Edsel

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Edsel Ranger Sedan (1958)
Heckansicht
Edsel Corsair (1958)
Edsel Pacer (1958)
Edsel Corsair (1959)
Edsel Villager (1959)

Edsel ist der Name einer Automobilmarke der Firma Ford Motor Company. Die 1957 erfolgte Einführung des Modells wird bis heute regelmäßig als klassisches Beispiel für eine misslungene Werbestrategie zitiert.[1] Den Verlust, den Ford durch die fehlgeschlagene Produkteinführung erlitt, wird auf etwa zwei Milliarden USD beziffert (gemessen am Gegenwert des Jahres 2011).[2]

Geschichte

Anfang der 1950er boomte die US-amerikanische Wirtschaft. Viele Leute kauften neue, größere Autos. Ford hatte ein Problem: Zwischen dessen Einstiegsmarke Ford und der gehobenen Marke Mercury fehlte ein Mittelklasse-Modell, so dass die Kunden dieses Segments bei der Konkurrenz kaufen mussten. Dem wollte Ford mit einer neuen Marke begegnen. Obwohl manche Manager vor diesem Schritt warnten, wurde eine neue Abteilung gegründet, die ausgerechnet von Robert S. McNamara geleitet werden sollte, der sich gegen das Projekt ausgesprochen hatte. Der Designer Roy Brown (* 30. Oktober 1916 in Ontario, † 24. Februar 2013[3]) wurde beauftragt, ein Auto zu entwerfen, das sich deutlich sichtbar von der Masse unterscheiden sollte. Die ersten Designentwürfe wiesen solche Merkmale auf, allerdings wurden sie sehr früh gestrichen, weil man ihren Bau für zu teuer hielt.[4]

Es wurde viel unternommen, um einen klingenden Namen für das neue Modell zu finden. Die Namenswahl für den Ford Thunderbird, der sich als ausgesprochen populär erwiesen hatte und einer von Fords großen Verkaufserfolgen war, war auf Basis ausführlicher Marktforschung getroffen worden. Ähnliches versuchte man für das neue Modell. Marktstudien zur Namenswahl wurden in New York, Chicago und Michigan vorgenommen; es gab einen Mitarbeiterwettbewerb für die beste Modellbezeichnung und Ford war sogar an die US-amerikanische Dichterin Marianne Moore herangetreten und hatte sie gebeten, einen Namen vorzuschlagen, der Eleganz, Schnelligkeit, moderne Ausstattung und Design symbolisieren sollte.[5] Letztlich hatte Ford nicht weniger als 10.000 mögliche Bezeichnungen zusammengetragen. Schließlich wurde gegen den Wunsch der Familie, die den Namen eines Angehörigen nicht in der Werbung sehen wollte, in einer Vorstandssitzung vergleichsweise willkürlich und spontan der Name Edsel gewählt. Man wollte damit Edsel Ford, den 1943 verstorbenen einzigen Sohn von Henry Ford und Vater von Henry Ford II ehren. Der Name Edsel war bereits frühzeitig in Erwägung gezogen worden, Marktforschung hatte jedoch gezeigt, dass er in der Öffentlichkeit nicht gut ankam. In Wort-Assoziationstest war er mit Begriffen wie weasel (englisch für „Wiesel“, aber auch für „hinterhältige Person“) und „pretzel“ (englisch für „Brezel“) verbunden worden. Der Leiter für Öffentlichkeitsarbeit, C. Galle Warnock, der den Namen strikt ablehnte, weil er eine negative Wirkung auf den Verkaufserfolg des neuen Modells vorausahnte und stattdessen Namen wie Pacer, Ranger, Corsair oder Citation bevorzugt hätte, konnte sich letztlich nicht durchsetzen.[5]

Bereits im Vorfeld der Modellbestellung betrieb Ford intensive Öffentlichkeitsarbeit. So erschienen beispielsweise in den US-amerikanischen Magazinen Time und Life Artikel, die den Edsel als technologischen Durchbruch feierten. Die Produktion begann im Juli 1957.[5] Auch die Werbebroschüre kündigte den Edsel als ein Auto an, wie es noch keines gegeben habe.[6] Am 4. September 1957 wurde die neue Marke offiziell vorgestellt. Am 13. Oktober veranstaltete der Fernsehsender CBS eine Edsel-Show, in der Bing Crosby, Frank Sinatra und Louis Armstrong auftraten. Der Medien-Hype um das neue Modell zahlte sich zunächst aus. Schon kurze Zeit nach Vorstellung des Modells hatten mehr als 3 Millionen US-Amerikaner die Verkaufsräume von Ford-Händlern besucht.[6] Die wirklichen technischen Neuerungen, die das Modell bot, waren jedoch lediglich sich selbst justierende Bremsen und eine elektrisch zu öffnende Motorhaube. Dies war weitaus weniger, als die Öffentlichkeit erwartet hatte.[6]

