„Brüssel“ – Versionsunterschied

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{{Dieser Artikel|behandelt die Gemeinde Brüssel. Diese ist ein Teil der [[Hauptstadtregion Brüssel]].}}
{{Dieser Artikel|behandelt die ''[[Stadt Brüssel]]'' und die ''[[Hauptstadtregion Brüssel]]'' in einem Artikel.}}

{| border="0" cellpadding="2" cellspacing="1" bgcolor="#DEFFAD" style="float:right; margin-left:15px"
! colspan="2" align=center bgcolor="#FFDEAD" | Region Brüssel-Hauptstadt
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| colspan="2" align="center" bgcolor="#EFEFEF" | [[Image:Flag Belgium brussels.svg|125px|Flagge der Hauptstadtregion Brüssel]]
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! colspan="2" | Basisdaten
|----- bgcolor="#FFFFFF"
| Hauptstadt: || [[Brüssel]]
|---- bgcolor="#FFFFFF"
| Ministerpräsident || |[[Charles Picqué]]
|---- bgcolor="#FFFFFF"
| Fläche: || 161,4 [[Quadratkilometer|km²]]
|---- bgcolor="#FFFFFF"
| Einwohner: || 1.067.557 <small>(4. Februar 2009)</small>
|---- bgcolor="#FFFFFF"
| [[Bevölkerungsdichte]]: || 6.497 Einwohner je km²
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| Website: || [http://www.brussel.irisnet.be/ www.brussel.irisnet.be]
|----
! colspan="2" | Karte
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| colspan="2" align=center | [[Bild:BelgiumBrussels.png|250px|Position der Hauptstadtregion Brüssel in Belgien]]
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{{Infobox Ort in Belgien
{{Infobox Ort in Belgien
|NAME = Brüssel
|NAME = Stadt Brüssel
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'''Brüssel''' ([[Französische Sprache|Frz.]]: ''Bruxelles'' [{{IPA|bʀyˈsɛl}}] oder [{{IPA|bʀyˈksɛl}}], [[Niederländische Sprache|Niederl.]]: ''Brussel'' [{{IPA|ˈbrɵsəɫ}}]) ist die [[Hauptstadt|Haupt-]] und [[Residenzstadt]] des [[Belgien|Königreichs Belgien]], Sitz der Institutionen der [[Flämische Gemeinschaft|Flämischen]] und [[Französische Gemeinschaft Belgiens|Französischen Gemeinschaft Belgiens]] sowie von [[Flandern]] und Hauptort der [[Hauptstadtregion Brüssel]]. Zudem stellt die Stadt an der [[Senne (Fluss)|Senne]] den Hauptsitz der [[Europäische Union|Europäischen Union]] sowie den Sitz der [[NATO]], ferner den des ständigen Sekretariats der [[Benelux]]-Länder, der [[Westeuropäische Union|Westeuropäischen Union]] und der [[EUROCONTROL]].
'''Brüssel''' ([[Französische Sprache|Frz.]]: ''Bruxelles'' [{{IPA|bʀyˈsɛl}}] oder [{{IPA|bʀyˈksɛl}}], [[Niederländische Sprache|Niederl.]]: ''Brussel'' [{{IPA|ˈbrɵsəɫ}}]) ist die [[Hauptstadt|Haupt-]] und [[Residenzstadt]] des [[Belgien|Königreichs Belgien]], Sitz der Institutionen der [[Flämische Gemeinschaft|Flämischen]] und [[Französische Gemeinschaft Belgiens|Französischen Gemeinschaft Belgiens]] sowie von [[Flandern]] und Hauptort der Hauptstadtregion Brüssel. Zudem stellt die Stadt an der [[Senne (Fluss)|Senne]] den Hauptsitz der [[Europäische Union|Europäischen Union]] sowie den Sitz der [[NATO]], ferner den des ständigen Sekretariats der [[Benelux]]-Länder, der [[Westeuropäische Union|Westeuropäischen Union]] und der [[EUROCONTROL]].


Das administrative Stadtgebiet Brüssels hat offiziell 148.900 Einwohner, die oft unter der Bezeichnung ''[[Agglomeration]]'' herangezogene Hauptstadtregion umfasst 1.067.557 Menschen (Stand 4. Februar 2009)<ref>nieuwsblad.be: [http://www.nieuwsblad.be/Article/Detail.aspx?articleid=1G25VH63_3 Einwohnerzahlen 2009]</ref>. Die zur Hauptstadtregion gehörenden anderen 18 Gemeinden bilden zusammen mit der Stadt Brüssel ein zusammenhängendes städtisches Siedlungsgebiet, sind jedoch selbständig verwaltet und zählen dadurch im verwaltungsrechtlichen Sinne nicht zur Stadt Brüssel.
Unter dem Begriff Brüssels kann die '''''Stadt Brüssel''''' ([[Französische Sprache|Frz.]]: ''Bruxelles-Ville'' oder, [[Niederländische Sprache|Niederl.]]: ''Stad Brussel'') mit 148.900 Einwohner, oder die '''''Hauptstadtregion Brüssel (auch Region Brüssel-Hauptstadt)''''' ([[Französische Sprache|Frz.]]: ''Région de Bruxelles-Capitale'' oder, [[Niederländische Sprache|Niederl.]]: ''Brussels Hoofdstedelijk Gewest'') mit 1.067.557 Einwohnern gemeint sein<ref>nieuwsblad.be: [http://www.nieuwsblad.be/Article/Detail.aspx?articleid=1G25VH63_3 Einwohnerzahlen 2009]</ref>. Die zur Hauptstadtregion gehörenden anderen 18 Gemeinden bilden zusammen mit der Stadt Brüssel ein zusammenhängendes städtisches Siedlungsgebiet, sind jedoch selbständig verwaltet und zählen dadurch im verwaltungsrechtlichen Sinne nicht zur Stadt Brüssel. Da die Region als ein zusammenhängendes Stadtgebiet wahrgenommen werden kann, wird im allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff Brüssel meist mit der Hauptstadtregion gleichgesetzt.


