Cro-Magnon-Mensch

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Cro-Magnon-Mensch

Schädel Cro-Magnon I („alter Mann von Cro-Magnon“)

Systematik
Überfamilie: Menschenartige (Hominoidea)
Familie: Menschenaffen (Hominidae)
Tribus: Hominini
Gattung: Homo
Art: Mensch (Homo sapiens)
Cro-Magnon-Mensch
Wissenschaftlicher Name
Homo sapiens

Cro-Magnon-Mensch (ˌkroːmaˈɲɔ̃) ist eine – in der europäischen Forschungstradition begründete – Bezeichnung für den anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens) der letzten Kaltzeit. Als Epoche der Cro-Magnon-Menschen gilt die Zeitspanne vom ersten Nachweis von Homo sapiens in Europa vor etwa 40.000 Jahren bis zum Übergang vom Pleistozän zum Holozän vor etwa 12.000 Jahren.[1]

Die früher gehegte Vermutung, der Cro-Magnon-Mensch sei ein evolutives Bindeglied zwischen Neandertaler und modernem Homo sapiens, gilt aufgrund von anatomischen Merkmalen, die beide Arten trennscharf unterscheiden, seit Mitte der 1970er Jahre als widerlegt.[2] „Cro-Magnon-Mensch“ bezeichnet demnach weder eine Art noch eine Unterart.

Typusexemplar Cro-Magnon I

Der Holotyp Cro-Magnon I war der erste von fünf Schädeln und postcranialen Skelettresten, die 1868 durch Louis Lartet, den Sohn von Édouard Lartet, im Abri de Cro-Magnon (Dordogne) bei Ausgrabungen entdeckt wurden.[3][4] Jean Louis Armand de Quatrefages und Ernest Hamy beschrieben auf Basis dieser Funde erstmals 1874 eine „Cro-Magnon-Rasse“.[5] 1877 erfolgte eine vergleichende Darstellung im Buch „L'Espèce humaine“ (Die menschliche Spezies).[6]

Versuche im späten 20. Jahrhundert, die Menschenreste mittels 14C-Methode direkt zu datieren, scheiterten entweder am zu geringen Kollagengehalt oder an der Tatsache, dass die postcranialen Skelettteile in den Sammlungsbeständen des Musée de l’Homme nicht mehr eindeutig den Schädeln zuzuordnen sind. So wurden die Gräber bislang nur indirekt durch die Beigaben datiert: Eine durchbohrte Meeresschnecke (Littorina littorea), die als Teil einer Halskette einem der Gräber von Cro-Magnon zuzuordnen ist, wurde mit der AMS-Methode auf 27.680 ± 270 BP (Beta 157439) datiert.[7][8] Damit stammen auch die Menschenreste wahrscheinlich aus dem Gravettien, sofern – zum derzeitigen Publikationsstand – keine Störungen des Befundzusammenhangs in Betracht gezogen werden. Da das Gravettien als Kulturstufe erst um die Mitte des 20. Jahrhunderts etabliert wurde, entspricht es der alten Klassifikation des Oberen Aurignacien und nicht – wie ursprünglich für die Menschenreste von Cro-Magnon angenommen wurde – dem älteren Aurignacien typique.

1899 wurde das Fossil Cro-Magnon I von Georges Vacher de Lapouge als Typusexemplar für die von ihm vorgeschlagene Art Homo spelaeus („Höhlenmensch“) benannt.

