Selbitz (Oberfranken)

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Wappen Deutschlandkarte
Selbitz (Oberfranken)
Deutschlandkarte, Position der Stadt Selbitz hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 50° 19′ N, 11° 45′ OKoordinaten: 50° 19′ N, 11° 45′ O
Bundesland: Bayern
Regierungsbezirk: Oberfranken
Landkreis: Hof
Höhe: 520 m ü. NHN
Fläche: 27,75 km2
Einwohner: 4274 (31. Dez. 2023)[1]
Bevölkerungsdichte: 154 Einwohner je km2
Postleitzahl: 95152
Vorwahl: 09280
Kfz-Kennzeichen: HO, MÜB, NAI, REH, SAN
Gemeindeschlüssel: 09 4 75 171
Stadtgliederung: 17 Ortsteile
Adresse der
Stadtverwaltung:
Bahnhofstraße 2
95152 Selbitz
Website: www.selbitz.de
Bürgermeister: Klaus Adelt (SPD)
Lage der Stadt Selbitz im Landkreis Hof
KarteSchwarzenbach an der SaaleZell im FichtelgebirgeWeißdorfTrogen (Oberfranken)TöpenStammbachSparneckSelbitz (Oberfranken)Schwarzenbach am WaldSchauensteinRehauRegnitzlosauOberkotzauNailaMünchbergLichtenberg (Oberfranken)KonradsreuthKöditzIssigauHelmbrechtsGeroldsgrünGattendorf (Oberfranken)FeilitzschDöhlauBerg (Oberfranken)Bad StebenLandkreis KronachHof (Saale)Landkreis Wunsiedel im FichtelgebirgeLandkreis KulmbachLandkreis BayreuthMartinlamitzer Forst-NordGeroldsgrüner ForstGerlaser ForstForst Schwarzenbach a.WaldSachsenThüringenTschechien
Karte

Selbitz ist eine Stadt im oberfränkischen Landkreis Hof und liegt im Frankenwald etwa 14 km westlich der Kreisstadt Hof.

Geografie

Geografische Lage

Die Stadt wird vom gleichnamigen Fluss Selbitz durchflossen und liegt am östlichen Rand des Naturparks Frankenwald im Bayerischen Vogtland.

Nachbargemeinden

Angrenzende Gemeinden sind:

Berg Köditz
Naila Kompassrose, die auf Nachbargemeinden zeigt Hof
Schauenstein Leupoldsgrün

Gemeindegliederung

Die politische Gemeinde Selbitz besteht offiziell[2] aus 17 Ortsteilen (in Klammern Einwohnerzahl; Stand: 1. Januar 2007):

  • Dörnthal (119)
  • Edlasmühle
  • Föhrighaus
  • Hüttung (135)
  • Hüttungshaus
  • Kohlbühl (19)
  • Kreuzbühl
  • Neuhaus (227)
  • Rodesgrün (208)
  • Rothenbürg (181)
  • Schertlas
  • Selbitz (3416)
  • Sellanger (104)
  • Staudenhäuser
  • Stegenwaldhaus (70)
  • Wachholderbusch (48)
  • Weidesgrün (197)

Geschichte

Überblick

Die erste urkundliche Erwähnung datiert von 1367. Selbitz war seit 1388 im Besitz der Burggrafen von Nürnberg, die den Ort häufig als Lehen weitergaben. Dem späteren Amt des seit 1792 preußischen Fürstentums Bayreuth wurde am 16. Mai 1783 das Marktrecht verliehen. Selbitz besaß wichtige magistratische Eigenrechte. Der Markt fiel im Frieden von Tilsit 1807 an Frankreich und kam 1810 zu Bayern. Im Zuge der Verwaltungsreformen in Bayern entstand mit dem Gemeindeedikt von 1818 die heutige Gemeinde. Am 26. Oktober 1954 wurde dem Markt Selbitz die Bezeichnung Stadt verliehen.

