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Bundesrat (Deutschland)

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Der Bundesrat ist in Deutschland ein Verfassungsorgan des Bundes, durch das nach Artikel 50 des Grundgesetzes die Bundesländer – genauer gesagt die Landesregierungen – bei der Gesetzgebung des Bundes und in Angelegenheiten der Europäischen Union mitwirken. Seine Existenz als Vertretung der Gliedstaaten (Länderkammer) ist ein wichtiger Teil des föderalen Charakters des deutschen Staatsaufbaus. Er ist ein kontinuierliches Organ ohne Legislaturperioden, dessen parteipolitische Zusammensetzung sich bei jeder Landtagswahl verändern kann, wohingegen der Bundestag ein diskontinuierliches Organ ist, das alle vier Jahre neu gewählt wird.

Der Bundesrat hat eine besondere Stellung, da er den in manchen anderen Staaten üblichen Grundsatz der strikten Gewaltenteilung durchbricht – er besteht aus Exekutiven (den Landesregierungen), ist selbst jedoch ein legislatives Organ. Das daraus entstehende System bezeichnet man als Exekutivföderalismus. Andererseits erweitert sich durch den Föderalismus die Gewaltenteilung auf Bundesebene (horizontale Gewaltenteilung) um eine Gewaltenteilung zwischen Bund und Ländern (vertikale Gewaltenteilung).

Durch die wachsende Rolle der Parteipolitik in der Arbeit des Bundesrates wird dieser inzwischen als parteipolitisches Instrument und nicht – wie ursprünglich vom Parlamentarischen Rat beabsichtigt – als Korrektiv zur parteipolitischen Bundestagsarbeit angesehen. Unterscheiden sich die Mehrheitsverhältnisse zwischen Bundestag und Bundesrat, besteht die Gefahr einer gegenseitigen Blockade aus parteitaktischen Erwägungen. Die 2004 gescheiterte Föderalismuskommission hatte den Auftrag, dieser Gefahr durch Abbau der Anzahl zustimmungspflichtiger Gesetze im Bundesrat entgegenzuwirken. Nachdem im Vertrag der 2005 ins Amt gekommenen Großen Koalition die Föderalismusreform vereinbart wurde, ist sie am 1. September 2006 in Kraft getreten. Der derzeitige Präsident des Bundesrates und als solcher Stellvertreter des Bundespräsidenten ist der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU).

Preußisches Herrenhaus, Sitz des Bundesrates, in der Leipziger Straße
Blick in den Vorhof des Preußischen Herrenhauses
Preußisches Herrenhaus um 1900

Sitz

Bundesratsgebäude in Bonn

Der Bundesrat, auch als Länderkammer bezeichnet, hat seit dem Umzug im Jahr 2000 seinen Sitz im ehemaligen Preußischen Herrenhaus in Berlin. Vorher tagte er seit 1949 im Bundeshaus in Bonn und zwar in der ehemaligen, zuvor bereits durch den Parlamentarischen Rat genutzten Aula. Dort befindet sich noch heute eine Außenstelle, in der vor allem die Zentrale Stelle der Länder in Europaangelegenheiten untergebracht ist.

Das Preußische Herrenhaus existiert seit 1904. Bereits zuvor tagte die gleichnamige preußische Institution in einem Vorgängerbau; dieses Barock-Palais wurde aber zwischen 1899 und 1904 abgerissen. Nach dem Ende des Kaiserreichs diente das heutige Gebäude 1918/1919 dem Zentralrat der Arbeiter- und Bauernräte als Tagungsort, bis 1920 schließlich der Preußische Staatsrat einzog. 1933 bis 1945 diente es nach der Auflösung des Staatsrates als „Haus der Flieger“ dem nationalsozialistischen preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring als Dienstsitz und wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt. Nach dem Krieg wurde das Gebäude, das im Ostteil Berlins liegt, von DDR-Institutionen wie der Akademie der Wissenschaften genutzt. 1996 schließlich entschied sich der Bundesrat zusammen mit dem Bundestag nach Berlin umzuziehen. Aus diesem Grund wurde das Anwesen zwischen 1997 und 2000 renoviert, so dass der Bundesrat im Jahr 2000 dort seinen Sitz nehmen konnte.

Bezeichnung

Zu Beginn seiner Geschichte war die Eigenbezeichnung des Verfassungsorgans „Deutscher Bundesrat“, heute lautet sie schlicht „Bundesrat“. Der langjährige Bundesratsbeamte Konrad Reuter schrieb dazu 1991 in seinem „Praxishandbuch Bundesrat“ (S. 87):

Zu Beginn der Bundesrepublik Deutschland wurde auch der BR offiziell als „Deutscher Bundesrat“ bezeichnet: Die Grunddrucksachen des Bundesrates trugen bis April 1951 (Drs. 1/49 bis 301/51) die Kopfzeile „Deutscher Bundesrat“, seither aber die Bezeichnung „Bundesrat“
Die Vereinheitlichung der Praxis hin zur Bezeichnung „Bundesrat“ beruht auf einer Anordnung des Bundesratspräsidenten vom 12. September 1952, mit der zur „Beseitigung von Zweifeln über die Bezeichnung des Bundesrates auf Schriftstücken des Sekretariats“ die Führung der Bezeichnung „Bundesrat“ verfügt wurde.
Im internationalen Verkehr wird vom BR diplomatischen Gepflogenheiten entsprechend die Bezeichnung „Bundesrat der Bundesrepublik Deutschland“ verwendet.

Plenarsaal

Der Plenarsaal des Bundesrates

An der Stirnseite des Plenarsaales befindet sich in der Mitte der Platz des Präsidiums. Vor ihm befindet sich das Rednerpult, davor wiederum sitzen die Stenografen. Vom Rednerpult aus rechts neben ihm befinden sich die Plätze der Mitglieder der Bundesregierung und ihrer Beauftragten. Reicht der Platz nicht aus, so sitzen auch links vom Präsidium Mitglieder der Bundesregierung, außerdem finden dort wichtige Beamte des Bundesrates ihren Platz. Im Plenum sitzen die Vertreter der einzelnen Länderregierungen im Halbrund. Die Plätze ergeben sich aus der alphabetischen Reihenfolge der Ländernamen: Vom Präsidium aus rechts außen sitzen die Vertreter Baden-Württembergs, links außen schließlich die Bundesratsmitglieder aus Thüringen.

Hinter dem Platz des Präsidiums befinden sich anders als im Bundestag weder der Bundesadler noch die deutsche oder europäische Flagge, sondern stattdessen die Wappen der sechzehn Bundesländer.

Schließlich befinden sich über den Mitgliedern des Bundesrates die Zuschauerränge. Auch im Bundesrat dürfen die Zuschauer keine Beifalls- oder Missfallensbekundungen von sich geben oder Anstand und Ordnung verletzen, sonst werden sie aus dem Plenarsaal entfernt.

Aufgaben und Befugnisse

Durch den Bundesrat wirken nach den Vorschriften des Grundgesetzes (Artikel 50) „die Länder bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes und in Angelegenheiten der Europäischen Union“ mit. Diese grundsätzliche Mitwirkung ist durch Artikel 79 des Grundgesetzes, die Ewigkeitsklausel, der Abschaffung selbst durch verfassungsänderndes Gesetz entzogen. Der Bundesrat ist allerdings keine mit dem Bundestag gleichberechtigte „Zweite Kammer“. Entsprechend bedürfen auch nicht alle Gesetze zu ihrem Inkrafttreten der Zustimmung des Bundesrates. Vielmehr ist die Zustimmungspflicht des Bundesrates vom Parlamentarischen Rat als Ausnahme angesehen worden. In der Verfassungsrealität hat sich der Anteil der zustimmungspflichtigen Gesetze – auch aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes – auf deutlich über fünfzig Prozent erhöht. Ursprünglich war die Mitwirkung des Bundesrates, die zum Beispiel zur Zustimmungspflicht wird, sobald Gesetze von den Ländern ausgeführt werden müssen, dazu gedacht, die verwaltungstechnische Erfahrung der Länderregierungen in die Gesetzgebung einfließen zu lassen. Inzwischen ist der Bundesrat jedoch zu einem Organ geworden, das durchaus auch aus inhaltlichen Gründen Gesetzen widerspricht und von parteipolitischen Leitlinien mitgeprägt ist. Der Zuwachs der Rolle der Bundespolitik in Landtagswahlkämpfen resultierte auch aus dieser Tatsache. Das Hauptziel der 2004 gescheiterten Föderalismuskommission war deshalb die Entflechtung von Zuständigkeiten von Bund und Ländern und damit die Senkung des Anteils der zustimmungspflichtigen Gesetze im Bundesrat.

Von 1949 bis 1996 erhielten nur ungefähr 150 vom Bundestag verabschiedeten Gesetze keine Mehrheit im Bundesrat. Die Unterschiedlichkeit der Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat hat spätestens seit Mitte der 1990er-Jahre dazu geführt, dass die beiden Organe häufiger unterschiedlicher Meinungen über bestimmte Gesetzentwürfe sind als das früher der Fall war. Manche Beobachter sehen im Verhalten des Bundesrats parteitaktisch motivierte Blockaden. Gesetzesentwürfe werden meistens gar nicht erst in den Bundesrat eingebracht, wenn ihre Ablehnung schon von Anfang an feststehen würde; große Reformen sind stärker gefährdet als kleine Änderungen.

Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Gesetzgebung

Hauptartikel: Gesetzgebungsverfahren (Deutschland)

Es gibt zwei verschiedene Gesetzesarten: im Bundesrat zustimmungspflichtige und im Bundesrat nicht zustimmungspflichtige Gesetze. Hierbei ist mit „zustimmungspflichtig“ nicht gemeint, dass der Bundesrat in der Pflicht steht, einem Gesetz zuzustimmen; vielmehr benötigt ein solches Gesetz zu seinem Inkrafttreten die Zustimmung dieses Verfassungsorgans.

