Heimatfilm

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Deutsche Heimatfilme sind Filme, die oft eine heile Welt darstellen. Es geht um Freundschaft, Liebe, Familie und um das Leben in der dörflichen Gemeinschaft. Die Handlung der Filme spielt meistens in den Bergen Österreichs, Bayerns oder der Schweiz, manchmal auch in der Lüneburger Heide, im Schwarzwald oder am Bodensee.

Signifikante Merkmale des traditionellen Heimatfilms

Das Genre Heimatfilm zeigt Landschaften, die sich durch ihre vermeintliche Unberührtheit auszeichnen. Dazu gehören Almwiesen, Täler und Berghänge, aber auch die norddeutsche Heidelandschaft. Im Vordergrund stehen zudem meistens Traditionen, Trachten und volkstümliche Musik.

Schon in den 1920er, 1930er und 1940er Jahren gab es zahlreiche Filme, die im dörflichen, bevorzugt oberbayerischen Milieu angesiedelt waren. Neben den Romanen von Ludwig Ganghofer wurden meist recht deftige Schwänke adaptiert oder ganz neu geschaffen.

Das Genre entwickelte sich Ende der 1940er Jahre in Westdeutschland. Die Blütezeit des deutschen und österreichischen Heimatfilms waren die 1950er Jahre. Kulturell ist der Heimatfilm als Antwort auf die schweren äußeren Zerstörungen und das Unrecht des Nationalsozialismus zu sehen, der Begriffe wie Heimat und Tradition missbrauchte und für sich instrumentalisierte. Auch die sozialen Folgen des Zweiten Weltkrieges wie verwaiste Familien, Autoritäts- und Werteverlust wurden mit idyllischen Gegenbildern aufgearbeitet, die den Zuschauern eine kurze Reise in die heile Welt der Heimatfilme ermöglichten. Allerdings handelt es sich bei vielen Heimatfilmen der 1950er und 1960er Jahre um direkte Neuverfilmungen von Goebbels' UFA-Filmen aus der Zeit des Dritten Reiches. Der Stoff dieser Filme wurde 1947 von den Alliierten als unbedenklich eingestuft und für Neuverfilmungen freigegeben.

Im Mittelpunkt der Heimatfilme stehen meistens örtliche Autoritäten wie Ärzte, Förster, Pfarrer, Gastwirte oder Bürgermeister. Gut und Böse sind sauber getrennt, Konflikte handeln oft von Erbstreitigkeiten oder Wilderei, die Handlung ist meistens vorhersehbar. Stets kommen in diesen Filmen tief ineinander Verliebte vor, die durch äußere Hindernisse wie Standesunterschiede, Feindschaft der Eltern, Intrigen oder unglückliche Umstände lange an ihrem Glück gehindert werden. Durch irgendeine Begebenheit wird die Trennung aber schließlich überwunden, so dass es doch noch zu einem allgemein versöhnlichen Happy End kommt.

Willi Höfig[1] nennt in seinem Standardwerk über den (traditionellen) Heimatfilm folgende signifikante Merkmale dieses Genres:

Mitte der 1960er Jahre ebbte die Welle der Heimatfilme ab. In den 1970er Jahren kam es durch neue Ganghofer-Adaptionen zu einer kurzen Erneuerung des traditionellen Heimatfilms. Diese Filme waren allerdings bereits herber als ihre Vorgänger in den 1950er Jahren und zeigten auch solche Szenen wie das massenhafte Abschießen von Gämsen in Schloß Hubertus (1973). Ebenfalls zu dieser Zeit waren die von der Sexwelle beeinflussten Lederhosenfilme erfolgreich, bei denen auch die Atmosphäre eines deftigen Bauerntheaters wiederauflebte.

Auch in der DDR entstanden in den 1950er und 1960er Jahren Filme, die zwar nicht mit dem eigentlichen Heimatfilm gleichzusetzen, aber zu vergleichen sind. Oft sind diese Filme jedoch von sozialistischer Propaganda beherrscht. Als Nachfolger der Heimatfilme könnte man Fernsehserien wie Die Schwarzwaldklinik, Schlosshotel Orth oder Forsthaus Falkenau ansehen. Auch hier wird mit Autoritäten und Klischees gearbeitet. Zugleich werden Elemente der US-amerikanischen Seifenoper hinzugefügt.

