Fanradio

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Ein Fanradio ist eine (meist ehrenamtlich betriebene) Sportberichterstattung, die normalerweise als Internetradio ausgeführt ist. Es gehört in der Regel einem bestimmten Verein an und wird von diesem, dessen Fans oder von Sponsoren betrieben.

Ein Fanradio berichtet meist live von Spielbegegnungen der Vereinsmannschaft. Die Kommentatoren, die über ein Spielereignis im Rahmen einer Fanradio-Übertragung berichten, sind in der Regel Laien und selbst Angehörige des jeweiligen Vereins oder dessen Fanszene. Es findet eine Berichterstattung „von Fans für Fans“ statt.

Fanradios im Fußball[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geschichte und Situation

Das erste Fanradio in Deutschland wurde 2004 von Kickers Offenbach unter der Leitung des Fanbeauftragen Lars Kissner ins Leben gerufen. Der Dienst sollte in erster Linie "von Fans, für Fans" von den Auswärtsspielen der Kickers berichten. Das Fanradio fand großen Anklang, wodurch die Übertragung auch auf Heimspiele ausgeweitet wurde.[1] In den folgenden Jahren führten immer mehr Vereine ein Fanradio ein, um eine kostenlose und Fan-nahe Alternative zu den Angeboten des öffentlichen Rundfunks und Pay-TV-Sendern zu bieten. Die meisten Fanradios sind eng mit den Blindenportagen, einer Audiodeskription für sehbehinderte Fans im Stadion, verbunden und werden von der Fanbetreuung verantwortet.[2] Aufgrund der COVID-19-Pandemie 2020 und den daraus resultierenden Geisterspielen führten viele Vereine, darunter der VfB Stuttgart und die TSG 1899 Hoffenheim, ein Fanradio ein. Obwohl diese Angebote in erster Linie als Übergangslösung bis zur Rückkehr der Zuschauer gedacht waren, bestehen die meisten Radios aus dieser Zeit auch heute noch.[3][4]

Rechtliches und Lizenzierung

Der Sendebetrieb von Fanradios ist ähnlich wie die Berichterstattung anderer Medien an Bedingungen geknüpft, die sich je nach Liga unterscheiden. In der 1. und 2. Bundesliga ist die Deutsche Fußball Liga (DFL) für diese Bedingungen verantwortlich. Die DFL stellt damit sicher, dass Fanradios keine kommerzielle Konkurrenz zu den Rechteinhabern der UKW- und Online-Radiorechten bilden. Aus diesem Grund darf das Fanradio nur über eine Internetseite des Vereins oder der offiziellen Vereins-App zur Verfügung gestellt werden. Das schließt eine Übertragung über einen Radiosender im klassischen Sinne (über UKW, DAB oder Online) aus.[5] Seit 2020 muss auch in der 3. Liga der Verein Betreiber des Fanradios sein.[6] Ab der Regionalliga sind die Bedingungen aufgrund der fehlenden zentralen Vermarktungsrichtlinien gelockert: Hier dürfen Fanradios auch dann berichten, wenn der Betreiber kein Verein der Liga ist.[7]

Liste von Fanradios im deutschen Fußball (Stand: 26. November 2022)
Vereinsname Sendername Ligazugehörigkeit (Herren)
Deutsche Fußballnationalmannschaft DFB Fan Club Radio -
1. FC Köln Radio Köln FC-Radio Bundesliga
1. FSV Mainz 05 05er.fm Bundesliga
Bayer 04 Leverkusen Werkself Radio Bundesliga
Borussia Dortmund BVB-Netradio Bundesliga
Borussia Mönchengladbach Fohlenradio Bundesliga
Eintracht Frankfurt EintrachtFM Bundesliga
FC Bayern München Live Webradio Bundesliga
SC Freiburg Sportclub live Bundesliga
VfB Stuttgart VfB-Radio Bundesliga
VfL Wolfsburg Wölferadio Bundesliga
SV Darmstadt 98 SV 98 Fanradio Bundesliga
1. FC Heidenheim FCH Fanradio Bundesliga
1. FC Kaiserslautern FCK-Fanradio 2. Bundesliga
1. FC Nürnberg Fanradio 2. Bundesliga
Eintracht Braunschweig Fanradio 2. Bundesliga
FC Hansa Rostock Hansa Fanradio[8] 2. Bundesliga
FC Schalke 04 Knappen-Kommentar 2. Bundesliga
Hertha BSC Hertha onAir 2. Bundesliga
FC St. Pauli AFM-Radio 2. Bundesliga
Hamburger SV HSVnetradio 2. Bundesliga
Hannover 96 Das Rote Radio 2. Bundesliga
Karlsruher SC KSC-Fanradio 2. Bundesliga
SpVgg Greuther Fürth Kleeblatt Radio 2. Bundesliga
VfL Osnabrück Lauschangriff 2. Bundesliga
Rot-Weiss Essen Radio Hafenstraße 3. Liga
SSV Jahn Regensburg Turmfunk 3. Liga
Arminia Bielefeld ASC-Livestream 3. Liga
SV Sandhausen Hardtwald-Hörfunk 3. Liga
1. FC Saarbrücken Fanradio 3. Liga
FC Erzgebirge Aue Veilchen-Fanradio 3. Liga
FC Ingolstadt Schanzer Fanradio 3. Liga
FC Viktoria Köln Radio Viktoria 3. Liga
Hallescher FC HFC Fanradio 3. Liga
MSV Duisburg ZebraFM 3. Liga
SV Waldhof Mannheim 07 Waldhof Livestream 3. Liga
TSV 1860 München Löwen-Radio 3. Liga
SC Preußen Münster Radio MottekStrehle 3. Liga
Würzburger Kickers Kickers-Fanradio Regionalliga Bayern
BSG Chemie Leipzig Fünfeck.FM Regionalliga Nordost
Chemnitzer FC GellertWelle Regionalliga Nordost
FC Energie Cottbus EnergieFM Regionalliga Nordost
Wuppertaler SV 1954fm Regionalliga West
Kickers Offenbach OFC Fanradio Regionalliga Südwest
KFC Uerdingen 05 Webradio BlauRot Oberliga Niederrhein

Österreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch in der höchsten österreichischen Spielklasse ist die Zuschauerzahl bei Fernsehübertragungen seit Vergabe der Übertragungsrechte an Bezahlsender wie Sky Österreich weiter rückläufig.[9][10] Dennoch betreibt hier kein Club ein vergleichbares Radioformat. Stattdessen stellen die Vereine den Fans oftmals Podcasts zur Verfügung, die exklusives Audiomaterial aus Interviews, Pressekonferenzen oder Vorberichterstattungen enthalten.[11]

Schweiz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einige Vereine der Schweizer Super League oder deren Fanclubs betreiben eigene Fanradios. Diese bieten den Vorteil, dass die Berichterstattung in der regional bevorzugten Amtssprache erfolgen kann. Während die Young Boys Bern beispielsweise aus dem größtenteils deutschsprachigen Kanton Bern stammen, trägt der tessinische FC Lugano seine Heimspiele insbesondere vor italienischsprachigem Publikum aus.

Liste von Fanradios im Schweizer Fußball (Stand: 3. Oktober 2020)
Vereinsname Sendername Ligazugehörigkeit (Herren)
FC Basel Radio Rotblau Super League
FC Luzern FCL.Radio Super League
FC Sion FC Sion Radio Super League
FC St. Gallen FCSG.FM Super League
FC Zürich Züri Live Super League
Young Boys Bern Radio Gelb-Schwarz Super League
FC Thun Radio Blind Power Challenge League
GC Zürich Sächsedachzg Live Challenge League

International[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vereinigtes Königreich

Im Vereinigten Königreich bieten einige Fußballvereine seit Anfang der 1990er Jahre[12] sogenannte „community radios“ zu Live-Übertragungen, Pressekonferenzen und ähnlichen Ereignissen an.[13] Diese unterscheiden sich von deutschen Fanradios oftmals durch die Professionalität der Kommentatoren, die analoge Empfangbarkeit, sowie strenge Lizenzauflagen, die die Ausstrahlung nur in unmittelbarer Umgebung des Stadions und nur über einen stark begrenzten Zeitraum vorsehen.[14] Zusätzlich dazu stellen einige Vereinswebseiten den Fans auch digitale Webradios zur Verfügung, die nach einer kostenlosen Registrierung online frei empfangbar sind.[15]

Niederlande

Der Fanclub Boerenmacht des FC Groningen betreibt mit dem FCG Radio das einzige Fanradio eines Vereins der niederländischen Eredivisie. Neben den live stattfindenden Spielberichtserstattungen lädt dieser in regelmäßigen Abständen auch eigene Podcasts und Kolumnen auf der fanclubeigenen Website hoch – ohne dabei in irgendeiner Art und Weise mit den Verantwortlichen des eigentlichen Vereins in Verbindung zu stehen.[16]

Spanien

Die großen spanischen Fußballvereine der Primera División stellen in der Regel zu jedem sportlichen Event ihrer ersten Mannschaft kostenlos fanradioähnliche Formate zur Verfügung, um Fans und Interessierten eine Live-Berichterstattung zu ermöglichen. Eine Besonderheit ist hierbei die Webseite des FC Barcelona, die das vereinseigene Radio Barça nicht nur in der Landessprache Spanisch, sondern auch in Katalanisch und Englisch anbietet, um das zunehmend internationale Publikum zu bedienen.[17]