Die in der Praxis wichtigsten Fälle einer Zustimmungspflicht entstehen in den folgenden Situationen:

  • Das Bundesgesetz wird – wie in der Regel – von den Verwaltungen und Behörden der Länder ausgeführt und enthält hierfür besondere Vorschriften über Zuständigkeit und Verfahren der Landesbehörden (Artikel 84 und 85 des Grundgesetzes).
  • Das Bundesgesetz gewährt den Bürgern eine Geldleistung, für die zumindest zu einem Viertel die Landeskasse aufkommen muss (Artikel 104a des Grundgesetzes).
  • Das Bundesgesetz enthält Regelungen über die Erhebung und Verteilung von Steuern (in zahlreichen Fällen, etwa gemäß Artikel 105 oder 106 des Grundgesetzes).
  • Es handelt sich um ein Gesetz, mit dem das Grundgesetz geändert oder Hoheitsrechte an die Europäische Union übertragen werden sollen (Artikel 79 und 23 des Grundgesetzes). Dann ist sogar eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat erforderlich.

Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedarf jedes Gesetz, das auch nur eine Vorschrift enthält, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, als Ganzes der Zustimmung des Bundesrates. Da die Trennung eines Bundesgesetzes in einen zustimmungspflichtigen und einen nicht zustimmungspflichtigen Teil sehr häufig nicht möglich ist, ergibt sich hieraus eine deutliche Machtsteigerung für den Bundesrat, zumal sehr viele Gesetze Vorschriften enthalten, die etwa von den Ländern ausgeführt werden sollen.

Der Bundesrat gehört (in Friedenszeiten) zu den drei Verfassungsorganen, die ein Initiativrecht bei der Gesetzgebung besitzen; neben ihm sind dies Bundestag und Bundesregierung. Am häufigsten werden Gesetzentwürfe von der Bundesregierung eingebracht.

Gesetzentwürfe des Bundesrates selbst gehen zunächst an die Bundesregierung, die den Entwurf zusammen mit einer Stellungnahme an den Bundestag weiterleitet. Gesetzentwürfe der Bundesregierung gehen zunächst an den Bundesrat, welcher hierzu Stellung nehmen kann und dies in aller Regel auch tut. Der Gesetzentwurf geht danach zurück zur Bundesregierung, die den Entwurf sodann gegebenenfalls mit einer Entgegnung zur Stellungnahme des Bundesrates an den Bundestag weiterleitet. Gesetzentwürfe des Bundestages werden zunächst von diesem selbst beraten.

Jeder Gesetzesentwurf, der vom Bundestag kommt, wird im Bundesrat beraten. Dabei gibt es in der Regel eine erste Lesung, an die sich eine Beratung in den Ausschüssen des Bundesrates anschließt. Die Ausschüsse geben sodann eine Beschlussempfehlung ab; der Bundesrat entscheidet über die Beschlussempfehlung. In jedem Fall kann der Bundesrat den Vermittlungsausschuss (Ausschuss nach Artikel 77 des Grundgesetzes) anrufen, wenn er mit dem Gesetzentwurf nicht einverstanden ist – dies gilt auch für nicht zustimmungspflichtige Gesetze. Lehnt der Bundesrat ein zustimmungspflichtiges Gesetz ab, so können auch Bundesregierung oder Bundestag den Vermittlungsausschuss anrufen. Wird der Vermittlungsausschuss angerufen, so entscheidet der Bundesrat (bei geändertem Gesetzentwurf auch der Bundestag erneut) nach der Beratung des Vermittlungsausschusses endgültig über den Gesetzentwurf.

Ist der Gesetzentwurf zustimmungspflichtig, so bedarf er der Mehrheit der Stimmen des Bundesrates. Erhält er diese Stimmenzahl nicht, so ist der Gesetzentwurf gescheitert.

Ist der Gesetzentwurf nicht zustimmungspflichtig, so kann der Bundesrat mit mindestens der Mehrheit seiner Stimmen Einspruch gegen den Gesetzentwurf einlegen. Legt der Bundesrat den Einspruch mit absoluter, aber nicht mit Zweidrittelmehrheit ein, so kann der Bundestag den Einspruch mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder abweisen; das Gesetz tritt dann trotzdem in Kraft. Legt der Bundesrat den Einspruch mit Zweidrittelmehrheit ein, so bedarf die gültige Zurückweisung des Einspruches auch einer Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Bundestages. Weist der Bundestag den Einspruch nicht zurück, ist der Gesetzentwurf gescheitert.

Die Frist, die der Bundesrat hierbei beachten muss, ist relativ knapp: In der Regel beträgt sie sechs Wochen zur Behandlung im ersten Durchgang (bei Gesetzentwürfen der Bundesregierung), sie kann sich bei dringlichen Gesetzen auf drei Wochen verkürzen, bei umfangreichen Gesetzen, Grundgesetzänderungen oder der Übertragung von Hoheitsrechten auch auf neun Wochen verlängern. Im zweiten Durchgang, an dessen Ende der eigentliche Beschluss über den Gesetzentwurf steht, beträgt die Frist nur drei Wochen. Da die Ausschüsse ihre Beratungen zwei Wochen vor der Bundesratssitzung beendet haben müssen, damit die Unterlagen rechtzeitig verschickt werden können, müssen sie also die Gesetze häufig binnen Wochenfrist behandeln und abarbeiten.

Mitwirkung innerhalb der Europäischen Union

Artikel 23 des Grundgesetzes eröffnet den Ländern zusammen mit Artikel 50 ein Mitwirkungs- und Informationsrecht in Angelegenheiten der Europäischen Union. Soll in der EU ein Rechtsgebiet geregelt werden, bei dem die Länder Mitspracherecht hätten, wenn die Regelung innerhalb der Vorschriften des Grundgesetzes beschlossen würde, so hat der Bundesrat in Korrespondenz mit dem Grad seines innerstaatlichen Mitspracherechts auch ein Mitspracherecht auf europäischer Ebene. Dies kann soweit gehen, dass der Bundesrat den deutschen Vertreter im Rat der Europäischen Union bestimmt; hierbei ist nur die Beteiligung und die Abstimmung mit der Bundesregierung vorgesehen und die Wahrung gesamtstaatlicher Interessen zu sichern.

Artikel 52 des Grundgesetzes ermöglicht es dem Bundesrat seit 1992, eine Europakammer einzurichten, deren Beschlüsse in EU-Angelegenheiten als Beschlüsse des Bundesrates gelten. Jedes Land entsendet ein Mitglied in die Europakammer, dieses Mitglied hat dann aber so viele Stimmen wie das Land Stimmen im Plenum hat. Da die Europakammer vom Bundesrat ausdrücklich in Beratungen eingeschaltet werden muss, hat sie bisher selten getagt. Da der Bundesrat ohnehin relativ häufig zusammentritt, gab es kaum Fälle, in denen die Entscheidung des Bundesrates so dringlich war, dass die Europakammer ins Spiel kam.

Mitwirkung bei Rechtsverordnungen und Allgemeinen Verwaltungsvorschriften

Wegen der Erfahrung der Länderregierungen mit der verwaltungstechnischen Umsetzung von Gesetzen sind auch Rechtsverordnungen, die die Bundesregierung oder einzelne Bundesminister erlassen, zustimmungspflichtig, wenn sie auf zustimmungspflichtigen Gesetzen beruhen oder telekommunikations- oder eisenbahnrechtliche Konsequenzen haben. Der Bundesrat kann der Bundesregierung oder den zuständigen Ministern Entwürfe für derartige Rechtsverordnungen zukommen lassen. Die Anrufung etwa des Vermittlungsausschusses ist nicht möglich. Ähnliches gilt für den Erlass Allgemeiner Verwaltungsvorschriften. In beiden Fällen ist der Bundesrat regelmäßig das einzige beschließende Organ; der Bundestag hat mit dem Erlass von Rechtsverordnungen nur in Ausnahmefällen zu tun.

Ländergesetzgebung

Der Bundesrat hat – als Bundesorgan – keinerlei Einfluss auf die Gesetzgebung der Länder. Haben die Länder in einem Rechtsgebiet die Gesetzgebungshoheit, so handeln sie dort vollständig autonom. Allerdings können sich die Länder – unterhalb der Ebene des Bundesrates – in Sachfragen abstimmen. Bekanntestes Beispiel hierfür ist die Kultusministerkonferenz (KMK), die etwa Ferientermine und gegenseitige Abituranerkennungen beschließt. Diese Konferenz ist kein Organ des Bundesrates, sondern eine Einrichtung der Länderminister untereinander.

Fragerecht

Die Vertreter jedes Landes können Fragen an die Bundesregierung stellen. Diese werden im Bundesrat auf die Tagesordnung gesetzt und dort diskutiert, wenn das Land nicht mit der schriftlichen Beantwortung der Frage durch die Bundesregierung einverstanden ist.

Wahl anderer Verfassungsorgane

Der Bundesrat als solcher wirkt bei der Wahl des Bundespräsidenten nicht mit. Allerdings sind die Mitglieder des Bundesrates bei der Vereidigung des neu gewählten Bundespräsidenten anwesend.

Der Bundesrat wählt mit Zweidrittelmehrheit die Hälfte der Richter des Bundesverfassungsgerichtes; die andere Hälfte wählt ein Wahlmännergremium des Bundestages. Wegen der Zweidrittelmehrheit wird häufig ein mit CDU/CSU- und SPD-Sympathisanten ausgewogen besetztes „Paket“ gewählt. Der Bundesrat als solcher hat keine Mitwirkungsrechte bei der Wahl der übrigen Bundesrichter, hierbei kommt ein Richterwahlausschuss zum Tragen, dem die für das jeweilige Gerichtsfachgebiet zuständigen Fachminister der Länder und Mitglieder des Bundestages angehören.

Verteidigungsfall

Hauptartikel: Verteidigungsfall

Die Feststellung des Verteidigungsfalls bedarf neben dem Beschluss des Bundestages mit Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen und mindestens absoluter Mehrheit seiner Mitglieder auch der Zustimmung des Bundesrates. Ist der Bundestag nicht handlungsfähig, so tritt an seine Stelle der Gemeinsame Ausschuss, dem für jedes Land ein Mitglied des Bundesrates sowie eine dem Doppelten der Zahl der Länder entsprechende Anzahl von Mitgliedern des Bundestages angehört. Der Gemeinsame Ausschuss nimmt in diesem Fall die Aufgaben und Befugnisse des Bundestages und des Bundesrates einheitlich wahr. Gesetze des Gemeinsamen Ausschuss werden durch Beschluss des Bundestages mit Zustimmung des Bundesrates aufgehoben; der Bundesrat kann verlangen, dass der Bundestag hierüber beschließt.

