Twist (Emsland)

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Wappen Deutschlandkarte
Twist (Emsland)
Deutschlandkarte, Position der Gemeinde Twist hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 52° 39′ N, 7° 6′ OKoordinaten: 52° 39′ N, 7° 6′ O
Bundesland: Niedersachsen
Landkreis: Emsland
Höhe: 19 m ü. NHN
Fläche: 105,67 km2
Einwohner: 9751 (31. Dez. 2023)[1]
Bevölkerungsdichte: 92 Einwohner je km2
Postleitzahl: 49767
Vorwahlen: 05936, 05935, 05946Vorlage:Infobox Gemeinde in Deutschland/Wartung/Vorwahl enthält Text
Kfz-Kennzeichen: EL
Gemeindeschlüssel: 03 4 54 054
Adresse der
Gemeindeverwaltung:
Flensbergstraße 7
49767 Twist
Website: www.twist-emsland.de
Bürgermeister: Ernst Schmitz (CDU)
Lage der Gemeinde Twist im Landkreis Emsland
KarteNiederlandeLandkreis CloppenburgLandkreis Grafschaft BentheimLandkreis LeerLandkreis OsnabrückAndervenneBawinkelBeestenBockhorstBörgerBreddenbergDersumDörpenDohren (Emsland)EmsbürenEsterwegenFrerenFresenburgGeesteGerstenGroß BerßenHandrupHaren (Ems)HaselünneHeede (Emsland)HerzlakeHilkenbrookHüvenKlein BerßenKluse (Emsland)LähdenLahn (Hümmling)Langen (Emsland)LathenLehe (Emsland)Lengerich (Emsland)Lingen (Ems)LorupLünneLünneMeppenMessingenNeubörgerNeuleheNiederlangenOberlangenPapenburgRastdorfRenkenbergeRhede (Ems)SalzbergenSchapenSögelSpahnharrenstätteSpelleStavernSurwoldSustrumThuineTwist (Emsland)VreesWalchumWerlteWerpelohWettrupWippingen
Karte

Twist [tvi:st] (auch dialektnah [twi:st]) ist eine Gemeinde des niedersächsischen Landkreises Emsland und liegt im Naturpark Bourtanger Moor-Bargerveen direkt an der niederländischen Grenze.

Geographie

Geographische Lage

Die Gemeinde liegt im westlichen Teil des Landkreises direkt an der niederländischen Grenze an der Bundesautobahn 31 und der Bundesstraße 402/Europastraße 233.

Nachbargemeinden

Im Norden grenzt Twist an die Stadt Haren (Ems), im Osten an die Stadt Meppen und die Gemeinde Geeste, im Süden an die Gemeinde Wietmarschen sowie an die Samtgemeinden Neuenhaus und Emlichheim in der Grafschaft Bentheim und im Westen an die Gemeinde Emmen in der Provinz Drente in den Niederlanden.

Gemeindegliederung

Die Gemeinde Twist besteht aus den folgenden Ortsteilen:

  1. Adorf
  2. Hebelermeer
  3. Hesepertwist mit „Siedlung“
  4. Neuringe
  5. Rühlermoor/Rühlerfeld
  6. Rühlertwist mit Bült
  7. Schöninghsdorf

Geschichte

Das Gebiet der heutigen Gemeinde Twist wurde ab 1775 in Adorf am südwestlichen Ufer des Grenzflusses Aa[2] besiedelt. Im Jahre 1784 erfüllte der Münster'sche Fürstbischof Max Franz die Wünsche von Heuerleuten aus Hesepe in der Mark, im Hochmoor auf dem Twist im Bereich des heutigen Straßenzuges Alt-Hesepertwist siedeln zu dürfen. Das Gebiet war damals ein relativ unfruchtbares und schlecht zugängliches Hochmoor und bot nur ein kärgliches Auskommen. Erst etwa 100 Jahre später konnte das Moor durch Fertigstellung des Süd-Nord-Kanals systematisch trockengelegt und großflächig abgetorft werden. Dadurch verbesserten sich die Lebensbedingungen entscheidend. Bis zu 3.000 Arbeitskräfte – vor allem Saisonarbeiter und Grenzgänger – fanden hier eine Beschäftigung im ältesten Industriezweig der Gemeinde.

