Was vom Tage übrig blieb

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Film
Titel Was vom Tage übrig blieb
Originaltitel The Remains of the Day
Produktionsland Großbritannien, USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1993
Länge 134 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie James Ivory
Drehbuch Ruth Prawer Jhabvala
Produktion Mike Nichols,
John Calley,
Ismail Merchant
Musik Richard Robbins
Kamera Tony Pierce-Roberts
Schnitt Andrew Marcus
Besetzung

Was vom Tage übrig blieb ist ein Spielfilm des US-amerikanischen Regisseurs James Ivory aus dem Jahr 1993. Nach seinen Werken Zimmer mit Aussicht (1986) und Wiedersehen in Howards End (1992) arbeitete Ivory wieder mit Produzent Ismail Merchant und Drehbuchautorin Ruth Prawer Jhabvala zusammen. Die Verfilmung des mit dem Booker-Preis ausgezeichneten Romans Was vom Tage übrigblieb von Kazuo Ishiguro wurde in den Hauptrollen mit den britischen Schauspielern Emma Thompson und Anthony Hopkins besetzt.

Handlung

England im Jahre 1956: Der ältliche Butler Stevens erhält einen Brief von Miss Kenton, verehelichter Mrs. Benn, der ehemaligen Haushälterin, mit der er einst zusammengearbeitet hat. Sie habe aus der Zeitung erfahren, dass ihr vormaliger Arbeitsplatz Darlington Hall nach Lord Darlingtons Tod bei einer Auktion von dem US-amerikanischen Kongressabgeordneten Lewis ersteigert worden war. Stevens macht sich daraufhin mit dem Wagen seines neuen Arbeitgebers auf den Weg nach Südwestengland, um Mrs. Benn zu besuchen und sie zur Rückkehr nach Darlington Hall zu bewegen. Die Fahrt ans Meer wird für ihn zu einer Reise in die eigene Vergangenheit, und allmählich treten Erinnerungen an sein bisheriges Leben zutage.

Vor dem Zweiten Weltkrieg trafen sich auf dem weitläufigen Landsitz europäische Politiker, die Lord Darlington, ein Vertreter der Appeasement-Politik des britischen Premiers Neville Chamberlain, eingeladen hatte. Stevens war dem Lord stets loyal ergeben und sorgte dafür, dass jede(r) Bedienstete ihren/seinen Pflichten gewissenhaft und unauffällig nachkam. Mit Miss Kenton geriet er dabei immer wieder aneinander, fast ohne Gefühlsregungen zu zeigen. Selbst als sein Vater starb, der ebenfalls zu Lord Darlingtons Dienern gehörte, ging Stevens, sich kaum Gefühle anmerken lassend, pflichtbewusst seinen täglichen Aufgaben nach.

Miss Kenton, die sich trotz dessen (scheinbarer) Emotionslosigkeit in Stevens verliebt hatte, versuchte vergeblich, ihn aus der Reserve zu locken. Als das neue Dienstmädchen Lizzie aus Liebe zu dem jungen Dienstboten Charlie ihre Stelle aufgab, wurde der unverheirateten Miss Kenton schmerzlich bewusst, etwas im Leben verpasst zu haben. Weil Stevens sie nicht an sich heranließ, heiratete sie schließlich Thomas Benn und verließ Darlington Hall.

Lord Darlington, dessen vornehmlich der britischen Aristokratie entstammenden Gäste die Auffassung teilten, Deutschland sei nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Versailler Vertrag ungerecht behandelt worden, wurde in der Nachkriegszeit als „Nazifreund“ diskreditiert. Neben Ansehen verlor er in der Folge auch Vermögen. Stevens, der sowohl den fatalen Irrweg seines wohlmeinenden Herrn bezüglich der Nationalsozialisten nicht bemerkt als auch die insgeheim gegenüber Miss Kenton gehegten Gefühle unterdrückt hatte, wurde sich schließlich der Verfehlungen seines Arbeitgebers bewusst und bereute, gegenüber Miss Kenton derart unterkühlt gewesen zu sein.