Der Bund erhält im Verteidigungsfall das Recht der konkurrierenden Gesetzgebung für alle Rechtsmaterien; entsprechende Gesetze sind zustimmungspflichtig. Das Gesetzgebungsverfahren kann abgekürzt werden; dabei kann eine gemeinsame (gleichzeitige) Beratung eines Gesetzentwurfes durch Bundestag und Bundesrat erfolgen.

Wahlperioden der Länderparlamente (und damit die Amtszeiten der Landesregierung) enden frühestens sechs Monate nach dem Ende des Verteidigungsfalls.

Die Aufhebung des Verteidigungsfalls bedarf auch der Zustimmung des Bundesrates. Dieser kann verlangen, dass der Bundestag hierüber beschließt.

Gesetzgebungsnotstand

Fällt die Vertrauensfrage des Bundeskanzlers negativ aus, so kann der Bundespräsident auf Antrag des Bundeskanzlers und mit Zustimmung des Bundesrates den Gesetzgebungsnotstand ausrufen, wenn die Vertrauensfrage mit einem Gesetzentwurf verbunden war oder der Bundestag nach der Vertrauensfrage einen von der Bundesregierung als dringlich bezeichneten Gesetzentwurf ablehnt oder zu lange nicht behandelt.

Ist der Gesetzgebungsnotstand ausgerufen, so kommt ein Gesetz auch ohne Zustimmung des Bundestages zustande, sofern der Bundesrat jeweils zustimmt. Damit kann der Bundesrat in die Rolle des Ersatzgesetzgebers schlüpfen, wenn eine Regierung nicht mehr das Vertrauen der Mehrheit des Bundestages hat, dieser aber den Bundeskanzler nicht per konstruktivem Misstrauensvotum zu stürzen in der Lage ist.

Der Gesetzgebungsnotstand ist auf sechs Monate und die Amtszeit des zum Zeitpunkt der Ausrufung amtierenden Bundeskanzlers beschränkt. Durch ein nach den Regeln des Gesetzgebungsnotstandes zustande gekommenes Gesetz darf auch das Grundgesetz nicht angetastet werden. In der Geschichte der Bundesrepublik ist der Gesetzgebungsnotstand noch nie ausgerufen worden.

Organisation des Bundesrates

Zusammensetzung

Jedes der 16 Bundesländer hat seit der Wiedervereinigung zwischen drei und sechs Stimmen im Bundesrat; zuvor waren es drei bis fünf. Die Stimmenanzahl orientiert sich an der Einwohnerzahl, ohne sie jedoch mathematisch genau widerzuspiegeln. Die kleineren Länder erhalten damit ein relativ größeres Stimmgewicht. Dies ist politisch als ein Ausdruck des föderalen Prinzips gewollt. Dabei erhält jedes Land, das mehr als zwei Millionen Einwohner hat, vier, jedes Land, das mehr als sechs Millionen Einwohner hat, fünf, und jedes Land, das mehr als sieben Millionen Einwohner hat, sechs Stimmen. Bei der Wiedervereinigung wurde den größten vier Ländern eine weitere Stimme zugestanden, damit die Balance zwischen den Stimmgewichten der kleinen und großen Bundesländer erhalten bleibt. Insbesondere sollten die vier großen Länder ihre Sperrminorität gegen Verfassungsänderungen behalten: Sie haben nun 24 von 69 Stimmen und können damit jede Grundgesetzänderung blockieren.

Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen haben zurzeit je sechs Stimmen, Hessen hat fünf, Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben je vier, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland schließlich je drei Stimmen (siehe dazu auch Liste der deutschen Bundesländer, geordnet nach Einwohnerzahl). Insgesamt gibt es im Bundesrat damit 69 Stimmen.

Die Bundesratsmitglieder müssen nach Artikel 51 des Grundgesetzes Mitglieder der jeweiligen Landesregierung sein, in der Regel also Ministerpräsident oder Landesminister. Aber auch Staatssekretäre können Mitglieder des Bundesrates sein, sofern sie Kabinettsrang haben. Jedes Bundesland hat so viele Bundesratsmitglieder wie es Stimmen im Bundesrat hat. Die übrigen Mitglieder der Landesregierungen sind üblicherweise „stellvertretende Mitglieder des Bundesrates“. Die Mitglieder werden von der jeweiligen Landesregierung bestellt und abberufen. Sie dürfen nicht Mitglieder des Bundestages sein.

Stimmabgabe

Die Stimmabgabe im Bundesrat muss einheitlich erfolgen, da nicht die persönlichen Mitglieder des Bundesrates, sondern die Länder abstimmen. Eine uneinheitliche Stimmabgabe macht die Stimmen ungültig. Die Stimmen werden in der Regel von einem Mitglied oder stellvertretenden Mitglied („Stimmführer“) abgegeben. Es genügt, wenn für ein Land der Stimmführer anwesend ist; es ist nicht notwendig, dass so viele Mitglieder anwesend sind wie das Land Stimmen hat. Die Mitglieder des Bundesrates sind somit keine „Abgeordnete“, zumal sie nicht – wie die Abgeordneten des Bundestages – nur ihrem Gewissen verpflichtet sind, vielmehr müssen sie die Linie der Landesregierung vertreten, sie haben somit ein imperatives Mandat. Kann sich eine Landesregierung, die häufig von zwei Parteien gestellt wird, nicht auf ihr Stimmverhalten einigen, so enthält sie sich häufig. Das Verhalten wird meist im Koalitionsvertrag geregelt. Eine gegen den Kabinettsbeschluss abgegebene Stimme bleibt jedoch gültig, wenn kein anderes Mitglied der Landesregierung sofort widerspricht. Zum Zustandekommen eines Beschlusses müssen die Ja-Stimmen eine absolute Mehrheit der möglichen Stimmen ergeben, nicht nur eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen: Eine Enthaltung oder ungültige Stimme ist damit faktisch eine Nein-Stimme.

Meist wird per Handzeichen abgestimmt. Dabei beachtet das Präsidium die Stimmenanzahl, die der „Stimmführer“ vertritt und kommt somit praktisch immer auf 69 abgegebene Stimmen.

Bei besonderen Abstimmungen, etwa Grundgesetzänderungen oder der Wahl des Präsidenten, wird per Länderaufruf abgestimmt. Dabei werden die Länder einzeln aufgerufen; ihre Stimmabgabe wird im Sitzungsprotokoll vermerkt. Eine geheime Stimmabgabe gibt es im Bundesrat nicht; sie wäre auch praktisch nicht ohne Probleme umsetzbar, da entweder die einheitliche Stimmabgabe oder die geheime Abstimmung nicht gesichert wäre, weil es zum Beispiel nur ein Land mit fünf Stimmen – Hessen – gibt.

Präsidium

Das Präsidium besteht aus dem Bundesratspräsidenten und den drei Vizepräsidenten. Präsident und Vizepräsidenten werden gemäß der Königsteiner Vereinbarung von 1950 gewählt: Dabei erhält jedes Land in absteigender Reihenfolge seiner Einwohnerzahl für ein Jahr das Präsidentenamt, das stets vom Ministerpräsidenten ausgeübt wird. Nach einem entsprechenden Schlüssel werden auch die Vizepräsidentenposten vergeben. Präsident und Vizepräsidenten werden deshalb einstimmig gewählt und treten ihr Amt jeweils am 1. November eines Jahres an. Scheidet ein Ministerpräsident aus dem Amt, so gibt er auch sein Präsidiumsamt auf. Sein Nachfolger als Ministerpräsident folgt ihm auch ins Präsidium des Bundesrates nach.

Der Präsident vertritt den Bundesrat in allen Angelegenheiten, er ist oberster Dienstherr für die etwa 180 Bundesratsbediensteten und übt auch das Hausrecht aus. Das Präsidium ist für die Aufstellung des Haushaltes des Bundesrates verantwortlich.

Der Bundesratspräsident ist Stellvertreter des Bundespräsidenten. Während er als Bundespräsident amtiert, ist er an der Ausübung seines Amtes als Bundesratspräsident gehindert. Da die Vizepräsidenten formal nicht gleichrangig sind – es gibt einen 1., einen 2. und einen 3. Vizepräsidenten – kann der jeweils höchstrangige, nicht verhinderte Vizepräsident im Falle der Hinderung des eigentlichen Bundesratspräsidenten dessen Aufgaben wahrnehmen.

Bevollmächtigte der Länder beim Bund

Vergleichbar dem Ältestenrat im Bundestag gibt es im Bundesrat einen Ständigen Beirat. Dieser besteht aus je einem Bevollmächtigten pro Bundesland; diese Bevollmächtigten müssen nicht Mitglieder des Bundesrates sein. Der Ständige Beirat unterstützt das Präsidium in der Vorbereitung der Sitzungen und in seiner Verwaltungstätigkeit.

Die Bevollmächtigten ihrer Länder beim Bund sind in aller Regel auch die Leiter der Vertretungen der Länder in der Bundeshauptstadt. Diese Einrichtungen sollen den Informationsfluss zwischen den Bundesorganen und den einzelnen Landesregierungen beschleunigen.

Ausschüsse

Der Bundesrat bildet Ausschüsse, welche die Beschlüsse des Plenums vorbereiten und die Hauptarbeit leisten. Den Ausschüssen, die in der Regel zu bestimmten Fachbereichen gebildet werden, dürfen auch Beamte als Vertreter der Mitglieder der Landesregierungen angehören. Im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten und im Verteidigungsausschuss sitzen jedoch meist die Ministerpräsidenten der Länder.

Obwohl die Ausschüsse unter starkem Zeitdruck arbeiten, werden in ihnen alle Gesetzentwürfe detailgenau besprochen. Hierzu dient auch die Entsendung kompetenter Fachbeamter. Der Bundesrat folgt in aller Regel den Beschlussempfehlungen der Ausschüsse, sodass sich feststellen lässt, dass in den Ausschüssen bereits wichtige politische Vorentscheidungen getroffen werden.

