Alain Berset


Alain Berset ((IPA [alɛ̃ bɛʁsɛ]); * 9. April 1972 in Freiburg; heimatberechtigt in Misery-Courtion) ist ein Schweizer Politiker (SP).
Er wurde 2012 Bundesrat und übernahm das Amt des Vorstehers des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI). Im Amtsjahr 2018 war er erstmals Bundespräsident der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Im Jahr 2023 kündigte er während seines zweiten Jahres als Bundespräsident an, bei der Bundesratswahl 2023 nicht mehr anzutreten.
Leben, Ausbildung, Berufstätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Berset verbrachte seine Jugend in Belfaux im Kanton Freiburg, wo er auch heute noch lebt.[1]
Er stammt aus einer Familie von Laufsportlern. Seine Mutter Solange Berset wurde 1987 Vize-Schweizermeisterin im Marathonlauf, sein Vater erreichte 55 Minuten im Murtenlauf, ein Onkel (Jean-Pierre, 5000 m) und ein Cousin (Nicolas, 1500 m) waren Läufer auf internationalem Niveau.[2] Mit 17 Jahren wurde er Westschweizer Junioren-Meister im 800-Meter-Lauf.[3] Zusammen mit Verwandten erzielte er zahlreiche noch heute bestehende Club-Rekorde für seinen Verein, den CA Belfaux.[4] Seine Mutter Solange Berset ist politisch aktiv, seit 1996 ist die Buchhändlerin für die SP Mitglied im Grossen Rat, dem Kantonsparlament von Freiburg.[5][6]
Er besuchte die Mittelschule in Freiburg und studierte an der Universität Neuenburg, wo er sein Studium 1996 mit einem Lizentiat in Politikwissenschaft (Lic. ès sc. pol.) respektive 2005 mit einem Doktorat in Wirtschaftswissenschaften abschloss.
Von 1996 bis 2000 war er Assistent und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Neuenburg und danach bis 2001 Gastforscher am HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung in Hamburg. Ab 2006 war er als selbständiger Strategie- und Kommunikationsberater tätig.
2009 hat er eine Pilotenlizenz erworben und nutzt diese gelegentlich im Privaten.[7] Beim Flug in militärisches Sperrgebiet wurde er am 5. Juli 2022 als Pilot einer Cessna 182 durch zwei Rafale der Französischen Luftstreitkräfte abgefangen.[8]
Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern.[9]
Erpressungsversuch
Berset wurde 2019 Opfer eines Erpressungsversuchs einer ehemaligen Geliebten. Die Frau wurde 2020 wegen versuchter Erpressung zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Die Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte teilten nach einer Untersuchung[10] 2022 mit, dass weder Unregelmässigkeiten beim Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden noch ein missbräuchlicher Einsatz von Bundesmitteln durch Berset festgestellt worden sei.[11]
Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alain Berset entstammt einer SP-Familie. Bereits sein Grossvater und auch seine Mutter amtierten auf Kantonsebene für die Sozialdemokratische Partei. Sie gehörten beide dem Freiburger Kantonsparlament, dem Grossen Rat, an.[1] Von 2000 bis 2004 war Alain Berset Mitglied des Verfassungsrats des Kantons Freiburg, wo er die SP-Fraktion präsidierte. Von 2001 bis 2003 vertrat er die SP im Generalrat in Belfaux. Zudem war er politischer Berater des Neuenburger Volkswirtschaftsdirektors Bernard Soguel.[12]
Bei den Wahlen 2003 wurde Berset als Vertreter des Kantons Freiburg als jüngstes Mitglied der Kleinen Kammer in den Ständerat gewählt.[13] Er setzte sich im zweiten Wahlgang gegen den bisherigen Standesvertreter, Jean-Claude Cornu (FDP), durch. Im Dezember 2005 wurde er Vizepräsident der Sozialdemokratischen Fraktion der Bundesversammlung. Bei den Wahlen 2007 verfehlte er im ersten Wahlgang das absolute Mehr. Da seine Konkurrenten (darunter erneut Cornu) aber darauf verzichteten, im zweiten Wahlgang anzutreten, wurde Berset in stiller Wahl für vier weitere Jahre bestätigt.[14] Bei den eidgenössischen Wahlen 2011 wurde er im ersten Wahlgang als Ständerat wieder gewählt.[15]
