Uwe Steimle

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Uwe Steimle, 2010

Uwe Heinz Steimle (* 20. Juni 1963 in Dresden) ist ein deutscher Kabarettist und Schauspieler. Charakteristikum ist sein sächsischer Dialekt. Deutschlandweit bekannt wurde er als Hauptkommissar Jens Hinrichs in der Fernsehserie Polizeiruf 110.

Leben

Herkunft und Jugend

Steimle wuchs in Dresden-Trachau auf. Beide Elternteile waren Inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR.[1] Sein Vater war Berufsunteroffizier (zuletzt als Stabsfeldwebel) in der Panzertruppe der Nationalen Volksarmee, dann bei der Bundeswehr Pförtner;[2] die Mutter arbeitete in einem volkseigenen Verpackungsbetrieb, im VEB Polypack Dresden. Beide Elternteile starben 1992, wenige Jahre nach der Wiedervereinigung.[3][4] Steimle betrieb in seiner Jugend Leistungssport (Bestleistung im 100-Meter-Lauf 11,2 Sekunden). Nach der Schule lernte er zunächst Industrieschmied im Edelstahlwerk Freital. Danach studierte er an der Theaterhochschule „Hans Otto“ Leipzig.

Kabarett

Steimle wurde 1989 Mitglied des Dresdner Kabaretts Herkuleskeule.

Das Kofferwort „Ostalgie“ geht auf Steimles gleichnamiges Programm von 1992 zurück und gelangte im Jahr darauf bei der Wahl zum Wort des Jahres auf Platz 9.[5] Mit dem Leipziger Tom Pauls schuf er die Figuren Günther Zieschong (von ihm selbst dargestellt) und Ilse Bähnert (Pauls). Steimle und Pauls traten mit diesen Figuren im Programm Ostalgie auf, das für regionale Programme des MDR produziert wurde. Später entstand Steimles erstes Soloprojekt Günther allein zuhaus, in dem er Zieschong allein auftreten ließ. Nach Uns fracht ja keener ließ Steimle in seinem Programm Mich fracht ja Eener beide Figuren mit neuen Texten nochmals lebendig werden. Steimle ist auch als Imitator Erich Honeckers bekannt; diese Parodie ist oft Zugabe bei seinen Auftritten.

Steimle war zwischen 2007 und 2010 mehrmals Gast in Kabarett-Sendungen Neues aus der Anstalt neben Urban Priol und Georg Schramm. Er wirkte außerdem an der Satire-Sendung Kanzleramt Pforte D im MDR als Günter Zieschong mit.

Seit 2017 tritt er in dem Programm Mir san Mir gemeinsam mit dem bayerischen Kabarettisten Helmut Schleich auf.[6] Daneben ist er auch mit mehreren Soloprogrammen (z. B.: Heimatstunde, FeinKOST) auf zahlreichen Kabarettbühnen zu sehen.

Theater

Von 1991 bis 1994 war er Mitglied des Staatsschauspiels Dresden. Weitere Engagements führten ihn auch nach Halle und Erfurt.

Polizeiruf 110

Von 1993 bis 2009 ermittelte Steimle als Hauptkommissar Jens Hinrichs in der Fernsehserie Polizeiruf 110. Bei insgesamt vier wechselnden Partnern war er mit 31 Folgen der zweitdienstälteste Polizeiruf-Kommissar der ARD.

Im Jahre 2005 erhielt Steimle gemeinsam mit Hübchen und Autorin Beate Langmaack den Grimme-Preis für die Weiterentwicklung der Serie. Der taz-Fernsehkritiker Rainer Braun zählte Steimle anlässlich der Absetzung des Hinrichs-Polizeirufs „zu den profiliertesten und vielseitigsten Vertretern seiner Zunft“.[7]

