Friedrich August Stüler

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August Stüler, 1863

Friedrich August Stüler (* 28. Januar 1800 in Mühlhausen/Thüringen; † 18. März 1865 in Berlin) war ein preußischer Baumeister und einer der maßgebenden Berliner Architekten seiner Zeit. Als seine bedeutendste Schöpfung gilt das Neue Museum in Berlin. Auch der Kuppelbau auf dem Triumphbogen des Hauptportals des Berliner Stadtschlosses mit der Schlosskapelle ist sein Werk.

Leben

Friedrich August Stüler, 1840

Friedrich August Stüler stammte aus einem alten Patriziergeschlecht. Seine Vorfahren waren einflussreiche Kaufleute und Senatoren und Ratsherren der Stadt Mühlhausen/Thüringen. Der lutherische Kirchenlieddichter Ludwig Helmbold zählt ebenfalls zu seinen Vorfahren. Seine Eltern waren Johann Gottfried Stüler (1753–1821) und Johanna Friedericke Henriette geb. Reinhold (1773–1827). Er studierte ab 1818 in Berlin und gehörte zu den Schülern Karl Friedrich Schinkels. 1829 und 1830 bereiste er zusammen mit dem befreundeten Eduard Knoblauch und dem Dresdner Architekten Woldemar Hermann (1807–1878),[1] den er in Berlin kennengelernt hatte, Frankreich und Italien. Mit Heinrich Strack reiste er 1831 nach Russland. Er wurde dann Hofbauinspektor und 1832 preußischer Hofbaurat und Direktor der Schlossbaukommission. 1837 fertigte er Pläne zum Wiederaufbau des Winterpalais in Sankt Petersburg an. Diese wurden aber nicht realisiert, weil Nikolaus I. anstatt des von Stüler geplanten romantischen Neorenaissance-Neubaus das ursprünglich barocke Schloss wiederaufbauen ließ. Unter Friedrich Wilhelm IV. eröffnete sich ihm ein bedeutender Wirkungskreis, 1842 wurde er von ihm zum Architekten des Königs ernannt. Er gehört zu den Gründern des Architektenvereins zu Berlin.

In Gesamtkonzeption seiner Kirchenbauten (etwa in der Ausformung von Basilika und Campanile) ging Stüler auf die Vorstellungen Friedrich Wilhelm IV. ein, der durch Beschäftigung mit der Architektur Italiens, geprägt von seiner ersten Italienreise 1828 und angeregt vom 1822–1828 von Cotta in München herausgegebenen Stichwerk Denkmale der christlichen Religion, aufgenommen von den Architecten J. G. Gutensohn und J. M. Knapp, Formen der Antike und Renaissance im „Preußischen Arkadien“ umzusetzen suchte.

Auch in der Rückbesinnung auf frühchristliche Motive, die Urkirche und ihre Liturgie sah der König einen Ausweg aus (kirchen-)politischen Problemen. Wie der Campanile der römischen Kirche Santa Maria in Cosmedin für die Potsdamer Friedenskirche als direktes Vorbild fungiert, gibt es auch andere Beispiele nach dieser Art. Stüler übernahm bei der Ausführung der Friedenskirche nach dem Tod von Ludwig Persius die Oberbauleitung. Auch durch seine gemeinsame Reise mit Friedrich Wilhelm IV. nach Italien im Winter 1858/59 (ebenso wie mit Eduard Knoblauch bereits 1829/1830) war Stüler selbst geprägt von den Bauten des italienischen Mittelalters und Quattrocento. Ideen für gusseiserne Säulen (etwa in der Kapelle des Domkandidatenstifts eingesetzt) oder die im Neuen Museum angewandten Techniken dürften dabei eher auf seine vom König initiierte Studienreise 1842 nach England zurückgehen. Die klassische Form der altchristlichen Basilika mit erhöhtem Mittelschiff und niedrigeren Seitenschiffen, der halbrunden Apsis im Osten und einem am Narthex im Westen vorgelagerten Atrium ist zum Beispiel beim Berliner Domkandidatenstift an der Oranienburger Straße im Wesentlichen umgesetzt.

