Dressurreiten

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Trakehner in der Dressur
Dressurviereck 20 Meter × 60 Meter

Dressurreiten ist eine Disziplin des Pferdesports, bei der die natürlichen Veranlagungen des Pferdes durch gymnastische Übungen gefördert und verfeinert werden. Das Dressurreiten hat das rittige Pferd zum Ziel, das auf minimale Signale („Hilfen“) hin zum exakten Ausführen einer gewünschten Aufgabe („Lektion“) veranlasst werden kann. Die dressurmäßige Ausbildung des Pferdes stellt die Grundlage jeder reiterlichen Betätigung dar und findet ihre Vollendung in der Hohen Schule. Maßgeblich für die Ausbildung aller Pferde in der Dressur ist die sogenannte Skala der Ausbildung.

Zielsetzung

Dressurreiten fördert und verfeinert die natürlichen Bewegungen des Pferdes und ermöglicht ihm, das Gewicht des Reiters optimal zu tragen und trägt dadurch zur Gesunderhaltung des Pferdes bei. Dressur bedeutet in diesem Zusammenhang weniger das Konditionieren des Pferdes auf Kommandos im Sinne einer Freiheitsdressur als vielmehr die Gymnastizierung und Sensibilisierung des Pferdes zur Erhöhung von Kraft, Beweglichkeit und Durchlässigkeit:

„Der Grundgedanke der klassischen Dressur ist die möglichst lange Gesunderhaltung eines Reitpferdes durch das Praktizieren von gymnastischen Übungen, durch die das Pferd, ohne Schaden zu nehmen, in die Lage gebracht werden soll, für den Reitgebrauch nutzbar zu bleiben. Das Pferd soll durch die systematische Ausbildung schöner, ausdrucksstärker und selbstsicherer werden, wodurch sich das Gesamtbild eines [...] harmonisch gebauten Athleten ergibt.“[1]

Die Ausbildung eines Dressurpferdes erfolgt klassischerweise anhand der Ausbildungsskala.

Dressurreiten als Turniersport

Geschichte

Dressurreiten vor rund 100 Jahren: Ein Major der Schweizer Armee reitet eine Dressurprüfung auf Kandare

Das Dressurreiten als Sport entstand Ende des 19. Jahrhunderts aus dem Vergleich zwischen Offizieren und war, wie die meisten reitsportlichen Disziplinen, anfangs überwiegend diesen vorbehalten. Während in der höfischen Kreisen lange Zeit die sogenannten „Caroussels“ bzw. „Horse-Ballets“ (vergleichbar heutiger Quadrillen) die üblichen Reitvorführungen waren, wurde 1873 von der „Gesellschaft zur Prämierung gut dressierter Campagne-Pferde“ in Pressburg erstmals ein Preisreiten als Einzelreitwettbewerb durchgeführt. Diese Prüfungen verbreiteten sich in den folgenden Jahren in Europa. Sie enthielten neben den in heutigen Dressurprüfungen üblichen Lektionen auch noch Hindernisse.[2] Als Nachfolger dieser Hindernisse fand sich lange, auch noch in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg, am Ende von Dressurprüfungen ein Gehorsamssprung.

Das Reglement der seit 1912 olympischen Sportart geht auf die militärischen Anforderungen der europäischen Kavallerien zurück. Heute sind weltweit Frauen im Dressursport führend. Seit 2009 werden Männer und Frauen bei den Deutschen Meisterschaften im Dressurreiten gemeinsam gewertet. Deutschland ist seit Jahrzehnten auch auf Grund seiner Erfolge in der Pferdezucht dominierend im Dressursport; es ist mit die erfolgreichste Sportart, in der deutsche Sportler international antreten.