Fanradios im Eishockey[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gerade in Deutschland finden sich bei den Mannschaften der Deutschen Eishockey Liga (DEL) und der DEL2 viele Fanradios. Zwischen 2000 und 2010 entstanden innerhalb dieser beiden Ligen zahlreiche von den Vereinen und Fanverbänden sowie Lokalsendern eigens betriebene Webradios, um Fans eine Liveberichterstattung – vor allem auch zu Auswärtsspielen – zu ermöglichen. Während dieser Zeit war das öffentliche Interesse an der Sportart im deutschsprachigen Raum verglichen mit dem Profifußball eher gering, weshalb nur selten Eishockey-Begegnungen im Radio oder auf frei empfänglichen Fernsehsendern ausgestrahlt wurden. Seit der Aufnahme der DEL-Spiele in das kostenlose Programmangebot von Magenta Sport im Jahr 2019 wurden die Hörerzahlen schnell rückläufig, was zur Schließung einiger Fanradios führte.[18]

Liste von Fanradios im Eishockey (Stand: 1. September 2020)
Vereinsname Sendername Ligazugehörigkeit (Herren)
Krefeld Pinguine Radio Eiszeit DEL
Adler Mannheim Radio Regenbogen DEL
Eisbären Berlin Eisbären L!ve DEL
Fischtown Pinguins fischtownlive DEL
Düsseldorfer EG 1935 Radio DEL
EHC Red Bull München Radio Oberwiesenfeld DEL
Nürnberg Ice Tigers N1 Ice Tiger Fan-Radio DEL
Straubing Tigers Fanradio DEL
Kassel Huskies Radio HNA DEL2

Fanradios im Basketball[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2022 starteten die MHP Riesen Ludwigsburg das erste und bisher einzige Fanradio in der Basketball-Bundesliga, welches über den YouTube-Kanal des Vereins sendet und gleichzeitig eine Blindenreportage für sehbehinderte Zuschauer in der Arena bildet.[19]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kaspar Lauck, Lars Kissner: DIE GEBURTSSTUNDE DER DEUTSCHEN FANRADIOS: ALLE HIGHLIGHTS AUS 18 JAHREN OFC-FANRADIO & KICKERS TV. In: youtube.com. Kickers TV & OFC-Fanradio, 11. Juni 2022, abgerufen am 5. Mai 2023.
  2. Lucia Hoffmann: SC Freiburg: Blindenreporter machen die Bundesliga hörbar. In: fudder.de. 1. Dezember 2014, abgerufen am 2. Januar 2021.
  3. TSG 1899 Hoffenheim: TSG.RADIO – DEIN OHR AN DER MANNSCHAFT. In: TSG Hoffenheim. Abgerufen am 5. Mai 2023.
  4. VfB Stuttgart - Die offizielle Webseite des VfB Stuttgart. Abgerufen am 5. Mai 2023.
  5. Richtlinie zur individuellen Nutzung und Verwertung medialer Vermarktungsrechte an den Spielen der Bundesliga und 2. Bundesliga ab der Spielzeit 2021/2022 (IVR). DFL Deutsche Fußball Liga GmbH, Köln 2021.
  6. OFC-Fanradio & Kickers TV - Das offizielle Vereinsradio- und TV der Offenbacher Kickers. In: OFC. Offenbacher Fußball-Club Kickers 1901 GmbH, 2. Juli 2020, abgerufen am 5. Mai 2023.
  7. Konferenzrückblick: Fanradios in Deutschland vereinigen sich. 16. November 2011, abgerufen am 29. Januar 2017.
  8. fc-hansa.de: Hansa-Podcast: Wir blicken zurück auf 10 Jahre Fanradio. 9. Februar 2021, abgerufen am 10. Februar 2021.
  9. Florian Vetter: Bundesliga-TV-Vertrag – Gewinner und Verlierer. Der Standard, 29. März 2019, abgerufen am 6. Dezember 2019.
  10. Florian Vetter: Bundesliga: Der Ball rollt im TV, und keiner schaut zu. Der Standard, 27. Februar 2019, abgerufen am 6. Dezember 2019.
  11. Heinz Deutsch: Der Podcast. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. Dezember 2019; abgerufen am 6. Dezember 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/1899fm.net
  12. Andrew Baker: Almanack: United win in the air. The Independent, 9. Oktober 1994, abgerufen am 6. Dezember 2019 (englisch).
  13. Dietmar Telser: Eine Stadt im Fußballfieber. Der Spiegel, 5. Mai 2003, abgerufen am 6. Dezember 2019.
  14. Carole Fleming: The Radio Handbook. 2. Auflage. Routledge, London, New York 2002, ISBN 0-415-22615-5, S. 35–36.
  15. Live Audio Commentary – Registration. September 2009, abgerufen am 6. Dezember 2019 (englisch).
  16. Veel gestelde vragen. Abgerufen am 7. Dezember 2019 (niederländisch).
  17. Radio Barça. Abgerufen am 10. Dezember 2019 (spanisch).
  18. Dennis Wegner: Haimspiel.de stellt Liveradio nach der Saison ein. In: Haimspiel.de. 20. Januar 2019, abgerufen am 28. Juni 2020.
  19. RIESEN und marktEINBLICKE starten Fanradio. MHP Riesen Ludwigsburg, 15. Februar 2023, abgerufen am 5. Mai 2023.