[[996]] erstmals urkundlich erwähnt und im Mittelalter zur Hauptstadt des historischen [[Herzogtum Brabant|Herzogtums Brabant]] aufgestiegen, wurde Brüssel mit der [[Belgische Revolution|Unabhängigkeit Belgiens]] 1830 zu dessen Hauptstadt erhoben. Zusammen mit seinen umliegenden Gemeinden ist Brüssel heute als Industrie- und Handelsstadt mit zwei Universitäten, mehreren Hochschulen, Akademien, Bibliotheken, Museen und Bühnen ein bedeutendes Wirtschafts-, Wissenschafts- und Kulturzentrum sowie ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt im Zentrum des Landes.
[[996]] erstmals urkundlich erwähnt und im Mittelalter zur Hauptstadt des historischen [[Herzogtum Brabant|Herzogtums Brabant]] aufgestiegen, wurde Brüssel mit der [[Belgische Revolution|Unabhängigkeit Belgiens]] 1830 zu dessen Hauptstadt erhoben. Zusammen mit seinen umliegenden Gemeinden ist Brüssel heute als Industrie- und Handelsstadt mit zwei Universitäten, mehreren Hochschulen, Akademien, Bibliotheken, Museen und Bühnen ein bedeutendes Wirtschafts-, Wissenschafts- und Kulturzentrum sowie ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt im Zentrum des Landes.
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== Geographie ==
== Geographie ==
[[Bild:Montdesarts.jpg|thumb|Brüssel vom ''Mont des Arts/Kunstberg'']]
[[Bild:Montdesarts.jpg|thumb|Brüssel vom ''Mont des Arts/Kunstberg'']]
Die Stadt Brüssel befindet sich recht zentral innerhalb des belgischen Staatsgebietes, eingebettet im Brüsseler Becken zwischen dem Flandrischen Tiefland und dem Brabanter Plateau auf einer Höhe zwischen 15 und 100 Metern über dem Meeresspiegel. Die [[Senne (Fluss)|Senne]] durchzieht die Stadt von Südwesten nach Nordosten, wo sie durch ihre großflächige Überwölbung aus dem 19. und 20. Jahrhundert nicht mehr auszumachen ist. Außerdem quert ein Seekanal, ausgehend von [[Anderlecht]] und der westlichen Stadtgrenze mit [[Molenbeek]], das nördliche Stadtgebiet Brüssels und verbindet damit die Stadt mit [[Charleroi]] und [[Antwerpen]]. Brüssel ist eine Stadt der [[Hauptstadtregion Brüssel]].
Die Stadt Brüssel befindet sich recht zentral innerhalb des belgischen Staatsgebietes, eingebettet im Brüsseler Becken zwischen dem Flandrischen Tiefland und dem Brabanter Plateau auf einer Höhe zwischen 15 und 100 Metern über dem Meeresspiegel. Die [[Senne (Fluss)|Senne]] durchzieht die Stadt von Südwesten nach Nordosten, wo sie durch ihre großflächige Überwölbung aus dem 19. und 20. Jahrhundert nicht mehr auszumachen ist. Außerdem quert ein Seekanal, ausgehend von [[Anderlecht]] und der westlichen Stadtgrenze mit [[Molenbeek-Saint-Jean/Sint-Jans-Molenbeek]], das nördliche Stadtgebiet Brüssels und verbindet damit die Stadt mit [[Charleroi]] und [[Antwerpen]]. Die Region Brüssel-Hauptstadt ist eine der drei [[Politisches System Belgiens|Regionen]] und eines der 43 [[Arrondissement]]s [[Belgien]]s. Sie umfasst das zweisprachige Gebiet der Hauptstadt Brüssel und ist in 19 selbständige Gemeinden gegliedert. Die Stadt [[Brüssel]], die das Stadtzentrum Brüssels umfasst, ist eine dieser 19 Gemeinden.


=== Ausdehnung des Stadtgebietes ===
=== Verwaltungsgliederung ===
[[Bild:Location City of Brussels.svg|300px|thumb|Gemeindegliederung]]
Das verwaltungsrechtliche Gebiet der Kommune umfasst 32&nbsp;km², was etwa 3,5 Prozent der Stadtfläche [[Berlin]]s entspricht. Dies ist im städtebaulichen Verständnis im deutschsprachigen Raum eher als Stadtteil der Region Brüssel-Hauptstadt aufzufassen. Auch wird mit dem Begriff Brüssel gewöhnlich die zweisprachige Region Brüssel-Hauptstadt bezeichnet, die auf 161&nbsp;km² ein zusammenhängendes Siedlungsgebiet mit sehr hoher Bevölkerungsdichte bildet. Rund 1.067.557 Menschen leben in diesem Städtekonglomerat, welches auch als ''Agglomeration Brüssel'' bezeichnet wird, wenngleich sich die eigentliche Siedlungsfläche der Brüsseler [[Agglomeration]] über die Regionsgrenzen hinweg nach [[Flandern]] erstreckt.
[[Bild:Flag Belgium brussels.svg|left|thumb|Die Flagge der Haupstadtregion Brüssel]]
''Die Stadt Brüssel'' (auf der Karte die rote Fläche) bestand ursprünglich nur aus dem Stadtkern von Brüssel (auch Pentagon aufgrund seiner fünfeckigen Form genannt) und fusionierte im Jahr 1921 mit den Teilgemeinden Haren, [[Laken (Belgien)|Laken]] und Neder-Over-Heembeek. Heutzutage kann man die Stadt Brüssel in sechs Teile aufteilen: Das Pentagon (Stadtzentrum), Laken, Neder-over-Heembeek, Haren, die Südachse Louise/Louiza-Roosevelt (die die Hauptstadtregions-Gemeinde [[Ixelles/Elsene]] durchtrennt) und das Europaviertel.

''Die Hauptstadtregion Brüssel'' (Die gesamte nebenstehende Karte) ist in 19 selbständige Gemeinden gegliedert, die jedoch ein zusammenhängendes städtisches Siedlungsgebiet bilden, siehe [[Liste der Gemeinden in der Hauptstadtregion Brüssel]]. Die Gemeinden haben bis heute ein hohes Maß an politischer Eigenständigkeit bewahrt. In punkto Lebensqualität und Wohncharakter unterscheiden sich die Hauptstadtgemeinden teils sehr stark voneinander. So gelten die südöstlichen und östlichen Gemeinden der Hauptstadtregion, unter anderem aufgrund ihrer Nähe zum Erholungsgebiet Zonenwald, allgemein als bevorzugte Wohngegenden. Insbesondere zentrumsnahe Gemeinden wie Schaarbeek, Sint-Joost-ten-Node und Sint-Gillis werden dagegen eher von sozial schwächeren Schichten bewohnt und vermitteln dem Besucher einen heruntergekommenen Eindruck.

Zu Vergleichen ist die Struktur mit der von [[Greater London]] und der der [[City of London]].

