Dampfwagen

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Der Fardier von Nicholas Cugnot, 1769
Erster gewerblicher Dampfwagen, die London Steam Carriage von Richard Trevithick, 1803
L’Obéissante von Amédée Bollée photographiert 1875

Ein Dampfwagen ist ein Automobil, das von einer Dampfmaschine mit Hilfe von Wasserdampf angetrieben wird. Das Brennmaterial zur Erhitzung des Kessels kann dabei Koks, Braunkohle, Holz oder Öl sein.

Dampfwagen waren die ersten echten Automobile überhaupt. Den Anfang machte 1769 Nicholas Cugnot mit einer Artilleriezugmaschine (frz. fardier = Lastenschlepper). Ein Dampfwagen, die „La Mancelle“ von Amédée Bollée von 1878, war mit 50 Exemplaren das erste in Serie gebaute Dampfautomobil. 1906 stellte Fred Marriott in Daytona Beach mit dem Model „Stanley Rocket“ einen Geschwindigkeitsweltrekord für Automobile mit Dampfantrieb auf: 205,5 km/h.[1]

Während in den Anfangszeiten des Automobils mal die Dampfwagen, mal die Elektroautos (z. B. fuhr La Jamais Contente als erstes Auto über 100 km/h) die Nase vorn hatten, setzte sich schließlich der Verbrennungsmotor fast vollständig durch. Nur in Randbereichen – als Zugmaschinen und Straßenwalzen – überlebte der Dampfwagen bis in die 1950er-Jahre, während die ebenfalls schon lange totgeglaubten Elektroautos heutzutage gerade auch aus ökologischen Gründen eine Renaissance erleben. So hatte bspw. der Geschwindigkeitsrekord für Dampfwagen von 1906 bis 2009 bestanden.[2]

Abgrenzung

Dampftraktor „Lena“ von Wallis & Steevens, Baujahr 1905

In diesem Artikel werden Dampfwagen beschrieben, also Automobile und Nutzfahrzeuge mit Dampfantrieb, gebaut zum Personen- oder Warentransport. Dies im Unterschied zu Dampftraktoren, Dampfwalzen (und anderen Baumaschinen) oder Lokomobilen. Letzteres sind dampfbetriebene Maschinenträger, die gelegentlich – aber nicht immer – über einen Eigenantrieb verfügen. Deren Zweck ist nicht der Transport, sondern die Verrichtung mechanischer Arbeit an wechselnden Orten.

Geschichte und Hersteller

1769: das erste Automobil, der Fardier, von Nicholas Cugnot

Ein Dampfwagen wurde erstmals von Nicholas Cugnot 1769 in Paris vorgestellt, der damit das erste mit eigenem Antrieb fahrende Fahrzeug der Welt schuf. Zuvor wurden Wagen von Menschen oder Tieren, oder selten, vom Wind bewegt. Die im Fardier verbaute Dampfmaschine entsprach jener des Russen Polsunow von 1763.[3] Vermutlich über Veröffentlichungen in den Sibierischen Briefen des Forschungsreisenden Laxmann kam es zum Informationsfluss nach Frankreich. Dem Fardier war von Anfang an jedoch kein dauerhafter Erfolg beschert, weil das Fahrzeug bei einer Vorführung vor hohen Militärs in die Umfassungsmauer der Militärkaserne fuhr und sie durchbrach; Cugnot hatte vergessen, den Dampfwagen mit Bremsen auszustatten.

Der Original-Fardier wurde zunächst im Arsenal aufbewahrt und befindet sich seit 1800 im Pariser Musée des Arts et Métiers, eine funktionsfähige Replika gehört dem DB-Museum in Nürnberg und ist dort wieder ausgestellt, nachdem es von 2005 bis 2011 als Leihgabe im Tampa Bay Automobile Museum in den USA gezeigt wurde.

Der englische Pionier: Richard Trevithicks Modelle von 1797, 1801, 1803

Nachbau der Straßenlokomotive Puffing Devil von Richard Trevithick (1801)

Der britische Erfinder, Ingenieur und Maschinenbauer Richard Trevithick baute 1797 sein erstes Dampfwagenmodell. Die Kesselheizung erfolgte mit Hilfe eines glühenden Gusseisen­stabes, der anstelle der echten Feuerung in das Flammrohr gesteckt wurde. 1801 stellte er in Camborne eine seiner neuen kleinen Dampfmaschinen auf Rädern. Diese „Straßenlokomotive“, bekannt als Puffing Devil, beförderte Passagiere mit einer Geschwindigkeit von 8 km/h, und das sogar über Steigungen.

Nachdem er 1802 die erste Eisenbahndampflokomotive der Welt gebaut hatte, konstruierte er 1803 ein weiteres selbstfahrendes Fahrzeug, den „London Steam Carriage“ (Londoner Dampfwagen), der im Prinzip eine mit einer Dampfmaschine ausgerüstete Postkutsche war. Es erregte die Aufmerksamkeit von Publikum und Presse, war aber im Betrieb wesentlich teurer als eine gewöhnliche Pferdekutsche und konnte sich deshalb nicht durchsetzen.

Bodenantriebe mit Stelzen und Schubstangen

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts setzte eine lebhafte Forschungstätigkeit ein, um grundsätzliche Probleme der mit Dampf angetriebenen Automobile in den Griff zu bekommen. 1811 ließ der britische Ingenieur William Brunton (1777–1852) einen Antrieb für Dampfwagen patentieren, der sich an den Vorderläufen von Pferden orientierte. Eine Dampfmaschine auf Rädern trieb dieses stelzenartige Gestänge an und erreichte mit umgerechnet zwei Pferdestärken Schrittgeschwindigkeit. „Brunton’s mechanical traveller“ gelangte nicht über das Prototypstadium hinaus; der Dampfkessel explodierte und tötete mehrere Zuschauer.

Im Dezember 1824 reichte der schottische Erfinder David Gordon (1774–1829) ein Patent ein, das mit Hilfe von Schubstangen die Fortbewegung des „Steam Carriage“ auch auf Steigungen realisieren sollte. Die Times beschrieb das Problem 1825 so:

„Ein großes Problem bereiten die Räder, die auf der Straße durchrutschen, ohne voranzukommen, sobald die kleinste Steigung oder eine schwere Beladung die Reibung auf der Achse größer als die zwischen dem Rand der Räder und dem Boden macht; die ganze Kraft der Maschine dient dann nur noch dem Durchdrehen der Räder, ohne dass der Wagen auch nur einen Zentimeter vorankommt.“

Die Kleinbusse, die Gordon und sein Konkurrent Gurney fast zeitgleich bauten, wurden vom mehreren Schubstangen angetrieben, die über Achsen mit der Dampfmaschine verbunden waren. Um zu beschleunigen, senkte der Fahrer die Stangenspitzen abwärts; wenn es den Berg hinab ging, hob er die Konstruktion an. Gordons Wagen hatte im Unterschied zu Gurneys Frontantrieb. Sechs Schubstangen waren im Einsatz. Zum leichteren Lenken wies das Automobil vorne nur ein Rad auf. Die Passagiere saßen in einer Reihe hintereinander.[4]

