September 1939
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Dieser Artikel behandelt aktuelle Nachrichten und Ereignisse im September 1939.
Tagesgeschehen
Freitag, 1. September
- Republik Polen: Beginn des Zweiten Weltkriegs (ohne Kriegserklärung) mit dem Krieg Deutschlands gegen Polen, von deutscher Seite oft militärisch Polenfeldzug genannt.
- Wieluń: Der Luftangriff der Wehrmacht am frühen Morgen wird wegen der hohen Zahl ziviler Opfer von Historikern als erstes Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg angesehen.[1]
- Der deutsche Angriff auf die Weichsel-Eisenbahnbrücke in Tczew/Dirschau scheitert..
- Entlang der gesamten West- und Südgrenze rücken deutsche Truppen in die Republik Polen vor.[2]
- Aufruf des polnischen Staatspräsidenten Mościcki: „In der heutigen Nacht begann …, dass das ganze Volk sich in der Verteidigung seiner Freiheit, um den Oberbefehlshaber und die Streitkräfte konzentriert … zum vollen Sieg.“
- Freie Stadt Danzig:
- Beginn des massiven Beschusses der Westerplatte, eines polnischen militärischen Munitionslagers am Rand der damals vom Völkerbund verwalteten Stadt. Es folgen Infanterieangriffe. Oft wird der Angriff als eine der ersten militärischen Aktionen im Zweiten Weltkrieg bezeichnet. An die polnischen Verteidiger des Depots erinnert heute das 1966 eingeweihte Westerplatte-Denkmal.
- Am selben Tag wird Danzig vom Deutschen Reich annektiert und der Hochkommissar des Völkerbundes, Carl Jacob Burckhardt, ausgewiesen.
- Deutschland:
- Gleiwitz: Nach dem von der SS gestellten Angriff von scheinbar polnischen Partisanen auf den Sender Gleiwitz wird das Vorrücken der Wehrmacht hier gefilmt, dafür wird auch ein Schlagbaum medienwirksam beseitigt, obwohl in unmittelbarer Nähe Straßen ohne Grenzanlagen nach Polen führen.
- Wünsdorf: Das Oberkommando der Wehrmacht erhält die Meldungen, dass der Plan Weiß erfolgreich ausgeführt wird.
- Berlin: Um 10.10 Uhr erklärt Reichskanzler Hitler in einer im Rundfunk reichsweit direkt übertragenen und auch für die Kino-Wochenschauen gefilmten Rede vor dem Reichstag seine angeblichen Gründe für den Krieg. Dabei ist Hitlers Zeitangabe der Aktionen, 5.45 Uhr, ein Versprecher oder ein Fehler, da bereits etwa eine Stunde vorher Feindseligkeiten erfolgt waren.
- In einer Verhaftungswelle, der Kriegs-Sonderaktion der Gestapo, im gesamten Reich werden zahlreiche ehemals führende Vertreter der zerschlagenen Oppositionsparteien und Gewerkschaftern in Konzentrationslager gebracht / inhaftiert.
- Berlin: Mit der Regierungs-Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen wird das Hören ausländischer Radiosendungen strafbar, für das Verbreiten abgehörter Nachrichten wird in besonderen Fällen der Tod angedroht. Die verbotenen Sender werden als Feindsender bezeichne. Im Gesetzblatt vom 7.9. verkündet.
- Berlin: Aktion T4 (Krankenmorde 1939ff, auch NS-Ausdruck „Aktion Gnadentod“), nachträglich auf den Kriegsbeginn zurückdatiertes Ermächtigungsschreiben von Hitler (Vgl: Philipp Bouhler, Karl Brandt, Viktor Brack, Herbert Linden). Die Rückdatierung ist als Hinweis auf die kriegsbedingte Umnutzung der Einrichtungen als Lazarette zu sehen.
- Als neue Institution der Zivilverteidigung werden in den 18 Wehrkreisen NSDAP-Gauleiter per Verordnung zu Reichsverteidigungskommissaren ernannt.
- Slowakische Republik: Das seit dem September 1938 existente Staatsgebilde, eine vom Deutschen Reich abhängige Diktatur, wirkt wirtschaftlich (Rüstung) und als militärischer Verbündeter der Achsenmächte am deutschen Angriff auf Polen mit.
- Vereinigtes Königreich und Frankreich: Die Länder fordern das Deutsche Reich auf, sich sofort wieder aus Polen zurückzuziehen. Sie kündigen andernfalls eine Kriegserklärung an.