=== Ausdehnung des Stadtgebietes / Agglomeration Brüssel ===
Das verwaltungsrechtliche Gebiet der Kommune umfasst 32&nbsp;km², was etwa 3,5 Prozent der Stadtfläche [[Berlin]]s entspricht. Dies ist im städtebaulichen Verständnis im deutschsprachigen Raum eher als Stadtteil der Region Brüssel-Hauptstadt aufzufassen. Auch wird mit dem Begriff Brüssel gewöhnlich die zweisprachige Region Brüssel-Hauptstadt bezeichnet, die auf 161&nbsp;km² ein zusammenhängendes Siedlungsgebiet mit sehr hoher Bevölkerungsdichte bildet. Rund 1.067.557 Menschen leben in diesem Städtekonglomerat, welches auch als ''Agglomeration Brüssel'' bezeichnet wird, wenngleich sich die eigentliche Siedlungsfläche der Brüsseler [[Agglomeration]] über die Regionsgrenzen hinweg nach [[Flandern]] und [[Wallonien]] erstreckt. Die Brüsseler Metropolregion kann in drei Arten unterschieden werden. Erstens die operationalisierte Agglomeration (''geoperationaliseerde agglomeratie'') mit 1.451.047 Einwohnern. Zusammen mit den Vororten (''banlieue'') sind es 1.831.496 Einwohner. Zusammen mit dem Pendler-Einzugsgebiet (''forensenwoonzone'') steigt die Population auf 2.676.701 Einwohner<ref> [http://statbel.fgov.be/downloads/pop200801com.xls Statistics Belgium; ''Population de droit par commune au 1 janvier 2008'' ('''Excel-Datei''')] Die Bevölkerungszahlen aller Gemeinden Belgiens, vom 1. Januar 2008.</ref><ref> [http://www.statbel.fgov.be/pub/d0/p009n014_nl.pdf Statistics Belgium; ''De Belgische Stadsgewesten 2001'' ('''PDF-Datei''')] Definition von Metropolregionen in Belgien.</ref>.
Die verwaltungsrechtliche Zersplitterung des Brüsseler Verdichtungsraumes in 19 Gemeinden ist historisch bedingt. Die neue Rolle als Hauptstadt eines unabhängigen Staates und der industrielle Aufschwung Belgiens im 19. Jahrhundert führten auch in Folge einer lebhaften Zuwanderung aus der [[Wallonie]] und [[Frankreich]] zum starken Anstieg der Bevölkerungszahlen der ehemals ländlichen Vorortgemeinden. Die städtische Bebauung stieß an den kommunalen Grenzen aufeinander, so dass die Siedlungsgebiete um den Brüsseler [[Stadtkern]] (''Pentagone'') zu einem urbanen Konglomerat verschmolzen. Die einzelnen Städte und Gemeinden wurden jedoch bis auf einige königlich erlassene Ausnahmen nicht zur Kernstadt eingemeindet und behielten ihre kommunale Eigenständigkeit.

=== Bevölkerung ===
[[Bild:Brussles 4.35995E 50.84400N.jpg|thumb|250px|Satellitenfoto des Großraums Brüssel]]
[[Bild:Brussles 4.35995E 50.84400N.jpg|thumb|250px|Satellitenfoto des Großraums Brüssel]]
Die demographischen Verhältnisse der Hauptstadtregion Brüssel sind äußerst heterogen. Insbesondere der Anteil an Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist je nach Gemeinde unterschiedlich ausgeprägt. Mit 98% hat Sint-Joost-ten-Noode den höchsten Anteil an [[Allochthon (Ethnologie)|Allochthonen]] aufzuweisen, gefolgt von Sint-Gillis (81%), Schaarbeek und Sint-Jans-Molenbeek (beide 74%). Die beiden Außengemeinden Ganshoren und Watermael-Bosvoorde haben mit jeweils 24% den geringsten Allochthonenanteil. Insgesamt hat Brüssel mit 57% (nach NPDATA) einen für europäische Verhältnisse sehr hohen Anteil an allochthoner Bevölkerung. Interessant ist, dass die französischsprachigen [[Autochthon|autochthonen]] Belgier nur noch in wenigen Gemeinden die Mehrheit der Bevölkerung darstellen. Die guten Wahlergebnisse französischsprachiger Parteien in der Hauptstadtregion sind insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Bevölkerung mit Migrationshintergrund vorwiegend französisch wählt. Die niederländischsprachige Minderheit wohnt vor allem in den nördlichen Gemeinden der Hauptstadtregion und macht dort einen Anteil von ca. 15% an der Gesamtbevölkerung aus, in den Südbezirken schwindet ihr Anteil auf unter 10%.
Brüssel umfasst im Wesentlichen die das Zentrum bildende Unterstadt und Oberstadt, die nördlichen Gebiete Haren, Laeken, Neder-Over-Heembeek und den Stadtwald ''Bois de la Cambre''. Die verwaltungsrechtliche Zersplitterung des Brüsseler Verdichtungsraumes in 19 Gemeinden ist historisch bedingt. Die neue Rolle als Hauptstadt eines unabhängigen Staates und der industrielle Aufschwung Belgiens im 19. Jahrhundert führten auch in Folge einer lebhaften Zuwanderung aus der [[Wallonie]] und [[Frankreich]] zum starken Anstieg der Bevölkerungszahlen der ehemals ländlichen Vorortgemeinden. Die städtische Bebauung stieß an den kommunalen Grenzen aufeinander, so dass die Siedlungsgebiete um den Brüsseler [[Stadtkern]] (''Pentagone'') zu einem urbanen Konglomerat verschmolzen. Die einzelnen Städte und Gemeinden wurden jedoch bis auf einige königlich erlassene Ausnahmen nicht zur Kernstadt eingemeindet und behielten ihre kommunale Eigenständigkeit.


=== Klima ===
=== Klima ===
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Die Niederschlagsmengen im Bereich Brüssel bewirken einen humiden Jahresverlauf, wobei im Juni und November mit rund 78&nbsp;mm Niederschlagshöhe die meisten Niederschläge fallen. Die jährliche Niederschlagsmenge in Brüssel beträgt 821&nbsp;mm. Die Anzahl winterlicher Frosttage liegt bei rund 60 Tagen.
Die Niederschlagsmengen im Bereich Brüssel bewirken einen humiden Jahresverlauf, wobei im Juni und November mit rund 78&nbsp;mm Niederschlagshöhe die meisten Niederschläge fallen. Die jährliche Niederschlagsmenge in Brüssel beträgt 821&nbsp;mm. Die Anzahl winterlicher Frosttage liegt bei rund 60 Tagen.

=== Verwaltungsgliederung ===
[[Bild:BrusselLocatie.png|right|200px||Das Stadtgebiet in der Hauptstadtregion Brüssel]]
Brüssel selbst (auf der Karte die rote Fläche) ist in die sieben Bezirke [[Brüssel-Haren|Haren]], [[Laken (Belgien)|Laken]], [[Brüssel-Neder-Over-Heembeek|Neder-Over-Heembeek]], [[Brüssel-Pentagone|Pentagone/Vijfhoek]], [[Brüssel-Quartier Louise|Quartier Louise/Louizawijk]], [[Brüssel-Espace Nord|Espace Nord/Noordwijk]] und [[Brüssel-Nord-Est/Noord-Oostwijk]] gegliedert.

