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Der [[Replikation]]szyklus eines Virus beginnt im Allgemeinen, wenn sich ein Virion an eine Wirtszelle anheftet (Adsorption) und sein [[Genom|Erbmaterial]], die Nukleinsäure, ins Zellinnere bringt (Injektion oder Penetration). Wenn das Virion vollständig von der Zelle aufgenommen wird, muss es vor der Replikation erst von seinen Hüllen befreit werden (uncoating). Das Erbmaterial des Virus, seine Nukleinsäure, wird anschließend in der Wirtszelle vervielfältigt und die Hüllproteine sowie gegebenenfalls weitere Bestandteile der Virionen werden anhand der Gene des Virusgenoms ebenfalls von der Wirtszelle [[Proteinsynthese|synthetisiert]] ([[Proteinsynthese]]/Genexpression). |
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So können in der Zelle neue Viren gebildet werden, die als Virionen freigesetzt werden, indem entweder die [[Zellmembran]] aufgelöst wird ([[Lyse (Biologie)|Zell-Lyse]], lytische Virusvermehrung), oder indem sie ausgeschleust ([[Sezernierung|sezerniert]]) werden (Virusknospung, budding), wobei Teile der Zellmembran als Bestandteil der [[Virushülle]] mitgenommen werden. |
So können in der Zelle neue Viren gebildet werden, die als Virionen freigesetzt werden, indem entweder die [[Zellmembran]] aufgelöst wird ([[Lyse (Biologie)|Zell-Lyse]], lytische Virusvermehrung), oder indem sie ausgeschleust ([[Sezernierung|sezerniert]]) werden (Virusknospung, budding), wobei Teile der Zellmembran als Bestandteil der [[Virushülle]] mitgenommen werden. |
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Version vom 7. Dezember 2010, 16:47 Uhr
Viren (Singular: das Virus, außerhalb der Fachsprache auch der Virus; Plural: Viren; von lat. virus, -i, n. „Gift, Saft, Schleim“) sind infektiöse Partikel, die sich außerhalb von Zellen (extrazellulär) durch Übertragung verbreiten, aber nur innerhalb einer geeigneten Wirtszelle (intrazellulär) vermehren können. Sie selbst bestehen nicht aus einer Zelle. Alle Viren enthalten das Programm (einige auch weitere Hilfskomponenten) zu ihrer Vermehrung und Ausbreitung, besitzen aber keinen eigenen Stoffwechsel und sind deshalb auf den Stoffwechsel der Wirtszelle angewiesen. Daher ist man sich weitestgehend darüber einig, dass Viren keine Lebewesen sind - wobei die wissenschaftliche Diskussion noch nicht als abgeschlossen anzusehen ist [1], da beispielsweise bei der Genomgröße des Cafeteria-roenbergensis-Virus die Abgrenzung zu verwischen beginnt.[2]
Viren befallen Zellen von Eukaryoten (Pflanzen, Pilze, alle Tiere einschließlich des Menschen) und Prokaryoten (Bakterien und Archaeen). Viren, die Prokaryoten als Wirte nutzen, werden Bakteriophagen genannt.
Die Wissenschaft, die sich mit den Viren beschäftigt, ist die Virologie.
Erforschungsgeschichte
Erst seit etwas mehr als 100 Jahren sind Viren als eigene biologische Einheit bekannt. Die Beschreibungen von Viruskrankheiten sind aber sehr viel älter, ebenso die ersten Behandlungsmethoden. Aus Mesopotamien sind Gesetzestexte aus der Zeit von 1000 v. Chr. überliefert, die beschreiben, was der Besitzer eines tollwütigen Hundes tun muss. Aus ägyptischen Hieroglyphen sind Darstellungen bekannt, die vermutlich die Folgen einer Polio-Infektion zeigen.
Die Bezeichnung „Virus“ wurde zum ersten Mal von Cornelius Aulus Celsus im ersten Jahrhundert v. Chr. verwendet. Er bezeichnete den Speichel, durch den Tollwut übertragen wurde, als „giftig“. Im Jahr 1882 führte der Deutsche Adolf Mayer bei Experimenten mit der Tabakmosaikkrankheit erstmals unwissentlich eine virale Erregerübertragung (Transmission) durch, indem er den Pflanzensaft infizierter Pflanzen auf gesunde Pflanzen übertrug und bei diesen so ebenfalls die Krankheit auslöste. Dimitri Iwanowski wies unabhängig von Mayer im Jahr 1892 in einem Experiment nach, dass die Mosaikkrankheit bei Tabakpflanzen durch einen Stoff ausgelöst werden kann, der durch Filtration mittels bakteriendichter Filter (Chamberland-Filter) nicht entfernt werden konnte und dessen Partikel deshalb deutlich kleiner als Bakterien sein mussten. Der erste Nachweis eines tierischen Virus gelang 1898 Friedrich Loeffler und Paul Frosch, die das Maul-und-Klauenseuche-Virus entdeckten.
Siehe hierzu auch die Virologische Diagnostik.
Eigenschaften
Viren kommen in zwei Erscheinungsformen vor:
- Erstens als Nukleinsäure (DNA oder RNA) in den Zellen des Wirts. Die Nukleinsäure enthält die Informationen zu ihrer Replikation und zur Reproduktion der zweiten Virusform (genannt Virion). Die Wirtszelle repliziert die Nukleinsäure.
- Zweitens als Virionen, die zur Verbreitung des Virus aus den Wirtszellen ausgeschleust werden.
Viren haben keinen eigenen Stoffwechsel, denn sie besitzen kein Zytoplasma, das ein Medium für Stoffwechselvorgänge darstellen könnte, und ihnen fehlen sowohl Ribosomen wie auch Mitochondrien. Daher können sie allein keine Proteine herstellen, keine Energie umwandeln und sich auch nicht selbst replizieren. Im Wesentlichen ist ein Virus also eine Nukleinsäure, auf der die Informationen zur Steuerung des Stoffwechsels einer Wirtszelle enthalten sind, insbesondere zur Replikation der Virus-Nukleinsäure und zur weiteren Ausstattung der Viruspartikel (Virionen). Die Replikation des Virus kann daher nur innerhalb der Wirtszelle erfolgen.
