Nationale Gesellschaft der Belgischen Eisenbahnen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. Oktober 2016 um 14:52 Uhr durch 141.113.11.13 (Diskussion) (Änderung 158886703 von 80.146.199.106 rückgängig gemacht; Bemerkungen gehören auf die Diskussionsseite.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Nationale Maatschappij der Belgische Spoorwegen (NMBS)

Société Nationale des Chemins de fer Belges (SNCB)

Nationale Gesellschaft der Belgischen Eisenbahnen (NGBE)

Logo
Rechtsform öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaft
Gründung 1. Januar 2005 (in der heutigen Form)
Sitz Brüssel, Belgien
Leitung Marc Descheemaecker, Richard Gayetot, Sabin S’heeren, Michel Jadot
Mitarbeiterzahl 18.300 (2006)[1]
Umsatz 2.217,5 Mio. EUR (2007) EBITDA[2]
Branche Transport
Website www.belgianrail.be

Die Nationale Gesellschaft der Belgischen Eisenbahnen (NGBE, niederländisch Nationale Maatschappij der Belgische Spoorwegen (NMBS), französisch Société Nationale des Chemins de fer Belges (SNCB)) ist die staatliche Eisenbahngesellschaft des Königreichs Belgien. Sie wird manchmal (besonders von Ausländern) nur B-Rail genannt, bekannter sind die französisch bzw. niederländischen Abkürzungen SNCB und NMBS. Im Firmensymbol, welches 1936 von Henry van de Velde entworfen wurde, steht sprachlich neutral der Buchstabe B in einem liegenden Oval.

Geschichte

Aufbauzeit

Erste belgische Lokomotive L'Éléphant (Holzmodell) in der Train World, Brüssel

Belgien schuf als erstes Land in Kontinentaleuropa ein zusammenhängendes Eisenbahnnetz. Bis 1842 baute der belgische Staat die Eisenbahnen im Lande selber; einen detaillierten Überblick dazu liefert z. B. der Belgien-Baedeker von 1853.[3] Anschließend verkaufte er Konzessionen, zunächst überwiegend an englische Gesellschaften, dann an eine Tochter der französischen Compagnie des chemins de fer du Nord, so dass schließlich etwa 600 Kilometern staatlicher Bahnen eine mehrfache Streckenlänge in privater Hand gegenüberstand. Ende des 19. Jahrhunderts kaufte er diese jedoch wieder zurück und gründete die sogenannte „Eisenbahnverwaltung“.[4][5]

Um 1900 hatte Belgien 170 m Schienen pro km², gegenüber 103 m/km² in England, 79 m/km² in Deutschland und 70 m/km² in Frankreich.

Streckeneröffnungen

Belgien 1844 mit den ersten Bahnstrecken

1914–1945

1926 wurde die Nationale Gesellschaft der Belgischen Eisenbahnen gegründet. 1927 wurde diese Gesellschaft bereits privatisiert.

Ende der 1930er Jahre besaß die belgische Eisenbahn mit die schnellsten dampfbespannten Züge Europas und der Welt. Zwei mit Stromlinienlokomotiven der NMBS/SNCB-Reihe 12 bespannte Zugpaare zwischen Brüssel und Ostende erreichten 1939 planmäßig Reisegeschwindigkeiten von 114,3 km/h und hielten damit für kurze Zeit den Weltrekord für komplette Zugläufe. Auf dem Abschnitt zwischen Brüssel und Brügge errangen die Züge 401 und 405 mit einer Reisegeschwindigkeit von 120,46 km/h einen bis heute gültigen Europarekord für die schnellste Reisezeit eines dampfbespannten Zuges zwischen zwei planmäßigen Haltebahnhöfen.[6]

1945–1990

Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte dann eine erneute Verstaatlichung der NMBS/SNCB.

Nach dem Zweiten Weltkrieg fand eine Reduktion auf wichtige Verbindungen statt: Einige in dünn besiedelte Gebiete führende Strecken wurden stillgelegt und durch kostengünstigere Autobusse ersetzt, beziehungsweise einige im Krieg zerstörte Strecken gar nicht erst wieder aufgebaut (z. B. Gouvy – St. Vith). Während man auch in den 1980er Jahren zahlreiche eher schwach frequentierte Haltepunkte schloss, fand zeitgleich – und im Vergleich zu anderen europäischen Bahnen schon recht früh – auch eine Renaissance des Bahnverkehrs in ländlichen Gebieten statt; man eröffnete Strecken neu und machte den Fuhrpark attraktiver. Beispiele für reaktivierte Strecken sind Antwerpen – Neerpelt und Welkenraedt – Eupen, für einen attraktiveren Fuhrpark stehen die Fernzüge zwischen Oostende und Köln, die ab Ende der 1970er Jahre weitestgehend aus den neuen standardisierten Eurofima-Wagen gebildet wurden. Diese Wagen waren klimatisiert und boten somit für Reisende der 2. Klasse mehr Komfort als das damalige Spitzenprodukt der Deutschen Bundesbahn, das IC-Netz von 1979, auf dem in der 2. Klasse erst etwa die Hälfte der Wagen klimatisiert war.