Die Brüder Eduard Schöningh und Ferdinand Schöningh sind die Gründer des Ortsteils Schöninghsdorf. Das heutige Gebiet des Ortsteils Schöninghsdorf bestand seinerzeit aus Hochmooren. Zur Torfgewinnung und der landwirtschaftlichen Nutzung der Flächen schwebte Eduard zunächst eine Gutsherrschaft mit verpachteten Einzelhöfen vor; ab 1872 erwarb er zusammen mit einigen Meppenern Honoratioren ca. 450 ha Moorflächen, die später auf 1500 ha aufgestockt wurden. Aus diesen Plänen heraus entwickelte sich 1875 schließlich Schöningh sien dörp dem heutigen Schöninghsdorf.

In den 1950er Jahren begann der wirtschaftliche Aufschwung durch die Erschließung der Erdölvorkommen und durch eine Kunststoffrohre produzierende Firma. Die Erdölförderung prägte lange Zeit durch die zahlreichen Erdölförderfelder mit ihren Förderpumpen, auch „Kopfnicker“ genannt, das Ortsbild. Bis Mitte der 1990er war die Erdölförderung, zusammen mit der Kunststoffindustrie, der Hauptarbeitgeber in Twist. Ab diesem Zeitpunkt galt die Erdölförderung durch die damaligen Erdölpreise als nicht mehr rentabel, weshalb viele Förderquellen stillgelegt wurden. Durch den späteren Anstieg der Erdölpreise ist die Erdölindustrie hier zwar noch präsent, aber als Arbeitgeber nicht mehr bedeutend.

Mit dem Schuljahresbeginn 1975/76 wurde das Bildungsangebot in der Gemeinde Twist um eine Hauptschule, dem sogenannten Schulzentrum Twist, erweitert. Die nach den Plänen von Architekt Peter Grohmann, Greven, entworfene Schule wurde in Twist-Mitte, dem geographischen Mittelpunkt der Gemeinde, errichtet. Zum Schuljahresbeginn 1975/76 war nur der erste Bauabschnitt fertig, die Orientierungsstufenschüler wurden vorläufig in der Ansgarschule unterrichtet. Vier Wochen nach dem Unterrichtsbeginn wurde am 29. August 1975 die Schule eingeweiht und mit zwei Tagen der offenen Tür am 30. und 31. August der Öffentlichkeit vorgestellt. Im ersten Jahr besuchten 450 Jugendliche die neue Schule, 1981 wurde nach Aufnahme der Orientierungsstufe und der Einrichtung eines Realschulzweigs die Höchstzahl von 974 Schülern erreicht. Mit den Reformen wechselnder Landesregierungen wurde der Schulbetrieb den jeweiligen Anforderungen angepasst und so die Orientierungsstufe ab 2003 abgeschafft, die Offene Ganztagsschule 2004 eingeführt, und 2007 eine Mensa eröffnet.

Im Jahre 1986 feierte die Gemeinde ihr 200-jähriges Bestehen mit einem Festumzug mit zahlreichen Festwagen und Fußgruppen. Die Motive der einzelnen Festwagen und Fußgruppen hatten Bezug zur Geschichte der Gemeinde oder stellten das Ortsbild nach. So befand sich auf einem Festwagen ein Nachbau der Kirche St. Georg.

Seit dem Jahre 2000 spielt der Tourismus in der Gemeinde eine größere wirtschaftliche Rolle, wozu sich Bauern Ferienanlagen als zweites Standbein aufbauten. Die Schaffung einiger künstlicher Badeseen einschließlich Campingmöglichkeiten und Fahrradwegen machte Twist touristisch attraktiver. Fördernd wirkte sich die Anlage des Naturparks Bourtanger Moor-Bargerveen im Jahr 2006 aus. Dabei entstanden neue Radwege, eine Aussichtsplattform und Informationstafeln zu Flora und Fauna.

