Fußball-Europameisterschaft 1988

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. August 2016 um 09:51 Uhr durch Ranofuchs (Diskussion | Beiträge) (→‎Torschützenliste (Endrunde)). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
UEFA-Fußball-Europameisterschaft 1988
UEFA EURO 88
Anzahl Nationen (von 33 Bewerbern)
Europameister Niederlande Niederlande (1. Titel)
Austragungsort Deutschland Bundesrepublik BR Deutschland
Eröffnungsspiel 10. Juni 1988 in Düsseldorf
Endspiel 25. Juni 1988 in München
Spiele 15
Tore 34 (⌀: 2,27 pro Spiel)
Zuschauer 849.844 (⌀: 56.656 pro Spiel)
Torschützenkönig Niederlande Marco van Basten (5)
Gelbe Karten 32 (⌀: 2,13 pro Spiel)
Sonderbriefmarke der Deutschen Bundespost zur EM

Die Endrunde der 8. Fußball-Europameisterschaft wurde vom 10. bis zum 25. Juni 1988 in der Bundesrepublik Deutschland ausgetragen. Europameister wurden die Niederlande im Finale in München gegen die Sowjetunion. Gastgeber Deutschland scheiterte im Halbfinale an den Niederlanden. Titelverteidiger Frankreich scheiterte wie auch die DDR, Österreich und die Schweiz bereits in der Qualifikation. Torschützenkönig wurde der Niederländer Marco van Basten, der anschließend auch als Europas Fußballer des Jahres geehrt wurde, mit fünf Toren.

Vergabe

Neben der Bundesrepublik Deutschland hatten sich auch England und die skandinavischen Staaten Norwegen, Schweden und Dänemark in einer Gemeinschaftsbewerbung für das Turnier beworben. Das UEFA-EM-Komitee hatte mit fünf von sechs Stimmen für die Bundesrepublik Deutschland als Gastgeber entschieden.

Qualifikation der deutschsprachigen Mannschaften

Die Bundesrepublik Deutschland war als Gastgeber der EM automatisch qualifiziert. Die Mannschaft der DDR startete mit dem Wunsch, erneut an einem internationalen Turnier teilzunehmen wie 1974 in Westdeutschland. In Gruppe 3 spielte die DDR gegen die UdSSR, Titelverteidiger Frankreich, Island und Norwegen. In dieser Gruppe schlug sich die DDR relativ erfolgreich und verlor nur ihr Auswärtsspiel in der UdSSR, die sich schließlich qualifizierte. Da reichte der 1:0-Erfolg der Ostdeutschen am letzten Spieltag gegen Europameister Frankreich nicht mehr und die DDR wurde Tabellenzweiter. Nach den für Österreich erfolgreichen WM-Teilnahmen 1978 und 1982 wartete die Alpenrepublik immer noch auf eine Teilnahme an einer Europameisterschaft. In Gruppe 1 standen sie in Konkurrenz zu Vize-Europameister Spanien, Rumänien und Albanien. Österreich konnte nur seine Spiele gegen Albanien gewinnen und wurde Dritter. Die Schweiz hatte in Gruppe 2 eine als schwer eingestufte Gruppe mit Italien, Schweden, Portugal und Malta. Da sie nur ein Spiel zu Hause gegen Malta gewinnen konnte, war sie nicht für die EM qualifiziert.

Spielorte

Hamburg (Volksparkstadion)
Fußball-Europameisterschaft 1988 (BRD und Westberlin)
Fußball-Europameisterschaft 1988 (BRD und Westberlin)
Hamburg
Hannover
Gelsenkirchen
Düsseldorf
Köln
Frankfurt am Main
Stuttgart
München
Spielorte 1988 in der BR Deutschland
Hannover (Niedersachsenstadion)
Gelsenkirchen (Parkstadion)
Düsseldorf (Rheinstadion)
Köln (Müngersdorfer Stadion)
Frankfurt am Main (Waldstadion)
Stuttgart (Neckarstadion)
München (Olympiastadion)

Aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen über die Zugehörigkeit West-Berlins zur Bundesrepublik Deutschland wurde vom DFB bereits frühzeitig auf die Austragung von Spielen in Berlin verzichtet und so eine Zustimmung der Ostblock-Verbände für die deutsche EM-Bewerbung erleichtert. Dafür gab es Anfang April 1988 im Berliner Olympiastadion ein Vier-Länder-Turnier mit den Nationalmannschaften der BRD, der UdSSR, Argentiniens und Schwedens.[1]

