„Cauchy-Verteilung“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Spezielles durch allgemeineres Resultat in der Einleitung ersetzt
Zeile 5: Zeile 5:
Anschaulich gesprochen beschreibt sie die tangentiale Auslenkung eines [[Mathematisches Pendel|Pendels]]. Hat das Pendel die Länge <math>s</math>, Ruheposition <math>t</math> und einen über dem Intervall <math>(-90\text{°},90\text{°})</math> [[Stetige Gleichverteilung|gleichverteilten]] Auslenkungswinkel <math>U</math>, so ist die Position <math>X = s \tan(U) + t</math> Cauchy-verteilt mit den Parametern <math>s</math> und <math>t</math>.<ref>{{Literatur |Autor=Wolfgang Bühler |Titel=Die Cauchy-Verteilung und das Gesetz der großen Zahlen |Sammelwerk=Monoid |Band=Jahrgang 30 |Nummer=103 |Verlag=Universität Mainz |Datum=2010 |Seiten=16-18 |Online=https://monoid.mathematik.uni-mainz.de/M103.pdf}}</ref>
Anschaulich gesprochen beschreibt sie die tangentiale Auslenkung eines [[Mathematisches Pendel|Pendels]]. Hat das Pendel die Länge <math>s</math>, Ruheposition <math>t</math> und einen über dem Intervall <math>(-90\text{°},90\text{°})</math> [[Stetige Gleichverteilung|gleichverteilten]] Auslenkungswinkel <math>U</math>, so ist die Position <math>X = s \tan(U) + t</math> Cauchy-verteilt mit den Parametern <math>s</math> und <math>t</math>.<ref>{{Literatur |Autor=Wolfgang Bühler |Titel=Die Cauchy-Verteilung und das Gesetz der großen Zahlen |Sammelwerk=Monoid |Band=Jahrgang 30 |Nummer=103 |Verlag=Universität Mainz |Datum=2010 |Seiten=16-18 |Online=https://monoid.mathematik.uni-mainz.de/M103.pdf}}</ref>


Die Cauchy-Verteilung tritt außerdem als die Verteilung einer Zufallsvariable <math>Z=A/B</math> auf, die das [[Verhältnis (Mathematik)|Verhältnis]] zweier unabhängiger [[Zentrierung (Statistik)|zentrierter]] [[Normalverteilung|normalverteilter]] Zufallsvariablen <math>A</math> und <math>B</math> ist.
Die Cauchy-Verteilung tritt außerdem als die Verteilung einer Zufallsvariable <math>Z=X/Y</math> auf, die das Verhältnis zweier [[Zufallsvariable|Zufallsvariablen]] <math>X</math> und <math>Y</math> mit einer rotationsinvarianten gemeinsamen Dichte (z. B. zwei unabhängige zentrierte normalverteilte Zufallsvariablen) ist.<ref>{{Literatur |Autor=Norbert Henze |Titel=Stochastik: Eine Einführung mit Grundzügen der Maßtheorie |Verlag=Springer Spektrum |Ort=Berlin |Datum=2019 |ISBN=978-3-662-59562-6 |Seiten=144}}</ref>


Ferner ist sie in der Physik für eine genäherte Beschreibung von [[Resonanz]] von Bedeutung. Sie wird dort ''Resonanzkurve'' oder [[Lorentzkurve]] (nach [[Hendrik Antoon Lorentz]]) genannt. Daher gibt es auch die Bezeichnungen '''Lorentz-Verteilung''' und '''Cauchy-Lorentz-Verteilung'''.
Ferner ist sie in der Physik für eine genäherte Beschreibung von [[Resonanz]] von Bedeutung. Sie wird dort ''Resonanzkurve'' oder [[Lorentzkurve]] (nach [[Hendrik Antoon Lorentz]]) genannt. Daher gibt es auch die Bezeichnungen '''Lorentz-Verteilung''' und '''Cauchy-Lorentz-Verteilung'''.

