BMW R 90 S

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BMW

Baujahr 1975
R 90 S
Hersteller BMW
Verkaufsbezeichnung R 90 S
Produktionszeitraum 1973 bis 1976
Klasse Motorrad
Bauart Supersportler
Motordaten
Boxermotor mit zwei Zylindern
Hubraum (cm³) 898
Leistung (kW/PS) 49/67 bei 7000 min−1
Drehmoment (N m) 76 bei 5500 min−1
Höchst­geschwindigkeit (km/h) 198
Getriebe 5 Gänge
Antrieb Kardanantrieb
Bremsen Ø 260 mm Doppelscheibenbremsen vorn
Ø 200 mm Trommelbremse hinten
Radstand (mm) 1465
Maße (L × B × H, mm): 2180 × 740 × 1210
Sitzhöhe (cm) 82
Leergewicht (kg) 215
Nachfolgemodell BMW R 100 S
R 90 S
R 60/6
R 75/6 750cc

Die BMW R 90 S ist ein Motorrad von BMW mit Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor. Die Maschine mit 898 cm³ Hubraum und 49 kW (67 PS) Leistung war das Spitzenmodell der sogenannten „Strich-Sechs“-Baureihe. Insgesamt 17.465 R 90 S wurden hergestellt.[1]

Die R 90 S und ihre kleineren Schwestermodelle R 90/6, R 75/6 und R 60/6 wurden von 1973 bis 1976 hergestellt und Nachfolger der „Strich-Fünf“-Baureihe (R 50/5, R 60/5 und R 75/5). Mit knapp 200 km/h war die R 90 S eines der schnellsten Serienmotorräder der Welt. Sie entsprang den Bemühungen von BMW, den stärkeren Motorrädern der Konkurrenz (z. B. Norton Commando, Moto Guzzi V7, Laverda 1000, Kawasaki Z 1, Honda CB 750 Four, Harley-Davidson 1000) Paroli zu bieten.

Zeitgleich wurden im BMW-Werk Berlin in Spandau auch die im Wesentlichen fahrwerks- und ausstattungsgleichen, hubraumkleineren Modelle R 75/6 (37 kW) als Nachfolger der R 75/5, und die R 60/6 (30 kW) als Nachfolger der R 60/5 gebaut. Ein Modell mit 500-cm³ Hubraum als direkten Nachfolger der Vorlage:KW2Ps starken R 50/5 gab es nicht mehr.

Die Getriebe der „Strich-Sechs“-Baureihe hatten erstmals fünf Gänge. Die Motoren wiesen eine Änderung der Kurbelwelle auf: die Auswuchtung wird ab dieser Motorenserie mit Schwermetallstopfen ausgeführt, wodurch der Außendurchmesser der Kurbelwelle kleiner und der Ein- und Ausbau erleichtert wird. Die vorigen „Strich-Fünf“-Motoren haben an ihrer Kurbelwelle Schmiedestahl-Gewichte; ihre Kurbelwellen lassen sich nur mit großer Übung durch spezielle Aussparungen des Motorengehäuses ausfädeln. Mit diesen Maßnahmen wurden die Motorengehäuse erheblich stabiler: man hatte im Versuch mit 900er Motoren im Vormodell erkannt, dass das alte Gehäuse die höheren Kräfte größerer Zylinder nicht mehr trug.

Um den gegenüber den Vorgängern gesteigerten Fahrleistungen gerecht zu werden, erhielten die 900er und 750er Modelle erstmals eine vordere Scheibenbremsanlage (Schwenksattelbremse von ATE, eine ungewöhnliche Variante der Faustsattelbremse). Ein Bowdenzug betätigt bei den Maschinen mit Scheibenbremsen den Hauptbremszylinder unter dem Kraftstofftank. Nur die R 60/6 hatte serienmäßig noch eine vordere Duplex-Trommelbremse. Kaum einer aber beließ sie, sondern bestellte oft beim Kauf gleich eine Scheibenbremse. Daher sind heute originale R 60/6 mit Trommelbremse eine Rarität. Ebenso erhielten viele der kleineren Modelle gleich die Doppelscheibenbremse der R 90 S mitbestellt: das nachträgliche Umrüsten auf zwei Bremsscheiben ist sehr aufwendig, da das Tauchrohr auf der „bremsfreien“ Seite keine Vorbereitung zur Aufnahme des zweiten Bremssattels hat und deshalb ausgetauscht werden muss.

Alle Modelle verfügen über einen Doppelschleifen-Rohrrahmen und Kardanantrieb zum Hinterrad. Gegenüber der „Strich-Fünf“-Baureihe war der Radstand um 80 mm verlängert worden, was zum einen die Lastwechselreaktionen des Kardanantriebs etwas abschwächte und zum anderen den Einbau einer größeren Starterbatterie ermöglichte.