Als 2008 der NDR das Ende des Ermittlerduos für das folgende Jahr ankündigte,[8] protestierte Steimle dagegen, sprach von „Dolchstoß“ und „Berufsverbot“ und zeigte sich überzeugt, aus „politischen Gründen“ und wegen angeblicher „Aufmüpfigkeit“ „entfernt“ worden zu sein. Zuvor hatte er für die Partei Die Linke als Mitglied der Bundesversammlung Peter Sodann mitgewählt und sich oft über den „Polizeiruf“ beschwert.[9] Der Sender begründete seine Entscheidung damit, dass der Schweriner Polizeiruf nach 15 Jahren einfach „auserzählt“ sei. Medien und selbst Polizeiruf-Partner Eitner meinten, dass Steimle sich als Verschwörungsopfer hochstilisiere.[10][11] Steimle hingegen forderte ein öffentliches Streitgespräch mit ARD-Programmdirektor Volker Herres und verlangte dafür den sonntäglichen Sendeplatz der ARD-Talkshow „Anne Will“.[10] Herres bemerkte zu der Entscheidung, dass „Rollen enden, das ist normal, große Schauspieler bleiben“, und lobte Steimle als „bemerkenswerte[n] Darsteller“, dessen „Begabungen er sehr zu schätzen wisse“.[12] Steimle behauptete, dass Herres ihn als „Querulant[en]“ bezeichnet habe, und verglich dies mit der Sprache des Nationalsozialismus bzw. der Ausdrucksweise eines NVA-Politoffiziers.[13] Auch danach war Steimle noch in diversen Sendungen der ARD zu sehen.

Weitere Auftritte in Film und Fernsehen

1988 trat Steimle in Thomas Langhoffs Verfilmung Der Aufstand der Fischer von St. Barbara neben Ulrich Thein erstmals vor eine Kamera.

In Edgar ReitzHeimat 3 – Chronik einer Zeitenwende war Steimle außerdem 2004 in der Rolle des Gunnar Brehme zu sehen. Im TV-Zweiteiler Das Konto von 2004 spielte er einen Killer. 2008 sah man ihn als Hauptdarsteller in der Fernsehkomödie Plötzlich Millionär.

2009 spielte Steimle im Film Liebe Mauer den Stasi-Oberleutnant Haack. 2011 verkörperte er in dem Kinofilm Sushi in Suhl, in dem die Geschichte des ersten japanischen Restaurants in der DDR verfilmt wurde, die Hauptfigur Rolf Anschütz.

Von 2013 bis 2019 präsentierte Steimle im MDR Steimles Welt. Dabei fuhr er mit einem Wartburg 312 gemeinsam mit Michael Seidel durchs Sendegebiet und besuchte dort lebende Leute. Mit ihnen unterhielt er sich über ihre Geschichten vor und nach der Wende und friedlichen Revolution.[14]

Autor

2006 veröffentlichte er das Hörbuch Der Zauberer von Ost über das Grüne Gewölbe in Dresden. Es ist der erste Titel der gleichnamigen Reihe, in der 2007 das Hörbuch über die Geschichte des Dresdner Christstollens Hören Sie es riechen? und 2008 Hans Christian Andersens Bericht einer Reise in die Sächsische Schweiz, letzteres gelesen von Walter Niklaus, erschienen sind.

Darüber hinaus erschienen weitere Bücher mit satirischen Texten, die sich zumeist mit seiner Heimat, der aktuellen Politik sowie der Wiedervereinigung beschäftigen und auch als Hörbücher vorliegen.

Politisches Engagement

2009 wurde Steimle von der Linkspartei als Mitglied der Bundesversammlung benannt und vom Sächsischen Landtag gewählt.[15] In dieser Funktion nahm er an der Wahl des deutschen Bundespräsidenten 2009 teil.

Im April und Mai 2009 protestierte Steimle im Kostüm seines Alter Ego Günther Zieschong mit Ilse Bähnert (Tom Pauls) gegen die städtebauliche Entwicklung Dresdens dadurch, dass sie eine bepflanzte Kloschüssel mit dem Spruch „Scheiße gebaut, Stadt versaut“ am Dresdner Postplatz abstellten und trotz behördlicher Ermahnung die Aktion kurz darauf am Altmarkt wiederholten. Später verteilte er mit anderen Gegnern der städtischen Baupolitik im gesamten Stadtgebiet bepflanzte Toilettenschüsseln.[16]

Am 8. Mai 2017 stellte Steimle als Zieschong auf dem Dresdner Neumarkt eine zwei Meter hohe Nachbildung des Dresdner Fernsehturms mit einem goldenen Halbmond auf, die er „Rischdsche Gunsd“ (sächsisch für „richtige Kunst“) nannte. Er sah die Aktion als seine humorvolle Stellungnahme gegen den fremdenfeindlichen Ruf Dresdens und interpretierte selber die Plastik als Dresdens größtes Minarett, von dem der Ruf „Dresden ist groß“ erschallen könne.[17] Gleichzeitig war es eine Werbung für die Bürgerinitiative, welche die Wiedereröffnung der Aussichtsplattform des Fernsehturms anstrebt und deren prominentester Vertreter Steimle ist.[18] Außerdem betrachtet Steimle die gegenwärtige Kunst auf dem Neumarkt, das Denkmal für den permanenten Neuanfang von Heike Mutter und Ulrich Genth, als Bevormundung und bezeichnete sein Objekt als „Gegendenkmal“ und „Fühlmal“,[19] mit dem er „Brücken zwischen den sich nicht verstehenden Lagern“ bauen wolle.[20]

