German Property Group
Die German Property Group GmbH ist eine insolvente, vormals in der Immobilienbranche tätige Unternehmensgruppe mit Sitz in Langenhagen. Sie wurde im Jahr 2008 gegründet und trat anfangs unter den Firmennamen Dolphin Capital und Dolphin Trust auf. Zu der Firmengruppe gehört ein Geflecht aus mehr als 200 Gesellschaften, die teilweise generische Namen wie „Dolphin Capital 128. Projekt GmbH & Co. KG“ tragen.[1]
Unternehmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die German Property Group ist eine Immobilien-Investmentgesellschaft, die 2008 aus einem Zusammenschluss von mehreren Firmen hervorging. Bei der Gründung hatte sie ihren Sitz im Stadtteil List in Hannover und firmierte unter Dolphin Capital. Im Jahr 2014 erfolgte eine Umbenennung in Dolphin Trust und 2019 in German Property Group. 2013 verlegte das Unternehmen seinen Sitz nach Langenhagen, wo es 40 Mitarbeiter im Jahr 2017 beschäftigte. Zu dem Zeitpunkt verfügte es über weitere Büros in Berlin, London und Singapur.[2] 2020 wurde der Sitz nach Bremen verlegt.
Das Unternehmen ist spezialisiert auf historische Gebäude in Deutschland. Es erwarb rund 60 bis 100 denkmalgeschützte Objekte meist von Gemeinden, um sie unter Berücksichtigung ihres historischen Charakters zu sanieren und an private Käufer als Wohnraum weiter zu verkaufen.[3] Für den Ankauf warb die German Property Group im Ausland um private Anleger. Diesen wurden Investitionen in Grundstücke mit Gebäuden in Deutschland in Verbindung mit angeblichen Steuererleichterungen als sichere Anlageform mit überdurchschnittlicher Rendite angepriesen. Das Geld der Anleger sollte über den Wert der Immobilie abgesichert sein, der als beleihungsfähige Grundschuld eingetragen war. Journalistische Recherchen ergaben, dass oft zu hohe Grundschulden eingetragen wurden. So belief sich die für das Grundstück und die Ruine von Schloss Dwasieden eingetragene Grundschuld auf 117 Millionen Euro. 2018 hatte das Unternehmen das Objekt für 18 Millionen Euro erworben. Medienberichten zufolge verfielen viele der erworbenen Objekte und es fanden keine Sanierungen statt. Im Fall der denkmalgeschützten Wohnsiedlung Annastraße in Hanau äußerte Oberbürgermeister Claus Kaminsky, der Stadt sei klar, dass es sich bei Dolphin Capital um einen „unseriösen Spekulanten“ handele.[4]
Nach Recherchen von NDR, BR und Süddeutscher Zeitung sollen bei den ausländischen Investoren, vorrangig aus Großbritannien, Irland, Südkorea, Hongkong, Singapur und Malaysia, ungefähr eine Milliarde Euro eingeworben worden sein. Dabei soll es sich um 15.000 bis 25.000 überwiegend Kleinanleger mit Summen ab 10.000 Euro und institutionelle Investoren mit hohen Anlagesummen handeln. Nachdem in den ersten zehn Jahren der Firmenexistenz noch Zinserträge ausgeschüttet wurden, häuften sich ab 2018 Beschwerden der geschädigten Anleger. Vermutlich handelte es sich bei dem Geschäftsmodell um ein klassisches Ponzi-Schema. Dabei wird das Geld der Anleger nicht oder nur zum kleinen Teil investiert. Aus den Einlagen neuer Anleger werden die Zinszahlungen an die bestehenden Anleger geleistet, um das Vertrauen möglichst lange aufrechtzuerhalten. Die mutmaßlichen Betrüger leiten unterdessen die Gewinndifferenz in ihre eigenen Taschen. Sobald nicht mehr genug neue Anleger mit frischem Geld einsteigen, bricht das auf exponentiellem Wachstum beruhende Geschäft zwangsläufig in sich zusammen. Es wird vermutet, dass auch erhebliche Geldsummen in den Teleshoppingsender und das Modegeschäft der Ehefrau des Geschäftsführers geflossen sind.