Die Presse, die erst begierig jedes noch so kleine Gerücht breitgetreten hatte, zog jetzt abfällig über das neue Auto her. Unter anderem befand man das Handschuhfach zu klein. Hauptkritikpunkt war jedoch der ungewöhnliche Kühlergrill, der eigentlich an Fahrzeuge der 1920er und 1930er Jahre erinnern sollte. Einige wenige Journalisten lobten ihn, die meisten fanden jedoch nur Spott: „Toilettensitz“ war noch eine der freundlicheren Bezeichnungen, ein Journalist schrieb, dass mit diesem Kühlergrill der Wagen wie ein Oldsmobile aussehe, das an einer Zitrone lutsche. Einige Betrachter assoziierten den Mittelteil des Kühlergrills gar mit einer Vagina.[6] Hinzu kamen Qualitätsprobleme, da Edsel-Gegner McNamara dem Modell eigene Produktionsstätten verweigerte und der Wagen in den Fabriken anderer Ford-Marken nebenher montiert wurde, und eine schlechte Ersatzteilversorgung. Die anhaltenden Macken des Gefährts führten zu der parodierenden Übersetzung des Namens „Edsel“ mit "every day something else leaks", zu Deutsch: „Jeden Tag ist etwas anderes undicht“.

Die Verkaufszahlen des Edsel litten gleichzeitig auch darunter, dass dieses Auto verglichen mit seinen Konkurrenzmodellen zu teuer war und gleichzeitig Konsumenten zunehmend kleinere, weniger spritfressende Modelle nachzufragen begannen. Der Edsel schien auch deswegen vergleichsweise teuer, weil er im September auf den Markt kam und damit zwei Monate, bevor andere Autohersteller ihre neuen Modellen auf den Markt brachten. Der Edsel konkurrierte daher gegen die 1957er Modelle mit ihren 1957er Preisen. Ford hatte sich außerdem entschieden, das teuerste Modell des Edsels zuerst auf den Markt zu bringen.[7]

Für das nächste Modelljahr wurde das Design entschärft und die Modellpalette zusammengestrichen. Wurde das 1958er Modell noch nebenher auf den Produktionsanlagen bei Ford gefertigt, fasste man die Edsel-Produktion nun in einem Werk zusammen, um so dem Qualitätsproblem vorzubeugen.

Auch das half nicht, der Edsel verkaufte sich viel schlechter als erwartet. Das Modell für 1960 wurde so umgestaltet, dass nichts mehr an das unglückliche Design erinnerte, die Produktpalette wurde noch weiter reduziert.

Wenige Monate nach Anlauf der 1960er-Produktion kam das Aus von höchster Stelle. Ford hatte geplant, jährlich 200.000 bis 300.000 Fahrzeuge abzusetzen, um so nach zwei bis drei Jahren mit der neuen Marke schwarze Zahlen zu schreiben. Bis zum Produktionsende wurden aber lediglich 110.847 Fahrzeuge gebaut.

Fahrzeuge

Modelljahr Modelle
1958 Bermuda, Citation, Corsair, Pacer, Ranger, Roundup, Villager
1959 Corsair, Ranger, Villager
1960 Ranger, Villager

Literatur

Trivia

Ein zu einem Raketenfahrzeug umgebauter Edsel mit der Bezeichnung „Weird Edsel“ spielt in dem Commodore 64-Computerspiel Maniac Mansion von 1987 eine Rolle. Das Modell passt zu den Namen der Hauptcharaktere, die Ed, Fred und Edna Edison heißen; das Auto heißt dementsprechend auch „Ed's Edsel“.[8] Im Verlauf eines möglichen Lösungswegs ist er beim Flug durch das Weltall mit der Erde im Hintergrund zu betrachten.

Weblinks

Commons: Edsel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Matt Haig: Brand Failures. Kogan Page Limited, London 2011, E-ISBN 9780749463007, S. 14.
  2. Matt Haig: Brand Failures. Kogan Page Limited, London 2011, E-ISBN 9780749463007, Vorwort
  3. Edsel Chief Designer Roy Brown Dies at 96, motortrend.com, 28. Februar 2013; Designer Ford's grootste flop overleden, telegraaf.nl, 1. März 2013. Brown entwarf später auch den Ford Cortina.
  4. Matt Haig: Brand Failures. Kogan Page Limited, London 2011, E-ISBN 9780749463007, S. 16.
  5. a b c Matt Haig: Brand Failures. Kogan Page Limited, London 2011, E-ISBN 9780749463007. S. 15.
  6. a b c d Matt Haig: Brand Failures. Kogan Page Limited, London 2011, E-ISBN 9780749463007. S. 16.
  7. Matt Haig: Brand Failures. Kogan Page Limited, London 2011, E-ISBN 9780749463007. S. 18.
  8. Maniac Mansion fan page