Turniersport

Auf Turnieren werden Reiter und Pferde in Dressuraufgaben mittels einer Wertnote von 0 (nicht gezeigt) bis 10 (ausgezeichnet) bewertet. Es wird entweder eine Note für die gesamte Aufgabe vergeben oder eine Gesamtnote, die sich aus separaten Noten für jede einzelne Lektion der Aufgabe ergibt. Die Prüfungen werden auf einem genormten Dressurviereck einzeln oder in kleinen Gruppen durchgeführt und von bis zu fünf Richtern gemeinsam oder einzeln bewertet.

Die Dressuraufgaben bestehen aus einer bestimmten Anzahl von Lektionen, die in einer bestimmten Reihenfolge oder, in einer Kür, auch mit Musikuntermalung in frei gewählter Abfolge gezeigt werden. Das Pferd bewegt sich dabei in den Grundgangarten Schritt, Trab und Galopp auf geraden und gebogenen Linien (Bahnfiguren), vorwärts, seitwärts oder auch rückwärts. In den höheren Disziplinen der Dressur werden kompliziertere Bewegungsabläufe gezeigt (Traversale, Passage, Piaffe, Galopppirouette etc.).

Bewertet werden der Sitz und die Hilfengebung des Reiters, die Bewegung und die Rittigkeit des Pferdes sowie die Korrektheit der Ausführung der verlangten Lektionen.

Immer wieder stehen Dressurreiter aufgrund der Anwendung der „Rollkur“, auch Hyperflexion genannt, unter Kritik. Hierbei wirkt der Reiter derart stark auf die Zügel ein, dass er sein Pferd zum Senken des Kopfes und Einrollen des Halses zwingt.

Das Dressurreiten, trotz seiner Olympischen Erfolge wenig von den deutschsprachigen Medien beachtet, erlebt ab Ende 2010 zeitweilig eine erhöhte Medienpräsenz. Grund hierfür war die Vermarktung des teilweise als „Wunderpferd“ bezeichneten Hengstes Totilas, die sich auch in der Boulevardpresse niederschlug.[3]

Olympische Geschichte

Olympisch ist die Dressur seit Stockholm 1912 (Einzel) und Amsterdam 1928 (Mannschaft). Frauen sind seit 1952 in die Teams integriert.

Einzelgoldmedaillengewinner 2012: Charlotte Dujardin und Valegro
Die deutsche Dressurequipe bei der Siegerehrung des Mannschaftswettbewerbs in Hongkong
Olympiasieger
Jahr Land Athlet Pferd Mannschaftssieger
1912 Schweden Carl Bonde Emperor
1920 Schweden Janne Lundblad Uno
1924 Schweden Ernst Linder Piccolomini
1928 Deutschland Carl-Friedrich von Langen Draufgänger Deutschland
1932 Frankreich Xavier Lesage Taine Frankreich
1936 Deutschland Heinz Pollay Kronos Deutschland
1948 Schweiz Hans Moser Hummer Frankreich
1952 Schweden Henri Saint Cyr Master Rufus Schweden
1956 Schweden Henri Saint Cyr Juli Schweden
1960 UdSSR Sergei Iwanowitsch Filatow Absent
1964 Schweiz Henri Chammartin Woermann Deutschland
1968 UdSSR Iwan Michailowitsch Kisimow Ichor BR Deutschland
1972 BR Deutschland Liselott Linsenhoff Piaff UdSSR
1976 Schweiz Christine Stückelberger Granat BR Deutschland
1980 Österreich Elisabeth Theurer Mon Chérie UdSSR
1984 BR Deutschland Reiner Klimke Ahlerich BR Deutschland
1988 BR Deutschland Nicole Uphoff Rembrandt BR Deutschland
1992 Deutschland Nicole Uphoff Rembrandt Deutschland
1996 Deutschland Isabell Werth Gigolo Deutschland
2000 Niederlande Anky van Grunsven Bonfire Deutschland
2004 Niederlande Anky van Grunsven Salinero Deutschland
2008 Niederlande Anky van Grunsven Salinero Deutschland
2012 Großbritannien Charlotte Dujardin Valegro Großbritannien

Seit Atlanta 1996 ist das Dressurreiten ebenfalls eine Disziplin bei den Paralympics, den Olympischen Spielen der Sportler mit einer Körperbehinderung.