Dreißigjähriger Krieg

Da sich Markgraf Christian in den ersten 13 Jahren des Dreißigjährigen Krieges neutral verhielt, blieb die Gegend um Selbitz weitgehend vom Krieg verschont. 1632 schloss er ein Bündnis mit dem Schwedenkönig Gustav Adolf, wodurch der Krieg auch nach Selbitz kam. Am 11. Oktober 1632 wurde die Stadtkirche von Kroaten in Brand gesteckt, auch das Pfarrhaus, die Schule und weitere Wohnhäuser und Scheunen wurden zerstört. Außerdem gingen dabei die Kirchenbücher verloren.[3]

Bierkrieg zwischen Naila und Selbitz

Am 11. April 1778 wurde die ehemals reußische Selbitzer Brauerei an die Nailaer bürgerliche Braugenossenschaft verkauft, ohne vorher die Bevölkerung davon in Kenntnis zu setzen. Das hatte zur Folge, dass auch Bier aus Naila nach Selbitz geliefert werden durfte. Als am 13. April 1778 die ersten Fässer nach Selbitz gebracht werden sollten, wurde der Transport zunächst von General von Reitzenstein, Besitzer der zweiten Selbitzer Brauerei, Heinrich Beyer, Bürgermeister, und Georg Christoph Dittmar, Schöffe und Bäcker, aufgehalten, durfte aber später doch passieren, wobei ein Fass direkt ins Wirtshaus, die übrigen in einen Keller geliefert wurden. Diese wurden zwei Tage später durch den Bürgermeister und den Schöffen zerstört. Als am 24. April erneut eine Lieferung nach Selbitz unterwegs war, stoppten Beyer und Dittmar auch diese, worauf beide verhaftet wurden, aber zunächst mit Unterstützung der örtlichen Bevölkerung fliehen konnten. Am 6. Mai wurden beide zu Hause verhaftet und zur Gerichtsverhandlung nach Hof gebracht.[4] Dort wurden sie zu je sechs Wochen Gefängnis wegen Beschädigung fremden Eigentums, Befehlsverweigerung und Vergeudung von Gerstensaft verurteilt.[5]

Obwohl die Selbitzer den Prozess und damit den Bierkrieg verloren, wird die Gerichtsverhandlung seit 1959 beim Heimat- und Wiesenfest von Kindern und Jugendlichen auf der Rathaustreppe nachgespielt (Wiesenfestspiel).

Gebietsreform

Bei der Gebietsreform in Bayern wurden in den 1970er Jahren vier bis dahin eigenständige Gemeinden nach Selbitz eingemeindet: Dörnthal (1971), Neuhaus (1971), Rodesgrün (1971) und Weidesgrün (1978).[6] Im Zuge der Reform kam der Landkreis Naila zusammen mit Selbitz zum Landkreis Hof.

Baudenkmäler

In Selbitz gab es ein Altes Schloss, welches 1972 wegen Baufälligkeit abgebrochen wurde. Heute existiert noch das Neue Schloss, welches nach der Teilung des Rittergutes erbaut wurde und zunächst der Familie von Reitzenstein gehörte.

Im Ortsteil Neuhaus befindet sich das Schloss Neuhaus. Das Bauwerk wurde 1427/28 errichtet und befand sich u. a. im Besitz der Familie von Waldenfels. Ein Hans von Waldenfels wird im Schauspiel Götz von Berlichingen von Johann Wolfgang von Goethe als Hanns von Selbitz verkörpert. Das Schloss befindet sich im Privatbesitz.[7]

Einwohnerentwicklung

Die Einwohnerzahl nimmt seit einigen Jahrzehnten stetig ab und liegt bei etwa 4500 (2011).

  • 1970: 5651
  • 1987: 4981
  • 2000: 4947
  • 2007: 4692

Die Einwohner tragen den Spitznamen Bockpfeifer, wobei diese Bezeichnung etwa in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden ist, da die Selbitzer häufig als Bettelmusikanten in der Gegend unterwegs waren und dabei eine Bockpfeife (Dudelsack) spielten.[8] Die Benennung ist häufig anzutreffen, so gibt es z. B. eine Wirtschaft[9], einen Fanclub[10], einen Wanderweg[11] und den Brunnen am Rathaus, deren Namensbestandteil der Bockpfeifer ist.

Dokumentation der Stadtgeschichte

Zur Dokumentation der Geschichte der heutigen Gemeinde Selbitz, tragen das Stadtarchiv im Rathaus und das Schulmuseum in der Grund- und Hauptschule bei. Jeden ersten Samstag im Monat können sie von 10:00 bis 12:00 Uhr (aber auch zu anderen Zeiten nach Anmeldung) besucht werden. Zudem wurde seit den 1950er Jahren der Selbitzer Bockpfeifer als Beilage des städtischen Bürgerblattes veröffentlicht, wobei die Vergangenheit von Selbitz, sowie Erlebnisse der Bevölkerung (laienhaft) beleuchtet werden konnten (→ Literatur).

