zwischen 1929 und 1940 fungierte Tiraspol dabei als Hauptstadt der Moldauischen Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik, einer Teilrepublik der ukrainischen Unionsrepublik. 1926 lebten in der Stadt knapp 30.000 Menschen, davon etwa 55 % Russen, 29 % der Stadtbevölkerung waren Juden. Bis zum Jahre 1940 stieg die Einwohnerzahl Tiraspols bis auf 50.000 Menschen.

Einige Wochen nach Beginn des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion besetzte das damals mit Deutschland verbündete Rumänien die Stadt am 7. August 1941. Am 12. April 1944, als die Stadt von der Roten Armee zurückerobert wurde, war die Mehrheit der jüdischen Bevölkerung der Stadt ermordet worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Tiraspol wieder zur Sowjetunion und war Teil der Moldauischen Sozialistische Sowjetrepublik und deren zweitgrößte Stadt.

In der sowjetischen Zeit wurden zahlreiche Industriebetriebe in der Stadt angesiedelt, 1967 wurde zudem ein Oberleitungsbus-Netz eröffnet. Die russischsprachige Minderheit Moldawiens konzentrierte sich insbesondere auf Tiraspol, wo sie in der Mehrheit war.

1990, kurz vor dem Zerfall der Sowjetunion, pochte die Moldauische Sozialistische Sowjetrepublik auf staatliche Unabhängigkeit, auch eine Vereinigung Moldawiens mit Rumänien stand damals im Raum. Im östlichen Landesteil Transnistrien waren die unionserhaltenden Kräfte jedoch in der Mehrheit und sahen ihre Rechte durch eine nationalistische Politik gefährdet.

Kirche in Tiraspol

Nachdem die Spannungen und Gegensätze immer weiter zunahmen, sagte sich schließlich 1990 der östlich des Dnjestr gelegene Landesteil vom Rest Moldawiens los. Die Transnistrische Moldauische Sozialistische Sowjetrepublik mit Tiraspol als Hauptstadt wurde dort ausgerufen und bemühte sich zunächst um einen Verbleib innerhalb der Sowjetunion.

Nach dem fehlgeschlagenen Augustputsch in Moskau 1991 rief Moldawien, wie alle anderen Sowjetrepubliken, schließlich endgültig die Unabhängigkeit aus. Auch Transnistrien beharrt seitdem als Transnistrische Moldauische Republik (PMR) auf staatlicher Unabhängigkeit, wurde jedoch bisher von keinem Staat anerkannt, wenngleich es indirekt durch Russland unterstützt wird. Seit dem Transnistrien-Krieg 1992, in dem Moldawien vollständig die Kontrolle über die Region verlor, ist Transnistrien ein stabilisiertes De-facto-Regime mit eigener Verwaltung, Politik, Währung, Pässen und Staatsapparat.

Durch den Status als Hauptstadt Transnistriens finden sich in der Stadt zahlreiche Regierungsinstitutionen und Ministerien. 1990 wurde das ehemalige Pädagogische Institut Tiraspol in die Transnistrische Staatliche Taras-Schewtschenko-Universität umgewandelt, wodurch Tiraspol zur Universitätsstadt wurde. Seit 1993 gibt es eine Oberleitungsbus-Linie die Tiraspol mit der nahegelegenen Stadt Bendery verbindet.

Zu den größten und bekanntesten Unternehmen Tiraspols gehören heute der Elektronikproduzent Elektromasch, der Textilhersteller Tirotex, die Spirituosenmarke Kvint und der Großkonzern Sheriff.

Demografie

Die Bevölkerung setzte sich 2004 aus etwa 42 % Russen, 33 % Ukrainern sowie 15 % Moldauern zusammen.[2] Daneben leben in der Stadt noch kleinere Minderheiten von Bulgaren (1,5 %), Gagausen (1,3 %), Weißrussen (1,1 %) sowie auch einige hundert Deutsche (zumeist Russlanddeutsche), Juden und Armenier. Etwa 5 % der Bevölkerung machten 2004 keine Angabe zu ihrer Herkunft.

Die ehemals große jüdische Gemeinde (1929: 29,4 % der Stadtbevölkerung) ist heute infolge des Holocausts und Emigration nur noch schwach in der Stadt vertreten.