Fossilbericht

Rot markiert: die Position des Cro-Magnon-Menschen im Stammbaum der Gattung Homo

Die beiden ältesten gefundenen Fossilien des Cro-Magnon-Menschen (im Sinne des europäischen Homo sapiens) stammen aus der Grotta del Cavallo (Apulien)[9] und der Kents Cavern (England).[10]

Aus demselben Zeithorizont wurden auch in der Peștera cu Oase (Rumänien) zwei Schädel gefunden, allerdings ohne Werkzeuge oder Jagdreste des Menschen.[11] Trinkaus (2003) ließ den Unterkiefer Oase 1 von zwei unabhängigen Laboren datieren, mit etwas unterschiedlichen 14C-Rohdaten. Kalibriert man diese mittels OxCal, ergeben sich 1σ-Grenzen zwischen etwa dem 386. und 366. Jh. cal. v. Chr.[12][13] Der Schädel Oase 2+3 ergab ein Alter von etwa 35.000 BP.[14]

Weitere Menschenreste, die älter als 30.000 BP datieren, stammen von Mladeč in Mähren (zirka 31.000 BP)[15][16] und Kostenki am Don.[17][18] Zwei morphologische Varianten der Menschen des Jungpaläolithikums – eine hochwüchsige und eine grazile – lassen sich deutlich unterscheiden. Die Menschen der Grotte des Enfants 4, Barma Grande 5, Předmosti 3, Pavlov und Sungir 1 gehörten dem sehr hochwüchsigen Typus an, diejenigen von Arene Candide 2, 3, 5 und Riparo Continenza dem ausgesprochen grazilen.[19][20] Eine Mittelstellung nehmen der Cro-Magnon 2, Předmosti 9, Předmosti 14, Paviland, Ohalo 2, und Wadi Kubbaniya ein und, etwas kleiner, die Menschen von Předmosti 5, Arene Candide 12, Riparo Continenza und das weit jüngere Skelett aus der bayerischen Klausenhöhle (zirka 18.000 BP). Von einigen Bearbeitern wird daher der Cro-Magnon-Typ dem Brünn-Typ (früher: „Brünn-Rasse“) gegenübergestellt.[21][22]

Am Skelett Paglicci 23 aus der Paglicci-Höhle (Italien) wurde die Cambridge reference sequence der mtDNA eines Cro-Magnon-Menschen erstellt.[23] Eine weitere mtDNA-Sequenz liegt vom Grab aus Kostenki 14 vor, das der Haplogruppe U2 angehört.[24] Im Jahre 2013 wurde das Genom des etwa 24.000 Jahre alten Jungen aus Malta in Sibirien publiziert.[25]

Lange Zeit galt die Zuordnung des 1909 entdeckten Grabes von Combe Capelle[26] zum Châtelperronien als gesichert, da Artefakte in der Umgebung des Skeletts als Grabbeigaben interpretiert wurden.[27] Im Jahre 2011 wurden neue AMS-Daten bekannt, die die Bestattung wesentlich jünger ins Mesolithikum datieren.[28]

Werkzeugfunde aus Willendorf, Österreich, die den Cro-Magnon-Menschen zugeschrieben werden, wurden auf ein Alter von 43.500 Jahren cal BP datiert.[29]

Beschreibung

Homo sapiens ist als Taxon vor zirka 200.000 bis 150.000 Jahren in Afrika entstanden (siehe archaischer Homo sapiens). Die Verwendung des Begriffs Cro-Magnon-Mensch im Sinne einer Chronospezies ist weder mit anatomischen Merkmalen noch aufgrund der Untersuchung alter DNA haltbar. Trotz eines sogenannten genetischen Flaschenhalses der Homo sapiens-Populationen während der letzten Eiszeit konnte in einer 2011 publizierten Studie am menschlichen Genom nachgewiesen werden, dass ein genetischer Austausch der Populationen in Europa, Asien und Afrika bis vor etwa 40.000 bis 20.000 Jahren stattfand.[30]

Cro-Magnon-Menschen waren Jäger und Sammler und lebten überwiegend nomadisch. Viele Fundstellen zeigen lediglich kurzfristige oder über einen längeren Zeitraum jeweils saisonal genutzte Lagerplätze des Menschen an. Länger als ein Jahr wahrscheinlich permanent besiedelte Lagerplätze sind frühestens seit dem Gravettien bekannt, zum Beispiel in Dolní Věstonice und Pavlov (beide Mähren).