Teilnehmer

Gruppe 1 Gruppe 2
Deutschland Bundesrepublik BR Deutschland (Kader) England England (Kader)
Italien Italien (Kader) Irland Irland (Kader)
Danemark Dänemark (Kader) Niederlande Niederlande (Kader)
Spanien Spanien (Kader) Sowjetunion UdSSR (Kader)

Vorrunde

Gruppe 1

Pl. Land Sp. S U N Tore Diff. Punkte
 1. Deutschland Bundesrepublik BR Deutschland  3  2  1  0 005:100  +4 05:10
 2. ItalienItalien Italien  3  2  1  0 004:100  +3 05:10
 3. SpanienSpanien Spanien  3  1  0  2 003:500  −2 02:40
 4. Danemark Dänemark  3  0  0  3 002:700  −5 00:60
Für die Platzierung 1 und 2 ist die bessere Tordifferenz aus allen Gruppenspielen maßgeblich.
10. Juni 1988 in Düsseldorf (Rheinstadion)
BR Deutschland Italien 1:1 (0:0)
11. Juni 1988 in Hannover (Niedersachsenstadion)
Dänemark Spanien 2:3 (1:1)
14. Juni 1988 in Gelsenkirchen (Parkstadion)
BR Deutschland Dänemark 2:0 (1:0)
14. Juni 1988 in Frankfurt (Waldstadion)
Italien Spanien 1:0 (0:0)
17. Juni 1988 in München (Olympiastadion)
BR Deutschland Spanien 2:0 (1:0)
17. Juni 1988 in Köln (Müngersdorfer Stadion)
Italien Dänemark 2:0 (0:0)

Nach der letzten Fußball-Europameisterschaft 1984 hatte Franz Beckenbauer die deutsche Mannschaft von Jupp Derwall übernommen und wurde 1986 Vize-Weltmeister. Das Turnier im eigenen Land machte sie automatisch zu einem der Mitfavoriten. Das Eröffnungsspiel bestritt die Bundesrepublik im Düsseldorfer Rheinstadion gegen die Italiener. Die relativ junge Mannschaft um Franco Baresi und Giuseppe Bergomi war in diesem Spiel der bundesdeutschen Mannschaft überlegen. Italien war von Beginn an die stärkere Mannschaft und ging in der 53. Minute durch Roberto Mancini in Führung. Andreas Brehme konnte jedoch durch einen Freistoßtreffer, der dadurch entstand, dass der italienische Torwart Walter Zenga den Ball zu lange festhielt,[2] schon drei Minuten später ausgleichen. Trotz mehrerer Chancen für Italien blieb es beim 1:1. Im zweiten Spiel gegen Dänemark im Parkstadion von Gelsenkirchen traten die Deutschen offensiver auf. Sie führten ab der 10. Minute durch ein Tor von Jürgen Klinsmann. Der Schalker Olaf Thon erhöhte in der 87. Minute per Kopf auf 2:0. Die Niederlage Dänemarks markierte den Abschied der mittlerweile überalterten dänischen Fußballgeneration um Søren Lerby, Preben Elkjær Larsen und Co. Am letzten Spieltag musste die Bundesrepublik Deutschland gegen Spanien mindestens ein Unentschieden erreichen, um das Halbfinale zu erreichen. Rudi Völler, der im bisherigen Turnierverlauf überwiegend kritisiert worden war, erzielte beide Treffer zum 2:0-Sieg.

Gruppe 2

Pl. Land Sp. S U N Tore Diff. Punkte
 1. Sowjetunion UdSSR  3  2  1  0 005:200  +3 05:10
 2. NiederlandeNiederlande Niederlande  3  2  0  1 004:200  +2 04:20
 3. Irland Irland  3  1  1  1 002:200  ±0 03:30
 4. EnglandEngland England  3  0  0  3 002:700  −5 00:60
12. Juni 1988 in Stuttgart (Neckarstadion)
England Irland 0:1 (0:1)
12. Juni 1988 in Köln (Müngersdorfer Stadion)
Niederlande UdSSR 0:1 (0:0)
15. Juni 1988 in Düsseldorf (Rheinstadion)
England Niederlande 1:3 (0:1)
15. Juni 1988 in Hannover (Niedersachsenstadion)
Irland UdSSR 1:1 (1:0)
18. Juni 1988 in Frankfurt (Waldstadion)
England UdSSR 1:3 (1:2)
18. Juni 1988 in Gelsenkirchen (Parkstadion)
Irland Niederlande 0:1 (0:0)

Die Niederlande galten mit ihrer spielstarken Mannschaft um die Stars Ruud Gullit und Marco van Basten schon vor dem Turnier als Geheimfavorit. Der Vize-Weltmeister-Trainer von 1974 Rinus Michels hatte die Mannschaft erneut übernommen, nachdem sie in den Qualifikationen zu den internationalen Turnieren seit 1980 gescheitert waren. Die UdSSR stellte sich im ersten Spiel der Niederländer im Kölner Müngersdorfer Stadion als technisch starkes und gut organisiertes Team dar und bezwang die Niederländer durch einen Fernschuss von Abwehrspieler Wassili Raz mit 1:0.