Städtepartnerschaften

Willkommensschild am Ortseingang

Die jüngste Städtepartnerschaft mit Eilenburg wurde im Jahr 2002 abgeschlossen, wird jedoch nicht mehr aktiv gepflegt. Sie entwickelte sich aus einem Besuch des Eilenburger Lions-Club in Tiraspol. Aus diplomatischer Sicht gilt diese Partnerschaft als problematisch, da Transnistrien offiziell nicht anerkannt ist. Deshalb fand seit dem Besuch einer Eilenburger Delegation zur Vertragsunterzeichnung in Tiraspol im November 2002 auch kein Gegenbesuch statt.[3]

Weitere Städtepartnerschaften:

Sinfonisches Orchester Tiraspol

Bildung und Kultur

Nadeschda-Aronezkaja-Dramentheater

In der Stadt hat die Transnistrische Staatliche Taras-Schewtschenko-Universität sowie das Transnistrische Ingenieurwissenschaftlich-Technische Institut seinen Sitz. Im Sommer 2013 wurde zudem die Staatliche Kunstakademie Tiraspol eröffnet.[4] Des Weiteren haben Hochschulen aus Moskau, Kiew und Odessa eine Zweigniederlassung in Tiraspol.

In der Stadt befinden sich zahlreiche Museen und Bibliotheken, ein staatliches Sinfonieorchester, sowie das Nadeschda-Aronezkaja-Dramentheater, das nach der ehemals in Tiraspol wirkenden Schauspielerin und Regisseurin Nadeschda Aronezkaja benannt ist.

Verkehr

Ein Oberleitungsbus des Modells Belkommunmasch AKSM-420 in Tiraspol

Der öffentliche Nahverkehr in Tiraspol wird hauptsächlich durch Linienbusse und Oberleitungsbusse abgewickelt. Das Oberleitungsbusnetz umfasst dabei nicht nur Tiraspol selbst, sondern auch die Nachbarstadt Bendery sowie den Vorort Parkany. Darüber hinaus verkehren in der Stadt zahlreiche Marschrutki. Der ehemalige Flughafen (Aerodrom Tiraspol) ist seit dem bewaffneten Konflikt 1992 nicht mehr in Betrieb, es gibt aber Pläne, ihn mit russischer Hilfe wieder zu öffnen. In Tiraspol verkehren unter anderem Züge nach Chișinău, Odessa und Moskau.

Wirtschaft

Uferpromenade am Dnestr

Tiraspol ist das wichtigste wirtschaftliche Zentrum Transnistriens. Bedeutendstes Unternehmen der Stadt ist der Sheriff-Konzern, der eine Tankstellenkette, Supermärkte, Großbäckereien, Werbeagenturen, eine Baugesellschaft, einen Verlag und weitere Tochterunternehmen unterhält. In der Stadt haben auch der bekannte Spirituosenhersteller Kvint und die größte transnistrische Kommunikationsgesellschaft Interdnestrkom ihren Sitz. Auch die transnistrische Eisenbahngesellschaft ebenso wie mehrere Banken, darunter die Transnistrische Republikanische Bank, sind in der Stadt beheimatet.

Sport

Der erfolgreiche Profifußballverein Sheriff Tiraspol hat seinen Sitz in der Stadt. Daneben gibt es noch den kleineren FC Tiraspol. Beide Vereine spielen im 2002 eröffneten Sheriff-Stadion und sind, trotz der schwierigen politischen Situation, Mitglied der Divizia Națională, der höchsten moldawischen Fußballliga. Mit 12 Meistertiteln ist Sheriff sogar moldawischer Rekordmeister, noch vor dem Hauptstadtclub Zimbru Chișinău Der dritte erfolgreiche Verein der Stadt, CS Tiligul-Tiras Tiraspol, musste 2009 aus finanziellen Gründen seine Spieltätigkeit einstellen. Tiligul-Tiras war als einziger der drei Vereine bereits zur Zeit der Sowjetunion als damaliger Zweitligist im Profifußball vertreten.

Söhne und Töchter der Stadt

Die deutsche Sängerin Julia „Jule“ Neigel lebte als Kind zwei Jahre in der Stadt.

Fußnoten

  1. http://mepmr.org/zip/gss/soc.eco.razv.all.09.zip
  2. Transnistrische Volkszählung 2004 (Memento vom 30. April 2008 im Internet Archive)
  3. http://www.taz.de/pt/2005/04/09/a0254.nf/text
  4. Dina Leonidowa auf nr2.ru: Начал работу Приднестровский государственный институт искусств

Weblinks

Commons: Tiraspol – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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