Virionen
Ein Viruspartikel außerhalb von Zellen bezeichnet man als Virion (Plural Viria, Virionen). Virionen sind etwa 15 bis 400 nm große Partikel, die aus Nukleinsäuren, und zwar entweder Desoxyribonukleinsäuren (DNA) oder Ribonukleinsäuren (RNA), und aus einer Protein-Hülle (Kapsid) bestehen. Einige Virionen sind zusätzlich von einer Membran umgeben, die als Virushülle bezeichnet wird, oder besitzen andere zusätzliche Bestandteile.
Solche Viren, die vorübergehend bis zum Beginn der Replikationsphase zusätzlich zum Kapsid eine Virushülle aufweisen, werden behüllt genannt, Viren ohne derartige Hülle bezeichnet man als unbehüllt. Virionen sind deutlich kleiner als Bakterien, jedoch etwas größer als Viroide, welche weder ein Kapsid noch eine Virushülle besitzen.
Das Proteinkapsid kann unterschiedliche Formen haben, zum Beispiel ikosaederförmig, isometrisch, helikal oder geschossförmig.
Serologisch unterscheidbare Variationen eines Virus nennt man Serotypen.
Virionen sind zur Verbreitung der Viren geeignet. Sie dringen ganz oder teilweise (mindestens ihre Nukleinsäure) in die Wirtszellen ein (infizieren sie) und die Virus-Nukleinsäure programmiert danach deren Stoffwechsel zur Vermehrung der Virus-Nukleinsäure und zur Produktion der anderen Virionen-Bestandteile um.
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Adenovirus, Modell vom Kapsid eines Virions
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Schema eines ikosaedrischen Viruskapsids
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Symmetrie eines konischen Viruskapsids
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Bunyaviridae, Schema der Struktur
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Schematischer Querschnitt durch einen Lambda-Phagen (Virusfamilie Siphoviridae)
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Schema der Struktur von Arenaviridae
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Virion eines Influenzavirus
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HIV-Virion
Betrachtung der systematischen Stellung
Viren sind im Wesentlichen bloße stoffliche Programme zu ihrer eigenen Reproduktion in Form einer Nukleinsäure. Ob demnach Viren als Lebewesen bezeichnet werden können, ist abhängig von der Entscheidung für eine der unterschiedlichen Definitionen von Leben. Eine einzige, unwidersprochene und damit allgemein anerkannte Definition hierfür gibt es bislang nicht. Daher findet sich auch unter Wissenschaftlern keine Einigkeit in der Beantwortung dieser Frage.
Hinsichtlich der Einordnung von Viren zu den Parasiten bestehen ebenfalls verschiedene Ansichten. Ein Teil der Wissenschaftler betrachtet sie als solche, da sie einen Wirtsorganismus infizieren und seinen Stoffwechsel für ihre eigene Vermehrung benutzen. Diese Forscher definieren also Viren als obligat intrazelluläre Parasiten (Lebensformen, die zwangsläufig Parasiten innerhalb einer Zelle sind), die mindestens aus einem Genom bestehen und zur Replikation eine Wirtszelle benötigen. Das bedeutet, dass Viren zwar spezifische genetische Informationen besitzen, aber nicht den für ihre Replikation notwendigen Synthese-Apparat.
Ursprung
Der Ursprung der Viren ist nicht bekannt. Es gibt dazu nur Vermutungen, aber keine definitiven Beweise. Die meisten Forscher nehmen heute an, dass es sich bei Viren nicht um Vorläufer des zellulären Lebens handelt, sondern eher um Gene von Lebewesen, die sich im Laufe der Zeit aus dem Lebewesen lösten. Grundsätzlich wurden und werden noch immer mehrere Möglichkeiten diskutiert, wobei es dabei im Prinzip zwei verschiedene Ansätze gibt:
- Viren sind sehr ursprünglich, entstanden noch vor der ersten Zelle schon in jener chemischen „Ursuppe“, die auch die primitivsten Lebensformen hervorgebracht hat, und sind mit RNA-Genomen Überbleibsel der prä-DNA-Welt. Dieser Ansatz wurde beispielsweise von F. d’Hérelle (1924) und S. Luria (1960)[3] vertreten.
- Viren sind eine Art Schwundstufe von schon bei ihrer Entstehung existierenden vollständigen Organismen.
Nach diesen beiden unterschiedlichen Ansätzen sind in der Wissenschaft drei Theorien formuliert worden.
- Abstammung von selbstreplizierenden Molekülen (Coevolution). Diese Theorie nimmt an, dass Entstehung und Evolution der Viren von den einfachsten Molekülen ausgingen, die überhaupt zur Selbstverdoppelung in der Lage waren. Anschließend hätten sich dann manche derartigen Moleküle schließlich zu Organisationseinheiten zusammengefunden, die man als Zellen ansehen kann. Parallel dazu gelang es anderen Molekülen, sich in Viruspartikeln zu verpacken, die sich parallel zu den Zellen weiterentwickelten und zu ihren Parasiten wurden.
- Virusentstehung durch Degeneration (Parasit). Diese Theorie basiert auf dem schon oben dargestellten zweiten Möglichkeitsansatz, wonach die ersten Viren ursprünglich aus freilebenden Organismen wie beispielsweise Bakterien hervorgegangen sind, die langsam und kontinuierlich immer mehr von ihrer genetischen Information verloren haben, bis sie schließlich zu Zellparasiten wurden, die darauf angewiesen sind, dass eine Wirtszelle ihnen die verloren gegangenen Funktionen zur Verfügung stellt.
