Bahnhof Luzern

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Luzern
Bahnhofplatz mit Aufnahmegebäude
Bahnhofplatz mit Aufnahmegebäude
Bahnhofplatz mit Aufnahmegebäude
Daten
Lage im Netz Endbahnhof
Bauform Kopfbahnhof
Perrongleise 14
IBNR 8505000
Eröffnung 1856
Architektonische Daten
Architekt Hans Wilhelm Auer,
Ammann und Baumann,
Santiago Calatrava
Lage
Stadt/Gemeinde Luzern
Kanton Luzern
Staat Schweiz
Koordinaten 666254 / 211241Koordinaten: 47° 2′ 56″ N, 8° 18′ 38″ O; CH1903: 666254 / 211241
Höhe (SO) 436 m
Eisenbahnstrecken Bahnstrecken bei Luzern
Liste der Bahnhöfe in der Schweiz
i16

Der Bahnhof Luzern in der Schweiz ist ein Knotenpunkt des Schweizer Bahnnetzes. Der Kopfbahnhof vermittelt nationalen und internationalen Verkehr auf mehreren Schienenstrecken.

Der erste Bahnhof (ab 1856)

Der erste Luzerner Bahnhof (1859 bis 1895)

Der erste Bahnhof am See entstand um 1856 am Ende einer Hauptlinie der Schweizerischen Centralbahngesellschaft, die den Schienenverkehr von Frankreich und Deutschland über Basel und Olten in die Schweiz führte. Die Zufahrt erfolgte über die noch unbebaute Bruchmatte und entlang der heutigen Pilatusstrasse. Die Endstation wurde als Kopfbahnhof unmittelbar bei der Anlegestelle der Schiffe und vor den Toren der Stadt Luzern angelegt. In der Folge entwickelte sich das Ufergebiet am Vierwaldstättersee in der Stadt zu einem bedeutenden Eisenbahnknotenpunkt. Die Drehscheibenfunktion des Ortes nahm mit der Einführung der Dampfschifffahrt und mit dem Bau mehrerer Eisenbahnlinien (die Strecke der Gotthardbahn, die Bahn über Wolhusen nach Bern, die Bahnstrecke nach Zug und Zürich und die Brünigbahn) im 19. Jahrhundert rasch zu. Der erste Luzerner Bahnhof war eine Holzkonstruktion.

Der zweite Bahnhof (ab 1896)

Der zweite Luzerner Bahnhof (1896 bis 1971)

1896 entstand nach Plänen von Hans Wilhelm Auer ein grosszügiger Neubau mit markanter Kuppel. Im Gegensatz zu seinem Vorgängerbau war er um 45° gedreht, entsprechend der neuen Linienführung der Zufahrt. Die Geleise kreuzten nun keine Strassen mehr auf gleichem Niveau, sondern verliefen auf Bahndämmen oder in Einschnitten. Die Brünigbahn konnte ebenfalls in die neue Anlage integriert werden. Im Rahmen der Elektrifizierung der schweizerischen Bahnlinien 1922 wurde der Bahnhof mit Fahrleitungen für elektrischen Zugbetrieb ausgestattet.

Nicht ausgeführte Erweiterung von 1914

Da der zweite Luzerner Bahnhof bald an seine Kapazitätsgrenzen kam, war bereits um 1910 eine Erweiterung geplant. Nebst einer Vergrösserung des Aufnahmegebäudes wären insbesondere der Vorbahnhof erweitert und die Zufahrten ausgebaut worden. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs verhinderte, dass diese Pläne ausgeführt werden konnten.

Brand des zweiten Bahnhofs 1971

Am 5. Februar 1971 brannte der Luzerner Bahnhof fast vollständig aus. Dabei kam niemand ums Leben. Nur die Eisenkonstruktion der Perronhalle konnte dem Feuer standhalten. Doch das Wahrzeichen des Bahnhofs, die markante Glaskuppel aus dem 19. Jahrhundert, stürzte ein und verschwand damit aus dem Stadtbild. Der Grund des Brandes soll eine Lötlampe gewesen sein, die bei Dacharbeiten eingesetzt wurde. In den 1970er Jahren wurde die Anlage notdürftig wiederhergestellt, so dass ein Weiterbetrieb möglich war. Es wurde entschieden, das historisch herausragende Bahnhofsgebäude nicht wieder in Stand zu setzen und aufzubauen, sondern von SBB, PTT, der Stadt und dem Kanton Luzern wurde ab 1980 in einem mehrstufigen Architekturwettbewerb eine umfassende Neuplanung des Bahnhofes eingeleitet. Dazu wurde die zukünftige Entwicklung des Knotenpunktes Luzern berücksichtigt. Ein Durchgangsbahnhof mit Tunnel unter dem Luzerner Seebecken konnte jedoch nicht verwirklicht werden. Das historische imposante Tor vor dem heutigen Bahnhof ist heute einziger Zeuge der vergangenen Pracht des zweiten Luzerner Bahnhofs.

