Tankred Dorst

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Tankred Dorst (* 19. Dezember 1925 in Oberlind/Thüringen) ist ein deutscher Dramatiker und Schriftsteller. Er lebte seit seiner Studentenzeit in München-Schwabing, wo er seinerzeit begann, für das Marionettentheater Kleines Spiel zeitkritische Stücke zu schreiben, die zum Teil heute noch aufgeführt werden. Außerdem ist er durch seine Drehbücher und als Regisseur international bekannt geworden. Seit 2013 lebt er mit seiner Frau Ursula Ehler-Dorst in Berlin.

Leben

Tankred Dorst wuchs in einer wohlhabenden Oberlinder Bürgerfamilie auf, die am Ort die Maschinenfabrik vormals Georg Dorst besaß. Aus der Oberschule wurde er noch als Schüler 1943 zum Reichsarbeitsdienst und 1944 zur Wehrmacht einberufen. Nach kurzer Ausbildungszeit ging er als Soldat an die Westfront und geriet dort in Kriegsgefangenschaft. Das Ende des Zweiten Weltkrieges erlebte er in Gefangenenlagern in England und den USA. Als er Ende 1947 aus der Gefangenschaft nach Westdeutschland entlassen wurde, gehörten Oberlind und Sonneberg schon seit zwei Jahren zur sowjetischen Besatzungszone. Die Maschinenfabrik war enteignet worden und die Familie vor weitergehenden Repressalien zu Verwandten nach Westdeutschland geflohen.

Tankred Dorst holte in Lüdinghausen das Abitur nach und begann 1950 mit dem Studium der Germanistik und Kunstgeschichte. 1951 zog er nach München, wo er bis 1959 außerdem noch Theaterwissenschaften studierte. Praktische Erfahrungen im Stückeschreiben und der Theaterarbeit sammelte er am studentischen Marionettenstudio „Das kleine Spiel“, für das er bis 1959 sechs Marionettenstücke schrieb.

Die ersten großen Theaterstücke kamen 1960 in Lübeck und Mannheim mit Erfolg auf die Bühne. Diesen Erfolg setzte er bis heute in einer Vielzahl von Bühnenwerken und einigen Verfilmungen vor internationalem Publikum fort. Schon 1963 wurde er als Mitglied in die Bayerische Akademie der Schönen Künste aufgenommen. Seit 1971 ist er Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland. Während der Arbeit am Fernsehfilm Sand lernte er Ursula Ehler kennen, die ihn seit Anfang der 1970er Jahre durch sein Leben und Werk als Lebensgefährtin und Co-Autorin begleitet. Seit Mitte der 1970er Jahre hat er fast alle Veröffentlichungen mit seiner Frau gemeinsam herausgegeben.

Auch im Ausland fand er zunehmend Beachtung. So erhielt er z.B. 1973 Gastprofessuren in Australien und Neuseeland. 1973 gründete er aber auch in München gemeinsam mit Martin Gregor-Dellin, Jürgen Kolbe, Michael Krüger, Fritz Arnold, Paul Wühr, Inge Poppe, Christoph Buggert, Günter Herburger und Peter Laemmle die erste genossenschaftlich organisierte Autorenbuchhandlung. 1978 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt berufen und 1983 in die Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz aufgenommen. 1992 war er Mitbegründer der Bonner Biennale. Seitdem ist er auch Teil der künstlerischen Leitung dieses Theaterfestivals, das seit 2004 unter dem Namen Neue Stücke aus Europa vorwiegend am Staatstheater Wiesbaden stattfindet. Als international renommierter deutscher Dramatiker hielt er 2003/2004 als Gastprofessor Poetikvorlesungen an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main.

Dorst hat bei den Richard-Wagner-Festspielen 2006 in Bayreuth Richard Wagners Ring des Nibelungen neu inszeniert. Er sprang damit für den dänischen Filmregisseur Lars von Trier ein, der die Regie 2004 zurückgegeben hatte. Der deutsche Dramatiker, der im Alter von 78 Jahren erstmals bei einer Oper Regie führte, ist einer der am häufigsten gespielten Gegenwartsautoren auf deutschen Bühnen.