Im Februar 2018 wurde Steimle zum Schirmherren der Ökumenischen Friedensdekade ernannt, aber bereits nach wenigen Tagen wieder abberufen, da seine Aussagen „keine eindeutige Distanzierung von rechtspopulistischen Positionen bzw. der Pegida-Bewegung erkennen“ lassen würden. Seine „Verlautbarungen über Israel und die USA seien einseitig, würden der Komplexität nicht gerecht und ließen die Grenze zu antiamerikanischen und antisemitischen Positionen verschwimmen“. Die Organisatoren räumten ein, nicht genügend über Steimle recherchiert zu haben. Erst durch eine „Welle teilweise heftiger Kritik, besonders bei […] sächsischen […] Partnern sowie bei Initiativen, die gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus arbeiten“, war man auf die Problematik aufmerksam geworden. Steimle bestritt, mit Pegida zu sympathisieren, und sah ohne seine Schirmherrschaft den „Frieden im Regen stehen“.[21][22] Wenige Tage später war er neben Thilo Sarrazin, Uwe Tellkamp, Vera Lengsfeld, Eva Herman, Henryk M. Broder, Matthias Matussek und anderen Erstunterzeichner der „Gemeinsamen Erklärung 2018“, die Deutschland durch „illegale Masseneinwanderung beschädigt“ sah und sich mit den Teilnehmern eines „Frauenmarsches“ aus dem Umfeld der Alternative für Deutschland solidarisierte.[23]

Steimle setzt sich dafür ein, mit Anhängern der Alternative für Deutschland und Pegida zu reden. „Wenn 25 Prozent der Menschen die AfD wählen, dann kann man die doch nicht ignorieren“, so Steimle in einem Interview mit der Superillu. Seine Entlassung beim MDR erinnere ihn „an finstere DDR-Zeiten, wo es vielen Künstlern ähnlich erging“. Er habe „beide Systeme erlebt“ und heute laufe das „mit feinerer Klinge“.[24]

Am 7. November 2020 trat Steimle in der Rolle des Erich Honecker als Redner bei einem Protest gegen Coronaschutzmaßnahmen in Leipzig auf.[25]

Youtube-Kanal

Während der COVID-19-Pandemie sendete er im Frühjahr 2020 jeden Abend über den eigenen Youtube-Kanal das Format Steimles Welt-Abendgruß.[24] Am 1. September 2020 wurde in Anlehnung an Steimles Welt eine vom MDR unabhängige Fortführung unter dem Namen Steimles neue Welt gestartet.[26]

Kontroversen um Steimle

Steimles Äußerungen über die Wende, die er grundsätzlich Kehre nennt, wurden mehrfach kritisiert. So bezeichnete Richard Weber im Tagesspiegel Steimles Beiträge in der Talkshow Hart aber fair zum 25. Jahrestag des Mauerfalls als einen „verbale[n] Wasserfall aus persönlichen Gefühlen, Vorurteilen und Halbwissen“. Er bescheinigte Steimle außerdem, nur „Verachtung für Republik-Flüchtlinge“ übrig zu haben, und kritisierte seine Aussage, dass die „DDR 1989 keine wirtschaftlichen Probleme [hatte] und auf gar keinen Fall bankrott [war]“.[27] Laut Alexander Jürgs (Die Welt) zeigte sich Steimle bei einem Auftritt in der Sendung Menschen bei Maischberger „mehrfach als fanatischer Ostalgiker“. Steimles politische Forderungen hätten mit dazu beigetragen, dass die Sendung „sehr wirr, sehr ziellos“ geworden sei.[28] Wenn Steimle „sich in Rage“ rede, so Heinrich Löbbers in der Sächsischen Zeitung, „purzeln die pegidösen Floskeln“ wie „Volksverräter“, „inszenierte[] Mediendemokratie“ oder Sätze wie „Ich habe nichts gegen den Muezzin. Gar nichts, aber mir reicht das Glockengeläut“.[29]

Das antimuslimische Weblog Politically Incorrect (PI-News) nannte Steimle einen „Kabarettisten mit Charakter“ und der von Russland finanzierte Fernsehsender RT Deutsch lud ihn zu einem Gespräch unter „Putinverstehern“.[29]