Die [[Hauptstadtregion Brüssel]] (''Région de Bruxelles-Capitale''/''Brussels Hoofdstedelijk Gewest'', die gesamte nebenstehende Karte) ist dagegen ein Zusammenschluss von Brüssel und den 18 umliegenden Kommunen, die zwar dicht zu einer Stadt verwachsen sind, jedoch bis heute ihre Selbstständigkeit völlig bewahrt haben. Die zweisprachige Hauptstadtregion stellt eine der drei Regionen Belgiens dar, die Kompetenzen über bestimmte Politikfelder des Staates hat. 85 bis 90 Prozent der Einwohner sprechen als Muttersprache Französisch, wogegen die Hauptstadtregion von allen Seiten von der niederländischsprachigen Region [[Flandern]] umschlossen ist. Die direkten Umlandgemeinden besitzen teilweise ebenfalls große französischsprachige Bevölkerungsgruppen ([[Fazilitäten-Gemeinden]]), die größere Rechte oder eine Eingliederung in die Hauptstadtregion Brüssel verlangen. Dies war im Rahmen des [[Flämisch-wallonischer Konflikt|flämisch-wallonischen Konfliktes]] wiederholt Anlass für Streit, da die flämische Seite eine Ausgliederung dieser Gemeinden ablehnt.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
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=== Kampf um die Unabhängigkeit ===
=== Kampf um die Unabhängigkeit ===
[[Bild:Wappers belgian revolution.jpg|thumb|250px|[[Gustave Wappers]]: ''Szene aus den Septembertagen von 1830'', Zeitgenössisches [[Historienbild]] von 1835 (Nationalmuseum Brüssel)]]
[[Bild:Wappers belgian revolution.jpg|thumb|250px|[[Gustave Wappers]]: ''Szene aus den Septembertagen von 1830'', Zeitgenössisches [[Historienbild]] von 1835 (Nationalmuseum Brüssel)]]
[[Bild:Munt (Brussel).jpg|left|thumb|[[La Monnaie]]]]
1789 wird im ''Brabanter Aufstand'' die Unabhängigkeit gegen die Habsburger unter [[Joseph II. (HRR)|Joseph II.]] errungen. Diese ist jedoch nur von kurzer Dauer, weil 1794 die Truppen der revolutionären französischen Republik das Land erobern. Die französische Herrschaft endet 1815 mit der Niederlage Napoleons auf dem Schlachtfeld von [[Waterloo (Belgien)|Waterloo]], das sich unmittelbar südlich der heutigen Hauptstadtregion Brüssel befindet. Im [[Wiener Kongress]] 1814–1815 werden die südlichen Niederlande mit den nördlichen Niederlanden unter [[Wilhelm I. (Niederlande)|Wilhelm I. von Oranien]] vereinigt. Doch in Folge der divergenten politischen und kulturellen historischen Entwicklung sind Konflikte zwischen den beiden Landesteilen im Keim angelegt.
1789 wird im ''Brabanter Aufstand'' die Unabhängigkeit gegen die Habsburger unter [[Joseph II. (HRR)|Joseph II.]] errungen. Diese ist jedoch nur von kurzer Dauer, weil 1794 die Truppen der revolutionären französischen Republik das Land erobern. Die französische Herrschaft endet 1815 mit der Niederlage Napoleons auf dem Schlachtfeld von [[Waterloo (Belgien)|Waterloo]], das sich unmittelbar südlich der heutigen Hauptstadtregion Brüssel befindet. Im [[Wiener Kongress]] 1814–1815 werden die südlichen Niederlande mit den nördlichen Niederlanden unter [[Wilhelm I. (Niederlande)|Wilhelm I. von Oranien]] vereinigt. Doch in Folge der divergenten politischen und kulturellen historischen Entwicklung sind Konflikte zwischen den beiden Landesteilen im Keim angelegt.


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[[Bild:Luc Viatour Bruxelles bourse.JPG|thumb|Börse]]
[[Bild:Luc Viatour Bruxelles bourse.JPG|thumb|Börse]]
[[Bild:Basilica of the Sacred Heart-3.jpg|left|thumb|[[Basilique Nationale du Sacré-Cœur]]]]

Durch die neue Rolle als Hauptstadt eines unabhängigen Staates und durch den industriellen Aufschwung Belgiens im 19. Jahrhundert erlebt Brüssel einen gewaltigen Aufschwung. Die Bevölkerung wächst dramatisch, auch in Folge einer lebhaften Zuwanderung aus der [[Wallonie]] und [[Frankreich]]. Ehemals ländliche Gemeinden um den [[Historischer Stadtkern|historischen Stadtkern]] herum verschmelzen zu einem urbanen Konglomerat; riesige neue Stadtgebiete wachsen im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert scheinbar aus dem Nichts. In dieser Zeit entstehen große Gebäude wie der [[Justizpalast (Brüssel)|Justizpalast]] (1866–1883), die Börse (1873), der Königspalast auf dem Mont des Arts (Fertigstellung 1903), der Triumphbogen (Fertigstellung 1905), und die berühmten Jugendstilbauten der Stadt, beispielsweise [[Victor Horta]]s Bauten.
Durch die neue Rolle als Hauptstadt eines unabhängigen Staates und durch den industriellen Aufschwung Belgiens im 19. Jahrhundert erlebt Brüssel einen gewaltigen Aufschwung. Die Bevölkerung wächst dramatisch, auch in Folge einer lebhaften Zuwanderung aus der [[Wallonie]] und [[Frankreich]]. Ehemals ländliche Gemeinden um den [[Historischer Stadtkern|historischen Stadtkern]] herum verschmelzen zu einem urbanen Konglomerat; riesige neue Stadtgebiete wachsen im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert scheinbar aus dem Nichts. In dieser Zeit entstehen große Gebäude wie der [[Justizpalast (Brüssel)|Justizpalast]] (1866–1883), die Börse (1873), der Königspalast auf dem Mont des Arts (Fertigstellung 1903), der Triumphbogen (Fertigstellung 1905), und die berühmten Jugendstilbauten der Stadt, beispielsweise [[Victor Horta]]s Bauten.