Dampfomnibusse als öffentliches Verkehrsmittel: Goldsworthy Gurney 1826, Walter Hancock 1827

Nachbau von Walter Hancocks Enterprise, dem ersten für den Linienverkehr entworfenen Dampfomnibus (1833)

1826 konstruierte der Engländer Sir Goldsworthy Gurney einen Dampfomnibus.[5] Ihm folgte sein Landsmann Walter Hancock (1799–1852), der ab 1827 Dampfomnibusse herstellte, mit denen bis in die 1830er-Jahre Linienverkehr betrieben wurde. 1829 wurde die Linie von Fulham nach Brompton mit einem achtsitzigen Wagen aufgenommen, der 12 MPH (knapp 20 km/h) schnell war. Sein Dampfwagen Infant, 1829 gebaut, war ein kompakterer Zehnsitzer, der ab 1831 zunächst im Probebetrieb die Strecke von Stratford nach London-Whitechapel bediente. Diese wurde 1833 als zweite öffentliche Dampfwagenverbindung eingerichtet. Zur Premiere soll der Wagen jedoch von Zuschauern mit Steinen beworfen worden sein. Die erste Linie war kurz zuvor von der London and Paddington Steam Carriage Company eingerichtet worden. Sie führte von London Wall via Islington nach Paddington und wurde mit Hancocks Enterprise betrieben, dem ersten eigens für den öffentlichen Verkehr gebauten Motorfahrzeug. 1836 gab es bereits 700 Fahrten.

Einige grundlegende Probleme der Fahrwerkstechnik wurden von englischen Konstrukteuren in dieser Zeit gelöst. 1825 patentierte William Henry James (1796–1873) einen Antrieb mit je einer Dampfmaschine pro Hinterrad, womit er Probleme mit einem Differential umging – eine Lösung, auf die Amédée Bollée (1844–1917) 1873 wieder zurückgriff[6] und die De Dion, Bouton & Trépardoux bis zum Ende des 19. Jahrhunderts verwendete. Schon früher hatte Erasmus Darwin (1731–1802) die Achsschenkellenkung erfunden aber nicht patentiert. In Unkenntnis davon wurde sie später drei Mal neu erfunden und patentiert: 1816 von Georg Lankensperger (1779–1847) und Rudolph Ackermann (1764–1834), 1873 ebenfalls von Bollée père und 1891 von Carl Benz. Mit der sogenannten Ackermann- oder A-Steuerung wurde ein weiteres grundlegendes Problem jedes Motorfahrzeugs gelöst.[7]

Boom und Rückschlag in England

Dr. Churchs Dampfkutsche (1835); die etwas verklärende Illustration von 1900 nennt ein falsches Datum

Im 19. Jahrhundert gab es gerade in England eine Vielzahl von Dampfwagen, etwa von Bishop & Sons, die auch mit Omnibus-Aufbauten versehen wurden.

Zahlreiche Unfälle, vor allem Achsenbrüche und Dampfrohrexplosionen trübten die Euphorie und führten auch zu rechtlichen Einschränkungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, vor allem dem Red Flag Act, der den Dampfwagenführern das freie Umherfahren verbot.

Der erste Dampfwagen von Burstall & Hill (1824)

Der deutsche Ingenieur Joseph Ritter von Baader kritisierte in seinem 1835 erschienenen Buch „Die Unmöglichkeit, Dampfwagen auf gewöhnlichen Straßen mit Vortheil als allgemeines Transportmittel einzuführen“ die angeblichen englischen Erfolge mit „Chaussee-Dampfwagen“, also straßengängigen, mit Dampfkraft betriebenen Automobilen, respektive Omnibussen. Er hielt die Idee, den Erfolg der Dampfeisenbahn auf die normale Straße zu übertragen, für technisch undurchführbar, vor allem wegen der Unebenheiten. Er berechnete die Kraft, die ein solches Dampfmobil aufwenden musste, um ein Rad aus einer Vertiefung herauszubewegen, und verglich sie mit der aufgrund der Hebelwirkung erheblichen geringeren Kraft, die ein Pferd für denselben Vorgang benötigen würde. Mit Genugtuung zitierte er englische Misserfolge mit Dampfwagen, wie diesen vom Juli 1827:

„Die Erfinder[8] probirten ihren Dampfwagen. Nachdem derselbe in dem Umfang ihres Hofraumes, gegenüber von Neu-Bedlam“ (etwas ominös!) „herumgelaufen war, kam er heraus, und, indem er eine leichte Wendung machte, um auf die große Straße zu kommen, blieb eines der Räder in einem Geleise von weichem Grunde stecken. Hierauf sprang der Kessel mit einer starken Explosion. Es wurden dabei nur ein kleiner Dienstjunge und ein Maschinist schwer verwundet, obwohl gegen zwanzig Personen sich anstrengten, das Rad aus dem Geleise wieder heraus zu bringen.“[9]

Timothy Burstall (1776–1860) war ein Eisenbahningenieur. Er hielt verschiedene Patente zum Straßentransport. Der verunfallte Wagen war sein zweiter Dampfwagen, ein Dreiachser mit vom Kessel getrenntem Wagenkasten.

Um 1840 ließ das Interesse an Dampfwagenverbindungen nach. Neben dem behördlichen Widerstand trugen dazu hohe Straßenzölle und der Lobbyismus von Fuhrhaltern und Landadel bei. Fatal wirkte sich eine Kesselexplosion infolge eines Bedienungsfehlers aus, welche Infant 1840 zerstörte. In der Folge verloren die Dampfomnibusse ihre Zulassung. Danach ging viel Fachwissen verloren, das sich die Pioniere der zweiten Generation (die überwiegend aus Frankreich kamen) wieder aneignen mussten. Infant war bereits 1831 imstande, eine Steigung von 5 % auf gefrorenem Grund zu nehmen, wo Pferdefuhrwerke versagten.[10]

Grenville Steam Carriage (1875), das wahrscheinlich älteste fahrbereite Dampfauto

Dreiräder blieben die bevorzugte Konstruktionsweise. Man war gewillt, den Nachteil geringerer Stabilität in Kauf zu nehmen und Probleme mit einer komplizierten und möglicherweise anfälligen Lenkung zu umgehen. Bis in die 1880er-Jahre war Kohle das bevorzugte Brennmaterial.

Ein englischer Vertreter dieser zweiten Generation war Thomas Rickett aus Buckingham (Buckinghamshire), der ab 1858 leichte Dampf-Tricycles baute und einige verkaufen konnte.[11] Catley und Ayres aus York bauten 1868 ein sehr einfach konstruiertes Dampf-Tricycle. Wahrscheinlich ließ sich der Kessel nur bei stehendem Fahrzeug beheizen. Gelenkt wurde mit einem Hebel und die Kraft wurde mittels Kette auf ein Hinterrad übertragen. Weil das andere frei drehte, benötigte das Fahrzeug kein Differential. Dafür war der Wagen mit liegend angebrachter Zweikolbenmaschine und stehendem Kessel im Heck leicht und sehr schön verarbeitet.[12][13] Robert Neville Grenville baute 1875 mit George Jackson Churchward, dem späteren Leiter der Lokomotivabteilung der Great Western Railway, einen Dampfwagen, der noch exististiert und sogar gelegentlich gefahren wird.

