Benoît Hamon

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Benoît Hamon (2010)

Benoît Hamon (* 26. Juni 1967 in Saint-Renan, Département Finistère) ist ein französischer Politiker der Parti Socialiste (PS). Vom 2. April bis zum 25. August 2014 war er Minister für Bildung, Hochschulen und Forschung im Kabinett Valls. Seit Mai 2012 war er Beigeordneter Minister für soziale Ökonomie und Solidarität im Ministerium für Wirtschaft, Finanzen und Außenhandel im Kabinett von Premierminister Jean-Marc Ayrault. Von 2004 bis 2009 war er Mitglied des Europäischen Parlaments. Bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich 2017 tritt er als Kandidat an.

Leben

Studium und berufliche Laufbahn

Hamon, Sohn einer Sekretärin und eines Ingenieurs der staatlichen Marinewerft Direction des Constructions Navales (DCN) in Brest, lebte mit seinen Eltern zwischen 1978 und 1980 bei Maristenpatres in Dakar, wo er einer vom Katholizismus geprägte Primarausbildung erhielt. Nach der Scheidung seiner Eltern kehrte er nach Frankreich zurück und wuchs in der Bretagne auf. Nach dem Schulbesuch absolvierte er ein Studium der Geschichtswissenschaften an der Universität der Westbretagne und engagierte sich während dieser Zeit 1986 gegen die von Alain Devaquet, dem damaligen Beigeordneten Minister für Hochschulbildung und Forschung im Kabinett von Premierminister Jacques Chirac, geplante Hochschulreform.

Nach Beendigung des Studiums wurde Hamon 1991 Parlamentarischer Assistent von Pierre Brana, der für die Parti Socialiste das Département Gironde als Abgeordneter in der Nationalversammlung vertrat. 1993 gehörte er zu den Begründern des Mouvement des Jeunes Socialistes (MJS), dem Jugendverband der PS, und war bis zu seiner Ablösung durch Régis Juanico 1995 deren erster Präsident. Zugleich begründete er 1993 zusammen mit Jean-Patrick Gille die Nouvelle Gauche, eine Strömung innerhalb der PS.

Im Anschluss war er zwischen 1995 und 1997 jugendpolitischer Berater des Ersten Sekretärs der PS, Lionel Jospin, ehe er danach bis 1998 Technischer Berater für Jugendbeschäftigung sowie zwischen 1998 und 2000 politischer Berater im Büro der Ministerin für Beschäftigung und Solidarität, Martine Aubry, war. Daraufhin war er von 2001 bis 2004 Direktor für strategische Planungen beim Marktforschungsunternehmen Ipsos.

Europaabgeordneter

Benoît Hamon (2000)
Hamon (Mitte) mit der Ersten Sekretärin der PS, Martine Aubry, und dem Parteisekretär Harlem Désir (links) bei einer öffentlichen Veranstaltung am 29. Januar 2009 in Paris

Zeitgleich wurde er 2001 Mitglied des Gemeinderates von Brétigny-sur-Orge, einer Kleinstadt im Département Essonne, und gehörte diesem bis 2008 an. Im Oktober 2002 gründete er zusammen mit Julien Dray, Arnaud Montebourg, Christian Paul und Vincent Peillon mit der Nouveau Parti socialiste (NPS) eine neue Gruppierung innerhalb der PS.

Bei der Europawahl 2004 wurde Hamon, der als Mitglied des Nationalbüros auch dem obersten Führungsgremium der Parti Socialiste angehört, im Wahlkreis West-Frankreich zum Mitglied des 6. Europäischen Parlamentes gewählt, dem er bis zum Ende der Legislaturperiode 2009 angehörte. Während seiner Mitgliedschaft im Europäischen Parlament war er von September 2004 bis Juli 2009 stellvertretender Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten sowie zugleich Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung.

Nach dem Parteitag der PS in Le Mans im November 2005 kam es jedoch zum Bruch der NPS, zum einen wegen des verabschiedeten Parteiprogramms, zum anderen aber auch wegen der Kandidatenfrage für die Präsidentschaftswahl 2007. Während Montebourg und Peillon für Ségolène Royal eintraten, sprach sich Hamon zu Gunsten von Laurent Fabius aus. Auf diesem Parteitag wurde er zugleich zum Nationalsekretär der Partei für Europaangelegenheiten benannt.

Kandidatur für den Parteivorsitz 2008

Auf dem Parteitag im Juli 2008 in Reims begründete er mit Un Monde d'Avance eine neue Strömung innerhalb der Partei,[1] die verschiedene bisherige innerparteiliche Gruppierungen und Zirkel vereinigt und zu der auch Politiker wie Henri Emmanuelli und Pascal Cherki gehören.

