„Burschenschaft“ – Versionsunterschied

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Fast alle Burschenschaften zeichnen sich durch ihr Bekenntnis zur Herkunft aus der sogenannten [[Urburschenschaft]] von 1815 aus. Dabei ist der inhaltliche Bezug eher verschwommen. Auch ist es egal, in welche Richtung sich die einzelne Burschenschaft in heutiger Zeit entwickelt hat. Die burschenschaftliche Bewegung entstand in Deutschland, griff dann aber weit über den deutschen Sprachraum hinaus nach Mitteleuropa und zog Gründungen ähnlicher Studentengemeinschaften in Polen, Russland, Ungarn und im Baltikum nach sich.
Fast alle Burschenschaften zeichnen sich durch ihr Bekenntnis zur Herkunft aus der sogenannten [[Urburschenschaft]] von 1815 aus. Dabei ist der inhaltliche Bezug eher verschwommen. Auch ist es egal, in welche Richtung sich die einzelne Burschenschaft in heutiger Zeit entwickelt hat. Die burschenschaftliche Bewegung entstand in Deutschland, griff dann aber weit über den deutschen Sprachraum hinaus nach Mitteleuropa und zog Gründungen ähnlicher Studentengemeinschaften in Polen, Russland, Ungarn und im Baltikum nach sich.


Insbesondere die Mitgliedsbünde des größten burschenschaftlichen Dachverbandes [[Deutsche Burschenschaft]] sind aus dem eigenen historischen Verständnis politisch tätig. So gelten traditionsorientierte Studentenverbindungen in der öffentlichen Wahrnehmung oft als politisch rechtsgerichtet oder gar rechtsradikal<ref>http://www.springerlink.com/content/m815h038h7528104/</ref>. Durch Auftritte in Uniform erhalten Burschenschaften übermäßig große öffentliche und mediale Aufmerksamkeit und prägen so das öffentliche Meinungsbild über Studentenverbindungen im Allgemeinen maßgeblich mit. Die politische Wirksamkeit ist eher unbedeutend. Die parteipolitische Polemik gegen Burschenschaften erschöpft sich in blanker Abgrenzung <ref>http://www.antifaschistische-nachrichten.de/2006/11/index.shtml</ref>.
Insbesondere die Mitgliedsbünde des größten burschenschaftlichen Dachverbandes [[Deutsche Burschenschaft]] sind aus dem eigenen historischen Verständnis politisch tätig. So gelten traditionsorientierte Studentenverbindungen in der öffentlichen Wahrnehmung oft als politisch rechtsgerichtet oder gar rechtsradikal<ref>{{Literatur|Autor=Hans-Gerd Jaschke|Titel=Politischer Extremismus|Verlag=Vs Verlag|ISBN=3531147471|Auflage=1|Jahr=2006|Kommentar= Kapitel 3 - Entwicklungslinien}}</ref>. Durch Auftritte in Uniform erhalten Burschenschaften übermäßig große öffentliche und mediale Aufmerksamkeit und prägen so das öffentliche Meinungsbild über Studentenverbindungen im Allgemeinen maßgeblich mit. Die politische Wirksamkeit ist eher unbedeutend. Die parteipolitische Polemik gegen Burschenschaften erschöpft sich in blanker Abgrenzung <ref>http://www.antifaschistische-nachrichten.de/2006/11/index.shtml</ref>.


Die Mitglieder einer Burschenschaft heißen Burschenschafter. Die häufig benutzte Fremdbezeichung „Burschenschaftler“ mit einem „l“ ist falsch. Von vielen außenstehenden Studierenden werden sie oft als ''Burschis'' bezeichnet, von anderen Korporierten salopp auch als [[Buxe]]n.
Die Mitglieder einer Burschenschaft heißen Burschenschafter. Die häufig benutzte Fremdbezeichung „Burschenschaftler“ mit einem „l“ ist falsch. Von vielen außenstehenden Studierenden werden sie oft als ''Burschis'' bezeichnet, von anderen Korporierten salopp auch als [[Buxe]]n.


== Geschichte ==
== Geschichte ==

Version vom 9. Juli 2008, 09:53 Uhr

Eine Burschenschaft (Abkürzung „B!“) ist eine tradierte Form einer Studentenverbindung. So sind deutsche Burschenschaften die viertgrößte Gattung von Studentenverbindungen – etwa 15-20 Prozent (ca. 300 von 1500-2200) aller studentischen Verbindungen sind Burschenschaften. Burschenschaften leben vom urmenschlichen Wunsch, dazu zu gehören (zur Burschenschaft) und anders zu sein, als die Masse (der Nichtmitglieder). Dadurch fehlt vielen Burschenschaften ein elementarer integrativer Ansatz.

Häufig wird zum Ärger der Mitglieder beider Gruppen in der Öffentlichkeit der Begriff „Burschenschaft“ oft als Überbegriff für alle Studentenverbindungen verwendet. Die meisten studentischen Korporationen jenseits der Burschenschaften haben historisch keinerlei Verbindung zu dem Ursprung der Burschenschaften und besitzen auch heutzutage eine andere Ausrichtung.

Fast alle Burschenschaften zeichnen sich durch ihr Bekenntnis zur Herkunft aus der sogenannten Urburschenschaft von 1815 aus. Dabei ist der inhaltliche Bezug eher verschwommen. Auch ist es egal, in welche Richtung sich die einzelne Burschenschaft in heutiger Zeit entwickelt hat. Die burschenschaftliche Bewegung entstand in Deutschland, griff dann aber weit über den deutschen Sprachraum hinaus nach Mitteleuropa und zog Gründungen ähnlicher Studentengemeinschaften in Polen, Russland, Ungarn und im Baltikum nach sich.

Insbesondere die Mitgliedsbünde des größten burschenschaftlichen Dachverbandes Deutsche Burschenschaft sind aus dem eigenen historischen Verständnis politisch tätig. So gelten traditionsorientierte Studentenverbindungen in der öffentlichen Wahrnehmung oft als politisch rechtsgerichtet oder gar rechtsradikal[1]. Durch Auftritte in Uniform erhalten Burschenschaften übermäßig große öffentliche und mediale Aufmerksamkeit und prägen so das öffentliche Meinungsbild über Studentenverbindungen im Allgemeinen maßgeblich mit. Die politische Wirksamkeit ist eher unbedeutend. Die parteipolitische Polemik gegen Burschenschaften erschöpft sich in blanker Abgrenzung [2].

Die Mitglieder einer Burschenschaft heißen Burschenschafter. Die häufig benutzte Fremdbezeichung „Burschenschaftler“ mit einem „l“ ist falsch. Von vielen außenstehenden Studierenden werden sie oft als Burschis bezeichnet, von anderen Korporierten salopp auch als Buxen.

Geschichte

Siehe auch: Geschichte der Studentenverbindungen

Entstehung und Programm

Ausschnitt aus dem "Stamm-Buch" der Urburschenschaft in Jena, hier mit dem Eintrag von Heinrich von Gagern, dem späteren Präsidenten der Frankfurter Nationalversammlung

Die Burschenschaften entstanden nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon, die die studentische Kultur Deutschlands entscheidend prägten. Zwar konnten nur etwa fünf Prozent der Gesamtzahl der Freiwilligen als Studenten gelten, aber keine gesellschaftliche Gruppe hatte einen so hohen Anteil an Freiwilligen. Historiker schätzen, dass etwa 20 bis 50 Prozent der Studenten an diesen Kriegen teilnahmen. [3] Dabei hatten viele Studenten u.a. im Lützowschen Freikorps mitgekämpft. Sie setzten sich danach in der Zeit der Restauration für die Abschaffung der deutschen Kleinstaaterei durch die Schaffung eines gesamtdeutschen Reiches ein und für die Durchsetzung einer konstitutonellen Monarchie.

Die am 12. Juni 1815 in Jena gegründete Urburschenschaft bestand aus Gruppen mit nationalen, christlichen und freiheitlichen Ideen. Zu ihren geistigen Wegbereitern gehörten u.a. Ernst Moritz Arndt, „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn und Philosophen wie Johann Gottlieb Fichte. Sie forderte mit den Werten Ehre, Freiheit, Vaterland staatsbürgerliche Verantwortung, ethnische Solidarität und individuelle Freiheitsrechte zugleich ein. Möglich war diese Synthese verschiedener Elemente durch den elitären Ansatz, der in erster Linie die Pflicht des Einzelnen, für das Ganze einzutreten, betonte.

In der Verfassungsurkunde der Jenaischen Burschenschaft vom 12. Juni 1815 heißt es:

„Erhoben von dem Gedanken an ein gemeinsames Vaterland, durchdrungen von der heiligen Pflicht, die jedem Deutschen obliegt, auf Belebung deutscher Art und deutschen Sinnes hinzuwirken, hierdurch deutsche Kraft und Zucht zu erwecken, mithin die vorige Ehre und Herrlichkeit unsres Volkes wieder fest zu gründen und es für immer gegen die schrecklichste aller Gefahren, gegen fremde Unterjochung und Despotenzwang zu schützen, ist ein Teil der Studierenden in Jena zusammengetreten und hat sich beredet, eine Verbindung unter dem Namen einer Burschenschaft zu gründen.“

Der vaterländische Gedanke war die wichtigste Idee, für die sich sehr viele Studenten begeistern konnten. Um diese Gesinnung der ganzen Welt mitzuteilen, wurde am 17. Oktober 1817 auf der Wartburg bei Eisenach ein Burschenfest gefeiert, an dem über 500 Burschen aus ganz Deutschland teilnahmen. Das Festdatum war bewusst gewählt, um der Reformation Martin Luthers und zugleich des Sieges über Napoleon in der Völkerschlacht bei Leipzig zu gedenken.

Hier wurde vor allem das Ziel der Zusammenführung der Studentenschaft in eine einheitliche Organisation durchformuliert, um damit die Einheit Deutschlands im universitären Bereich vorwegzunehmen. So zitierte die Zeitschrift Isis oder Encyclopädische Zeitung im Jahre 1817 einige Redner auf dem Wartburgfest:

Eben deßhalb müsst ihr euch keine Namen geben, welche dieser Universalität widersprechen. Nicht weiße, schwarze, rothe, blaue usf. müsst ihr euch nennen; denn das sind auch andere; auch nicht Teutonen müsst ihr euch nennen; denn Teutonen sind auch die andern. Euer Name sey, was ihr allein und ausschließlich seyd, nehmlich S t u d e n t e n s c h a f t oder B u r s c h e n s c h a f t. Dazu gehört ihr alle, und niemand anders. Hütet euch aber, ein Abzeichen zu tragen, und so zur Parthey herabzusinken, das bewiese, dass ihr nicht wisst, dass der Stand der Gebildeten in sich den ganzen Staat wiederholt, und also sein Wesen zerstört durch Zersplitterung in Partheyen. [4]

Nach weiteren emotionalisierenden Festreden forderte Hans Ferdinand Maßmann eine Bücherverbrennung von Schriften, die als reaktionär, antinational oder undeutsch galten. Es wurden unter anderem Werke des August von Kotzebue (galt als pro-russisch), August Friedrich Wilhelm Crome (galt als pro-französisch), Karl Leberecht Immermann, der Code Napoléon sowie die „Germanomanie” des jüdischen Schriftstellers Saul Ascher den Flammen übergeben. Letzterer hatte sich in seinem Werk über das beginnende „Deutschlandgefühl“ abfällig geäußert. Auf Grund des hohen Wertes von Büchern wurden jedoch nur mit deren Titeln beschriftete Makulaturbündel verbrannt. Dies war zu der Zeit nichts außergewöhnliches, doch wurden auch Symbole der französischen und der Fürstenherrschaft, wie ein Schnürleib, ein Zopf und ein Korporalstock verbrannt, was nach der damaligen Auffassung die eigentliche Sensation war.

Der Burschenschafter Hoffmann von Fallersleben in altdeutscher Tracht, Gemälde von 1819

Die Versammlung auf der Wartburg 1817 formulierte und beschloss dann gemeinsame Grundsätze und Ziele, um allen deutschen Burschenschaften ein gemeinsames politisches Programm zu geben:

  • politische, religiöse und wirtschaftliche Einheit Deutschlands
  • Aufhebung der Zollschranken
  • Ausbau der Wehrkraft
  • Entwicklung der konstitutionellen Monarchie mit vaterländischer Verfassung
  • Gleichheit vor dem Gesetz,
  • Einführung des Prinzips nulla poena sine lege (Latein: keine Strafe ohne Gesetz)
  • Schutz von Freiheit und Eigentum
  • Rede- und Pressefreiheit, Freizügigkeit

Das Programm griff also wesentliche liberale Ideen der französischen Revolution auf, obwohl die Burschenschafter diese ablehnten. Sie betteten sie in eine „vaterländische“ und „wehrhafte“ Monarchie ein. Die bürgerlichen Rechte finden sich heute in allen europäischen Verfassungen, auch dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.

Im folgenden Jahr kam es an vielen Universitäten zur Gründung von Burschenschaften, die diese Grundsätze vertraten. Diese verstanden sich anfangs nicht als Vielzahl unabhängiger Burschenschaften, sondern als Teil einer einzigen großen Burschenschaft, die die gesamte Studentenschaft umfassen und alle bisher bestehenden Studentenverbindungen ablösen sollte: der „Allgemeinen deutschen Burschenschaft“.

Die Vereinigung wurde letztlich nicht erreicht, da die Bewegung mittlerweile stark zersplittert war und die Corps weiterhin an ihren alten Traditionen festhielten. So gab es – zumindest an den großen Universitäten – weiterhin mehrere Corps und jetzt auch mehrere Burschenschaften.

Wenig später beschloss die Burschenschaft, keine Juden aufzunehmen, da diese ein eigenes Volk im Volk seien und kein Vaterland hätten. Später, nach Abkehr vom christlichen Glauben und Aufspaltung in germanische und arminische Linie, wurde der Beschluss 1827 durch Änderung des Grundsatzes der „christlich-deutschen“ Ausbildung in „deutsche Ausbildung“ fallengelassen, und bis zum Burschentag 1896 konnten jüdische Deutsche Mitglieder in Burschenschaften werden.[5]

Vom Wartburgfest bis zur Paulskirchenversammlung

August von Kotzebues Ermordung (Zeitgenössischer kolorierter Kupferstich)
Sands Ende auf dem Schafott (Zeitgenössischer kolorierter Kupferstich)

1819 ermordete der Burschenschafter Karl Ludwig Sand den Schriftsteller und angeblichen russischen Agenten August von Kotzebue, dessen Werk „Geschichte des deutschen Reichs“ schon beim Wartburgfest verbrannt worden war. Daraufhin erließen die im Deutschen Bund versammelten Regierungen strenge Verbote jeder studentischen Organisierung an Hochschulen und anderswo. Diese - nach dem Tagungsort des Bundestages benannten - Karlsbader Beschlüsse gingen maßgeblich auf den Einfluss des österreichischen Staatskanzlers Fürst Metternich zurück. Ihretwegen waren viele Burschenschafter in den nächsten Jahren staatlicher Beobachtung und Verfolgung ausgesetzt. Es wurde festgelegt, dass für jede Universität ein „landesherrlicher Bevollmächtigter“ zu ernennen sei, der vor Ort genau kontrollierte, ob die Professoren den Studenten politisch unliebsame Ideen vermittelten. Wichtigstes Gremium wurde die Mainzer Zentraluntersuchungskommission, der jede Auffälligkeit zu melden war. Missliebige Professoren konnten von der Universität verwiesen werden und erhielten im ganzen Deutschen Bund Berufsverbot („Demagogenverfolgungen“).

§. 3. Die seit langer Zeit bestehenden Gesetze gegen geheime oder nicht autorisirte Verbindungen auf den Universitäten sollen in ihrer ganzen Kraft und Strenge aufrechterhalten, und insbesondere auf den seit einigen Jahren gestifteten, unter dem Namen der allgemeinen Burschenschaft bekannten Verein um so bestimmter ausgedehnt werden, als diesem Verein die schlechterdings unzulässige Voraussetzung einer fortdauernden Gemeinschaft und Correspondenz zwischen den verschiedenen Universitäten zum Grunde liegt. Den Regierungs-Bevollmächtigten soll in Ansehung dieses Punktes eine vorzügliche Wachsamkeit zur Pflicht gemacht werden.
Die Regierungen vereinigen sich darüber, daß Individuen, die nach Bekanntmachung des gegenwärtigen Beschlusses erweislich in geheimen oder nicht autorisirten Verbindungen geblieben oder in solche getreten sind, bei keinem öffentlichen Amte zugelassen werden sollen.
Karlsbader Beschlüsse – Universitätsgesetz vom 20. September 1819

In weiterer Folge kehrte die Burschenschaft dem christlichen Glauben den Rücken und lehnte sich im Geheimen, um Anerkennung zu gewinnen, den alten Corps an und übernahm deren Mensurstandpunkt (die Urburschenschaft war noch nicht-schlagend und mensur-ablehnend gewesen). Gleichzeitig zersplitterte sie in eine radikal-republikanisch-nationale Linie („Germania“) und eine hochschulpolitisch-freidenkerisch-liberale Linie („Arminia“). Noch heute sind in vielen Städten Burschenschaften namens Arminia und Germania zu finden, auch wenn diese Namen heute keine Bedeutung mehr für die Ausrichtung haben.

Nach der Julirevolution in Paris 1830 nahm die deutsche Demokratiebewegung wieder zu. Nach und nach wurden die Verbote wieder gelockert. Auf dem Hambacher Fest 1832 wurden erstmals die Farben der Burschenschaft Schwarz-Rot-Gold auch von Nicht-Studenten verwendet. Sie wurden zum Symbol der Demokratiebewegung in Deutschland und darum später zur Staatsflagge der Weimarer Republik, der Bundesrepublik Deutschland und auch der DDR.

Es waren vor allem Burschenschafter aus Heidelberg und Würzburg, die im Jahre 1833 den Frankfurter Wachensturm organisierten, durch den Waffen und die Kasse des Deutschen Bundes erobert werden sollten, was zur Auslösung eines bewaffneten Volksaufstandes hätte führen sollen. Das Scheitern dieser Aktion, bei der es neun Tote und 24 Verletzte unter den Aufständischen gab, stellte einen schweren Rückschlag für die burschenschaftliche Bewegung dar. Die meisten Gründungsdaten heute noch existierender Burschenschaften liegen nach diesem Datum.

Der Bundestag setzte eine Untersuchungskommission ein, die jahrelange, ausgedehnte Nachforschungen nach den Verschwörern und ihren Hintermännern anstellte. Bis 1838 schrieb diese mehr als 1.800 Personen zur Fahndung aus. Wegen Hochverrats wurden schließlich 39 Personen zum Tode verurteilt, später jedoch zu - zum Teil lebenslänglichen - Haftstrafen begnadigt.

Am 10. Januar 1837 gelang es sechs der zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilten Burschenschafter mit Hilfe von außen, dem Gefängnis zu entfliehen. Die Sympathie der Bevölkerung war auf ihrer Seite. Gegen die Suchmaßnahmen der Behörden wurde Spottverse gedichtet, die noch heute in studentischen Liederbüchern stehen und regelmäßig gesungen werden.

„In dem Kerker saßen zu Frankfurt an dem Main
schon seit vielen Jahren sechs Studenten ein,
die für die Freiheit fochten und für das Bürgerglück
und für die Menschenrechte der freien Republik

Und der Bürgermeister sprach es täglich aus
Sie, Herr Kerkermeister, es reißt mir keiner aus.
Aber doch sind sie verschwunden abends aus dem Turm,
um die zwölfte Stunde, bei dem großen Sturm.

Und am nächsten morgen hört man den Alarm
oh es war entsetzlich der Soldatenschwarm.
Sie suchten auf und nieder sie suchten hin und her
sie suchten sechs Studenten und fanden sie nicht mehr.

Doch sie kamen wieder mit Schwertern in der Hand
Auf, ihr deutschen Brüder, jetzt geht's fürs Vaterland.
Jetzt geht's für Menschenrechte und für das Bürgerglück.
Wir sind doch keine Knechte der freien Republik.

Wenn euch die Leute fragen wo ist Absalom
so dürft ihr wohl sagen hohe hängt er schon.
Er hängt an keinem Galgen er hängt an keinem Strick
sondern an dem Glauben an die freie Republik.“

(Verfasser unbekannt, um 1837, Volltext bei Wikisource unter http://de.wikisource.org/wiki/Die_freie_Republik): Die freie Republik

Das Lied Die freie Republik wurde unter anderem auch von Hannes Wader interpretiert und auf Tonträgern veröffentlicht.

Viele Burschenschafter waren eine treibende Kraft der Revolution von 1848. Infolge der Einrichtung einer Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche wurden die Karlsbader Verbote endlich aufgehoben.

Die katholische Kirche hingegen sah in den Burschenschaften zunehmend eine Gefahr für die Sittlichkeit und den Glauben und ahndete die Mensur mit der Tatstrafe der Exkommunikation. Daraufhin kam es – vor allem im preußisch-protestantisch dominierten Deutschland – zur Unterdrückung katholischer Studierenden durch andere Korporationen, weswegen auf Initiative der Kirche und einzelner Pfarrer nach und nach katholische Studentenverbindungen gegründet wurden, die sich – um die Burschenschaften zu provozieren – fast genau deren Aussehen und Brauchtum gaben, ohne deren Ideologie zu teilen. CV und KV entstanden, teilweise wird das bis heute von Teilen der Burschenschaft (insbesondere in Österreich) als Affront verstanden.

1859 kam es beim 100. Geburtstag von Friedrich Schiller zu ersten offiziellen Gründungen von Burschenschaften auf dem Gebiet des österreichischen Kaiserreiches. Zuvor hatte Metternich dort ein Koalitionsverbot mit effizienten Unterdrückungsmethoden durchsetzen können. Erst nach der verlorenen Schlacht von Solferino musste Kaiser Franz Joseph II. Zugeständnisse an die Bürger in Form von liberaleren Vereinsgesetzen machen. Bis 1849 hatten in Österreich-Ungarn noch die mittelalterlichen Nationes existiert, nach der Revolution hatte nach deren Verbot ein zehnjähriges Vakuum geherrscht. Dies wurde nun durch eine Gründungswelle studentischer Korporationen kompensiert. In Österreich entstanden also Corps, Burschenschaft, neue Landsmannschaften und katholische Verbindungen nicht nacheinander und aus verschiedenen Beweggründen, sondern gleichzeitig und parallel in den Jahren 1859-64. Die Burschenschaft hatte im Vielvölkerstaat mit nationalen Identitätsproblemen zu kämpfen und begann sich in Österreich-Ungarn verstärkt in Richtung Deutschnationalismus zu entwickeln.

Burschenschaften im Kaiserreich (1871-1918)

Prager Burschenschaft Teutonia 1895

Nach der Einigung des Reiches 1871 sahen die Burschenschaften im deutschen – anders als im österreichisch-ungarischen – Kaiserreich (1871-1918) ihr wichtigstes Ziel, nämlich den Zusammenschluss der deutschen Länder und Staaten, als erreicht an. Aus der revolutionären Bewegung wurde eine staatstragende Organisation. Während die Burschenschaften 1848 noch gegen Wilhelm I. gekämpft hatten, hofierten sie ihn nun. Der Kampf für Einheit und Freiheit verflachte zu bloßem Nationalismus. Das politische Spektrum blieb aber dennoch sehr breit und reichte von radikal-demokratischen bis zu national-konservativ und antisemitsch eingestellten Gruppen.