Ein buntes Farbschema prägt die Züge

Ebenfalls in den 1980er Jahren wurde ein landesweit einheitliches vertaktetes InterCity/InterRegio-Netz für den Fernverkehr geschaffen. So verbanden – im europaweiten Vergleich ebenfalls recht früh – ab dem 3. Juni 1984 13 IC-Linien und 16 IR-Linien die 70 wichtigsten Bahnhöfe Belgiens. Für den lokalen Nahverkehr wurden P- und L-Züge eingeführt. Während Letztere – ähnlich den ICs und IRs – vertaktet sind, fahren die P-Züge (Piekuurtrein=Spitzenverkehrszug) als eine Art Eilzug, welcher die Fläche mit Oberzentren, wie Brüssel und Antwerpen verbindet, nur im Zeitraum von 6 bis 9 und 16 bis 19 Uhr. Ergänzend fahren die sogenannten T-Züge (des trains touristiques) in der Urlauberzeit. Dieses Zugsystem hat sich bis heute bewährt und wurde im InterCity- und InterRegio-Bereich um mehrere Linien ergänzt, sodass gegenwärtig (Stand 2014) 18 IC- und 18 IR-Linien landesweit verkehren.[7] Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2014 wurden die IR-Linien in IC umbenannt.

1991 bis heute

Seit 1991 ist die NMBS/SNCB ein sogenannter „selbständiger Betrieb“.

Um den weiteren Anforderungen des europäischen Eisenbahnverkehrs gerecht zu werden, entschied man sich in den 1990er-Jahren zum völligen Neubau von Strecken, wie der Hochgeschwindigkeitstrasse Brüssel-Lüttich-Aachen, zur großzügigen Modernisierung von wichtigen Bahnhöfen und zur weiteren Modernisierung des Fahrzeugparks. In diesem Jahrzehnt wurde die NMBS/SNCB auch Gründungsmitglied der Eurostar Group[8] und der Thalys International.

Seit dem 1. Januar 2005 ist der belgische Eisenbahnverkehr liberalisiert. Die belgische Bahn ist seither ein eigenständiges staatliches Unternehmen. Im Zuge der EU-weiten Anpassung und Liberalisierung des Eisenbahnverkehrs wurde die NMBS/SNCB in drei Geschäftsbereiche aufgeteilt: NMBS/SNCB Holding Group (Kontrollaufgabe, übergeordnete Organisation), Infrabel (Anbieter des Schienennetzes) und NMBS/SNCB (Anbieter von Reisen). In dieser Struktur hielt der belgische Staat 80 % an Infrabel und 99,9 % an der NMBS/SNCB Holding Group; diese wiederum war alleiniger Eigentümer der NMBS/SNCB und hielt die restlichen 20 % an Infrabel.[9] Anfang 2013 beschloss die belgische Föderalregierung eine neue Struktur, die zum 1. Januar 2014 in Kraft trat.[10] Heute ist der belgische Staat alleiniger Eigentümer der NMBS/SNCB, von HR Rail und von Infrabel.[9] HR Rail ist ein neugegründetes Unternehmen, das als Arbeitgeber für die Beschäftigten der NMBS/SNCB und von Infrabel fungiert. Die NMBS/SNCB Holding Group entfiel.[10]

Die NMBS/SNCB war 2007 Gründungsmitglied des Railteam.

Elektrifizierung

1935 wurde die erste Elektrifizierung zwischen Brüssel und Antwerpen durchgeführt. Hierbei wurde 3000 Volt Gleichstrom angewendet. Seit den 1950er Jahren kam es zu einem zeitlichen Verzug bei den Elektrifizierungen, da man aus Kostengründen dieselelektrische Lokomotiven bevorzugte. Inzwischen jedoch strebt man eine vollständige Elektrifizierung des Streckennetzes an.

Die NMBS/SNCB verwendet im weitaus überwiegenden Teil des Streckennetzes weiterhin 3000 Volt Gleichstrom. Nur bei einigen Modernisierungen (Athus-Meuse) und auf den Hochgeschwindigkeitsstrecken wird grundsätzlich mit 25.000 Volt Wechselspannung (50 Hertz) elektrifiziert.

