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* [http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=3337&kapitel=1#gb_found Erster] und [http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=3338&kapitel=1#gb_found Zweiter Band] der bismarkschen Memoiren ''Gedanken und Erinnerungen'' im ''[[Projekt Gutenberg]]''.
* [http://www.firstworldwar.com/video/bismarck.htm Kurze Filmsequenz mit Otto von Bismarck aus dem Jahr 1890]
* [http://www.firstworldwar.com/video/bismarck.htm Kurze Filmsequenz mit Otto von Bismarck aus dem Jahr 1890]
* [http://www.deutsche-schutzgebiete.de/bismarck.htm Tabellarischer Lebenslauf]
* [http://www.deutsche-schutzgebiete.de/bismarck.htm Tabellarischer Lebenslauf]

Version vom 12. November 2007, 15:34 Uhr

Otto von Bismarck

Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen (* 1. April 1815 in Schönhausen, heute Sachsen-Anhalt; † 30. Juli 1898 in Friedrichsruh bei Hamburg), genannt der Eiserne Kanzler, war ein deutscher Staatsmann. Er war eine der politischen Hauptfiguren bei der Gründung des Deutschen Reichs 1871 als einheitlicher deutscher Nationalstaat und gilt als der eigentliche Reichsgründer. Zugleich wurde er erster Kanzler des neu gegründeten Reichs. Zuvor war Bismarck Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes sowie Ministerpräsident und Außenminister von Preußen gewesen.

1865 wurde er Graf, nannte sich fortan Graf von Bismarck-Schönhausen und ab 1871 Fürst von Bismarck-Schönhausen. Anlässlich seiner Entlassung im Jahr 1890 wurde ihm noch der Titel „Herzog zu Lauenburg“ verliehen, doch weigerte er sich strikt, diesen Titel zu führen [1].

Frühe Jahre

Otto von Bismarck 1836

Herkunft und Jugend

Otto von Bismarck wurde am 1. April 1815 in Schönhausen bei Stendal an der Elbe (heute Sachsen-Anhalt) als zweiter Sohn des Rittmeisters Karl Wilhelm Ferdinand von Bismarck (* 13. November 1771; † 22. November 1845) und dessen Ehefrau Luise Wilhelmine, geb. Mencken, (* 24. Februar 1790; † 1. Januar 1839) geboren. Bei der Familie Bismarck handelte es sich um ein in der Altmark alteingesessenes Junkergeschlecht. Die Familie Mencken, der die Mutter, eine Bürgerliche, entstammte, hatte in der Vergangenheit Gelehrte und hohe Beamte hervorgebracht.

Der Stammbaum der Bismarcks lässt sich bis 1270 zurückverfolgen (auf den Schneidergilde-Vorsteher Herebord von Bismarck in Stendal). Die Familie war 1345 von den Wittelsbacher Kurfürsten von Brandenburg wegen besonderer Leistungen des Vorfahren Klaus Bismarck im Verwaltungsdienst in den Adelsstand erhoben und mit dem Schloss Burgstall belehnt worden.[2] [3] 1562 musste der altmärkische Besitz gegen die ostelbischen Besitzungen Schönhausen, Fischbeck und Crevese eingetauscht werden. Kurz darauf trennten sich die Linien Bismarck-Schönhausen und Bismarck-Crevese. (Letztere Linie bescherte Friedrich dem Großen zwei Minister.)
1817 entstand durch eine Eheschließung der gräfliche Zweig Bismarck-Bohlen der Schönhausener Hauptlinie. Ferdinand von Bismarck, der der Schönhausener Hauptlinie entstammte, übersiedelte schon 1816 zusammen mit seiner Frau und seinen Söhnen Bernhard und Otto nach Kniephof, Landkreis Naugard (Nowogard), Regierungsbezirk Stettin, in Hinterpommern, wo Otto von Bismarck auf dem väterlicherseits ererbten Gutshof Kniephof die ersten Jahre seiner Kindheit verbrachte.

Bismarcks Eltern gaben Otto im Alter von sechs Jahren in ein Berliner Internat, die Plamannsche Lehranstalt (1822–1827), in das hohe Beamte ihre Söhne zu schicken pflegten und das von diesem Milieu geprägt war. In dieser Schule, die auch um körperliche Ertüchtigung bemüht war, gaben ihm seine Mitschüler den Beinamen ‚Telamoniers Ajax‘. 1827 wechselte Bismarck auf das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium (1827-1830), und ab 1830 besuchte er bis zum Abitur das humanistische Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster (1830-1832). Religionsunterricht erhielt er dort von keinem Geringeren als Friedrich Schleiermacher, der ihn auch als Sechszehnjährigen in der Berliner Dreifaltigkeitskirche konfirmierte (zu Ostern am 31. März 1831, auf den Lebensweg mitgegebener Leitspruch: „Alles, was ihr tut, das tut von Herzen, als dem Herrn und nicht den Menschen“, Kolosser 3, 23). Nach dem Abitur nahm Bismarck als Siebzehnjähriger am 10. Mai 1832 das Studium der Rechtswissenschaften auf (1832–1835), und zwar zunächst an der Universität Göttingen(1832-1833). In Göttingen war er Mitglied der schlagenden Studentenverbindung Corps Hannovera Göttingen und verbrachte nicht wenig Zeit auf dem Fechtboden. Ab November 1833 setzte er sein Studium an der Universität in Berlin fort, wo er es 1835 mit dem ersten Staatsexamen abschloss und sich in dieser Zeit auch als Bass im Chor der Sing-Akademie zu Berlin betätigte. Anschließend war er am Kammergericht in Berlin und als Regierungsreferendar bei Behörden in Aachen und Potsdam tätig. Er hatte zunächst eine Karriere im Staatsdienst angestrebt, sich jedoch durch Abwesenheit ohne Urlaub, Liebesaffären und Neigung zum Spiel selbst Steine in den Weg gelegt. Da ihm außerdem die Bevormundung durch seine Vorgesetzten missfiel, brach er die Beamtenlaufbahn schließlich ab. Im Jahr 1838 leistete Bismarck als Einjährig-Freiwilliger seinen Militärdienst ab, zunächst beim Garde-Jäger-Bataillon. Im Herbst wechselte er zum Jäger-Bataillon Nr. 2 nach Greifswald (Pommern) und begann dort das Studium der Landwirtschaft.