- Virusentstehung aus wirtszelleigenen RNA- oder DNA-Molekülen. Diese dritte und für die Forschung als am wahrscheinlichsten erscheinende Theorie besagt, dass Viren unmittelbar aus RNA- oder DNA-Molekülen der Wirtszelle entstanden sind. Diese selbständig gewordenen Nukleinsäuren haben zwar als das genetische Material der Viren die Fähigkeit erworben, sich unabhängig vom Genom der Wirtszelle oder ihrer RNA zu vermehren, sind aber letztlich doch Parasiten geblieben (S. Luria, 1960).[4]
Vermehrung und Verbreitung
Ein Virus selbst ist zu keinen Stoffwechselvorgängen fähig, daher braucht es Wirtszellen zur Fortpflanzung. Der Replikationszyklus eines Virus beginnt im Allgemeinen, wenn sich ein Virion an eine Wirtszelle anheftet (Adsorption) und sein Erbmaterial, die Nukleinsäure, ins Zellinnere bringt (Injektion oder Penetration). Wenn das Virion vollständig von der Zelle aufgenommen wird, muss es vor der Replikation erst von seinen Hüllen befreit werden (uncoating). Das Erbmaterial des Virus, seine Nukleinsäure, wird anschließend in der Wirtszelle vervielfältigt und die Hüllproteine sowie gegebenenfalls weitere Bestandteile der Virionen werden anhand der Gene des Virusgenoms ebenfalls von der Wirtszelle synthetisiert (Proteinsynthese/Genexpression). So können in der Zelle neue Viren gebildet werden, die als Virionen freigesetzt werden, indem entweder die Zellmembran aufgelöst wird (Zell-Lyse, lytische Virusvermehrung), oder indem sie ausgeschleust (sezerniert) werden (Virusknospung, budding), wobei Teile der Zellmembran als Bestandteil der Virushülle mitgenommen werden.
Eine weitere Möglichkeit ist der Einbau des Virus-Genoms in das des Wirtes. Dies ist der Fall bei temperenten Viren, wie zum Beispiel dem Bakteriophagen Lambda.
Die Auswirkung der Virusvermehrung auf die Wirtszelle nennt man Zytopathischer Effekt (CPE). Es gibt verschiedene Arten des zytopathischen Effekts: Zelllyse, Pyknose (Polioviren), Zellfusion (Masernvirus, HSV, Parainfluenzavirus), intranucleäre Einschlüsse (Adenoviren, Masernvirus), intraplasmatische Einschlüsse (Tollwutvirus, Pockenvirus).
Die Verbreitungswege von Viren sind vielfältig. Eine abstrakte Sicht auf die epidemiologische Kinetik von Viren und anderen Krankheitserregern wird in der Theoretischen Biologie erarbeitet.
Evolution
Aufgrund von phylogenetischen Untersuchungen ist bekannt, dass Viren schon die frühen Vorfahren der Säugetiere infizieren konnten und sich im Verlauf der Evolution mit diesen gemeinsam weiterentwickelt haben. Andere Virusarten infizieren erst seit jüngerer Zeit menschliche Populationen. Für eine Evolution eines Virus (bzw. irgendeines Gens) ist seine Variabilität und Selektion von Bedeutung. Die Variabilität ist (wie bei allen Organismen) durch Kopierfehler bei der Replikation des Erbgutes gegeben, während die Selektion oft durch die (Immun)-Antwort des Wirtes durchgeführt wird.
Variabilität
Höher organisierte Lebewesen haben per Rekombination bei der geschlechtlichen Fortpflanzung eine sehr effektive Möglichkeit der genetischen Variabilität besonders in Richtung einer Umweltanpassung und damit Weiterentwicklung ihrer jeweiligen Art entwickelt. Virionen beziehungsweise Viren zeigen als überdauerungsfähige Strukturen, die für ihre Vermehrung und damit auch Ausbreitung auf lebende Wirte angewiesen sind, ohne geschlechtliche Fortpflanzung allein mit ihrer Mutationsfähigkeit eine mindestens ebenbürtige Möglichkeit für eine genetische Variabilität.
Dabei ist es dann letztlich unerheblich, dass diese Mutationen im Genom der Viren im Grunde zuerst auf Kopierfehlern während der Replikation innerhalb der Wirtszellen beruhen. Was zählt, ist allein der daraus für die Arterhaltung resultierende positive Effekt der extremen Steigerung der Anpassungsfähigkeit. Während Fehler dieser Art zum Beispiel bei einer hochentwickelten Säugetierzelle zum Zelltod führen können, beinhalten sie für Viren sogar einen großen Selektionsvorteil (siehe dazu Evolution).
Kopierfehler bei der Replikation drücken sich in Punktmutationen, also im Einbau von falschen Basen an zufälligen Genorten aus. Da Viren im Gegensatz zu den höherentwickelten Zellen nur über wenige oder keine Reparaturmechanismen verfügen, werden diese Fehler nicht korrigiert.
Sonderformen der genetischen Veränderung bei Viren werden beispielsweise bei den Influenza-Viren mit den Begriffen Antigendrift und Antigenshift (genetische Reassortierung) dort genau beschrieben.
Einteilung
Nach ihrem Wirtsspektrum werden Viren in vier Gruppen eingeteilt:
- Viren, die Bakterien befallen (Bakteriophagen)
- Viren, die Algen, Pilze und Protozoen befallen
- Viren und (Viroide), die Pflanzen befallen
- Viren, die Tiere (Invertebraten und Vertebraten, oder nur eine Gruppe von beiden) befallen
Die meisten Viren infizieren nur in ihrer Gruppe, doch Virusarten der Familie Rhabdoviridae und Bunyaviridae können sowohl Pflanzen als auch Tiere infizieren. Einige Viren vermehren sich nur in Vertebraten, werden jedoch auch ohne eigene Vermehrung passiv von Invertebraten übertragen (Vektor - mechanische Übertragung). Hierbei spielen die Insekten eine herausragende Rolle.[5]
Schreibweise der Virusartnamen
Der offizielle internationale, wissenschaftliche Name eines Virus ist die englischsprachige Bezeichnung, nach der sich stets auch die international gebräuchliche Abkürzung richtet, wie bei Lagos bat virus (LBV). Diese Abkürzung wird unverändert auch im Deutschen verwendet. Folgerichtig lautet die Abkürzung für die deutsche Virusbezeichnung Lagos-Fledermaus-Virus ebenfalls LBV.