Als Stevens Mrs. Benn trifft, lehnt sie ab, nach Darlington Hall zurückzukehren. Sie möchte bei ihrem Ehemann bleiben, zumal die gemeinsame Tochter ein Kind erwartet. Sie verabschiedet sich von Stevens mit Tränen in den Augen, während dieser weiterhin nicht fähig ist, die Hemmungen zu überwinden. Zurück in Darlington Hall bereitet Stevens die Ankunft von Mr. Lewis’ Familie vor.

Hintergrund

Eigentlich war der Amerikaner Mike Nichols (Die Reifeprüfung) für die Regie vorgesehen, trat jedoch von der Aufgabe zurück und wurde Produzent.[1] So übernahm James Ivory die Regie. Die zuvor in Erwägung gezogenen Hauptdarsteller Jeremy Irons und Meryl Streep[2] wurden durch Anthony Hopkins und Emma Thompson ersetzt, die ein Jahr zuvor schon gemeinsam in der Merchant-Ivory-Produktion Wiedersehen in Howards End mitgewirkt hatten. Im Gespräch waren für die Rolle des Butlers Stevens neben Irons auch der Schauspieler Kenneth Branagh, der damalige Ehemann von Emma Thompson; für die Rolle der Miss Kenton neben Meryl Streep auch die Schauspielerinnen Glenn Close und Anjelica Huston.[3] Bei allen Figuren wurde, mit Ausnahme des US-Amerikaners Lewis, darauf Wert gelegt, sie nur mit britischen Schauspielern zu besetzen, sehr zum Missfallen der großen Hollywood-Agenturen, die sich bemüht hatten, ihre amerikanischen Klienten im Film unterzubringen.[4]

Das Dyrham Park House, die Außenkulisse von Darlington Hall

Die Dreharbeiten fanden im Südwesten Englands statt. Für Darlington Hall standen mehrere englische Landhäuser Pate. Als Außenkulisse diente der Landsitz Dyrham Park in Gloucestershire. Innenaufnahmen entstanden in Powderham Castle in Devon, in Corsham Court in Wiltshire sowie in Badminton House in Gloucestershire. Weitere geeignete Drehorte fand man in Somerset, dort vor allem in Weston-super-Mare.

Anthony Hopkins fühlte sich vor dem Dreh so unsicher, dass man ihm Cyril Dykman, den pensionierten Chefbutler der britischen Königin, zur Seite stellte, der auf fünfzig Jahre Berufserfahrung im Buckingham-Palast zurückblicken konnte.[1]

Das Lied Sei mir gegrüßt (D 741) von Franz Schubert wird im Film von Ann Murray gesungen.[5]

Was vom Tage übrig blieb wurde am 5. November 1993 in den Vereinigten Staaten und Kanada uraufgeführt. Am 10. März 1994 kam der Film in die deutschen Kinos. In den USA konnte Ivorys Film, dessen Budget bei 15 Millionen Dollar lag, rund 23 Millionen Dollar einspielen. Das weltweite Einspielergebnis belief sich auf rund 64 Millionen Dollar.[6]

Kritiken

Blickpunkt: Film beschrieb Was vom Tage übrig blieb als „[s]timmungsvolles Sittengemälde von Englands Regiemeister James Ivory“.[7] Laut VideoWoche handle es sich um eine „meisterhafte Literaturverfilmung“, in der nach Wiedersehen in Howards End erneut Anthony Hopkins und Emma Thompson einen Film „über unterdrückte Gefühle und emotionale Codes mit Leben füllen“.[8] „Ein sensibler, von vorzüglichen Schauspielern profitierender Film, in dem intime Psychologie und sozialer Kommentar nahtlos ineinandergreifen“, lobte auch das Lexikon des internationalen Films.[9]

Vincent Canby besprach in der New York Times vom 5. November 1993 einen grandiosen Film der Entsprechungen und Metaphorik. Man erhalte Einblicke in die Abläufe und die Funktionsweise eines solchen Anwesens und die Hierarchie der Dienerschaft. In psychologischer Tiefe und politischer Tragweite überträfe der Film alles, was Jhabvala, Merchant und Ivory bisher gemacht hätten. Drehbuch und Regie seien kaum noch zu übertreffen („difficult to imagine, how anyone could improve“). Emma Thompson gelingt es, in einer fabelhaften („splendid“) Darstellung leidenschaftliches Begehren und Erregung glaubhaft zu machen („desperate, aching sexuality“). Ihm gefiel auch die Interpretation in den Nebenrollen.[10]