Vorbilder mehr oder weniger frei variierend, findet sich die Form des abgesetzten Glockenturms bei Stüler an einigen seiner Kirchenbauten für Berlin, unter anderem bei der Jacobikirche in der Oranienstraße, 1844–1845 erbaut. Mit Pfarr- und Schulhaus am Atrium entlang der Straße gelegen, gibt der Ziegelbau auch einen vagen Eindruck vom Erscheinungsbild des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Domkandidatenstifts. Nur äußerlich wiederhergestellt, vermittelt der in den 1950er Jahren durch Paul Emmerich und dessen Sohn Jürgen Emmerich neugestaltete Innenraum nicht mehr den „frühchristlichen Geist“, der der Gestaltung nach Vorbild von S. Quattro Coronati in Rom ursprünglich zugrunde lag.

Vergleichbar, da nach dem Krieg von denselben Architekten umgestaltet, ist die St.-Matthäus-Kirche am heutigen Kulturforum in Berlin, die Stüler im selben Jahr wie die Jacobikirche in Angriff nahm. Direkt durch einen Kirchenbauverein der Nachbarschaft beauftragt, löste sich Stüler dort etwas von puristischen Vorbildern, orientierte sich in der Dachform eher an Danziger Kirchen und gliederte den Turm, auch aufgrund begrenzten Raums, in das Mittelschiff ein.

Weitere Kirchenbauten Stülers sind neben der zerstörten und für den Bau der Stalinallee abgetragenen Markuskirche, die 1854–1858 am Königstor in Nähe des Friedrichshains errichtete St.-Bartholomäus-Kirche (äußerlich mit nicht mehr dreigeteiltem Dach erhalten), die Kirche St. Peter und Paul auf Nikolskoe (bereits 1834–1837 mit Albert Dietrich Schadow), die 1860 eingeweihte Trinitatiskirche in Köln und zahlreiche Dorfkirchen wie die am Stölpchensee (1858–1859).

Gerade die neogotisch geprägte Kirche St. Bartholomäus zeigt, dass Stüler auch als Architekt des Übergangs bezeichnet werden kann, zwischen Schinkels Klassizismus und wilhelminischem Historismus. Bei seinen 1844–1856 entstandenen Erweiterungsbauten für die Johanniskirche in Moabit (Portikus, Pfarr- und Schulhaus mit Arkadenverbindung und freistehendem Glockenturm) als Ergänzung einer der Vorstadtkirchen Schinkels, zeigte Stüler erneut das vom König favorisierte Prinzip und erwies sich als „würdiger Nachfolger“ seines Lehrers, wobei er das bis heute übliche Etikett des Schülers selbst von sich wies.

Nicht verwirklicht hingegen wurden die Pläne Stülers für den Neubau des Berliner Doms, neben dem Weiterbau des Kölner Doms auch eine der „Herzensangelegenheiten“ Friedrich Wilhelms. Nach ersten klassischen Basilika-Entwürfen 1842 stand am Ende ein Entwurf mit Kuppel, dessen Finanzierung und Ausführung, so der Apsisfundamentierung in der Spree, bereits begonnen war, bevor Wilhelm I. die Planungen seines nun umnachteten Bruders nach ersten Stockungen infolge der Revolution 1848 zehn Jahre später einstellen ließ.