- Die Sowjetunion führt die Wehrpflicht ein.
- Die baltischen Staaten, Finnland, Norwegen und die Schweiz erklären ihre Neutralität.
- Prag, Tschechoslowakei/das nun so genannte Protektorat Böhmen und Mähren: 250 Kinder werden an der Abreise aus Prag gehindert. Sie stammen zumeist aus jüdischen Familien und werden u. a. von dem Briten Nicholas Winton aus Sorge vor deutschen Übergriffen evakuiert, wie er es zuvor für 669 andere Kinder tat. Insgesamt gelangten aus Europa bis September 1939 etwa 10.000 jüdische Kinder ins Exil (Kindertransporte).[3] Eine Fortsetzung ist wegen des Kriegszustands nicht möglich.
Samstag, 2. September
- Belgien (gleichzeitig Mobilmachung) und Jugoslawien: erklären ihre Neutralität
- Italien: erklärt sich als „nicht kriegführend“ (unter Mussolini).
- Deutschland: der tägliche Wehrmachtsbericht im Radio gibt der Bevölkerung ab sofort während des gesamten Kriegs durch das Oberkommando der Wehrmacht (letztlich von Hitler selbst) ausgesuchte knappe Informationen über Kampfhandlungen.
- Zum Kriegsbeginn werden fünf Propagandakompanien vor allem für Bildmaterial eingesetzt. Sie sind zunächst den Nachrichtentruppen, später dem OKW, unterstellt.
Sonntag, 3. September
- Frankreich und Großbritannien: fordern Deutschland ultimativ zum sofortigen Rückzug aus Polen auf. Für den anderen Fall erklären sie dem Großdeutschen Reich den Krieg. Dies tritt noch an diesem Tag ein.
- Östlicher Atlantik: Der britische Passagierdampfer Athenia wird von dem deutschen U-Boot U 30 ohne Vorwarnung versenkt (122 Tote). Ziele der auslaufenden Athenia waren Quebec und Montreal. In den nächsten Tagen wird Propagandaminister Goebbels die Versenkung wider das Wissen des OKW's den Engländern selbst in die Schuhe schieben und behaupten, es habe sich um eine „Provokation“ gehandelt.
- Die britische Regierung erklärt gegen Deutschland eine Seeblockade.
- Australien und Neuseeland: Die Regierungen erklären dem Deutschen Reich den Krieg.
- Polen: Am später so genannten „Bromberger Blutsonntag“ kommt es am 3. und 4. September in Bydgoszcz (deutscher Name Bromberg) zwischen der polnischstämmigen Bevölkerung und der dortigen deutschsprachigen Minderheit zu einem bewaffneten Konflikt mit vielen zivilen Toten (insbesondere der Minderheit), der von der Propaganda der deutschen Invasoren im weiteren Verlauf des Krieges genutzt wird (Auslöser, Verlauf, Folgen und Zahl der Toten sind bis heute strittig).
Montag, 4. September
- Deutschland:
- Für Frauen zwischen 18 und 25 Jahren wird die halbjährige Reichsarbeits-Dienstpflicht eingeführt.
- Die Kriegswirtschaftsverordnung (KWVO) wird erlassen und führt das Delikt Kriegswirtschaftsverbrechen in die NS-Rechtsprechung ein.
- Die Royal Air Force (RAF) fliegt mit 29 Maschinen ihren ersten Luftangriff auf Marineeinrichtungen in Wilhelmshaven und Brunsbüttel.
- New York/Vereinigte Staaten: Der staatenlose Schriftsteller Erich Maria Remarque (Im Westen nichts Neues) erreicht auf der Queen Mary Amerika und trifft kurz später u. a. mit Marlene Dietrich, Thomas Mann und Bertolt Brecht zusammen.[4]
Dienstag, 5. September
- Polen:
- Die Schlacht in der Tucheler Heide im Polnischen Korridor endet nach fünf Tagen mit einem deutschen Sieg.
- Der deutsche Vormarsch erreicht ungefähr eine Linie nördlich von Krakow (dt. Krakau) quer durch Polen.
- USA und Japan: erklären ihre Neutralität im europäischen Krieg.