Französische Pionierarbeit

Amédée Bollée père La Mancelle (1878). Blick von schräg hinten auf den Stand des Heizers. Der Fahrersitz ist vorn, die Passagiere sitzen sich mittig gegenüber; das Verdeck soll auch vor Funken und Kohlestaub schützen.
Serpollet Dampfdreirad (1888), im folgenden Jahr von Peugeot als Type 1 in Lizenz nachgebaut.
12-sitziger De Dion-Bouton-Dampfomnibus ähnlich dem für einen Londoner Verkehrsbetrieb (1897)

Amédée Bollée (1844–1917), Sohn des Glockengießers Ernest-Sylvain Bollée, war ein französischer Glockengießer und Automobilpionier aus Le Mans, der 1873 in seinem Unternehmen sein erstes Dampfauto, die Gehorsame („l'Obéissante“), konstruierte. Damit fuhr er 1875 in 18 Stunden von Le Mans nach Paris, wofür er unterwegs 75 polizeiliche Verwarnungen bekam. Weitere Fahrzeuge nannte er „die aus Le Mans“ („La Mancelle“), „die Schnelle“, „die Neue“. Die „La Mancelle“ von 1878 mit einiger Sicherheit das erste Motorfahrzeug, bei dem der Antrieb vorn unter einer Motorhaube untergebracht war und einer Kraftübertragung mittels Kardanwelle auf Stirnräder und von da mit Ketten auf die hinteren Räder. Außer dem fehlenden Getriebe ist dies die Anordnung des wegweisenden, von Emile Levassor 1891 erfundenen System Panhard.[14] Mit 50 Exemplaren war „La Mancelle“ auch das erste in Serie gebaute Automobil.[15]

Eine schwerere Weiterentwicklung war „La Marie-Anne“, eine gewaltige Maschine mit 100 PS, die 35 Tonnen über eine Steigung von 6 % ziehen konnte. Sie hatte ein Dreiganggetriebe und einen Tender für Kohle und Wasser, dessen Räder zusätzlich angetrieben waren. Bollée entwarf daraus auch eine Artilleriezugmaschine, an der die französische Armee allerdings überhaupt nicht interessiert war.[16] Amédée Bollée père überließ die Autoproduktion 1880 seinen Söhnen Léon und Amédée fils. Nur letzterer baute bis 1881 noch einige wenige Dampfwagen, danach stellten beide hochwertige Automobile mit Ottomotoren her.

Der Ingenieur Léon Le Cordier erwarb von Bollée eine Lizenz zur Auswertung der Antriebstechnik von „l'Obéissante“. Er plante die Einrichtung öffentlicher Verbindungen mit Dampfwagen nach englischem Vorbild; das Projekt scheiterte schon früh, nicht zuletzt an lokalem behördlichem Widerstand.[16]

Henri Serpollet (1848–1915) und sein Bruder Léon Serpollet (1858–1907) gründeten 1881 das Unternehmen Gardner-Serpollet zur Herstellung von Dampfwagen, das sich zunehmend auf Nutzfahrzeuge verlegte. 1888 wurde ein verbesserter Heizkessel patentiert, der zunächst nur so viel Wasser erhitzte, wie zum Anfahren benötigt wurde. Erst unterwegs wurde das übrige Wasser verdampft, wodurch die Startzeit stark verkürzt wurde. 1896 kam mit der automatischen Dosierung der Petroleumfeuerung eine weitere Verbesserung. Das Unternehmen fertigte auch Straßenbahnen­wagen und zunehmend Omnibusse und andere Nutzfahrzeuge, ab 1900 als Gardner-Serpollet. Die Produktion endete 1907 mit dem Tod Léon Serpollets. Der erste Peugeot von 1889 war ein Dampf-Tricycle Lizenz Serpollet.

Dem Mechaniker Georges Bouton (1847–1938) und dem Ingenieur Charles-Armand Trépardoux (1853–1920) gelang es mit finanzieller Unterstützung des Grafen de Dion, einen kompakten, sicheren und schnell heizbaren Kessel zu entwickeln, der universell einsetzbar war. Zu seiner Vermarktung und zur Herstellung von Dampfmobilen gingen die drei 1884 eine Partnerschaft ein, aus der schließlich De Dion, Bouton & Trépardoux hervorging. Ihre La Marquise war die einzige am Start erschienene Teilnehmerin an der Zuverlässigkeitsfahrt von Neuilly zum Bois de Boulogne und zurück, was als erster Motorsportanlass der Geschichte gilt. Der Graf gewann 1894 mit einem mit fünf Personen voll besetzten Remorqueur à vapeur mit „Victoria“- Anhänger die Wettfahrt Paris–Rouen fast wie eine Spazierfahrt vor zwei Benzinern, wurde aber wegen der „Unhandlichkeit“ des Fahrzeugs auf Platz 2 relegiert. Das Unternehmen baute auch schwere Nutzfahrzeuge und Omnibusse, unter anderem für Londoner Verkehrsbetriebe[17], ehe allmählich auf Benzinmotoren umgestellt wurde.[18] Die Sociéte de Chaudières et de Voitures à Vapeur in Paris baute ihre schweren Nutzfahrzeuge mit Dampfantrieb der Marke Scotte noch bis 1917; die ehemals übermächtige Konkurrenz von De Dion-Bouton und Serpollet hatte zu diesem Zeitpunkt längst umgestellt respektive aufgegeben.

Deutschland und Österreich-Ungarn

Nachbau des Dampfwagens von Josef Božek (1815)

Der tschechischstämmige Josef Božek (1782–1835) hatte bereits 1815 einen funktionstüchtigen Dampfwagen gebaut. Das Interesse daran war gering.

Ungeachtet der erwähnten Schrift des Ingenieurs Ritter von Baader erprobte man auch in Deutschland die Alltagstauglichkeit der Dampfwagen. Ein Weimarer Schlossermeister Roese stellte am 13. Mai 1846 seinen „Chaussee-Dampfwagen“ in der Innenstadt von Eisenach vor.[19]

Die F. Wöhlert’sche Maschinenbau-Anstalt und Eisengiesserei in Berlin erwarb 1879 Nachbaurechte an zwei Konstruktionen von Amédée Bollée père, nämlich an der Dampfdroschke „La Mancelle“ und am Nutzfahrzeug „La Marie-Anne“; letztere indirekt über den Ingenieur Le Cordier und gemeinsam mit Berthold Arons, der Verbindungen zum Bankhaus Arons hatte. Le Cordier und Arons gründeten die Dampfwagen Centralgesellschaft, die ein öffentliches Bustransportsysteme in Deutschland, Österreich-Ungarn, Russland und Schweden aufzubauen sollte.