In den englischen Virusnamen wie zum Beispiel bei West Nile virus werden normalerweise keine Bindestriche benutzt und das Wort Virus im Unterschied zum Deutschen kleingeschrieben. Der Bindestrich taucht im Englischen nur bei Adjektiven auf, also bei Tick-borne encephalitis virus oder Avian encephalomyelitis-like virus.
In der deutschen Sprache werden die Namen der einzelnen Virusarten jedoch immer mit Bindestrich geschrieben, also West-Nil-Virus, Hepatitis-C-Virus, Humanes Herpes-Virus, Lagos-Fledermaus-Virus, Europäisches Fledermaus-Lyssa-Virus und so weiter. Zusätzliche Nummern bei einzelnen Subtypen werden jedoch im Englischen wie auch im Deutschen nicht mit einem Bindestrich angebunden (außer bei den Abkürzungen), wie u. a. bei Europäisches Fledermaus-Lyssa-Virus 1 (EBLV-1), Herpes-simplex-Virus 1 (HSV-1) und Humanes Herpes-Virus 1 (HHV-1).[6][7][8][9]
Humanpathogene Viren und ausgelöste Erkrankungen
Beim Menschen können eine Vielzahl von Krankheiten durch Viren verursacht werden. Allein diese humanpathogenen Viren sind hier hinsichtlich Genom und Behüllung klassifiziert und in ihrer Taxonomie nach ICTV aufgelistet.
Behüllte Viren
Doppelsträngige DNA-Viren = dsDNA
- Familie Poxviridae
- Unterfamilie Chordopoxvirinae
- Gattung Orthopoxvirus
- Orthopoxvirus variola = Variolavirus – Pocken, Echte Pocken
- Orthopoxvirus variola var. alastrim = Kaffernpockenvirus – Pocken, Weiße Pocken
- Gattung Parapoxvirus
- Parapoxvirus ovis = Orf-Virus – Orf
- Gattung Molluscipoxvirus
- Molluscum-Contagiosum-Virus – Dellwarze (Molluscum contagiosum)
- Gattung Orthopoxvirus
- Unterfamilie Chordopoxvirinae
- Familie Herpesviridae
- Unterfamilie Alphaherpesvirinae
- Gattung Simplexvirus
- Herpes-simplex-Virus 1 (HSV-1) = Humanes-Herpes-Virus 1 (HHV-1) – Herpes simplex, Herpes labialis, Stomatitis aphtosa
- Herpes-simplex-Virus 2 (HSV-2) = Humanes-Herpes-Virus 2 (HHV-2) – Herpes simplex, Herpes genitalis
- Herpes-B-Virus = (Herpesvirus simiae)
- Gattung Varicellovirus
- Varizella-Zoster-Virus (VZV) = Humanes-Herpes-Virus 3 (HHV-3) – Windpocken = Varizellen (Herpes zoster), Gürtelrose
- suid Herpesvirus Typ 1 (SHV-1) = Pseudowut-Virus, Aujeszky-Virus u. a. – Aujeszkysche Krankheit = Pseudowut, Juckseuche, Tollkrätze, u. a. (bei Tieren, auf den Menschen übertragbar)
- Gattung Simplexvirus
- Unterfamilie Betaherpesvirinae
- Gattung Cytomegalovirus
- Zytomegalievirus (ZMV, CMV) = Humanes-Cytomegalie-Virus (HZMV, HCMV) = Humanes-Herpes-Virus 5 (HHV-5) – Zytomegalie
- Gattung Reseolovirus
- Humanes Herpesvirus 6 (HHV-6) – Drei-Tage-Fieber
- Humanes Herpesvirus 7 (HHV-7) – Drei-Tage-Fieber
- Gattung Cytomegalovirus
- Unterfamilie Gammaherpesvirinae
- Gattung Lymphocryptovirus
- Epstein-Barr-Virus (EBV) = Humanes-Herpes-Virus 4 (HHV-4) – Pfeiffer-Drüsenfieber, Burkitt-Lymphom
- Gattung Rhadinovirus
- Humanes-Herpes-Virus 8 (HHV-8) – Kaposi-Sarkom
- Gattung Lymphocryptovirus
- Unterfamilie Alphaherpesvirinae
- Familie Hepadnaviridae
- Gattung Orthohepadnavirus
- Hepatitis-B-Virus (HBV) – Hepatitis B
- Gattung Orthohepadnavirus
Einzel(+)-Strang-RNA-Viren = ss(+)RNA
- Familie Togaviridae
- Gattung Alphaviren – Erreger von Arbovirosen
- Chikungunya-Virus (CHIKV) – Chikungunya-Fieber
- Everglades-Virus – Everglades-Fieber
- O'nyong-nyong-Virus (ONNV) – O'nyong-nyong-Fieber
- Mayaro-Fieber-Virus- Mayaro-Fieber
- Semliki-Forest-Virus – Semliki-Forest-Fieber
- Mucambo-Virus – Mucambo-Fieber
- Ross-River-Virus – Ross-River-Fieber
- Sindbis-Virus – Sindbis-Fieber (Gelenkentzündung [„epidemische Polyarthritis“], zum Teil mit Hautausschlägen und selten mit Enzephalitis)
- Gattung Rubiviren
- Gattung Alphaviren – Erreger von Arbovirosen
- Familie Flaviviridae
- Gattung Hepacivirus
- Hepatitis-C-Virus (HCV) – Hepatitis C
- GB-Virus-C (ohne Krankheitswert)
- Gattung Flavivirus
- West-Nil-Virus – West-Nil-Fieber
- Dengue-Virus – Dengue-Fieber
- Gelbfieber-Virus – Gelbfieber
- Louping-ill-Virus – Louping-ill-Enzephalitis
- St.-Louis-Enzephalitis-Virus – St.-Louis-Enzephalitis
- Japan-B-Enzephalitis-Virus – Japanische Enzephalitis
- Kyasanur-Forest-Disease-Virus (KFDV) - Kyasanur-Wald-Fieber
- Powassan-Virus – Powassan-Enzephalitis
- RSSE-Virus – RSSE (auch RFSE) = Russian-Spring-Summer-Enzephalitis (Russische Frühsommerenzephalitis)
- FSME-Virus – FSME = Frühsommer-Meningoenzephalitis
- Gattung Hepacivirus
- Familie Coronaviridae
- Gattung Coronavirus
- SARS-assoziiertes-Corona-Virus (SARS-CoV) – SARS = atypische Lungenentzündung = (Pneumonie).