Filmmaterial vom Brand wurde im Jahre 1991 vom Journalisten Peter A. Meyer zu einem fünfzehnminütigen Film zusammengestellt. Das Historische Museum Luzern hat den Film digitalisiert und veröffentlicht.[1]

Der dritte Bahnhof (ab 1990)

Bahnhof Luzern, Gleisbereich
Das alte Bahnhofsportal von 1896
Aussenansicht (2010)

Der Neubau wurde vom Architekturbüro Ammann und Baumann geplant und am 5. Februar 1991 eröffnet. Die Bahnhofsvorhalle, das „Hauptstück des neuen Bahnhofs, … ein mehrgeschossiger, grosszügig dimensionierter öffentlicher Raum, der die vielfältigen Funktionen der Innenstadt mit dem Eisenbahngeschehen verknüpft“,[2] wurde vom damals bei Ammann und Baumann arbeitenden Architekten Santiago Calatrava entworfen.[3][4] Im Vergleich zu seinem Vorgänger sind die Gleise länger und das unterirdische Bahnhof-Shopping viel grösser. In die Anlage wurden ein Postzentrum, die Berufsschule samt Turnhalle, ein unterirdischer Posttunnel zwischen den Perrons und zwei Parkhäuser integriert. Der Bahnhofsplatz wurde komplett neu gestaltet, mit neuen Busstationen und dem vorgesetzten alten Bahnhofsportal von 1896 und der Figurengruppe von Kissling, welches den Brand von 1971 überstand.

Als spätere Erweiterungsmöglichkeit wurde zwischen der Ostfassade des Aufnahmegebäudes und dem Kunst- und Kongresshaus ein Tiefbahnhof eingeplant.[5]

Seit 1998 besteht eine unterirdische Verbindung zum benachbarten Kultur- und Kongresszentrum Luzern. 1999 wurde die Zufahrt saniert, damit neues Rollmaterial (Doppelstockwagen) eingesetzt werden konnte. Als neue Anzeigetafel wurde 2019 eine rund 100 Meter lange Videowand in Betrieb genommen. Sie kostete die SBB und den Verkehrsverbund Luzern rund 2,8 Millionen Franken. Laut SBB werde ein Fünftel der Fläche für Werbung genutzt. Zudem wurden für insgesamt 400'000 Franken vier kleinere Bildschirme, welche auch über eine Sprachausgabe für Blinde verfügen, montiert.[6]

Betrieb

Der Bahnhof Luzern wird als Kopfbahnhof betrieben. In ihm enden fünf Bahnlinien der SBB sowie eine Schmalspurstrecke der Zentralbahn. Die Zu- und Wegfahrt der SBB-Strecken führt durch kurze Tunnels, über die Reuss und mitten durch Vorstadtquartiere ins Zentrum von Luzern. Auf nur zwei Spuren zwängt sich der Bahnverkehr durch den engen Gütschtunnel in den Bahnhof Luzern. Durch das Nadelöhr führen fünf wichtige Bahnlinien, darunter die drittmeist frequentierte Strecke der Schweiz, die Linie Luzern–Zug–Zürich. Über den 2012 eröffneten, 1325 Meter lange doppelspurige Allmendtunnel wird der Bahnhof Luzern durch die Zentralbahn erschlossen.

Entgleisung im März 2017

Am 22. März 2017 entgleiste ein Alstom ETR 610[7] des EuroCity 158 Mailand–Basel von Trenitalia bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof Luzern unter der Langensandbrücke.[8] Die Schäden an Fahrleitung, den Gleisanlagen und Kabelkanälen brachten den Normalspurbetrieb der SBB mehrere Tage lang zum Erliegen.[9] Die meterspurige Zentralbahn konnte am Folgetag den Betrieb wieder aufnehmen.[10] Um sieben Weichen zu ersetzen, wurde der Bahnhof am 17. und 18. November 2018 fast komplett gesperrt. Da dieselben Weichen auch in Basel verbaut wurden, wo es 2017 ebenfalls zu einer Entgleisung kam, wurden sie aus Sicherheitsgründen ersetzt.[11] Die Arbeiten wurden Ende Januar 2019 abgeschlossen.[12]

Destinationen der Züge

Fernverkehr

Regionalverkehr

RegioExpress

S-Bahn

Beschlossene Projekte

  • Die bestehende Fussgängerunterführung unter den Perrons wird zum Radweg umfunktioniert. Für die Fussgänger wird der danebenliegende Posttunnel umgebaut.