Rekorde

Die Wertrekorde in den drei schwersten DressurprüfungenGrand Prix de Dressage, Grand Prix Spécial und Grand Prix Kür – liegen jeweils über 80 Prozent, in der Kür sogar über 90 Prozent. Die nachfolgenden Listen enthalten die aktuellen Rekorde sowie auch vorangegangene Weltrekorde.

Grand Prix de Dressage
Ergebnis Reiter Pferd Datum Ort
87,460 % Vereinigtes Konigreich Charlotte Dujardin Valegro 16. Dezember 2014 CDI-W London[4]
87,129 % Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Charlotte Dujardin Valegro 19. April 2014 Weltcupfinale in Lyon[5]
85,942 % Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Charlotte Dujardin Valegro 22. August 2013 Europameisterschaft in Herning[6]
84,447 % Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Charlotte Dujardin Valegro 17. Dezember 2012 CDI-W London[7]
84,085 % Niederlande Edward Gal Totilas 26. August 2009 Europameisterschaft in Windsor[8]
81,333 % Niederlande Anky van Grunsven Salinero 22. Juni 2006 CHIO Rotterdam[9]
Grand Prix Spécial
Ergebnis Reiter Pferd Datum Ort
88,022 % Vereinigtes Konigreich Charlotte Dujardin Valegro 29. April 2012 CDI 4* Hagen am Teutoburger Wald[10]
86,458 % Niederlande Edward Gal Totilas 17. Juli 2010 CHIO Aachen[11]
84,042 % Niederlande Adelinde Cornelissen Parzival 27. August 2009 Europameisterschaft in Windsor[12]
Grand Prix Kür
Ergebnis Reiter Pferd Datum Ort
94,300 % Vereinigtes Konigreich Charlotte Dujardin Valegro 17. Dezember 2014 CDI-W London[13]
93,975 % Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Charlotte Dujardin Valegro 17. Dezember 2013 CDI-W London[14]
92,300 % Niederlande Edward Gal Totilas 16. Dezember 2009 CDI-W London[15]
90,750 % NiederlandeNiederlande Edward Gal Totilas 29. August 2009 Europameisterschaft in Windsor[16]
87,925 % Niederlande Anky van Grunsven Salinero 25. März 2006 CDI-W ’s-Hertogenbosch[17]

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Dressurreiten – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Dressage – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Robert Stodulka, S. 150
  2. Die Anfänge der Dressur, Max E. Ammann in der Pferdewoche, 6. Oktober 2015
  3. zum Beispiel der Artikel "Das Wunderpferd: Totilas im Sex-Stress" der BILD
  4. CDI-W London 2014: Ergebnis Grand Prix de Dressage
  5. Weltcupfinale 2014: Ergebnis Grand Prix de Dressage
  6. Europameisterschaften 2013: Ergebnis Grand Prix de Dressage
  7. CDI-W London 2012: Ergebnis Grand Prix de Dressage
  8. Europameisterschaft Dressur 2009, Ergebnis Grand Prix de Dressage
  9. Grand Prix de Dressage, CHIO Rotterdam 2006
  10. CDI 4* Hagen a.T.W. 2012: Ergebnis Grand Prix Spécial
  11. CDIO 5* beim CHIO Aachen 2010: Ergebnis Grand Prix Spécial
  12. Europameisterschaft Dressur 2009, Ergebnis Grand Prix Spécial
  13. CDI-W London 2014: Ergebnis Grand Prix Kür (PDF)
  14. CDI-W London 2013: Ergebnis Grand Prix Kür (PDF)
  15. CDI-W London 2009: Ergebnis Grand Prix Kür (PDF; 49 kB)
  16. Europameisterschaft Dressur 2009, Ergebnis Grand Prix Kür (PDF; 20 kB)
  17. CDI-W ’s-Hertogenbosch