Zu einem Auftritt Steimles in Kreuztal im Januar 2015 merkte die Westdeutsche Allgemeine Zeitung an, dass in seinen legendären Parodien auf Honecker zwar Kritik mitschwinge, aber deutlich mehr Zuneigung als für dessen Landsmann Heiko Maas, den Steimle vor allem nach dessen Kritik an Pegida als „Flachzange“ und „Arsch“ bezeichnete. Steimle habe „sich als Unterstützer“ von Pegida präsentiert, bei der er „keine Islamkritik gehört, dafür aber viele russische Fahnen gesehen habe“. Die Bewegung wolle laut Steimle nur auf „eine völlig verfehlte Politik aufmerksam machen“. Den Bundestag bezeichnete Steimle, aus Sicht der WAZ „nicht ironisch“, als „arbeitsscheues Gesindel“, das wegmüsse.[30]

Nachdem Steimle bei der WDR-Kabarettsendung Mitternachtsspitzen im Mai 2015 gefragt hatte: „Wieso zetteln die Amerikaner und Israelis Kriege an und wir Deutsche dürfen den Scheiß bezahlen?“, stellte dies Jan-Philipp Hein in der SHZ in eine Reihe mit Äußerungen anderer Kabarettisten, die insgesamt belegten, dass antisemitische Ressentiments im deutschen Fernsehkabarett als Humor getarnt weiterleben würden.[31] Der Kommunikationswissenschaftler Tobias Jaecker wertete die Aussage als Beispiel für den „Extremismus der gesellschaftlichen Mitte“.[32] Steimle stellte 2019 in einem Interview mit Tichys Einblick klar, dass er die Aussage heute nicht mehr so treffen würde. Seit einem Besuch mit jüdischen Freunden in Israel sehe er „das etwas anders“. Er verurteilte das Vorgehen der Hamas, Raketen von Krankenhäusern oder Schulen aus abzufeuern, um Gegenschläge dorthin zu lenken. Die Verteidigung der Existenz Israels sei „völlig in Ordnung“, so Steimle.[33]

Als Steimle 2015 in seinem Programm „Heimatstunde“ DDR-Liedgut wie die Partisanen vom Amur und das Lied der jungen Naturforscher intonierte und das Publikum sofort mitsang, goutierte er dies mit der Aussage, „Putin hätte hier leichtes Spiel“. Frank Quilitzsch schrieb dazu in der Thüringischen Landeszeitung, dass man bei Steimle nie wisse, „wie ernst der Witz gemeint“ sei, und „man auch sein eigenes Unbehagen weg[lache]“, und fragte sich, ob „es nur am Charme des Sächsischen [liege], dass manche unschöne Erinnerung an die DDR wie weichgespült erscheint“.[34]

Im Mai 2016 zeigte sich Steimle anlässlich eines Interviews in einem vom rechtspopulistischen Magazin Compact hergestellten T-Shirt mit der Aufschrift „Ami Go Home“.[35] In einer Folge Mitternachtsspitzen am 23. Mai 2015 und in einer von SchleichFernsehen am 16. Juli 2016 nannte Steimle in einem Beitrag die heute-journal-Sprecherin Marietta Slomka in Anspielung auf vermeintlich „ferngesteuerte“ öffentlich-rechtliche Medien Marionetta Slomka.[36] Amrei Drechsler kommentierte, dass hier wie in anderen „spaßigen Reden Steimles“ sich „kompakte Querfront“ offenbare.[37]

Im September 2016 traf sich Steimle mit dem CDU-Stadtrat Jörg Schlechte zum Frühstück. Dieser war zuvor u. a. dadurch hervorgetreten, dass er einen Bericht über einen gewalttätigen Flüchtling mit den Worten „Dem Mann kann geholfen werden“ sowie einem Link zum örtlichen Krematorium kommentiert und den ehemaligen grünen Kommunalpolitiker Andreas Vorrath mit dem in rechtsextremen Kreisen zur Entmenschlichung des politischen Gegners üblichen Schimpfwort „Zecke“ belegt hatte. Schlechte stellte nun ein Bild des Treffens mit Steimle ins Internet, was Vorrath mit den Worten „Völkisch-antisemitischer Jammer-Ossi […] trifft CDU-Rassist in Meißen“ kommentierte. Steimle und Schlechte erstatteten daraufhin Strafanzeige wegen Beleidigung. Das Amtsgericht Meißen sprach Vorrath im November 2017 von dem Vorwurf frei und bezog sich dabei auf eine Reihe von Steimles Äußerungen, darunter die über das angeblich Kriege anzettelnde Israel bei „Mitternachtsspitzen“ und sein „zärtliches Gefühl“ für Pegida. Vorraths Äußerungen waren laut Gericht durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.[38][39] Steimle kündigte zwar Rechtsmittel gegen das Urteil an,[40] war dazu aber aus strafprozessrechtlichen Gründen nicht befugt. Da die Staatsanwaltschaft auf eine Berufung verzichtete, wurde der Freispruch rechtskräftig.[41]

