Schienenpersonenfernverkehr

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Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) ist die Beförderung von Reisenden über längere Strecken mit Eisenbahn-Zügen. Das Gegenstück für kürzere Entfernungen ist der Schienenpersonennahverkehr.

Gesetzliche Lage

In Deutschland zieht die gesetzliche Regelung die Grenze zum Nahverkehr bei einer Reisedistanz von 50 Kilometern und einer Reisedauer von einer Stunde, in dessen Rahmen die Mehrzahl der Beförderungsfälle unterwegs sein müssen. Diese Regelung lässt somit Raum für eine Minderheit an Beförderungsfällen, die kürzere Strecken mit Fernzügen und längere Strecken mit Nahverkehrszügen zurücklegen. Im Gegensatz zum Schienenpersonennahverkehr, der über Regionalisierungsmittel und Bestellerentgelte der Länder finanziert wird, muss der Fernverkehr in der Regel eigenwirtschaftlich betrieben werden ohne Subventionierung durch die öffentliche Hand (mit wenigen Ausnahmen, zum Beispiel Anschubfinanzierungen).

Allerdings gewährleistet die Bundesrepublik Deutschland in ihrem Grundgesetz Artikel 87e Absatz 4, dass den Verkehrsbedürfnissen der Allgemeinheit auch Abseits des Nahverkehrs durch ein nicht näher definiertes Verkehrsangebot Rechnung getragen würde.[1] Genaueres sollte ein Bundesgesetz regeln, was aber bisher nie in Kraft trat. Ein Antrag des Bundeslandes Sachsen-Anhalts über ein Gesetz zur Sicherstellung von Eisenbahninfrastrukturqualität und Fernverkehrsangebot im Jahre 2008[2] versandeten durch das Ende der Wahlperiode des 16. Bundestages Ende 2009, wodurch der Gesetzesantrag automatisch ergebnislos beendet wurde. Neue Anträge wurden seitdem nicht eingebracht. Mitte 2014 sprachen mehrere Politiker des Saarlandes, abermals über einen entsprechenden Gesetzentwurf, da 2016 Fernverkehrsverbindungen in Saarbrücken wegfallen werden, die DB Fernverkehr bisher aber keinen gleichwertigen Ersatzverkehr plant.[3]

Das Monopol der Eisenbahnen des Bundes ist bei der Bahnreform 1994 gefallen und der SPFV steht seitdem der Konkurrenz offen. Der tatsächliche Konkurrenzanteil zu der Deutschen Bahn ist aber weiterhin sehr niedrig und lag 2010 laut Bundesnetzagentur bei unter 1 %.[4]

Anteile und Perspektiven

Bei der Betrachtung der Entwicklung der Personen-Verkehrsleistungen von Auto, Flugzeug, Omnibus und Schienenverkehr in den heutigen EU-Staaten plus der Schweiz und Norwegens schrumpfte der Marktanteil des Schienenverkehrs von 1970 bis 1995 von ursprünglich 10 % auf nur noch 6 %. In Deutschland lag 1995 dieser Anteil, entsprechend den dort ausgeprägter eisenbahn-orientierten Strukturen, geringfügig höher bei rund 7 %. Für das Vierteljahrhundert von 1995 bis 2020 sagt eine im Auftrag der Europäischen Kommission erarbeitete Studie einen weiteren Rückgang des Marktanteils von Eisenbahnen auf nur noch 5 % aller Personen-Verkehrsleistungen in Europa voraus. Die aktuelle Entwicklung in Deutschland bestätige diese Einschätzung, so betrug der Anteil der Eisenbahn an den Verkehrsleistungen im Personenverkehr 1998 nur noch 6,6 %.[5]

Fernzüge der Deutschen Bahn

Intercity-Express

Die DB Fernverkehr, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn, setzt Fernzüge folgender Zuggattungen ein, die überwiegend im Taktfahrplan verkehren:

Darüber hinaus wurden nach der Bahnreform im deutschen Schienenpersonenfernverkehr auch einige Unternehmen aktiv, die entweder direkte Tochtergesellschaften oder internationale Kooperationen der Deutschen Bahn sind beziehungsweise waren:

Unternehmen Produktname von bis
City Night Line CNL (bis Januar 2010)
DB AutoZug (seit Januar 2010)
City Night Line (CNL) 28. Mai 1995 heute
Cisalpino Cisalpino (CIS) 1. März 1998 9. Dezember 2006
Metropolitan Express Train Metropolitan (MET) 1. August 1999 11. Dezember 2004
DB AutoZug AutoZug (AZ)
NachtZug (NZ)
UrlaubsExpress (UEx)
D-Nacht (D)
1. Januar 2002 heute
Österreichische Bundesbahnen EuroNight (EN) 2007 heute
Alleo Train à grande vitesse (TGV) 10. Juni 2007 heute

Vereinzelt gibt DB Fernverkehr außerdem bei DB Regio Interregio-Express-Züge (IRE) in Auftrag, sie sind Nachfolger oder Ersatz des Interregio (IR).