Bei der Urwahl des Ersten Sekretärs der PS, die unmittelbar auf den Kongress von Reims folgte, bewarben sich Martine Aubry, Benoît Hamon und Ségolène Royal. Der amtierende Erste Sekretär François Hollande hatte bereits im Vorfeld des Kongresses erklärt, nicht wieder für das Amt zu kandidieren, der nach Umfragen favorisierte Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë verzichtete auf eine Kandidatur und rief zur Wahl von Martine Aubry auf. Den ersten Wahlgang am 20. November 2008 gewann Ségolène Royal mit 42,9 Prozent der Stimmen vor Martine Aubry (34,5 Prozent) und Benoît Hamon (22,6 Prozent).

Für die Stichwahl am folgenden Tag rief Hamon zur Wahl von Aubry auf.[2] Das erste Ergebnis für diese Stichwahl sah Martine Aubry als Siegerin mit 42 Stimmen Vorsprung vor Royal (50,02 zu 49,98 Prozent).[3]

Pressesprecher der PS und Regierungsmitglied

Im Dezember 2008 wurde er von Martine Aubry, der neuen Ersten Sekretär der PS, zum Pressesprecher der Partei berufen und bekleidet diese Funktion als Nachfolger von Julien Dray seither. Bei den Regionalratswahlen im März 2010 wurde Hamon außerdem zum Mitglied des Regionalrates der Region Île-de-France gewählt und gehört diesem seither an.

Nach der Wahl von François Hollande zum Staatspräsidenten und der Benennung von Jean-Marc Ayrault zum Premierminister, wurde er von diesem am 17. Mai 2012 zum Beigeordneten Minister für soziale Ökonomie und Solidarität in dessen Kabinett berufen und ist als solcher dem Minister für Wirtschaft, Finanzen und Außenhandel Pierre Moscovici unterstellt.[4][5]

Wenige Tage vor seiner Ernennung zum Beigeordneten Minister kritisierte er als Parteisprecher noch Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem Deutschlandbesuch Hollandes wegen deren Haltung zum Europäischen Fiskalpakt mit den Worten: „Merkel könne nicht alleine über das Schicksal Europas im Sinne deutscher Wirtschaftsinteressen entscheiden. Wir haben nicht gewählt, damit es eine Präsidentin der EU namens Angela Merkel gibt, die allein über das Schicksal aller anderen entscheidet. Dieser Fiskalpakt installiert eine strenge Sparpolitik. Diese Sparpolitik habe Griechenland zum Misserfolg geführt und jetzt breite sich die Krise in Spanien, in Portugal, in ganz Europa aus. Frankreich poche daher auf eine Neuverhandlung des Fiskalpaktes für mehr Haushaltsdisziplin, damit die Wirtschaft über Wachstum wieder in Schwung kommt.“[6]

Bei der Bildung des Kabinetts Valls I wurde Hamon am 2. April 2014 zum Minister für Bildung, Hochschulen und Forschung berufen. Ende August 2014 löste er gemeinsam mit Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg den Rücktritt der Regierung Valls I aus, als die beiden in getrennten Zeitungsinterviews den wirtschaftspolitischen Kurs von Staatspräsident François Hollande scharf kritisierten.[7] Hamon erklärte, dem Kabinetts Valls II nicht mehr angehören zu wollen, was mit der Forderung Hollandes an Valls übereinstimmte, nur Personen in die Regierung zu berufen, die mit dem von ihm definierten Kurs übereinstimmten.[8]

Nach der Regierung

Nach seinem Ausscheiden aus der Regierung nahm Benoît Hamon sein Mandat in der Nationalversammlung auf. In dies war er bei der Parlamentswahl 2012 für das Département Yvelines gewählt worden, hatte das Mandat aber wegen seiner Mitgliedschaft in der Regierung nicht angetreten. Er gehört zu den sogenannten frondeurs, der Opposition gegen Hollande und Valls innerhalb der Parti Socialiste und deren Parlamentsfraktion.[9]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Homepage von Un Monde d'Avance
  2. Samuel Potier: Duel serré entre Aubry et Royal pour la direction du PS. Le Figaro.fr, 21. November 2008, abgerufen am 30. September 2011 (französisch).
  3. Le PS s'enfonce dans la crise après l'élection sur le fil de Martine Aubry ladepeche.fr, 21. November 2008
  4. Benoît Hamon ministre délégué chargé de l'Economie sociale et solidaire. In: TF1 vom 16. Mai 2012 (Seitenaufruf am 4. Juni 2012)
  5. Hamon, de la gauche du PS à l'économie sociale et solidaire. In: Le Monde vom 21. Mai 2012 (Seitenaufruf am 4. Juni 2012)
  6. Euro-Zone: Französische Sozialisten kritisieren Merkels Machtanspruch. Zeit online, 13. Mai 2012, abgerufen am 17. September 2015.
  7. François-Xavier Bourmaud: Hollande et Valls projetés dans une crise sans précédent. Le Figaro.fr, 25. August 2014, abgerufen am 17. September 2015 (französisch).
  8. Démission du gouvernement Valls : Montebourg et Hamon s'en vont. France Info, 25. August 2014, abgerufen am 17. September 2015 (französisch).
  9. Lilian Alemagna: «Vive la gauche» cherche une issue à la fronde. Libération, 30. November 2014, abgerufen am 17. September 2015 (französisch).