Roman Herzog

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Roman Herzog, 2006
Unterschrift von Roman Herzog

Roman Herzog (* 5. April 1934 in Landshut) amtierte von 1994 bis 1999 als siebter deutscher Bundespräsident.

Als Mitglied der CDU und Jurist war er zuvor von 1978 bis 1980 Kultus-, von 1980 bis 1983 Innenminister des Landes Baden-Württemberg und von 1983 bis 1994 Richter am Bundesverfassungsgericht, ab 1987 als dessen Präsident.

Ausbildung und Beruf

Nach dem mit der Durchschnittsnote 1,0 bestandenen Abitur absolvierte Herzog ab 1953 ein Studium der Rechtswissenschaft in München, welches er 1957 mit dem ersten und 1961 mit dem zweiten juristischen Staatsexamen beendete. 1958 erfolgte seine Promotion zum Dr. jur. Er war dann bis 1964 wissenschaftlicher Assistent bei Theodor Maunz an der Juristischen Fakultät der Universität München. In dieser Zeit fertigte er auch seine Habilitationsschrift an. Bis 1965 lehrte er daraufhin als Privatdozent an der Universität München. 1965 folgte er dem Ruf der Freien Universität Berlin als ordentlicher Professor auf den Lehrstuhl für Staatsrecht und Politik. Hier war er von 1967 bis 1968 Dekan und von 1968 bis 1969 Prodekan der Juristischen Fakultät. 1969 folgte er dann dem Ruf der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer auf den Lehrstuhl für Staatslehre und Politik; von 1971 bis 1972 amtierte er als deren Rektor.

Herzog ist Mitautor und -herausgeber des als Standardwerk geltenden Grundgesetzkommentars Maunz/Dürig/Herzog/Scholz.

Von 1981 bis 1994 war er Mitherausgeber der Wochenzeitung Christ und Welt – Rheinischer Merkur.

2000 moderierte er sechs Sendungen der Reihe Herzog spricht mit… im Bayerischen Rundfunk.

Familie

Roman Herzog wurde am 5. April 1934 in Landshut/Bayern geboren und ist evangelisch. Sein Vater war zunächst kaufmännischer Angestellter, später beim Stadtarchiv Landshut tätig, dessen Direktor er schließlich wurde. Seine Mutter war gelernte Bankkauffrau, übte diesen Beruf nach der Eheschließung jedoch nicht mehr aus. Roman Herzog war in erster Ehe seit 1958 mit Christiane Krauß verheiratet. Aus ihrer Ehe gingen zwei Söhne hervor, der 1959 geb. Markus und der 1964 geb. Hans Georg.[1] Christiane Herzog ist am 19. Juni 2000 in München verstorben und wurde in Landshut beerdigt.

Roman Herzog ist seit 2001 in zweiter Ehe verheiratet mit Alexandra Freifrau von Berlichingen (*1941) geb. von Vultejus.

Partei

Seit 1970 ist Herzog Mitglied der CDU. Von 1978 bis 1983 war er Bundesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises von CDU und CSU. In dieser Zeit gehörte er ab 1979 auch dem Bundesvorstand der CDU an. Seit seiner Amtszeit als Bundespräsident ruht seine Parteimitgliedschaft. Allerdings leitete er als Bundespräsident a. D. die sogenannte Herzog-Kommission der CDU, die 2003 parallel zur Rürup-Kommission der damaligen Bundesregierung einen Bericht vorlegte, wie die deutschen Sozialversicherungen reformiert werden können. Nachdem es auf dem Bundesparteitag der CDU in Leipzig beschlossen worden war, bildete dieses Dokument die inhaltliche Grundlage für den Wahlkampf von Angela Merkel im Jahr 2005.