Wichtig ist, dass in den Ausschüssen jedes Land nur eine Stimme hat. Die Stimmverteilung und damit die Machtverhältnisse sind also in den Ausschüssen anders als in Bundesratsplenum. Jeder beteiligte Ausschuss gibt Empfehlungen zur Plenarsitzung ab, die dann in der sog. Empfehlungsdrucksache zusammengefasst werden.

Arbeit des Bundesrates

Die Arbeitsweise weicht stark von der Arbeitsweise des Bundestages ab. Während im Bundestag Beifall, Zwischenrufe, lauter Protest, Lachen oder scharfe Angriffe auf den politischen Gegner an der Tagesordnung sind, versteht sich der Bundesrat als „Oberhaus“ und führt seine Plenardiskussionen in „feinerer“ Atmosphäre durch.

Der Bundesrat tagt in der Regel alle drei bis vier Wochen und beachtet dabei die parlamentarische Sommerpause. Die Einberufung des Bundesrates erfolgt durch seinen Präsidenten. Dieser muss nach dem Grundgesetz den Bundesrat einberufen, wenn mindestens zwei Länder dies verlangen. Nach der Geschäftsordnung kann auch ein einzelnes Land oder die Bundesregierung die Einberufung des Bundesrates erzwingen.

Geschäftsordnung

Die Geschäftsordnung des Bundesrates (GOBR) bedarf wegen der Kontinuität des Bundesrates keiner Bestätigung in bestimmten zeitlichen Abständen. Es steht dem Bundesrat frei, sich eine neue Geschäftsordnung zu geben, bis zu diesem Zeitpunkt gilt jedoch die alte Geschäftsordnung weiter. Die letzte Änderung fand am 31. Mai 2002 statt.

Während die Geschäftsordnung des Bundestages relativ lang ist und viele Dinge genau regelt, ist die Geschäftsordnung des Bundesrats im Vergleich dazu außerordentlich kurz. Der Bundesrat hat darauf verzichtet, die Rededauer seiner Mitglieder, Vorschriften für Rügen oder Verhaltensmaßregeln festzulegen. Vielmehr wird darauf vertraut, dass eventuelle Unstimmigkeiten schnell und einvernehmlich ad hoc geregelt werden können.

Der Bundesrat und die Europakammer verhandeln grundsätzlich öffentlich, die Öffentlichkeit kann jedoch ausgeschlossen werden. Die Ausschüsse tagen dagegen in der Regel von vorneherein nicht-öffentlich.

Rederecht und Anwesenheit

Neben den Mitgliedern des Bundesrates haben nur die Mitglieder der Bundesregierung Anwesenheits- und jederzeitiges Rederecht im Bundesrat und seinen Ausschüssen. Andererseits können sie vom Bundesrat auch herbei zitiert werden. Die Bundesregierung muss den Bundesrat über ihre Aktivitäten ständig unterrichten. Staatssekretäre der Bundesregierung haben Anwesenheitsrecht.

Während die Mitglieder des Bundesrates im Bundestag Anwesenheits- und Rederecht haben, dürfen Mitglieder des Bundestages im Bundesrat dies grundsätzlich nicht. Berichterstatter des Vermittlungsausschusses dürfen an den Beratungen des Bundesrates teilnehmen.

Vergütung

Da die Mitglieder des Bundesrates ohnehin Mitglieder ihrer Landesregierung sind, erhalten sie für ihre Tätigkeit im Bundesrat keine Vergütung. Sie erhalten jedoch die Ausgaben für ihre Reisetätigkeit anlässlich der Bundesratssitzungen zurückerstattet und bekommen eine Bahncard 100 für Bahnfahrten in Ausübung ihrer Bundesratstätigkeit.

Machtstellung

Hintergrund der starken Machtstellung des Bundesrates sind die Erfahrungen des Dritten Reiches, in dem mit Adolf Hitler ein Mann die gesamte Macht im Staat auf sich vereinen konnte. Der Bundesrat sollte bewusst einen starken Gegenpol zum Bundestag bilden.

Während sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag durch eine Bundestagswahl umgehend radikal verändern können, kann eine Veränderung der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat nur wesentlich zäher vonstatten gehen. Dadurch wird ausgeschlossen, dass eine politische Mehrheitsbildung im Bundesrat durch eine kurzzeitige Stimmung in der Bevölkerung erreicht werden kann. Eine neue Partei müsste etwa zunächst einmal zahlreiche Landtagswahlen gewinnen, um über die Landesregierungen Einfluss im Bundesrat zu gewinnen. Dies wäre regelmäßig nicht innerhalb von vier Jahren möglich, und dann stünden erneut die Wahlen zum Bundestag an.

In neuerer Zeit tritt dieses Argument des Machtmissbrauchs durch den Bundestag immer mehr in den Hintergrund. Die Diskussion wird zunehmend dadurch bestimmt, dass der Bundesrat mitunter als politisches Blockadeinstrument missbraucht wird. Regierungskoalitionen haben es sehr schwer, echte Reformprojekte durchzusetzen, wenn die jeweilige Bundestagsopposition über eine Mehrheit im Bundesrat verfügt. Genau diese Konstellation kommt aber sehr häufig vor. Deshalb wird immer wieder Kritik an der mächtigen Stellung dieses Verfassungsorganes geäußert.

Aktuelle Stimmverteilung im Bundesrat

Die folgende Tabelle gibt die Stimmenverhältnisse im Bundesrat wieder.

  Stimmen Koalition
Baden-Württemberg 6 CDU/FDP
Aktuelle parteipolitische Zusammensetzung des Bundesrates (seit 18. Mai 2006)
Bayern 6 CSU
Berlin 4 SPD/Linke
Brandenburg 4 SPD/CDU
Bremen 3 SPD/CDU
Hamburg 3 CDU
Hessen 5 CDU
Mecklenburg-Vorpommern 3 SPD/Linke
Niedersachsen 6 CDU/FDP
Nordrhein-Westfalen 6 CDU/FDP
Rheinland-Pfalz 4 SPD
Saarland 3 CDU
Sachsen 4 CDU/SPD
Sachsen-Anhalt 4 CDU/SPD
Schleswig-Holstein 4 CDU/SPD
Thüringen 4 CDU

Die Parteien, die die derzeitige Bundesregierung tragen (CDU/CSU und SPD), haben im Bundesrat 44 Stimmen, nämlich die Stimmen aus Unionsalleinregierungen (21), der SPD-Alleinregierung in Rheinland-Pfalz (4) sowie die Stimmen von Großen Koalitionen in den Ländern (19). Damit hat die Große Koalition im Bundestag auch eine Mehrheit im Bundesrat.

Die anderen 25 Stimmen entfallen entweder auf Koalitionen der CDU mit der FDP oder der SPD mit der Linkspartei. Bündnis 90/Die Grünen sind zurzeit gar nicht vertreten. Stimmen die kleinen Koalitionspartner einem Gesetzentwurf der Großen Koalition im Bund nicht zu, so ist eine Enthaltung der Landesregierungen wahrscheinlich.

Es gibt keine Landesregierung, in der keine der Parteien der Großen Koalition vertreten ist.

Der Bundesrat ist nicht als parteipolitisches Organ gedacht, vielmehr soll er den Interessen der Länder dienen, die im Einzelfall auch den entsprechenden Einschätzungen der jeweiligen Bundesparteien entgegenstehen können. Die Landesregierungen stimmen daher in einigen Fällen aufgrund ihrer landesspezifischen Vorbehalte nicht entlang der Parteilinien ab, sondern gegen die Bundespolitik ihrer Bundesparteien. Insbesondere bei Fragen großen politischen Gewichts kommt es jedoch häufig vor, dass der Bundesrat als Blockadeinstrument der jeweiligen Bundestagsopposition – so sie denn über eine Mehrheit im Bundesrat verfügt – benutzt wird.

Geschichte

Deutsches Reich und Weimarer Republik

Deutschland als traditionell föderaler Staat hatte seit der Reichsgründung 1871 eine Vertretung der Länder.

Im Deutschen Kaiserreich beziehungsweise seinen Vorläufern, dem Deutschen Bund und dem Norddeutschen Bund, gab es ebenfalls einen Bundesrat, der als Vertretung der Länder wirkte. Die Vertreter dieses Bundesrates wurden von den Fürsten oder Stadtrepubliken bestimmt und bildeten damit ein Gegengewicht zum einigermaßen demokratisch gewählten Reichstag. Dieser Bundesrat hatte zumindest verfassungsrechtlich eine sehr starke Stellung: Alle Gesetze bedurften seiner Zustimmung, aber auch die Auflösung des Reichstages oder eine Kriegserklärung. Die Stimmverteilung hing mit der Fläche der einzelnen Länder zusammen.

In der Weimarer Republik hieß die Ländervertretung „Reichsrat“, er verfügte über weniger Einfluss als der heutige Bundesrat. Seine Zusammensetzung orientierte sich direkt an den Bevölkerungszahlen. Eine Besonderheit war dabei jedoch, dass Preußen – bei weitem das größte Land der Weimarer Republik – nur 40 Prozent der Mitglieder des Reichsrates stellen durfte, obwohl ihm von der Bevölkerungszahl her eigentlich sogar 60 Prozent zugestanden hätten. 1934 wurde der bedeutungslos gewordene Reichsrat von den Nationalsozialisten abgeschafft.

Entstehung des Grundgesetzes und Änderungen

Während der Entstehung des Grundgesetzes war die Frage, wie die neben dem Volkstag (Bundestag) entstehende zweite Kammer aussehen sollte, im Parlamentarischen Rat sehr umstritten. Schon beim Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee wurden zwei Alternativen benannt: Es gab das sich an den Reichsrat anlehnende Bundesratsmodell und das sich an die Paulskirchenverfassung von 1849 und den US-amerikanischen Senat in seiner Ausgestaltung vor 1913 (Wahl durch die Länderparlamente, danach jedoch freies Mandat ohne Blockzwang) anlehnende Modell. Die genaue Ausgestaltung der beiden Alternativen selbst war jedoch ebenso umstritten.