Zukunftspläne

Durchgangsbahnhof bis 2040

Die heutige Zufahrt zum Bahnhof Luzern gilt als überlastet. Ein Angebotsausbau ist nicht mehr möglich. Es gab verschiedene Ideen, die Engpässe am Rotsee, im Gütschtunnel, im Gleisvorfeld und im Bahnhof selbst zu lösen. 2009 beauftragten das Luzerner Parlament und die Stimmbevölkerung den Regierungsrat, ein Vorprojekt für einen Luzerner Tiefbahnhof mit Durchmesserlinie auszuarbeiten. Dafür hiessen Parlament und Souverän einen Kredit von 20 Millionen Franken gut.[13] In einem umfangreichen, zweistufigen Variantenstudium wurden über 30 Varianten, darunter 6 Varianten vertieft untersucht. Dabei stellte sich der Durchgangsbahnhof Luzern als beste Lösung heraus. Gemäss einer Nutzenstudie ermöglicht der Durchgangsbahnhof zukünftig ein markant besseres Angebot, kürzere Reisezeiten und deutlich mehr nationale und regionale Verbindungen.[14] Das Projekt Durchgangsbahnhof besteht aus einer unterirdischen Durchmesserlinie und einem unter dem heutigen Bahnhof liegenden Tiefbahnhof mit vier Gleisen. Die Durchmesserlinie verbindet die Achsen Basel/Bern–Luzern und Luzern–Zürich bzw. die Hauptentwicklungsachsen des Kantons Luzern und schafft eine neue Nord-Süd-Verbindung zum Gotthard-Basistunnel via Luzern. Der Tunnel Richtung Zürich wird das Seebecken des Vierwaldstättersees unterqueren.[15]

Das Bundesparlament hat 2019 für den Bahnausbauschritt 2035 Investitionen von schweizweit 12,9 Milliarden Franken bewilligt.[16] Der für die Innerschweiz wichtige Bau des Zimmerberg-Basistunnels II Richtung Zürich wurde unter anderem bewilligt. Im vom Parlament beschlossenen Ausbauschritt 2035 wurde der Durchgangsbahnhof Luzern ausdrücklich erwähnt, nachdem in der ursprünglichen Botschaft des Bundesrats ans Parlament dieser noch nicht enthalten war. Die Projektierung des Durchgangsbahnhofs inklusive Auflageprojekt kann daher ohne Unterbruch erfolgen. Mit dem Ausbauschritt 2035 besteht nun eine hohe Verbindlichkeit, dass der Durchgangsbahnhof nach der Projektierung auch realisiert werden kann. Der Baubeginn um 2030 sowie die Inbetriebnahme ab 2040 wird damit wahrscheinlich.

Die Kosten für den Durchgangsbahnhof liegen gemäss Planungsbericht des Kantons Luzern bei 2,4 Milliarden Franken. Die erste Etappe, die das Angebot ausbaut und die Anschlüsse systematisiert, kostet rund 1,8 Milliarden Franken. Die zweite Etappe bzw. die Durchmesserlinie, die die Achsen Basel/Bern–Luzern und Luzern–Zürich miteinander verbindet und damit die Fahrzeiten verkürzt, kostet rund 600 Millionen Franken.

Nach der Eröffnung der Durchmesserlinie ab 2040 werden im Bahnhof Luzern Gleisfelder im Umfang von sechs Hektaren nicht mehr benötigt, weil die heutigen oberirdischen Abstell- und Serviceanlagen wegfallen. Die Umgestaltung der grossen freiwerdenden Flächen stellt eine historische Chance für die Luzerner Stadtplanung dar. Für die Planung beantragte der Stadtrat im Herbst 2019 einen Planungskredit über drei Millionen Franken.[17]

Öffentlicher Verkehr auf der Strasse und auf dem Wasser

Bushaltekanten auf dem Bahnhofplatz

Der Bahnhof Luzern ist Drehscheibe und wichtigster Knotenpunkt des Bus- und Trolleybusverkehrs in der Stadt Luzern. So wird er von sechs der sieben Linien des Trolleybus Luzern, sowie diversen städtischen Autobuslinien der Verkehrsbetriebe Luzern (VBL) bedient. Auch mehrere Regionalbuslinien, betrieben durch die Auto AG Rothenburg, die Rottal Auto AG und Postauto führen zum Bahnhof Luzern.