- Humanes-Corona-Virus 229E (HCoV 229E) – Erkältung
- Humanes-Corona-Virus OC43 (HCoV OC43) – Erkältung
- Gattung Torovirus
- diverse Arten – Gastroenteritis
- Gattung Coronavirus
- Familie Retroviridae = Einzel(+)-Strang-RNA-Viren mit dsDNA-Zwischenstufe:
- Unterfamilie Orthoretrovirinae
- Gattung Deltaretrovirus
- Humanes T-lymphotropes Virus 1 (HTLV-1) – Adulte T-Zell-Leukämie, Tropische Spastische Paraparese
- Humanes T-lymphotropes Virus 2 (HTLV-2) – Leukämie (?)
- Humanes T-lymphotropes Virus 3 (HTLV-3) – unbekannt
- Humanes T-lymphotropes Virus 4 (HTLV-4) – unbekannt
- Gattung Lentivirus
- Humanes-Immundefizienz-Virus Typ 1 (HIV-1) – AIDS
- Humanes-Immundefizienz-Virus Typ 2 (HIV-2) – AIDS
- Gattung Deltaretrovirus
- Unterfamilie Orthoretrovirinae
Einzel(−)-Strang-RNA-Viren = ss(−)RNA
- Familie Arenaviridae
- Gattung Arenavirus
- Chapare-Virus – Hämorrhagisches Fieber
- Lassa-Virus – Lassa-Fieber
- lymphozytäre-Chorio-Meningitis-Virus (LCMV) – Lymphozytäre Choriomeningitis
- Lujo-Virus - Hämorrhagisches Fieber
- Tacaribe-Virus - Hämorrhagisches Fieber
- Junin-Virus – Junin-Fieber (argentinisches hämorrhagisches Fieber)
- Machupo-Virus – Machupo-Fieber (bolivianisches hämorrhagisches Fieber)
- Gattung Arenavirus
- Familie Bornaviridae
- Gattung Bornavirus
- Virus der Borna’schen Krankheit – beim Pferd, vielleicht auch auf den Menschen übertragbar – Affektive Störungen
- Gattung Bornavirus
- Familie Bunyaviridae – Erreger von Arbovirosen
- Gattung Orthobunyavirus
- Bunyamwera-Virus (Serogruppe)
- California-Encephalitis-Virus (Serogruppe) – Encephalitis
- Gattung Phlebovirus
- Rift-Valley-Fieber-Virus – 3 Subtypen, Rift-Tal-Fieber
- Sandmückenfieber-Virus (SFNV) – Sandfly fever = Sandmückenfieber
- Subtyp Karimabad-Virus (KARV)
- Subtyp Sandmückenfieber-Virus Sabin (SFNV-Sabin)
- Subtyp Teheran-Virus (THEV)
- Subtyp Toscana-Virus (TOSV) – Pappataci-Fieber
- Serotypen: Toskana (T), Sizilien (S) und Neapel (N)
- Gattung Nairovirus
- Krim-Kongo-Fieber-Virus (Serogruppe):
- Subtyp Krim-Kongo-hämorrhagisches-Fieber-Virus (CCHFV) – Krim-Kongo-Fieber
- Subtyp Hazara-Virus (HAZV) - Krim-Kongo-Fieber
- Subtyp Khasan-Virus (KHAV) - Krim-Kongo-Fieber
- Krim-Kongo-Fieber-Virus (Serogruppe):
- Gattung Hantavirus
- Hantaan-Virus (4 Subtypen) hämorrhagisches Fieber, Nephritis
- Seoul-Virus (Serogruppe) hämorrhagisches Fieber
- Prospect-Hill-Virus (2 Subtypen) hämorrhagisches Fieber
- Puumala-Virus (Serogruppe)- hämorrhagisches Fieber, Pneumonie, Nephritis
- Dobrava-Belgrad-Virus – hämorrhagisches Fieber
- Tula-Virus – hämorrhagisches Fieber
- Sin-Nombre-Virus (Serogruppe) – hämorrhagisches Fieber mit schwerem Lungenödem
- Gattung Orthobunyavirus
- Familie Filoviridae
- Gattung Marburg-Virus
- Lake-Victoria-Marburgvirus (Serogruppe) – Marburg-Fieber (hämorrhagisches Fieber)
- Gattung Ebolavirus
- Gattung Marburg-Virus
- Familie Orthomyxoviridae
- Gattung Influenzavirus A – Influenza (Grippe)
- Influenzavirus A-Variante H1N1 – Influenza (Grippe)
- Influenzavirus A-Variante H3N2 – Influenza (Grippe)
- (aviäres) Influenzavirus-A-Variante H5N1, hoch pathogenes aviäres Influenzavirus (HPAIV) – Vogelgrippe, bei Tieren, auch auf den Menschen übertragbar, aber nicht von Mensch zu Mensch.