Fernzüge anderer Eisenbahnverkehrsunternehmen

Private Betreiber konnten sich trotz Öffnung des Marktes für die Konkurrenz bislang kaum auf dem Fernverkehrsmarkt etablieren. Es verkehren nur einzelne eigenwirtschaftliche Züge privater Anbieter:

Unternehmen Produktname Laufweg seit Bemerkung
Westrail International (bis Mai 1999)
Thalys International (seit Mai 1999)
Thalys (THA) Köln (Düsseldorf) – Brüssel – Paris 14. Dezember 1997[6]
Georg Verkehrsorganisation (GVG) Berlin-Night-Express / Skandinavia-Night-Express MalmöSassnitzBerlin Hbf 24. September 2000
Veolia Verkehr Sachsen-Anhalt
Abellio Rail Mitteldeutschland (ab Dezember 2018)
Harz-Berlin-Express (HBX) Thale/Goslar – MagdeburgGenthinBerlin Ostbahnhof 11. Dezember 2005
Hamburg-Köln-Express (HKX) Hamburg-Köln-Express (HKX) Köln Hbf – Hamburg Hbf 23. Juli 2012 Zwischen dem 1. Februar 2015 und dem 31. August vorübergehend eigenwirtschaftlicher Schienenpersonennahverkehr

Neben Nahverkehrszügen haben einige Länder auch vollwertige Interregio-Ersatzzüge bei Privatbahnen bestellt, welche alle mit Bistro ausgerüstet sind; aktuell ist dies der Alex, seit 9. Dezember 2007 als Nachfolger des zwischen München und Oberstdorf verkehrenden Allgäu-Express (Alex) HofRegensburgMünchenOberstdorf / Lindau.

Ehemalige Fernzüge anderer Eisenbahnverkehrsunternehmen

Unternehmen Produktname Laufweg von bis
eurobahn keiner, siehe Eurobahn#Fernverkehr zwischen Köln und Bielefeld Köln HbfBielefeld Hbf 1. Dezember 2000 28. Januar 2001
Vogtlandbahn (VBG) Vogtland-Express (VX) Adorf (Vogtl)Chemnitz HbfBerlin Zoo 12. Juni 2005 30. September 2012 [7]
Veolia Verkehr InterConnex (X) / Lausitz-Express (LX) Leipzig Hbf – Berlin Hbf – Schwerin Hbf – Rostock-Warnemünde 1. März 2002 13. Dezember 2014
Internationale Gesellschaft für Eisenbahnverkehr (IGE) Mitfahrzug diverse Strecken 25. April 2008 2009
Reisezug-Verkehrsgesellschaft www.nacht-im-zug.de Stuttgart – Heilbronn – Heidelberg – Potsdam – Berlin 26. Juni 2009 6. Juli 2009 [8]

Darüber hinaus bediente das österreichische Unternehmen Westbahn – als einzige Station außerhalb Österreichs – zwischen dem 11. Dezember 2011 und dem 1. September 2013 den Bahnhof Freilassing, verkehrt aber seither nur noch innerösterreichisch.

Historische Fernzugbezeichnungen

Historische Fernzugbezeichnungen der Deutschen Bahn sind der Trans-Europ-Express, D-Zug (zeitweise auch als FD-Zug bezeichnet) und der InterRegio (IR; heutige Schreibweise: Interregio).

Vor der Bahnreform 1994 boten vereinzelt auch private Betreiber bereits alternative SPFV-Produkte mit eigenen Fahrzeugen auf deutschen Schienen an, insbesondere der Reiseveranstalter TUI von 1978 bis 1993 mit dem TUI-FerienExpress und die Lufthansa von 1982 bis 1993 mit dem Lufthansa-Airport-Express.

Österreich

Der österreichische Fernverkehr wird hauptsächlich von Railjet-Zügen, welche im Hochgeschwindigkeitsverkehr im Einsatz sind, und Intercity-Zügen durchgeführt. Ergänzend sind auch ICE-Züge, welche von der DB übernommen wurden, Eurocitys anderer europäischer Staatsbahnen und für den Osteuropaverkehr einige D-Züge im Umlauf.

Der Railjet wurde 2008 ins Leben gerufen und hat innerhalb der ÖBB die Stellung des Premiumfernverkehrs inne. Diese Züge sind in drei statt der üblichen zwei Klassen aufgeteilt. Neben innerösterreichischen Verbindungen werden auch Verbindungen nach Deutschland, Tschechien, Ungarn die Schweiz, die Slowakei und für 2017 eine Verbindung nach Italien geplant.

Einzelnachweise

  1. https://www.bundestag.de/bundestag/aufgaben/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg_08/245140
  2. http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2008/0315-08.pdf
  3. http://www.saarbruecker-zeitung.de/nachrichten/wirtschaft/Saarbruecken-Bahnchefs-Fernverkehr-Frankfurt-am-Main-Hochschulen-und-Universitaeten-ICE-Nahverkehr-Saarland-Wirtschaftskammern;art2819,5434853
  4. Marktuntersuchung Eisenbahnen 2011. (pdf) BNetzA, 9. Dezember 2011, abgerufen am 18. Dezember 2015.
  5. VR Transport: Schienenpersonenfernverkehr in Europa, abgerufen am 11.November 2015
  6. bis 28. März 2012 in Kooperation mit der DB
  7. newstix.de:Vogtland-Express ab 01.10.2012 als Linienbus, Misch-Konzept Bahn - Bus zu teuer
  8. Vgl. "Aus für den Nachtzug nach Berlin". Heilbronner Stimme, 24. Juli 2009, abgerufen am 27. Juli 2009.