Krankenhausfunk

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Krankenhausfunk des 'Dewsbury and District Hospital' in West Yorkshire, Vereinigtes Königreich

Krankenhausfunk (auch: „Krankenhausradio“, „Krankenhaussender“, „Patientenfunk“, „Patientenradio“ oder „Patientensender“) ist eine Form des Einrichtungsrundfunks in Krankenhäusern und karitativen Einrichtungen, wie z. B. Senioren-Wohnanlagen.

Der Krankenhausfunk dient vom Grundsatz her der Unterhaltung und Information der Patienten bzw. Bewohner dieser Häuser und wird, bis auf wenige Ausnahmen, ehrenamtlich betrieben. Die Reichweite ist dabei in den meisten Fällen auf das Haus-Kabelnetz in die Patientenzimmer der Einrichtung beschränkt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ersten Krankenhausradios in Deutschland wurden in den 1960er-Jahren parallel und unvernetzt gegründet. Auslöser waren in den meisten Fällen Tonband-Amateure, die ihr Hobby einer sozialen Sache zur Verfügung stellen wollten. Teilweise initiierten auch Krankenhaus-Mitarbeiter und Seelsorger die Stationsgründung, da das Mittel Radio zur Unterhaltung und Versorgung mit Informationen der Patienten in einem Krankenhaus erkannt wurde.

Die dienstältesten aktiven Sender dieser Art in Deutschland befinden sich seit 1967 in Greven (Nordrhein-Westfalen) und seit 1969 in Villingen-Schwenningen (Baden-Württemberg).

In jüngerer Zeit gab es Neugründungen speziell für Kinder und Jugendliche.

Verbreitung in Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für das Jahr 2007 nennt Schmölzl 82 aktive und 36 aufgegebene Krankenhausfunk-Stationen in Deutschland.[1]

Die gleiche Untersuchung 2020 zeigte die Entwicklung zu nur noch 41 aktiven und damit weiteren 41 aufgegebenen Patientensendern in Deutschland.[2]

Bundesland aktiv

2002

aktiv

2020

Baden-Württemberg 25 10
Bayern 1 0
Berlin 1 1
Brandenburg 0 0
Bremen 0 0
Hamburg 3 1
Hessen 8 5
Mecklenburg-Vorpommern 0 0
Niedersachsen 10 4
Nordrhein-Westfalen 30 14
Rheinland-Pfalz 1 1
Saarland 1 1
Sachsen 0 1
Sachsen-Anhalt 0 0
Schleswig-Holstein 3 1
Thüringen 0 0

Diese Aufstellung ist jeweils nur eine Momentaufnahme in den Jahren 2007 und 2020.

Für die Gegenwart lässt sich die Zahl nur schätzen; tendenziell dürfte sie jedenfalls niedriger liegen. Einen Eindruck gibt die Liste unten.

Verbreitung außerhalb Deutschlands[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die meisten Krankenhausradios gibt es in Großbritannien[3] und den Niederlanden;[4] bekannt sind sie auch in der Schweiz. Das erste Krankenhausradio überhaupt ging 1919 im Walter-Reed-Militärkrankenhaus in Washington, D.C. auf Sendung; das erste britische 1925 im York County Hospital; das erste kontinentaleuropäische 1947 in Rotterdam.[5]

Organisation und Technik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Aufbau eines Krankenhausradios ist grundsätzlich mit erheblichen Kosten verbunden. Dazu zählen die Anschaffung geeigneter Gerätschaften, Verkabelung und entsprechende Infrastruktur für die hausinterne Verteilung. Ein weiterer Posten sind die laufenden GEMA-Gebühren, die sich nach Hausgröße und Hörerzahl richten. Je nach Bundesland sind auch Genehmigungen bei den Behörden erforderlich. Eine Sendelizenz ist nur dann erforderlich, wenn das Programm über Antenne oder Kabel ausgestrahlt wird. In Bezug auf die persönlichen Inhalte spezieller Sendungen mit Patienten ist der Datenschutz zu beachten.

Oftmals werden auch ausgemusterte Geräte privater und öffentlicher Rundfunkanstalten als kostenlose Spenden für technische Ausstattungen verwendet. Den Gegenpart bilden die innovativen Techniker, die auch preiswertes DJ-Equipment für Sendeanlagen verwenden. Je nach Sendedauer und Umfang der Produktionen reichen die Anlagen von semiprofessioneller Technik bis hin zu komplexen Sendeanlagen mit Redaktionsräumen und kompletten Selbstfahrer-Studios.

Als Idee zu fehlenden Finanzmitteln haben sich einige Radiosender in Zusammenarbeit mit Technikern und Entwicklern selbst entsprechende Anlagen und Geräte gebaut. In der Gruppe gleichgesinnter Einrichtungen werden diese technischen Erfahrungen und Entwicklungen gern und kostenlos weitergegeben, um auch finanzschwachen Einrichtungen zu helfen. Geschickte Eigenbauten und Modifikationen liefern das zugehörige Sparpotential. Das Krankenhausradio Elmshorn[6] ist einer der wenigen Sender, die gleichgesinnte Einrichtungen unterstützen. Eine eigene Technikseite bietet kostenlose Schaltungen und Informationen zum Nachbau an. Eine Besonderheit ist die Verfügbarkeit der Unterlagen, denn Lizenzprobleme gibt es hier nicht. Alle Schaltungen wurden von eigenen Konstrukteuren und Technikern entworfen und können daher ohne Schutzrechte nachgebaut werden.

Programme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Programme sind in der Regel sehr unterschiedlich und abhängig vom Träger. Grundsätzlich findet ein lockerer Moderationsstil Anwendung, der sich deutlich von den übrigen Radiosendern absetzen soll. Moderatoren können bei einem Kliniksender ihre eigenen Programme zusammenstellen, was mittlerweile bei fast allen kommerziellen Sendern unmöglich geworden ist. Das erklärt auch den zunehmenden Enthusiasmus der Mitarbeiter, die in diesem Medium mit der Musikauswahl noch etwas bewegen können. Diese persönliche Freiheit beschert dem Krankenhausfunk auch die notwendige Frische im Programm, die eine klare Unterscheidung zu kommerziellen Sendern ermöglicht. Formatradio findet an dieser Stelle kaum Anwendung, da die meisten Mitarbeiter ehrenamtlich und mit einem eigenen Musikgeschmack Sendungen gestalten.

Wortanteil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwischen den einzelnen Titeln gewinnen Informationsblöcke zunehmend an Bedeutung. In einem Kliniksender können lokale Nachrichten verlesen und locker aufbereitet werden. Da viele der Einrichtungen von „Laien“ betreut werden, entsteht oftmals eine lustige, aber sehr unterhaltsame Moderation, die bei professionellen Sendern kaum eine Chance hätte. Somit bieten sich Krankenhaussender auch als Karrieresprungbrett für Nachwuchsmoderatoren an, die entsprechende Erfahrungen sammeln und vertiefen können.

Therapeutische Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Wahrnehmung von Musik ist nachweislich an der Genesung kranker Menschen beteiligt. Der psychologische Aspekt der Zuwendung gewinnt besondere Bedeutung, wenn der Moderator beispielsweise für die Patienten in Zimmer 103 einen Wunschtitel spielt. So fühlen sich Patienten verstanden und erhalten das Gefühl, im Fokus der Einrichtung zu stehen. Hier gewinnt der Satz „der Hörer gestattet dem Moderator, bei ihm zu sein“ an Bedeutung. Zu besonderen Anlässen (Weihnachten und sonstige Feste) werden vielfach Sondersendungen produziert oder gesangliche Darbietungen aus zentralen Räumlichkeiten des Klinikums in die Zimmer der Patienten übertragen. Dazu gehört auch der hausinterne Gottesdienst. Einige Kliniken werben bereits damit, einen hauseigenen Radiosender zu betreiben.

Nachwuchs/Personal[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es wird zunehmend schwieriger, ehrenamtliche Mitarbeiter für das Krankenhausradio zu gewinnen. Erhöhte Sorgfaltspflicht und grundlegende Kenntnisse im Umgang mit verschiedenen Musikstilrichtungen erschweren vielen jungen Menschen den Zugang. Bedenkt man die durchschnittlichen Altersklassen der Patienten, so liegt der Mittelwert bei etwa 65 Jahren. Oftmals wird nicht verstanden, dass gerade diese Generation mit den modernen Titeln der Hitparaden überfordert ist, noch der Geschmack ansatzweise getroffen wird. So haben bereits einige Einrichtungen nach weit über 20-jähriger Arbeit ihre Tätigkeit ersatzlos einstellen müssen. Hinzu kommt noch der extreme Konkurrenzdruck der zahlreichen Radio- und TV-Sender, die mit ihren „Action-Konzepten“ ein klares Gegenteil zum Krankenhausradio bilden.

Liste deutschsprachiger Krankenhausradios[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Name Stadt Zeitraum Link Land
„Am Puls“ Freiburg 1995– BW BW
Antenne Bethel (ehem. Krankenhausfunk Bielefeld) Bielefeld 1968/2000– antenne-bethel.de NW NW
Augusta Krankenhausfunk und Fernsehen (AKF) Bochum 1982– akf-bochum.de.tl NW NW
DIAK-Radio Karlsruhe 2006– diak-ka.de BW BW
Echofunk Porz Köln 1973– echofunk-porz.de NW NW
Eutiner Patienten-Radios (EPR) Eutin 1984–2010 SH SH
Forum 7 Herne 1972–2012 NW NW
Funk im St. Christophorus Krankenhaus Werne (FCKW) Werne 1990– ri90.de (1976–1990 in Lünen) NW NW
Kanal 1 VinzenzTV (ehem. Radio St. Vinzenz) Limburg 1985/2000– st-vincenz.de HE HE
Kanal-4 – Das Fernsehen der Klinikum Ibbenbüren GmbH Ibbenbüren 1984–2020[7] kanal-4.de NW NW
Kanal4-Patientenfunk Marl 1989–2012 NW NW
Klinikfunk Karlsruhe (KFK-KA) Karlsruhe 1973– klinikfunkka.de via Radio Regentrude BW BW
Klinikradio 71 Villingen-Schwenningen 1969–2022 BW BW
Kliniken-Radio Bietigheim-Ludwigsburg – Der Gesundfunk Bietigheim-Bissingen 1977– klinikenradio.de BW BW
Klinikradio „Tupfer-Töne“ Detmold 2001?–2005 NW NW
Klinikradio-TV-Freundeskreis Saarlouis 1993– klinik-freundeskreis.de SL SL
Kölner Krankenhaussender Köln 1974– krankenhaussender.de NW NW
Krankenhausfunk (KHF) Freudenstadt Freudenstadt 1971– freudenstadt.de BW BW
Krankenhausfunk (Khf) St. Walburga Meschede 1982– NW NW
Krankenhausfunk Barmbek (KFB) Hamburg-Barmbek-Nord 1981/95–2019 krankenhausfunk.de HH HH
Krankenhausfunk Lahr Lahr 1970?– ortenau-klinikum.de BW BW
Krankenhausfunk Salzgitter Salzgitter ? NI NI
Krankenhausfunk Tuttlingen Tuttlingen 1982–2016 BW BW
Krankenhausfunk Uelzen Uelzen 1966–2018 khf-uelzen.de NI NI
Krankenhausradio & TV Studio Ludmilla Meppen 1992– studioludmilla.de NI NI
Krankenhausradio Elmshorn (K.R.E.) Elmshorn 1989– krankenhausradio-elmshorn.de SH SH
Krankenhaus-Rundfunk Attendorn Kanal 2 (KRA 2) Attendorn 1973– kra2.de NW NW
Krankenhaussender (KHS) des St. Marien Hospitals Lüdinghausen Lüdinghausen 1975– khs.luedinghausen.de NW NW
Niederberg Echo Velbert 1981– NW NW
Patientenfunk Achern Achern 1987–2015 BW BW
Patientenfunk Berlin-Pankow Berlin-Pankow 1986– clock7.de BE BE
Patientenfunk Heidelberg (ehem. Klinikradio Dr. No ?) Heidelberg ? BW BW
Patientenfunk Kassel Kassel 1987– agaplesion.de HE HE
Patientenfunk Wilhelmshaven Wilhelmshaven 1987–2017 NI NI
Patientenradio der Ammerland-Klinik Westerstede 1995–2018 NI NI
Patientenradio Ohrwurm Leonberg 1986 BW BW
Patientenradio Tübingen Tübingen ? klinikseelsorge-tuebingen.de BW BW
Radio 88 Klinikfunk Rems-Murr Backnang 1988–2014 BW BW
Radio Aktiv Seligenstadt 1997 HE HE
Radio Brinkmann Offenbach 1995– sana.de HE HE
Radio Celle 1 (RC1) Celle 1990– radio-celle-1.de NI NI
Radio City – Krankenhausfunk Bonn Bonn 1976–2022 radio-city-khf.de NW NW
Radio Diana Bad Bevensen 1999– diana-klinik.de NI NI
Radio Eilbek (ehem. Patientenfunk für Hamburg) Hamburg-Eilbek 1989– radioeilbek.wordpress.com HH HH
Radio Elisabeth Beckum 1993–2019 NW NW
Radio Franz (ehem. KrankenHausFunk Greven) Greven 1967– radiofranz.de NW NW
Radio „happy aua“ Hamburg-Eimsbüttel 2006– HH HH
Radio Hippokrates Frankfurt am Main 1994–2006 HE HE
Radio ImPuls Kehl/Offenburg 2000?– BW BW
Radio Klinikfunk Wiesbaden 1986– klinikfunk.de HE HE
Radio ,,L KrankenHausFunk Lohne 1989– NI NI
Radio MfK-Büli-Marburg (für Kinder) Marburg 2014– ukgm.de HE HE
Radio MHH Hannover 1976– radio-mhh.de NI NI
Radio Peilsender (für Jugendliche) Klingenmünster 2012– pfalzklinikum.de RP RP
Radio Rudi Emden 1990– radio-rudi.de NI NI
Radio RUMMS (für Kinder) Mannheim 2009– radio-rumms.de BW BW
Radio S Frauenfeld 1979– radio-s.ch Schweiz CH
Radio Schräges O. Oberhausen 1985–2012 NW NW
Radio SK Fulda 1991– rms-fulda.de HE HE
Radio Lennestadt Lennestadt 1990–2012 NW NW
Spitalradio LuZ Luzern 1991– radio-luz.ch Schweiz CH
Spitalradio Winterthur Winterthur 1979– spitalradio.ch Schweiz CH
Studio 58 Oelde 1996 NW NW
Studio 81 – Das Karl-Olga-Krankenhausradio Stuttgart 1982– sana.de BW BW
Studio EVK Hamm 1970–2015 NW NW
Studiowelle 2 Solingen 1978– studiowelle.de NW NW
Studiowelle Hiltrup Münster-Hiltrup 1970– studiowellehiltrup.de NW NW
Vincenz-Welle Datteln 1974–2020(?) vincenzwelle.de NW NW
Welle Wanne Herne 1983– NW NW

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hubert Schmölzl: Schere – Tupfer – Mikrofon. Krankenhausradios in Deutschland. Sach+Fach-Verlag, Werne 2007, ISBN 978-3-00-023255-8.
  • Hubert Schmölzl: Schere – Tupfer – Mikrofon II Krankenhausradios in Deutschland + der Schweiz, Sach+Fach-Verlag, Werne 2020, ISBN 978-3-9819088-5-5.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hubert Schmölzl: Schere – Tupfer – Mikrofon Krankenhausradios in Deutschland (2007), S. 11, 81–91
  2. Hubert Schmölzl: Schere-Tupfer-Mikrofon II Krankenhausradios in Deutschland + der Schweiz (2020), S. 8, 108–120
  3. Dachverband: Hospital Broadcasting Association (HBA)
  4. hospitalradio4u.com, Annex C
  5. hospitalradio4u.com, History P1
  6. Krankenhausradio Elmshorn
  7. https://wiki.ibb.town/Kanal-4