Das Motorrad beschleunigt in 4,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 198 km/h.[2]

Die R 90 S hat als erstes Serien-Motorrad der Welt eine schnittige, lenkerfeste Cockpit-Verkleidung aus glasfaserverstärktem Kunststoff und einen Heck-Bürzel. Sie wurde serienmäßig nur in Daytona-Orange oder Rauchsilber angeboten, was einen erheblichen Kostenfaktor für eine evtl. notwendige Restaurierung darstellt.

Im Herbst 1976 wurde die R 90 S von der R 100 RS und der R 100 S abgelöst, die R 90/6 von der R 100/7 und die R 75/6 von der R 75/7 abgelöst. Die Folgebaureihe wird dementsprechend „Strich-Sieben“ genannt.

Technische Daten

  R 60/6 R 75/6 R 90/6 R 90 S
Stückzahl 13.511 17.587 21.097 17.465
Bremse vorn Duplex-Trommel eine Scheibe zwei Scheiben
optional eine oder zwei Scheiben zwei Scheiben ~
Bremse hinten Simplex-Trommel
Vergaser Bing-Schieber 26er Bing-Gleichdruck 32er Dell’Orto-Schieber 38er
Bohrung (mm) 74 82 90
Hub (mm) 70,6
Hubraum (cm³) 595 745 898
Leistung (kW/PS) 30 / 40 37 / 50 44 / 60 49 / 67
Vmax (km/h) 167 177 188 195
Leergewicht (kg) 210 215
Gesamtgewicht (kg) 398
Radstand (mm) 1465
Tankinhalt (l) 18 oder 24
Preis 1973 (DM) ~ ~ 7150 8510

Kritik

„Der neue Motor mit dicken 90er-Kolben leistete satte 67 PS und war damit in Sachen Leistung endlich auf der Höhe der Zeit. Und das mit nur zwei Zylindern und einer VW-Käfer-Ventilsteuerung via Stoßstangen und Kipphebel. Wenn man heute so eine R 90 S betrachtet, kommt man ins Grübeln. BMW konnte tatsächlich einmal schlanke, reduzierte Maschinen bauen. Klar und weich die Linie, beinahe schon zierlich der Motor, Gabel und zwei Federbeine, das tut es eigentlich auch.“

Michael Pfeiffer: Motorrad[2]

„Öldämpfe verschmutzen das Luftfilterelement, das häufig ersetzt werden muss. Probleme gab es zu Beginn der Serie mit dem Getriebe. Das neu entwickelte Getriebe, nun mit fünf Gängen, musste oft getauscht werden. Vor allem im kalten Zustand ertönt ein grausames Krachen aus der Schaltbox und lässt BMW-Neulinge um ein nahes Ende der Getriebezahnräder bangen. Wer von einem modernen Motorrad zügiges Herunterschalten gewöhnt ist, muss auf der R 90 S umdenken. Das mag sie nämlich überhaupt nicht. Solch einen Gewaltakt quittiert sie mit einer deutlich spürbaren unruhigen Hinterhand. Für ausgeprägte Lastwechselreaktionen sorgen die Kardanwelle und die langen Federwege.“

Konstantin Winkler: Kradblatt[3]

Literatur

  • Hans-Jürgen Schneider: BMW R 45 – R 100 RS ab Baujahr 1976. BLV Auto- und Motorradpraxis, München 1984, ISBN 3-405-12908-7, S. 127.
  • Michael Morley, Mike Woollett, Riegel: BMW Motorradklassiker – Von der R 32 bis zur „neuen Generation“. Heel Verlag, 2002, ISBN 3-89880-080-6, S. 252.
  • Andy Schwietzer, Werner R. Reiss: BMW Boxer alle ab ’5. BMW Zweiventiler von 1969–1985. 1. Auflage. Bodensteiner Verlag, Wallmoden 2006, ISBN 3-9806631-4-0, S. 176.
  • Motorrad. Nr. 20. Motor-Presse-Verlag Stuttgart, 1973.
  • Das Motorrad, Heft 20/1974 vom 5. Oktober 1974, Motor-Presse-Verlag Stuttgart
  • „Der Widerspenstigen Zähmung“, Langstreckentest BMW R 90 S über 30.000 km. In: Motorrad. Heft 1/1976 vom 10. Januar 1976, Motor-Presse-Verlag Stuttgart
  • Hans-Joachim Mai: 1000 Tricks für schnelle BMWs, 11. Auflage, Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1988

Siehe auch

Liste der BMW-Motorräder

Weblinks

Commons: BMW R90 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ulrich Feld: Dieses Bike definierte BMW-Motorräder völlig neu. In: T-Online. 16. August 2013, abgerufen am 1. Mai 2014.
  2. a b Michael Pfeiffer: Gib Gummi, Kuh! In: Motorrad, Ausgabe 12/2009. 22. Mai 2009, abgerufen am 1. Mai 2014.
  3. Konstantin Winkler: Fahrbericht. In: Kradblatt. 1. Oktober 2003, abgerufen am 1. Mai 2014.