Hydroxylapatit

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Hydroxylapatit
Hydroxylapatit in hexagonal-prismatischer Ausbildung aus Cerro Huañaquino, Departamento Potosí, Bolivien (Größe: 1,3 x 0,5 x 0,4 cm)
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen

ehemals Apatit-(CaOH)

Chemische Formel Ca5[OH|(PO4)3][1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate - Wasserfreie Phosphate mit fremden Anionen
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/B.39
8.BN.05
41.08.01.03
Ähnliche Minerale Chlorapatit, Fluorapatit
Kristallographische Daten
Kristallsystem hexagonal
Kristallklasse; Symbol hexagonal-dipyramidal; 6/m
Raumgruppe P63/m (Nr. 176)Vorlage:Raumgruppe/176[1]
Gitterparameter a = 9,42 Å; c = 6,87 Å[1]
Formeleinheiten Z = 2[1]
Häufige Kristallflächen {1010}, {0001}, {1011}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 5
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,14 bis 3,21; berechnet: 3,16[2]
Spaltbarkeit undeutlich nach {0001} und {1010}[2]
Bruch; Tenazität muschelig, spröde
Farbe weiß, grau, gelb, grün, braun, schwarz
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis undurchsichtig
Glanz Glasglanz, Fettglanz, erdig
Radioaktivität enthält Spuren von Uran und seltenen Erden
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,651[3]
nε = 1,644[3]
Doppelbrechung δ = 0,007[3]
Optischer Charakter einachsig negativ
Pleochroismus grüner Apatit schwach gelb, blauer Apatit sehr stark blau und farblos
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten löslich in HNO3
Besondere Merkmale nach Erhitzen Phosphoreszenz

Hydroxylapatit (auch Hydroxyapatit, ehemals Apatit-(CaOH)) ist ein Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“, das an verschiedenen Fundorten zum Teil reichlich vorhanden sein kann, insgesamt aber wenig verbreitet ist.

Hydroxylapatit kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem mit der chemischen Formel Ca5[OH|(PO4)3][1] und entwickelt meist kurz- bis langprismatische Kristalle von bis zu 30 cm Länge, aber auch nierige bis massige Mineral-Aggregate, stalaktitische Formen und krustige Überzüge von weißer, grauer, gelber, grüner, brauner oder schwarzer Farbe bei weißer Strichfarbe. Zudem bildet Hydroxylapatit die Grundlage der Hartsubstanz (Knochen, Zähne) aller Wirbeltiere.

Hydroxylapatit ist ein Mitglied der Apatitgruppe und bildet mit Chlorapatit (ehemals Apatit-(CaCl)) und Fluorapatit (ehemals Apatit-(CaF)) eine lückenlose Mischreihe.

Etymologie und Geschichte

Der Name Hydroxylapatit weist einerseits auf seine enge Verwandtschaft und chemische Ähnlichkeit mit den anderen Mitgliedern der Apatitgruppe hin, andererseits auf das in der chemischen Zusammensetzung vorherrschende Hydroxidion.

Erstmals beschrieben und benannt wurde das Mineral 1912 durch Waldemar Theodore Schaller.[4]