Unter anderem in der Aktion auf dem Dresdner Neumarkt, bei der Steimle einen Nachbau des Dresdner Fernsehturms aufstellte, äußere sich gemäß der Deutschlandfunk-Journalistin Daniela Mayer Steimles politischer Sinneswandel von einer zuvor linken zu einer Positionierung am rechten Rand. Steimle schaue seinem Publikum im Osten aufs Maul und sei entsprechend nun politisch mitgezogen. Zudem habe Steimle damit für sich eine Marktnische gefunden. „Würde er eine linke Meinung vertreten: für die Flüchtlingspolitik, für alles, was eben links populär ist, müsste er sich da sehr den Platz erkämpfen.“[42] Auf einem Flugblatt forderte Steimle die Beobachter auf: „Entscheiden Sie: Ist das Kunst oder kann das auch auf den Neumarkt?“, was Cornelius Pollmer, Mitteldeutschland-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, als „eine gewisse Verachtung von Kunst überhaupt“ wertete.

In der im Oktober 2017 ausgestrahlten Folge von Steimles Welt trat Steimle im „Putin-Versteher-Shirt“ auf und erzählte, dass im Freiberger Dom eine nicht näher bezeichnete Personengruppe „hinter den Altar kacken“ würde. Zudem wurde vom Hörensagen berichtet, dass „in Mülsen […] die Syrer alle Forellen aus dem Fluss geklaut“ hätten. Die Leipziger Volkszeitung merkte dazu an, dass man sich nicht sicher sei, ob hier „absurde und oft gefälschte Horrormeldungen über Asylbewerber hops genommen werden“ sollen oder ob das anders gemeint sei. Dies sei durchaus typisch für Steimle. Nach der Sendung verbreitete sich über einschlägige Internet-Portale und Social-Media-Accounts die „Nachricht“, dass auch hinter der angeblichen Verunreinigung des Doms Flüchtlinge stecken würden.[21][43]

Im Juni 2018 gab Steimle der neurechten Wochenzeitung Junge Freiheit ein kontrovers diskutiertes Interview, in dem er behauptete: „Die Wahrheit ist eben, dass wir keine eigene Politik haben, weil wir ein besetztes Land sind“. Deutschland sei kein souveräner Staat, sondern „Besatzungsgebiet der USA“. Steimle führte weiterhin aus, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht staatsfern sei. „Inzwischen weiß jeder, dass etwa Atlantikbrücke-Mitglied Claus Kleber der Karl-Eduard von Schnitzler der BRD ist, zusammen mit seiner Marionetta Slomka“. Diese aus der Reichsbürgerbewegung stammenden Verschwörungstheorien wurden von Steimles Stammsender Mitteldeutscher Rundfunk öffentlich zurückgewiesen. Dieser kündigte an, die Aussagen mit Steimle persönlich auszuwerten.[44][45] Steimle rechnete daraufhin damit, dass sich der Sender von ihm trennen werde, doch dieser gab ihm lediglich zu verstehen, „dass die Kunstform Satire in diesem von [ihm] gewählten Kontext für [den MDR] und vermutlich sehr viele andere Leser nicht erkennbar gewesen sei“. Steimle sagte zu, die Angelegenheit klarzustellen. In einem weiteren Interview für die Junge Freiheit übte er sich jedoch in Medienschelte, warf seinen Kritikern vor, seine Äußerungen aus dem Zusammenhang gerissen zu haben, und reklamierte die Freiheit der Kunst für seine Positionen. Im Anschluss äußerte er Unverständnis dafür, sich entschuldigen und rechtfertigen zu müssen. Die Süddeutsche Zeitung merkte dazu an, dass der MDR in einer Zwickmühle stecke: Eine Trennung von Steimle würde nicht nur den Verlust eines Quotenbringers bedeuten, sondern ihn bei Rechten und Verschwörungstheoretikern zum Märtyrer machen.[46]

Am Pfingstmontag 2019 postete der oben erwähnte Meißener CDU-Stadtrat Jörg Schlechte ein Foto mit Steimle, der ein T-Shirt mit der Aufschrift „Kraft durch Freunde“ in Fraktur-Schrift trug, laut Matthias Meisner vom Tagesspiegel ein offenkundig beabsichtigter Bezug zur NS-Organisation Kraft durch Freude. Der MDR äußerte sich dazu mit den Worten, dass man darauf achte, dass in den Sendungen, die man mit ihm produziere, „seine Satire auch als solche erkennbar“ sei. Uwe Steimle habe hier jedoch als „Privatmann“ gehandelt. Steimle selbst bezeichnete das Foto in einer Stellungnahme als „Fehler“, da es genutzt worden sei, um gegen politische Gegner zu sticheln. Er habe „aus einem belasteten Spruch etwas Neues, Positives“ schaffen wollen, mehr nicht.[47][48] Kraft durch Freunde sei, so Steimle in dem Superillu-Interview, „das Lebensmotto von Werner Finck, einem Kabarettisten“, gewesen, „der im Dritten Reich im KZ saß“.[24] Der Bild-Zeitung sagte Steimle, er sei Satiriker. Jan Böhmermann hätte laut Steimle „[v]ermutlich […] für diesen Spruch einen doppelten Grimme-Preis mit Eichenlaub bekommen“.[49]

Im Dezember 2019 teilte der MDR mit, dass die Sendung Steimles Welt im Jahr 2020 nicht weitergeführt werde. Grund hierfür sei, dass Steimle in öffentlichen Äußerungen laut MDR-Fernsehdirektor Wolf-Dieter Jacobi „wiederholt und massiv Grundwerte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Frage gestellt“ hat. Das Vertrauensverhältnis sei für eine gute und respektvolle Zusammenarbeit damit schlicht nicht mehr vorhanden, so der MDR.[50][51] Eine Online-Petition für die Wiederaufnahme der Sendung unterzeichneten über 50.000 Menschen.[52] Nachdem Steimle sich nach seiner Entlassung zunächst nicht dazu äußerte, verteidigte er seine Illoyalität gegenüber dem MDR in einem Interview mit der Superillu. „Ein Satiriker hat nicht loyal zu sein, sondern die Wunden in der Gesellschaft aufzureißen, damit sie sichtbar werden“, so Steimle.[24] Gegenüber der Webseite TAG24 sprach Steimle von „Berufsverbot“, „Zensur ersten Grades“ und von einer „Demokratie, die der freien Meinungsäußerung keinen Raum“ lasse. Der MDR stellt allerdings klar, dass niemand Steimle verbiete, seiner Tätigkeit nachzugehen, nur eben nicht beim Sender.[49]

Privates

Anfang 2009 trennten sich Steimle und seine Ehefrau.[53] Er lebt in Dresden und hat zwei Töchter. Steimle ist Blutspende-Botschafter des Deutschen Roten Kreuzes.[54]

Auszeichnungen

Veröffentlichungen

Bücher

  • Uns fragt ja keener – Ostalgie. Eulenspiegel-Verlag, Berlin 1997. ISBN 3-359-00943-6
  • (mit Hans-Dieter Schütt): Mich fragt ja eener … und zwar Hans-Dieter Schütt. Eulenspiegel-Verlag, Berlin 2001. ISBN 3-359-01414-6
  • Meine Oma, Marx & Jesus Christus [Medienkombination]: Aus dem Leben eines Ostalgikers. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2012. ISBN 978-3-579-06648-6
  • Heimatstunde. Neues vom Zauberer von Ost. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2013. ISBN 978-3-579-06626-4
  • Steimles Welt. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2015. ISBN 978-3-579-06599-1
  • Warum der Esel Martin heißt. Neues von Martin Luther. Mitarbeit: Michael Seidel. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2016. ISBN 978-3-579-08649-1
  • Wir sind nicht nachtragend ..., wir vergessen aber auch nichts. Faber & Faber, Leipzig 2020. ISBN 978-3-86730-183-1

Hörbücher und DVDs

Hörbücher:

DVDs:

  • 2005: Uwe Steimle – Günther allein zu Haus, Buschfunk Vertriebs GmbH
  • 2016: Steimles Welt – Von Dresden bis fast hinter Leipzig, UAP Video GmbH
  • 2017: Steimles Welt 2 – Von tief im Erzgebirge über fast Potsdam hoch zum Thüringer Wald, Uap Video GmbH

Filmografie

Filmdokumentation

  • 2018: Die Spur der Ahnen – Uwe Steimle und sein Urururururururgroßvater, Dokumentarfilm-Produktion, Drehbuch und Regie: Heike Bittner