Irland bezwang den vermeintlich großen Konkurrenten England mit 1:0. Ray Houghton erzielte im Stuttgarter Neckarstadion bereits in der 6. Minute den Siegtreffer. Mit Trainer Jack Charlton spielte Irland gegen die UdSSR in Hannover 1:1 unentschieden. Vor dem letzten Spiel gegen die Niederlande in Gelsenkirchen fehlte den Iren ein Punkt für den Einzug ins Halbfinale. Die Niederlande wären damit vorzeitig aus dem Turnier ausgeschieden. In der 50. Minute wechselte Rinus Michels den Mittelstürmer Wim Kieft als zusätzliche Angriffskraft ein, der acht Minuten vor dem Ende per Kopf das entscheidende Tor für die „Elftal“ schoss und ihnen damit das Halbfinale sicherte.

Die englische Auswahl von Trainer Bobby Robson mit Gary Lineker, Bryan Robson und Glenn Hoddle schied nach drei Niederlagen in der Vorrunde aus.

Finalrunde

Halbfinale

21. Juni 1988 in Hamburg (Volksparkstadion)
Deutschland Bundesrepublik BR Deutschland NiederlandeNiederlande Niederlande 1:2 (0:0)

Seit dem WM-Finale 1974 traf die deutsche Nationalmannschaft in unregelmäßigen Abständen auf den Rivalen Niederlande. Vor dem Spiel wurde das Duell zwischen Jürgen Kohler und Marco van Basten als spielentscheidend dargestellt. Zunächst erhielt die Bundesrepublik Deutschland nach einem Foul an Jürgen Klinsmann einen Elfmeter vom rumänischen Schiedsrichter Igna. Kapitän Lothar Matthäus verwandelte diesen in der 55. Minute gegen den niederländischen Torwart Hans van Breukelen. Nach einer Aktion Kohlers gegen van Basten entschied der Schiedsrichter auf Elfmeter für die Niederlande. In der 74. Minute verwandelte Ronald Koeman diesen Elfmeter und markierte somit den Ausgleich. Jan Wouters schickte gegen Ende der Begegnung einen langen Pass in den Strafraum auf van Basten, der in der 88. Minute den 2:1-Siegtreffer für die Niederlande markierte, der für die Niederlande den Einzug ins Finale dieser EM 1988 bedeutete. Der Sieg führte zu einer nationalen Euphorie in den Niederlanden: Schätzungen zufolge befanden sich danach neun der damals 15 Millionen Niederländer auf der Straße und feierten.[3]

22. Juni 1988 in Stuttgart (Neckarstadion)
Sowjetunion UdSSR ItalienItalien Italien 2:0 (0:0)

Die UdSSR war Italien sowohl spielerisch als auch taktisch überlegen. Die Mannschaft von Valeri Lobanowski gewann nach Treffern durch Hennadij Lytowtschenko (60. Minute) und Oleg Protassow (62. Minute) mit 2:0 Toren. Italien schien die gesamte Spieldauer chancenlos.

Finale

Niederlande – Sowjetunion 2:0 (1:0)

Niederlande Sowjetunion
NiederlandeNiederlande
Finale
Samstag, 25. Juni 1988 um 15:30 Uhr in München (Olympiastadion)
Zuschauer: 62.770[4]
Schiedsrichter: Michel Vautrot (Frankreich Frankreich)
Sowjetunion
Hans van BreukelenRonald KoemanBerry van Aerle, Frank Rijkaard, Adri van TiggelenGerald Vanenburg, Jan Wouters, Arnold Mühren, Erwin KoemanRuud Gullit (C)ein weißes C in blauem KreisMarco van Basten
Cheftrainer: Rinus Michels
Rinat Dassajew (C)ein weißes C in blauem KreisWagis ChidijatullinAnatolij Demjanenko, Sergej AlejnikowHennadij Lytowtschenko, Alexander Sawarow, Alexej Michailitschenko, Sergej Gozmanow (69. Sergei Baltatscha), Wassili RazIgor Belanow, Oleg Protassow (71. Wiktor Passulko)
Cheftrainer: Valeri Lobanowski
Tor 1:0 Gullit (33.)
Tor 2:0 van Basten (54.)
Gelbe Karten Wouters (37.), van Aerle (50.) Gelbe Karten Belanow (31.), Litowtschenko (33.), Chidijatullin (42.)
Verschossener Elfmeter van Breukelen hält Foulelfmeter von Belanow (58.)