Ablösung der Neandertaler

Schädel eines Cro-Magnon-Menschen, Museo civico di Scienze Naturali, Mailand

Die vollständige Ablösung der Neandertaler (engl. replacement) durch anatomisch moderne Menschen zwischen etwa 40.000 und 30.000 Jahren vor heute ist Gegenstand zahlreicher Theorien. Im Jahre 2012 wurde eine Studie der aDNA von Neandertalern veröffentlicht, die nahelegt, dass bereits vor dem Auftreten moderner Menschen in Europa eine starke Ausdünnung der Neandertaler-Population erfolgt war, was auf Umwelt- und andere Stressfaktoren zurückgeführt wird.[31] Die geringe Nachweisbarkeit von Neandertalern jünger als 40.000 BP wird durch die Neubewertung von 14C-Datierungen gestützt. Daten ohne Probenaufbereitung mit Ultrafiltration seien nach Ansicht von Forschern der CalPal-Arbeitsgruppe nur als Minimalalter anzusehen.[32][33] Demnach markieren die Fossilien aus der kaukasischen Mesmaiskaja-Höhle (39.700 ± 1.100 BP) sowie aus der kroatischen Vindija-Höhle die jüngsten Neandertalerfunde mit gesicherter 14C-Datierung.

Neandertaler-Genom beim Homo sapiens

Obwohl im Genom anatomisch moderner Menschen Eurasiens ein Anteil von bis zu 4 % Neandertaler-spezifischer Gene festgestellt wurde,[34] gilt dies für taxonomische Fragen als unerheblich.

  • Allerdings erbrachten in den Jahren 2013 bis 2015 durchgeführte genanalytische Untersuchungen an den Homo-sapiens-Funden von Peștera cu Oase in Rumänien und Ust-Ischim in Sibirien weitere Erkenntnisse zum Thema Hybridisierung: In beiden Fossilien wurde Neandertaler-DNA nachgewiesen.[35]
  • Im Falle des Unterkiefers von Oase1 wurde ein Anteil von 5 bis 11 Prozent an DNA-Abschnitten des Neandertalers nachgewiesen und abgeschätzt, dass die Hybridisierung vier bis sechs Generationen vor Datierung der Fundlage (40.000 v.h.) stattgefunden hat – auch wenn es sich anscheinend um eine Linie ohne heute nachweisbare Nachkommen handelt.[36] Beim Fund von Ust-Ischim wurde ein Anteil von 2 Prozent an Neandertaler-DNA festgestellt. Der Zeitpunkt des Genflusses wurde auf rund 7.000 bis 13.000 Jahre vor Lebzeiten des Individuums (vor ca. 45.000 Jahren) datiert – mit genetischer Nähe zu den in Eurasien lebenden Menschen.[37]
  • Auch wenn die Studien nichts darüber aussagen, ob der Genfluss im Umfeld der Fundstellen erfolgt ist oder die Hybriden aus entfernteren Gebieten zugewandert sind, belegen sie doch, dass Verpaarungen zwischen Neandertaler und Cro-Magnon-Mensch (bzw. frühem Eurasischen Homo sapiens) nicht nur in der Levante, sondern auch im Osten Europas und in Sibirien tatsächlich stattgefunden haben.[38]

Der europäische Cro-Magnon-Mensch tritt in seiner materiellen Kultur als Träger des Jungpaläolithikums mit der Klingenkultur des Aurignaciens in Erscheinung. Diese ist mit dem Ahmarien im Vorderen Orient bereits einige Tausend Jahre früher als in Mitteleuropa nachgewiesen. Wahrscheinlich drangen moderne Menschen erstmals vor etwa 36.000 Jahren BP (kalibriert 40.000 bis 42.000 v. Chr.) nach Europa vor. Einen starken Bevölkerungsrückgang gab es während des Kältemaximums der Weichseleiszeit (bzw. Würmeiszeit im alpinen Raum) vor etwa 22.000 bis 18.000 Jahren.[39]

