Bayerischer Ministerpräsident
Der bayerische Ministerpräsident ist gemäß dem 4. Abschnitt des Ersten Hauptteils der Verfassung des Freistaates Bayern der Vorsitzende der bayerischen Staatsregierung. Derzeitiger Amtsinhaber ist Horst Seehofer, CSU. Er wurde am 27. Oktober 2008 zum ersten Mal gewählt und am 8. Oktober 2013 wiedergewählt.
Wahl und Rücktritt
Der Ministerpräsident wird vom Bayerischen Landtag, der spätestens 22 Tage nach seiner Wahl zusammentritt (diese Frist gilt seit der Volksabstimmung vom 21. September 2003), binnen einer Woche nach dessen konstituierender Sitzung für die Dauer von fünf Jahren in geheimer Abstimmung gewählt. Wählbar ist jeder wahlberechtigte Bayer, sofern er das 40. Lebensjahr vollendet hat. Der Ministerpräsident kann vom Landtag nicht abgesetzt werden. Die Verfassung schreibt aber seinen Rücktritt vor, wenn eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Landtag auf Grund politischer Verhältnisse nicht mehr möglich ist (Art. 44 Abs. 3 bayerische Verfassung). Tut er das nicht, kann er vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof angeklagt werden.
Aufgaben
Der Ministerpräsident leitet die Geschäfte der Staatsregierung. Er beruft und entlässt mit Zustimmung des Landtags seinen Stellvertreter sowie maximal 17 Staatsminister und Staatssekretäre, denen er Geschäftsbereiche oder Sonderaufgaben zuweist. Gemäß Artikel 50 der Landesverfassung kann der Ministerpräsident einen oder mehrere Geschäftsbereiche selbst übernehmen. Bei ihm liegt die politische Richtlinienkompetenz und er vertritt Bayern nach außen. In seinem Handeln ist er gegenüber dem Landtag verantwortlich. Der Ministerpräsident kann von einem Begnadigungsrecht Gebrauch machen.
Den Ministerpräsidenten unterstützt in seinen verfassungsmäßigen Aufgaben die Bayerische Staatskanzlei.
Geschichte des Amts
Vorläufer des Amts des Ministerpräsidenten war der Geheime Ratskanzler des Kurfürstentums Bayern. Ab Ende des 18. Jahrhunderts nahm der Minister des Äußeren, ab 1806 Minister des Königlichen Hauses und des Äußeren, meist eine Vorrangstellung ein. Im Jahre 1847 wurde ein Ministerrat etabliert, doch reservierte sich König Ludwig I. (1825–1848) selbst den Vorsitz; in seiner Abwesenheit saß der dienstälteste Minister den Sitzungen vor. 1849 wurde das Amt eines Vorsitzenden des Ministerrates geschaffen, welches mit einer Ausnahme (1880–1890) bis zum Ende des Königreichs mit dem Amt des Außenministers verbunden war. Mit der im Zuge der Novemberrevolution Ende des Ersten Weltkriegs erfolgten Gründung des Freistaats wurde Ende 1918 das Amt des Ministerpräsidenten geschaffen, erster Amtsinhaber war Kurt Eisner. Während des Nationalsozialistischen Regimes verlor das Amt zwischen 1933 und 1945 infolge der Gleichschaltung der Länder an Bedeutung.
Die amerikanische Militärregierung ernannte zum 28. Mai 1945 Fritz Schäffer zum "Temporary Minister-Präsident for Bavaria"; zum 28. September 1945 setzte sie ihn ab[1] und berief Wilhelm Hoegner (SPD) zu seinem Nachfolger.[2] Nach der Landtagswahl am 1. Dezember 1946 wählte der Landtag Hans Ehard (CSU) zum Ministerpräsidenten (dem ersten frei gewählten nach dem Krieg). Ehard amtierte zwei volle Legislaturperioden (Kabinett Ehard I, II und III).