Im August/September 2011 feierten die Einwohner und ihre Gäste das 225. Jubiläum des Twists. Die 10-tägige Jubiläumsfeier wurde mit der Twist-Schau eröffnet. Die als Theaterstück aufgeführte Schau stellte die Geschichte des Twist in plattdeutscher Sprache auf humorvolle Weise von seinen Anfängen der Besiedelung bis heute dar. Bestandteil dieser 10-tägigen Jubiläumsveranstaltung war u. a. ein „Tag der Vereine“, bei der sich das gesamte Vereinsleben der Gemeinde darstellte. Zudem gab es in der Festwoche Konzerte mit Coverbands von Queen und Pink Floyd. Die Chöre der Gemeinde stellten sich in „Twist macht Musik“ musikalisch den Gästen vor. Abschluss des Jubiläums war ein Festumzug mit Festwagen und Fußgruppen zur Geschichte der Gemeinde.

Eingemeindungen

Hesepertwist und Rühlertwist gelten als Ursprungsortsteile der in dieser Form 1964 gegründeten Gemeinde.

Im Jahr 1968 schloss sich Schöninghsdorf auf freiwilliger Basis an. Anlässlich der niedersächsischen Gemeindereform kamen am 1. März 1974 die Gemeinden Adorf, Hebelermeer, Neuringe und aus der aufgelösten Gemeinde Emslage die Ortsteile Rühlermoor und Rühlerfeld hinzu.[3] Neuringe und Adorf hatten bis dato zum Landkreis Grafschaft Bentheim gehört. Durch die Eingemeindung gehörten diese beiden Ortschaften zunächst zum Landkreis Meppen, nach dessen Auflösung zum neuen Landkreis Emsland. Dieser Tausch bedeutete für Sprache und konfessionelle Prägung der neuen Gemeinde Twist eine wichtige Veränderung: die evangelisch-reformierte Kultur und die andere, stark an den Niederlanden orientierte Variante der niederdeutschen Sprache gehören seitdem mit zum vorher vornehmlich emsländisch-katholisch geprägten Gemeindealltag.

Bevölkerungsentwicklung

Die folgende Tabelle zeigt die Bevölkerungsentwicklung Twists. Darin eingeschlossen sind auch die bis 1974 eingemeindeten Orte.

Einwohnerentwicklung zwischen 1848 und 2016
0Jahr0 Einwohner 0Jahr0 Einwohner
1848 1.442 1971 6.777
1871 1.622 1975 7.826
1885 1.847 1980 7.848
1905 2.578 1985 7.814
1925 3.409 1990 8.419
1933 3.713 1995 9.132
1939 3.995 2000 9.426
1946 4.310 2005 9.640
1950 4.739 2010 9.606
1956 5.329 2015 9.676
1961 5.807 2016 9.563

Namensherkunft

Lange Zeit wurde angenommen, dass der Name Twist aufgrund von Uneinigkeit über den Grenzverlauf mit den Niederlanden entstand. Daher sprach man vom Twistrich, was im Niederdeutschen soviel hieß wie umstrittene Grenze oder auch Twist-Gebiet, wobei Twist Streit bedeutet.[4]

Neuere Untersuchungen des Namensforschers Jürgen Udolph ergaben, dass Twist sich eher aus twistel (in der Bedeutung ,Zwiesel; etwas, das eine Gabel bildet’, auch ,Zweiung’) herleitet. Zwisila bedeutet gabelförmiger Zweig. Die Zweiung/Entzweiung zeigt sich ebenso in Mittelniederdeutsch twist, also zwist. [Hierzu gehören auch twistelik (zwieträchtig), twisten (in Zwiespalt, Streit sein) und twisteringe (Zwiespalt, Streit).] Udolph zog zur weiteren Klärung auch aus dem Germanischen hervorgegangene Sprachen heran: altenglisch twisla bedeutet Flussteilung, norwegisch kvisl bedeutet Flussteilung, Flussarm; altnordisch kvistr bedeutet Zweig. Die Grundbedeutung von Twist kann demnach nur sein: Geteilte Siedlung; an einer Gabelung liegender Ort.[5]

Aussprache des Gemeindenamens

Eine sprachliche Besonderheit ist, dass Twist nicht wie der Tanz ausgesprochen wird, sondern mit gedehntem „i“, also wie „Twiest“. Des Weiteren wird – zumindest teilweise – auch die Formulierung „auf dem Twist“ statt „in Twist“ benutzt. Ortsbewohner sagen daher, dass man „vom Twist“ komme und nicht „aus Twist“.