Das dem späteren Bundesrat bereits nahe stehende Modell, das die Union und die FDP zunächst favorisierten, sah eine Nichtbindung der Bundesratsmitglieder an die Weisungen ihrer Landesregierungen vor, wenngleich die Landesregierungen ihre Bundesratsmitglieder abberufen konnten und damit die Unabhängigkeit ohnehin höchst fragwürdig war. Die Sitzverteilung wiederum war zwischen SPD (Gleichheit der Länder) und Union/FDP (proportional zur Bevölkerung) umstritten. Die SPD stand jedoch dem Senatsmodell ohnehin deutlich näher und hatte dieses auch in einem Verfassungsentwurf vom Sommer 1948 präzisiert. Die FDP schlug daraufhin den Kompromiss vor, die Vertreter zur einen Hälfte von den Landtagen wählen, zur anderen Hälfte von den Landesregierungen berufen zu lassen. Ende Oktober 1948 wurde diese Frage, von der die gesamte Ausgestaltung der Gesetzgebung und der Finanzverfassung abhing, von einem Unterausschuss vertagt.

Am 27. Oktober 1948 kam es in einer interfraktionellen Besprechung zur Kehrtwende der SPD; sie stimmte nunmehr einem Bundesratsmodell zu. Diese Einigung war am Abend zuvor in einem Geheimgespräch zwischen Vertretern der Union und der SPD erzielt worden. Dennoch blieb etwa der Präsident des Parlamentarischen Rates, der CDU-Politiker Konrad Adenauer, einem Senatsmodell zugeneigt. Noch Anfang November 1948 schlug er ein Dreikammernsystem aus Bundestag, einem Senat und einer Art Bundesrat vor. Schließlich beschloss die CDU/CSU-Fraktion Ende November 1948 mit knapper Mehrheit, nunmehr einen Bundesrat mit unterschiedlich vielen Stimmen pro Land anzustreben.

Anfang Januar 1949 wollte die CDU/CSU die vollständige Gleichberechtigung des Bundesrates mit dem Bundestag durchsetzen; diese scheiterte jedoch am Widerstand der SPD, wurde aber durch erweiterte Zustimmungspflichtigkeiten des Bundesrates bei der Gesetzgebung kompensiert.

Im April 1949 schließlich wurden die Kompetenzen des Bundesrates auf Druck von SPD und FDP noch einmal verringert. Die CSU erklärte daraufhin, dass sie unter anderem deswegen den Grundgesetzentwurf im Parlamentarischen Rat ablehnen würde. Dennoch wurde das Grundgesetz mit den noch heute in ihm enthaltenen Vorschriften über den Bundesrat am 8. Mai 1949 vom Parlamentarischen Rat beschlossen und am 23. Mai 1949 verkündet, sodass es mit dem 24. Mai 1949 in Kraft trat.

Die Art der schlussendlichen Ausgestaltung des Bundesrates hat dazu geführt, dass der Bundesrat als „einzigartiges Organ in der Welt“ (Theodor Eschenburg) bezeichnet wurde.

Die Vorschriften des Grundgesetzes über den Bundesrat sind seither nur zweimal geändert worden: Durch den Einigungsvertrag 1990 wurde die Sitzverteilung modifiziert, durch den Maastrichter Vertrag 1992 und die durch ihn bedingte Grundgesetzänderung wurde die Mitwirkung des Bundesrates in der Europäischen Union festgeschrieben. Die Einfügung der Notstandsverfassung 1969 sorgte dafür, dass der Bundesrat im Verteidigungsfall gemeinsam mit dem Bundestag möglicherweise vom Gemeinsamen Ausschuss entmachtet werden könnte. Da diese Entmachtung jedoch auf – notfalls vom Bundesverfassungsgericht nachprüfbaren – Tatsachen basieren müsste und außerdem Mitglieder des Bundesrates in diesem Ausschuss vertreten sind, scheint die tatsächliche Beeinträchtigung der Machtstellung des Gremiums unwahrscheinlich.

Bundesministerium für Angelegenheiten des Bundesrates

1949 wurde für den Bundesrat ein eigenständiges „Bundesministerium für Angelegenheiten des Bundesrates“ errichtet, das ab 1957 „Bundesministerium für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder“ hieß. 1969 wurde es von der neuen Regierung Brandt im Zuge einer Neustrukturierung der Ministerien zusammen mit dem Vertriebenen- und dem Schatzministerium aufgelöst.

Das Ministerium sollte für einen guten Informationsfluss zwischen den im Bundesrat vertretenen Ländern und der Bundesregierung sorgen. Es bestand aus drei Abteilungen:

  • der Zentralabteilung, die für das Personal, den Haushalt des Ministeriums, für die Pressearbeit und ähnliche organisatorische Aufgaben zuständig war,
  • der Politischen Abteilung, die die Verbindung zum Bundestag, zum Bundesrat und zu den Ländervertretungen hielt, eine Neugliederung des Bundesgebietes vorbereitete und die Organisation von Hilfe in Notstandsgebieten übernahm, sowie
  • der Rechtsabteilung, die insbesondere für die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern und zwischen zustimmungspflichtigen und nicht zustimmungspflichtigen Gesetzen verantwortlich war.

Bundesminister für Angelegenheiten des Bundesrates

Bundesminister für Angelegenheiten des Bundesrates
Nr. Name (Lebensdaten) Amtsantritt Ende der Amtszeit Partei
1 Heinrich Hellwege

(19081991)

20. September 1949 7. Juni 1955 DP
2 Hans-Joachim von Merkatz

(19051982)

8. Juni 1955 14. Dezember 1962 DP ab 1960 CDU
3 Alois Niederalt

(19112004)

14. Dezember 1962 1. Dezember 1966 CSU
4 Carlo Schmid

(18961979)

1. Dezember 1966 21. Oktober 1969 SPD

Staatssekretäre im Bundesministerium für Angelegenheiten des Bundesrates

Das Bundesratsministerium verfügte nur zeitweise über einen Staatssekretär. Staatssekretäre waren:

Beamtete Staatssekretäre
Nr. Name (Lebensdaten) Amtsantritt Ende der Amtszeit Partei
1 Georg Ripken (19001962) März 1954 1958
2 Friedrich Schäfer (19151988) Februar 1967 1969

Veränderungen in der Struktur der Bundesländer

1949 waren im Bundesrat die elf Länder Baden, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern stimmberechtigt. Hinzu kamen die West-Berliner Vertreter, die – wie im Bundestag – wegen des politischen Status der Stadt nicht stimmberechtigt waren. Dennoch waren die Berliner Regierenden Bürgermeister Willy Brandt (1957/58), Klaus Schütz (1967/68), Dietrich Stobbe (1978/79) und Walter Momper (1989/90) jeweils Präsidenten des Bundesrates.

Durch die Zusammenfassung der Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern zum Land Baden-Württemberg im Jahr 1952 verringerte sich die Gesamtzahl der stimmberechtigten Länder auf neun, bis schließlich am 1. Januar 1957 das Saarland als zehntes stimmberechtigtes Bundesland beitrat.

Nach der Wiedervereinigung 1990 stellten die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen erstmals Mitglieder des Bundesrates, die Berliner Mitglieder durften nun mitstimmen. Insgesamt gibt es damit 16 stimmberechtigte Länder mit zusammen 69 Stimmen.

Durch eine Vereinigung von Berlin und Brandenburg, wie sie Artikel 118a des Grundgesetzes vereinfacht ermöglicht, würde die Zahl der Bundesländer auf 15 und die Zahl der Stimmen auf 65 bis 66 verringert, da das neue Land mit insgesamt zurzeit knapp 5,95 Millionen Einwohnern je nach Bevölkerungsentwicklung entweder vier oder fünf Stimmen erhielte.

Die unionsgeführten Bundesregierungen (1949–1966)

Zu Beginn der Existenz des Bundesrates erschien die parteipolitische Festlegung der Landesregierungen noch nicht so Ausschlag gebend für das Abstimmungsverhalten im Bundesrat, zumal noch einige Splitterparteien wie die Deutsche Partei, der Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten und die Gesamtdeutsche Partei in Regierungen saßen; außerdem gab es viele Große Koalitionen. Den Regierungen Adenauer und Erhard stand praktisch nie ein feindlich gesinnter Bundesrat entgegen.

Wichtige Abstimmungen dieser Zeit waren der 1953 knapp mit 23:15 Stimmen gebilligte Deutschlandvertrag und der im gleichen Jahr angenommene Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG), welcher schließlich jedoch in der französischen Nationalversammlung scheiterte.

Mehrheitsverhältnisse in der ersten schwarz-gelben Koalition unter Adenauer (1949–1956)

Während der Zeit der schwarz-gelben Koalition mit weiteren Parteien wie der Deutschen Partei und ab 1953 dem GB/BHE war Hamburg (3) von 1949 bis 1953, Hessen (4) von 1950 bis 1954 und Schleswig-Holstein (4) von 1949 bis 1950 SPD-alleinregiert. Bremen (3) wurde von 1949 bis 1951, Württemberg-Baden (5) von 1950 bis 1952 von einer Koalition aus SPD und FDP (in Bremen BDV/FDP) regiert. Hessen (4) wurde bis 1950 von einer rot-schwarzen Großen Koalition, Rheinland-Pfalz (4) bis 1951 von einer schwarz-roten Großen Koalition, ab 1951 von einer schwarz-gelben Koalition regiert. Bayern (5) wurde bis 1950 von der CSU allein, Baden (3) bis 1952 von der CDU allein regiert. In Nordrhein-Westfalen (5) gab es von 1950-1954 eine Koalition aus CDU und Zentrum. In Berlin gab es bis 1953 eine um die FDP verstärkte rot-schwarze Koalition, danach folgte bis 1954 eine schwarz-gelbe Regierung, die wiederum von einer rot-schwarzen Großen Koalition abgelöst wurde. Die übrigen Landesregierungen ergeben sich aus der folgenden Tabelle.