Von 1879 bis 1880 wurden in Berlin 22 Wöhlert-Bollée-Dampfdroschken und einige Busse sowie ein Dampfschlepper gebaut. Die Versuche endeten, nachdem die Stadtbehörden die Benützung öffentlicher Straßen untersagt hatten, weil die fast 5 Tonnen schweren Busse und Schlepper Schäden am Pflaster anrichteten. In der Folge mussten die Dampfwagen Centralgesellschaft und auch Wöhlert – zuvor schon angeschlagen – schließen.[16]

Der erste dampfgetriebene Automobil des Königreichs Sachsen, der Schöche Dampfwagen Nr. 1, wurde 1895 produziert. Das Exemplar ist erhalten geblieben und befindet sich im Verkehrsmuseum Dresden.

Weitere Staaten

Thury-Nussberg Dampf-Tricycle (1877)

1877 bauten die Schweizer Thury und Nussberg ein Dampf-Tricycle. Das Fahrzeug ist erhalten geblieben.

USA: Ideen und Geschäftssinn reichen nicht

Der Bau einzelner dampfbetriebener Straßenfahrzeuge ist in den USA seit den späten 1850er-Jahren belegt. Zu den Pionieren gehört zweifellos Richard Dudgeon (1819–?) Der begabte Mechaniker und Inhaber einer Werkstätte in Long Island baute 1853–1857 seinen ersten Dampfwagen, der bereits 1858 beim Brand einer Ausstellung in New York verloren ging. 1866 baute er einen zweiten, der eine Lokomotive nicht unähnlich sah und bis zu acht Passagiere zuverlässig beförderte.[20] Einen funktionsfähigen Dampfwagen baute auch John J. Grant 1864 in Cleveland (Ohio). Nachdem eine Frau und ein Kind bei einem Unfall verletzt wurden, verwendete Grant das Fahrzeug nie wieder.[21] Sylvester H. Roper (1823–1896) aus Cambridge (Massachusetts) experimentierte 1867–1869 und 1886–1896 mit Dampfmotorrädern (und verunfallte dabei tödlich). Weil es kein Patent dazu gibt, ist das exakte Datum schwer zu ermitteln. Dokumentiert sind jedoch Jahrmarkt-Vorführungen in den 1860er- und 1870er-Jahren.[22] 1880–1883 baute George A. Long ein funktionstüchtiges Dampf-Tricylce, das er 1883 patentierte.[23]

Roper Steam Velocipede (1868); Zeichnung von 1921; das Baujahr ist nicht bestätigt.
Patentzeichnung des Long-Dampfdreirads von 1883
Locomobile Spindle Seat Runabout (1900): Einer der günstigsten in den USA gebauten „Steamer“

Die Produktion auf wirtschaftlicher Basis begann in den 1890er-Jahren.[24]

Die Grundlagen lieferten Francis Edgar und Freelan O. Stanley, die um 1897 einen dünnwandigen und daher sehr leichten Kessel entwickelt hatten. Die erforderliche Druckfestigkeit erreichten sie, indem sie die äußere Hülle mit einem Netz aus Klavierdraht verstärkten. Später entwickelten sie sogar eine Maschine, welche dieses Flechtwerk anfertigen konnte. Die Dampfmaschine wog nur etwa 23 kg, der Kessel 22 kg. Dies erlaubte den Bau leichterer Dampfautos und damit eine preisgünstige Herstellung. Bei diesen frühen Dampfmobilen saß der Fahrer buchstäblich auf dem Kessel und dem darunter angebrachten Brenner. Die Dampfmaschine war vor dem Boiler untergebracht und trieb über eine mittig längs angeordnete Kette die Hinterachse an. Gefedert war nur die Vorderachse, diese aber mit gleich drei Querblattfedern, die über der Achse angebracht waren. 1898 verkauften die Stanleys ihr Unternehmen samt Patenten für die astronomische Summe von 250.000 US-Dollar, behielten aber die Rechte am Namen. Daraus entstand die Locomobile Co. of America, deren Produkte wegen ihrer nachlässigen Verarbeitung allerdings nicht den besten Ruf genossen. Immerhin wurde die Federung so weit verbessert, dass es nun zwei längs angeordnete Blattfedern hinten und eine einzelne Querblattfeder vorn gab. Eine große Zahl kleiner und kleinster Unternehmen kopierte das Stanley-Prinzip mit und ohne Lizenz.[25]

Die Rekordhalter: Francis Edgar und Freelan O. Stanley und ihre Stanley Motor Carriage Company

Stanley Gentleman’s Speedy Runabout (1906)
Fred Marriott mit dem Stanley Rocket, das erste Fahrzeug, das über 200 km/h fuhr

Die Stanley-Brüder arbeiteten auch nach dem Verkauf ihres Unternehmens an einem neuen Dampfautomobil. 1902 gründeten sie erneut ein Unternehmen zu dessen Herstellung. Es war gegenüber dem Locomobile deutlich weiter entwickelt, sodass ihre Stanley Motor Carriage Company sie anbieten konnte, ohne befürchten zu müssen, Locomobile-Lizenzen zu verletzen. Die Maschine war liegend direkt an der Hinterachse angebracht und übertrug die Kraft mittels Stirnradgetriebe. Die Federung war konventionell mit vier Blattfedern.[26] Im gleichen Jahr kauften sie von Locomobile ihre alten Patente zurück – das Unternehmen stellte auf Ottomotoren um und wurde danach für eines der exklusivsten Autos der USA bekannt – um sie an die White Motor Company weiterzugeben. Die Stanleys selber brauchten sie nicht mehr. Eine neue Generation von Personenwagen mit dem Kessel im Bug erschien 1905.

Am 23. Januar 1906 stellte Fred Marriott mit dem von zwei Dampfmaschinen angetriebenen Rekordwagen Stanley Rocket auf dem Ormond Beach Racecourse (in unmittelbarer Nachbarschaft von Daytona Beach) den Geschwindigkeitsrekord für Landfahrzeuge auf 205,5 km/h ein. Der absolute Weltrekord hielt nicht lange, aber für Automobile mit Dampfantrieb blieb er bis 2009 bestehen, also über 100 Jahre lang. Gleichzeitig stellte Marriott vier weitere Weltrekorde auf, darunter jenen über die schnellste Meile (28,33 Sekunden) und jenen über 5 Meilen. Letzterer fiel im Verlauf eines Rennens.[27] Im folgenden Jahr verunfallte „Rocket“ ebenfalls in Ormond schwer; Marriott erlitt Verletzungen und das Fahrzeug wurde dabei zerstört.

Ab 1914 setzte auch Stanley auf Kondensatoren. Drei Jahre später verkauften die Brüder das Unternehmen. Nach dem Ersten Weltkrieg erhielten Stanley-Fahrzeuge Kondensatoren, die wie Wasserkühler konventioneller Autos aussahen.[28] Stanley-Dampfwagen wurden bei stetig schwindenden Absatzzahlen noch bis 1927 weitergebaut. In der Werbung stellte das Unternehmen nicht ohne stolz fest, dass nie ein Stanley-Kessel explodiert sei.