Politik

Twist hat den Status einer Einheitsgemeinde.

Gemeinderat

Der Gemeinderat der Gemeinde Twist besteht aus 24 Ratsfrauen und Ratsherren. Dies ist die festgelegte Anzahl für eine Gemeinde mit einer Einwohnerzahl zwischen 9.001 und 10.000 Einwohnern.[6] Die 24 Ratsmitglieder werden durch eine Kommunalwahl für jeweils fünf Jahre gewählt. Die aktuelle Amtszeit begann am 1. November 2016.

Stimmberechtigt im Gemeinderat ist außerdem der hauptamtliche Bürgermeister Ernst Schmitz (CDU).

Dem Gemeinderat gehören nach den letzten Kommunalwahlen in Niedersachsen 2016 vom 11. September 2016 drei Parteien sowie Wählergemeinschaften an:

Bürgermeister

Derzeitiger und erster hauptamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Twist ist Ernst Schmitz von der CDU. Bei der Bürgermeisterwahl am 11. September 2011 wurde er mit 79,98 % wiedergewählt. Die Wahlbeteiligung lag bei 53,31 %.[7]

Bürgermeister Amtszeit Gemeindedirektoren Amtszeit
Hermann Nottberg (CDU) 1964–1976 Hans Möller 1964–1986
Josef Egbers (CDU) 1976–2004 Klaus Schütte 1986–1992
Ernst Schmitz (CDU) seit 2004 Günter Göken 1992–2004

Wappen

Das Wappen der Gemeinde Twist zeigt im gelben Schild einen blau-weißen Birkhahn mit roter Bewehrung und in schwarzem Schildfuß sieben 4 zu 3 gestellte Buchweizenfrüchte.[8]

Flagge

Die Farben der Gemeindeflagge sind gelb und schwarz. Die Flagge enthält die Farben sowie das Wappen.[8]

Familienpolitik

Im Mai 2007 hat der Gemeinderat beschlossen, Familien mit Kindern stärker zu unterstützen. Dazu wurden Vergünstigungen auf Bauplätze für Eigenheime festgelegt. So erhalten Familien mit zwei oder drei Kindern Nachlässe und Familien mit vier Kindern einen Bauplatz kostenlos. Dabei werden zum einen Kinder berücksichtigt, die beim Grundstückserwerb unter 15 Jahre alt sind, zum anderen jene, die bis zu zehn Jahre nach dem Grundstückserwerb geboren werden.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Kath. Pfarrkirche St. Georg, Twist-Bült

Erste Kirche im Gebiet des Twist. Der alte Kirchhof wurde 1788 angelegt und bis 1962 genutzt. Als erstes Gotteshaus diente ein umgebautes Bauernhaus. 1819/20 wurde eine steinerne Kirche gebaut, die 1855 von einem Neubau von Josef Niehaus ersetzt wurde. Von diesem Bau ist heute noch der Turm erhalten. Mit dem Bau der heutigen Kirche wurde 1964 begonnen, dieser wurde 1966 eingeweiht. Im Innern des Gotteshauses sind barocke Statuen des Heiligen Georg und von zwei weiteren Heiligen vorhanden. Die Orgel wurde 1991 von der Orgelbaufirma Simon hergestellt.

Kath. Kirche St. Ansgar, Twist-Siedlung

Das auffallende und ungewöhnliche runde Kirchenschiff hat einen schneckenförmigen Baukörper, der in einem Turm ausläuft. Die Kirche wurde in Backstein- und Betonbauweise ab 1964 von Theo Burlage und Bernhard Niebuer aus Osnabrück gebaut. Die Einweihung fand 1966 statt.

Kath. Kirche St.-Franziskus, Schöninghsdorf

1926 wurde ein Kirchenbauverein gegründet, um die 1903 als Notkirche geweihte Baracke auf dem Grundstück des heutigen Pfarrhauses in Schöninghsdorf zu ersetzen. Die St.-Franziskus-Kirche wurde nach Plänen des Architekten Theo Burlage im Stil des Expressionismus gebaut. Beginn der Bauarbeiten für die neue Kirche war im Dezember 1928. Der erste Gottesdienst wurde am 8. Dezember 1929 in der Kirche gehalten, die eigentliche Weihe erfolgte erst im August 1930 durch Bischof Berning. Das von Wolfdietrich Stein gestaltete Altarkruzifix des leidenden Christus am Kreuz im Chorraum symbolisiert das Leid der Menschen in den Kriegsjahren 1914–1918. Es nimmt mit einer Höhe von fünf Metern die ganze Höhe und Breite des Chorraumes ein.

An drei Turmseiten sind Zifferblätter angebracht. Diese zeigen nicht wie üblich Zahlen, sondern jeweils ein Eisernes Kreuz mit den Jahreszahlen 1914 und 1918. Die übrigen 33 Stundenziffern an den drei Turmseiten sind durch Namensplaketten der Gefallenen aus Schöninghsdorf und Provinzialmoor dargestellt. Darunter steht jeweils der Todestag.

Kath. Kirche St. Vinzenz von Paul, Hebelermeer

Neugotischer einschiffiger Ziegelbau mit ins Dach reichendem Kirchenraum, 1865/66 von Johann Bernhard Hensen errichtet. In der Pfarrkirche St. Vinzenz von Paul zu Hebelermeer befinden sich zwei Rokokobüsten von Ignatius von Loyola und Franz Xaver, die der Bildhauer Johann Heinrich König (1705–1784) aus Münster (Westfalen) schuf. Die Büsten kamen wahrscheinlich aus Meppen in die Kirche.

Kath. Kirche St. Marien, Adorf

Ab 1950 begannen die Bauarbeiten an der St. Marien-Kirche unter dem Architekten Nikolaus Sanders. Das Gebäude aus rotem Backstein, entspricht einer Saalkirche mit rechteckigem Chor, der durch einen Triumphbogen vom Schiff getrennt ist. Anfangs hatte die Kirche nur einen schlichten Dachreiter, der 1979 durch einen Turm ersetzt wurde.

Ev.-luth. Nazarethkirche, Twist-Siedlung

Nach dem Zweiten Weltkrieg zogen viele evangelische Christen, die aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten vertrieben worden waren, in das Gebiet der Gemeinde Twist, die vorher mehrheitlich von katholischen Christen bewohnt war. Der Grundstein für die Nazarethkirche am Kanal wurde 1953 gelegt. 1959 bekam das Gotteshaus seinen markanten Vorbau über dem Haupteingang. Auf dem Dach befindet sich ein Dachreiter mit drei Glocken.

Ev.-ref. Kirche, Schöninghsdorf

Die aus dem Jahr 1907 stammende ev.-ref. Kirche am Nord-Süd-Kanal ist vermutlich die älteste Moorkirche im Grenzraum und diente früher niederländischen und deutschen Torfarbeitern als Gebetsstätte. Die niederländische Königin-Witwe Emma beteiligte sich finanziell an dem Bau, deswegen wird das Gotteshaus auch als Emma-Kapelle bezeichnet. Der Architekt war Wilhelm Jänecke. Im Zuge einer umfangreichen Renovierung Ende der 80er-Jahre wurden Reste der originalen Jugendstilbemalung freigelegt, die im Laufe der letzten Jahrzehnte unter dicken Farb- und Putzschichten verschwunden waren. Die schwarzen Jugendstil-Ornamente an der Empore sowie an den Seitenwänden wurden 1989 restauriert, da von den Restauratoren ausreichend Spuren für eine Wiederherstellung gefunden worden waren. An der Chornische konnten jedoch lediglich Bruchteile eines Mosaiks aus Goldbronze gefunden werden. Nachdem jedoch alte Fotos der Kirche aufgetaucht waren, konnte auch dieses Mosaik 1992 wiederhergestellt werden.

Ev.-ref. Kirche, Neuringe

Orgel in Neuringe

Die evangelisch-reformierte Kapelle in Neuringe wurde 1897 gebaut. Eine außergewöhnliche Besonderheit stellt die Orgel in dieser Kapelle dar, die 1904 aus der evangelisch-reformierten Kirche in Emlichheim nach Neuringe gebracht worden war. Die ältesten Elemente dieser Orgel stammen aus dem Jahr 1542 und wurden vermutlich von dem Orgelbauer Georg Slegel geschaffen. Ihr heutiges Aussehen erhielt die Orgel 1719. 1866/67 wurde die Orgel vom Orgelbauer Haupt umgebaut. Die Pfeifenwerke stammen aus dem 16., 17., 18. und 19. Jahrhundert. Diese Orgel zählt zu den ältesten und wertvollsten im Bereich der reformierten Landeskirche.

Museen und kulturelle Veranstaltungen

Im künstlich geschaffenen Zentrum der Gemeinde Twist sind neben zahlreichen Einzelhändlern auch das Rathaus und zwei Heimathäuser zu finden. In den Heimathäusern finden viele kulturelle Veranstaltungen statt, z. B. Blueskonzerte. In direkter Nachbarschaft zu den Heimathäusern steht das Erdöl-Erdgas-Museum. Das 1999 gegründete Museum nutzte zunächst das Untergeschoss der Heimathäuser. 2009 wurde ein Neubau bezogen, wodurch die Ausstellung erheblich aufgewertet wurde. Das Museum stellt die Gewinnung und Verarbeitung von Erdöl und Erdgas dar, die in Twist auf eine lange Tradition zurückblicken kann.

Naturparks

Im Jahr 2006 gründeten der Landkreis Emsland, die Grafschaft Bentheim und die niederländische Provinz Drenthe gemeinsam den Internationalen Naturpark Bourtanger Moor-Bargerveen oder oft auch Internationaler Naturpark Moor genannt. Dieser Naturpark umfasst weite Teile der Gemeinde Twist und beherbergt eine einzigartige Flora und Fauna. Zudem ist der Naturpark jedes Jahr das Winterquartier zahlreicher Zugvögel. Bis zur planmäßigen Kolonisation und Kultivierung im 19. Jahrhundert zählte das Bourtanger Moor mit einst 1.200 km² zu den größten zusammenhängenden Hochmooren Europas. Im Rahmen verschiedener Projekte wurden und werden Flächen durch Schließen von Entwässerungsgräben wiedervernässt und somit eine Renaturierung ermöglicht. Gegenwärtig werden ehemalige Torfabbaugebiete auf dem Gebiet des Ortsteiles Schöninghsdorf renaturiert, in denen bereits das Moor wieder "wächst". Ein sehr erfolgreiches Beispiel für die Renaturierung auf dem Gebiet des Internationalen Naturparks Bourtanger Moor-Bargerveen ist das Naturreservat Bargerveen in den Niederlanden. In diesem Naturreservat wurde bereits 1968 auf Teilflächen der Torfabbau eingestellt. Seitdem hat sich dort sehr erfolgreich eine natürliche Moorlandschaft entwickelt und das Moor konnte zu neuem Leben erweckt werden.

Des Weiteren befindet sich im Ortsteil Neuringe das Naturschutzgebiet Neuringer Wiesen, das ebenfalls durch eine lebendige Moorlandschaft geprägt ist.

Sport

In jedem Ortsteil befinden sich Sportvereine, die zum Teil unterschiedliche Sportarten betreiben. Fußball ist dabei die dominante Sportart, jedoch werden auch Handball, Schwimmen, Reiten, Tennis, Tischtennis, Basketball sowie Tanzsport und Turnen angeboten. Des Weiteren gibt es eine Behindertensportgruppe für geistig als auch körperlich Behinderte und eine Herzsportgruppe für Menschen mit Gefäßerkrankungen. Zudem befindet sich im Zentrum der Gemeinde Twist angrenzend zum 1980 eröffneten Hallenbad ein Barfußpfad.

Kultur

In den Heimathäusern finden regelmäßig Folk- und Blueskonzerte statt, die vom Heimatverein organisiert werden. Dem Heimatverein angeschlossen sind die Pättgesfahrer und die Oldtimerfreunde. Die Pättgesfahrer unternehmen regelmäßig Fahrradtouren, bei denen die Umgebung von Twist erkundet wird.

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaft

Bis Mitte der 1990er Jahre dominierte die Erdöl-, Erdgas- und Torfindustrie das Wirtschaftsleben in Twist. Seitdem sind in diesem Sektor viele Arbeitsplätze verloren gegangen. Diese konnten weitgehend durch Neuansiedlungen von kleinen und mittelständischen Betrieben, speziell im Industriegebiet an der Autobahn, ersetzt werden. Größter Arbeitgeber in der Gemeinde ist die niederländische Firma Wavin, die Kunststoffrohrsysteme produziert und in diesem Segment europaweit Marktführer ist.

Tourismus

In den letzten Jahren verstärkte sich der Tourismus als neuer Wirtschaftszweig in Twist. Der touristische Schwerpunkt liegt im Ortsteil Neuringe. Hier befinden sich neben zahlreichen Ferienwohnungen auch ein Campingplatz mit öffentlich zugänglichem Badesee und ein Ponyhof. In Neuringe besteht ein Indoor-Spielparadies für Kinder. Im Jahre 2011 entstanden im Gemeindezentrum in der Nähe des Hallenbades und des Schulsees Reisemobil-Stellplätze.

Zusätzlich wurde beim Tourismus ein Fokus auf den Fahrradtourismus gelegt. Die hier entwickelten Routen bringen den Touristen die Gemeinde Twist näher. Zudem führen Fahrradrouten durch das Naturschutzgebiet Internationaler Naturpark Bourtanger Moor-Bargerveen und zu Renaturierungsflächen, die wiedervernässt werden und somit das ursprüngliche Landschaftsbild wiederherstellen.

Verkehr

Straßenverkehr

Twist liegt direkt an der A 31, auch Emslandautobahn genannt, und kann über die Anschlussstellen Twist, Meppen-Nord/Schöninghsdorf und Wesuwe/Hebelermeer erreicht werden. Die A 31 verläuft von der Nordseeküste bei Emden bis nach Bottrop im Ruhrgebiet. Twist ist ebenfalls an die B 402/E 233 angebunden, die als Verkehrsachse zwischen Rotterdam, Amsterdam, Hamburg und Skandinavien dient. Auf niederländischer Seite ist die E 233 seit dem vierspurigen Ausbau im Jahre 2008 zur A 37 hochgestuft worden. Diese verläuft von der deutsch-niederländischen Grenze (ehemaliger Grenzübergang Hebelermeer/Zwartemeer) bis zum Autobahnkreuz Hoogeveen. Auf deutscher Seite besitzt die E 233 von der Grenze bis zur Anschlussstelle an die A 31 einen vierspurigen, autobahnähnlichen Charakter.

Flugverkehr

Der nächstgelegene internationale Flughafen ist der Flughafen Münster/Osnabrück, der sich im 100 km entfernten Greven befindet. Der Flughafen Düsseldorf International ist das nächstgelegene Flughafendrehkreuz für Interkontinentalflüge, zirka 180 km entfernt, der internationale Amsterdamer Flughafen Schiphol ist etwa 200 km entfernt. Durch die Anbindung an die Bundesautobahn 31 sowie an die niederländische Autobahn A 37 sind die beiden letztgenannten Flughafendrehkreuze auf die gesamte Distanz über Autobahn erreichbar.

Bildung

Schulen

Die fünf Grundschulen der Gemeinde befinden sich in den verschiedenen Ortsteilen (bis auf Hebelermeer und Neuringe). Im Jahre 2009 sind diese Grundschulen durch die Einrichtung von Koch- und Essmöglichkeiten, mit der eine Warmverpflegung der Schüler gewährleistet wird, zu Ganztagsschulen umgewandelt worden.

Mit der Schule am See, dem früheren Schulzentrum Twist, besitzt die Gemeinde auch eine Haupt- und Realschule. Diese wurde durch Um- und Anbaumaßnahmen 2007 zu einer Ganztagsschule ausgebaut. Im Schuljahr 2012/2013 wurde diese Schule in eine Oberschule umgewandelt.

Kindergärten

In den Ortsteilen Schöninghsdorf, Rühlerfeld, Twist-Siedlung und Twist-Bült befinden sich jeweils ein Kindergarten. Träger der Kindergärten ist die kath. Kirchengemeinde des jeweiligen Ortsteiles. In den Kindergärten werden ebenfalls eine Ganztagsbetreuung sowie Krippenplätze für Kleinkinder angeboten.