Politische Anfänge

Johanna von Bismarck, 1857

Nach dem Tod seiner Mutter 1839, mit der er in einem gewissen Spannungsverhältnis gelebt hatte, bezog er das pommersche Gut Kniephof und wurde Landwirt. Gemeinsam mit seinem um fünf Jahre älteren Bruder Bernhard bewirtschaftete er die väterlichen Güter Kniephof, Külz und Jarchlin im hinterpommerschen Kreis Naugard. Nachdem Bernhard von Bismarck 1841 zum Landrat gewählt worden war, kam es zu einer vorläufigen Teilung: Bernhard von Bismarck bewirtschaftete Jarchlin und Otto von Bismarck Külz und Kniephof. Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1845 übernahm Otto von Bismarck die Bewirtschaftung des Bismarckschen Besitzes Schönhausen bei Stendal (Elbe). Dass ihn der Beruf des Landwirts allein intellektuell nicht ausfüllte, zeigte sich in politischen Ambitionen, aber auch in ausgeprägter Beschäftigung mit Philosophie, Kunst, Religion und Literatur. Schon damals war er ein rhetorisch begabter Redner und ein guter Schriftsteller.

Parallel zu seiner Beschäftigung mit Geisteswissenschaften verfestigte sich aufgrund eines intensiven Junggesellenlebens aber auch sein Ruf als „der tolle Bismarck“: Auf kaum einer gesellschaftlichen Veranstaltung in seiner Umgebung fehlte er, auch wenn er dafür Stunden reiten musste, und er stand aufgrund seiner stattlichen Erscheinung und seiner Wortgewandtheit dann meist im Mittelpunkt. Sein Lebensstil änderte sich, als er mit dem pietistischen Freundeskreis seiner späteren Frau Johanna von Puttkamer (1824–1894) gesellschaftlichen Kontakt bekam. Nach dem Rückzug ins Privatleben bekleidete er erstmals ein öffentliches Amt, als er 1846 in Jerichow zum Deichhauptmann zur Überwachung der Schutzdämme des rechten Elbufers ernannt wurde. 1847 heiratete er in Reinfeld (Landkreis Rummelsburg i. Pom.) Johanna von Puttkamer. Dieser Ehe entstammen seine Kinder Marie (1848–1926), Herbert (1849–1904) und Wilhelm (1852–1901).

Politische Stationen

Otto von Bismarck in Generalsuniform nach der Ehrenbeförderung 1874. Im Uniformrock eines Generals trat er gelegentlich auch in der Öffentlichkeit auf, sogar im Parlament.

1845 wurde Bismarck Abgeordneter im sächsischen Provinziallandtag in Merseburg. Im Mai 1847 wurde er von der Ritterschaft der Provinz Sachsen zum stellvertetenden Mitglied des preußischen Vereinigten Landtags gewählt, wo er, beeinflusst vom romantischen Konservativismus der Gebrüder Gerlach (Ernst Ludwig und Leopold), auf Seiten der Konservativen politisch aktiv wurde. Eines seiner Hauptanliegen war es, die Vormachtstellung des landbesitzenden Adels in Preußen zu bewahren. Sein politisches Umfeld war gekennzeichnet durch die rasch fortschreitende Industrialisierung, das damit einhergehende Auftreten von Arbeitermassen, das Emporstreben eines liberalen, nationalgesinnten Bürgertums und durch ein rapides Bevölkerungswachstum. 1849 und 1850 gehörte er der Zweiten Kammer des Landtages an und war Wortführer des äußersten rechten Flügels. Während der Märzrevolution von 1848/49, deren Barrikadenkämpfe bei ihm eine prägenden Eindruck hinterließen, profilierte er sich als konsequenter Verteidiger des monarchischen Prinzips. Von der Angst vor einem Umsturz der geltenden Ordnung getrieben, versuchte er, Militärs in Berlin und Magdeburg zu gegenrevolutioären Aktionen zu bewegen, allerdings vergeblich. Einen auf Volkssouveränität gegründeten deutschen Nationalstaat, wie er der Frankfurter Nationalversammlung vorschwebte, lehnte er ab. Er war einer der Gründer der „Neuen Preußischen Zeitung“ (wegen des Kreuzes auf dem Titelblatt auch „Kreuzzeitung“ genannt) und der konservativn Partei. Im Jahre 1850 entsandte ihn die Stadt Brandenburg in das Volkshaus des Erfurter Unionsparlaments, wo er als Schriftführer diente. Obwohl Bismarck keine diplomatische Ausbildung besaß, wurde er am 18. August 1851 von Friedrich Wilhelm IV. zum preußischen Gesandten beim Bundestag in Frankfurt ernannt. Dieses Mandat behielt er bis 1859. Während dieser Zeit nahm er Anstoß an der Politik Österreichs. 1859–1862 war er Gesandter in St. Petersburg, wo er das Vertrauen von Alexander II. gewann. Von Mai bis September 1862 war er Deutscher Botschafter am Hof von Napoleon III. in Paris. 1862 trat im Preußischen Landtag im Zusammenhang mit der von der Regierung angestrebten Heeresform die verfahrene Situation auf, dass ein vom Kabinett vorgelegter Haushaltsentwurf, der laut Verfassung nur mit einer parlamentarischen Mehrheit hätte verabschiedet werden können, im Parlament keine Mehrheit erhielt. Hintergrund war das Misstrauen des Parlaments, die Regierung würde es mit dem Konstitutionalismus nicht wirklich ernstnehmen. König Wilhelm I. wollte sich nicht zum „Parlamentspräsidenten“ erniedrigen lassen, wie er es empfand, und dachte bereits an Rücktritt. Roon schlug Wilhelm I. vor, Bismarck von Paris nach Berlin zu holen, da er es ihm zutraute, die Heeresreform auch gegen die parlamentarische Mehrheit durchsetzen zu können. Am 23. September 1862 wurde Bismarck von König Wilhelm I. im Verlauf dieses Preußichen Verfassungskonflikts zum preußischen Ministerpräsidenten, am 8. Oktober 1862 auch zum Außenminister berufen. Letzteres, weil Bismarck auf Grund des Kollegialprinzips im preußischen Kabinett nur so seine außenpolitischen Vorstellungen umsetzen konnte.

Wilhelm I.