10.000 ausgereifte Dampfwagen: die White Motor Company

Anzeige für einen White von 1905

Thomas H. White gründete 1876 die White Sewing Machine Co. in Cleveland, Ohio. Der Nähmaschinen­hersteller stieg 1900, als Whites Söhne Windsor, Rollin und Walter in die Firma eintraten, in die Produktion von Automobilen mit Zweikolben-Dampfmaschinen und Kettenantrieb ein. Die Fahrzeugherstellung wurde 1902 unter dem Namen White Company rechtlich verselbständigt und entwickelte sich sehr erfolgreich. In den nächsten Jahren wurden rund 10.000 dampfgetriebene Automobile hergestellt, bei einem wachsenden Anteil von Benzin- und Nutzfahrzeugen. Die erworbenen Stanley-Patente spielten keine große Rolle; Rollin White war selber ein fähiger Konstrukteur. 1905 qualifizierte sich Walter White mit einem 40 PS White Steamer für den Vanderbilt-Cup auf Long Island (New York), fiel aber mit Reifenproblemen aus.[29]

1906 belegte White den Rang 9 der größten US-Autobauer, Stanley folgte auf Platz 11.[30] 1909 begann der Umstieg auf Fahrzeuge mit Ottomotoren. Als US-Präsident William Howard Taft (1857–1930) 1909 die ersten drei Automobile für das Weiße Haus bestellte – je ein Benzin-, Elektro- und Dampf-Fahrzeug, wählte sein Fahrer für letzteres einen White Steamer Model G. Das letzte Fahrzeug mit Dampfantrieb wurde 1911 hergestellt. Erst 1914 wurde die White Motor Company gegründet. Sie gab 1918 den Bau von Personenwagen auf und konzentrierte sich auf Nutzfahrzeuge.[31]

Kampf der Technologien

Freelan O. Stanley und Gattin Flora auf dem Weg auf den berüchtigten Mount Washington. Das Erklimmen dieses Bergs mit einem filigranen Stanley-Steamer der ersten Generation war 1899 eine beachtliche Leistung.
Waltham Steam 6 HP Stanhope, ca. 1902. Eine der etwa 200 US-amerikanischen Dampfwagen-Marken. Das Auto hatte bereits Kondensator sowie Rückwärtsgang und war nur etwa 300 kg schwer.
White Steamer Model G Touring; eines der ersten drei Automobile im Weißen Haus (1909)

Bis in die 1910er-Jahre war keineswegs klar, ob sich letztlich Elektro-, Dampf- oder Verbrennungsmotoren (Benzin, Diesel, Gas) für den Straßenverkehr durchsetzen würde. Jeder Antrieb hatte spezifische Vor- und gravierende Nachteile:

Elektrofahrzeuge waren zwar leise und sehr einfach zu bedienen, aber langsam und wegen des beschränkten Aktionsradius' infolge ungenügender Batterieleistung nur in Städten von Nutzen. Sie behaupteten sich eine kurze Zeit als Taxis in Ballungsräumen, wo ein Netz von Servicestationen bestand. Dort wurden verbrauchte Akkumulatoren gegen volle getauscht; das Aufladen eigener Batterien hätte viel zu lange gedauert. Das System machte den Besitz eines Elektrowagens unwirtschaftlich, die verbreitete Miete, die eine bestimmte Zahl von Austauschbatterien pro Monat einschloss, setzte sich bei Privatkunden jedoch nicht durch.

Benzinbetriebene Fahrzeuge waren vergleichsweise zuverlässig und sparsam, andererseits aber auch laut und stinkig. Außerdem brachten sowohl die Treibstoffversorgung wie auch dessen Qualität oft Probleme mit sich. Nicht zu unterschätzen sind auch die Auswirkungen des Selden-Patent­streits, indem es um ein Universalpatent auf Automobile mit Verbrennungsmotoren ging. Die Promotoren um den Anwalt und Erfinder George Baldwin Selden (1846–1922) bedrohten nicht nur die Hersteller solcher Fahrzeuge mit Patentklagen, sondern auch die Käufer. Das mag durchaus den einen oder anderen bewogen haben, auf Dampf- oder Elektroantrieb auszuweichen, die von der Klage nicht bedroht waren. Der Streit wurde jahrelang erbittert geführt und schadete der Autoindustrie massiv.[32]

Dampfwagen beschleunigten nicht nur besser als Benzinfahrzeuge und boten auch sonst sehr gute Leistungen (oft wurden sie wegen ihrer Überlegenheit sogar von Rennen ausgeschlossen), waren zuverlässig und hatten die denkbar einfachste Nachfüllmöglichkeit: Wasser gab es überall aus Brunnen oder Viehtränken. Außerdem funktionierte der Brenner mit praktisch jedem Treibstoff; in der Regel wurde Kerosin verwendet. Nachteilig waren die viel zu langen Heiz-Zeiten: Bis der Boiler auf Betriebstemperatur gebracht war, dauerte es bis zu einer halben Stunde. Dazu waren Dampfwagen meist schwer, teuer in der Herstellung und erforderten mehr Handgriffe beim Fahren. Obwohl Kesselexplosionen praktisch nie vorkamen, gab es in der Bevölkerung dennoch Misstrauen gegen diese Technik. Der Umgang mit dem Brenner konnte allerdings schon zu Verletzungen führen.

Im Jahr 1900 wurden in den USA rund 4200 Automobile gebaut. Davon wurden 1572 mit Strom betrieben, 1600 mit Dampf und 1028 hatten einen Verbrennungsmotor oder ein anderes Antriebskonzept.[24] Von den etwa 200 Herstellern, welche ein mehr oder weniger ausgereiftes Konzept anzubieten hatten, existierte nur eine Handvoll bis 1920.

Der Kampf um die Vorherrschaft wurde hauptsächlich durch zwei Innovationen entschieden. Die letzte größere bei den Dampfwagen war der um 1910 breit eingeführte Kondensator, der verbrauchten Dampf zu Wasser kühlt und in den Kreislauf zurückführt. Er erhöhte die anfängliche Reichweite einer Wasserfüllung von 30 bis 50 Kilometer beträchtlich und machte das Fahrzeug leiser.[33] Das genügte jedoch nicht. Die Konkurrenz durch den Ottomotor wuchs einerseits durch den elektrischen Anlasser, den Charles F. Kettering ab 1909 zu einem funktionierenden System entwickelt hatte. 1912 wurde er von Cadillac erstmals in einem Serienwagen verwendet.[34] Bis 1920 ersetzte der Anlasser in den USA das umständliche und gefährliche Starten mittels Kurbel praktisch ganz. In Europa setzte diese Entwicklung etwas später ein. Ein anderer wesentlicher Faktor war der allmähliche Aufbau eines Tankstellennetzes.