Übersicht für die Zeit von 1949 bis 1956
Zeitraum linke Opposition neutral Bundesregierung (CDU/CSU, FDP, DP, ab 1953 GB/BHE)
rot rot und Sonstige rot-gelb rot-gelb und Sonstige rot-schwarz und Sonstige rot-schwarz schwarz-rot schwarz-rot und Sonstige schwarz-gelb schwarz-gelb und Sonstige schwarz schwarz und Zentrum
1949–1950 7 0 3 0 5c 4 4 13a, b, d 0 0 8 0
1950–1951 7 0 8 0 5c 0 4 8b, e 0 4f 3 5
1951–1952 7 5h 5 0 3g 0 0 8b, e 4 4f 3 5
1952–1953 7 5h 0 5i 3g 0 0 5e 4 4f 0 5
1953–1954 4 5h 0 0 3g 0 0 10e, j 4 7f, k 0 5
1954–1955 0 9h, m 0 5l 3g 0 0 5j 4 12k, n, o 0 0
1955–1956 0 4m 0 5l 3g 0 0 5j 4 17k, n, o, p 0 0

aCDU, SPD, FDP/DVP, KPD in Württemberg-Baden (bis 1950) bCDU, SPD, FDP in Württemberg-Hohenzollern (bis 1952) cSPD, CDU, Z in Niedersachsen (bis 1951) dCDU, SPD, Z, KPD in Nordrhein-Westfalen (bis 1950) eCSU, SPD, BHE, DG in Bayern (1950-1954) fCDU, GB/BHE, FDP, DP in Schleswig-Holstein (1950–1954) gSPD, CDU, FDP in Bremen (ab 1951) hSPD, BHE, Z in Niedersachsen (1951–1955) iFDP, SPD, BHE in Baden-Württemberg (1952–1953) jCDU, SPD, FDP, BHE in Baden-Württemberg (ab 1953) k„Hamburg-Block“ (Wahlbündnis aus CDU, FDP, DP) in Hamburg (ab 1953) lSPD, BP, BHE, FDP in Bayern (ab 1954) mSPD, BHE in Hessen (ab 1954) nCDU, FDP, Z in Nordrhein-Westfalen (ab 1954) oCDU, FDP, GB/BHE in Schleswig-Holstein (ab 1954) pDP, CDU, FDP, GB/BHE in Niedersachsen (ab 1955)

Mehrheitsverhältnisse während der CDU-Alleinregierung unter Adenauer (1956–1961)

In der Zeit der schwarzen Alleinregierung (mit Unterstützung der DP, dem GB/BHE und von 1956 bis 1957 der FDP-Abspaltung FVP) wurden Bremen (3) von 1959 an (vorher CDU, SPD und FDP) und Hamburg (3) von 1957 an von einer rot-gelben Koalition regiert, während das Saarland (3) von 1959 bis 1960 unter einer schwarz-roten Großen Koalition stand. Rheinland-Pfalz (4), Schleswig-Holstein (4) ab 1958 und das Saarland (3) ab 1960 wurden schwarz-gelb regiert, während eine CDU-Alleinregierung von 1958 an in Nordrhein-Westfalen (5) an der Macht war. In Hessen regierte eine SPD-GB/BHE-Koalition. Im nicht stimmberechtigten Berlin war eine rot-schwarze Große Koalition in der Regierungsverantwortung. Die übrigen Landesregierungen ergeben sich aus der folgenden Tabelle.

Übersicht für die Zeit von 1956 bis 1961
Zeitraum linke Opposition neutral Bundesregierung (CDU/CSU, GB/BHE, FVP, DP)
rot und GB/BHE rot-gelb rot-gelb und Sonstige rot-schwarz-gelb schwarz-rot schwarz-rot und Sonstige schwarz-gelb schwarz-gelb und Sonstige schwarz
1956–1957 4 0 102, 5 3 0 51 4 123, 4, 6 0
1957–1958 4 3 55 3 0 81, 9 4 14 6, 7, 8 0
1958–1959 4 3 0 3 0 81, 9 8 10 7, 8 5
1959–1960 4 6 510 0 3 51 8 57 5
1960–1961 4 6 510 0 0 0 11 107, 11 5

1CDU, SPD, FDP, BHE in Baden-Württemberg (1953–1960) 2SPD, BP, BHE, FDP in Bayern (1954–1957) 3„Hamburg-Block“ (Wahlbündnis aus CDU, FDP, DP) in Hamburg (1953–1957) 4DP, CDU, FDP, GB/BHE in Niedersachsen (1955–1957) 5SPD, FDP, Z in Nordrhein-Westfalen (1956–1958) 6CDU, FDP, GB/BHE in Schleswig-Holstein (1954–1958) 7CSU, BHE/GB, FDP in Bayern (ab 1957) 8DP, CDU, FDP in Niedersachsen (1957–1959) 9CDU, FDP, SPD im Saarland (1957–1959) 10SPD, FDP, GB/BHE in Niedersachsen (ab 1959) 11CDU, FDP, BHE in Baden-Württemberg (ab 1960)

Mehrheitsverhältnisse während der CDU-FDP-Koalition unter Adenauer und Erhard (1961–1966)

Während der Zeit der schwarz-gelben Koalition unter Konrad Adenauer und Ludwig Erhard wurde Baden-Württemberg (5) bis 1964 schwarz-gelb mit GB/BHE-Unterstützung, danach ohne diese Partei regiert. Die in Bayern (5) regierende schwarz-gelb-BHE/GP-Koalition wurde 1962 von einer Koalition aus CSU und Bayernpartei abgelöst. In Bremen (3) und Hamburg (3) regierten fast durchgängig rot-gelbe Koalitionen, in Hamburg wurde diese wenige Monate vor dem Beginn der Großen Koalition im Bund durch eine SPD-Alleinregierung ersetzt. In Hessen (4) regierte durchgängig eine Koalition aus SPD und BHE. In Niedersachsen (5) wurde die rot-gelbe Koalition mit GB/BHE-Unterstützung 1963 durch eine rein rot-gelbe und 1965 durch eine rot-schwarze Große Koalition ersetzt. In Nordrhein-Westfalen (5) regierte bis 1962 die CDU allein, danach folgte eine schwarz-gelbe Koalition, die 1966 durch eine rot-gelbe Regierung ersetzt wurde. In Rheinland-Pfalz (4) und im Saarland (3) regierte durchgängig schwarz-gelb, während die schwarz-gelbe Regierung in Schleswig-Holstein (4) 1962 bis 1963 kurz durch eine CDU-Alleinregierung unterbrochen wurde. In Berlin folgte auf die rot-schwarze Koalition 1963 eine rot-gelbe Regierung.

Übersicht für die Zeit von 1961 bis 1966
Zeitraum linke Opposition neutral Bundesregierung (CDU/CSU, FDP)
rot rot und GB/BHE rot-gelb rot-gelb und BHE rot-schwarz schwarz-gelb schwarz-gelb und (GB/)BHE/GP schwarz schwarz und Bayernpartei
11/61–8/62 0 4 6 5 0 11 10 5 0
8/62–12/62 0 4 6 5 0 16 10 0 0
12/62–1/63 0 4 6 5 0 12 5 4 5
1/63–6/63 0 4 6 5 0 16 5 0 5
6/63–5/64 0 4 11 0 0 16 5 0 5
5/64–5/65 0 4 11 0 0 21 0 0 5
5/65–4/66 0 4 7 0 4 21 0 0 5
4/66–8/66 3 4 4 0 4 21 0 0 5
8/66–12/66 3 4 9 0 4 16 0 0 5

Die erste Große Koalition im Bund (1966–1969)

In der Zeit der ersten Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD im Bundestag war auch vom Bundesrat wenig Widerstand gegen Gesetzgebungsvorhaben zu erwarten, da auch hier viele Alleinregierungen eines Koalitionspartners oder aber Große Koalitionen in den Ländern ihre Stimme im Wesentlichen in Übereinstimmung mit der Politik der Bundesregierung abgaben. Auch diese Kongruenz zwischen Bundestag und Bundesrat dürfte neben der Schwäche der einzig verbliebenen Oppositionspartei FDP zum Entstehen der Außerparlamentarischen Opposition (APO) beigetragen haben.

Dementsprechend trug der Bundesrat die großen Grundgesetzänderungen, namentlich die Notstandsgesetze und die Reform der Finanzverfassung, mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit mit.

Während Baden-Württemberg (5) in der gleichen Koalition wie der Bund regiert wurde, gab es in Niedersachsen (5) die umgedrehte Situation, eine rot-schwarze Große Koalition. Hamburg (3) und Hessen (4) wurden von der SPD, Bayern (5) von der CSU allein regiert. Hinzu kamen rot-gelbe Koalitionen in Bremen (3) und Nordrhein-Westfalen (5) und schwarz-gelbe Regierungen in Rheinland-Pfalz (4), im Saarland (3) und in Schleswig-Holstein (4).

Übersicht für die Zeit von 1966 bis 1969
Zeitraum rot-gelb Bundesregierung schwarz-gelb
rot rot-schwarz schwarz-rot schwarz
12/66–10/69 8 7 5 5 5 11

Die sozialliberale Koalition (1969–1982)

Durch die gesamte Zeit der sozialliberalen Koalition waren Bremen (3), Hamburg (3), Hessen (4) und Nordrhein-Westfalen (5) mit rot(-gelben) Regierungen und insgesamt 15 Stimmen auf der Seite der Bundesregierung. Rheinland-Pfalz (4) und Schleswig-Holstein (4) wurden bis 1971 von einer schwarz-gelben Koalition regiert, danach gab es dort jeweils eine CDU-Alleinregierung. Niedersachsen (5) wurde bis 1976 von einer Großen (1969/70) bzw. rot-gelben Koalition (1970-1976) regiert, danach von einer CDU-Minderheitsregierung. Ähnlich ging es in Baden-Württemberg, welches bis 1972 von einer Großen Koalition, danach von einer CDU-Alleinregierung geführt wurde. Das Saarland (3) schließlich war bis 1970 und von 1975-1982 schwarz-gelb regiert, dazwischen gab es eine CDU-Alleinregierung. Einzig Bayern war die gesamte Zeit hindurch CSU-alleinregiert. Berlin als nicht stimmberechtigtes Land war bis 1981 rot oder rot-gelb regiert, bis schließlich der CDU-Politiker Richard von Weizsäcker Regierender Bürgermeister wurde.