Literatur

Commons: Uwe Steimle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten und Einzelnachweise

  1. WDR, „Kölner Treff“ vom 4. April 2008 Wie der Osten funktioniert www.fr.de, 9. November 2009
  2. Uwe Steimle: Heimatforscher und Störenfried, MDR Kultur vom 24. Mai 2018, abgerufen am 10. Juli 2018.
  3. Antonie Rietzschel: Ewiger Ossi, der dem Volk aufs Maul schauen will, Süddeutsche Zeitung vom 23. Juli 2018.
  4. Uwe Steimle: Heimatstunde: Neues vom Zauberer von Ost, Gütersloh 2014, ISBN 9783641136253, elektronisches Buch ohne Angaben zur Seitenzahl.
  5. Gesellschaft für deutsche Sprache: Von »aufmüpfig« bis »Teuro«: Die „Wörter der Jahre“ 1971 bis 2002, Dudenverlag 2003, ISBN 3-411-04201-X, S. 221.
  6. Satirische Dolmetscher zwischen Ost und West auf deutschlandfunk.de, 27. Juni 2017.
  7. Rainer Braun: Steimle des Anstoßes, taz, 17. Januar 2009.
  8. Zur Geschichte des Polizeiruf 110 (Memento vom 27. April 2008 im Internet Archive)
  9. Stefan Locke: Uwe Steimle: Der Gekränkte – FAZ, 28. Juni 2009.
  10. a b Steimle fühlt sich als Opfer seiner politischen Anschauung, MZ, 4. November 2008.
  11. NDR schickt "Polizeiruf"-Kommissare in Ruhestand, Der Tagesspiegel, 2. November 2008.
  12. Uwe Steimle ermittelt nicht mehr RP-Online, 2. November 2008.
  13. Uwe Steimle: Heimatstunde: Neues vom Zauberer von Ost, S. 9.
  14. Steimles Welt auf fernsehserie.de.
  15. Pressemitteilung 026/2009 des Sächsischen Landtag vom 11. März 2009.
  16. Thomas Brussig: brandeins.de/wissen Ausgabe 05/2009 (Memento vom 22. Februar 2014 im Internet Archive), abgerufen am 9. Februar 2014.
  17. TV-Star Steimle provoziert mit Halbmondkunst. auf tag24.de vom 3. Mai 2017, abgerufen am 6. Juni 2017.
  18. Steimles Neumarkt Denkmal. auf sz-online.de vom 4. Mai 2017, abgerufen am 7. Juni 2017.
  19. Kunst im öffentlichen Raum - Visionen aus Sperrholz. In: sueddeutsche.de. Abgerufen am 10. Mai 2017.
  20. Steimle stellt sein Türmchen auf. In: sz-online.de. Abgerufen am 10. Mai 2017.
  21. a b Fabian Schröder: „Jetzt steht der Frieden im Regen“ (Memento vom 1. März 2018 im Internet Archive), Sächsische Zeitung, 28. Februar 2018.
  22. Nach Protest: Uwe Steimle nicht mehr Friedensdekaden-Schirmherr, Freie Presse vom 28. Februar 2018; dpa, Kabarettist Steimle nicht mehr Schirmherr der Ökumenischen Friedensdekade (Memento vom 20. März 2018 im Internet Archive), Leipziger Volkszeitung online, 28. Februar 2018.
  23. Andreas Montag: Neue Nationale Front „Gemeinsame Erklärung“ von Künstlern und Intellektuellen, Mitteldeutsche Zeitung online, 19. März 2018.
  24. a b c d Uwe Steimle äußert sich zu MDR-Rauswurf. Umstrittener Satiriker. Spiegel Online, 14. Mai 2020, abgerufen am 25. Mai 2020.
  25. Annelie Naumann: Passanten, die Maske trugen, wurden von Demonstranten rüde angegangen. Welt.de, 7. November 2020, abgerufen am 22. November 2020.
  26. Jan Sternberg: Lisa Eckhart und der Rassismus: Darf diese Frau das sagen? RedaktionsNetzwerk Deutschland, 22. August 2020, abgerufen am 7. September 2020.
  27. Richard Weber: Glattgebügelter Mainstream und ein Tsunami aus Blödsinn, Tagesspiegel, 4. November 2014.
  28. Alexander Jürgs: „Maischberger“: Die große Stunde der Gysi-Versteher im Ersten, Die Welt vom 14. Oktober 2015.