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Hydroxylapatit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate, Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserfreien Phosphate mit fremden Anionen“, wo er zusammen mit Belovit-(Ce), Belovit-(La), Carbonat-Fluorapatit (Carbonat-Apatit-(CaF)), Carbonat-Hydroxylapatit (Carbonat-Apatit-(CaOH)), Chlorapatit (Apatit-(CaCl)), Fermorit, Fluorapatit (Apatit-(CaF)), Fluorcaphit, Hedyphan, Johnbaumit, Klinomimetesit, Kuannersuit-(Ce), Mimetesit, Morelandit, Pyromorphit, Strontiumapatit, Svabit, Turneaureit und Vanadinit die eigenständige „Apatit-Pyromorphit-Gruppe“ mit der System-Nr. VII/B.39 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Hydroxylapatit ebenfalls in die Klasse der „Phosphate, Arsenate, Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Phosphate, etc., mit weiteren Anionen, ohne H2O“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Größe der beteiligten Kationen und deren Stoffmengenverhältnis zum Phosphat-, Arsenat- bzw. Vanadat-Komplex RO4, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich großen Kationen (OH, etc.) : RO4 = 0,33 : 1“ zu finden ist, wo es zusammen mit Alforsit, Belovit-(Ce), Belovit-(La), Carbonat-Fluorapatit, Carbonat-Hydroxylapatit, Chlorapatit, Fluorapatit, Fluorstrophit, Hydroxylapatit-M, Deloneit-(Ce), Fermorit, Fluorcaphit, Hedyphan, Hydroxyl-Pyromorphit, Johnbaumit, Klinomimetesit, Kuannersuit-(Ce), Mimetesit, Morelandit, Phosphohedyphan, Pyromorphit, Svabit, Turneaureit, Vanadinit die „Apatit-Pyromorphit-Gruppe“ mit der System-Nr. 8.BN.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Hydroxylapatit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate, Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserfreien Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen“ ein. Hier ist er zusammen mit Chlorapatit, Carbonat-Fluorapatit, Carbonat-Hydroxydapatit, Belovit-(Ce), Belovit-(La), Kuannersuit-(Ce), Fluorapatit, Fluorstrophit, Fluorcaphit, Deloneit-(Ce), Stronadelphit, Fluorphosphohedyphan und Phosphohedyphan in der „Apatitgruppe“ mit der System-Nr. 41.08.01 innerhalb der Unterabteilung der „Wasserfreien Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen mit (A)5(XO4)3Zq“ zu finden.

Kristallstruktur

Hydroxylapatit kristallisiert hexagonal in der Raumgruppe P63/m (Raumgruppen-Nr. 176)Vorlage:Raumgruppe/176 mit den Gitterparametern a = 9,42 Å und c = 6,87 Å sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]

Bildung und Fundorte

Mehrere kleine, grüne Hydroxylapatit-Kristalle auf Orthoklas aus der Sapo Mine, Minas Gerais, Brasilien (Größe: 11,4 x 9,0 x 2,4 cm.)
Weißer, massiger Hydroxylapatit und lachsfarbener Triplit aus der Morefield Mine bei Winterham, Amelia County, Virginia, USA

Hydroxylapatit bildet sich entweder metamorph in Serpentinit und Talkschiefer oder hydrothermal in Pegmatit. Zusätzlich wird es in verschiedenen Gesteinsschichten durch biogene Sedimentation aufgebaut. Begleitminerale sind unter anderem Brushit, Calcit, Montebrasit, Muskovit, Crandallit, Serpentinschiefer und Talk[2]

Insgesamt konnte Hydroxylapatit bisher (Stand: 2011) an rund 250 Fundorten nachgewiesen werden.[3] Erwähnenswert aufgrund außergewöhnlicher Hydroxylfunde sind unter anderem Snarum in der norwegischen Provinz Buskerud, Hospental im Schweizer Kanton Uri und Eagle im US-Bundesstaat Colorado, wo jeweils Kristalle mit bis zu 3 cm Durchmesser entdeckt wurden.

In Deutschland fand sich das Mineral unter anderem im bayerischen Fichtelgebirge und Spessart, bei Neuhof, im Odenwald, bei Waldgirmes und Wiesbaden-Naurod in Hessen, Bad Harzburg in Niedersachsen, Neheim-Hüsten in Nordrhein-Westfalen, bei Rheinbreitbach in Rheinland-Pfalz, an mehreren Orten des sächsischen Erzgebirges, bei Barmstedt in Schleswig-Holstein und bei Ilfeld in Thüringen.

In Österreich trat Hydroxylapatit bei Badersdorf im Burgenland, am Brandrücken in der kärntener Koralpe, an mehreren Orten Krieglachs in der Steiermark sowie im Bregenzerwaldgebirge in Vorarlberg auf. In der Schweiz wurde das Mineral unter anderem bei Sils im Engadin/Segl im Kanton Graubünden, im Centovalli, am Lago Maggiore und bei Sambuco im Tessin gefunden.