Öffentliche Ämter vor der Zeit als Bundespräsident

Herzog verleiht im Jahr 1989 als Präsident des Bundesverfassungsgerichts das Bundesverdienstkreuz

Land Rheinland-Pfalz

1973 wurde er in die von Ministerpräsident Helmut Kohl geführte Landesregierung als Staatssekretär und Bevollmächtigter des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund berufen. In dieser Funktion war Herzog gleichzeitig auch Mitglied des Bundesrates. Dieses Amt führte er auch unter Ministerpräsident Bernhard Vogel weiter.

Land Baden-Württemberg

Von 1978 bis 1980 war er dann in der von Ministerpräsident Lothar Späth geführten Landesregierung Minister für Kultus und Sport des Landes Baden-Württemberg. Nach der Wahl zum Landtag von Baden-Württemberg 1980 zog Herzog als Abgeordneter für den Wahlkreis Göppingen in das Landesparlament ein. Er wechselte dann vom Kultusminister in das Amt des Innenministers des Landes Baden-Württemberg, das er bis 1983 ausübte.

Bundesverfassungsgericht

1983 wurde Herzog zum Richter am Bundesverfassungsgericht ernannt. Er legte daher am 4. Oktober 1983 sein Landtagsmandat nieder. Herzog war bis 1987 Vorsitzender des Ersten Senats und Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts. Von 1987 bis 1994 war er Präsident des Bundesverfassungsgerichts. Vorgänger auf seiner Planstelle am Bundesverfassungsgericht war Ernst Benda; Nachfolgerin als Präsidentin wurde Jutta Limbach.

Lehraufträge

Neben seiner Tätigkeit als Verfassungsrichter hatte er als Honorarprofessor von 1984 bis 1994 einen Lehrauftrag an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer und von 1986 bis 1994 an der Eberhard Karls Universität Tübingen.

Im Rahmen der Heinrich-Hertz-Gastprofessur 1999/2000 war Roman Herzog Gastprofessor an der Universität Karlsruhe (TH).

Herzog und das Bundespräsidentenamt

Überraschende Kandidatur und Erfolg im dritten Wahlgang

Bei der Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1994 trat Roman Herzog recht überraschend als Kandidat der CDU/CSU an, nachdem der ursprünglich nominierte Kandidat der Unionsparteien, der als ultrakonservativ geltende Steffen Heitmann, aufgrund von Äußerungen zur Rolle der Frau zurückgezogen worden war. Herzog war als liberal geltender Kandidat insbesondere auch für die FDP wählbarer, auf deren Stimmen die Unionsparteien in der Bundesversammlung angewiesen waren, um eine Präsidentschaft des von der SPD nominierten Kandidaten Johannes Rau zu verhindern.

Am 23. Mai 1994 wurde Herzog von der Bundesversammlung mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP zum siebten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Er setzte sich allerdings erst im dritten Wahlgang, in dem – im Gegensatz zu den ersten beiden Wahlgängen – laut Art. 54 Abs. 6 S. 2 GG die relative Mehrheit ausreicht, gegen Rau durch. Auf die Kandidatur für eine zweite Amtszeit bei der Bundespräsidentenwahl 1999 verzichtete er, als CDU/CSU und FDP keine Mehrheit mehr in der Bundesversammlung hatten; Rau wurde nun sein Nachfolger.

Einführung eines Opfergedenktags

1996 proklamierte Herzog den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus als Gedenktag in Deutschland. In seiner Rede führte Herzog aus: „Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.“

Ruck-Rede

Große Beachtung fand seine am 26. April 1997 in Berlin gehaltene Ruck-Rede, in der er dafür eintrat, dass ein Ruck durch Deutschland gehen müsse, um die „verkrusteten Strukturen“ zu überwinden. Als Bundespräsident sagte er in seiner Berliner Rede, durch Deutschland müsse ein Ruck gehen. Dieser Ruck wird bis heute immer wieder gern, oft auch satirisch gemeint, zitiert.