Aufgrund der langen Fahrzeit auf der Strecke Luzern–Altdorf gegenüber dem Auto wurde 2006 von den SBB der Tellbus ins Leben gerufen. Das Angebot wurde über die Jahre mehrfach ausgebaut, sodass heute (Stand: 2017) werktags 11 und samstags 3 Kurse pro Richtung verkehren. Die Linie wird von den Verkehrsbetrieben Luzern und der Auto AG Uri gemeinsam betrieben.[18]

Weiter befinden sich auf dem Bahnhofvorplatz und in dessen unmittelbarer Nähe Schiffsanleger, von denen aus die Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV) mit Kursschiffen auf mehreren Linien verkehrt.

Im September 2019 hat Smartmo in Zusammenarbeit der SBB eine digitale Fahrradabstellanlage mit Platz für 50 Velos vor dem Bahnhof Luzern in Betrieb genommen.[19] Es ist die erste von insgesamt sechs Pilotanlagen welche voraussichtlich den Betrieb bis Ende Jahr schrittweise aufnehmen werden.[20]

Siehe auch

Commons: Bahnhof Luzern – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bahnhofbrand Luzern 1971, Video auf Youtube, 15 Min.
  2. Ein Raum zwischen Stadt und Bahnhof : Bahnhof Luzern, das Ausführungsprojekt für das Kopfgebäude : Architekten : Hans-Peter Ammann und Peter Baumann : Entwurf des Vordaches : Santiago Calatrava, Artikel aus der Zeitschrift: Werk, Bauen + Wohnen, Band (Jahr): 75 (1988), Heft 12
  3. Peter Disch (Hg.): Architektur in der deutschen Schweiz 1980–1990. Ein Katalog und Architekturführer. ADV-Verlag, Lugano 1991, ISBN 88-7922-000-4, S. 146 ff.
  4. Lucerne Station Hall, In: Calatrava.com
  5. Peter Nauer: Gesamtplanung, Ausbaustufen. In: Schweizer Ingenieur und Architekt, Vol. 103 (1985), S. 585–586.
  6. Simon Mathis: So sieht die neue Videowand im Bahnhof Luzern aus. In: luzernerzeitung.ch. 3. Juni 2019, abgerufen am 5. Juni 2019.
  7. Trenitalia ETR 610 002 im Bahnhof Luzern entgleist. In: Bahnonline.ch. 24. März 2017, abgerufen am 7. Mai 2018.
  8. Erich Aschwanden: Bergungsarbeiten gehen weiter: Bahnhof Luzern wird zu Geisterbahnhof In: Neue Zürcher Zeitung vom 23. März 2017
  9. Medienmitteilung der SBB vom 22. März 2017
  10. Erich Aschwanden: Lahmgelegter Bahnhof Luzern: Zugunglück verstärkt Ruf nach Tiefbahnhof In: Neue Zürcher Zeitung vom 24. März 2017
  11. Chiara Zgraggen: SBB ersetzen sieben Weichen: Bahnhof Luzern wird für ein Wochenende komplett gesperrt In: luzernerzeitung.ch, 18. September 2018, abgerufen am 19. September 2018.
  12. In Luzern fährt am Wochenende kein SBB-Zug – was dahinter steckt und was du tun kannst. In: watson.ch. 15. November 2018, abgerufen am 16. November 2018.
  13. Breites Lobbying für Tiefbahnhof Luzern, Zentralschweizer Druck – Luzern will Vorprojekt vorfinanzieren, NZZ, 5. Mai 2009
  14. Kanton Luzern: Durchgangsbahnhof
  15. Unter dem See hindurch in den Tiefbahnhof Luzern In: Neue Zürcher Zeitung vom 9. Juli 2013
  16. Bundesamt für Verkehr BAV: Ausbauschritt 2035
  17. Mehr Platz: Neuer Bahnhof spielt eine Fläche in der Grösse der Altstadt frei In: Zentralplus vom 24. September 2019
  18. Der Tellbus - eine Erfolgsgeschichte@1@2Vorlage:Toter Link/company.sbb.ch (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., SBB, abgerufen am 4. Juli 2017
  19. Pilotprojekt in Luzern - Reservierter Veloparkplatz am Bahnhof dank neuer App. In: srf.ch. 24. September 2019, abgerufen am 24. September 2019.
  20. Markus Knöpfli: Digitalisierung: SBB testen digitale Velo-Parkplätze an 5 Bahnhöfen. In: horizont.net. 24. September 2019, abgerufen am 24. September 2019.