Weitere Fundorte sind Argentinien, Äthiopien, Australien, die Bahamas, Bolivien, Brasilien, die kleine Antilleninsel Anguilla, China, Frankreich, Grönland, Iran, Italien, Japan, der Jemen, die Demokratische Republik Kongo, Kanada, Kuba, Malta, Mexiko, die Mongolei, Namibia, die Niederlande, Norwegen, Papua-Neuguinea, Polen, Puerto Rico, Rumänien, Russland, Saudi-Arabien, Schweden, die Seychellen, die Slowakei, Spanien, Südafrika, Thailand, Tschechien, die Türkei, Uganda, Ungarn, die Ukraine, Venezuela, das Vereinigte Königreich (Großbritannien) und die Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[5]

Vorkommen in Lebewesen

Hydroxylapatit bildet die Grundlage der Hartsubstanz aller Wirbeltiere und entsteht im Körper durch Biomineralisation. Er ist in Knochen zu einem Anteil von etwa 40 %, in der Kalzifizierungszone von Gelenkknorpel[6], im Zahnbein (Dentin) zu 70 %, und im Zahnschmelz (Enamelum) zu 95 % enthalten. Demnach ist der Zahnschmelz mit einer Mohshärte von 5 das härteste Material unseres Körpers.

Zahnschmelz wird von Adamantoblasten (Ameloblasten, schmelzbildenden Zellen) gebildet. Diese Zellen sezernieren zunächst eine bindegewebige Substanz (Präenamelum). Nach dem Zahndurchbruch vollzieht sich der Hauptteil der Mineralisation: Durch Einlagerung von Ca2+ und Phosphaten in Form von Apatit erlangt der Zahnschmelz seine endgültige Härte.

Zahnschmelz schützt nicht nur mechanisch, sondern auch chemisch. Wird er jedoch bei einem pH < 5,5 in Lösung gebracht, so demineralisiert er. Das geschieht im Mund zumeist durch bakterielle Säuren und Fruchtsäuren:

(Aus Hydroxylapatit entsteht unter Einfluss von Säuren - hier als Oxonium-Ion H3O+ dargestellt - ionisches Calcium, Phosphat und Wasser)

Dem kann vorgebeugt werden, indem man das Hydroxid-Ion gegen ein Fluor-Ion substituiert, beispielsweise durch Fluoridzusätze in Zahnpasten, Kochsalz oder Trinkwasser (siehe Fluoridierung).

Fluorapatit besitzt bei gleichem pH-Wert ein viel geringeres Löslichkeitsprodukt, d.h. es dissoziieren weitaus weniger Fluorapatitmoleküle in einer Lösung als Hydroxylapatitmoleküle. Das ist der Grund, warum Fluorapatit beständiger ist als das körpereigene Hydroxylapatit.

Synthetische Herstellung

Hydroxylapatit kann im Labor hergestellt werden; er bildet sich als sehr langsamer Niederschlag in Form hexagonaler, nadelförmiger Ablagerungen extrem verdünnter Lösungen, die mit Calciumnitrat, Kaliumdihydrogenphosphat und Natronlauge erhalten werden.[7]

Eine weitere Möglichkeit zur Herstellung ist die Verwendung von Calciumhydroxid-Lösung und Phosphorsäure.[8] Letztere wird dabei der Lösung zutitriert bis ein Niederschlag entsteht. Die überschüssige Flüssigkeit wird bei ca. 1270 °C entfernt (Kalzinierung). Anschließend kann der entstehende Feststoff in Form gebracht werden.

Eine weitere Herstellungsmethode ist das Tissue Engineering, dabei werden auf einem Gerüst (Scaffold) Osteoblasten aufgebracht und einer Beschallung ausgesetzt. Diese ist beispielsweise dem Auftreten des menschlichen Fußes nachempfunden, sodass die Osteoblasten so wachsen, als würden sie direkt im Körper wachsen.