[[Bild:Palais de Justice de Bruxelles.JPG|left|thumb|Justizpalast]]
Obwohl Belgien in beiden Weltkriegen als Vormarschgebiet Opfer der deutschen Offensivstrategie war, blieb Brüssel von Kriegszerstörungen weitgehend verschont. Deshalb prägten bis in die 1960er Jahre (und teilweise noch bis heute) die Architektur und die Straßenzüge der Gründerzeit das Stadtbild. Das große Projekt der schienenmäßigen Verknüpfung der beiden Bahnhöfe Gare du Nord und Gare du Midi und die damit verbundenen Flächenabrisse belasteten allerdings schon ab den 1930er Jahren das Zentrum der Stadt.
Obwohl Belgien in beiden Weltkriegen als Vormarschgebiet Opfer der deutschen Offensivstrategie war, blieb Brüssel von Kriegszerstörungen weitgehend verschont. Deshalb prägten bis in die 1960er Jahre (und teilweise noch bis heute) die Architektur und die Straßenzüge der Gründerzeit das Stadtbild. Das große Projekt der schienenmäßigen Verknüpfung der beiden Bahnhöfe Gare du Nord und Gare du Midi und die damit verbundenen Flächenabrisse belasteten allerdings schon ab den 1930er Jahren das Zentrum der Stadt.


[[Bild:Palais de Justice de Bruxelles.JPG|left|thumb|[[Justizpalast (Brüssel)|Justizpalast]]]]
[[Bild:Parc du Cinquantenaire 30-05-06.JPG|right|thumb|Der Jubelpark mit seinem Triumphbogen]]Ein Zankapfel, der Belgien seit seiner Gründung zu spalten droht, macht sich auch in jüngster Vergangenheit in Brüssel wieder zunehmend bemerkbar: Der sprachliche und kulturelle Konflikt zwischen der wallonischen, französischsprechenden Bevölkerung in Südbelgien und der flämischen, niederländischsprechenden Bevölkerung im Norden. Das kleinstädtische Brüssel des frühen 19. Jahrhunderts liegt nördlich der bis heute ansonsten stabilen flämisch-französischen Sprachgrenze. Die niederländisch geprägte Kleinstadt Brüssel wird aber durch ihre Hauptstadtfunktion und das im späteren 19. Jahrhundert dominierende ökonomische und kulturelle Gewicht der damals industriell weiter entwickelten Wallonie „französisiert“. Auch im heutigen urbanen Brüssel dominiert das französische Element, wiewohl sich auch im Süden der Stadt noch flämisch geprägte Randgemeinden finden. Diese Entwicklung wurde und wird von vielen Flamen abgelehnt. Das nationalsozialistische Deutschland versuchte diesen Konflikt für eigene Zwecke zu nutzen. Rechtsextremen Gruppen in Belgien, die darin speziell in den 1930er Jahren politischen Profit suchten, konnte allerdings mit Kompromissen immer wieder der Wind aus den Segeln genommen werden.
[[Bild:Parc du Cinquantenaire 30-05-06.JPG|right|thumb|Der Jubelpark mit seinem Triumphbogen]]Ein Zankapfel, der Belgien seit seiner Gründung zu spalten droht, macht sich auch in jüngster Vergangenheit in Brüssel wieder zunehmend bemerkbar: Der sprachliche und kulturelle Konflikt zwischen der wallonischen, französischsprechenden Bevölkerung in Südbelgien und der flämischen, niederländischsprechenden Bevölkerung im Norden. Das kleinstädtische Brüssel des frühen 19. Jahrhunderts liegt nördlich der bis heute ansonsten stabilen flämisch-französischen Sprachgrenze. Die niederländisch geprägte Kleinstadt Brüssel wird aber durch ihre Hauptstadtfunktion und das im späteren 19. Jahrhundert dominierende ökonomische und kulturelle Gewicht der damals industriell weiter entwickelten Wallonie „französisiert“. Auch im heutigen urbanen Brüssel dominiert das französische Element, wiewohl sich auch im Süden der Stadt noch flämisch geprägte Randgemeinden finden. Diese Entwicklung wurde und wird von vielen Flamen abgelehnt. Das nationalsozialistische Deutschland versuchte diesen Konflikt für eigene Zwecke zu nutzen. Rechtsextremen Gruppen in Belgien, die darin speziell in den 1930er Jahren politischen Profit suchten, konnte allerdings mit Kompromissen immer wieder der Wind aus den Segeln genommen werden.


[[Bild:EuropaBruessel.JPG|thumb|EU-Kommissionssitz: [[Berlaymont-Gebäude]]]]
[[Bild:Señalizacion bilingue bruselas.jpg|thumb|left|Zweisprachiges Straßenschild an einem Straßentunnel Brüssels]]
1932–1938 wird Brüssel zweisprachig. Straßennamen, Namen von Stadtteilen und Stationen des öffentlichen Nahverkehrs sind seitdem konsequent zweisprachig beschildert, sofern die Namen nicht in beiden Landessprachen übereinstimmen. 1988 verabschiedet das belgische Parlament ein Gesetz, das Belgien zum Bundesstaat macht, mit den autonomen Regionen Flandern und Wallonie und der Region Brüssel mit besonderem Status. In den letzten Jahren, mit der zunehmenden Internationalisierung Brüssels, verliert dieser [[Flämisch-wallonischer Konflikt|flämisch-wallonische Konflikt]] innerhalb dieser Stadt - im Gegensatz zum übrigen Belgien - mehr und mehr seine Schärfe.
1932–1938 wird Brüssel zweisprachig. Straßennamen, Namen von Stadtteilen und Stationen des öffentlichen Nahverkehrs sind seitdem konsequent zweisprachig beschildert, sofern die Namen nicht in beiden Landessprachen übereinstimmen. 1988 verabschiedet das belgische Parlament ein Gesetz, das Belgien zum Bundesstaat macht, mit den autonomen Regionen Flandern und Wallonie und der Region Brüssel mit besonderem Status. In den letzten Jahren, mit der zunehmenden Internationalisierung Brüssels, verliert dieser [[Flämisch-wallonischer Konflikt|flämisch-wallonische Konflikt]] innerhalb dieser Stadt - im Gegensatz zum übrigen Belgien - mehr und mehr seine Schärfe.