Über die Zusammenarbeit mit dem König sagte Stüler 1861 in einer Rede auf dem Schinkelfest: „Bei … den meisten Bauten begnügte sich der König nicht damit, dem Künstler nur Aufgaben zu stellen und die Bearbeitung seinem Talent zu überlassen, es drängte ihn zur lebendigsten Teilnahme an der Bearbeitung, wenn nicht zur Leitung derselben. So liebte er, die Grundidee der auszuführenden Bauwerke, mehr oder minder ausgearbeitet, in kleinem Maßstab selbst zu skizzieren und die weitere Ausarbeitung dem Architekten zu übertragen.“

Burg Hohenzollern bei Hechingen

Als besonderes Prestigeobjekt kann der Wiederaufbau der Burg Hohenzollern bei Hechingen ab 1850 betrachtet werden. Den Auftrag dazu erteilte ihm König Friedrich Wilhelm 1844, die Planung und Ausführung legte Stüler in einer eigenen Schrift 1867 nieder. Es handelt sich dabei um die Stammburg des gleichnamigen Fürstengeschlechts, aus dem auch die preußischen Könige hervorgegangen sind. Die Auftraggebung und Finanzierung erfolgten zu zwei Dritteln vom preußischen Königshaus und zu einem Drittel von der fürstlich schwäbischen Linie der Hohenzollern. Parallel zu diesen Arbeiten fertigte Stüler auch die Pläne für die Evangelische Pfarrkirche St. Johannes in Hechingen (vollendet 1857).

Grabstätte Stülers

Weitere Berliner Profanbauten in Stülers Werk sind die üblicherweise als „Stülerbauten“ bezeichneten Gardekasernen des Garde-du-Corps-Regiments gegenüber dem Schloss Charlottenburg, das im Rahmen seiner Gesamtplanungen für die Museumsinsel entstandene Neue Museum und die nach seinem Tod durch Johann Heinrich Strack ausgeführte Alte Nationalgalerie – in den Worten Friedrich Wilhelms IV. eine „ästhetische Kirche“. Als Architekt des Königs entwarf Stüler auch die Kuppel des Stadtschlosses.

Andere Bauten Stülers sind die Alte Börse am Paulsplatz zu Frankfurt am Main (1843), mehrere Prachtanlagen im Park von Sanssouci, die Nikolaikirche zu Potsdam, das Lutherhaus in Wittenberg, die Vollendung des großherzoglichen Schlosses zu Schwerin, die Universität Königsberg, der Turm der Marienkirche in seiner Heimatstadt Mühlhausen, das Nationalmuseum in Stockholm und die Akademie in Budapest. Außerdem lieferte er eine Menge dekorativer Zeichnungen für Gusswerke, Porzellangefäße, Silberarbeiten und andere kunsthandwerkliche Arbeiten.

Neben seiner Auszeichnung mit der Royal Gold Medal (1858)[2] wurde Stüler mit dem 17. August des gleichen Jahres Mitglied des preußischen Ordens Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste.[3] 1864 wurde er als auswärtiges Mitglied in die Académie des Beaux-Arts aufgenommen.

Stülers Grabstätte – als Ehrengrab der Stadt Berlin – befindet sich auf dem Friedhof der Dorotheenstädtischen und Friedrichswerderschen Gemeinden in der Abteilung CAL, G2. An Stüler erinnert die nach ihm benannte Stülerstraße im Berliner Regierungsviertel. In seiner Geburtsstadt Mühlhausen existiert seit 1887 eine Stülerstraße.[4] 2012 wurde für wissenschaftliche Projekte, die die Arbeit der Mühlhäuser Museen unterstützen, vom Freundeskreis der Mühlhäuser Museen erstmals der „Friedrich-August-Stüler-Förderpreis“ vergeben.[5]

Berliner Straßenschild der Stülerstraße mit Widmung

Arbeiten und Entwürfe

Schloss Stolzenfels bei Koblenz
Sog. Stülerbau des Breslauer Schlosses (ausgebrannt 1945, abgetragen nach 1970)
Orangerie in Potsdam
Akademie der Wissenschaften, Budapest
Ruine von Schloss Broock in Vorpommern
Kirche in Fehrbellin
Kirche in Caputh