Streckennetz

Belgien hat eines der dichtesten Streckennetze der Welt. Die unterirdische, sechsgleisige Brüsseler Nord-Süd-Verbindungsbahn ist mit ca. 1200 Zügen pro Tag der am stärksten befahrene Eisenbahntunnel der Welt. Für den weiteren Ausbau des Netzes ist die Infrabel zuständig.

Schnellfahrstrecken werden in Belgien als ligne à grande vitesse oder hogesnelheidslijn bezeichnet. Das Liniennetz verläuft von der französischen (und weiter zur englischen), deutschen und niederländischen Grenze sternförmig auf die Hauptstadt Brüssel zu.

Strecke Vmax Länge Inbetriebnahme Zugtyp Stromsystem Zugsicherung
In Betrieb HSL 1, Brüssel–Lille (Anschluss an LGV Nord) 300 km/h 88 km 1997 TGV, Eurostar, Thalys 25 kV, 50 Hz TVM430
In Betrieb HSL 2, Löwen–Ans (Strecke Brüssel–Lüttich) 300 km/h 62 km 2002 Thalys, ICE 3M, IC 25 kV, 50 Hz TBL2
In Betrieb HSL 3, Chênée–Walhorn (Strecke Lüttich–Aachen) 260 km/h 42 km 2009 Thalys, ICE 3M 25 kV, 50 Hz ETCS Level 2
In Betrieb HSL 4, Antwerpen–Rotterdam (Anschluss an HSL-Zuid) 300 km/h 40 km 2009 Thalys, IC 25 kV, 50 Hz ETCS Level 2

Personenverkehr

Thalys und ICE International im Brüsseler Südbahnhof

Der Eisenbahn-Personenverkehr in Belgien wird fast ausschließlich durch die NMBS/SNCB durchgeführt, sie betreibt außerdem die Regionalzüge auf den Strecken Lüttich–Aachen (euregioAIXpress), Antwerpen-Roosendaal und Lüttich–Maastricht. Zwischen Deutschland und dem Antwerpener Hafen wird eine Frachtlinie von der privaten „Dillen en Lejeune Cargo“ (DLC) betrieben.

Es gibt folgende Zuggattungen:

Abk. Langname (ndl.) Langname (frz.) Aufgaben, abgedeckte Verkehrsbedürfnisse
THA Thalys Hochgeschwindigkeitszug nach Paris, Amsterdam, Köln und Ostende
EST Eurostar Hochgeschwindigkeitszug nach London
ICE ICE International Hochgeschwindigkeitszug nach Köln und Frankfurt am Main
TGV Train à grande vitesse Hochgeschwindigkeitszug überwiegend nach Frankreich
INT Internationale Trein Train international Zwei Zugpaare Brüssel – Luxemburg – Basel – Zürich
IC Intercity 36 im Stundentakt verkehrende Linien mit den Bezeichnungen IC 01 bis IC 35, Halteabstände geringer als in anderen Ländern, Durchschnittsgeschwindigkeit 70 bis 90 km/h
ICT touristisch orientierter InterCity (vormals: T-Trein)
L Lokale trein Train locale Lokalzug, Grundangebot im Nahverkehr, vergleichbar mit Regionalbahn
S S-Trein Train S S-Bahn Brüssel, seit dem 13. Dezember 2015
P Piekuurtrein Train d’heure de pointe Spitzenverkehrszug, ähnlich dem Regionalexpress oder Eilzug, verkehrt allerdings nur im Zeitraum von 6 bis 9 und 16 bis 19 Uhr