Die Stimmenkonstellation zwischen 1969 und 1982 ergibt sich daraus bei insgesamt 41 Stimmen und einer absoluten Mehrheit von 21 wie folgt:

Übersicht für die Zeit von 1969 bis 1982
Zeitraum Bundesregierung neutral CDU/CSU
rot rot-gelb rot-schwarz schwarz-rot schwarz-gelb
10/69-4/70 7 8 5 5 11 5
4/70-7/70 4 11 5 5 11 5
7/70-12/70 9 11 0 5 8 8
12/70-4/71 5 15 0 5 8 8
4/71-5/71 5 15 0 5 4 12
5/71-11/71 5 15 0 5 0 16
11/71-5/72 8 12 0 5 0 16
5/72-7/74 8 12 0 0 0 21
7/74-2/76 3 17 0 0 0 21
2/76-1977 3 12 0 0 0 26
1977-7/78 3 12 0 0 8 18
7/78-6/80 6 9 0 0 3 23
6/80-10/82 11 4 0 0 3 23

Die Ostverträge der Regierung Brandt wurden 1972 nach langer Diskussion und einem konstruktiven Misstrauensvotum gegen Brandt im Bundestag beschlossen, nachdem die CDU/CSU-Fraktion eine Erklärung durchgesetzt hatte, in der festgehalten wurde, dass eine endgültige Regelung über die Oder-Neiße-Grenze erst durch einen Friedensvertrag getroffen werden dürfe. Entsprechend passierten die Verträge schließlich auch den Bundesrat, allerdings gegen den erbitterten Widerstand etwa Bayerns, dessen Regierung das Bundesverfassungsgericht anrief. Dieses entschied aber 1973, dass die Ostverträge dem Wiedervereinigungsgebot der Präambel des Grundgesetzes (in der damaligen Fassung) nicht widersprächen, die Ostverträge also verfassungsgemäß seien.

Eine weitere wichtige Rolle spielte der Bundesrat während des so genannten Deutschen Herbstes im Jahr 1977. In einem Eilverfahren wurde ein Gesetz durch Bundestag und Bundesrat geschleust, das den Anwälten von einsitzenden RAF-Terroristen den Kontakt mit ihren Mandanten verbot. Gegen den Einspruch des Bundesrates, dem diese Gesetzgebung nicht weit genug ging, beschloss der Bundestag 1978 ein Anti-Terror-Gesetz.

Die Regierung Kohl vor der Wiedervereinigung (1982–1990)

Während des ersten Teils der Regierung Kohl waren Baden-Württemberg (5), Bayern (5), Niedersachsen (5) und Rheinland-Pfalz (4) stets auf der Seite der Bundesregierung, während Bremen (3) und Nordrhein-Westfalen (5) stets dagegen standen. Hamburg (3) bekam 1986 nach einer SPD-Alleinregierung eine rot-gelbe Regierung. In Hessen (4) löste 1987 eine schwarz-gelbe Regierung die alte rot(-grüne) Regierung ab. Das Saarland (3) wechselte 1985 seine schwarz-gelbe Regierung gegen eine SPD-Regierung aus, Schleswig-Holstein (4) seine CDU- gegen eine SPD-Alleinregierung. In Berlin wechselte 1989 die Regierung von schwarz-gelb zu rot-grün.

Bei wiederum insgesamt 41 Stimmen im Bundesrat sah die Stimmverteilung wie folgt aus:

Übersicht für die Zeit von 1982 bis 1990
Zeitraum linke Opposition neutral Bundesregierung
rot rot-grün rot-gelb schwarz-gelb schwarz
10/82-4/85 15 0 0 3 23
4/85-12/85 18 0 0 0 23
12/85-7/86 14 4 0 0 23
7/86-4/87 14 4 0 5 18
4/87-6/87 14 0 0 9 18
6/87-5/88 11 0 3 13 14
5/88-6/90 15 0 3 13 10
6/90-10/90 15 5 3 8 10

Die schwarz-gelbe Regierung hatte damit fast durchgängig eine Mehrheit im Bundesrat, dementsprechend war die Umsetzung der Regierungspolitik auch im Bundesrat im Wesentlichen gesichert. Wichtiger Punkt der Gesetzgebung war die schnelle Herbeiführung der Deutschen Einheit, der der Bundesrat zustimmen musste.

Die Regierung Kohl nach der Wiedervereinigung (1990–1998)

Nach der Einheit bestand der Bundesrat aus 68 (ab 1996: 69) Stimmen. Bayern (6) und Sachsen (4) blieben durchgehend schwarz, Niedersachsen (6), Nordrhein-Westfalen (6), das Saarland (3) und Schleswig-Holstein (4) durchgehend rot(-grün). Baden-Württemberg (6) war bis auf die Zeit der Großen Koalition 1992-1996 schwarz(-gelb). Die rot-grüne Regierung in Berlin (4) wurde 1991 durch eine Große Koalition abgelöst, ebenso die schwarz-gelbe Koalition 1994 in Mecklenburg-Vorpommern (3). In Brandenburg (4) gab es bis 1994 eine Ampelkoalition, danach regierte die SPD allein. Bremen (3) wurde bis 1991 von der SPD regiert, danach folgte eine Ampel (1991-1995) und die Große Koalition (seither). In Hamburg (3) regierte bis 1991 rot-gelb, danach die SPD mit wechselnden Koalitionspartnern. Hessen (4, ab 1996: 5) wurde ab 1991 wieder von rot-grün regiert. Die schwarz-gelbe Regierung in Rheinland-Pfalz (4) wurde 1991 durch rot-gelb abgelöst, die in Sachsen-Anhalt (4) 1994 durch rot-grün mit Tolerierung durch die PDS. In Thüringen schließlich regierte bis 1994 schwarz-gelb, danach eine Große Koalition.

Die Stimmverteilung bei 68 bzw. 69 Mitgliedern und einer absoluten Mehrheit von 35 Stimmen sah wie folgt aus:

Übersicht für die Zeit von 1990 bis 1998
Zeitraum linke Opposition neutral Bundesregierung
rot rot-grün rot-gelb-grün rot-gelb rot-schwarz (+ SPD/STATT) schwarz-rot schwarz-gelb schwarz
11/90-1/91 16 10 4 3 0 0 19 16
1/91-4/91 16 6 4 3 0 4 19 16
4/91-5/91 16 10 4 3 0 4 15 16
5/91-6/91 16 10 4 7 0 4 11 16
6/91-5/92 16 10 7 4 0 4 11 16
5/92-10/93 16 10 7 4 0 10 11 10
10/93-4/94 13 10 7 4 3 10 11 10
4/94-7/94 19 4 7 4 3 10 11 10
7/94-10/94 19 8 7 4 3 10 7 10
10/94-6/95 23 8 3 4 3 17 0 10
6/95-12/95 17 14 0 4 6 17 0 10
1/96-4/96 17 15 0 4 6 17 0 10
4/96-7/96 13 19 0 4 6 11 6 10
7/96-10/97 13 19 0 4 6 11 6 10
10/97-5/98 13 22 0 4 3 11 6 10
5/98-10/98 17 18 0 4 3 11 6 10

Die schwarz-gelbe absolute Mehrheit galt nur vom 28. Oktober 1990 bis zum 5. April 1991.

Nach der knappen Entscheidung des Bundestages im Juni 1991, nach Berlin umzuziehen, entschied sich der Bundesrat am 5. Juli 1991 mit 38:30 Stimmen zunächst dafür, in Bonn zu verbleiben. Dieser Beschluss sollte jedoch einer Überprüfung unterliegen. Fünf Jahre später, am 27. September 1996, schließlich entschied sich der Bundesrat dann doch, mit nach Berlin umzuziehen, um seinen Sitz auch in räumlicher Nähe zur Bundesregierung und zum Bundestag zu nehmen.

In der Zeit der rot-grünen Dominanz organisierte Oskar Lafontaine mit der Mehrheit der rot beziehungsweise rot-grün regierten Länder eine Blockade gegen die Bundesregierung, die 1997 zum Beispiel eine Steuerreform der Regierung Kohl scheitern ließ.

Die Regierung Schröder (1998–2005)

Während der Zeit des Bestehens der Regierung Schröder waren Baden-Württemberg (6) und Bayern (6) stets im schwarz-gelben Lager geblieben, während Mecklenburg-Vorpommern (3, ebenfalls seit 1998) stets das rot-(rot-)grüne Lager vertreten hat. In Bremen (3) ist stets eine Große Koalition, in Rheinland-Pfalz (4) stets eine rot-gelbe Regierung an der Macht gewesen. Die Große Koalition in Berlin (4) wurde 2001 durch eine rot-grüne und später rot-rote Koalition abgelöst, die in Thüringen (4) durch eine CDU-Alleinregierung. Die rot(-grünen) Regierungen in Hamburg (3, 2001), Hessen (5, 1999), Niedersachsen (6, 2003), Nordrhein-Westfalen (6, 2005), im Saarland (3, 1999) und in Sachsen-Anhalt (4, 2002) wurden durch schwarze oder schwarz-gelbe Regierungen abgelöst, die rot-grüne Regierung in Schleswig-Holstein (4, 2005) durch eine schwarz-rote Große Koalition und die CDU-Alleinregierung in Sachsen (4) 2004 durch eine Große Koalition, ebenso wie die SPD-Alleinregierung in Brandenburg (4) 1999.