Politik

Das Rathaus von Selbitz (2012)

Bürgermeister

Erster Bürgermeister der Stadt Selbitz ist seit 1990 Klaus Adelt (SPD), der auch Vizepräsident des Bayerischen Gemeindetages ist.

Stadtrat

Der Stadtrat hat 16 Mitglieder:

(Stand: Kommunalwahl am 2. März 2008)

Wappen

Blasonierung: Gespalten; vorne (heraldisch rechts) in Rot auf grünem Boden die silbern gekleidete Figur eines Dudelsackpfeifers (Bockpfeifer) mit schwarzem Dudelsack; hinten (heralisch links) geviert von Silber und Schwarz.[12]

Geschichte: Das heutige Wappen wird seit 1977 geführt, davor hatte Selbitz ein Wappen in silbern, worauf ein schwarzes Lamm auf grünem Boden zu sehen war.[13]

Partnerschaften

Im Zuge der Wende 1990 wurde Pausa im sächsischen Vogtlandkreis die Partnerstadt von Selbitz. Außerdem besteht eine Partnerschaft zum gleichnamigen Ortsteil Selbitz der Stadt Kemberg im Landkreis Wittenberg in Sachsen-Anhalt.[14]

Wirtschaft und Infrastruktur

Unternehmen

Standort der Firma Jomos in der Garlesstraße in Selbitz

Überwiegend ist Industrie ansässig (Textil und Bekleidung, Farben und Lacke, Gewürze, Kunststoffverarbeitung, Elektrotechnik, Maschinenbau, Druckerei, Spedition, Bauwaren und Bauhandwerk), wobei die Anzahl an Firmen in den letzten Jahrzehnten abgenommen hat. Einer der bekanntesten Hersteller aus Selbitz ist die Schuhfabrik Jomos. Die Stadt verfügt über ein verkehrsgünstig an den Bundesautobahnen A 9 und A 72 gelegenes Gewerbegebiet, in dem noch weitere Ansiedlungen möglich sind.

Verkehr

Bahnhof Selbitz

Selbitz wird über die Bahnstrecke Hof–Bad Steben im Schienenverkehr bedient. Neben dem Hauptort befinden sich auch in den Ortsteilen Rothenbürg und Stegenwaldhaus eigene Haltestellen. Darüber hinaus ist die Stadt gut über Autobahnen zu erreichen. Sie liegt an der A 9 (Berlin-München, Ausfahrt Naila/Selbitz), sowie in der Nähe des Autobahndreiecks Bayerisches Vogtland A 9/A 72 (Autobahn Hof–Chemnitz). Eine Anreise mit dem Flugzeug ist über den nur wenige Kilometer entfernt liegenden Flughafen Hof-Plauen möglich, der an den internationalen Flughafen Frankfurt/Main angeschlossen ist.

Früher war es über die Bahnstrecke Münchberg–Selbitz, die mittlerweile nur noch bis Helmbrechts führt, möglich, direkt nach Münchberg und weiter zu fahren. Neben Selbitz hatte auch Weidesgrün einen Haltepunkt. Heute muss man, um mit dem Zug nach Münchberg zu kommen, über Hof fahren.

Medien

Im Bereich der Printmedien wird die Frankenpost gelesen. Jeden Donnerstag gibt die Stadt Selbitz ihr Bürgerblatt heraus, das bei der Gemeinde und in einigen örtlichen Geschäften erhältlich ist. Regionale Fernseh- (TV Oberfranken) und Radiosender (z. B. Radio Euroherz) können empfangen werden.

Religion

Evangelisch-lutherische Kirche von Selbitz mit einem für die Gegend charakteristischen Schieferdach

Der Großteil der Bevölkerung gehört der evangelisch-lutherischen Kirche an. Außerdem besitzen die evangelisch-methodistische Kirche sowie die römisch-katholische Kirche eigene Gotteshäuser. Der Friedhof befindet sich etwas außerhalb der Stadt in der Brunnenstraße, nachdem der alte Friedhof an der evangelisch-lutherischen Pfarrkirche zu klein geworden war. Die Namen der Gefallenen und Vermissten der beiden Weltkriege sind auf Tafeln an der Außenseite des Gotteshauses angebracht.[15] Selbitz ist seit 1949 Sitz der Communität Christusbruderschaft Selbitz, einer Lebensgemeinschaft innerhalb der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, die im Walter-Hümmer-Haus auf dem Wildenberg ein Altenheim und eine Arztpraxis betreibt. Für verstorbene Mitglieder der Christusbruderschaft gibt es auf dem Wildenberg einen eigenen Friedhof.