[5] Der Wert der in Firmenbesitz befindlichen Immobilien soll sich auf rund 150 Millionen Euro belaufen. Der Politiker Wolfgang Kubicki, der als Rechtsanwalt rund 1600 Anleger aus Großbritannien vertritt[5], vergleicht das mögliche Ausmaß des Schadens mit dem des Wirecard-Betrugs. Seiner Einschätzung nach spreche alles für einen „gigantischen Anlagebetrug“.[6]
Ermittlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ende 2019 ging eine erste Strafanzeige gegen den deutsch-britischen Unternehmensgründer und ehemaligen Geschäftsführer Charles Smethurst ein, gegen den unter anderem wegen Insolvenzverschleppung ermittelt wird. Die Staatsanwaltschaft Hannover leitete im Anfang 2020 Ermittlungen gegen drei Personen im Umfeld der German Property Group wegen des Verdachts des Anlagebetrugs und der Untreue ein.[7] Auch bestehe der Verdacht von Bankrotthandlungen. Laut dem Informationsdienst Business Insider habe sich der ehemalige Geschäftsführer Charles Smethurst im Dezember 2020 durch seine Rechtsanwälte erstmals schriftlich gegenüber der Staatsanwaltschaft Hannover eingelassen. Dabei habe er zugegeben, Anleger getäuscht zu haben. Dies sei nicht vorsätzlich geschehen, da er den Investoren keinen Schaden habe zuzufügen wollen. Ihm und seinen Geschäftspartnern sei bekannt gewesen, dass die in den Grundbüchern der Immobilien eingetragenen Sicherheiten zugunsten der Anleger im Verhältnis zu den Investments wertmäßig zu gering waren. Dies wurde gegenüber den Investoren gegenüber nicht offen gelegt und Smethurst habe gehofft, die Investments unter Einfluss glücklicher Umstände noch zurückführen zu können.[8]
Insolvenzverfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Juli 2020 meldete die Unternehmensgruppe, die kurzfristig ihren Sitz nach Bremen verlegt hatte, Insolvenz an. Im Oktober 2020 eröffnete das Amtsgericht Bremen das Insolvenzverfahren. Der vorläufige Insolvenzverwalter stellte bei der gesamten Unternehmensgruppe eine Liquidität von weniger als 200.000 Euro fest.[9] Danach wurde ein Rechtsanwalt einer Bremer Kanzlei zum Insolvenzverwalter berufen.[10] Im November 2020 setzte das Amtsgericht Bremen einen fünfköpfigen Gläubigerausschuss ein. Das Gericht legte den Prüfungstermin, an dem die zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen geprüft werden, auf Januar 2021 fest.
Über die Gesamtheit der betrügerischen Investitionsmodelle bestand im Dezember 2020 noch keine Übersicht. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young wurde mit der Überprüfung der geschäftlichen Verquickungen beauftragt. Die Wirtschaftsprüfer stellten in einem Zwischenbericht fest, dass möglicherweise „verschiedenste Straftatbestände von Buchführungs- und Bilanzdelikten und Steuerstraftaten über Untreuedelikte bis zu Betrugsstraftaten verwirklicht worden“ seien.[11] Seit 2016 sollen keine Jahresabschlüsse veröffentlicht worden sein. Die daraufhin vom Bundesamt für Justiz verhängten Ordnungsgelder seien vom Unternehmen entrichtet worden.
Objekte der German Property Group (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die folgende Aufstellung stellt ganz oder teilweise erworbene Objekte der German Property Group dar, die zum Teil bereits weiterveräußert sein können.