In dieser Zeit glichen sich alle Studentenverbindungen nach dem Vorbild der Corps untereinander an. Für die Burschenschaften hieß das vor allem, dass Duelle zur Pflicht wurden. Bisher hatten die Burschenschaften zumindest theoretisch Duelle abgelehnt.

Anders im Kaiserreich Österreich-Ungarn: Massive chauvinistische, nationalistische und antisemitische Propaganda drohte immer wieder zur Sprengung des Vielvölkerstaates zu führen. Alldeutsch-cisleithanische und radikal antisemitische Politiker wie der Burschenschafter Georg von Schönerer polemisierten gegen das supranationalistisch-christlich eingestellte Kaiserhaus der Habsburger für einen alldeutschen Zusammenschluss. Antisemitische und antislawische Positionen übten einen großen Einfluss auch auf christlich-soziale Politiker wie Karl Lueger aus.

Burschenschaften in der Weimarer Republik (1919-1933)

Obgleich die Verfassung der Weimarer Republik (1919-1933) große Teile der burschenschaftlich geprägten Paulskirchenverfassung übernommen hatte, waren viele junge Burschenschafter monarchistisch eingestellt (Konservative Revolution), während die meisten Alten Herren die neue Staatsform befürworteten. Der Antisemitismus nahm auch innerhalb der Deutschen Burschenschaft zu und führte vermehrt zu Beschlüssen, jüdische Mitglieder auszuschließen. Auf der anderen Seite waren Burschenschafter in vielen wichtigen Positionen tätig. Der bekannteste Burschenschafter war der Reichskanzler und Außenminister Gustav Stresemann (B! Suevia Leipzig), einer der Wegbereiter der deutsch-französischen Freundschaft.

Die Geschichte anderer Burschenschaften, insbesondere die der konfessionellen Burschenschaften, muss noch nachgetragen werden.

Burschenschaften im Dritten Reich (1933-1945)

Zu Adolf Hitlers Machtergreifung verhielten sich Burschenschafter nicht einheitlich. So wurde sie, wie von großen Teilen der Bevölkerung, auch von einem großen Teil der Burschenschafter, welche mitunter führende Ämter einnahmen, begeistert begrüßt, während andere vereinzelt sogar im Widerstand aktiv waren (z.B. Hermann Kaiser).

Die Deutsche Burschenschaft als Dachverband hatte sogar noch vor Hitlers Machtergreifungden Nationalsozialismus als wesentlichen Teil der völkischen Freiheitsbewegung“ per Beschluss auf dem Burschentag von 1932 „bejaht“, in demselben Beschluss aber dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) das Vertrauen versagt. [6]

Noch im selben Jahr wurde die in Opposition zum NSDStB stehende „Hochschulpolitische Arbeitsgemeinschaft studentischer Verbände“ (Hopoag) gegründet.

Nach der Machtergreifung fanden in Deutschland Bücherverbrennungen statt, bei welchen sich die nationalsozialistischen Veranstalter auf die Bücherverbrennung auf dem Wartburgfest beriefen. [7]

Ab 1934 wurden alle Studentenverbindungen und -verbände im Rahmen der Gleichschaltung immer stärker unter Druck gesetzt, um sie dem NSDStB, der als einzige Großorganisation etabliert werden sollte, einzugliedern (siehe auch: Alte Burschenschaft). Viele Burschenschaften entzogen sich dem, indem sie sich vorher selbst auflösten, oder sie führten ihre Traditionen verdeckt innerhalb der NS-Kameradschaften fort.

Burschenschaften heute

Nach 1945 kam es zu Wiedergründungen auf dem Boden der drei Westzonen, der späteren Bundesrepublik Deutschland. Die kommunistische Führung der DDR hingegen wertete die Burschenschaften negativ als konservativ-"reaktionäre" Vereinigungen.

Nachdem die Nationalsozialisten alle offen agierenden Studentenverbindungen verboten hatten und ihre Mitglieder in Kameradschaften innerhalb des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes eingegliedert hatten, wurde das klassische Verbindungsleben nur in der Bundesrepublik, nicht aber auf dem Boden der DDR wiederbelebt. Da die sowjetische Verwaltung signalisierte, dass sie kein Verbindungsleben auf dem Territorium der sowjetischen Besatzungszone dulden würde, versuchten dort ansässige Verbindungsstrukturen, möglichst viel an Material und historischen Erinnerungsstücken in den Westen zu schaffen und an einer Universität in der entstehenden Bundesrepublik eine neue Existenz aufzubauen. Berliner Verbindungen verlegten sich an die neugegründete Freie Universität Berlin oder an die Technische Universität Berlin im Westteil der Stadt. Die im Westen wiedergegründeten Verbindungen hielten mit den „Alten Herren“ in der DDR aus Sicherheitsgründen nur auf sehr diskrete Weise Kontakt. So verschwand die verbindungsstudentische Kultur auf dem Gebiet der DDR aus dem Bewusstsein der Bevölkerung. Ersatzfunktion übernahmen DDR-Studentenverbindungen (DDR-Studentenverbindung). Erst nach der politischen Wende von 1990 konnten sich Burschenschaften auch wieder in den neuen Bundesländern betätigen.

Der größte Teil der Burschenschaften ist heute in den Korporationsverbänden Deutsche Burschenschaft (DB, gegründet 1881; wieder gegründet 1948) und Neue Deutsche Burschenschaft (NeueDB, gegründet 1996) organisiert. Viele Burschenschaften in Österreich gehören - z.T. zusätzlich zur DB - den Dachverbänden Deutsche Burschenschaft in Österreich (auch: Verband der Akademischen Burschenschaften in Österreich) (DBÖ, gegründet 1907; wieder gegründet 1952) oder Conservativer Delegierten Convent der fachstudentischen Burschenschaften in Österreich (CDC, gegründet 1909; wieder gegründet 1952) an. Diese sind im Gegensatz zur DB allerdings pflichtschlagend.