Auch der spätere Bundespräsident Horst Köhler bezog sich in seiner Antrittsrede am 23. Mai 2004 auf Herzogs „Ruck“-Rede: „Warum bekommen wir den Ruck noch immer nicht hin? Weil wir alle noch immer darauf warten, dass er passiert!“

Bildungsreden

Am 5. November 1997 hielt Roman Herzog eine vielbeachtete Bildungsrede, in der er mehr Wettbewerb und eine Stärkung des Leistungsgedankens an deutschen Schulen forderte.

Er forderte, Bildung müsse aufgrund der Bedeutung für den einzelnen wie für Deutschland insgesamt „auf die Titelseiten“ der Tageszeitungen gerückt werden. Herzogs Bildungsbegriff wies hierbei eine starke Marktorientierung auf, wirtschaftliche Verwertbarkeit wurde in seinen Reden als entscheidendes Qualitätsmerkmal von guter Bildung betont.

Gesellschaftliches Engagement

Von 1971 bis 1980 war er Vorsitzender der "Kammer für öffentliche Verantwortung" der Evangelischen Kirche in Deutschland. Von 1973 bis 1991 war er ordentliches Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Er ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung Bündnis für Kinder – gegen Gewalt. Von 2000 bis 2008 gehörte er der Jury zur Verleihung des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises an.

Am 30. Oktober 2006 hat er den Namensvorsitz des ersten deutschen Inns (Gruppe) der internationalen Juristen-Fraternity Phi Delta Phi an der Bucerius Law School übernommen. Er hat sich für die Gründung der Nationalen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) eingesetzt und ist Vorsitzender des Senates von Acatech.

Er ist Schirmherr des nach ihm benannten und auf Initiative von Randolf Rodenstock begründeten Roman Herzog Instituts, das in Trägerschaft der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft und des Verbandes der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie steht.[2]

Ehrungen

1996 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Oxford (England), sowie der Ben-Gurion-Universität des Negev in Beerscheba, Israel. 1997 wurde ihm der Karlspreis der Stadt Aachen und das Großkreuz mit Großer Ordenskette des Verdienstordens der Italienischen Republik verliehen. Ebenfalls 1997 wurde er in New York zusammen mit Václav Havel als „Europäischer Staatsmann des Jahres“ ausgezeichnet. 1998 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Wrocław (Breslau), Polen. Im selben Jahr wurde ihm der Leo-Baeck-Preis verliehen. Ebenfalls 1998 wurde er Ehrenbürger von Berlin. 1999 erhielt er die Ehrenbürgerwürde seiner Geburtsstadt Landshut. 2000 folgte der Karl-Valentin-Orden der Münchner Faschingsgesellschaft Narrhalla. Der Düsseldorfer 'markt intern' Verlag verlieh ihm 2001 den Deutschen Mittelstandspreis. 2002 erhielt er die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg, 2003 den Gustav-Adolf-Preis. 2005 ehrte ihn der Presse Club Hannover mit dem Leibniz-Ring-Hannover. Im Jahr 2006 erhielt er den Landshuter Friedenspreis. (Süddeutsche Zeitung)

Politik nach der Bundespräsidentschaftszeit

Roman Herzog in Osnabrück im Jahr 2007

Roman Herzog ist Vorsitzender des Konventkreises im Konvent für Deutschland, einer Denkfabrik, die von Hans-Olaf Henkel und Manfred Pohl gegründet wurde. Er ist ebenfalls Mitglied im Bürgerkonvent.

Roman Herzog leitete den ersten europäischen Konvent, der zwischen Dezember 1999 und Oktober 2000 die Charta der Grundrechte der Europäischen Union erarbeitete.