Augsburg, Frauentorstraße 32 („Hohes Meer“)
Bahnhof Connewitz
Brauerei Sternburg in Lützschena-Stahmeln
Brikettfabrik Witznitz
Carree Alte Post in Berlin
Feldartillerie- und Fußartillerie-Schießschule in Jüterbog
Proviantbachquartier in Augsburg
Rittergut Bräunsdorf
Zündholzfabrik in Mainz-Kostheim
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- S&K-Gruppe (2013 aufgedeckter Immobilienskandal)
- Schutzgemeinschaft Alt-Bamberg (mit Denkmalspekulation befasst)
- Liste von Unternehmenszusammenbrüchen und -skandalen
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Webseite der German Property Group (verfügbar mit Archivierungsstand 9. Dezember 2020 als Memento bei archive.org)
- Unternehmensdaten bei northdata.de
- Webseite der Insolvenzverwaltung
- Rätselhafte Geschäfte der Immobiliengruppe „Dolphin“ bei BR Fernsehen vom 22. Mai 2019
- Milliardenschwerer Anlagebetrug? Bayerische Denkmäler betroffen bei BR Fernsehen vom 29. August 2020
- Mathias Klein: Prellte Langenhagener Firma Anleger um eine Milliarde Euro? in Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 21. September 2020
- Anlegerskandal: Tatort Deutschland bei ndr.de vom 8. Dezember 2020
- System Dolphin: Wie Anleger Millionen verlieren, NDR Panorama, 8. Dezember 2020 (bei archive.org)
- ARD: System Dolphin: Wie Anleger Millionen verlieren | Panorama 3 | NDR auf YouTube, 10. Dezember 2020.
- Thomas Bremer: Grosse Projekte der German Property Group bzw. Dolphin Capital, die wir kennen bei Diebewertung.de vom 1. September 2020
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Beschluss vom 18. November 2020. (PDF) In: gpg-inso.de. Abgerufen am 10. Dezember 2020.
- ↑ In Berlin sind die Lkw-Ladungen begrenzt in Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 7. Juli 2017
- ↑ Prof. Hölzle zum vorläufigen Insolvenzverwalter der German Property Group bestellt bei Insolvenzportal vom 27. Juli 2020
- ↑ Hat die Finanzaufsicht versagt? bei tagesschau.de vom 22. September 2020
- ↑ a b Ralf Wurzbacher: Betrügereldorado BRD bei Junge Welt vom 10. Dezember 2020
- ↑ Wo Hunderte Millionen Euro verschwunden sind bei tagesschau.de vom 8. Dezember 2020
- ↑ NDR: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Anlagebetrugs. Abgerufen am 10. Dezember 2020.
- ↑ Marta Orosz, Kayhan Özgenc: Betrug in Milliardenhöhe: Chef von Immobilienfirma räumt erstmals ein, Anleger getäuscht zu haben bei Business Insider vom 22. Januar 2021
- ↑ Volker Votsmeier: Anlagebetrug-Ermittlungen: Neue Abgründe im Milliardenskandal mit Immobilien in Handelsblatt vom 17. September 2020
- ↑ BBL: Insolvenzverfahren über die German Property Group eröffnet / Justus von Buchwaldt zum Insolvenzverwalter bestellt. Abgerufen am 10. Dezember 2020 (deutsch).
- ↑ Volker Votsmeier: Attacke mit Folgen: Gericht wechselt Insolvenzverwalter für Immobilienfirma aus in Handelsblatt vom 16. Oktober 2020
- ↑ Jan Kandzora: Betrug in Milliardenhöhe? Wirtschaftskrimi um „Hohes Meer“ weitet sich aus in Augsburger Allgemeine vom 1. Februar 2021
- ↑ Ehemalige Gaststätte „Hohes Meer“. Gefährdet bei Denkmalnetz Bayern
- ↑ Neuer Wirtschaftsskandal: Milliardenschwerer Betrug - auch mit Bamberger Denkmälern bei inFranken.de vom 10. Dezember 2020
- ↑ Enttäuschung und Ernüchterung beim Denkmalschutzverein „Schutzgemeinschaft Alt-Bamberg“, Pressemitteilung der Schutzgemeinschaft Alt-Bamberg, veröffentlicht am 25. Februar 2020
- ↑ Bamberg - das denkmalgeschützte Objekt bei German Property Group vom 14. November 2019
- ↑ a b Anlagebetrug im Milliardenbereich auch mit Immobilien aus Leipzig? bei mdr.de vom 10. Dezember 2020