Todd McCarthy sprach in Variety am 24. September 1993 von überragender („superior“) Schauspielkunst. Hopkins spiele nicht nur, er spiele sogar mit dem Publikum („toys with the audience“). Des Weiteren sah McCarthy Parallelen zu Zeit der Unschuld (1993).[11] Roger Ebert hatte den Roman für unverfilmbar gehalten, bis dieser Film ihn eines Besseren belehrt habe. Ivory, Merchant und Jhabvala seien mit diesem Film „auf der Höhe ihrer Kunst“ („at the height of their powers“) angelangt.[12] Anthony Hopkins gibt die „Rolle seines Lebens“ („the performance of his life“), befand Rita Kempley in der Washington Post am 5. November 1993.[13]

Der Film steht auf der Website Rotten Tomatoes am 24. Juni 2013 bei 97 Prozent mit 38 ausgewerteten Kritiken (100 Prozent von 5 Topkritikern).

Auszeichnungen

Nachdem die Kritik James Ivorys Film gefeiert hatte, erhielt der Film Nominierungen für zahlreiche Preise. Bei der Oscar-Verleihung 1994 war Was vom Tage übrig blieb achtmal nominiert, unter anderem als Bester Film, für die Beste Regie und die Besten Hauptdarsteller. Ivorys Produktion hatte jedoch gegenüber Steven Spielbergs Schindlers Liste und Jane Campions Das Piano das Nachsehen und ging leer aus. Das Drama wurde bei den British Academy Film Awards (sechs Nominierungen) und den Golden Globe Awards (fünf Nominierungen) im selben Jahr trotz zahlreicher Nominierungen bei allen wichtigen Filmpreisen ebenfalls ignoriert.

Für den Oscar, den BAFTA und den Golden Globe nominiert: Anthony Hopkins
Wie Hopkins vielfach nominiert: Emma Thompson
Oscar 1994

Nominiert in den Kategorien

  • Bester Film
  • Bester Regisseur
  • Bester Hauptdarsteller (Anthony Hopkins)
  • Beste Hauptdarstellerin (Emma Thompson)
  • Bestes adaptiertes Drehbuch
  • Beste Filmmusik
  • Beste Kostüme
  • Beste Szenenbild
British Academy Film Awards 1994

Nominiert in den Kategorien

  • Bester Film
  • Bester Regisseur
  • Bester Hauptdarsteller (Anthony Hopkins)
  • Beste Hauptdarstellerin (Emma Thompson)
  • Bestes adaptiertes Drehbuch
  • Beste Kamera
Golden Globe Awards 1994

Nominiert in den Kategorien

  • Bester Film – Drama
  • Bester Regisseur
  • Bester Hauptdarsteller – Drama (Anthony Hopkins)
  • Beste Hauptdarstellerin – Drama (Emma Thompson)
  • Bestes adaptiertes Drehbuch
Weitere

Chicago Film Critics Association Awards 1994

  • Bester Hauptdarsteller (Anthony Hopkins)
  • Beste Hauptdarstellerin (Emma Thompson)

Dallas-Forth Worth Film Critics Association Awards 1994

  • Bester Hauptdarsteller (Anthony Hopkins)

David di Donatello 1994

  • Bester ausländischer Schauspieler (Anthony Hopkins)
  • Beste ausländische Schauspielerin (Emma Thompson)
  • Nominiert als Bester ausländischer Film

Directors Guild of America 1994

  • Nominiert für die Beste Regie

Evening Standard British Film Award 1994

  • Beste Schauspielerin (Emma Thompson)

Goya 1995

  • Nominiert als Bester europäischer Film

Sindacato Nazionale Giornalisti Cinematografici Italiani 1995

  • Bester Regisseur eines ausländischen Films

Kansas City Film Critics Circle Award 1994

  • Bester Hauptdarsteller (Anthony Hopkins)
  • Beste Hauptdarstellerin (Emma Thompson)