Da Preußen auf die angestrebte Kleindeutsche Lösung (eine Vereinigung der deutschen Länder unter der Führung Preußens und Ausschluss Österreichs) in der Olmützer Punktation von 1850 hatte verzichten müssen, sollte dieses Ziel nun durch eine Niederlage Österreichs und seiner Anhänger im deutschen Bund erzwungen werden, notfalls auf militärischem Wege. Politische Auseinandersetzungen um die Verwaltung von Schleswig-Holstein ließ man zum Deutschen Krieg eskalieren, der am 3. Juli 1866 in der Schlacht von Königgrätz zu Gunsten Preußens und seiner Verbündeten entschieden wurde. Um sich die Besiegten als möglichen zukünftigen potentiellen Partner nicht zu verprellen, wurden im Prager Frieden keine territorialen Forderungen an das geschlagene Kaiserreich gestellt, doch hielt man sich an Sachsen und anderen deutschen Staaten, die Österreich unterstützt hatten, schadlos.

Bismarck, der seit seiner Jugend Pommern sehr verbunden war, erwarb 1867 von der ihm wegen des erfolgreichen Deutschen Krieges bewilligten Dotation in Höhe von 400.000 Talern das Rittergut Varzin. Auf dessen Gemarkung ließ er die Papierfabrik Hammermühle errichten, die sich bald zum größten Unternehmen Ostpommerns entwickeln sollte, sowie weitere Papierfabriken. Damit legte er den Grundstein für die Gemeinde Hammermühle, der heute polnischen Stadt Kępice.

Infolge der Stärkung Preußens in den 1860er Jahren steigerten sich die deutsch-französischen Gegensätze, unter der Losung „Rache für Sadowa“ (Königgrätz). In Spanien kandidierte Prinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, ein Verwandter der in Deutschland regierenden Hohenzollern, für den Thron. Dies nährte in Frankreich den Argwohn, von den Hohenzollern umzingelt werden zu sollen, was zum Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 führte (vergl. auch Emser Depesche). Vor dem Beginn dieses Krieges hatte Bismarck geheime Schutz- und Trutzbündnisse mit den süddeutschen Staaten abgeschlossen. Die Bemühungen Bismarcks um die nationale Einigung gipfelten nach dem Sieg der deutschen Truppen in der ersten Huldigung des preußischen Königs Wilhelms I. als Deutscher Kaiser am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles, der so genannten Kaiserproklamation, und damit in der Gründung des Deutschen Kaiserreichs.

Vorausgegangen war im August 1870 ein Schreiben Großherzog Friedrichs von Baden an König Ludwig II. von Bayern, in dem er vorschlug, die Kaiserwürde zu erneuern und die Kaiserkrone König Wilhelm von Preußen anzutragen.[4] Bismarck bemühte sich anschließend um die Zustimmung der deutschen Fürsten sowie der Land- und Städtetage.

Der Reichsgründung waren zähe Verhandlungen mit den süddeutschen Fürsten vorangegangen, die sich dabei einige Sonderrechte erstritten. Die meisten Sonderrechte behielt Bayern, dessen Widerstand erst durch eine beachtliche finanzielle Zuwendung aus dem Welfenfond überwunden wurde. Am 3. Dezember 1870 erhielt der in Versailles weilende König Wilhelm vom bayrischen König Ludwig II. den von Bismarck formulierten Kaiserbrief, in dem König Wilhelm die Rangerhöhung zum Deutschen Kaiser vorgeschlagen wurde. Nachdem alle Zustimmungen vorlagen, hatte Wilhelm bereits am 14. Januar 1871 in einem Schreiben den deutschen Fürsten und freien Städten die Annahme der deutschen Kaiserwürde verkündet.

Bismarcksche Reichsverfassung

Bismarck erreichte durch den Frieden von Frankfurt zudem den territorialen Zugewinn von Elsass-Lothringen. Die Gründung des Deutschen Reiches wurde maßgeblich von Bismarck initiiert, wobei sein enger Vertrauter Rudolf von Delbrück die Verhandlungen mit den süddeutschen Staaten führte. Bismarck wurde erster Reichskanzler, blieb aber wie vorgesehen preußischer Ministerpräsident. In dem Zeitraum zwischen dem 18. Januar und dem Inkrafttreten der Reichsverfassung am 16. April 1871 bestand der Norddeutsche Bund weiter, da die süddeutschen Staaten diesem beigetreten waren. Bismarck kann somit als erster gesamtdeutscher Kanzler bezeichnet werden.

In einer Rede im Mai 1884 vor dem Reichstag hatte Bismarck für alle Untertanen des Kaiserreichs das „Recht auf Arbeit“ gefordert. Eine Übernahme in die Reichsverfassung erfolgte jedoch nicht.

Innenpolitik

Bismarck wurde 1862 im Zuge des Konflikts um die Heeresreform, der zwischen dem preußischen Landtag und dem preußischen König Wilhelm I. schwelte, zum preußischen Ministerpräsidenten befördert. Seine Berufung erfolgte gegen den Protest der Königin Augusta, der Gemahlin Wilhelms I. Um die Heeresreform, die Preußen militärisch stärken sollte, auch ohne die Zustimmung des Parlamentes durchsetzen zu können, berief Bismarck sich auf die so genannte Lückentheorie. Nach seiner Auffassung war der Fall des unauflöslichen Dissenses zwischen Monarch und Parlament in der Verfassung nicht geregelt. Demnach läge eine Lücke vor, die durch die Prärogative des Königs geschlossen werden müsse. Diese Auslegung der Rechtslage war nach Auffassung vieler Zeitgenossen schlicht ein Verfassungsbruch. Sie ermöglichte es Bismarck aber, nach der Ablehnung des Militärhaushalts durch den preußischen Landtag ohne formell gebilligtes Budget zu regieren und die Heeresreform durchzuführen. Nach dem Sieg über Österreich brachte Bismarck 1866 die Indemnitätsvorlage in das Parlament ein, um die umstrittene Vorgehensweise nachträglich zu legitimieren. Die Abstimmung über diesen Streitpunkt spaltete die liberale Partei (in demokratische Liberale und Nationalliberale). Ein Nebenprodukt des Alleingangs Bismarcks war folglich die Spaltung der liberalen Bewegung in einen demokratischen und einen nationalen Flügel.