- Deutschland: Die Verordnung gegen Volksschädlinge, auch Volksschädlingsverordnung (VVO), wird erlassen und am 6. des Monats publiziert. Sie erweitert den Strafrahmen vieler Vergehen um die Todesstrafe.
Mittwoch, 6. September
- Südafrika erklärt dem Deutschen Reich den Krieg.
Donnerstag, 7. September
Polen:
- Kapitulation der sich verteidigenden polnischen Truppen im Depot Westerplatte
- Vier Tage nach Beginn der deutschen Bombardierung von Łomża beginnen dort Bodenkämpfe (Bitwa pod Łomżą).
- Der Bild- und Filmberichterstatter Julien Bryan kommt mit einem Zug im noch nicht eingeschlossenen Warschau an und kann dort bis 21.9. authentische Film- und Fotoaufnahmen machen, die bald in den USA gedruckt und gezeigt werden (u. a. den Kurzfilm Siege (frz. für Belagerung), 11 Min), der 1940 in den USA für den Oscar in der Kategorie „Bester Kurzfilm“ nominiert wird. Von Bryan stammten 1938 auch die Berichte Inside Nazi Germany.
Samstag, 9. September
- Deutschland: Französische Truppen führen als Reaktion und zur Erkundung der deutschen Widerstandslinien die „Opération Sarre“ (Saar-Angriff) an der Südwestgrenze durch und besetzen ohne Gegenwehr einige Grenzdörfer in der Rheinpfalz. Die Wehrmacht leistet dort befehlsgemäß keinen Widerstand.
Sonntag, 10. September
- Kanada: Kriegserklärung Kanadas an Deutschland
- Polen: Der fünfte Tag der Schlacht bei Wizna endet mit dem Sieg der deutschen Truppen. Damit ist die polnische Verteidigungslinie an der Narew überwunden und die vollständige Besetzung Polens kaum noch zu verhindern.
Montag, 11. September
- Polen: Die Wehrmacht besetzt die am Vortag von den polnischen Verteidigern verlassene Stadt Łomża an der Grenze zu Ostpreußen.
Dienstag, 12. September
- Deutschland: der Generalquartiermeister des Wehrmacht-Heeres Eugen Müller erlässt die „Verordnung über den Waffenbesitz“; dadurch werden hinter der deutschen Front in Polen kämpfende reguläre polnische Soldaten zu Partisanen erklärt.
Donnerstag, 14. September
- Deutschland, Nordatlantik: U 39 ist das erste deutsche U-Boot, das im Zweiten Weltkrieg, auf einer Position südwestlich des neutralen Irlands beim erfolglosen Angriff auf den britischen Flugzeugträger HMS Ark Royal, versenkt wird.
Freitag, 15. September
- Sowjetunion: Die Waffenstillstandsvereinbarung (Molotov-Togo-Abkommen) nach den Kämpfen im japanisch-sowjetischen Grenzgebiet sichert der Sowjetunion die Waffenruhe ab dem 16. September im fernen Osten zu.
- Polen:
- erste deutsche Truppen erreichen die Vororte von Warschau.
- Das Massaker von Przemyśl der deutschen Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD beginnt.
Samstag, 16. September
- Sowjetunion: Die Sowjetregierung teilt dem polnischen Botschafter Waclaw Grzybowski in Moskau mit, dass sie die Republik Polen als nicht mehr existent ansehe. Damit spricht sie ihm gleichbedeutend eine Kriegserklärung an das Land aus.
Sonntag, 17. September
Polen:
- Der Angriff und die Besetzung Ostpolens durch die Sowjetunion beginnt an der Ostgrenze des Landes.
- In einem geheimen Zusatzprotokoll zum Hitler-Stalin-Pakt (23. August 1939) war eine Demarkationslinie vereinbart worden, die die jeweiligen Interessengebiete abgrenzt und jetzt das Ziel des Einmarsches ist (Karte). Josef Stalin erklärt, der Einmarsch sowjetischer Truppen diene dem Schutz der dort lebenden Ukrainer und Weißrussen vor dem deutschen Einmarsch.
- Einnahme der Festung Brest durch dt. Truppen (13. — 17.9.)
- Das deutsche U-Boot U 29 versenkt den Flugzeugträger HMS Courageous im Atlantik westlich vom Ärmelkanal. Er sinkt mit 518 Mann der Besatzung, 741 Seeleute werden von einem Passagierschiff gerettet. Die Courageous ist das erste britische Kriegsschiff, das im Zweiten Weltkrieg verloren geht.