Es ergab sich damit folgende Stimmverteilung bei 69 Mitgliedern und einer absoluten Mehrheit, die bei 35 Stimmen liegt:

Übersicht für die Zeit von 1998 bis 2005
Zeitraum rot-rot Bundesregierung neutral bürgerliche Opposition
rot rot-grün rot-gelb rot-schwarz schwarz-rot schwarz-gelb (+ Schill) schwarz
10/98-11/98 0 17 18 4 3 11 6 10
11/98-4/99 3 17 18 4 3 8 6 10
4/99-9/99 3 17 13 4 3 8 11 10
9/99-6/01 3 10 13 4 7 4 11 17
6/01-10/01 3 10 17 4 7 0 11 17
10/01-5/02 7 10 10 4 7 0 14 17
5/02-3/03 7 6 10 4 7 0 18 17
3/03-3/04 7 0 10 4 7 0 19 22
3/04-10/04 7 0 10 4 7 0 16 25
10/04-04/05 7 0 10 4 7 4 16 21
04/05-06/05 7 0 6 4 7 8 16 21
06/05-11/05 7 0 0 4 7 8 22 21

Die rot-grüne Mehrheit hatte nur bis zum 7. April 1999 Bestand, die schwarz-gelbe Mehrheit gibt es seit dem 16. Mai 2002.

Der seit 1999 unionsdominierte Bundesrat wandte sich ebenfalls mehrfach gegen die seit 1998 regierende rot-grüne Koalition unter Bundeskanzler Schröder. Dies führte etwa zur Aufteilung des Gesetzes über Lebenspartnerschaften Homosexueller in einen nicht zustimmungspflichtigen und einen im Bundesrat scheiternden zustimmungspflichtigen Teil. Die Bundesregierung Schröder versuchte mehrfach erfolgreich, durch Kompromisse oder durch das mehr oder weniger verschleierte „Herauskaufen“ einzelner, bevorzugt in Großer Koalition regierter Landesregierungen aus der Unions-Blockademehrheit zumindest einen Teil ihrer politischen Agenda durchzusetzen. Seit der Übernahme der absoluten Mehrheit der CDU/CSU/FDP-regierten Länder 2002 war jedoch die Kompromisssuche die einzig mögliche Lösung für die Bundesregierung; zu den Ergebnissen dieser Suche gehörte auch die schlussendliche Einigung über das Zuwanderungsgesetz, nachdem dieses zunächst gescheitert war:

Der Eklat um das Zuwanderungsgesetz 2002

Bei der Bundesratsabstimmung über das Zuwanderungsgesetz am 22. März 2002 kam es im Bundesrat zum Eklat, als der Bundesratspräsident das Abstimmungsverhalten der Vertreter des Bundeslandes Brandenburg – anders als später das Bundesverfassungsgericht – als einheitlich wertete und daher die Stimmen Brandenburgs als Ja-Stimmen zählte. Mit Urteil vom 18. Dezember 2002 erklärte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz für nichtig.

Ausgangspunkt war das von der rot-grünen Bundesregierung ohne Einigung mit der Opposition in den Bundestag eingebrachte Zuwanderungsgesetz. Die Union lehnte das Gesetz ab und kündigte an, im Bundesrat gegen das Gesetz zu stimmen. Da es keine Mehrheit ohne die Union im Bundesrat gab, musste mindestens ein Bundesland mit Regierungsbeteiligung der CDU dem Gesetz zustimmen. Offen war das Abstimmungsverhalten Brandenburgs, das von einer großen Koalition regiert wurde.

Zur Abstimmung wurden die Bundesländer aufgerufen. Beim Aufruf von Brandenburg antworteten Alwin Ziel (SPD) mit Ja und Jörg Schönbohm (CDU) mit Nein. Daraufhin stellte der Bundesratspräsident Klaus Wowereit eine uneinheitliche Stimmabgabe fest und fragte den Ministerpräsident Brandenburgs Manfred Stolpe, wie sein Bundesland abstimme. Dieser äußerte, dass er „als Ministerpräsident“ erkläre, dass Brandenburg mit Ja stimme, woraufhin Schönbohm erklärte: „Herr Präsident, sie kennen meine Auffassung.“ Daraufhin stellte der Bundesratspräsident fest, dass das Land Brandenburg mit Ja abgestimmt habe.

Die Abstimmung wurde von im Bundesrat höchst unüblichen lautstarken Protesten und Zurufen seitens der CDU-Politiker Peter Müller und Roland Koch begleitet, die dem Bundesratspräsidenten Verfassungsbruch vorwarfen. Dies führte dazu, dass Wowereit Stolpe fragte, ob das Land Brandenburg noch Klärungsbedarf habe. Stolpe beantwortete unter Bezugnahme auf sein Amt als Ministerpräsident diese Frage mit Ja. Zu der neuen Frage Wowereits äußerte sich Schönbohm nicht mehr.

Es gilt als wahrscheinlich, dass diese Abläufe größtenteils geplant waren. Bundesratspräsident Wowereit hatte schon vor der Sitzung durch die Verwaltung ein Gutachten zum Thema „uneinheitliche Stimmabgabe“ erstellen lassen. Dieses hielt (wie später das Verfassungsgericht) uneinheitliche Stimmabgabe nicht als Zustimmung. Wowereit entschied sich aber entgegen dieses Gutachtens für die Wertung als Ja-Stimme. Auch die Proteste und Zurufe waren abgesprochen. Es handele sich um eine inszenierte Reaktion („Theater“) der CDU-Vertreter im Bundesrat, erklärte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) später in einem Zeitungsinterview.

1949 hatte es in einer der ersten Sitzungen des Bundesrates einen Fall gegeben, auf den sich der Bundesratspräsident bei seiner Entscheidung stützte. Hierbei hatten zwei Minister aus Nordrhein-Westfalen offenbar irrtümlich verschiedene Voten abgegeben. Daraufhin erklärte der damalige Bundesratspräsident und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Karl Arnold, unter allgemeinem Gelächter, dass er als Ministerpräsident nun die endgültige Stimme seines Landes abgebe. Die Gleichsetzung dieses Falls mit der Entscheidung am 22. März 2002 wurde vom Bundesverfassungsgericht mit 6:2 Stimmen abgelehnt.

siehe weitere Details in Hauptartikel Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Zuwanderungsgesetz 2002

Föderalismuskommission 2003/04

Die 2003 von Bundestag und Bundesrat eingesetzte Föderalismuskommission sollte den Föderalismus in Deutschland reformieren und eine Neuorganisation der Zuständigkeiten von Bund und Ländern, insbesondere eine Senkung des Anteils zustimmungspflichtiger Gesetze herbeiführen. Ebenso sollte eine Neuordnung der Finanzverfassung besprochen werden. Die nach der konstituierenden Sitzung am 7. November 2003 regelmäßig stattfindenden Sitzungen schienen zunächst Erfolg versprechend. Als jedoch der Termin der Vorstellung der Ergebnisse, der 17. Dezember 2004 nahte, waren deutlich mehr pessimistische Stimmen zu hören. Da zur Änderung des Grundgesetzes eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, musste ein breiter Konsens nicht nur zwischen Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung, sondern auch zwischen Regierung und Opposition entstehen. Zu Beginn des Jahres 2005 wurde die Kommission als vorläufig gescheitert angesehen. Der Grund dafür war, dass bezüglich der Bildungspolitik, insbesondere der Hochschulpolitik, keine Einigung erzielt werden konnte. Auf Drängen des Bundespräsidenten, Horst Köhler, erklärten sich die politischen Parteien jedoch zu einer Weiterarbeit im Jahr 2005 bereit.

Die zweite Große Koalition (seit 2005)

Zum Zeitpunkt des Amtsantritts der zweiten Großen Koalition im Bund waren in Bayern (CSU, 6), Hamburg (CDU, 3), Hessen (CDU, 5), im Saarland (CDU, 3) und in Thüringen (CDU, 4) „schwarze“ Alleinregierungen an der Macht. Hinzu kamen CDU-FDP-Koalitionsregierungen in Baden-Württemberg (6), Niedersachsen (6), Nordrhein-Westfalen (6) und Sachsen-Anhalt (4) sowie CDU-geführte Große Koalitionen in Sachsen (4) und Schleswig-Holstein (4).

Die SPD stellte den Regierungschef in den SPD-geführten Großen Koalitionen in Brandenburg (4) und Bremen (3), in der SPD-FDP-Koalition in Rheinland-Pfalz (4) und in den SPD-Linkspartei-Koalitionen in Berlin (4) und Mecklenburg-Vorpommern (3).

Nach den Wahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt am 26. März 2006 kam es zu folgenden Verschiebungen im Bundesrat: In Rheinland-Pfalz (4) gewann die SPD die absolute Mehrheit, die FDP verlor hier ihre Regierungsbeteiligung. In Sachsen-Anhalt (4) verlor die Regierung aus CDU und FDP die Mehrheit, hier kam es zur Bildung einer Großen Koalition unter Führung der CDU. In Baden-Württemberg (6) verpasste die CDU knapp die absolute Mehrheit. Die alte Regierung aus CDU und FDP blieb bestehen. Unter diesen Umständen haben die die Bundesregierung tragenden Parteien nun 44 von 69 Sitzen inne.

Somit ergibt sich folgende Stimmverteilung bei 69 Sitzen insgesamt, womit die absolute Mehrheit bei 35 und die Zweidrittelmehrheit bei 46 Sitzen liegen:

Übersicht für die Zeit seit 2005
Zeitraum rot-rot rot-gelb Bundesregierung schwarz-gelb
rot rot-schwarz schwarz-rot schwarz
11/05–Frühjahr 2006 7 4 0 7 8 21 22
ab Frühjahr 2006 7 0 4 7 12 21 18

Die Große Koalition will den mit den Länderministerpräsidenten vereinbarten Kompromiss zur Föderalismusreform zügig nach ihrem Amtsantritt in das Gesetzgebungsverfahren einbringen.

Siehe auch

Literatur

  • Konrad Reuter: Praxishandbuch Bundesrat. Verfassungsrechtliche Grundlagen, Kommentar zur Geschäftsordnung, Praxis des Bundesrates. Müller Juristischer Verlag, Heidelberg 1991, ISBN 3-8114-6590-2
  • Der Bundesrat (Hrsg.): Der Bundesrat als Verfassungsorgan und politische Kraft. Neue Darmstädter Verlagsanstalt, Bad Honnef-Darmstadt 1974, ISBN 3-87576-027-1
  • Gebhard Ziller, Georg-Berndt Oschatz: Der Bundesrat. 10. Auflage. Droste, Düsseldorf 1998, ISBN 3-7700-7068-2