Dampflastwagen in Europa

Sentinel DG 4

In den 1920er-Jahren wurden dampfgetriebene Lastkraftwagen in England von den Firmen Sentinel Waggon Works Ltd., Shrewsbury, Shropshire, sowie Richard Garrett & Sons Ltd., Leiston, Suffolk und auf dem europäischen Kontinent (in Lizenz von Sentinel) von Škoda-Pilsen hergestellt. Sie zeichneten sich durch hohe Robustheit und niedrige Betriebskosten aus und wurden bis in die 1950er-Jahre benutzt.

Gebrüder Doble

Perfektioniert hatte das Dampfauto die US-Firma Doble steam cars in Emeryville/Kalifornien. Allerdings wurden nur etwa 40 Fahrzeuge hergestellt, von denen noch vier oder fünf fahrtüchtig sind. Zu den Doble-Besitzern gehörte unter anderen der US-Film- und Flugzeugunternehmer Howard Hughes. Die Brüder Doble eliminierten alle Nachteile des Dampfantriebs (nur 30 Sekunden Vorheizzeit auch bei Temperaturen unter 0 °C) und bauten Luxusfahrzeuge von rund drei Tonnen Gewicht, die praktisch geräuschlos in 15 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen konnten. Allerdings waren sie sehr teuer (etwa 30-mal so teuer wie ein Ford T), die Produktion sollte im Sommer 1929 richtig anlaufen, also unmittelbar vor dem großen Börsencrash, durch den ein Großteil der potentiellen Kunden ihr Vermögen verlor. Erwähnenswert ist auch, dass die heute noch fahrtüchtigen Dobles aufgrund der sehr sauberen äußeren Verbrennung in Dampfsystemen modernste Abgasvorschriften einhalten können – und das ohne Katalysatoren oder Rußfilter.

Warren und Abner Doble arbeiteten später als Berater für Dampfsysteme in den USA und in Europa, unter anderem bei dem Unternehmen Henschel & Sohn in Kassel.

Dampfwagen in Deutschland und Frankreich ab den 1930er-Jahren

1931 kaufte Henschel & Sohn einen amerikanischen Dampfwagen des Typs Doble F-35 und schloss 1932 einen Vertrag mit der Firma Doble über die Entwicklung eines Dampflastwagens und eines Dampfomnibusses. Nach der Erprobung der Dampfmotoren in Booten und Schienenfahrzeugen wurden die ersten Dampfmotoren mit 110 und 150 PS für Lastwagen gebaut. 1934 waren die ersten Busse fertig und wurden in Wuppertal und in Dresden bei den Verkehrsbetrieben erprobt.

Die Omnibusse waren Haubenfahrzeuge, der Dampfkessel mit einer Heizfläche von 9 m² befand sich unter der Motorhaube, der Dampfmotor war an der Hinterachse angebaut. Der Kessel konnte mit allen Sorten Öl betrieben werden. Diese Busse wurden mehrere Jahre erfolgreich betrieben. 1935 wurden drei weitere Busse gebaut, diesmal als Frontlenker mit dem Kessel im Heck. Diese Busse wurden an die Kasseler Transport AG, die Bielefelder Stadtwerke und die Bremer Vorortbahnen AG ausgeliefert. Die Busse erreichten eine Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h.

1934 lieferte Henschel zehn Dampflastwagen an die Deutsche Reichsbahn, davon einen Dreiachser mit zwei Motoren zu je 150 PS und einem Kessel mit 15 m² Heizfläche. Diese Fahrzeuge waren bis 1942 in Betrieb. Insgesamt hat Henschel dreizehn Dampflastwagen gebaut.

Nach 1945 entwickelte der Diplomingenieur A. Simon in Berlin einen Lastwagen mit Vierzylinder-Boxermotor, der Dampfkessel, der mit Kohle befeuert wurde, war darüber angeordnet. Von der Firma Lenz und Butenuth in Berlin wurden von 1945 bis 1949 vier Versuchsfahrzeuge gebaut, darunter ein Ford BB. Als Antrieb diente ein umgebauter Ford-Motor.

Nach der Einstellung des Dampfwagenprojekts bei Henschel, hauptsächlich aufgrund der auslaufenden Subvention des Brennstoffs Braunkohlenteer, startete eine Weiterentwicklung des Doble-Systems bei De Dietrich in Reichshoffen im Elsass, vorangetrieben vom ehemaligen Henschel-Ingenieur Erwin Schwander (Sohn des ehemaligen Straßburger Bürgermeisters Rudolf Schwander). Dabei ging es um die Entwicklung eines Antriebssystems für Eisenbahn-Triebwagen, in Konkurrenz zu den von Bugatti für denselben Zweck an die französische Eisenbahn verkauften Bugatti-Reihenachtzylindermotoren. Als Referenzfahrzeug diente ein Bugatti 50T mit einem Reihen-Achtzylinder-Motor mit fünf Litern Hubraum. Bekannt ist, dass der Dampfwagen in nur einem Jahr (1938) 40.000 Testkilometer zurücklegte und dass sein Verbrauch bei 18 Litern Heizöl pro 100 Kilometer lag, gegenüber 25 Litern beim Bugatti. In ihrer Leistung und Gewicht (150 PS Dampf / 160 PS Benzin, 560 kg Dampf / 520 kg Benzin) waren die beiden Aggregate sehr ähnlich. Es handelt sich um einen der ganz wenigen bekannten ernsthaften Vergleiche, bei dem gleichwertige Technologie miteinander verglichen wurde und nicht alte Dampftechnik gegenüber modernen Verbrennungsmotoren. Die Entwicklungen wurden während des Krieges eingestellt, ein praktisch fertiger Triebwagen zerlegt, über ganz Frankreich verteilt und nach dem Kriegsende wieder zusammengebaut. Allerdings stornierte die französische Staatsbahn eine Bestellung von über 60 Fahrzeugen 1948 kurzfristig, so dass es bei dem einen Prototyp blieb. Die Versuchsfahrzeuge wurden schon 1944 bei einem alliierten Bombenangriff auf Reichshoffen zerstört.

In die heutige Zeit gerettet haben sich aus den Dampfautos neben den Schnellverdampfern (30 Sekunden vom kalten Zustand zum nötigen Betriebsdruck, Anwendungen vor allem in der chemischen Industrie) die automatischen Steuerungen für Ölheizungen, die auf Patente der Brüder Doble zurückgehen.