London Critics’ Circle Film Award 1994

  • Bester britischer Film des Jahres
  • Beste Regisseur des Jahres
  • Bester Schauspieler des Jahres (Anthony Hopkins)

Los Angeles Film Critics Association Award 1993

  • Bester Hauptdarsteller (Anthony Hopkins)

National Board of Review 1993

  • Bester Hauptdarsteller (Anthony Hopkins)

Robert 1995

  • Bester ausländischer Film

Southeastern Film Critics Association Award 1994

  • Bester Hauptdarsteller (Anthony Hopkins)
  • Bester Film – 3. Platz

Writers Guild of America 1994

  • Nominiert für das Beste adaptierte Drehbuch

Synchronisation

Rolle Darsteller Synchronsprecher[14]
Stevens Anthony Hopkins Rolf Schult
Miss Kenton Emma Thompson Monica Bielenstein
Lord Darlington James Fox Jürgen Thormann
Lewis Christopher Reeve Jürgen Heinrich
Stevens' Vater Peter Vaughan Heinz Giese
Reginald Cardinal Hugh Grant Patrick Winczewski
Thomas Benn Tim Pigott-Smith Norbert Langer
Spencer Patrick Godfrey Friedrich W. Bauschulte
Charlie Ben Chaplin Nicolas Böll
Harry Smith Paul Copley Manfred Lehmann
Lizzie Lena Headey Dorette Hugo
Wirt Ian Redford Klaus Sonnenschein
Dr. Richard Carlisle Pip Torrens Frank Glaubrecht
Auktionator John Haycraft Klaus Jepsen

DVD-Veröffentlichung

  • Was vom Tage übrigblieb. Special Edition. Sony Pictures Home Entertainment 2001

Literatur

  • Maria-Felicitas Herforth: Kazuo Ishiguro: Was vom Tage übrig blieb (The Remains of the Day). Königs Erläuterungen und Materialien (Bd. 453). Bange Verlag, Hollfeld 2006. ISBN 978-3-8044-1848-6.
  • Kazuo Ishiguro: Was vom Tage übrig blieb. Btb, 2005, ISBN 3-442-73309-X.
  • Kazuo Ishiguro: The Remains of the Day. Faber and Faber, 1999, ISBN 0-571-20073-7 (engl. Ausgabe).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Nick Zegarac: Art by Artists. thehollywoodart.blogspot.com, 1. September 2007, abgerufen am 6. Juli 2009.
  2. Bernard Weinraub: Her Peculiar Career: Meryl Streep. In: The New York Times, 18. September 1994, S. 42.
  3. Benedict Nightingale: Merchant-Ivory and Friends: On the Job Again. In: The New York Times, 24. Januar 1993, S. 11.
  4. Vgl. James Ivory über ‚Was vom Tage übrigblieb‘ – Booklet zur deutschsprachigen Kauf-DVD (Special Edition), Sony Pictures Home Entertainment, 2001.
  5. Soundtracks for The Remains of the Day. imdb.com, abgerufen am 5. August 2011 (englisch).
  6. The Remains of the Day auf the-numbers.com
  7. Was vom Tage übrig blieb. In: Blickpunkt: Film auf mediabiz.de, abgerufen am 24. Juni 2013.
  8. Was vom Tage übrig blieb. In: VideoWoche auf mediabiz.de, abgerufen am 24. Juni 2013.
  9. Was vom Tage übrig blieb im Lexikon des internationalen Films
  10. Vincent Canby: The Remains of the Day. In: The New York Times, 5. November 1993, abgerufen am 17. Mai 2008 (englisch).
  11. Todd McCarthy: The Remains of the Day. In: Variety, 24. September 1993, abgerufen am 17. Mai 2008 (englisch).
  12. Roger Ebert: The Remains Of The Day. In: Chicago Sun-Times, 5. November 1993, abgerufen am 17. Mai 2008 (englisch).
  13. Rita Kempley: The Remains of the Day (PG). In: The Washington Post, 5. November 1993, abgerufen am 17. Mai 2008 (englisch).
  14. Was vom Tage übrig blieb in der Deutschen Synchronkartei