Deutsche Burschenschaft

Die Deutsche Burschenschaft sieht sich in der patriotischen Traditionslinie und vereint Verbindungen aus der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich; Burschenschaften aus Chile und Belgien haben ein Assoziationsverhältnis mit ihr.

Nach wie vor wird z.B. über ein "Vaterland", das den deutschen Sprach- und Kulturraum und damit die "deutsche Kulturnation" umfasst bzw. ein "deutsches Volkstum" diskutiert. Dem stellen sich zwar einige Mitgliedsburschenschaften der DB entgegen, es entspricht aber der Gesamtlinie des Verbandes, so weit eine solche für dieses pluralistische Gebilde überhaupt festzustellen ist.

Der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) gehören heute 42 Burschenschaften aus der Deutschen Burschenschaft, aus der Deutschen Burschenschaft in Österreich (DBÖ) (auch: Verband der Akademischen Burschenschaften in Österreich) und aus dem Conservativen Delegierten Convent der fachstudentischen Burschenschaften in Österreich (CDC) an. Sie wurde 1961 auf dem Haus der Münchener Burschenschaft Cimbria gegründet - am gleichen Abend fand auf dem nahegelegenen Hause der Burschenschaft Danubia München eine Festveranstaltung statt - mit dem (inzwischen erreichten) Ziel, auch österreichische Bünde aufnehmen zu können, nachdem die DB zuvor die Aufnahme österreichischer Burschenschaften abgelehnt hatte.

Die BG kann über die drei wesentlichen führenden Organe der DB Einfluss auf die gesamte Organisation nehmen. Da zum Teil Zwei-Drittel-Mehrheiten benötigt werden (z.B. bei Neuaufnahmen), hat sie eine Art Vetofunktion und somit großen Einfluss. Die BG tritt dafür ein, dass alle Bünde pflichtschlagend sein sollten. Da sie sich auch der Historie verschrieben hat, beziehen sich viele kritische politische Diskussionen auf vergangene Ereignisse, wie die Vertreibungen aus den ehemaligen Ostgebieten des vormaligen Deutschen Reiches und auf die Anerkennung/ Nichtanerkennung von Gebietsabtretungen, zumal die Heimatvertriebenen darüber nicht abstimmen durften. Etwa 40 % der DB-Burschenschaften lehnen in diesem Zusammenhang allerdings eine Verschärfung der Mensurverpflichtungen und politisch des Volkstumsbegriffes ab.

Im selben Kontext sind die „weißen” Burschenschaften zu nennen, die politisch als bürgerlich-konservativ gelten. Sie bilden, ähnlich der BG, eine kartellähnliche Interessengemeinschaft innerhalb der DB, den Ring Weißer Burschenschaften, und sind alle pflichtschlagend.

Andere Dachverbände

Burschenschaften, die anderen Dachverbänden angehören oder dachverbandsfrei sind, vertreten oftmals liberalere politische Programme: Die Neue Deutsche Burschenschaft hat sich nach internen Meinungsverschiedenheiten von der Deutschen Burschenschaft abgespalten, um sich von ihr bewusst abzugrenzen und ausdrücklich jeden Revanchismus abzulehnen. Auch das Süddeutsche Kartell, ein Zusammenschluss von mehreren pflichtschlagenden ehemaligen DB-Burschenschaften, die sich als ein Bund verstehen, hat eine andere Ausrichtung als die meisten Burschenschaften in der Deutschen Burschenschaft.

Außerhalb der bisher genannten Dachverbände existieren weitere Studentenverbindungen, die sich Burschenschaft nennen: z.B. im Schwarzburgbund, der nur nichtschlagende, christliche Verbindungen aufnimmt, sowie im Ring katholischer Deutscher Burschenschaften (RKDB). Der Bund Deutscher Ingenieur-Corporationen (BDIC) umfasst vor allem Burschenschaften unterschiedlicher Charakterisierung, die an Fachhochschulen aktiv sind. In Chile besteht der Dachverband Bund Chilenischer Burschenschaften (BCB).

Daneben gibt es auch dachverbandsfreie Burschenschaften, die z.B. aus einem Dachverband ausgetreten sind. Sie sind oft weltanschaulich unabhängig und daher mit den Mitgliedsbünden der DB oder NeuenDB nicht zu vergleichen.

Es gibt auch einige Verbindungen für Studentinnen, die Mädelschaft heißen.

Namhafte Burschenschafter

Siehe auch: Kategorie:Burschenschafter

Wissenschaft und Wirtschaft

Kunst, Literatur, Musik

Politik und Gesellschaft

Kritik

Ein häufiger Kritikpunkt ist das elitäre Gesellschaftsverständnis der Burschenschaften. In diversen Publikationen (siehe auch: Burschi-Reader), bei Veranstaltungen und Demonstrationen werden die Traditionen der Burschenschaften und anderer Verbindungen zudem oftmals als rechtsradikal bezeichnet. Der Wiener Rechtsextremismusforscher Heribert Schiedel spricht von einer zentralen Bedeutung der Burschenschaften „an der Schnittstelle zwischen Rechtsextremismus, legalem Deutschnationalismus und (Neo-)Nazismus“ [8]. Die Verteidiger der Burschenschaften halten dem meist entgegen, dass die Burschenschaften in ihrer Geschichte auf eine demokratische Kontinuität zurückblicken könnten, die sie auch heute noch weiterführten. Burschenschaften in Österreich wird allgemein ein starker Bezug zum deutschnationalen Lager vorgeworfen.

Die BG-Burschenschaften erhalten von politischer Seite viel Kritik. Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein, selbst Alter Herr einer musischen Studentenverbindung, kritisierte als bayerischer Innenminister 2001: „Rechtsextremisten versuchten in akademischen Burschenschaften und über diese an den Hochschulen Einfluss zu gewinnen. Bayern sehe daher nicht weg, wenn Rechtsextremisten Kontakte mit Burschenschaften pflegten oder gar versuchten, akademische Verbindungen zu unterwandern.“

BG-Burschenschaften werden im Jahreslagebericht Rechtsextremismus des österreichischen Innenministeriums für die Jahre 1994, 1999 und 2000 erwähnt[9] sowie in dessen Verfassungsschutzbericht 1998, 2001 und 2002.[10][11][12] Die Verfassungsschutzinformationen des Bayerisches Staatsministerium des Innern erwähnen sie 2001 und 2002.[13][14]

Distanzierung von Seiten der SPD

In einem Brief an Egon Bahr kritisierten die Jusos 2005: „Burschenschaften behandeln Menschen ungleich, Frauen werden oft wegen ihres Geschlechts strukturell benachteiligt. Für viele Burschenschaften sind rassische Kriterien, Nationalität, sexuelle Orientierung, Religion oder die Wehrdienstverweigerung Ausschlusskriterien für eine Aufnahme. (...) Wir halten es für nicht akzeptabel, wenn Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten durch Reden vor Burschenschaften daran mitwirken, dass Burschenschaften an Einfluss gewinnen und ihr elitäres und undemokratisches Weltbild salonfähig wird.“

Die Sozialdemokraten arbeiteten zunächst an einem Unvereinbarkeitsbeschluss, in welchem Parteimitgliedern die Mitgliedschaft aufgekündigt wird, wenn sie Mitglied einer Verbindung sind, welche der Dachorganisationen Deutsche Burschenschaften, Coburger Convent, Neue Deutsche Burschenschaft oder Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen zugeordnet sind. Ausschluss drohte auch Mitgliedern aus Verbindungen, welche sich nicht „klar von geschichtsrevisionistischen Meinungen abgrenzen“, „Ungleichbehandlung von Mann und Frau“ betreiben oder „Randgruppen“ (Ausländer, Homosexuelle, Wehrdienstverweigerer usw.) diskriminieren.

Nach Protesten verschiedener studentischer Verbände und dem Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA) gegen diesen Antrag stellte die Projektgruppe Rechtsextremismus, die vom SPD-Parteivorstand mit der Vorbereitung des Beschlusses „Burschenschaften und SPD“ beauftragt worden war, im November 2005 klar, dass sich der zu fassende Beschluss ausschließlich auf Burschenschaften beziehen soll, die Mitglied des Dachverbandes Deutsche Burschenschaft (DB) seien. Der Parteivorstand der SPD fällte schließlich am 16. Januar 2006 seine Entscheidung. Er distanzierte sich, schloss aber eine generelle Unvereinbarkeit aus. Der Parteivorstand der SPD hatte erwogen, die Mitgliedschaft in mehreren Dachverbänden generell für unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der SPD zu erklären. Auf einen förmlichen Unvereinbarkeitsbeschluss wurde allerdings verzichtet, weil dies keine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls ermöglicht hätte, zudem einige der genannten Dachverbände sich gegen die aus ihrer Sicht erfolgte Verleumdung juristisch gewehrt hätten. Ein Abgrenzungsbeschluss des Vorstandes sollte klarstellen, dass gegen die Grundsätze der Partei und gegen die Beschlüsse der Parteiorganisation handele, wer sich in einer Mitgliedsburschenschaft des Dachverbandes Deutsche Burschenschaft (DB) engagiere und sich nicht ausdrücklich persönlich von rechten Umtrieben distanziere. Soweit der Partei durch dieses Parteimitglied und dessen Mitgliedschaft schwerer politischer Schaden entstünde, sollten die Schiedskommissionen als Ergebnis eines rechtsstaatlichen Parteiordnungsverfahrens auch Ausschlüsse aus der SPD verhängen können. Andere Studentenverbindungen bzw. ihre Dachverbände wären von diesem Beschluss nicht betroffen gewesen.

Am 27. März 2006 konkretisierten Präsidium und Vorstand der SPD ihre Haltung gegenüber der Deutschen Burschenschaft und beschlossen, dass nur die Mitgliedschaft in einer Burschenschaft der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (fraktionsähnliche Interessengemeinschaft innerhalb der DB) nicht mit einer Mitgliedschaft in der SPD vereinbar ist. Der Parteirat hat diesen Beschluss am 24. April bestätigt. Einen ersten Prozess um den Ausschluss eines Burschenschafters hat die SPD allerdings bereits rechtskräftig verloren [15].

In früheren Jahrzehnten hatte es bei der SPD bereits einen ähnlichen Unvereinbarkeitsbeschluss gegeben, der aber nach Gesprächen mit den studentischen Verbänden in den 1960er Jahren aufgegeben wurde, da die SPD sich im Rahmen ihres Godesberger Programms mehr zur politischen Mitte hin öffnen wollte. Ein Ausschluss der Korporierten hätte damals beispielsweise auch für die Ministerpräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf und Georg Diederichs gegolten, ebenso für den späteren Minister Dieter Haack. In NRW wäre von einem neuen generellen Unvereinbarkeitsbeschluss unter anderem der frühere Landesminister und SPD-Fraktionsvorsitzende Friedhelm Farthmann betroffen gewesen.

Heinrich Heine als Zeitzeuge

Heinrich Heine studierte zwischen 1819 und 1825 Jura in Bonn, Göttingen und Berlin. In seiner Göttinger Studienzeit war er Mitglied einer Studentenverbindung, die sich später zum Corps Hildeso-Guestphalia formierte. Schon 1820 äußerte er sich sehr kritisch über das Wartburgfest und seine Göttinger Erfahrungen (Werke Band 4, Ausgabe Insel-Verlag, S. 415f)

Auf der Wartburg hingegen herrschte jener unbeschränkte Teutomanismus, der viel von Liebe und Glaube greinte, dessen Liebe aber nichts anderes war als Hass des Fremden und dessen Glaube nur in der Unvernunft bestand, und der in seiner Unwissenheit nichts Besseres zu erfinden wußte, als Bücher zu verbrennen!
Im Bierkeller zu Göttingen musste ich einst bewundern, mit welcher Gründlichkeit meine altdeutschen Freunde die Proskriptionslisten anfertigten, für den Tag, wo sie zur Herrschaft gelangen würden. Wer nur im 7. Glied von einem Franzosen, Juden oder Slawen abstammte, ward zum Exil verurteilt. Wer nur im mindesten etwas gegen Jahn oder überhaupt gegen altdeutsche Lächerlichkeiten geschrieben hatte, konnte sich auf den Tod gefasst machen…