- Gattung Influenzavirus B – Influenza (Grippe)
- Influenzavirus B/Victoria-Linie – Influenza (Grippe)
- Influenzavirus B/Yamagata-Linie – Influenza (Grippe)
- Gattung Influenzaviren C – Influenza (Grippe)
- Gattung Influenzavirus A – Influenza (Grippe)
- Familie Paramyxoviridae
- Unterfamilie Paramyxovirinae
- Gattung Avulavirus
- Humanes Parainfluenzavirus (Typ 1, 3) – Erkältung, Parainfluenza
- Gattung Morbillivirus
- Gattung Henipavirus
- Hendra-Virus, (früher Equines Morbillivirus) – Pneumonie; Enzephalitis
- Nipah-Virus – Pneumonie; Enzephalitis
- Gattung Rubulaviren
- Humanes Parainfluenzavirus (Typ 2, 4) – Erkältung, Parainfluenza
- Mumpsvirus – Mumps
- Gattung Avulavirus
- Unterfamilie Pneumovirinae
- Gattung Pneumovirus
- Humanes Respiratorisches Synzytial-Virus (HRSV) (Typ A, B) – Atemwegsinfektion, Erkältung
- Gattung Metapneumovirus
- Humanes Metapneumovirus (HMPV) (Typ A1 bis 2, B1 bis 2) – Atemwegsinfektion, Erkältung
- Gattung Pneumovirus
- Unterfamilie Paramyxovirinae
- Familie Rhabdoviridae
- Gattung Vesiculovirus
- Vesicular-Stomatitis-Indiana-Virus (VSV) – Stomatitis vesicularis (Mundschleimhautentzündung mit Bläschenbildung) bei Tieren, auch auf den Menschen übertragbar
- Gattung Lyssavirus
- Rabiesvirus (RABV) (ehemals Genotyp 1) = Tollwutvirus – Tollwut, bei Tieren, auch auf den Menschen übertragbar
- Mokola-Virus (MOKV) (ehemals Genotyp 3) – Tollwut, bei Tieren, auch auf den Menschen übertragbar
- Duvenhage-Virus (DUVV) (ehemals Genotyp 4) – Tollwut, bei Tieren, auch auf den Menschen übertragbar
- Europäisches-Fledermaus-Lyssa-Virus 1 + 2 (EBLV-1, -2) (ehemals Genotypen 5 und 6) – Tollwut, bei Tieren, auch auf den Menschen übertragbar
- Australisches-Fledermaus-Lyssa-Virus (ABLV) (ehemals Genotyp 7) – Tollwut, bei Tieren, auch auf den Menschen übertragbar
- Gattung Vesiculovirus
Unbehüllte Viren
Doppelsträngige DNA-Viren = dsDNA
- Familie Adenoviridae
- Gattung Mastadenovirus
- Humane Adenoviren A-F (51 Subtypen) – Schnupfen, Erkältungen, Durchfall
- Gattung Mastadenovirus
- Familie Polyomaviridae
- Gattung Polyomavirus
- BK Polyomavirus (BKPyV) = BK-Virus (BKV) = Polyomavirus hominis Typ 1 – führt bei immunsupressiver Behandlung nach Transplantation ev. zum Verlust des Transplantates
- JC Polyomavirus (JCPyV) = JC-Virus (JCV) = Polyomavirus hominis Typ 2 – bei zellulär Immunsupprimierten (AIDS) zu Progressiver multifokalen Leukoenzephalopathie (PML)
- Gattung Polyomavirus
- Familie Papillomaviridae
- Gattung Papipillomavirus
- Untergattung Humane Papillomviren
- diverse Humane Papillomviren (HPV) – Warzen
- Kondyloma-Virus 6 (HPV-6) – Feigwarzen
- Kondyloma-Virus 11 (HPV-11) – Feigwarzen
- Humanes Papillomvirus 16 /18 /30 … (HPV-16 /-18 /-30 …) – Zervixkarzinom = Gebärmutterhalstumor/ -Krebs
- Untergattung Humane Papillomviren
- Gattung Papipillomavirus
Einzelsträngige DNA-Viren = ssDNA
- Familie Parvoviridae
- Unterfamilie Parvovirinae
- Gattung Dependovirus
- Adenoassoziiertes-Virus 2 (AAV-2)
- Adenoassoziiertes-Virus 3 (AAV-3)
- Adenoassoziiertes-Virus 5 (AAV-5)
- Gattung Erythrovirus
- Gattung Dependovirus
- Unterfamilie Parvovirinae
Doppelsträngige RNA-Viren = dsRNA
- Familie Reoviridae
- Gattung Rotavirus
- diverse Arten – Gastroenteritis = Durchfall
- Gattung Coltivirus
- Gattung Rotavirus
Einzel(+)-Strang-RNA-Viren = ss(+)RNA
- Familie Caliciviridae
- Gattung Norovirus
- Norovirus (NV) = Norwalk-Like-Virus (NLV)
- Humane Noroviren der Gruppen GGI, GGII und GGIV – Brechdurchfall = Gastroenteritis
- Norovirus (NV) = Norwalk-Like-Virus (NLV)
- Gattung Sapovirus
- Sapovirus (SV) – Gastroenteritis
- Gattung Norovirus
- Familie Hepeviridae
- Gattung Hepevirus
- Hepatitis-E-Virus (HEV) – Hepatitis E
- Gattung Hepevirus
- Familie Picornaviridae
- Gattung Enterovirus
- Poliovirus Typ 1–3 – Kinderlähmung
- Coxsackievirus A/B – von Erkältung bis Meningitis, Pankreatitis oder Myocarditis, selten auch Lähmungen
- Coxsackievirus B1 (CVB-1) bis B 6 – Erkältung
- Echovirus – Exantheme Enantheme, Infektionen des oberen Respirationstrakts (Erkältung), Herpangina, Myoperikarditis, verstreute (disseminierte) Infektion bei Neugeborenen, chronische Meningoenzephalitis bei immunsupprimierten Patienten, Meningitis, Enzephalitis selten Paralyse
- Enterovirus
- Humane Enteroviren – Erkältung
- Humanes Enterovirus 70 (EV-70) – akute hämorrhagische Konjunktivitis
- Humanes Enterovirus 71 (EV-71) – Meningoenzephalitis, Hautausschlag, und Poliomyelitis ähnliches Syndrom = Hand-Fuß-Mund-Krankheit
- Humane Enteroviren – Erkältung
- Gattung Hepatovirus
- Gattung Rhinovirus
- Rhinovirus
- Humane Rhinoviren-1 A (HRV-1 A) oder 1 B bis 100 – Erkältung
- Rhinovirus
- Gattung Enterovirus
Die wichtigsten beim Menschen krebserzeugenden (karzinogenen) Viren
Diese Gruppe der sogenannten Onkoviren ist weltweit für 10 bis 15 Prozent aller Krebserkrankungen des Menschen verantwortlich, nach Schätzung der amerikanischen Krebsgesellschaft sogar für etwa 17 % der Krebsfälle.[10][11]
- Epstein-Barr-Virus (EBV)
- Hepatitis-B-Virus (HBV)
- Hepatitis-C-Virus (HCV)
- humanes Papillomvirus (HPV)
- Humanes T-lymphotropes Virus 1 (HTLV-1)
- Humane Herpesvirus 8 (HHV-8, auch Kaposi-Sarkom-Herpesvirus, KSHV).