Aufgrund der Wahlerfolge der Partei Die Linke forderte Herzog 2008 eine Veränderung des Wahlrechtes im Grundgesetz und Bundeswahlgesetz. Als Begründung gab Herzog an, dass ansonsten die Gefahr von Minderheitsregierungen bestehe.[3]

Schlagwort Rentnerdemokratie

Aufruhr erzeugte Herzogs folgende Interviewäußerung gegenüber der "Bild": „Ich fürchte, wir sehen gerade die Vorboten einer Rentnerdemokratie: Die Älteren werden immer mehr, und alle Parteien nehmen überproportional Rücksicht auf sie. Das könnte am Ende in die Richtung gehen, dass die Älteren die Jüngeren ausplündern“. Oswald Metzger und Meinhard Miegel nahmen darauf in "Bild" und "Die Welt" Bezug und unterstützten Herzog. Herzog wollte damit den CDU-Bundestagsabgeordneten Jens Spahn unterstützen, der eine geplante außerplanmäßige Rentenerhöhung um 0,64 Prozent verhindern wollte und von Seniorenverbänden teils heftig deswegen kritisiert wurde.[4]

Durch Einführung des Begriffs Rentnerdemokratie in die öffentliche Diskussion stand Herzog nun selbst im Kreuzfeuer der Kritik: VdK-Präsident Walter Hirrlinger äußerte sich verärgert über Herzogs Wortwahl: „Die Älteren plündern die Jüngeren nicht aus, sondern sie wollen wenigstens ein Quäntchen vom Aufschwung mitkriegen, damit sie nicht immer nur Kaufkraftminderungen hinnehmen müssen.“ Achim Goerres kam in einer Untersuchung des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung zu dem Ergebnis, dass die These von Rentnern als "ökonomische Pressure-Group" empirisch keine Faktengrundlage habe.[5] Bei einer Erhebung von Infratest dimap für die ARD widersprachen 64 Prozent der deutschen Bevölkerung Herzogs Aussage, wonach die Parteien auf Kosten der Jüngeren überproportional Rücksicht auf Ältere nehmen. Nur 33 Prozent der Befragten stimmten Herzogs These, die viele Diskussionen ausgelöst hatte, zu. Allerdings zeigte sich bei der Umfrage auch, dass sich das Meinungsbild nach dem Alter unterscheidet. Eine Mehrheit der 18- bis 34-jährigen teilte Herzogs Kritik an einem „übermäßigen Einfluss“ der Älteren auf die Politik. Befragte ab 35 Jahren verneinten dies hingegen mehrheitlich. Bei den über 45-jährigen waren es sogar 70 Prozent, die „Nein“ zu Herzogs These sagten.[6]

Schriften

  • Grundrechtsbeschränkung nach dem Grundgesetz und Europäische Menschenrechtskonvention, Dissertation, 1958.
  • Die Wesensmerkmale der Staatsorganisation in rechtlicher und entwicklungsgeschichtlicher Sicht, Habilitation, 1964.
  • Kommentar zum Grundgesetz „Maunz-Dürig-Herzog“ (Mitherausgeber), seit 1964.
  • Evangelisches Staatslexikon (Mitherausgeber), seit 1966.
  • Allgemeine Staatslehre, 1971.
  • Staaten der Frühzeit. Ursprünge und Herrschaftsformen, 1988.
  • Staat und Recht im Wandel, 1994.
  • Vision Europa. Antworten auf globale Herausforderungen, Hamburg 1996.
  • Kann man aus der Geschichte lernen? Abera Verlag, Hamburg 1997.
  • Strukturmängel der Verfassung? Erfahrungen mit dem Grundgesetz. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart/München 2000.
  • Jahre der Politik: die Erinnerungen. München: Siedler, 2007. ISBN 3-88680-870-X

Sekundärliteratur, Biografien

Weblinks

Commons: Roman Herzog – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.med-kolleg.de/christiane_herzog.html
  2. Homepage des Roman Herzog Instituts
  3. Sueddeutsche Zeitung: Herzog empfiehlt Änderung des Wahlrechts, 5. März 2008
  4. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,546690,00.html
  5. http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/roman-herzogs-neuester-hau/?src=MT&cHash=745d8d8dd3&type=98
  6. http://www.vdk.de/de18362