[[Bild:Belgacom beim Gare du Nord Nr 1.jpg|thumb|left|Der Espace Nord mit modernen Hochhausgebäuden]]
[[Bild:EuropaBruessel.JPG|thumb|EU-Kommissionssitz: [[Berlaymont-Gebäude]]]]
Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] etabliert sich Brüssel auch international als Zentrum: 1958 wird es zum Sitz der [[Europäische Wirtschaftsgemeinschaft|EWG]], der Vorläuferin der heutigen [[Europäische Union|Europäischen Union]]. 1958 findet auch die Weltausstellung in Brüssel statt, die uns eines seiner berühmtesten Bauten, das [[Atomium]], hinterlässt. 1967 wird der Sitz der NATO von Paris nach Brüssel verlegt. Urbanistisch erweist sich diese Periode für Brüssel als eher problematisch: Ein Gesetz von 1953, das den Gemeinden die Ankaufs- und Demolierungskosten von Sanierungsgebieten (minus dem geschätzten Bodenwert) staatlich vergütet, wirkt sich in der belgischen Hauptstadt fatal aus: Die Gemeinde wird quasi zum Abrissspekulanten, der, ähnlich privaten Bauherren, an einer maximalen Verwertung des Baugrundes und damit an Hochhausbebauung interessiert ist. Darüber hinaus bewirken Modernitätseuphorie und der Wunsch nach einer [[Autogerechte Stadt|autogerechten Stadt]] Veränderungen des Stadtbildes, die zuweilen als „Brüsselisierung“ charakterisiert werden. Marcel Smets vermerkt, dass Brüssel in den 1960er Jahren „durch die Immobilienspekulation mehr devastiert wurde als durch die Bomben des Zweiten Weltkriegs“. Auch die drohende Ghettoisierung relativ zentraler und kulturell wertvoller Stadtviertel durch Ansiedlung armer und kulturell schwer integrierbarer Zuwandererschichten wird zum Charakteristikum des modernen Brüssel. Am 22. Mai 1967 kam es im Kaufhaus „[[A l'ínnovation]]“ während einer gut besuchten Sonderausstellung zu einem Brand, bei dem über 300 Menschen starben.
Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] etabliert sich Brüssel auch international als Zentrum: 1958 wird es zum Sitz der [[Europäische Wirtschaftsgemeinschaft|EWG]], der Vorläuferin der heutigen [[Europäische Union|Europäischen Union]]. 1958 findet auch die Weltausstellung in Brüssel statt, die uns eines seiner berühmtesten Bauten, das [[Atomium]], hinterlässt. 1967 wird der Sitz der NATO von Paris nach Brüssel verlegt. Urbanistisch erweist sich diese Periode für Brüssel als eher problematisch: Ein Gesetz von 1953, das den Gemeinden die Ankaufs- und Demolierungskosten von Sanierungsgebieten (minus dem geschätzten Bodenwert) staatlich vergütet, wirkt sich in der belgischen Hauptstadt fatal aus: Die Gemeinde wird quasi zum Abrissspekulanten, der, ähnlich privaten Bauherren, an einer maximalen Verwertung des Baugrundes und damit an Hochhausbebauung interessiert ist. Darüber hinaus bewirken Modernitätseuphorie und der Wunsch nach einer [[Autogerechte Stadt|autogerechten Stadt]] Veränderungen des Stadtbildes, die zuweilen als „Brüsselisierung“ charakterisiert werden. Marcel Smets vermerkt, dass Brüssel in den 1960er Jahren „durch die Immobilienspekulation mehr devastiert wurde als durch die Bomben des Zweiten Weltkriegs“. Auch die drohende Ghettoisierung relativ zentraler und kulturell wertvoller Stadtviertel durch Ansiedlung armer und kulturell schwer integrierbarer Zuwandererschichten wird zum Charakteristikum des modernen Brüssel. Am 22. Mai 1967 kam es im Kaufhaus „[[A l'ínnovation]]“ während einer gut besuchten Sonderausstellung zu einem Brand, bei dem über 300 Menschen starben.

== Sprachen und Gemeinschaften ==
=== Sprachenverhältnisse ===
[[Bild:Taalevolutie Brussel-DE.png|thumb|right|350px|Entwicklung der Sprachenverhältnisse]]
[[Bild:Taalverdeling Brussel-DE.png|thumb|right|350px|Zu Hause gesprochen Sprachen]]
[[Bild:Señalizacion bilingue bruselas.jpg|thumb|left|Zweisprachiges Straßenschild an einem Straßentunnel Brüssels]]
Die Region Brüssel ist ein mehrsprachiges Gebiet mit zwei offiziellen Amtssprachen, [[Französische Sprache|Französisch]] und [[Niederländische Sprache|Niederländisch]].

Von jeher ein niederländischsprachiges Gebiet, wurde erst seit der französischen Herrschaft und vor allem ab 1830 die französische Sprache als anfänglich einzige Amtssprache Belgiens immer wichtiger. Brüssel war als Hauptstadt Standort vielerlei Behörden und jeder Beamte sollte Französisch sprechen. Daher tauschten immer mehr Einwohner ihre niederländische Muttersprache gegen die französische Sprache. Nach Volkszählungsergebnissen entwickelte sich das Verhältnis zwischen Niederländisch- und Französischsprachigen im Gebiet der heutigen Region Brüssel wie folgt:

* 1846: 68 % Niederländisch- und 32 % Französischsprachige
* 1910: 49 % Niederländisch- und 51 % Französischsprachige
* 1930: 35 % Niederländisch- und 65 % Französischsprachige
* 1947: 26 % Niederländisch- und 74 % Französischsprachige

Weil die letzte Volkszählung Folgen für die Verwaltungssprache der Gemeinden gehabt hätte und deshalb die Zählungen in manchen Gemeinden beeinflusst wurden, das Niederländische überdies als Verwaltungssprache Brüssels im Zweiten Weltkrieg einen schlechten Ruf bekommen hatte, bekämpften die Flamen die Ergebnisse als unzuverlässig und plädierten für die endgültige Festlegung der Sprachgrenzen. 1962 wurden die Sprachgrenzen und somit auch die Grenzen der zweisprachigen Region (damals Arrondissement) Brüssel festgelegt. Gleichzeitig wurde beschlossen, bei der Volkszählung nicht mehr nach Sprachenzugehörigkeit zu fragen.

Obwohl es dadurch seit 1947 keine offiziellen Daten über die Sprachverhältnisse mehr gibt, sind verschiedene Studien zu diesem Thema durchgeführt worden. Eine Studie der Freien Universität Brüssel (VUB) zeigte 2001 folgende sprachliche Situation:

* 50 % einsprachig Französisch
* 10 % einsprachig Niederländisch
* 10 % zweisprachig Niederländisch - Französisch, vor allem flämischer Herkunft
* 10 % zweisprachig mit Französisch und einer anderen Sprache oder mit Niederländisch und einer anderen Sprache
* 20 % anderssprachig mit weder Französisch noch Niederländisch als Muttersprache

Die heutige Bevölkerung der Region besteht also längst nicht mehr aus nur zwei Sprachgruppen, sondern aus Menschen sehr diverser Herkunft: einheimische dialektsprachige Brüsseler, einheimische französischsprachige Bourgeois, Wallonen, Flamen, Beamte und Mitarbeiter der Europäischen Institutionen, Immigranten aus der damaligen belgischen Kolonie [[Demokratische Republik Kongo|Kongo]], ehemalige Gastarbeiter aus [[Marokko]] und der [[Türkei]], Flüchtlinge usw. Schätzungsweise ist schon eine Mehrheit der Einwohner ausländischer Herkunft.