In seiner Amtszeit als Ständerat war er Mitglied mehrerer Kommissionen des Ständerates, 2009 bis 2011 Präsident der Staatspolitischen Kommission und Mitglied der Finanzdelegation der Bundesversammlung. 2008/2009 war er Ständeratspräsident.[9]
Bei der Bundesratswahl im Dezember 2011 wurde er als einer der beiden offiziellen SP-Kandidaten als Nachfolger der zurücktretenden Bundesrätin Micheline Calmy-Rey im zweiten Wahlgang mit 126 Stimmen, bei einem absoluten Mehr von 123 Stimmen, als 115. Bundesrat der Schweiz gewählt.[16] Er trat sein Amt am 1. Januar 2012 als Vorsteher des Departements des Innern EDI an, während sein Vorgänger Didier Burkhalter im EDI Nachfolger Calmy-Reys im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) wurde.[17] Bei der Bundesratswahl im Dezember 2015 wurde er mit 210 Stimmen wiedergewählt. Am 6. Dezember 2017 wurde er mit 190 von 210 gültigen Stimmen zum Bundespräsidenten für das Amtsjahr 2018 gewählt. Bei der Bundesratswahl im Dezember 2019 wurde er mit 214 Stimmen wiedergewählt. Am 8. Dezember 2021 wählte ihn die Vereinigte Bundesversammlung für das Jahr 2022 zum Vizepräsidenten des Bundesrats.[18] Am 7. Dezember 2022 wurde Berset mit 140 von 181 gültigen Stimmen zum Bundespräsidenten für das Jahr 2023 gewählt.[19]
Am 21. Juni 2023 kündigte Berset an, am Ende seines Präsidialjahrs bei den Bundesratswahlen 2023 als Bundesrat nicht mehr zu kandidieren. Damit scheidet er per Ende 2023 aus dem Amt.[20]
Auslandsbesuche als Bundespräsident 2018[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Datum | Ort | Staat | Hauptgrund |
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8. und 9. Januar | Wien | ![]() |
Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz sowie Treffen mit IAEO-Generaldirektor Yukiya Amano, OSZE-Generalsekretär Thomas Greminger und Harlem Désir, OSZE-Beauftragter für Medienfreiheit. |
4. bis 7. Februar | Dhaka und Cox’s Bazar | ![]() |
Treffen mit Präsident Abdul Hamid und Premierministerin Hasina Wajed sowie Besuch des Lagers Kutupalong für Flüchtlinge aus dem benachbarten Myanmar, die der Volksgruppe der Rohingya angehören. |
8. bis 10. Februar | Seoul und Pyeongchang | ![]() |
Treffen mit Präsident Moon Jae-in und Besuch der Eröffnungsfeier und von Wettkämpfen der Olympischen Winterspiele 2018 |
5. März | Vaduz | ![]() |
Treffen mit Erbprinz Alois von Liechtenstein und Regierungschef Adrian Hasler |
12. bis 14. April | Tokio | ![]() |
Treffen mit Präsident Shinzō Abe sowie Gesundheitsminister Katsunobu Katō und Teilnahme an einem internationalen Gipfel zur Patientensicherheit |
11. Mai | Cannes | ![]() |
Besuch der Internationalen Filmfestspiele von Cannes |
13. und 14. Mai | Riga | ![]() |
Treffen mit Präsident Raimonds Vējonis und Teilnahme an den Feierlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum der Unabhängigkeit Lettlands |
16. und 17. Juni | Rostow am Don | ![]() |
Besuch des WM-Gruppenspiels zwischen der Schweiz und Brasilien |
25. Juni | Luxemburg | ![]() |
Treffen mit Premierminister Xavier Bettel und dem Präsidenten der Abgeordnetenkammer Mars Di Bartolomeo sowie Höflichkeitsbesuch bei Grossherzog Henri |
9. und 10. Juli | Nairobi und Kakuma | ![]() |
Treffen mit Präsident Uhuru Kenyatta und Besuch des Flüchtlingslagers Kakuma |
26. bis 28. August | Beirut | ![]() |
Treffen mit Präsident Michel Aoun, Ministerpräsident Saad Hariri und Parlamentspräsident Nabih Berri |
12. September | Paris | ![]() |
Treffen mit Präsident Emmanuel Macron |
24. bis 27. September | New York City und Philadelphia | ![]() |
Teilnahme an der UNO-Generalversammlung und Rede an der University of Pennsylvania |
11. und 12. Oktober | Jerewan | ![]() |
Teilnahme am Frankophonie-Gipfel |