Amtsträger
Geheime Ratskanzler
Amtsinhaber | Amtszeit | Anmerkungen |
---|---|---|
Johann Adlzreiter von Tettenweis | 1650–1662 | |
Johann Georg Oexle | 1662–1667 | |
Kaspar von Schmid | 1667–1693 | |
Johann Rudolf von Wämpl | 1695–1704 | |
vakant | 1704 – 1714 | |
Franz Xaver Josef Freiherr von Unertl | 3. März 1726 – 6. März 1749 |
|
Franz Xaver Andreas von Praidlohn | 1749–1758 | |
Wiguläus Freiherr von Kreittmayr | 20. September 1758 – 21. Oktober 1790 |
Minister des Äußeren
Vor 1849 gab es keinen Ministerpräsidenten, doch nahm der Minister des Äußeren, ab 1806 Minister des Königlichen Hauses und des Äußeren, meist eine Vorrangstellung ein. Im Jahre 1847 wurde ein Ministerrat etabliert, doch reservierte sich König Ludwig I. (1825–1848) selbst den Vorsitz; in seiner Abwesenheit saß der dienstälteste Minister den Sitzungen vor.
Minister | Amtszeit | Anmerkungen |
---|---|---|
Maximilian Franz Joseph Freiherr und Graf von Berchem | 1745 – 18. November 1777 |
Minister des Äußeren |
Matthäus Graf von Vieregg | 18. November 1777 – 21. Februar 1799 |
Minister des Äußeren |
Maximilian Joseph Graf von Montgelas | 21. Februar 1799 – 2. Februar 1817 |
Minister des Äußeren, zeitweise auch Finanz- und Innenminister |
Heinrich Alois von Reigersberg | 2. Februar 1817 – 1823 |
Vorsitzender des Ministerrates, |
Aloys Graf von Rechberg und Rothenlöwen | 2. Februar 1817 – Oktober 1825 |
Minister des Äußeren, ab 1823 Vorsitzender des Ministerrats |
Friedrich Karl Freiherr von Thürheim | 1. Januar 1827 – 1828 |
Minister des Äußeren, ab 22. April 1827 beurlaubt |
Georg Friedrich Freiherr von Zentner | 22. April 1827 – 1. September 1828 |
Ministerverweser des Äußeren |
Joseph Ludwig Graf von Armansperg | 1. September 1828 – 1831 |
Minister des Äußeren, auch Finanzminister |
Friedrich August Freiherr von Gise | 1831 – 26. Mai 1846 |
Ministerverweser des Äußeren bis 2. Januar 1832 |
Otto Graf von Bray-Steinburg | 26. Mai 1846 – 13. Februar 1847 |
Ministerverweser des Äußeren bis 1. Januar 1847 |
Georg Ludwig von Maurer | 1. März – 29. November 1847 |
„Ministerium der Morgenröte“, Ministerverweser des Äußeren und der Justiz |
Ludwig Fürst von Oettingen-Wallerstein | 1. Dezember 1847 – 12. März 1848 |
„Lola-Ministerium“, Ministerverweser des Äußeren und des Kultus |
Klemens August Graf von Waldkirch | 14. März 1848 – 29. April 1848 |
„März-Ministerium“, Ministerverweser des Äußeren |
Otto Graf von Bray-Steinburg | 29. April 1848 – 18. April 1849 |
Minister des Äußeren |
Vorsitzende des Ministerrates
1849 wurde das Amt eines Vorsitzenden des Ministerrates geschaffen, welches mit einer Ausnahme (1880–1890) mit dem Amt des Außenministers verbunden war.