Im politischen Bereich gibt es jedoch nur französische und flämische Parteien. Weil die übergroße Mehrheit der Ausländer und sogar viele Zweisprachige die französischen Parteien wählen, gewinnen diese immer die große Mehrheit der Stimmen (gut 85% gegen knapp 15% für die flämischen Parteien).

=== Sprachliche Gemeinschaften ===
Die Politikfelder [[Kultur]], [[Sprache]], [[Bildung]] und Teile des Sozialwesens fallen in Belgien nicht in die Zuständigkeit der Regionen, sondern in diejenige der [[Politische Gliederung Belgiens|Gemeinschaften]].

Die französischsprachigen Einwohner der Hauptstadtregion Brüssel gehören zur [[Französische Gemeinschaft Belgiens|Französischen Gemeinschaft Belgiens]] und werden durch die COCOF (''Commission communautaire française''; dt. Französische Gemeinschaftskommission) vertreten, die niederländischsprachigen Einwohner gehören zur [[Flämische Gemeinschaft|Flämischen Gemeinschaft]] und werden durch die VGC (''Vlaamse Gemeenschapscommissie'', dt. Flämische Gemeinschaftskommission) vertreten. Beide Kommissionen (COCOF und VGC) sind teil der GGC ''(Gemeenschappelijke Gemeenschapscommissie)''/COCOM ''(Commission communautaire commune''; dt. Gemeinsame Gemeinschaftskommission), der vereinigten Versammlung beider Gemeinschaftskommissionen. In Brüssel existieren deshalb viele Institutionen des Bildungswesens und des Kulturlebens doppelt, einmal französischsprachig und einmal niederländischsprachig, in der Zuständigkeit der jeweiligen ''Gemeinschaft''.

Eine eigene regionale Brüsseler Identität, wie sie in den Regionen [[Flandern]] und weniger stark in [[Wallonien]] besteht, hat sich reaktiv und in Abgrenzung auch in Brüssel entwickelt.

== Politik ==

Die Region Brüssel-Hauptstadt hat eine eigene Regierung und ein eigenes Regionalparlament.

Die Regierung besteht aus einem Ministerpräsidenten und vier Ministern, zwei von jeder Sprachgemeinschaft. Das Brüsseler Regionalparlament zählt 89 Sitze, 72 für die Französischsprachigen und 17 Sitze für die Niederländischsprachigen. Für sprachliche und institutionelle Angelegenheiten haben beide Sprachgruppen ein Vetorecht (wie auch im belgischen Parlament).

=== Ministerpräsidenten der Region Brüssel-Hauptstadt ===
{| class="wikitable"
|-
| '''Name''' || '''Beginn der Amtszeit''' || '''Ende der Amtszeit''' || '''Partei'''
|-
|[[Charles Picqué]] (''erstes Mal'') || [[12. Juli]] [[1989]] || [[15. Juli]] [[1999]] || [[Parti Socialiste (Belgien)|PS]]
|-
|[[Jacques Simonet]] (''erstes Mal'') || [[15. Juli]] [[1999]] || [[18. Oktober]] [[2000]] || [[Mouvement Réformateur|PRL]]
|-
|[[François-Xavier de Donnéa]] || [[18. Oktober]] [[2000]] || [[6. Juni]] [[2003]] || PRL/[[Mouvement Réformateur|MR]]
|-
|[[Daniel Ducarme]] || [[6. Juni]] [[2003]] || [[18. Februar]] [[2004]] || MR
|-
|Jacques Simonet (''zweites Mal'') || [[18. Februar]] || [[19. Juli]] [[2004]] || MR
|-
|Charles Picqué (''zweites Mal'') || [[19. Juli]] [[2004]] || amtierend || PS
|}

=== Zusammensetzung des Regional-Parlaments von Brüssel ===
{| class="wikitable"
! colspan=2 align="center" valign="top" | Partei
! Sitze
|-
| bgcolor="red" | <font color="#FFFFFF" size=+2>•</font> || [[Parti Socialiste (Belgien)|Sozialistische Partei (PS)]] || 26
|-
| bgcolor="blue" | || [[Mouvement Réformateur|Reformbewegung (MR)]] || 25
|-
| bgcolor="orange" | <font color="#FFFFFF" size=+2>•</font> || [[Centre Démocrate Humaniste|Demokratisch-Humanistisches Zentrum (CDH)]] || 10
|-
| bgcolor="green" | <font color="#FFFFFF" size=+2>•</font> || [[Ecolo]] || 7
|-)
| bgcolor="yellow" | || [[Vlaams Belang|Flämische Belange (VB)]] || 6
|-
| bgcolor="yellow" | || [[Front National (Belgien)|Nationale Front (FN)]] || 4
|-
| bgcolor="blue" | <font color="#FFFFFF" size=+2>•</font> || [[Open Vlaamse Liberalen en Democraten|Flämische Liberale und Demokraten (VLD)]] || 4
|-
| bgcolor="red" | <font color="#FFFFFF" size=+2>•</font> || [[Socialistische Partij Anders|Sozialistische Partei - Anders (SP.A)]] - [[VlaamsProgressieven|Flämische Progressive (VP)]] || 3
|-
| bgcolor="orange" | <font color="#FFFFFF" size=+2>•</font> || [[Christen Democratisch en Vlaams|Christlich-Demokratisch und Flämisch (CD&V)]] - [[Nieuw-Vlaamse Alliantie|Neu-Flämische Allianz (N-VA)]] || 3
|-
| bgcolor="green" | || [[Groen!|Grün!]] || 1
|-
| colspan=2 rowspan="1" | &nbsp;'''Total'''<br>
| '''89'''
|}
''Regierungsparteien sind mit einem Punkt gekennzeichnet (•)''


== Wirtschaft und Infrastruktur ==
== Wirtschaft und Infrastruktur ==
=== Wirtschaft und Unternehmen ===
=== Wirtschaft und Unternehmen ===


Im Vergleich mit dem [[BIP]] der [[EU]] ausgedrückt in [[Kaufkraftstandards]] erreichte die Hauptstadtregion 2006 einen Index von 233,3 (EU-27&nbsp;=&nbsp;100), den dritthöchsten Wert in der EU.<ref>[http://epp.eurostat.ec.europa.eu/pls/portal/docs/PAGE/PGP_PRD_CAT_PREREL/PGE_CAT_PREREL_YEAR_2009/PGE_CAT_PREREL_YEAR_2009_MONTH_02/1-19022009-DE-AP.PDF Eurostat Pressemitteilung 23/2009: Regionales BIP je Einwohner in der EU27] (PDF-Datei; 360 kB)</ref>
Brüssel ist ein bedeutender Wirtschaftsstandort in Belgien und die Region Brüssel-Hauptstadt erreicht das zweithöchste [[Bruttoinlandsprodukt]] in der EU<ref>[http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:European_union_gdp_high_diagram_de.png BIP Statistik Brüssels]</ref>. Hauptwirtschaftsfaktor ist das Dienstleistungsgewerbe und die Gastronomie. Die Gastronomie zählt allein in Brüssel über 2000 Restaurants (Stand April 2007).