Niedergang und langes Überleben in kleinen Nischen

Kräftige Dampfzugmaschinen beim Schwertransport

Dampfwagen bildeten in der Zeit von etwa 1890 bis 1920 eine ernstzunehmende Konkurrenz gegenüber dem benzinbetriebenen Automobil, waren sie doch zuverlässiger und kamen ohne das damals schwierig zu bedienende Getriebe oder eine verschleißanfällige Kupplung aus. Erst danach wirkten sich der hohe Brennstoff- und Wasserbedarf, das hohe Gewicht und die Vorlauf-Wartezeiten zum Druckaufbau im Vergleich zu benzinbetriebenen Automobilen nachteilig aus. Noch bis vor dem Zweiten Weltkrieg waren selbstfahrende Lokomobile – Zugmaschinen mit Dampfantrieb – gängige Fahrzeuge zum Transport von Zirkus-, Kirmes- und Schausteller-Ausrüstungen. In den 1930er-Jahren entstanden vereinzelt leichte Dampfwagen mit Ölfeuerung. Äußerlich war ihnen der besondere Antrieb kaum anzusehen. Die Technik entsprang den amerikanischen Öldampf-PKW der Gebrüder Doble. Die Entwicklungen wurden in den späteren 1930er-Jahren von der Firma Henschel & Sohn aus Kassel in Lizenz genommen. Dort wurden bis 1936 Dampf-Lastkraftwagen und Dampfomnibusse gefertigt, denen aufgrund steigender Heizölpreise jedoch keine Zukunft gegeben war.[35]

Nach dem Krieg wurde der Dampfkraftwagen aus Gründen der angespannten Treibstofflage für Verbrennungsmotoren wieder interessant und es gab einige Neukonstruktionen. In der DDR wurde 1951 die vergleichsweise moderne Straßen-Dampfzugmaschine DW 65[36] konstruiert, die mit den althergebrachten Lokomobilen nichts mehr gemein hatte und international für Aufsehen sorgte. Man versprach sich von Dampfkraftwagen eine Verbesserung des Güternah- und Schwerlastverkehrs auf Straßen. Unter anderem wegen eines nicht unter Kontrolle zu bringenden Funkenflugs waren diese Fahrzeuge aber nicht im öffentlichen Straßenverkehr einsetzbar. In der Sowjetunion wurde nach dem Krieg ein Dampf-Lastwagen NAMI-012 entwickelt, der als Brennmaterial mit grob zubereitem Holz auskam.[37] Der Fahrer konnte den Kraftstoff in den Wäldern Sibiriens notfalls selbst schlagen. Noch länger waren Dampfwagen im Einsatz als Straßenwalzen. Die letzten Dampfwagen in Deutschland baute in Form der Dampfwalzen bis in die 1950er-Jahre die Firma B. Ruthemeyer in Soest.

Am längsten wurden Dampflastwagen in Großbritannien gebaut, etwa von Leyland Motors, der auch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren herstellte. Im Jahre 1951 liefen etwa 100.000 Dampflastwagen im Speditionsverkehr Englands.[36]

Moderne Dampfwagen

Unrealisierte Vision der Zeit der Atomeuphorie: der Ford Nucleon

In der Zeit der Atom-Euphorie der 1950er-Jahre entstand die Idee, mit kleinen Atomreaktoren nicht nur Schiffe und U-Boote, sondern auch Loks, Flugzeuge und Straßenfahrzeuge zu betreiben. Wegen der Notwendigkeit der Abschirmung der Neutronenstrahlung, die etwa 100 Tonnen Material erfordert,[38] war dies für Autos unrealistisch, aber für den Fall, dass bessere Abschirmungen gefunden werden sollten, erdachte Ford den Ford Nucleon, ein konzeptionelles Projekt, bei dem ein Kernreaktor die Hitze für einen Dampfantrieb liefern sollte.[39]

Versuche der Wiederbelebung

In den späten 1960er-Jahren wurden dem Dampfwagen wahre Wunder zugeschrieben: Ohne Vergaser, Auspufftopf, Kupplung oder Getriebe wäre er zusätzlich energiesparender und verursache weniger Rauch, da die Verbrennung vollständiger abläuft. Es gab wohl Gespräche bezüglich Testläufen mit mehreren Hochleistungsdampfwagen bei der California Highway Patrol,[40][41] jedoch gibt es keine Belege, dass diese tatsächlich durchgeführt wurden und bei der California Highway Patrol kamen nie Dampfwagen zum Einsatz.

Auch General Motors (GM) führte zu dieser Zeit Versuche durch. Belegt ist der Bau von mindestens zwei Dampfautos. Das eine (SE-124) basierte auf einem Chevrolet Chevelle von 1969. Die Dampfmaschine kam von Besler Developments. Sie war eine Weiterentwicklung des Doble und leistete 50 bhp (37 kW). Das Konzept war auf Alltagstauglichkeit ausgerichtet. Der Chevrolet hatte die in den USA übliche Komfortausstattung; möglichst viele Komponenten des Serienfahrzeugs wurden verwendet. Ein zweites Fahrzeug (SE-101) stellte die Pontiac Division. Der Grand Prix des gleichen Modelljahres erhielt eine 160 bhp (116 kW) starke Maschine von GM Research. Beide Fahrzeuge wurden nur zu Forschungszwecken gebaut. GM hielt fest, dass das im Grand Prix verwendete System über 200 kg schwerer war als ein Pontiac-V8-Motor, selbst in der Massenproduktion das Dreifache kosten würde als besagter V8, dabei weniger Leistung abgab und etliche Probleme bezüglich Gefrieren des Wassers, Wasserverbrauch sowie Korrosionsanfälligkeit hatte.[42][43]

Anfang des 21. Jahrhunderts machte das Dampfauto mit dem 1906 vom Stanley Rocket Racer aufgestellten Geschwindigkeitsrekord von 205,5 km/h wieder Schlagzeilen. Um 2005 begannen Versuche, den Geschwindigkeitsrekord zu brechen,[44] der dann 2009 endgültig gebrochen wurde.[2]

Der Dampfwagen und der Steampunk

Eine gewisse Wiederbelebung erfährt der Dampfwagen im Zuge der Steampunk-Bewegung in Form von künstlerisch aufgearbeiteten Einzelstücken. Die Gruppe Kinetic Steam Works setzen seit 2005 dampfbetriebene Traktoren und Loks wieder in Stand und präsentieren diese zum Beispiel beim Burning Man Festival in den USA den anwesenden Steampunks.[45]