18. und 19. Oktober | Brüssel | ![]() |
Teilnahme am ASEM-Gipfel |
1. November | Bukarest | ![]() |
Treffen mit Präsident Klaus Johannis |
11. November | Paris | ![]() |
Teilnahme an den Gedenkfeierlichkeiten zum Ende des Ersten Weltkriegs |
12. November | Rom und Palermo |
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Audienz bei Papst Franziskus und Treffen mit Kardinalsekretär Pietro Parolin sowie Teilnahme an einer internationalen Konferenz zu Libyen |
2. und 3. Dezember | Katowice | ![]() |
Teilnahme an der UNO-Klimakonferenz |
Auslandsbesuche als Bundespräsident 2023[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Datum | Ort | Staat | Hauptgrund |
---|---|---|---|
12. und 13. Januar[21] | Wien | ![]() |
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6. bis 8. Februar[22] | Gaborone | ![]() |
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8. und 9. Februar[23] | Maputo und Mueda | ![]() |
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6. und 7. März[24] | New York City | ![]() |
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28. März[25] | New York City | ![]() |
Teilnahme an einer Debatte im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zur Terrorismusbekämpfung |
29. März[26] | Schaan | ![]() |
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13. bis 16. April[27][28] | Kinshasa, Bukavu und Goma | ![]() |
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18. April[29] | Berlin | ![]() |
Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz |
5. und 6. Mai[30] | London | ![]() |
Teilnahme an der Krönung von König Charles III. und Königin Camilla |
(Stand: 6. Mai 2023; Übernommen aus der Liste der Auslandsreisen der Schweizer Bundespräsidenten)
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Jean-Pierre Dorand: Alain Berset. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Alain Berset im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar).
- Felix E. Müller: Wie ich die Krise erlebe: Bundesrat Alain Berset im Gespräch mit Felix E. Müller. NZZ Libro, Zürich 2020, ISBN 978-3-907291-35-1.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Bundesrat Alain Berset auf der Website des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI)
- Alain Berset auf der Website der Bundesversammlung
- «Ich brauche wirklich Erholung!» In: SRF.ch, 10. November 2023 (mit Video der Sendung Gredig direkt, 36 Min.).
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ a b Christophe Büchi: Der rosarote Mittelstreckenläufer. Der Freiburger Alain Berset wird neuer Ständeratspräsident. In: Neue Zürcher Zeitung. 1. Dezember 2008, abgerufen am 14. Dezember 2011.
- ↑ Bertrand Monnard: Alain Berset: «Une très belle école de vie». In: Le Matin. 12. August 2017, abgerufen am 29. August 2018.
- ↑ Denise Lachat: Zwei Männer sind favorisiert. In: St. Galler Tagblatt. 8. September 2011, abgerufen am 29. August 2018.
- ↑ Les records du club. Club athlétique de Belfaux, 2023, abgerufen am 5. März 2023.
- ↑ Berset höchste Freiburgerin. In: Berner Zeitung, 13. November 2009.
- ↑ Solange Berset auf der Website des Grossen Rat Freiburg. Abgerufen am 12. November 2021.
- ↑ Stellungnahme. Abgerufen am 12. Juli 2022.
- ↑ 5 points qui expliquent comment Berset a été empêché de s'envoyer en l'air
- ↑ a b Bundesrat Alain Berset. Eidgenössisches Departement des Innern (EDI), abgerufen am 12. Dezember 2020.
- ↑ Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalrates und des Ständerates: Abklärungen zur versuchten Erpressung von Bundesrat Alain Berset. 14. Juni 2022, abgerufen am 20. Juli 2022.
- ↑ Versuchte Erpressung: Berset hat Bundesmittel nicht missbraucht. In: SRF.ch, 14. Juni 2022.
- ↑ Polittalent vs. pragmatischer Romand. In: Tages-Anzeiger. 25. November 2011, abgerufen am 14. Dezember 2011.