Bildung und Schulen

Selbitz verfügt über zwei Kindergärten, beide in evangelisch-lutherischer Trägerschaft und eine Grund- und Hauptschule. Weiterführende Schulen gibt es im vier Kilometer entfernten Naila und im 14 km entfernten Hof. In jedem Semester finden mehrere Kurse der Volkshochschule in Selbitz statt.

Freizeit, Sport und Tourismus

Die Stadt Selbitz zieht während des Heimat- und Wiesenfestes, seit 1834 alljährlich Ende Juli mehrere Tausend Besucher an. Im Laufe des Jahres finden der Ostermarkt, Bauernmärkte, ein Kärwamarkt, der Herbstmarkt und der Weihnachtsmarkt statt. Die Stadt und ihr Umland bieten für Besucher zahlreiche Möglichkeiten für Wanderungen, Fahrradtouren (102 km Strecke, Fahrradverleih im Rathaus), Reiten, Schießen und Tennis. Das stadteigene Hallenbad musste 2010 aus finanziellen Gründen geschlossen werden.[16] Freizeitangebote und -aktivitäten werden u. a. durch den Fremdenverkehrsverein und die überregionale Touristikgemeinschaft Selbitztal koordiniert.[17] In Selbitz gibt es eine Reihe Vereine, darunter Freiwillige Feuerwehren und Zimmerstutzen-Schützengesellschaften mehrerer Ortsteile, außerdem Fußballvereine. Die SpVgg Selbitz (gegründet 1914) spielt, nachdem 2012 der Aufstieg aus der Landesliga Nord gelang, in der Saison 2012/13 in der Nordstaffel der Fußball-Bayernliga und ist damit fünftklassig.

Persönlichkeiten

Söhne der Stadt

Siehe auch

Literatur

  • Volksschule Selbitz (Hrsg.): Der Selbitzer Bockpfeifer, Gebrüder Müller, Selbitz 1955–1984
  • Arbeitskreis Selbitzer Bockpfeifer und Stadt Selbitz (Hrsg.): Selbitzer Bockpfeifer, Müller Fotosatz & Druck, Selbitz 1999-2007
  • Karl-Ludwig Lippert: Landkreis Naila. Die Kunstdenkmäler von Bayern, Kurzinventare, XVII. Band, Deutscher Kunstverlag, München 1963, S.67-71
Commons: Selbitz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Genesis-Online-Datenbank des Bayerischen Landesamtes für Statistik Tabelle 12411-003r Fortschreibung des Bevölkerungsstandes: Gemeinden, Stichtag (Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
  2. www.bayerische-landesbibliothek-online.de
  3. Evangelische Kirche im Frankenwald, Verlag der Ev.-Luth. Mission Erlangen, Erlangen 1990, S.119
  4. Der Selbitzer Bockpfeifer, Wiesenfestsondernummer/1959, S.1-3, 18. Juli 1959
  5. Der Selbitzer Bockpfeifer, #25/1959, S.1-4, 12. Dezember 1959
  6. Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C.H.Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1983, ISBN 3-406-09669-7. Seite 530
  7. Ausführliche Chronologie von Dorf und Schloss Neuhaus, abgerufen am 24. Juli 2011
  8. Der Selbitzer Bockpfeifer, #1/1970, S.1-4, 10. Januar 1970
  9. Gaststätte Bockpfeifer, abgerufen am 24. Juli 2011
  10. FCN Fanclub Bockpfeifer, abgerufen am 24. Juli 2011
  11. www.wanderkompass.de, abgerufen am 24. Juli 2011
  12. Wappenbeschreibung vom Haus der Bayerischen Geschichte, abgerufen am 8. Mai 2011
  13. Wappenbeschreibung auf der stadteigenen Internetseite, abgerufen am 24. Juli 2011
  14. www.stadt-kemberg.de, abgerufen am 4. März 2012
  15. Abbildungen der Stadtkirche in Selbitz, abgerufen am 8. Mai 2011
  16. Pressemitteilung zur Schließung des Hallenbades erschienen in der Frankenpost, abgerufen am 30. Juli 2010
  17. www.selbitztal.de