Die Vermutung, dass die Cro-Magnon-Menschen, von Südosten kommend, die „kältegewohnten“ Neandertaler in der Zeit vor diesem Temperaturminimum in nördliche Refugien abgedrängt hätten, scheint jedoch irrig, da Neandertaler kurz vor ihrem Aussterben nur noch in Südeuropa nachgewiesen sind, während Siedlungsplätze der Cro-Magnon-Menschen vielfach nördlich der Alpen belegt sind. In Westeuropa befand sich ein früher Siedlungsraum von Cro-Magnon-Menschen in Südfrankreich und Nordspanien, während die Neandertaler den Süden der Iberischen Halbinsel bis nach Gibraltar besiedelten. In Osteuropa ergibt sich ein ähnliches Bild mit relativ nördlich gelegenen Fundorten moderner Menschen bei Kostenki am Don aus dem Early Upper Palaeolithic (EUP). Zu dieser Zeit lagen die bislang erwiesenen Siedlungsgebiete der Cro-Magnon-Menschen im Grenzgebiet zwischen Tundren-, Kaltsteppen- und Nadelbaumvegetation, während die Neandertaler im wärmeren Grenzgebiet zwischen Nadel- und Laubbaumvegetation siedelten.

Datei:Cro-Magnon-Frau-Neanderthal.jpg
Rekonstruktion einer Cro-Magnon-Frau im Neanderthal-Museum

Ernährung

Untersuchungen stabiler Isotope (13C- und 15N-Gehalt) im Kollagen der Knochen von Cro-Magnon-Menschen konnten zeigen, dass sich das Nahrungsangebot im Vergleich zu den Neandertalern vervielfältigt hat. Während Neandertaler überwiegend das Fleisch großer Pflanzenfresser verzehrten,[40] ist bei Cro-Magnon-Menschen des mittleren Jungpaläolithikums (Gravettien) ein erhöhter Anteil von Fischen und Muscheln gemessen worden.[41][42][43] Einen prominenten Fall stellt die Analyse am „Prinzen“ aus der Höhle Arene Candide (bei Finale Ligure) dar. Bei diesem Jugendlichen (Datierung 23.440 + 190 BP) konnte Ernährung mit Fischarten aus dem Mittelmeer nachgewiesen werden, die heute nur noch im Atlantik vorkommen.[44] Der Anteil von Fisch an der Gesamtdiät wird mit 20 bis 25 % beziffert. Ernährung mit einem hohen Anteil von Großwild und Fisch (Lachse) wurde auch bei der Magdalénien-Bestattung einer Frau von Saint-Germain-de-la-Rivière festgestellt.[45]

Bei den britischen Fundplätzen Gough’s Cave und Sun Hole Cave aus dem spätpaläolithischen Creswellien lag der Anteil mariner Ressourcen (Fisch, Muscheln) bei etwa 30 %.[46] Dasselbe gilt für den spanischen Fundplatz Balma Guilanyà im südöstlichen Vorland der Pyrenäen.[47]

Archäologische Kulturen

Kratzer, Abri Cro-Magnon (Sammlung Louis Lartet, Museum Toulouse).

Mit dem Auftreten des „modernen Menschen“ beginnt zugleich die Periode des Jungpaläolithikums. Während die Koexistenz mit dem Neandertaler meist auf zirka 10.000 Jahre zwischen 40.000 und 30.000 Jahre beziffert wird,[48] deuten 14C-Daten unter Einbeziehung von Kalibrationsmodellen nur eine recht kurze Koexistenz von Werkzeugkulturen später Neandertaler und des frühen Jungpaläolithikums in einem Zeitfenster von zwei- bis dreitausend Jahren an.[49][50]

Die Werkzeuge und Waffen der Cro-Magnon-Menschen des Aurignacien waren denjenigen der letzten Neandertaler (Szeletien, Châtelperronien bis etwa 35.000 BP) nicht signifikant überlegen, weisen jedoch spezifisch neue Merkmale auf. Eine wechselseitige Beeinflussung der materiellen Kultur (Steinwerkzeuge, Schmuck) wird diskutiert, kann jedoch nur im Fall der Typuslokalität Châtelperron (Département de l'Allier) durch Interstratifikation der Schichten belegt werden.[51][52]

Mit dem Gravettien ist eine erhebliche technische Verfeinerung der Artefakte des Cro-Magnon-Menschen zu verzeichnen, wie das Einkleben von Rückenmessern in Speere, die spätestens seit dem Solutréen mit Speerschleudern abgeworfen wurden. Die Speerschleuder war im Magdalénien Südwesteuropas massenhaft verbreitet und zu dieser Zeit die wichtigste Jagdwaffe. Am Ende des Jungpaläolithikums ist mit zunehmender Bewaldung erstmals der Bogen als Waffe nachgewiesen.

Kunst

Während es vom Neandertaler – abgesehen von dekorativen Elementen – keine künstlerischen Hinterlassenschaften gibt, entwickelte der Cro-Magnon-Mensch erste Werke der bildenden Kunst.[53] Das betrifft einerseits die Felsbilder (Höhlenmalerei, Felsmalerei und Petroglyphen), andererseits die jungpaläolithische Kleinkunst (zum Beispiel so genannte Venusfigurinen).

Von Cro-Magnon-Menschen des Aurignacien sind die ältesten Höhlenmalereien bekannt (El-Castillo-Höhle), wobei Tierdarstellungen bei weitem überwiegen. Zur selben Zeit treten Petroglyphen (Felsritzungen) auf (La Ferrassie, Höhle von Pair-non-Pair). Der quantitative Höhepunkt der Felsbildkunst wurde im Magdalénien erreicht (zum Beispiel Höhle von Lascaux, Höhle von Altamira).

Die jungpaläolithische Kleinkunst ist sehr vielfältig. Überliefert sind zum Beispiel Schnitzereien aus Mammutelfenbein, Geweih, Knochen und schnitzfähigem Gestein (Steatit, Kalkstein).[54] Kunstwerke aus anderen organischen Materialien (zum Beispiel Holz) waren wahrscheinlich ebenfalls in Gebrauch, sind archäologisch aber nicht nachweisbar. Auf Tätowierung und/oder Körperbemalung kann aus den oberflächigen Verzierungen einiger figürlicher Darstellungen geschlossen werden. Als mögliche Beispiele können Kerbmuster auf dem Oberarm des Löwenmenschen vom Hohlenstein-Stadel oder der Venus vom Hohlefels angeführt werden. Die Interpretation ist hier insofern unsicher, als auch gleich alte Tierfiguren aus der Vogelherdhöhle und dem Geißenklösterle solche Ornamente aufweisen. Sofern es sich um Totem-Darstellungen handelt, wäre die Übertragung menschlicher Merkmale jedoch plausibel.[55][56]

Kulturstufen des Cro-Magnon-Menschen im Jung-Paläolithikum – Fund-Darstellung der Hybridisierung mit Neandertalern in Europa und Sibirien – Ende der Cro-Magnon-Periode mit Auslaufen der Höhlenkunst-Kultur im Magdalènien.

Höhepunkt und Ende der Cro-Magnon-Phase

Während des letzten Kältemaximums (in Norddeutschland als Brandenburg- bzw. Frankfurt-Phase vor ca. 25.000 bis 20.000 Jahren bezeichnet), glich Europa bis in das Gebiet des heutigen Südfrankreichs einer baumlosen Tundra. Die Temperaturen lagen um 5 bis 13 °C niedriger als heute. Der Meeresspiegel lag um etwa 120 m tiefer als jetzt, Gletscher erstreckten sich mit ihren bis zu 3000 m dicken Eisschilden teilweise bis nach Mitteleuropa. Im Süden waren die Alpen bis ins Vorland vergletschert, auch die Pyrenäen. Der Raum zwischen dem nördlichen Eisschild und den Alpen war wie heute in Sibirien von Permafrost­böden gekennzeichnet.[57][58]

In der Jüngeren Dryas (ca. 12.700–11.700 vor heute) sanken die Temperaturen nochmals um bis zu 15 Grad unter das heutige Niveau ab. Zu dieser Zeit waren die Höhlenkunst und die Kleinkunst (Venusfiguren) des Cro-Magnon-Menschen bereits im Niedergang begriffen. Es herrschte ein großer Mangel an Nahrung und die Bevölkerungsdichte ging allmählich zurück. Am Ende dieser Phase waren weite Teile Mitteleuropas vom Homo sapiens verlassen.[59]

Erst mit dem Einzug der neolithischen Wirtschaftsweise in Mitteleuropa wurden die wildbeuterisch lebenden Cro-Magnon-Menschen, die im nacheiszeitlichen Mesolithikum genetisch noch fortbestanden, durch eingewanderte neue Populationen abgelöst, was durch Untersuchungen der mtDNA plausibel gemacht werden kann.[60] Demzufolge entstammen die spätglazialen und holozänen europäischen Wildbeuter des Mesolithikums überwiegend der Haplogruppe U, während bei frühneolithischen wie auch heutigen europäischen Menschen die Haplogruppe H dominiert.[61] Beim geographisch unscharf definierten Begriff des Cro-Magnon-Menschen als eiszeitlichem, europäischem Typen lässt sich daraus zwar ableiten, dass es in Mitteleuropa einen Bevölkerungswandel gab. Dieser bezieht sich jedoch nur auf Populationen des modernen Menschen, deren Haplogruppen aus Skelettmaterial der letzten 20.000 Jahre rekonstruiert wurden.

Siehe auch

Literatur

  • Friedemann Schrenk: Die Frühzeit des Menschen. Der Weg zum Homo sapiens. CH Beck, 1997, S. 114, ISBN 3-406-41059-6
  • H. V. Vallois: La Découverte des hommes de Cro-Magnon, son importance anthropologique. In: Gabriel Camps, Georges Olivier (Hrsg.): L'homme de Cro-Magnon. Anthropologie et archaéologie 1868–1968. Paris 1970.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. www.talkorigins.org
  2. Chris Stringer: Population relationships of later Pleistocene hominids: A multivariate study of available crania. In: Journal of Archaeological Science. Band 1, Nr. 4, 1974, S. 317–342, doi:10.1016/0305-4403(74)90051-X
  3. Louis Lartet: Une sépultre des Troglodytes du Périgord (crânes des Eyzies). In: Bulletins de la Société d'Anthropologie de Paris. Band 3, 1868, S. 335–49
  4. Louis Lartet: Mémoire sur une sépulture des anciens troglodytes de Périgord. In: Annales des sciences naturelles II Zoologie. 5ème Série, X, 1868, 141 S., 6 Tafeln
  5. Jean Louis Armand de Quatrefages, Ernest Hamy: La race de Cro-Magnon dans l’espace et dans le temps. In: Bulletins de la Société d’Anthropologie de Paris. Band 9, 1874, S. 260–266
  6. Jean Louis Armand de Quatrefages, Ernest Hamy: L'Espèce humaine. 1877
  7. D. Henry-Gambier, R. W. White: New chrono-cultural data on the Cro-Magnon and Combe-Capelle human remains (Dordogne, France): consequences for the biocultural origins of modern humans in Europe. In: Annual Meetings of the Paleoanthropology Society. Tempe, Arizona 2003.
  8. D. Henry-Gambier: Les fossiles de Cro-Magnon (Les Eyzies-de-Tayac, Dordogne): Nouvelles donnees sur leur Position chronologique et leur attribution culturelle. In: Bull. et Mém. de la Société d’Anthropologie de Paris. Band 14, 2002, S. 89–112.
  9. Stefano Benazzi et al.: Early dispersal of modern humans in Europe and implications for Neanderthal behaviour. In: Nature. Band 479, 2011, S. 525–528, doi:10.1038/nature10617
  10. Tom Higham et al.: The earliest evidence for anatomically modern humans in northwestern Europe. In: Nature. Band 479, 2011, S. 521–524, doi:10.1038/nature10484
  11. Erik Trinkaus: European early modern humans and the fate of the Neandertals. In: PNAS. Band 104, 2007, S. 7367–7372 doi:10.1073/pnas.0702214104
  12. E. Trinkaus et al.: Early modern human cranial remains from the Peștera cu Oase, Romania. In: Journal of Human Evolution. Band 45, 2003, S. 255–259 doi:10.1016/j.jhevol.2003.08.003
  13. Erik Trinkaus et al.: An early modern human from Peștera cu Oase, Romania. In: PNAS; Band 100, Nr. 20, 2003, S. 11231–11236 doi:10.1073/pnas.2035108100
  14. Hélène Rougier et al.: Peștera cu Oase 2 and the cranial morphology of early modern Europeans. In: PNAS. Band 104, Nr. 4, 2007, S. 1165–1170 doi:10.1073/pnas.0610538104
  15. E. M. Wild, M. Teschler-Nicola, W. Kutschera, P. Steier, E. Trinkaus, W. Wanek: Direct dating of Early Upper Palaeolithic human remains from Mladeč. In: Nature. Band 435, 2005, S. 332–335 doi:10.1038/nature03585
  16. Zur Datierung von Mladeč
  17. Sinitsyn, A.A., Allsworth-Jones, P., Housley, R.A.: Kostenki 14 (markina gora): New AMS dates and their significance within the context of the site as a whole. In: Prehistoire Europeene. 1996, S. 269–271
  18. Sinitsyn, A. A.: Kostenki 14 (markina gora): Data, problems, and perspectives. In: Prehistoire Europeene. 1996, S. 273–313
  19. Paul B. Pettitt, M. Richards, R. Maggi and V. Formicola: The Gravettian burial known as the Prince („Il Principe“): new evidence for his age and diet. In: Antiquity. Band 77, Nr. 295, 2003, S. 15–19
  20. K. Absolon, B. Klíma: Předmosti. Ein Mammutjägerplatz in Mähren. In: Fonte Archaeologiae Moraviae. VIII (Praha), 1977.
  21. E. Vlček: Relations morphologiquies des types humains fossiles de Brno et Cro-Magnon au Pleistocene Supérieur d'Europe. In: Camps, G., Olivier, G. (Eds.), L’Homme de Cro-Magnon. Arts et Métiers Graphiques. Paris, 1970, S. 59–72
  22. Martin Oliva: The Brno II Upper Palaeolithic burial. In: Wil Roebroeks, Margherita Mussi, Svoboda, J. & Fennema, K. (Hrsg.): Hunters of the Golden Age. Kolloquium Pavlov. Annalecta Praehistorica Leidensia 31. Leiden. 2000, S. 143–154
  23. David Caramelli et al.: A 28,000 years old Cro-Magnon mtDNA sequence differs from all potentially contaminating modern sequences. In: PLoS One. 3, e2700 (2008), doi:10.1371/journal.pone.0002700
  24. J. Krause, et al.: A complete mtDNA genome of an early modern human from Kostenki, Russia. In: Curr. Biol. Band 20, 2010, S. 231–236
  25. Maanasa Raghavan, Pontus Skoglund u. a.: Upper Palaeolithic Siberian genome reveals dual ancestry of Native Americans. In: Nature. Band 505, 2014, S. 87–91, doi:10.1038/nature12736.
  26. H. Klaatsch, O. Hauser: Homo Aurignaciensis Hauseri – Ein paläolithischer Skelettfund aus dem unteren Aurignacien der Station Combe Capelle bei Montferrand (Périgord). In: Prähistorische Zeitschrift I. Band 3, Nr. 4, 1910, S. 273–338
  27. Almut Hoffmann, Dietrich Wegner: Homo Aurignaciensis Hauseri – Ein paläolithischer Skelettfund aus dem unteren Aurignacien der Station Combe Capelle bei Montferrand/Périgord. In: Acta Praehistorica et Archaeologica. Band 35, 2003, S. 113–137 ISSN 0341-1184
  28. Almut Hoffmann et al.: The Homo aurignaciensis hauseri from Combe-Capelle - A Mesolithic burial. In: Journal of Human Evolution. Band 61, Nr. 2, 2011, S. 211–214, doi:10.1016/j.jhevol.2011.03.001
  29. Philip R. Nigst et al.: Early modern human settlement of Europe north of the Alps occurred 43,500 years ago in a cold steppe-type environment. In: PNAS. Online-Vorabveröffentlichung vom 22. September 2014, doi:10.1073/pnas.1412201111
  30. Heng Li, Richard Durbin: Inference of human population history from individual whole-genome sequences. In: Nature. Band 475, 2011, S. 493–496, doi:10.1038/nature10231
  31. Love Dalén et al.: Partial genetic turnover in neandertals: continuity in the east and population replacement in the west. In: Molecular Biology and Evolution. 2012 doi:10.1093/molbev/mss074
  32. Olaf Jöris, Martin Street: At the end of the 14C time scale – the Middle to Upper Paleolithic record of Western Eurasia. In: Dan S. Adler, Olaf Jöris (Eds.): Setting the Record Straight: Toward a Systematic Chronological Understanding of the Middle to Upper Paleolithic Boundary in Eurasia. In: Journal of Human Evolution. Band 55, 2008, S. 782–802 doi:10.1016/j.jhevol.2008.04.002
  33. Ron Pinhasi et al.: Revised age of late Neanderthal occupation and the end of the Middle Paleolithic in the northern Caucasus. In: PNAS. Band 108, Nr. 21, 2011, S. 8611–8616, doi:10.1073/pnas.1018938108
  34. Richard E. Green u. a.: A Complete Neandertal Mitochondrial Genome Sequence Determined by High-Throughput Sequencing. In: Cell. Band 134, Nr. 3, 2008, S. 416–426, doi:10.1016/j.cell.2008.06.021
  35. Ewen Callaway: Early European may have had Neanderthal great-great-grandparent. Auf: nature.com vom 13. Mai 2015, doi:10.1038/nature.2015.17534
  36. Frühe Europäer haben sich mit Neandertalern vermischt. Auf: mpg.de vom 22. Juni 2015, mit einer Abbildung des Unterkiefers Oase 1
  37. Erbgut des bisher ältesten modernen Menschen entschlüsselt. Max-Planck-Gesellschaft vom 22. Oktober 2014
  38. Ann Gibbons: Ancient DNA pinpoints Paleolithic liaison in Europe. In: Science. Band 348, Nr. 6237, 2015, S. 847, doi:10.1126/science.348.6237.847
  39. Wighard von Koenigswald: Lebendige Eiszeit. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2002, S. 167
  40. Hervé Bocherens, Dorothée G. Drucker, Daniel Billioud, Marylène Patou-Mathise, and Bernard Vandermeersch: Isotopic evidence for diet and subsistence pattern of the Saint-Césaire I Neanderthal: review and use of a multi-source mixing model. In: Journal of Human Evolution. Band 49, Nr. 1, 2005, S. 71–87 doi:10.1016/j.jhevol.2005.03.003
  41. Michael P. Richards, Paul B. Pettitt, Mary C. Stiner, Erik Trinkaus: Stable isotope evidence for increasing dietary breadth in the European mid-Upper Paleolithic. In: PNAS. Band 98, Nr. 11, 2001, S. 6528–6532 doi:10.1073/pnas.111155298
  42. D. Drucker, H. Bocherens: Carbon and nitrogen stable isotopes as tracers of change in diet breadth during Middle and Upper Palaeolithic in Europe. In: International Journal of Osteoarchaeology. Band 14, Nr. 3-4, S. 162–177 doi:10.1002/oa.753
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