- ↑ Alain Berset: Vielleicht diesmal ganz vorne (Memento vom 3. Juni 2012 im Internet Archive). In: SR DRS. Abgerufen am 14. Dezember 2011.
- ↑ Kanton Freiburg. Ständerat. 2 Sitze (2007). Bundesamt für Statistik, abgerufen am 14. Dezember 2011.
- ↑ Kanton Freiburg. Ständerat. 2 Sitze (2011). Bundesamt für Statistik, abgerufen am 14. Dezember 2011.
- ↑ Gesamterneuerungswahl des Bundesrates vom 14. Dezember 2011 (Memento vom 3. Dezember 2011 im Internet Archive). Bundesversammlung, abgerufen am 14. Dezember 2011.
- ↑ Burkhalter wird Aussenminister, Berset rückt nach. In: Bilanz. 16. Dezember 2011, abgerufen am 12. Dezember 2020.
- ↑ Ignazio Cassis folgt auf Guy Parmelin: Der Bundespräsident der Schweiz für 2022 ist gewählt – sein Vize wird Alain Berset. In: Neue Zürcher Zeitung. 8. Dezember 2021, abgerufen am 3. Januar 2022.
- ↑ 140 Stimmen für Berset: Schlechtestes Resultat seit elf Jahren. Schweizer Radio und Fernsehen, 7. Dezember 2022, abgerufen am 21. Juni 2023.
- ↑ Pascal Studer: Berset tritt zurück: «Die Pandemie war brutal». In: SRF. 21. Juni 2023, abgerufen am 21. Juni 2023.
- ↑ Bundespräsident Berset reist für Erstbesuch und Treffen mit OSZE-Vertretern nach Wien. In: www.admin.ch. Eidgenössisches Department für auswärtige Angelegenheiten, 9. Januar 2023, abgerufen am 9. Januar 2023.
- ↑ Präsidialbesuche in Botsuana und Mosambik. In: www.admin.ch. Eidgenössisches Department für auswärtige Angelegenheiten, 2. Februar 2023, abgerufen am 2. Februar 2023.
- ↑ Präsidialbesuche in Botsuana und Mosambik. In: www.admin.ch. Eidgenössisches Department für auswärtige Angelegenheiten, 2. Februar 2023, abgerufen am 2. Februar 2023.
- ↑ UNO-Frauenrechtskommission: Schweiz betont die Bedeutung der Digitalisierung für die Gleichstellung. In: www.admin.ch. Eidgenössisches Departement des Innern, 6. März 2023, abgerufen am 7. März 2023.
- ↑ UNO-Sicherheitsrat: Bundespräsident Berset über Terrorismusbekämpfung und den Schutz der Zivilbevölkerung. In: www.admin.ch. Eidgenössisches Departement des Innern, 28. März 2023, abgerufen am 28. März 2023.
- ↑ Berset in Liechtenstein: «Zwei Staaten können sich nicht näher stehen». In: www.watson.ch. Watson, 29. März 2023, abgerufen am 2. April 2023.
- ↑ Präsidialbesuch in der Demokratischen Republik Kongo. In: www.admin.ch. Eidgenössisches Departement des Innern, 12. April 2023, abgerufen am 23. April 2023.
- ↑ Abschluss des Präsidialbesuchs in der Demokratischen Republik Kongo. In: www.admin.ch. Eidgenössisches Departement des Innern, 16. April 2023, abgerufen am 23. April 2023.
- ↑ Bundespräsident Berset trifft am Dienstag deutschen Bundespräsidenten Steinmeier und Bundeskanzler Scholz in Berlin. In: www.admin.ch. Eidgenössisches Departement des Innern, 17. April 2023, abgerufen am 23. April 2023.
- ↑ Bundespräsident Berset vertritt die Schweiz an den Krönungsfeierlichkeiten in London. In: www.admin.ch. Eidgenössisches Departement des Innern, 2. Mai 2023, abgerufen am 5. Mai 2023.
Vorgängerin | Amt | Nachfolger |
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Micheline Calmy-Rey | Mitglied im Schweizer Bundesrat seit 2012 | — |
Personendaten | |
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NAME | Berset, Alain |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Politiker (SP) |
GEBURTSDATUM | 9. April 1972 |
GEBURTSORT | Freiburg |