Gemälde von Anton von Werner: Proklamation Kaiser Wilhelms I. (Gründung des Deutschen Reichs) am 18. Januar 1871 u.a. mit Bismarck (in weißer Gardeuniform) im Spiegelsaal von Versailles

Bismarck stand während und nach dem Erreichen seines Vorhabens, einen deutschen Einheitsstaat zu erschaffen, zwei neuen Widersachern gegenüber: der Sozialdemokratie und der katholischen Kirche unter Papst Pius IX. Zu Spannungen mit der katholischen Kirche kam es, weil diese – zum Unwillen Bismarcks – die Ausbreitung der polnischen Sprache begünstigte. Bismarck befürchtete die Entstehung einer polnischen Nationalbewegung innerhalb des Reichsgebiets.

1870 kam es zur Gründung der Deutschen Zentrumspartei. Diese oppositionelle Partei, die den politischen Arm der katholischen Kirche darstellte, forderte unter anderem die Restauration des weltlichen Besitzes des Papstes. Auch verlangte sie für die Religionsgemeinschaften Rechtsschutz gegenüber Eingriffen des Staats. Dies hätte zu einer Herrschaft der Kirche neben dem Monarchen führen können, vielleicht sogar zu einer indirekten Mitherrschaft des Papstes. Außerdem ging diese Partei enge Verbindungen mit denjenigen ein, die ebenfalls mit dem neuen Reich nicht einverstanden waren, wie z. B. den Welfen, Polen und Elsässern. Bismarck erboste dies so sehr, dass er sich zum Kampf bereiterklärte. Die damit in Zusammenhang stehenden Auseinandersetzungen, die bis 1887 andauerten, werden als Kulturkampf bezeichnet. Wichtigster Gegenspieler Bismarcks war Ludwig Windthorst (1812–1891). „Mein Leben erhalten und verschönen zwei Dinge: meine Frau und – Windthorst, die eine ist für die Liebe da, der andere für den Hass“, pflegte Bismarck zu sagen und verdeutlicht damit den Dualismus zwischen ihm und Windthorst. Grund für diesen Hass war die Tatsache, dass die Zentrumspartei reichsfeindliche Kräfte bündelte. Bismarck reagierte spätestens, als das Zentrum in den ersten Reichstagswahlen (am 3. März 1871) als zweitstärkste Partei hervorging. Im Zuge dieser Auseinandersetzung wurden Rechte und Machtstellung der Kirche durch Reichs- und preußische Landesgesetze beschnitten (Kanzelparagraph, Brotkorbgesetz) und auch die Zivilehe eingeführt. In diesem Zusammenhang fiel in einer Reichstagsrede Bismarcks der bekannte Satz: „Seien Sie außer Sorge, nach Canossa gehen wir nicht – weder körperlich noch geistig.“

Da all dies nicht den gewünschten Erfolg hatte, sondern nur die öffentliche Meinung gegen ihn aufbrachte und das politische Klima in Deutschland vergiftete, griff Bismarck zu einer anderen Taktik und machte sich den unbesiegbaren Feind zum Freund: Nach dem Tod Pius IX 1878 nutzte er die Gelegenheit, ein weniger angespanntes Verhältnis zu dem neu gewählten Papst Leo XIII zu beginnen. Der Papst half Bismarck unauffällig, einen Ausgleich mit dem Zentrum zu erlangen; im Gegenzug nahm dieser schrittweise die rabiatesten Erlasse zurück.
Nach dem Misslingen des Kulturkampfes ging Bismarck auf Konfrontationskurs mit der sozialistischen Arbeiterbewegung, in der er einen weiteren hauptsächlichen „Reichsfeind“ erblickte.

Otto von Bismarck in seinem Arbeitszimmer 1886

Bismarcks zunehmend konservative Politik (Verstaatlichungen, Protektionismus, autoritäre Innenpolitik – siehe dazu auch Tendenzpolitik) führte ab 1876 zur Kanzlerkrise: Nachdem bereits 1876 sein liberaler Amtsleiter Rudolf von Delbrück unter Protest zurückgetreten war, konnte sich Bismarck im März 1877 beim Kaiser nicht mit seiner Forderung durchsetzen, den preußischen Staatsminister Albrecht von Stosch zu entlassen. Jedoch herrschte nach der Gründung des Kaiserreichs in der Volkswirtschaft Hochkonjunktur, und es entstanden zahlreiche große Firmen und Banken. Dennoch konnten einige Firmen der ausländischen Konkurrenz nicht standhalten. In dieser Lage verlangte das bisher vorwiegend liberal gesinnte Bürgertum Schutz vom Staat. Es forderte staatliche Schutzzölle auf die Einfuhr ausländischer Waren, um so den Markt für eigene Erzeugnisse zu sichern. Bismarck ging 1878/79 auf diese Forderungen ein und machte sich so die beiden damals herrschenden Klassen – Adel und Großbürgertum – für seine Politik gefügig. Daraufhin wandte Bismarck sich der Sozialdemokratischen Partei zu, die für ihn und für die meisten Adligen ebenfalls zu den „Reichsfeinden” zählte, weil ihr Programm auch marxistische Ideen enthält.

1878 nahm Bismarck dann das zweite Attentat auf Kaiser Wilhelm I. zum Anlass, das Sozialistengesetz im Reichstag zu initiieren, das bis 1890 in Kraft blieb. Dieses Ausnahmegesetz, das seinen Zweck letztlich verfehlte, erlaubte es, die sozialistische Agitation zu verbieten, ließ jedoch die politische Arbeit der Sozialdemokratischen Partei in Wahlmandaten wie beispielsweise im Reichstag unangetastet. Nachdem das Gesetzeswerk seinen Zweck, die Sozialdemokratie zu schwächen, verfehlt hatte, verlor Bismarck das Interesse daran; in seinen Gedanken und Erinnerungen widmet er diesem Thema kein einziges Wort.

Bismarck war bemüht, eine fortschrittliche, zeitgemäße Sozialpolitik zu betreiben. Damit wollte er der Hinwendung der wirtschaftlich schwächer gestellten Bevölkerungsschichten, insbesondere der Arbeiter, zu politischen Gruppierungen entgegenwirken, die sich von sozialistischen Ideologien leiten ließen. Unter seiner Ägide wurden in den Jahren 1883–1889 die gesetzliche Unfallversicherung und die gesetzliche Krankenversicherung ins Leben gerufen. Aufgrund dieser vorbildlichen Sozialpolitik wurde die Lebensqualität insbesondere der Arbeiterschaft schlagartig verbessert. Bismarck gilt noch heute als „Vater der deutschen Sozialversicherung“.

Außenpolitik

Berliner Kongress gemalt von Anton von Werner
Vorn mittig Otto von Bismarck

Bismarcks Außenpolitik gilt als erfolgreicher als seine Innenpolitik. Einer der Grundpfeiler seiner Außenpolitik bestand im beharrlichen Betonen der „Saturiertheit“ des Reiches nach der Reichseinigung von 1871, d. h. im öffentlichen Bekunden des Desinteresses der Reichsregierung an weiterer Expansion und weiteren Annexionen. Insbesondere nach der Krieg-in-Sicht-Krise von 1875 war er bemüht, durch geschickte Bündnispolitik das europäische Mächtegleichgewicht der „Großen Fünf“ (Pentarchie) zu stabilisieren, einer Isolierung Deutschlands vorzubeugen und Kriege der Nachbarn gegen das Deutsche Reich, aber auch gegeneinander, zu verhindern (Berliner Kongress 1878).

Nach dem Aufstieg Deutschlands in die Gesellschaft der großen europäischen Nationalstaaten mehrten sich in den 1870er Jahren die Stimmen, die den Erwerb von Kolonien, insbesondere in Afrika, für das deutsche Reich forderten. Bismarck stand diesen Plänen skeptisch und ablehnend gegenüber, da er sich geringe wirtschaftliche Vorteile davon versprach und den Konflikt mit anderen europäischen Kolonialmächten befürchtete. 1871 lehnte Bismarck das Angebot der französischen Regierung ab, dem Deutschen Reich im Rahmen der Reparationsleistungen Cochinchina – eine asiatische Region etwa in den Grenzen des heutigen Vietnam – als Kolonie zu übertragen. Zu dem Vorschlag sagte er: „O! O! Cochinchina! Das ist aber ein sehr fetter Brocken für uns; wir sind aber noch nicht reich genug, um uns den Luxus von Kolonien leisten zu können.“ Unter dem zunehmenden innenpolitischen Druck stellte das Deutsche Reich jedoch 1884 und 1885 nach englischem Vorbild mehrere Besitzungen deutscher Kaufleute in Afrika und in Neuguinea unter seinen Schutz (siehe Deutsche Kolonien). Etwa zur gleichen Zeit beschloss der Reichstag in der Dampfersubventionsvorlage – ebenfalls nach englischem Vorbild – die Bezuschussung von regelmäßig verkehrenden Linienschiffen nach Ostasien, den Reichspost-Dampferlinien. In der Folge wandte sich Bismarck von dieser Politik wieder ab und konzentrierte sich auf die europäische Sphäre, die ihm wichtiger war („Frankreich liegt links, Russland liegt rechts, in der Mitte liegen wir. Das ist meine Karte von Afrika.“).

Siehe auch: Bündnispolitik Otto von Bismarcks

„Der Lotse geht von Bord“

Bismarck-Mausoleum in Friedrichsruh

Bismarcks Sturz im Jahr 1890 steht einerseits mit dem Scheitern eines von ihm vorgelegten verschärften Sozialistengesetzes im Reichstag im Zusammenhang, mit dem er die durch bedeutende Wahlerfolge im Januar erstarkten Sozialdemokraten politisch zu bekämpfen gedachte. Andererseits hatte sein neuer Souverän, der junge Kaiser Wilhelm II., bereits kurz nach seiner Thronbesteigung in seinem Umfeld zu verstehen gegeben, dass es seine Absicht sei, Bismarck nur noch sechs Monate lang regieren zu lassen.[5] Es war von Anfang an das persönliche Bestreben des jungen, ehrgeizigen Monarchen gewesen, den dominanten Reichskanzler loszuwerden, um künftig eine eigene Politik, frei von Bismarcks Einfluss, gestalten zu können. Nach seiner entwürdigenden Entlassung (Bismarck selbst: „[…] die ich ein Leichenbegängnis erster Klasse mit Recht nennen konnte“) am 20. März 1890 durch Wilhelm II. setzte wenig später eine beispiellose Bismarck-Verehrung ein, die sich im Aufstellen von Bismarck-Denkmälern, in der Umbenennung von Straßen in Bismarckstraßen sowie in der Gründung von Bismarckgesellschaften niederschlug (vgl. Abschnitt „Personenkult“). Nach Bismarcks Ableben am 30. Juli 1898 in Friedrichsruh wurde er in dem Mausoleum auf Friedrichsruh neben seiner Frau begraben. Auch wurde der in der Ruhmeshalle Walhalla beherbergten Ehrenmal-Galerie deutscher Nationalhelden eine Bismarck-Büste hinzugefügt.

Bismarck war Ehrenbürger der Städte Worms, Darmstadt, München, Hamburg, Wandsbek, Kassel, Köln, Moers, Detmold, Zwickau, Rathenow, Wermelskirchen (1895) gewesen sowie seit 1895 Ehrenbürger aller badischen Städte. Nach seinem Sturz war er 1891 Mitglied des Kreistages von Stormarn geworden. Er hatte auch für den Reichstag kandidiert, wurde gewählt, machte jedoch von seinem Mandat nie Gebrauch.

Die Punch-Karikatur Dropping the Pilot (dt. Verzicht auf den Steuermann, meist ungenau übersetzt mit: Der Lotse geht von Bord) von Sir John Tenniel zur Entlassung Bismarcks 1890

Eine Karikatur von Sir John Tenniel im englischen Satiremagazin Punch vom 29. März 1890, die Bismarck zeigt, wie er unter den Augen Wilhelms II. das (Staats)Schiff verlässt, trägt die Bildunterschrift Dropping the Pilot, was meist – nicht ganz korrekt – mit Der Lotse geht von Bord übersetzt wird, doch mehr Verzicht auf den Steuermann bedeuten soll. Die Karikatur spielt auf die bedenkliche Unbekümmertheit des jungen, politisch unerfahrenen Kaisers Wilhelm II. an, der es sich zutraute, das Steuer selbst in die Hand zu nehmen.

Memoiren „Gedanken und Erinnerungen“

Bismarck an seinem 80. Geburtstag (1. April 1895)

Bismarck diktierte auf seinem Altersruhesitz Gut Friedrichsruh bei Hamburg seine ursprünglich drei Bände umfassenden Memoiren, die unter dem Titel Gedanken und Erinnerungen veröffentlicht wurden und die „den Söhnen und Enkeln zum Verständnis der Vergangenheit und zur Lehre für die Zukunft“ dienen sollten. Die ersten beiden Bände erschienen 1901 und waren ein literarischer Erfolg. Der dritte Band dieses Werks, in dem er sich kritisch mit seiner Kanzlerschaft unter Kaiser Wilhelm II. auseinandersetzt, sollte erst nach dessen Tod erscheinen. Infolge der Revolution in Deutschland 1918 und des Weggangs des Kaisers ins niederländische Exil gingen die gesamten Memoiren jedoch gegen den Protest der Familie Bismarck bereits 1919 in Druck, und der dritte Band wurde 1921 ausgeliefert. Bismarcks Memoiren Gedanken und Erinnerungen sind heute als zweibändiges Werk im Buchhandel erhältlich. Bismarck schildert darin die geschichtlichen Abläufe aus der Sicht seiner Zeit und beleuchtet die Hintergründe für seine politischen Entscheidungen. Hauptzweck der Memoiren waren zum einen die Rechtfertigung der eigenen Politik und zum anderen eine recht schonungslose Kritik der eigenmächtigen politischen Handlungsweise des jungen Kaisers Wilhelm II. Das Werk vermittelt Eindrücke über Bismarcks Gefühlswelt und ist brilliant formuliert. Es gilt als Klassiker der deutschen Memoirenliteratur.

Nachfolge

Grundsätzlich wollte Bismarck das Kanzleramt erst aus zwingenden Altersgründen abgeben. 1889 erwog er kurz, sich auf das Außenministerium zu beschränken, gab den Gedanken aber bald darauf wieder auf. Mit der Leitung des Auswärtigen Amts hatte er seinen Sohn Herbert betraut. Aus der Förderung der politischen Karriere seines Sohnes ist zu entnehmen, dass er ihn gerne als Garant der Fortsetzung seiner Politik zumindest im Außenressort verankert sehen wollte. Er konnte dies allerdings nicht umsetzen: Nach dem Sturz Bismarcks 1890 bot Kaiser Wilhelm II. Herbert von Bismarck an, die Geschäfte im Auswärtigen Amt wie bisher fortzuführen. Wie den Memoiren Wilhelms II. zu entnehmen ist, lehnte Herbert von Bismarck dieses Angebot jedoch mit dem Hinweis ab, unter keinem anderen Kanzler als seinem Vater dienen zu wollen.

Als Nachfolger Otto von Bismarcks wählte der Kaiser den politisch unerfahrenen General Leo von Caprivi. Der damit einhergehende Kontinuitätsbruch in der Außenpolitik hatte zur Folge, dass der Rückversicherungsvertrag mit Russland nicht erneuert wurde und Russland daraufhin einen Zweibund mit Frankreich einging.

Personenkult um den Reichsgründer

Bismarck-Turm am Starnberger See
Teilansicht der überlebensgroßen Bismarck-Statue in München (an der kleinen Isarbrücke zur Museumsinsel vor der West-Zufahrt zum Deutschen Museum), die dem Hamburger Bismarck-Denkmal gleicht (Roland-Figur mit Reichsschwert, s. weiter unten), jedoch auf einem niedrigeren Sockel steht.

Otto von Bismarck wurden zahlreiche Ehrungen zuteil.

Schon zu seinen Lebzeiten errichtete man viele Denkmäler, meist Bronzestandbilder, aber auch architektonische Monumente widmete man ihm (Bismarck-Denkmäler). Der Bismarckturm zwischen Allmannshausen und Assenhausen am Starnberger See wurde zwischen 1896 und 1899 errichtet. Seine Studentenwohnung in Göttingen, das Bismarckhäuschen, ist als kleines Museum zugänglich.

In der bildenden Kunst wurde er vor allem von Franz von Lenbach und Christian Wilhelm Allers portraitiert. Häufig findet man auch Darstellungen Bismarcks als Schmied, wie z. B. in einem Gemälde von Guido Philipp Schmitt, das Bismarck dabei zeigt, wie er der Germania das von ihm geschmiedete Reichsschwert übergibt.

Der junge Bismarck auf der Rudelsburg

Nach seinem Tode wurden ihm, finanziert meistens durch Spenden aus der Bevölkerung, zunehmend auch Groß-Monumente gewidmet. Vielerorts wurden Bismarcktürme und -säulen erbaut, teils herkömmliche Aussichtstürme, teils Feuersäulen mit Vorrichtungen, die es erlaubten, ein großes Gedenkfeuer zu entzünden. Viele dieser Bauwerke waren nach dem Entwurf des Architekten Wilhelm Kreis gestaltet, der bei einem Wettbewerb der Deutschen Studentenschaft 1899 den ersten Preis erhalten hatte.

Auch nahe der Rudelsburg wurde ihm ein Denkmal errichtet. Von den unzähligen Bismarck-Denkmälern Deutschlands war dies das einzige, das ihn als lässig dasitzenden jungen Mann mit dem Couleurband um die Brust und einem studentischen Korbschläger in der Hand zeigte. Das Konzept, Bismarck als Student in legerer Haltung darzustellen, erzeugte kontroverse Diskussionen, war aber von ihm selbst am 27. April 1895 genehmigt worden. In der DDR wurde dieses Denkmal 1951/1952 von der FDJ zerstört. Auf Betreiben der Studentenverbindung Corps Hannovera Göttingen, der Bismarck angehört hatte, wurde das Denkmal originalgetreu reproduziert und schließlich im April 2006 neu eingeweiht.

Bismarck als Schmied, Germania das Schwert der Einheit übergebend
Bismarck-Denkmal in Hamburg

Weiterhin wurde Bismarck die Skulptur des so genannten Adlers zugedacht, eine etwa 18 Meter hohe Aufschichtung von Steinquadern, die am Rand einer Aussichtsplattform am Hang des Hoyerbergs im gleichnamigen Stadtteil von Lindau (Bodensee) errichtet ist. Erkennbar ist diese Widmung an dem etwa 1,50 m großen Bismarck-Relief, das in den Sockel eingearbeitet ist.

Das größte Bismarck-Monument in Deutschland ist das 1906 eingeweihte Bismarck-Denkmal in Hamburg-Sankt Pauli (Entwurf: Hugo Lederer), das den ehemaligen Reichskanzler als monumentale Roland-Figur darstellt, mit Rüstung und auf das Schwert gestützt. Der Plan, ein gigantisches Bismarck-Nationaldenkmal bei Bingerbrück zu erbauen, wurde durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs verhindert. Das Typschiff der Bismarck-Klasse wurde im Zweiten Weltkrieg nach Bismarck benannt: das Schlachtschiff Bismarck.