  29. a b Heinrich Löbbers: Fourschbar www.saechsische.de, 28. Dezember 2016
  30. Weg mit dem Wachstum, WAZ, 10. Januar 2015.
  31. Jan-Philipp Hein Fernsehkabarett – Da wo der Antisemitismus blüht, shz, 7. Juni 2015.
  32. Tobias Jaecker, Querfront durch die Mitte, erschienen in liberal - Debatten zur Freiheit 2/2016, S. 51.
  33. Alexander Wendt: Uwe Steimle: Der Elefant auf Gänsefüßen. Rauswurf durch den MDR. Tichys Einblick, 5. Dezember 2019, abgerufen am 10. April 2020.
  34. Frank Quilitzsch: „Lückenfüller“ Steimle macht im Spiegelzelt aus einem Gastspiel ein Heimspiel, Thüringer Landeszeitung, 17. Juni 2015.
  35. Amrei Drechsler: Der Fackelträger - Der Dresdner Kabarettist Uwe Steimle, seine Mission und sein Publikum. In: Heike Kleffner, Matthias Meisner (Hrsg.): Unter Sachsen: Zwischen Wut und Willkommen. Ch. Links Verlag, Berlin 2017, S. 112. Das Foto von Steimle im Compact-Shirt erschien in der Printausgabe und in der Onlineausgabe der Thüringer Zeitung vom 21. Mai 2016. In der Onlineausgabe wurde es später so beschnitten, dass nur mehr Steimles Kopf sichtbar ist.
  36. Heike Kleffner, Matthias Meisner: Unter Sachsen: Zwischen Wut und Willkommen, Ch. Links Verlag, 2017, S. 106 [1]
  37. Amrei Drechsler: Der Fackelträger - Der Dresdner Kabarettist Uwe Steimle, seine Mission und sein Publikum. In: Heike Kleffner, Matthias Meisner (Hrsg.): Unter Sachsen: Zwischen Wut und Willkommen. Links Verlag, Berlin 2017, S. 107–108.
  38. Das muss sich Steimle gefallen lassen, Sächsische Zeitung, 9. November 2017.
  39. Ex-Grüner vor Gericht, Sächsische Zeitung, 26. Mai 2017.
  40. Steimle will wegen Beleidigungsurteil in Berufung gehen, Sächsische Zeitung, 10. November 2017.
  41. Steimle rechtskräftig „Jammerossi“ (Memento vom 4. Januar 2018 im Internet Archive), Sächsische Zeitung, 17. November 2017.
  42. Daniela Mayer im Gespräch mit Max Oppel: Kabarett - Humor mit Rechtsdrall? In: deutschlandfunkkultur.de. 31. Mai 2017, abgerufen am 5. Juni 2017.
  43. Jürgen Kleindienst: Steimles unklare Welt – Der Kabarettist tuckerte wieder für den MDR durchs Sendegebiet, Leipziger Volkszeitung, 31. Oktober 2017.
  44. Philipp Greifenstein: Uwe Steimle und das verspätete Ende der Akzeptanz des MDR, Über Medien vom 30. Juni 2018.
  45. Kabarettist Uwe Steimle verbreitet rechte Parolen – Haussender MDR reagiert, Focus vom 29. Juni 2018.
  46. Antonie Rietzschel: Ewiger Ossi, der dem Volk aufs Maul schauen will, Süddeutsche Zeitung vom 23. Juli 2018.
  47. Matthias Meisner: „Was ich denke, will ich sagen“: Der Kabarettist Uwe Steimle und seine rechte Mission. www.tagesspiegel.de, 13. Juni 2019.
  48. Nadja Mitzkat: Grenzen der Satire? Der MDR und Uwe Steimle. Zapp (Magazin) www.ndr.de, 26. Juni 2019.
  49. a b Joachim Huber: Uwe Steimle nach MDR-Rauswurf: „Das ist Zensur ersten Grades“ www.tagesspiegel.de, 6. Dezember 2019
  50. Mitteldeutscher Rundfunk trennt sich von Uwe Steimle. Abgerufen am 4. Dezember 2019.
  51. Fragen und Antworten zur Absetzung von "Steimles Welt". MDR, 6. Dezember 2019
  52. Stellungnahme des MDR zur Petition für "Steimles Welt". MDR.de, 17. Februar 2020, abgerufen am 25. Mai 2020.
  53. Uwe Steimle und seine Frau haben sich getrennt, t-online, 10. Februar 2009.
  54. Kathrin Krüger-Mlaouhia: Blutspende in der Kritik, Sächsische Zeitung, 11. November 2017.