Das Finale in München sollte für die Niederlande nicht nur Genugtuung für das verlorene WM-Finale von 1974 im selben Stadion bringen, sondern auch den ersten internationalen Titel für den als „ewigen Zweiten“ Geltenden. Die Niederlande übernahmen zu Spielbeginn die Initiative. Die UdSSR wirkte gehemmter als noch im Halbfinale von Stuttgart gegen Italien. In der 33. Minute erzielte Kapitän Ruud Gullit mit einem Kopfball die Führung. In der 54. Minute kam es zum Höhepunkt: Der niederländische Mittelfeldspieler Arnold Mühren bediente mit einer Flanke quer über das Feld den Mittelstürmer Marco van Basten vom AC Mailand. Dieser schoss den Ball Volley aus relativ spitzem Winkel von der rechten Angriffsseite in den linken Torwinkel von Torwart Rinat Dassajew. Dieser Treffer gilt als eines der schönsten Tore aller Zeiten. Der Stürmer der UdSSR Igor Belanow vergab mehrere Chancen; in der 58. Minute hielt Hans van Breukelen einen von ihm selbst verursachten Foulelfmeter, und die Niederlande gewannen den Europameistertitel.

Ehrungen der Finalisten

Weltfußballer des Jahres (inoffiziell) Marco van Basten
Europas Fußballer des Jahres Marco van Basten (Erster)
Ruud Gullit (Zweiter)
Frank Rijkaard (Dritter)
Fußballer des Jahres der Niederlande Ronald Koeman
Goldener Schuh Gerald Vanenburg
Fußballer des Jahres in der UdSSR Alexej Michailitschenko

Die Europameister

Niederlande
Hans van Breukelen

Ronald Koeman
Berry van Aerle, Frank Rijkaard, Adri van Tiggelen
Gerald Vanenburg, Jan Wouters, Arnold Mühren, Erwin Koeman
Ruud Gullit (C)ein weißes C in blauem Kreis
Marco van Basten

Trainer: Rinus Michels
außerdem: Joop HieleWim Koevermans, Wilbert Suvrijn, Sjaak TroostHendrik Krüzen, John van ’t Schip, Aron WinterJohn Bosman, Wim Kieft

Torschützenliste (Endrunde)

Rang Spieler Tore
1 Niederländer Marco van Basten 5
2 Sowjeterusse Oleg Protassow 2
Deutscher Rudi Völler 2
4 Engländer Tony Adams 1
Sowjeterusse Sergej Aleinikow 1
Italiener Alessandro Altobelli 1
Deutscher Andreas Brehme 1
Spanier Emilio Butragueño 1
Italiener Luigi De Agostini 1
Spanier Rafael Gordillo 1
Niederländer Ruud Gullit 1
Ire Ray Houghton 1
Niederländer Wim Kieft 1
Deutscher Jürgen Klinsmann 1
Rang Spieler Tore
4 Niederländer Ronald Koeman 1
Däne Michael Laudrup 1
Sowjeterusse Hennadij Lytowtschenko 1
Italiener Roberto Mancini 1
Deutscher Lothar Matthäus 1
Spanier Michel 1
Sowjeterusse Alexej Michailitschenko 1
Sowjeterusse Wiktor Passulko 1
Däne Flemming Povlsen 1
Sowjeterusse Wassili Raz 1
Engländer Bryan Robson 1
Deutscher Olaf Thon 1
Italiener Gianluca Vialli 1
Ire Ronnie Whelan 1

Torschützenkönige des gesamten Wettbewerbs wurde gemeinsam mit je 7 Toren der Italiener Alessandro Altobelli, der Belgier Nico Claesen und der Niederländer Marco van Basten.

Literatur

Weblinks

Commons: UEFA Euro 1988 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Rec.Sport.Soccer Statistics Foundation: Four Nations Tournament (West-Berlin, West Germany 1988)
  2. Deutschland - Italien 1:1 faz.net 26. Juni 2012
  3. Henk van Houtum und Frank van Dam: Topophilia or Topoporno? Patriotic Place Attachment in International Football Derbies In: International Social Science Review, Vol. 3(2) 2002: 231-248
  4. In fussball.de wird die Zuschauerzahl mit 47.400 angegeben.

Vorlage:Navigationsleiste Fußball-Europameisterschaften