Tarife

Eine tarifliche Trennung zwischen Nahverkehr und Fernverkehr, mit Ausnahme von ICE und Thalys, gibt es in Belgien nicht. Die Personenbeförderungstarife richten sich nach der Entfernung mit einem Maximaltarif bei mehr als 150 km. Bestimmte Personengruppen bekommen (zum Teil nur an bestimmten Tagen und auf bestimmten Strecken) Ermäßigungen (Rentner, Schwerbehinderte, Kinder, Kriegsinvaliden, …). Außerdem existieren spezielle touristische Tages- und Wochenendfahrkarten mit Ermäßigungen zwischen 40 % und 60 % wie auch die im Dreiländereck um Lüttich/Aachen/Maastricht gültige Tageskarte EUREGIO-Ticket. Pendler bekommen außerdem durch den Arbeitgeber Teile des Monatskartenpreises erstattet. Eine weitere Besonderheit stellt der Rail Pass dar; hierbei handelt es sich um eine Fahrkarte, die der Fahrgast sich 10-malig selbst ausstellen kann (Eintrag von Start- und Zielbahnhof, Wochentag und Datum) die 76 € für die 2. Klasse und 117 € für die 1. Klasse kostet. Das Ticket ist zwischen zwei beliebigen Abfahrts-/Ankunftsbahnhöfen gültig; Grenzpunkte ausgenommen. Dieses Ticket gibt es auch für junge Leute (bis zum Alter von einschließlich 25 Jahren), der sogenannte Go Pass 10, für nur 50 € und auch für 10 Fahrten in der 2. Klasse, bzw. 6,50 € als nur online erhältlicher Go Pass 1 für eine einfache Fahrt. Für kurze Strecken (z. B. von Eupen nach Verviers, aber nicht gültig innerhalb der Zone Brüssel) gibt es die Key Card für 20 € für die 2. Klasse und 30 € für die 1. Klasse, ebenfalls für 10 Fahrten. Alle genannten Pässe sind ein Jahr lang ab Kaufdatum gültig.

Aktueller Betrieb

IC-Linie A im Bf Eupen
IR im Bahnhof Liège-Guillemins vor dessen Umbau

Die staatliche Belgische Eisenbahn betreibt eines der dichtesten Eisenbahnnetze weltweit.

Brüssel ist ein Zentrum des europäischen Hochgeschwindigkeitsverkehrs mit Eurostarverbindungen nach London, Thalys-Verbindungen nach Amsterdam, Köln und Paris sowie Intercity-Express-Verbindungen nach Frankfurt am Main. Weitere Knotenpunkte des Belgischen Eisenbahnverkehrs sind Antwerpen, Löwen, Gent-St.-Pieters, Brügge, Lüttich-Guillemins, Namur und Charleroi.

Planungen

In den letzten Jahren wird eine umfassende Modernisierung des Fahrzeugparks durchgeführt. Für Brüssel ist ein S-Bahnnetz entstanden; Eröffnung war am 13. Dezember 2015.

Zahlen

2001 beförderte die Gesellschaft 160 Millionen Reisende auf einem Streckennetz mit einer Gesamtlänge von 3.454 Kilometern. Vom Gesamtstreckennetz sind 2.701 km elektrifiziert. Die Netzdichte beträgt 112,6 m/km² und liegt damit weit über dem EU-Durchschnitt von 51,2 m/km². Die SNCB verfügt über 537 Bahnhöfe und Haltestellen – jährlich kommen neue hinzu.

Die SNCB war im Jahr 2004 mit 1,27 Milliarden Euro der größte belgische Investor, der Umsatz der SNCB beläuft sich auf etwa 2,21 Milliarden Euro (Stand: 2004).

Wichtige Bahnhöfe

Bahnhofspersonal in Oostende

Güterverkehr

Die Tochtergesellschaft SNCB Logistics erbringt unter den Markennamen IFB und Xpedys Güterverkehr. Sie ist zu 61 % im Besitz von Argos Soditic und zu 31 % im Besitz der SNCB.[11]

Siehe auch

Einzelnachweise

  • belg. Kursbuch
  1. „NMBS-structuur“
  2. „NMBS realiseert verdere groei“
  3. Karl Baedeker: Belgien. Handbuch für Reisende. 5. Auflage. Coblenz 1853, S. XV ff. [1].
  4. http://home.base.be/vt6368640/belgique.html Michel Marin: Histoire des Chemins de Fer en Belgique
  5. Brockhaus’ Konversationslexikon, 14. Auflage, 1894–1896, S. 688: Belgische Eisenbahnen.
  6. Ronald Krug: Aus dem Zugförderungsdienst: Die schnellsten Dampfzüge. Rekorde, Höchstgeschwindigkeiten und Reisegeschwindigkeiten im internationalen Vergleich. EK-Verlag, Freiburg im Breisgau 2014, ISBN 978-388255-770-1, S. 58
  7. Brochures IC-IR auf b-rail.be, abgerufen am 6. Juni 2014.
  8. Behind the scenes auf eurostar.com (englisch), abgerufen am 10. August 2014.
  9. a b Vergleich der Struktur der belgischen Bahn 2005-2013 mit der Struktur ab 2014 auf belgianrail.be, abgerufen am 10. August 2014.
  10. a b Unternehmen auf belgianrail.be, abgerufen am 10. August 2014.
  11. Our organisation

Weblinks

Commons: Nationales Eisenbahnunternehmen von Belgien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien