Polle
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Koordinaten: | 51° 54′ N, 9° 24′ O | |
Bundesland: | Niedersachsen | |
Landkreis: | Holzminden | |
Samtgemeinde: | Bodenwerder-Polle | |
Höhe: | 90 m ü. NHN | |
Fläche: | 21,24 km2 | |
Einwohner: | 1137 (31. Dez. 2022)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 54 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 37647 | |
Vorwahl: | 05535 | |
Kfz-Kennzeichen: | HOL | |
Gemeindeschlüssel: | 03 2 55 033 | |
Adresse der Verbandsverwaltung: | Münchhausenplatz 1 37619 Bodenwerder | |
Website: | ||
Bürgermeisterin: | Ulrike Weißenborn (parteilos, für die GRÜNEN[2]) | |
Lage der Gemeinde Polle im Landkreis Holzminden | ||
Polle ist ein Flecken im Landkreis Holzminden in Niedersachsen (Deutschland) und gehört der Samtgemeinde Bodenwerder-Polle an.
Geografie
Die Gemeinde liegt mitten im Weserbergland direkt an der Weser. Sie grenzt im Norden an Vahlbruch und Brevörde, im Osten an Bevern und im Süden an Heinsen. Im Südwesten und Westen ist die Gemeindegrenze gleichzeitig Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen, und zwar zur Stadt Höxter (Kreis Höxter) und zur Stadt Lügde (Kreis Lippe).
Geschichte
Die erste urkundliche Erwähnung von Polle erfolgte im Jahre 1285. Der Ortsname beruht wahrscheinlich auf der Lage an einer Weserschleife, in die ein vorspringender Poll im Sinne von Kopf oder Spitze ragte [3]. Darauf entstand die Burg Polle, welche im 18. Jahrhundert dem Verfall anheimfiel, mit einer Siedlung. 1407 wurde die Burg von den Brüdern Heinrich I. und Bernhard I. von Braunschweig erobert. Die Folge war, dass die in der Umgebung vorhandenen Besitzungen der Grafen von Everstein nicht in die Hände des Grafen Hermanns von Lippe blieben, welche er vom letzten Grafen derer von Everstein erhalten hatte, sondern an das Haus Braunschweig fiel. Jener Vertrag, der die Besitzrechte festlegte, wurde 1409 in Polle abgeschlossen.[4] Bei der welfischen Erbteilung von 1495 zwischen Heinrich dem Älteren und Erich I., in dem das Fürstentum Calenberg entstand, wurde Polle Teil desselben.
Als im Dreißigjährigen Krieg der Feldherr Tilly 1623 die Burg Polle belagerte und plünderte erlitt auch Polle dabei Schaden. 1649 wurde eine Papiermühle gegründet. Im Siebenjährigen Krieg wurde Polle 1757 nach der Schlacht bei Hastenbeck von französischen Truppen geplündert. Bis Ende 2010 war Polle staatlich anerkannter Erholungsort.
Zweiter Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg war Polle heftig umkämpft. Der Ort lag im Verteidigungsbereich der Kampfgruppe Goerbig unter Generalmajor Paul Goerbig und sollte mit allen Kräften gehalten werden. Rund 1.000 Soldaten (zwei Kompanien Waffen-SS, vier Wehrmachtskompanien) und drei Panzerkampfwagen VI Tiger II (wahrscheinlich der Panzerabteilung 507) sollten Polle und Stellungen in Falkenhagen als Brückenkopf halten. Am 6. April 1945 flüchteten die Bewohner in die umliegenden Wälder. Am 7. April griffen US-Truppen des 331st Infantry Regimental Combat Team der 83rd Infantry Division von Brevörde aus an, wurden aber gestoppt und erlitten schwere Verluste. Fast pausenloses Artilleriefeuer vom Köterberg, vom Wilmeröder Berg und ein Jagdbomberangriff am 7. April sollten die deutschen Truppen zur Aufgabe zwingen. Am 8. April wurde der West- und Nordflügel der Burg getroffen und zerstört, weitere 33 Häuser darunter das alte sowie neue Amtshaus standen in Flammen. Ein Tigerpanzer wurde mangels Munition und Treibstoff auf der Reichsstraße 83 aufgegeben. Die anrückenden Amerikaner verloren durch Panzerfaustbeschuss zwei US-Panzer vom Typ M4 Sherman, konnten Polle aber von Haus zu Haus einnehmen. Die deutschen Truppen zogen sich mit Flößen über die Weser zurück, da die Fähre gesprengt worden war. Bei den Kämpfen starben in Polle 14 deutsche Soldaten, 68 US-Soldaten und einige Zivilisten.
Einwohnerentwicklung
- 1843: 1.209 Einwohner
- 1848: 1.219 Einwohner
- 1864: 1.190 Einwohner
- 1885: 1.151 Einwohner
- 1905: 1.037 Einwohner
- 1925: 1.063 Einwohner
- 1933: 1.156 Einwohner
- 1939: 1.126 Einwohner
- 1996: 1.317 Einwohner
- 2006: 1.182 Einwohner
- 2009: 1.125 Einwohner
- 2011: 1.102 Einwohner
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Burgruine
Die Ruine der Burg Polle auf einer etwa 25 m hohen Bergkuppe oberhalb der Gemeinde Polle ist eine markante Burgruine im Wesertal. Sie liegt direkt östlich sowie unterhalb der Burg angrenzenden Weserschleife. (Koordinaten: 51° 53′ 53,5″ N, 9° 24′ 25,6″ O ) Die Anlage wurde erstmals im Jahr 1285 urkundlich als „Eversteiner Burg“ erwähnt und gilt als eine der Stammburgen der Eversteiner Grafen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie 1641 von schwedischen Truppen zerstört und blieb Ruine. Heute kann sie besichtigt werden. Mehrmals jährlich finden kulturelle Veranstaltungen im Burghof statt. Von 2007 bis September 2009 wurden auf der Burg archäologische Ausgrabungen durchgeführt – die Fundstücke können im Burgmuseum besichtigt werden.
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Hauptburg
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Blick von der Burg Polle auf den Weserbogen und die Fähre
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Blick von der Burg Polle auf den Ort
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Postkartenansicht von Polle mit Weser und Burgberg von 1908
Weitere Bauten
- Kirche St. Georg von 1699
- Kirche St. Josef von 1958
Kultur
Polle ist Teil der Deutschen Märchenstraße und die angedichtete „Heimat“ des Aschenputtel, welches regelmäßig von der örtlichen Laienspielgruppe in der Burgruine aufgeführt wird.[5] Alle ein bis zwei Jahre findet außerdem eine historische Wiederaufführung der Hochzeit des Baron von Münchhausen mit der Pollerin Bernhardine von Brunn in Bodenwerder und Polle statt.[6] Diese Projekte werden von der Europäischen Union als Teil der deutschen Märchenlandschaft finanziell gefördert.
Zu überregionaler Bekanntheit hat es der Poller Kürbismarkt gebracht.
Politik
Gemeinderat
Der Gemeinderat setzt sich nach der Kommunalwahl vom 11. September 2011 zusammen aus:
- GRÜNE: 5 Sitze
- SPD: 4 Sitze
- Poller Wählergemeinschaft (PWG): 2 Sitze
Bürgermeister
Bürgermeisterin ist die parteilose Ulrike Weißenborn, die auf der Liste von Bündnis 90/Die Grünen kandidierte.
Wappen
Blasonierung: „In Blau eine silberne Burg mit zwei Zinnentürmen, darüber schwebend ein goldener Topfhelm mit goldenem Pfauenfederbusch als Helmzier. Im offenen Tor ein golden gekrönter, golden bewehrter und rot gezungter silberner Löwe.“ Die silberne Burg stellt die frühere Burg Polle dar, die heute nur noch als Ruine erhalten ist und 1284, nachdem die Grafen von Everstein ihre namensgebende Hauptburg Everstein verloren hatten, zu ihrem Stammsitz am Weserbogen wurde. Ebenso verweist der Topfhelm, der gekrönte silberne Löwe und die Helmzier auf diese Grafen hin. Zwar besaß Polle als Burgflecken bereits 1374 eine Ratsverfassung und war Erhebungsstätte des Weserzolls, jedoch sind ältere Fleckensiegel nicht überliefert.[9] Das heutige Siegel wurde 1934 vom Preußischen Staatsministerium verliehen.