Allerdings waren Heines Betrachtungen und Reflexionen durch seine eigenen, dem frühen deutschen Nationalbewusstsein abgeneigten Ansichten geprägt, zudem handelt es sich um seine persönliche Einzelmeinung, der andere positive Erfahrungsberichte aus dem 19. Jahrhundert gegenüberstehen. Interessant ist jedoch, dass – wie Heine – viele Corpsstudenten jener Zeit der Burschenschaft offenbar äußerst kritisch gegenüberstanden.

Literatur

  • Diana Auth, Alexandra Kurth: Männerbündische Burschenherrlichkeit. Forschungslage und historischer Rückblick. in: Christoph Butterwegge, Gudrun Hentges (Hrsg.): Alte und Neue Rechte an den Hochschulen. Agenda, Münster 1999. ISBN 3896880608
  • Helma Brunck: Die Deutsche Burschenschaft in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. München 2000. ISBN 3800413809
  • Ludwig Elm, Dietrich Heither, Gerhard Schäfer (Hrsg.): Füxe Burschen Alte, Herren - Studentische Korporationen vom Wartburgfest bis heute. Papyrossa, Köln 1993. ISBN 3-89438-050-0
  • Georg Heer: Geschichte der Deutschen Burschenschaft. Bd 2. Die Demagogenzeit. Von den Karlsbader Beschlüssen bis zum Frankfurter Wachensturm (1820-1833). Heidelberg 1965. ISBN 3825313425
  • Georg Heer: Geschichte der Deutschen Burschenschaft. Bd 3. Die Zeit des Progresses. Von 1833 bis 1859. Heidelberg 1965. ISBN 3825313433
  • Georg Heer: Geschichte der Deutschen Burschenschaft. Bd 4. Die Burschenschaft in der Zeit der Vorbereitung des zweiten Reiches, im zweiten Reich und im Weltkrieg. Von 1859 bis 1919. Heidelberg 1977. ISBN 3533013480
  • Dietrich Heither, Gerhard Schäfer: Studentenverbindungen zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus. in: Jens Mecklenburg (Hrsg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus. Berlin 1996. ISBN 3885205858
  • Dietrich Heither, Michael Gehler, Alexandra Kurth: Blut und Paukboden. Fischer, Frankfurt 2001. ISBN 3596133785
  • Dietrich Heither: Verbündete Männer. Papyrossa, Köln 2000. ISBN 3894382082
  • Horst Grimm, Leo Besser-Walzel: Die Corporationen. Umschau Verlag Breidenstein, Frankfurt am Main 1986. ISBN 3-524-69059-9
  • Peter Krause: O alte Burschenherrlichkeit - Die Studenten und ihr Brauchtum. Styria, Graz/Wien/Köln 1997. ISBN 3-222-12478-7
  • Paul Wentzcke: Geschichte der Deutschen Burschenschaft. Bd 1. Vor- und Frühzeit bis zu den Karlsbader Beschlüssen. Heidelberg 1965. ISBN 3825313387
  • Alfred Thullen: Der Burgkeller zu Jena und die Burschenschaft auf dem Burgkeller von 1933-1945. Heidenheim a.d.B. 2002. ISBN 393389249X

Weblinks

Dachverbände
Weiterführende Links

Quellen

  1. Hans-Gerd Jaschke: Politischer Extremismus. 1. Auflage. Vs Verlag, 2006, ISBN 3-531-14747-1 (Kapitel 3 - Entwicklungslinien).
  2. http://www.antifaschistische-nachrichten.de/2006/11/index.shtml
  3. Rainer Pöppinghege: Zwischen Radikalität und Anpassung. 200 Jahre studentische Geschichte. In: Jan Carstensen, Gefion Apel (Hrsg.): Schlagfertig! Studentenverbindungen im Kaiserreich. Reader und Ausstellungskatalog im Auftrage des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe zur Ausstellung im Westfälischen Freilichtmuseum Detmold vom 15. August bis 31. Oktober 2006, S. 12f. ISBN 3-926160-39-X ISSN 1862-6939
  4. Isis oder Encyclopädische Zeitung zum Wartburgfest 1817 http://www.burschenschaft.de/pdf/studentika_isis.pdf
  5. Herman Haupt: Handbuch für den Deutschen Burschenschafter, Frankfurt a. Main 1929, S. 16 u. 42.
  6. Hans-Georg Balder: Frankonia-Bonn 1845-1995. Die Geschichte einer deutschen Burschenschaft. WJK-Verlag, Hilden 2006, ISBN 3-933-892-26-0 S. 599
  7. Heither / Gehler / Kurth / Schäfer: “Blut und Paukboden”. Eine Geschichte der Burschenschaften, Frankfurt/Main 1997, S. 108f. ISBN 3-596-13378-5
  8. Interview H. Schiedel, erschienen in: Gedenkdienst 3/2003
  9. Neues von ganz rechts - Burschenschafter versuchen Imagekorrektur DöW - Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Mai 2002
  10. Verfassungsschutzbericht 1998 des österreichischen Innenministeriums (PDF)
  11. Verfassungsschutzbericht 2001 des österreichischen Innenministeriums (PDF)
  12. Verfassungsschutzbericht 2002 des österreichischen Innenministeriums (PDF)
  13. Verfassungsschutzinformationen Bayern, Bayerisches Staatsministerium des Innern, München, 1. Halbjahr 2001 (PDF-Datei)
  14. Verfassungsschutzinformationen Bayern, Bayerisches Staatsministerium des Innern, München, 1. Halbjahr 2002 (PDF-Datei)
  15. Parteiausschluss