Version vom 25. April 2024, 17:49 Uhr

Die Cauchy-Verteilung (nach Augustin Louis Cauchy) ist eine stetige, leptokurtische (supergaußförmige) Wahrscheinlichkeitsverteilung.

Pendel der Länge mit Ruheposition und Auslenkungswinkel . Ist gleichverteilt, so ist die Auslenkung Cauchy-verteilt.

Anschaulich gesprochen beschreibt sie die tangentiale Auslenkung eines Pendels. Hat das Pendel die Länge , Ruheposition und einen über dem Intervall gleichverteilten Auslenkungswinkel , so ist die Position Cauchy-verteilt mit den Parametern und .[1]

Die Cauchy-Verteilung tritt außerdem als die Verteilung einer Zufallsvariable auf, die das Verhältnis zweier Zufallsvariablen und mit einer rotationsinvarianten gemeinsamen Dichte (z. B. zwei unabhängige zentrierte normalverteilte Zufallsvariablen) ist.[2]

Ferner ist sie in der Physik für eine genäherte Beschreibung von Resonanz von Bedeutung. Sie wird dort Resonanzkurve oder Lorentzkurve (nach Hendrik Antoon Lorentz) genannt. Daher gibt es auch die Bezeichnungen Lorentz-Verteilung und Cauchy-Lorentz-Verteilung.

Definition

Dichtefunktion (oben) und Verteilungsfunktion (unten) der Cauchy-Verteilung für verschiedene Werte der beiden Parameter. Dabei entspricht im Bild s in der nebenstehenden Gleichung und entspricht t.

Eine Zufallsvariable hat eine Cauchy-Verteilung mit Zentrum und Breitenparameter , wenn sie die auf ganz definierte Wahrscheinlichkeitsdichte

besitzt. Hierfür schreibt man auch symbolisch und sagt, dass Cauchy-verteilt (zu und ) ist.[3]

Die spezielle Cauchy-Verteilung zu den Parametern und , also mit der Wahrscheinlichkeitsdichte

,

heißt Standard-Cauchy-Verteilung. Für eine standard-Cauchy-verteilte Zufallsvariable schreibt man entsprechend .

Eigenschaften

Verteilungsfunktion

Die Verteilungsfunktion der Cauchy-Verteilung ist

.

Die Verteilungsfunktion der Standard-Cauchy-Verteilung lautet insbesondere ()

.

Erwartungswert, Varianz, Standardabweichung, Momente

Die Cauchy-Verteilung ist eine Verteilung, die weder Erwartungswert noch Varianz oder Standardabweichung besitzt, sie sind unbestimmt. Dementsprechend besitzt sie auch keine endlichen Momente und keine momenterzeugende Funktion.

Quantile

Die Qantile erhält man aus der Quantilfunktion

.

Median, Modus, Quartilabstand

Die Cauchy-Verteilung besitzt den Median bei , den Modus ebenfalls bei , und den Quartilsabstand .

Symmetrie

Die Cauchy-Verteilung ist symmetrisch zum Parameter .

Entropie

Die Entropie beträgt .

Charakteristische Funktion

Die charakteristische Funktion der Cauchy-Verteilung ist .

Reproduktivität

Die Cauchy-Verteilung gehört zu den reproduktiven Wahrscheinlichkeitsverteilungen: Der arithmetische Mittelwert

aus standard-Cauchy-verteilten Zufallsvariablen ist selbst standard-Cauchy-verteilt. Insbesondere gehorcht die Cauchy-Verteilung also nicht dem Gesetz der großen Zahlen, das für alle Verteilungen mit existierendem Erwartungswert (siehe Satz von Etemadi) gilt. Ferner gilt auch der zentrale Grenzwertsatz nicht.