- ↑ Kellerberg: Teil der Pläne wieder auf Eis in OVB Heimatzeitungen vom 1. Oktober 2020
- ↑ Sternburg-Brauerei in Lützschena wird zur Wohnanlage in Leipziger Volkszeitung vom 4. Februar 2016
- ↑ Berlin - Projekt Dottistraße Berlin bei German Property Group vom 27. September 2019
- ↑ Canisius Carrée in Mainz bei German Property Group vom 27. September 2019
- ↑ a b Dolphin Trust GmbH: Charles Smethurst wagt sich an Zigarrenfabrik in Friesenheim in Hessendepeche vom 11. September 2018
- ↑ Gut Gröbers - Projektentwicklung in der Nähe von Leipzig bei German Property Group vom 23. September 2019
- ↑ German Property Group - Neues zu Haus Fühlingen in Köln Neusser Landstraße bei German Property Group vom 1. November 2019
- ↑ Madeline Jäger: „Lost Place“ mitten in Köln. Grusel-Haus und Denkmal: Stadt erwägt drastischen Schritt in Kölner Express vom 6. Februar 2021
- ↑ Umnutzung von Immobilien - Ingobräu-Brauerei in Ingolstadt bei German Property Group vom 4. Oktober 2019
- ↑ Egbert Mauderer: Joffre-Investor pleite und unter Betrugsverdacht in Badisches Tagblatt vom 28. Dezember 2020
- ↑ Achim Gückel: Wohnpark statt Autofriedhof geplant in Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 11. August 2013
- ↑ Petra Schoplocher: Kloster Schönthal macht Bauchschmerzen in Mittelbayerische Zeitung vom 3. Juni 2019
- ↑ Wohnen im Baudenkmal – Villa Windsor bei German Property Group vom 30. September 2019
- ↑ Neuer Hotspot in Leipzig - Objekt in der Georg-Schumann-Straße bei German Property Group vom 14. Oktober 2019
- ↑ Hotspot Leipzig - Bauprojekt in der Papiermühlstraße bei German Property Group vom 20. Oktober 2019
- ↑ Innovative Bauprojekte in Leipzig - Windorfer Straße bei German Property Group vom 13. Oktober 2019
- ↑ German Property Group - Bauprojekt Kelmstraße in Flensburg bei German Property Group vom 4. Oktober 2019
- ↑ Zweifelhafte Investoren treiben Immobilienpreise in die Höhe bei mdr.de vom 11. Juli 2019
- ↑ Projekt Am Maselakepark bei German Property Group vom 4. Oktober 2019
- ↑ Stockau-Mühle in Reichertshofen bei German Property Group vom 15. Oktober 2019
- ↑ Hotspot Frankfurt (Main) Residenz am Bolongaropalast bei German Property Group vom 27. September 2019
- ↑ Altersgerechtes Wohnen: Projektentwicklung in Bräunsdorf bei German Property Group vom 1. Oktober 2019
- ↑ Zukunft der Arensburg nach Insolvenz ungewiss in Schaumburger Nachrichten vom 26. August 2020
- ↑ Rügen: Schloss Dwasieden in milliardenschweren Anlagebetrug verwickelt in Ostsee-Zeitung vom 20. Januar 2021
- ↑ Schloss Krönnevitz - das Historische Denkmal an der Ostsee bei German Property Group vom 10. Oktober 2019
- ↑ Bad Mergentheim - Schloss Wachbach bei German Property Group vom 10. Oktober 2019
- ↑ Historische Villa in Fürstenberg an der Havel bei German Property Group vom 23. September 2019
- ↑ Historische Gründerzeit-Villa in Fürstenberg an der Havel bei German Property Group vom 15. Oktober 2019
- ↑ Frank Pechhold: „Weißes Haus“ wechselt Besitzer in Märkische Allgemeine vom 8. Juli 2015
- ↑ Begehrte Immobilien in „verbotener Stadt“ in Märkische Allgemeine vom 25. August 20185
- ↑ Leerstand in Augsburg: Wenn Wohnungen nicht fertig werden bei BR 24 vom 7. Februar 2020
- ↑ Jochen Dietz: Kritik an maroder Wohnanlage in Frankfurter Rundschau vom 9. Januar 2019
- ↑ Horb am Neckar - Wohnen in der Zigarrenfabrik bei German Property Group vom 7. Oktober 2019
- ↑ Wolfgang Wenzel: In Kostheimer Zündholzfabrik brennt endlich Licht in: Allgemeine Zeitung vom 13. März 2019
Koordinaten: 52° 25′ 56,5″ N, 9° 45′ 9,1″ O