Fotos von Dampfwagen

Siehe auch

Literatur

  • Max J. B. Rauck: Cugnot, 1769–1969: der Urahn unseres Autos fuhr vor 200 Jahren. Münchener Zeitungsverlag, München 1969.
  • Bruno Jacomy, Annie-Claude Martin: Le Chariot à feu de M. Cugnot. Nathan/Musée national des techniques, Paris 1992, ISBN 2-09-204538-5
  • Louis Andre: Le Premier accident automobile de l'histoire. In: La Revue du Musée des arts et métiers. 1993, Numéro 2, S. 44–46.
  • B. Roes: L'Agriculture à toute vapeur : le monde fascinant des tracteurs à vapeur et des locomobiles hier et aujourd'hui. DT media, 2002, ISBN 0-86111-127-3
  • Beverly Rae Kimes (Hrsg.), Henry Austin Clark, jr.: The Standard Catalogue of American Cars 1805–1942. 2. Auflage. Krause Publications, Iola WI 1985, ISBN 0-87341-111-0 (englisch)
  • Lord Montague of Beaulieu: Schöne alte Automobile. Gondrom, Bayreuth 1978, ISBN 3-8112-0070-4
  • The Automobile of 1904. In: Frank Leslie's Popular Monthly. (Januar 1904), Americana Review, Scotia NY 1904 (deckt auch Importe ab, englisch)
  • Beverly Rae Kimes: Pioneers, Engineers, and Scoundrels: The Dawn of the Automobile in America. Herausgeber SAE (Society of Automotive Engineers) Permissions, Warrendale PA 2005, ISBN 0-7680-1431-X (englisch)
  • The Steam Automobile. (Zeitschrift). Steam Automobile Club of America (Ausgaben 1959–1986 als PDF [abgerufen am 8. Juli 2011]).
  • Richard J. Evans: Steam Cars (Shire Album). Shire Publications, 1985, ISBN 0-85263-774-8 (englisch)
  • Anthony Bird, Edward Douglas-Scott Montagu of Beaulieu: Steam Cars, 1770–1970. Littlehampton Book Services, 1971, ISBN 0-304-93707-X (englisch)
  • Floyd Clymer, Harry W. Gahagan: Floyd Clymer's Steam Car Scrapbook. Literary Licensing LLC, 2012, ISBN 978-1-258-42699-6 (englisch)
  • John Headfield: American Steam-Car Pioneers: A Scrapbook. 1. Auflage. Newcomen Society in North, 1984, ISBN 99940-65-90-4 (englisch)
  • Anthony Bird: De Dion Bouton – First automobile Giant; Ballantine's Illustrated History of the Car marque book No 6, Ballantine Books Inc., New York 1971, Nr. 02322-6 (englisch)

Weblinks

Commons: Dampfwagen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Der Rekord blieb 103 Jahre ungebrochen.
  2. a b Spiegel Online: Dampfmaschinen-Rekord – Der schnellste Teekessel der Welt. Abgerufen am 27. August 2009.
  3. Aus der Entwicklungsgeschichte des Automobils In: Kraftfahrzeugtechnik. 4/1954, S. 97.
  4. Mr. D. Gordon’s New Steam-Coach. In: The Times vom 31. Dezember 1827, S. 3. Zu William Brunton und David Gordon siehe auch [1] und [2] im Grace’s Guide für Britische Industriegeschichte.
  5. Dale H. Porter: The Life and Times of Sir Goldsworthy Gurney: Gentleman Scientist and Inventor 1793–1875. Mai 1998.
  6. Bird, Montagu of Beaulieu: Steam Cars, 1770–1970(1971), S. 52.
  7. Bird, Montagu of Beaulieu: Steam Cars, 1770–1970.(1971), S. 56.
  8. Timothy Burstall und John Hill
  9. Von Baader zitiert und übersetzt hier eine Nachricht aus dem Morning-Chronicle vom 30. Juli 1827 und aus dem Bulletin des science technologiques vom Oktober 1827. Joseph Ritter von Baader: Die Unmöglichkeit, Dampfwagen auf gewöhnlichen Strassen mit Vortheil als allgemeines Transportmittel einzuführen und die Ungereimtheit aller Projekte, die Eisenbahnen dadurch entbehrlich zu machen. Riegel und Weißner, Nürnberg 1835.
  10. GracesGuide: Walter Hancock
  11. GracesGuide: Thomas Rickett
  12. Evans: Steam Cars (1985), S. 11.
  13. WordPress: History of steam road vehicles / Catley and Ayres of York.
  14. uniquecarsandparts.com: Lost Marques: Bollée
  15. Nationales Automobilmuseum (Hrsg.): Die großartigsten Autos des Jahrhunderts. Edition Belles Terres, Straßburg 2005, ISBN 2-913231-12-8, S. 125.
  16. a b c gazoline.net: Bollée [Amédée], à toute vapeur vapeur !
  17. Bird: De Dion-Bouton. 1971, S. 51
  18. Bird: De Dion-Bouton. 1971, Kap. Steam Carriage Days.
  19. Karl Kahle: Aus Eisenachs guten und bösen Tagen (1841–1850). In: Beiträge zur Geschichte Eisenachs. Heft IX. Hofbuchdruckerei Kahle, Eisenach 1908, S. 69.
  20. Smithsonian: Dudgeon Dampfwagen 1866.
  21. Kimes: Standard Catalogue. (1996), S. 652
  22. Smithsonian: Roper Dampfrad um 1869.
  23. Smithsonian: Long Dampfdreirad 1883
  24. a b Lord Montague of Beaulieu: Schöne alte Automobile. Gondrom, 1978, S. 23; abgerufen am 5. Februar 2012.
  25. Evans: Steam Cars. (1985), S. 11–13.
  26. Evans: Steam Cars (1985), S. 13.
  27. Evans: Steam Cars (1985), S. 19.
  28. Evans: Steam Cars (1985), S. 23–24.
  29. vanderbiltcupraces.com
  30. Kimes: Pioneers, Engineers, and Scoundrels. (Hardcover), S. 183.
  31. Kimes: Standard Catalogue. (1985), S. 1487.
  32. kcstudio.com: Geschichte des Selden-Patents.
  33. Evans: Steam Cars. (1985), S. 23.
  34. Kimes: Standard Catalogue. (1985), S. 1331.
  35. Das Dampf- und Gasturbinenfahrzeug im Vergleich zum Dieselfahrzeug. In: Kraftfahrzeugtechnik. Heft 3/1955, S. 74–78.
  36. a b Die LOWA-Straßen-Dampfzugmaschine DW 65. In: Kraftfahrzeugtechnik. Heft 5/1951, S. 108–110.
  37. Das Dampf- und Gasturbinenfahrzeug im Vergleich zum Dieselfahrzeug. In: Kraftfahrzeugtechnik. Heft 3/1955, S. 74–78.
  38. http://www.castor.de/technik/atomkraft/7_1954/14_18.html
  39. Alan Bellows: The Atomic Automobile. 27. August 2006; http://www.damninteresting.com/the-atomic-automobile/
  40. Kraft vom Kamel. In: DER SPIEGEL. Nr. 32, August 1969, ISSN 0038-7452 (HTML [abgerufen am 6. Juli 2011]).
  41. William C. Williams: California Highway Patrol Seeks Smogless Steam Auto With High Performance. In: The Steam Automobile. Band II, Nr. 2. Steam Automobile Club of America, 1969 (PDF, 750 KB [abgerufen am 7. Juli 2011]).
  42. Daniel Strohl: Who killed the steamturbine-powered Car? In: Hemmings.com Blog. Mai 2010 ([3] [abgerufen am 17. Mai 2012]).
  43. Jan P. Norbye und Jim Dunne: GM Takes the Wraps Off iIts Steam Cars. In: POPULAR SCIENCE. Juli 1969.
  44. Manfred Dworschak: Kraftwerk hinterm Sitz. In: DER SPIEGEL. Nr. 35, September 2005, ISSN 0038-7452 (HTML [abgerufen am 6. Juli 2011]).
  45. Steampunk: Science Fiction mal anders. In: Tracks. ARTE G.E.I.E, 12. November 2009, abgerufen am 25. Mai 2011.