Therapie mit Viren
Aktuell wird verstärkt an Therapien geforscht, bei denen Viren zur Heilung von Krankheiten eingesetzt werden. Diese Forschungen konzentrieren sich hierbei vor allem auf zwei Bereiche: zum einen die Bekämpfung von Tumoren, und zum anderen wird versucht, antibiotikaresistente Bakterien durch die Viren abzutöten.
In der Forschung zur Bekämpfung von Krebs werden vor allem adeno-assoziierte Viren eingesetzt. Das Grundprinzip dieser Therapie ist, dass die verwendeten (harmlosen) Viren als spezifischen Wirt die Tumorzellen haben. Sind die Tumorzellen dann mit diesen infiziert, vermehren sich die Viren in den Tumorzellen und zerstören sie dabei (siehe lytische Vermehrung von Viren). Durch die Vermehrung der Viren wird der Vorgang der Infizierung der restlichen Tumorzellen beschleunigt. Die bisher durchgeführten Tests sind positiv verlaufen.
Das Grundprinzip bei der Bekämpfung von resistenten Bakterien ist das gleiche, nur dass hier Bakteriophagen verwendet werden, welche die Bakterien als spezifischen Wirt erkennen. Auch hier sind erste Tests erfolgreich verlaufen.
Eine dritte Art, Viren in der Medizin nutzbringend einzusetzen, findet sich in der Gentherapie. Hier werden meist Retroviren benutzt, um DNA-Abschnitte in die Körperzellen des Patienten zu schleusen. Allerdings besitzen Retroviren die Eigenschaft, dort auch ihr eigenes Erbgut einzubauen. Dabei können sie dann unerwünscht verschiedene Erbanlagen des Patienten aktivieren oder sogar wichtige Gene zerstören. Deshalb wurden von Forschern in letzter Zeit Adenoviren für einen DNA-Transfer benutzt, da diese Viren ihr eigenes Erbgut nicht in das Genom der Wirtszelle einbauen. Allerdings besteht hier das Risiko, dass sich die Adenoviren in der Zelle vermehren und zu irgendeinem späteren Zeitpunkt dann umliegendes, gesundes Gewebe infizieren.[12]
Problem der Entwicklung antiviraler Medikamente
Da Viren beziehungsweise Virionen im Gegensatz zu Bakterien keine Zellen sind, können sie auch nicht wie solche abgetötet werden. Es ist lediglich möglich, eine virale Infektion und die Virusvermehrung durch Virostatika zu be- oder zu verhindern. Besonders die biochemischen Vermehrungsabläufe können von Virusart zu Virusart sehr unterschiedlich sein, was die Findung eines hemmenden oder unterbindenden Wirkstoffes erschwert.
Da die Vermehrung der Viren im Inneren von normalen Zellen stattfindet und sich dort sehr eng an die zentralen biochemischen Zellmechanismen ankoppelt, müssen die in Frage kommenden antiviralen Wirkstoffe entweder
- das Eindringen der Virionen in die Wirtszellen verhindern,
- in den Zellstoffwechsel zum Nachteil der Virusvermehrung eingreifen,
- oder nach einer möglichen Virusvermehrung in den Zellen das Austreten der neuen Viren aus den Zellen unterbinden.
Andererseits müssen diese gesuchten Wirkstoffe jedoch auch für den Körperstoffwechsel, den Zellverband und/oder den internen Zellstoffwechsel insgesamt verträglich sein, da sonst nicht nur beispielsweise die Virusvermehrung in den Zellen zum Erliegen kommt, sondern schlimmstenfalls auch das (Zell-)Leben des gesamten behandelten Organismus.
Weil diese Bedingungen sehr schwer zu vereinbaren sind, sind die bisher entwickelten antiviralen Medikamente auch oft mit schweren Nebenwirkungsrisiken verbunden. Es handelt sich um eine Gratwanderung, welche die Medizin bislang meist vor eine unlösbare Aufgabe stellt.
Verschärft wird die Entwicklung von effektiven antiviralen Medikamenten außerdem durch die Resistenzentwicklung von Seiten der zu bekämpfenden Viren gegenüber einem einmal gefundenen, brauchbaren Wirkstoff, zu der sie auf Grund ihres extrem schnell ablaufenden Vermehrungszyklus und der biochemischen Eigenart dieser Replikation gut in der Lage sind.