Amtsinhaber | Amtszeit | Anmerkungen |
---|---|---|
Ludwig Karl Heinrich Freiherr von der Pfordten | 22. Dezember 1849 – 1. Mai 1859 |
auch Außenminister parteilos |
Karl Freiherr von Schrenck von Notzing | 1. Mai 1859 – 4. Oktober 1864 |
auch Außenminister parteilos |
Max Ritter von Neumayr | 4. Oktober 1864 – 4. Dezember 1864 (kommissarisch) |
auch Innenminister (1859–1865); kommissarischer Außenminister parteilos |
Ludwig Karl Heinrich Freiherr von der Pfordten | 4. Dezember 1864 – 29. Dezember 1866 |
auch Außenminister parteilos |
Chlodwig Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst | 31. Dezember 1866 – 7. März 1870 |
auch Außenminister parteilos (Nationalliberal) |
Otto Graf von Bray-Steinburg | 8. März 1870 – 25. Juni 1871 |
auch Außenminister |
Friedrich Freiherr von Hegnenberg-Dux | 21. August 1871 – 2. Juni 1872 |
auch Außenminister parteilos (Nationalliberal) |
Adolph von Pfretzschner | 1. Oktober 1872 – 4. März 1880 |
auch Außenminister parteilos (Liberal) |
Johann von Lutz (ab 1884 Freiherr) |
4. März 1880 – 1. Juni 1890 |
auch Kultusminister parteilos (Nationalliberal) |
Friedrich Krafft Graf von Crailsheim | 1. Juni 1890 – 1. März 1903 |
auch Außenminister parteilos (Nationalliberal) |
Clemens Freiherr von Podewils-Dürnitz (ab 1911 Graf) |
1. März 1903 – 9. Februar 1912 |
auch Außenminister parteilos (Nationalliberal) |
Georg Friedrich Freiherr von Hertling (ab 1914 Graf) |
9. Februar 1912 – 10. November 1917 |
auch Außenminister Zentrum |
Otto Ritter von Dandl | 11. November 1917 – 7. November 1918 |
auch Außenminister parteilos |
Ministerpräsidenten und Ausnahmeorgane des Freistaats Bayern
Amtsinhaber | Amtszeit | Anmerkungen |
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Kurt Eisner | 8. November 1918 – 21. Februar 1919 |
USPD |
Johannes Hoffmann | 17. März 1919 – 14. März 1920 |
SPD |
Gustav Ritter von Kahr | 16. März 1920 – 11. September 1921 |
parteilos (nationalkonservativ) |
Hugo Graf von und zu Lerchenfeld auf Köfering und Schönberg | 21. September 1921 – 2. November 1922 |
BVP |
Eugen Ritter von Knilling | 8. November 1922 – 30. Juni 1924 |
BVP |
Gustav Ritter von Kahr | Generalstaatskommissar 25. September 1923 – 17. Februar 1924 |
parteilos (nationalkonservativ) Dem Generalstaatskommissar wurde gestützt auf Art. 64 der Bamberger Verfassung als Ausnahmeorgan die vollziehende Gewalt durch das Gesamtministerium übertragen. |
Heinrich Held | 2. Juli 1924 – 9. März 1933 |
BVP seit Sommer 1930 mangels parlamentarischer Mehrheit nur noch geschäftsführend |
Franz Ritter von Epp | Reichskommissar 9. März – 12. April 1933 Reichsstatthalter 10. April 1933 – 28. April 1945 |
NSDAP als Reichskommissar Ausübung der Befugnisse des Ministerpräsidenten, dann als Reichsstatthalter gemäß Reichsstatthaltergesetz formal oberste staatliche Instanz und Aufsichtsorgan des Reichskanzlers |
Ludwig Siebert | 12. April 1933 – 1. November 1942 |
NSDAP |
Paul Giesler | 2. November 1942 – 28. April 1945 |
NSDAP |
Fritz Schäffer | 28. Mai 1945 – 28. September 1945 |
parteilos (ehemals BVP, später CSU) |
Wilhelm Hoegner | 28. September 1945 – 16. Dezember 1946 |
SPD |
Hans Ehard | 21. Dezember 1946 – 14. Dezember 1954 |
CSU |
Wilhelm Hoegner | 14. Dezember 1954 – 8. Oktober 1957 |
SPD |
Hanns Seidel | 16. Oktober 1957 – 22. Januar 1960 |
CSU |
Hans Ehard | 26. Januar 1960 – 11. Dezember 1962 |
CSU |
Alfons Goppel | 11. Dezember 1962 – 6. November 1978 |
CSU |
Franz Josef Strauß | 6. November 1978 – 3. Oktober 1988 |
CSU |
Max Streibl | 19. Oktober 1988 – 27. Mai 1993 |
CSU |
Edmund Stoiber | 28. Mai 1993 – 30. September 2007 |
CSU |
Günther Beckstein | 9. Oktober 2007 – 27. Oktober 2008 |
CSU |
Horst Seehofer | seit 27. Oktober 2008 | CSU |
Siehe auch
- Politisches System Bayerns
- Geschichte Bayerns
- Bayerische Staatsregierung
- Ministerpräsidenten der Bundesländer
- Liste der Landtagswahlergebnisse in Bayern
- aktuelle Staatsregierung
- Liste der US-amerikanischen Militärgouverneure von Bayern
Weblinks
- Ministerpräsident des Freistaats Bayern
- Die Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern seit 1945 Kolja Bartsch, Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages, Nr. 03/07, 26. Januar 2007 (pdf 93 kB)