An seinem Geburtsort Schönhausen wurde 1998 mit Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt ein Bismarckmuseum eingerichtet. Am 1. November 2004 wurde in Jever ein weiteres Bismarckmuseum eröffnet. In der österreichischen Stadt Linz ist eine Straße nach Bismarck benannt.
In Deutschland gibt es über sechshundert Bismarckstraßen, -plätze und -wege.[6] Im Ruhrgebiet trug ein bedeutendes Steinkohle-Bergwerk seinen Namen: die inzwischen stillgelegte Zeche Graf Bismarck in Gelsenkirchen.

Nach Bismarck benannt ist auch der Bismarck-Archipel (eine Inselgruppe nordöstlich von Neuguinea), das Bismarckgebirge (engl. Bismarck Range, eine der die Insel Neuguinea durchziehenden großen Gebirgsketten) und die Bismarcksee (Neuguineasee), die einen Teil des Pazifischen Ozeans nordöstlich von Neuguinea bildet. Als der Afrikaforscher Karl Mauch 1872 im Inneren Afrikas, im Lande der Batonga, einen zweikuppigen Berg entdeckte, taufte er ihn Bismarck. In Namibia heißt ein 2300 Meter hoher Berg ebenfalls „Bismarck“ (Mount Bismarck). Im Riesengebirge heißt eine Anhöhe „Bismarckhöhe“. Als der Entdecker und Polarforscher Eduard Dallmann während seiner Forschungsreise auf dem Dampfsegelschiff „Grönland“ 1873/74 eine Meerenge am Rande der Antarktischen Halbinsel in der Nähe der Südlichen Shetlandinseln entdeckte, nannte er sie Bismarck-Straße (engl. Bismarck Strait).

In den Vereinigten Staaten haben deutsche Einwanderer mehrere Ansiedlungen nach dem deutschen Reichsgründer benannt[7]: die am Fluss Missouri liegende Hauptstadt Bismarck des US-Bundesstaats North Dakota (46,50° N; 100,48° W), die Stadt Bismarck im US-Bundesstaat Missouri (37,45° N; 90,39° W), den Ort Bismarck im US-Bundesstaat Arkansas (34,19° N; 93,10° W) und den Ort Bismarck im US-Bundesstaat Illinois (14,14° N; 87,37° W). Während der deutschen Kolonialzeit hieß die heutige Stadt Kasanga am Tanganjikasee in Tansania (Deutsch-Ostafrika) Bismarckburg. Nicht weit vom Hafen entfernt befand sich eine deutsche Forschungsstation.

Der von Carl Alexander von Martius entdeckte Farbstoff Bismarckbraun, ein Azofarbstoff, der noch heute in der Textilverfärbung verwendet wird, verdankt seinen Namen dem Reichsgründer. Der Botaniker Johann Maria Hildebrandt nannte eine von ihm 1878 in Madagaskar entdeckte Palmenart Bismarckia nobilis (Bismarckpalme). Ein Fabrikant der Fischindustrie gab seinem speziellen Nahrungsmittelerzeugnis – in Marinade eingelegte abgekochte Heringsfilets – den Namen Bismarckhering, ebenfalls dem Reichsgründer zu Ehren. Ein Zeitgenosse Otto von Bismarcks und kongenialer Schriftsteller, Theodor Fontane, verfasste während seiner letzten Lebensjahre ein literarisches Charakter-Porträt, in dem er Bismarck mit Wallenstein vergleicht.[8]

Die Bundesrepublik Deutschland errichtete Otto von Bismarck zu Ehren 1996 die Otto-von-Bismarck-Stiftung als bundesunmittelbare Stiftung in Friedrichsruh.

Anmerkungen

  1. Postsendungen an ihn, die so adressiert waren, pflegte er zurückgehen zu lassen.
  2. Beiträge zur Ahnentafel der Fürsten Bismarck – F. Wecken zu seinem 50. Geburtstage, Leipzig 1925.
  3. Georg Schmidt: Das Gechlecht von Bismarck, Berlin 1908.
  4. Hermann Stöckel, Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit, 6. Aufl., Nürnberg 1925, S. 698 ff.
  5. „Sechs Monate will ich den Alten verschnaufen lassen, dann regiere ich selbst“; vergl. S. Fischer-Fabian, Herrliche Zeiten – Die Deutschen und ihr Kaiserreich, Tosa-Verlag (Nachdruck), Wien 2006, ISBN 3-85003-023-7, S. 212.
  6. Diese geschätzte Anzahl beruht auf der Auswertung von Telefonbuch-Daten.
  7. Knaurs Großer Weltatlas, 8. Auflage, München 1982.
  8. Theodor Fontane, Der Zivil-Wallenstein, in: Gotthard Erler (Hrsg.): Kahlebutz und Kräutertochter – Märkische Porträts, Aufbau Taschenbuch Verlag, 1. Auflage, Berlin 2007.

Schriften und Reden Bismarcks

  • Gedanken und Erinnerungen; Herbig, München 2007, ISBN 978-37766-5012-9.
  • Die politischen Reden des Fürsten Bismarck, Historisch-kritische Ausgabe besorgt von Horst Kohl, 12 Bände, Stuttgart 1892 - 1894;
    • Bd. 1: Die Reden des Abgeordneten von Bismarck-Schönhausen im Vereinigten Landtage, im Deutschen Parlament zu Erfurt und in der Zweiten Kammer des Preußischen Landtags 1847 - 1852;
    • Bd. 2: Die Reden des Ministerpräsidenten von Bismarck-Schönhausen im Preußischen Landtage 1862 - 1865;
    • Bd. 3: Die Reden des Ministerpräsidenten und Bundeskanzlers Grafen von Bismarck im Preußischen Landtage und Reichstage des Norddeutschen Bundes 1866 - 1868;
    • Bd. 4: Die Reden des Ministerpräsidenten und Bundeskanzlers Grafen von Bismarck im Preußischen Landtage, im Reichstage des Norddeutschen Bundes und im Deutschen Zollparlament 1868 - 1870;
    • Bd. 5: Die Reden des Ministerpräsidenten und Reichskanzlers Fürsten von Bismarck im Preußischen Landtage und im Deutschen Reichstage 1871 - 1873;
    • Bd. 6: Die Reden des Ministerpräsidenten und Reichskanlers Fürsten von Bismarck im Preußischen Landtage und im Deutschen Reichstage 1873 - 1876;
    • Bd. 7: Die Reden des Ministerpräsidenten und Reichskanzlers Fürsten von Bismarck im Preußischen Landtage und im Deutschen Reichstage 1877 - 1879;
    • Bd. 8: Die Reden des Ministerpräsidenten und Reichskanzlers Fürsten von Bismarck im Preußischen Landtage, im Deutschen Reichstage und im Preußischen Volkswirtschaftsrathe 1879 - 1881;
    • Bd. 9: Die Reden des Ministerpräsidenten und Reichskanzlers Fürsten von Bismarck im Preußischen Landtage und im Deutschen Reichstage 1881 - 1883;
    • Bd. 10: Die Reden des Reichskanzlers Fürsten von Bismarck im Deutschen Reichstage 1884 - 1885; ** Bd. 11: Die Reden des Ministerpräsidenten und Reichskanzlers Fürsten von Bismarck im Preußischen Landtage und im Deutschen Reichstage 1885 - 1886;
    • Bd. 12: Die Reden des Ministerpräsidenten und Reichskanzlers Fürsten von Bismarck im Preußischen Landtage und Deutschen Reichstage 1886 - 1890.
  • Bismarckbriefe (1836 - 1872), 6. Auflage (Horst Kohl, Hrsg.), Bielefeld/Leipzig 1897.
  • Gesammelte Werke: Briefe, Reden und Aktenstücke (B. Walden, Hrsg.), Band 1 - 4, Berlin 1896.
  • Die politischen Berichte des Fürsten Bismarck aus Petersburg und Paris (1859 - 1862) (L. Raschdau, Hrsg.), Bd 1: 1859 - 1860; Bd. 2: 1861 - 1862, Berlin 1920.
  • Bismarcks Briefwechsel mit dem Minister Freiherrn von Schleinitz 1858 - 1861, Stuttgart/Berlin 1905.
  • Bismarck und der Staat - Ausgewählte Dokumente, eingeleitet von Hans Rothfels, 4. Auflage, Stuttgart 1964.
  • Die Ansprachen des Fürsten Bismarck (1848 - 1894) (H. v. Poschinger, Hrsg.), Stuttgart/Leipzig/Berlin/Wien 1895.
  • Fürst Bismarcks Briefe an seine Braut und Gattin (H. v. Biismarck, Hrsg.), Stuttgart 1900.
  • Bismarcks Briefe an seine Gattin aus dem Kriege !870/71, Stuttgart/Berlin 1903.
  • Briefe Ottos von Bismarck an Schwester und Schwager Malwine von Arnim geb. v. Bismarck u. Oskar von Arnim-Kröchlendorff 1843–1897 (Horst Kohl, Hrsg.), Leipzig 1915.
  • Otto von Bismarck - Briefe, Berichte, Denkschriften, Erlasse, Gespräche, Reden Vorträge (Karl Mielcke, Hrsg.), Braunschweig 1954.

Literatur über Bismarck

  • Hermann Robolsky, Bismarck in Versailles - Erinnerungen an Versailles 1870 -1871, Leipzig 1886.
  • Max Lenz: Bismarck, Otto Eduard Leopold Fürst von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 48, Duncker & Humblot, Leipzig 1904, S. 571–775.
  • Hans-Walter Hedinger: Der Bismarckkult. Ein Umriß. In: Günther Stephenson (Hrsg.): Der Religionwandel in unserer Zeit im Spiegel der Religionwissenschaft, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1976, S. 201–215.
  • Ernst Engelberg: Bismarck. Urpreuße und Reichsgründer. Akademie-Verlag XVI, Berlin 1985, 839 S. (Illustration).
  • Ernst Engelberg: Bismarck. Das Reich in der Mitte Europas. Akademie-Verlag XIII, Berlin 1990, 730 S.
  • Rolf Parr: „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust!“ – Strukturen und Funktionen der Mythisierung Bismarcks (1860–1918). Fink, München 1992, 247 S., ISBN 3-7705-2727-5. (5 Abb., zahlr. Tab.)
  • Klaus Hildebrand: Das vergangene Reich – Deutsche Außenpolitik von Bismarck bis Hitler, DVA, Stuttgart 1995.
  • Lothar Gall: Bismarck – Der weiße Revolutionär, Ullstein, 2. Aufl., 2002, ISBN 3-548-26515-4.
  • Rolf Hennig: Bismarck und die Natur, Nimrod, Suderburg 1998, ISBN 3-927848-19-0.
  • Volker Ullrich: Otto von Bismarck, Rowohlt, Reinbek 1998.
  • Rudolf Augstein: Otto von Bismarck, Frankfurt am Main 1990.
  • Christian von Krockow: Bismarck - Eine Biographie, Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1997, ISBN 3-416-80662-X.
  • Rainer F. Schmidt: Bismarck – Realpolitik und Revolution, Focus Edition, Hugendubel, München 2006, ISBN 3-7205-2865-0.
  • Robert Gerwarth: The Bismarck Myth. Weimar, Germany and the Legacy of the Iron Chancellor, Oxford University Press 2005; aus d. Engl. v. Klaus-Dieter Schmidt, u.d.T.: Der Bismarck-Mythos. Die Deutschen und der Eiserne Kanzler, Siedler, München 2007.
  • Bernd Heidenreich, Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Bismarck und die Deutschen, Wissenschaftsverlag, Berlin 2005, ISBN 3-8305-0939-1.
  • Christopher Clark: Preußen – Aufstieg und Niedergang 1600–1947, DVA, München 2007.
  • Fritz Stern: Gold und Eisen: Bismarck und sein Bankier Bleichröder, Rowohlt, Reinbek 1988.
  • Sebastian Haffner: Otto von Bismarck, in: ders./Wolfgang Venohr, Preußische Profile, Neuausgabe Berlin 2001, S. 141-161.
  • Johannes Willms: Bismarck - Dämon der Deutschen. Anmerkungen zu einer Legende, Kindler Verlag, München 1997


Filme

  • Bismarck. TV-Film in drei Teilen, je 55–65 Min., 1. Ich bin ein Preuße. – 2. Eisen und Blut. – 3. Virtuose der Macht. BR Deutschland 1989/1990, Regie: Tom Toelle, Musik: Peer Raben, Erstausstrahlung: 29. April 1990, ARD
  • Die Entlassung. Deutschland 1942, Regie: Wolfgang Liebeneiner

Siehe auch

Weblinks

Commons: Otto von Bismarck – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien


Architektur, Museen


Artikel