Heute wird von Filmwissenschaftlern und -kritikern der Heimatfilm als typisch deutsch-österreichisches Genre und auch als eine Art „deutsch-österreichischer Western“ betrachtet, da es das einzige Filmgenre ist, das Deutschland und Österreich hervorgebracht haben und das es außerhalb der beiden Länder bis auf einige dänische Produktionen für den Inlandsmarkt so nicht gibt.[2]

Deutschsprachige Heimatfilme

Traditionelle Heimatfilme

Moderne Heimatfilme

Ab Mitte der 1970er sind Filme entstanden, die versuchen, ungeschönt die damaligen Verhältnisse in Berg- und Landwirtschaftsgebieten zu zeigen (Umfeld des Genres Bergfilm), dazu zählen auch Filme (z. B. Der Bockerer oder die Löwengrube), die das ländliche und städtische Leben in der Zeit des Nationalsozialismus und in der Besatzungszeit thematisieren. Wichtige Regisseure, die diesen „neuen Heimatfilm“ geprägt haben, sind: Dieter Berner, Jo Baier, Joseph Vilsmaier, Urs Odermatt, Stefan Ruzowitzky und Xaver Schwarzenberger.

Beispiele dafür sind:[3]

  • 1956: Der Bauer vom Brucknerhof(1)
  • 1964: Lausbubengeschichten(1)
  • 1968: Jagdszenen aus Niederbayern(1)
  • 1969: Michael Kohlhaas – Der Rebell(1)
  • 1976–1980: Die Alpen-Saga Teile I–IV
  • 1978: Sachrang (TV-Miniserie)
  • 1981: Der Bockerer
  • 1981: Schöne Tage
  • 1981: Schluchtenflitzer
  • 1982: Die Rumplhanni
  • 1983: Der stille Ozean
  • 1984: Heimat – Eine deutsche Chronik
  • 1988: Heimatmuseum
  • 1988: Gekauftes Glück
  • 1988: Die Geierwally
  • 1989: Herbstmilch
  • 1989: Verkaufte Heimat
  • 1990/1993: Die Piefke-Saga
  • 1989–1994: Löwengrube
  • 1991: Rama dama
  • 1991: Wildfeuer
  • 1994: Wachtmeister Zumbühl
  • 1995: Hölleisengretl
  • 1995: Schlafes Bruder
  • 1996: Die Elsässer
  • 1996: Der Bockerer II – Österreich ist frei
(1) 
ist zwar älter, entspricht aber nicht dem typischen Heimatfilm-Klischee der 1950er und 1960er Jahre

Vereinzelt sind auch Serien wie Tatort oder Der Bulle von Tölz, aber auch Abschnitte der Serie Vier Frauen und ein Todesfall (2005 ff.) durch den Neuen Heimatfilm beeinflusst. Dabei kommen dann teilweise auch parodistische Elemente zur Verwendung. Elemente finden sich auch in den Serien Irgendwie und Sowieso mit Ottfried Fischer und Elmar Wepper, Peter und Paul mit Hans Clarin und Helmut Fischer und den Weißblauen Geschichten mit Gustl Bayrhammer.

Das Heimatgenre in anderen Kulturräumen

Der amerikanische Heimatfilm ist der Western, der jedoch eine größere Bandbreite zeigt. Mit dem Film Heartwood (1998), auch bekannt als Der Baumflüsterer, kam man der bundesdeutschen Richtung der fünfziger Jahre aber wieder verblüffend nahe: Eine ländliche Liebesgeschichte, eingebettet in einen ökologisch gefärbten Wirtschaftskonflikt zwischen einer großstädtischen Bank und einem dörflichen Sägewerksbetrieb.

Literatur

  • Claudia Beindorf: Terror des Idylls. Die kulturelle Konstruktion von Gemeinschaften im deutschen Heimatfilm und im schwedischen Landsbygdsfilm 1930–1960 (= Die kulturelle Konstruktion von Gemeinschaften im Modernisierungsprozeß. Bd. 5). Nomos-Verlags-Gesellschaft, Baden-Baden, 2001, ISBN 3-7890-7501-9 (Zugleich: Berlin, Humboldt-Universität, Dissertation, 1999).
  • Gerhard Bliersbach: So grün war die Heide. Der deutsche Nachkriegsfilm in neuer Sicht. Beltz, Weinheim u. a. 1985, ISBN 3-407-85055-7.
  • Willy Höfig: Der deutsche Heimatfilm. 1947–1960. Enke, Stuttgart 1973, ISBN 3-432-01805-3.
  • Friedrich Koch: Vom Heideschulmeister Uwe Karsten und seiner heilen Welt (Heideschulmeister Uwe Karsten, 1954, von Hans Deppe nach dem Roman von Felicitas Rose). In: Friedrich Koch: Schule im Kino. Autorität und Erziehung – vom „Blauen Engel“ bis zur „Feuerzangenbowle“. Beltz, Weinheim u. a. 1987, ISBN 3-407-34009-5, S. 165 ff.

Weblinks

Wiktionary: Heimatfilm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Willy Höfig: Der deutsche Heimatfilm. 1947–1960. 1973, S. 392 ff.
  2. ZDF/Arte-Dokumentation Heimat, süße Heimat – Ein deutsches Genre (2007)
  3. V. Wagner: Neuer Heimatfilm / Bergfilm. In: Mittelwaechter.de. Abgerufen am 31. August 2010 (Mit Linksammlung Bergfilm-Festival ua.).