Werke

Dramen

Bearbeitungen für die Bühne

Verfilmungen

  • 1960: Die Kurve (Fernsehfilm, Regie: P. Zadek)
  • 1969: Rotmord (Fernsehfilm nach Toller, Regie: P. Zadek)
  • 1971: Sand (Fernsehfilm, Regie: P. Palitzsch).
  • 1976: Dorothea Merz (zweiteiliger Fernsehfilm, Regie: P. Beauvais)
  • 1978: Klaras Mutter (Fernsehfilm in eigener Regie)
  • 1980: Mosch (Fernsehfilm in eigener Regie)
  • 1983: Eisenhans (Spielfilm in eigener Regie)

Libretti

  • 1960: La Buffonata. Ballet Chanté. Musik: Wilhelm Killmayer. Uraufführung 1961 Heidelberg (Städtische Bühnen), Regie: H. Neugebauer
  • 1962/63: Yolimba oder die Grenzen der Magie. Musikalische Posse. Musik: Wilhelm Killmayer. Uraufführung 1964 Wiesbaden (Hessisches Staatstheater), Regie: H. Neugebauer
  • 1969: Die Geschichte von Aucassin und Nicolette. Oper. Musik: Günter Bialas. Uraufführung 1969 München (Bayerische Staatsoper)
  • 2001: Die Legende vom armen Heinrich. Oper. Musik: Ernst August Klötzke. Uraufführung 2011 Wiesbaden (Hessisches Staatstheater), musikalische Leitung: Enrico Delamboye, Regie: Iris Gerath-Prein

Theaterstücke für Kinder

  • 1982: Ameley, der Biber und der König auf dem Dach; Uraufführung am Burgtheater Wien, Regie: P. M. Preissler.
  • 1994: Wie Dilldapp nach dem Riesen ging; Uraufführung am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, Regie: G. Loepelmann.
  • 2000: Don't eat little Charlie! Uraufführung am Royal National Theatre London / Erstaufführung in Deutschland als Friss mir nur mein Karlchen nicht! an den Städtischen Bühnen Heidelberg, Regie: W. M. Bauer.
  • 2000: König Sofus und das Wunderhuhn; Uraufführung am Thalia Theater Halle, Regie: P. Mader.

Prosa-Stücke

  • 1957: Geheimnis der Marionette; 1. Veröffentlichung.
  • 1959: Auf kleiner Bühne - Versuch mit Marionetten; Essays.
  • 1962: Die Bühne ist der absolute Ort; Essay.
  • 1964: Herausgeber der collection theater.
  • 1976: Dorothea Merz; Fragmentarischer Roman.
  • 1978: Klaras Mutter; Erzählung.
  • 1980: Mosch; Das Buch zum Film
  • 1984: Die Reise nach Stettin; Erzählung.
  • 1985: Band 1 der Werkausgabe erscheint.
  • 1986: Grindkopf; Libretto für Schauspieler.
  • 1986: Der nackte Mann; Prosatext.
  • 2000: Ich will versuchen Kupsch zu beschreiben; Künstlerbuch in der Raamin-Presse Roswitha Quadflieg.
  • 2001: Die Freude am Leben. Kupsch; Stücke und Materialien, edition suhrkamp theaterreihe.
  • 2001: Merlins Zauber; Suhrkamp Verlag.
  • 2002: Othoon. Stück und Materialien; edition suhrkamp theaterreihe
  • 2009: Glück ist ein vorübergehender Schwächezustand; Erzählung
  • 2010: Ich soll versuchen den eingebildeten Kranken zu spielen

Hörspiele

Werkausgabe

Erschienen bei Suhrkamp in Frankfurt, 1985 bis 2008

Stipendien und Auszeichnungen

Literatur

  • Horst Laube (Hrsg.): Werkbuch über Tankred Dorst. Suhrkamp, Frankfurt 1974, ISBN 3-518-00713-0.
  • Günther Erken (Hrsg.): Tankred Dorst. Suhrkamp, Frankfurt 1989, ISBN 3-518-38573-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Das Leben ist ein Gespräch mit gewissem Ausgang in FAZ vom 10. Juni 2016, Seite 13
  2. uni-bamberg.de