Schriften

  • Vorlegeblätter für Möbel-Tischler, herausgegeben zusammen mit Heinrich Strack in 4 Heften 1835–1840
  • Das Neue Museum in Berlin, Berlin 1862 (Digitalisat edoc HU-Berlin)
  • Verschiedene Entwürfe im Architektonischen Album, herausgegeben durch den Architektenverein zu Berlin, u. a.
    • Die St. Petri und Paulskirche zu Nikolskoe bei Potsdam, Heft 4, Bl. 19–24, 1839
  • Einzelwerke ohne erläuternden Text publiziert im Architektonischen Skizzenbuch, u. a.
    • Gitter um die Statue Friedrich Wilhelm III. im Tiergarten, Heft 1, Blatt 6
    • Erker eines Wohngebäudes am Askanischen Platz, Heft 34, Blatt 4
    • Kandelaber vom Schloss Schwerin, Heft 21, Blatt 6

Literatur

Weblinks

Commons: Friedrich August Stüler – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Woldemar Hermann, Eckhart Schleinitz (Hrsg.), Michael Schleinitz (Hrsg.): Tagebuch meines Wirkungskreises in der Architektur. Verlag Notschriften, Radebeul 2006, ISBN 978-3-933753-88-5, S. 22.
  2. Centralblatt der Bauverwaltung, 2. Jahrgang 1882, Nr. 26 (vom 1. Juli 1882) (online als PDF; 997 kB), S. 235.
  3. Der Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste. Die Mitglieder. Band I, Gebr. Mann-Verlag, Berlin 1975, Seite 206.
  4. Jens Hiersemann: Mühlhäuser Straßennamen damals und heute. 2004, S. 84.
  5. Iris Henning: Novum zur Mühlhäuser Kulturnacht. In: Mühlhäuser Allgemeine vom 8. Juni 2012
  6. Lehmann, Meyer: Rügen A-Z. Wähmann-Verlag, Schwerin, 1976, S. 88
  7. stadtentwicklung.berlin.de
  8. Hans Pappenheim: Die Joachim-Friedrich-Gedenkstätte bei Grünau. In: Der Bär von Berlin. Berlin 1965, S. 195–224.
  9. http://www.gis-bldam-brandenburg.de/hida4web/view?docId=obj09165246.xml Eintrag im Denkmalverzeichnis Brandenburg
  10. http://www.gis-bldam-brandenburg.de/hida4web/view?docId=obj09175141.xml Eintrag im Denkmalverzeichnis
  11. http://www.gis-bldam-brandenburg.de/hida4web/view?docId=obj09165268.xml Eintrag im Denkmalverzeichnis Brandenburg
  12. http://www.gis-bldam-brandenburg.de/hida4web/view?docId=obj09175269.xml Eintrag im Denkmalverzeichnis Brandenburg
  13. marienkirche-chojna.de
  14. http://www.gis-bldam-brandenburg.de/hida4web/view?docId=obj09165034.xml Eintrag im Denkmalverzeichnis Brandenburg
  15. Gutachten (PDF; 1,9 MB), Im Centralblatt der Bauverwaltung, Nr. 47, 22. November 1884, S. 483, abgerufen am 3. Januar 2013
  16. http://www.gis-bldam-brandenburg.de/hida4web/view?docId=obj09165252.xml Eintrag im Denkmalverzeichnis Brandenburg
  17. Franz-Severin Gäßler: Berliner Eleganz am Rande der rauen Alb. Die evangelische Stadtkirche in Sigmaringen – Werk des Architekten Friedrich August Stüler. In: Hohenzollerische Heimat 62. Jg. 2012, Nr. 3, S. [49] - 57.
  18. Internetseite der Kirchengemeinde über ihre Kirche, zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2012
  19. http://www.gis-bldam-brandenburg.de/hida4web/view?docId=obj09165301.xml Eintrag im Denkmalverzeichnis Brandenburg