Wirtschaft und Infrastruktur
1901 erfolgte die Gründung der Spedition Bohmhauer GmbH in Polle. Von 1916 bis 1947 gab es südlich des Ortes einen Steinbruch der Norddeutschen Hütte AG, die Muschelkalk förderte. 1935 erfolgte die Gründung des Speditionsunternehmens „Wilke Transporte“. 1960 eröffnete das erste Feriendorf im Weserbergland, das Bungalow-Feriendorf „Holiday-Park“ mit zwölf Doppel-Bungalows. 1966 fusionierte die Volksbank Polle eGmbH mit der Volksbank Holzminden eGmbH; ab 1970 Umbenennung in Volksbank Weserbergland. 1983 wurde die L & M Palettenfabrikation OHG von Wilhelm Lüders in Polle gegründet, später Verlegung nach Vahlbruch. 1986 wurde die Kreuder Golfplatz und Sportstätten GmbH gegründet. Heute existieren zudem ganz in der Nähe mit den „Poller Steinbrüchen“ sowie mit „Müller Treppenbau“ die einzigen noch über die Dorfversorgung hinausgehenden wirtschaftlichen Strukturen.
Verkehr
Die Bundesstraße 83 verbindet Polle mit Holzminden und Bodenwerder und über die Landesstraße 427 mit Schwalenberg und nach einer Abzweigung über die Landesstraße 426 mit Bad Pyrmont.
Im Verlauf der Kreisstraße 32 wird östlich der Burgruine eine Rollfähre betrieben. Die Weserfähre verkehrt zwischen Polle und dem Ortsteil Heidbrink und weiter nach Bevern. Der Fährbetrieb wurde im Jahr 1905 aufgenommen. Eigentümer der Fähranlage ist seit 1994 der Landkreis Holzminden.
Trivia
Am 18. Oktober 1988 stürzte ein Phantom-Jagdflugzeug der RAF Germany nur einige hundert Meter von Polle entfernt in ein Waldgebiet. Zu weiteren Details siehe Vahlbruch.
1991/92 fanden auf dem Gelände der Burgruine die Dreharbeiten zur Serie Der große Bellheim statt: Max Reuther, pensionierter Gewerkschafter (dargestellt von Hans Korte), ist Laienschauspieler an der Freilichtbühne Polle, bevor er von Peter Bellheim (Mario Adorf) zurück ins Unternehmen geholt wird. Namentlich wird die Örtlichkeit allerdings nicht erwähnt.
Persönlichkeiten
- Ernst August Rumann (1746–1827), deutscher Jurist und Justizminister des Königreichs Hannover von 1816 bis 1827
- Eberhard von Graevemeyer (1806–1892), hannoverscher Amtmann in Polle
- Victor von Alten (1817–1891), Regierungspräsident und Reichstagsabgeordneter (Deutsche Zentrumspartei)
- Christian Schünemann (1853–1933), Maurermeister, Bauunternehmer, Gründer der Bauunternehmung Karl Schünemann in Hannover-Ricklingen, die er nach seinem Vater nannte. Nach seinem Sohn Karl (1881–1934) ist der Schünemannplatz in Hannover benannt[10][11]
- Hans-Hermann Jantzen (* 1945), lutherischer Theologe und Landessuperintendent für den Sprengel Lüneburg der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Landesamt für Statistik Niedersachsen, LSN-Online Regionaldatenbank, Tabelle A100001G: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes, Stand 31. Dezember 2022 (Hilfe dazu).
- ↑ http://gruene-polle.de/wp-content/uploads/2011/12/A_F_20111119_TAH_Polles_erste_gruene_Buergermeisterin_hat_keine_Mehrheit_im_Rat.pdf
- ↑ Ernst Andreas Friedrich: Die Burgruine Polle, S. 152, in: Wenn Steine reden könnten. Band IV
- ↑ Hermann Guthe: Die Lande Braunschweig und Hannover. Mit Rücksicht auf die Nachbargebiete geographisch dargestellt. Klindworth's Verlag, Hannover 1867, S. 420.
- ↑ http://www.weserbergland-tourismus.de/urlaubsthemen/maerchen-und-schloesser/maerchen-und-sagen/aschenputtel.html
- ↑ Hochzeit symbolisiert die Fusion der beiden Samtgemeinden, Deister- und Weserzeitung, 6. Juli 2010
- ↑ http://wahlen.kds.de/2011kw/Daten/255408_000029/index.html
- ↑ http://wahlen.kds.de/2006kw/Daten/POL/6_3_000255033E.html
- ↑ Klemens Stadler: Deutsche Wappen Bundesrepublik Deutschland. Die Gemeindewappen der Bundesländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Band 5. Angelsachsen-Verlag, Bremen 1970, S. 66.
- ↑ http://www.schuenemann-immobilien.de/historie.html
- ↑ http://www.schuenemannplatz.de/historie.php