Montag, 18. September
- Polen/Rumänien: die polnische Regierung versucht über Rumänien ins Exil zu gelangen. Sie wird dort interniert.
Dienstag, 19. September
- Polen: Nach der zehntägigen Schlacht an der Bzura besiegt die Wehrmacht starke polnischen Truppen. 170.000 Soldaten geraten in deutsche Kriegsgefangenschaft.
Donnerstag, 21. September
- Rumänien: der Ministerpräsident Armand Călinescu (* 4. Juni 1893) wird in Bukarest wird von einem Mitglied der Pro-NS-Gruppierung Eiserne Garde ermordet.
- Berlin/Deutschland: Der Chef des Reichssicherheitshauptamts Reinhard Heydrich weist seine in Polen eingesetzten Verbände an, für polnische Juden innerhalb größerer Gemeinden Sperrgebiete (Gettos) zu errichten oder sie in ein geplantes „Judenreservat“ bei Nisko zu deportieren. Zudem seien alle „jüdischen“ Gemeinden mit weniger als 500 Einwohnern „aufzulösen“.[5]
Freitag, 22. September
- Polen: Gemeinsame Parade von Wehrmacht und Roter Armee in Brest.
Samstag, 23. September
- London – gestorben: Sigmund Freud, österreichischer Neurologe, Psychoanalytiker und Autor (* 1856)
Dienstag, 26. September
- Frankreich: Selbstauflösung der Kommunistischen Partei
Mittwoch, 27. September
- Polen: Polnische Militärs gründen die Untergrundbewegung Służba Zwycięstwu Polsce (Polnischer Untergrundstaat).
Donnerstag, 28. September
- Polen: Die Schlacht um Warschau endet nach zehn Tagen in der vierten Kriegswoche mit der deutschen Besetzung der Stadt Warschau. Die Verluste der Belagerung betrugen auf polnischer Seite 6.000 tote und 16.000 verwundete Soldaten, ca. 100.000 gingen in deutsche Gefangenschaft. 25.800 Zivilisten wurden getötet und über 50.000 verletzt.
- Deutschland und Sowjetunion: sie schließen offiziell den Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag ab, der die „freiwillige“ Umsiedlung von deutschen Minderheiten (Bessarabiendeutsche, Deutsch-Balten und Bukowinadeutsche) aus der Sowjetunion vorsieht. Die bereits vereinbarte Demarkationslinie wird dabei etwas verändert, angeblich um eine klarere ethnische Aufteilung der Gebiete zu erreichen.
- Sowjetunion: sie erzwingt von Estland als erstem der drei baltischen Staaten die Unterzeichnung eines Beistandspakts, der auf eine Besetzung des Landes mit sowjetischen Truppen hinausläuft.
Freitag, 29. September
- Polen:
- Kapitulation der polnischen Festung Modlin (westlich von Warschau, Verteidigung vom 13. – 29.9.)
- Es folgt die auf Dauer angelegte deutsche Besetzung Polens bis 1944/1945 einschließlich der völkerrrechtswidrigen Annexionen weiter polnischer Gebiete.
Siehe auch
- Eine Liste mit im September 1939 gestorbenen Personen, siehe: Nekrolog September 1939.
- Liste von jährlich wiederkehrenden Gedenk- und Aktionstagen im September.
- Kategorie:Gedenk-, Feier- oder Aktionstag im September (Katalog mit Wikipedia-Artikeln für September).
Weblinks
Commons: September 1939 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
- ↑ Weltkriegsbeginn: „Flugzeuge, Papa, Flugzeuge!“ tagesspiegel.de, 30. August 2009, abgerufen am 18. September 2016.
- ↑ Chronik des 20. Jahrhunderts. 14. Auflage. Chronik Verlag, Augsburg 1995, ISBN 3-86047-130-9, S. 543.
- ↑ Hunderte Kinder vor Holocaust gerettet. Winton stirbt 2016 im Alter von 106 Jahren. Spiegel Online, 1. Juli 2015, abgerufen am 29. September 2016.
- ↑ Erich Maria Remarque: Kurzbiographie in Daten. Universität Osnabrück, abgerufen am 29. September 2016.
- ↑ Demütigung und Ausbeutung der deutschen und polnischen Juden nach Kriegsbeginn. Geschichtsverein Köngen, 9. September 2016, abgerufen am 30. September 2016.