Persönlichkeiten

Ehrenbürger

  • 1981: Hermann Nottberg (1911–2006), Mitglied des Niedersächsischen Landtags und Bürgermeister der Gemeinden Hesepertwist und Twist
  • 2012: Josef Egbers (1938–2016), Bürgermeister der Gemeinde Twist, Abgeordneter der Landkreise Meppen und Emsland und stellvertretender Landrat des Landkreises Emsland

Ehrenmedaille der Gemeinde Twist

2016 führte die Gemeinde Twist die Ehrenmedaille der Gemeinde Twist ein.

  • 2016: Heiner Reinert (* 1947), für ehrenamtliches Wirken in den kulturellen, gesellschaftlichen und kommunalpolitischen Bereichen[9]
  • 2017: Horst-Heinrich Bechtluft (* 1944), für besondere Verdienste für das Gemeinwohl[10]

Söhne und Töchter der Gemeinde

Persönlichkeiten, die vor Ort gewirkt haben

  • Franz von Fürstenberg (1729–1810), Staatsmann und Förderer der Hochmoorkultivierung
  • Johann Gerhard Bekel (genannt Hermann Eilers), (1745–1795), Hochmoorpionier
  • Hermann Flensberg (1750–1824), Leutnant und Pionier der Hochmoorkultivierung
  • Ferdinand Schöningh (1815–1883), Verleger und Pionier der Hochmoorkultivierung
  • Eduard Schöningh (1823–1900), Offizier, Politiker und Pionier der Hochmoorkultivierung
  • Hermann Levelink (1912–1988), Unternehmer und Heimatforscher
  • Bernd Deters (* 1961), Fußballspieler
  • Mario Reig (* 1965), Fußballspieler

Literatur

  • Lehrerverein der Diözese Osnabrück: Der Kreis Lingen. Beiträge zur Heimatkunde des Regierungsbezirks Osnabrück Heft I, Verlag R. van Acken, Lingen/Ems 1905
  • Werner Kaemling: Atlas zur Geschichte Niedersachsens, Gerd J. Holtzmeyer Verlag, Braunschweig 1987, ISBN 3-923722-44-3
  • Hermann Abels: Die Ortsnamen des Emslandes, in ihrer sprachlichen und kulturgeschichtlichen Bedeutung, Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 1929
  • Christoph Oberthür, Franz Busche, Franz Barth, Heinrich Dünheuft: Heimatkarte des Kreises Lingen mit statistischen Angaben, Verlag R. van Acken, Lingen/Ems 1953
  • Ernst Förstemann, Hermann Jellinghaus (Hrsg.): Altdeutsches Namenbuch, Band II, 1 und 2: Ortsnamen, Bonn 1913/1916 (Nachdruck: Band II, 2, Hildesheim 1967/1983, ISBN 3-487-01733-4)
Commons: Twist – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Landesamt für Statistik Niedersachsen, LSN-Online Regionaldatenbank, Tabelle A100001G: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes, Stand 31. Dezember 2023 (Hilfe dazu).
  2. Adorf macht Twist älter In: NOZ, 24. Januar 2011; Aufgerufen am 14. Oktober 2015.
  3. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart und Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 257 und 258.
  4. Ems Vechte Welle. Aufgerufen 26. Juli 2007
  5. NDR 1 Ortsnamenforschung. Aufgerufen am 10. November 2011
  6. Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) in der Fassung vom 17. Dezember 2010; § 46 – Zahl der Abgeordneten, abgerufen am 1. September 2013
  7. Gemeinde Twist – Ergebnis zur Bürgermeisterwahl 2011 am 11. September 2011, abgerufen am 1. September 2013
  8. a b Hauptsatzung der Gemeinde Twist (PDF; 67 kB), abgerufen am 1. September 2013
  9. http://www.twist-emsland.de/index.php?con_cat=1&con_art=1948&con_lang=1
  10. Manfred Fickers: Ehrenmedaille und Ehrenurkunde. Twist ehrt Horst-Heinrich Bechtluft und Gregor Santel, in: Neue Osnabrücker Zeitung, 11. August 2017, aufgerufen am 16. August 2017.