Invarianz gegenüber Faltung

Die Cauchy-Verteilung ist invariant gegenüber Faltung, das heißt, die Faltung einer Lorentz-Kurve der Halbwertsbreite und einem Maximum bei mit einer Lorentz-Kurve der Halbwertsbreite und einem Maximum bei ergibt wieder eine Lorentz-Kurve mit der Halbwertsbreite und einem Maximum bei . Somit bildet die Cauchy-Verteilung eine Faltungshalbgruppe.

Zusammenhang zwischen der Cauchy-Verteilung und der Standard-Cauchy-Verteilung

Ist eine Zufallsvariable standard-Cauchy-verteilt, so ist die transformierte Zufallsvariable (mit und ) Cauchy-verteilt zu und . Umgekehrt gilt: Ist Cauchy-verteilt mit den Parametern und , dann ist standard-Cauchy-verteilt.

Beziehungen zu anderen Verteilungen

Beziehung zur stetigen Gleichverteilung

Ist auf dem Intervall stetig gleichverteilt, dann ist standard-Cauchy-verteilt. Entsprechend ist Cauchy-verteilt mit den Parametern und . Dies motiviert das Beispiel der Pendel-Auslenkung.

Beziehung zur Normalverteilung

Sind zwei unabhängige standardnormalverteilte Zufallsvariablen, dann ist der Quotient standard-Cauchy-verteilt.[4] Etwas allgemeiner gilt, dass der Quotient von zwei unabhängigen, zentrierten normalverteilten Zufallsvariablen Cauchy-verteilt ist.

Beziehung zur studentschen t-Verteilung

Die Standard-Cauchy-Verteilung ist der Spezialfall der studentschen t-Verteilung mit einem Freiheitsgrad .

Beziehung zur Lévy-Verteilung

Die Cauchy-Verteilung ist eine spezielle α-stabile Verteilung mit dem Exponentenparameter .

Anwendungsbeispiel

Bei der Cauchy-Verteilung als Vertreter der Heavy-tailed-Verteilungen ist die Wahrscheinlichkeit für extreme Ausprägungen sehr groß. Sind die 1 % größten Werte einer standardnormalverteilten Zufallsvariablen mindestens 2,326, so beträgt bei einer standard-Cauchy-verteilten Zufallsvariablen die entsprechende Untergrenze 31,82. Möchte man die Auswirkung von Ausreißern in Daten auf statistische Verfahren untersuchen, verwendet man häufig Cauchy-verteilte Zufallszahlen in Simulationen.

Zufallszahlen

Zur Erzeugung Cauchy-verteilter Zufallszahlen bietet sich die Inversionsmethode an. Die nach dem Simulationslemma zu bildende Pseudoinverse der Verteilungsfunktion lautet hierbei (siehe Kotangens). Zu einer Folge von Standardzufallszahlen lässt sich daher durch , oder wegen der Symmetrie auch durch , eine Folge standard-Cauchy-verteilter Zufallszahlen berechnen.

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Bühler: Die Cauchy-Verteilung und das Gesetz der großen Zahlen. In: Monoid. Jahrgang 30, Nr. 103. Universität Mainz, 2010, S. 16–18 (uni-mainz.de [PDF]).
  2. Norbert Henze: Stochastik: Eine Einführung mit Grundzügen der Maßtheorie. Springer Spektrum, Berlin 2019, ISBN 978-3-662-59562-6, S. 144.
  3. Norbert Henze: Stochastik für Einsteiger. 13. Auflage. Springer, Berlin 2021, ISBN 978-3-662-63839-2, S. 314.
  4. Joseph K. Blitzstein Jessica Hwang: Introduction to Probability. CRC Press, 2015, ISBN 978-1-4665-7559-2, S. 294–295 (archive.org [PDF]).

Literatur

  • William Feller: An Introduction to Probability Theory and Its Applications: 1. 3. Auflage. Wiley & Sons, 1968, ISBN 0-471-25708-7.
  • William Feller: An Introduction to Probability Theory and Its Applications: 2. 2. Auflage. John Wiley & Sons, 1991, ISBN 0-471-25709-5.

Weblinks

Commons: Cauchy-Verteilung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Siehe auch