Literatur
- Ältere Literatur
- Feodor Lynen: Das Virusproblem. Angewandte Chemie 51(13), S. 181–185 (1938), ISSN 0044-8249
- Aktuelle Literatur
- Hans W. Doerr, Wolfram H. Gerlich (eds.): Medizinische Virologie – Grundlagen, Diagnostik und Therapie virologischer Krankheitsbilder. Thieme 2002 ISBN 3-13-113961-7.
- Walter Doerfler: Viren. Fischer Taschenbuch Verlag, 2002, ISBN 3-596-15369-7.
- Dietrich Falke, Jürgen Bohl u. a.: Virologie am Krankenbett: Klinik, Diagnostik, Therapie. Heidelberg 1998. Mit Literaturangaben. ISBN 3-540-64261-7.
- Dietrich Falke u. Jürgen Podlech: Viren. In: Peter Reuter (Hrsg.): Springer Lexikon Medizin. Springer, Berlin Heidelberg New York 2004, S. 2273-2282.
- S. J. Flint, L. W. Enquist, V. R. Racaniello (eds.): Principles of Virology. 2. Auflage. ASM Press 2003. ISBN 1-55581-259-7.
- Alfred Grafe: Viren – Parasiten unseres Lebensraumes. Springer, Berlin Heidelberg New York 1977. ISBN 3-540-08482-7.
- David M. Knipe, Peter M. Howley et al. (eds.): Fields’ Virology. (2 Bände; Standardwerk der Virologie) 5. Auflage, Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia 2007, ISBN 978-0-7817-6060-7
- Arnold J. Levine: Viren: Diebe, Mörder und Piraten. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1992. ISBN 3-86025-073-6.
- Susanne Modrow, Dietrich Falke, Uwe Truyen: Molekulare Virologie. Eine Einführung für Biologen und Mediziner. 2. Auflage. Spektrum-Lehrbuch, Heidelberg 2002, ISBN 3-8274-1086-X. (mit Literaturangaben, englische Übersetzung 2006).
- Stephen S. Morse: The Evolutionary Biology of Viruses. 1994, ISBN 0-7817-0119-8.
- Sven P. Thoms: Ursprung des Lebens. Fischer Taschenbuch Verlag, 2005, ISBN 3-5961-6128-2.
- Luis P. Villarreal: „Viruses and the Evolution of Life.“ ASM Press, Washington 2005, ISBN 978-1-55581-309-3.
- Ernst-Ludwig Winnacker: Viren: Die heimlichen Herrscher. Wie Grippe, Aids und Hepatitis unsere Welt bedrohen. Eichborn, Frankfurt 1999, ISBN 3-8218-1598-1.
- Gottfried Schuster: Viren in der Umwelt. Teubner, Stuttgart 1998, ISBN 3-519-00209-4.
- Dorothy H. Crawford: The invisible enemy – a natural history of viruses. Oxford Univ. Press, Oxford 2002, ISBN 0-19-856481-3.
- Brian W. Mahy: The dictionary of virology. Elsevier, Amsterdam 2008, ISBN 0-12-373732-X.
Einzelnachweise
- ↑ Carter and Saunders: Virology - Principles and Applications, 1st edition, Wiley, 2007, ISBN 0470023872; S. 6
- ↑ Matthias G. Fischer, Michael J. Allen, William H. Wilson, and Curtis A. Suttle: Giant virus with a remarkable complement of genes infects marine zooplankton. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. 2010, doi:10.1073/pnas.1007615107.
- ↑ Salvador Edward Luria, James E. Darnell: General Virology, 3. Aufl., John Wiley and Sons, 1978
- ↑ Löffler und Petrides (Hrsg.): Biochemie und Pathobiochemie, 7. Auflage Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 2003, ISBN 3-540-42295-1 (4. Aufl. 1990)
- ↑ Definition eines Virus
- ↑ S. Mordrow, D. Falke, U. Truyen: Molekulare Virologie, Heidelberg Berlin, 2. Auflage 2003 ISBN 3-8274-1086-X
- ↑ C. Mims, H. M. Dockrell et al.: Medizinische Mikrobiologie / Infektiologie. München (Elsevier) 2006 ISBN 3-437-41272-8
- ↑ N. Suttorp, M. Mielke, W. Kiehl, B. Stück: Infektionskrankheiten. Stuttgart 2004 ISBN 3-13-131691-8
- ↑ Th. Mertens, O. Haller, H.-D. Klenk (Hg.): Diagnostik und Therapie von Viruskrankheiten – Leitlinien der Gesellschaft für Virologie. 2. Aufl. München 2004 ISBN 3-437-21971-5
- ↑ Martin, D. and Gutkind J. S.: Human tumor-associated viruses and new insights into the molecular mechanisms of cancer. In: Oncogene. 27. Jahrgang, Nr. 2, 2008, S. 31–42, PMID 19956178.
- ↑ C. Zimmer: Krebs - eine Nebenwirkung der Evolution? In: Spektrum der Wissenschaft 9, 2007, S. 80–88.
- ↑ M. Stadtfeld et al.: Induced Pluripotent Stem Cells Generated Without Viral Integration, science-online, 25. September 2008, DOI: 10.1126/science.1162494
Weblinks
- Viren: Aufbau, Spezifische Merkmale, Entwicklung, Zellbiologie, Unterscheidung zu Bakterien
- Veterinärmedizinischen Universität Wien: Allgemeine Virologie
- The Universal Virus Database (englisch)
- Viralzone (Datenbank mit allen bekannten Viren, englisch)
- HowStuffWorks.com: How Viruses Work (englisch)
- Virusworld (aus Röntgenstrukturanalysen abgeleitete 3-D-Darstellungen von Viren, englisch)
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