Verwendung

In der chemischen Industrie stellt Hydroxylapatit ein wichtiges Erz zur Gewinnung von Phosphor und damit zur Herstellung von Düngemitteln und Phosphorsäure dar.

In der Medizin wird es als Biomaterial zum Knochenersatz (bone graft), zum Teil in Kombination mit β-Trikalziumphosphat, oder als bioaktive Beschichtung von Titanimplantaten zur Verbesserung des Knocheneinbaus eingesetzt.

Einige Hersteller von Zahnpasta und Mundspülungen fügen ihren Produkten aufgrund der Ähnlichkeit mit der natürlichen Zahnhartsubstanz Hydroxylapatit in Verbindung mit Zink-Carbonat hinzu, der den Zahnschmelz durch Einbau des Hydroxylapatit reparieren bzw. remineralisieren soll (Bsp. BioRepair). Die Wirksamkeit bei schmerzempfindlichen Zähnen oder beginnendem Karies ist jedoch nicht wissenschaftlich belegt.[9] Ein möglicher Nachteil solcher Zahncremes besteht zudem darin, dass die ebenfalls enthaltenen Fluoride neutralisiert werden könnten, weil sie mit dem Hydroxylapatit noch in der Zahnpastatube reagieren und es inaktivieren. Deshalb werden die Fluoride oft weggelassen.[10] Fluoride dienen aber nachweislich als wirksamer Kariesschutz, wohingegen über die Wirksamkeit von Hydroxylapatit-Zahncremes bisher keine aussagekräftigen Studien existieren.[11]

In der präparativen Proteinbiochemie findet Hydroxylapatit als stationäre Phase bei der chromatografischen Auftrennung von Proteinen, speziell Membranproteinen, Verwendung.

In der Genetik wird das Mineral in der DNA-DNA-Hybridisierung (einer älteren Methode zur Feststellung von Verwandtschaftsgraden bei Organismen) verwendet. Dabei wird seine Eigenschaft genutzt, dass es sich an DNA-Doppelstränge heftet, nicht jedoch an Einzelstränge. So können Doppelhelices von Einfachsträngen getrennt werden.[12]

Siehe auch

Literatur

  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 171.

Weblinks

Commons: Apatit-(CaOH) (Hydroxylapatit) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 466,467.
  2. a b c Hydroxylapatite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 65,5 kB)
  3. a b c d Mindat – Hydroxylapatite
  4. Waldemar T. Schaller: Mineralogical notes, Series 2. In: Mineralogy of the French phosphorites, U.S. Geological Survey Bulletin, Band 509 (1912), S. 89–100 (PDF 430,8 kB, englisch)
  5. Fundortliste für Hydroxylapatit beim Mineralienatlas und bei Mindat
  6. W. Herzog, S. Federico: Articular Cartilage. In: B. M. Nigg, W. Herzog (Eds.) 2007: Biomechanics of the Musculo-skeletal System. 3. Auflage, Wiley, Chichester 2007, S. 95-109
  7. G. Brauer (Hrsg.): Handbook of Preparative Inorganic Chemistry 2. Auflage, Band 1, Academic Press 1963, S. 545-546
  8. Patent DE4232443C1 vom 23. September 1993: Verfahren zur Herstellung von Hydroxylapatit aus wäßriger Phosphorsäure und Calciumhydroxidlösung
  9. Hydroxylapatit: flüssiger Zahnschmelz auf www.medizin-transparent.at, abgerufen am 4. Oktober 2016.
  10. Spiegel online - „Zahnwunder aus der Tube“, Artikel auf vom 27. Mai 2015
  11. Stiftung Warentest: Zahncreme Biorepair - Kein Fluorid in: test.de, 19. August 2009 (abgerufen am 4. Februar 2013)
  12. Populationsgenetik und Evolution (Memento vom 13. Juni 2007 im Internet Archive) (PDF 40,5 kB im Webarchiv vom 13. Juni 2007)