Die Europäischen Institutionen sowie der Sitz des Nato-Hauptquartiers sind der Grund, dass sich viele internationale Großunternehmen sowie Interessensverbände und Lobbyistenbüros in Brüssel niedergelassen haben. Auch Länderbüros, Kulturinstitute und Botschaften aus aller Welt bringen eine große Kaufkraft nach Brüssel. Auch die weltweite Presse ist stark vertreten.
Die Europäischen Institutionen sowie der Sitz des Nato-Hauptquartiers sind der Grund, dass sich viele internationale Großunternehmen sowie Interessensverbände und Lobbyistenbüros in Brüssel niedergelassen haben. Auch Länderbüros, Kulturinstitute und Botschaften aus aller Welt bringen eine große Kaufkraft nach Brüssel. Auch die weltweite Presse ist stark vertreten.
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Dem [[ÖPNV|öffentlichen Nahverkehr]] dienen drei [[Metro Brüssel|Metro-]], zwei Premetro-, 18 Straßenbahn- und 50 Bus[[Linie (Verkehr)|linien]]. Alle Haltestellen tragen – sofern sie abweichende Bezeichnungen in den beiden Sprachen haben – jeweils einen Namen in Französisch und Niederländisch. Betreiber des Nahverkehrsnetzes ist die die [[Société des Transports Intercommunaux de Bruxelles/Maatschappij voor het Intercommunaal Vervoer te Brussel|Gesellschaft für zwischengemeindlichen Verkehr zu Brüssel]] (STIB/MIVB).
Dem [[ÖPNV|öffentlichen Nahverkehr]] dienen drei [[Metro Brüssel|Metro-]], zwei Premetro-, 18 Straßenbahn- und 50 Bus[[Linie (Verkehr)|linien]]. Alle Haltestellen tragen – sofern sie abweichende Bezeichnungen in den beiden Sprachen haben – jeweils einen Namen in Französisch und Niederländisch. Betreiber des Nahverkehrsnetzes ist die die [[Société des Transports Intercommunaux de Bruxelles/Maatschappij voor het Intercommunaal Vervoer te Brussel|Gesellschaft für zwischengemeindlichen Verkehr zu Brüssel]] (STIB/MIVB).


Die [[Metro Brüssel|Brüsseler U-Bahn]] besteht aus den drei Linien 1A, 1B und&nbsp;2. Die ersten beiden verbinden die östlichen und westlichen Nachbargemeinden mit der Stadt und bedienen dabei gemeinsam eine in Ost-West-Richtung durch die Innenstadt verlaufende Stammlinie. Die Linie&nbsp;2 befährt einen erst 2009 vollständig geschlossenen "Kleinen Ring" (''Pentagone'' oder ''Vijfhoek'') um das Zentrum herum. Nach dem Ringschluss gibt es ab April 2009 gibt es ein umstrukturiertes Netz mit den vier Linien 1,2,5 und 6.<ref>[http://www.lenouveaumetro.be/ Webseite zum neuen Metro-Netz]</ref>
Die [[Metro Brüssel|Brüsseler U-Bahn (Metro)]] besteht aus den drei Linien 1A, 1B und&nbsp;2. Die ersten beiden verbinden die östlichen und westlichen Nachbargemeinden mit der Stadt und bedienen dabei gemeinsam eine in Ost-West-Richtung durch die Innenstadt verlaufende Stammlinie. Die Linie&nbsp;2 befährt einen erst 2009 vollständig geschlossenen "Kleinen Ring" (''Pentagone'' oder ''Vijfhoek'') um das Zentrum herum. Nach dem Ringschluss gibt es ab April 2009 gibt es ein umstrukturiertes Netz mit den vier Linien 1,2,5 und 6.<ref>[http://www.lenouveaumetro.be/ Webseite zum neuen Metro-Netz]</ref>


Daneben gibt es so genannte Prémetro-Strecken – Straßenbahnlinien, die teilweise unterirdisch geführt werden. Die wichtigste dieser Strecken ist die Nord-Süd-Achse zwischen dem Nordbahnhof und dem Südbahnhof. Hinzu kommen weitere Straßenbahn- und Buslinien, die den Großraum erschließen und zweistellige Liniennummern tragen sowie zahlreiche Regionalbuslinien in das Umland mit dreistelligen. Die Linien des städtischen Nahverkehrs verkehren etwa bis 0:30&nbsp;Uhr. Ein Nachtverkehrsnetz existiert in Brüssel – abgesehen von der Nachtbuslinie N71&nbsp;– nur an Wochenenden. Hier verkehren 20 sogenannte "Noctis" Buslinien im gesamten Stadtgebiet. Die Fahrpreise sind jedoch höher als tagsüber. Taxis haben ein relativ hohes Preisniveau.
Daneben gibt es so genannte Prémetro-Strecken – Straßenbahnlinien, die teilweise unterirdisch geführt werden. Die wichtigste dieser Strecken ist die Nord-Süd-Achse zwischen dem Nordbahnhof und dem Südbahnhof. Hinzu kommen weitere Straßenbahn- und Buslinien, die den Großraum erschließen und zweistellige Liniennummern tragen sowie zahlreiche Regionalbuslinien in das Umland mit dreistelligen. Die Linien des städtischen Nahverkehrs verkehren etwa bis 0:30&nbsp;Uhr. Ein Nachtverkehrsnetz existiert in Brüssel – abgesehen von der Nachtbuslinie N71&nbsp;– nur an Wochenenden. Hier verkehren 20 sogenannte "Noctis" Buslinien im gesamten Stadtgebiet. Die Fahrpreise sind jedoch höher als tagsüber. Taxis haben ein relativ hohes Preisniveau.
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== Sehenswürdigkeiten / Kultur ==
== Sehenswürdigkeiten / Kultur ==
{{Großes Bild|Grand Place panorama.jpg|2001px|Grand Place bei Nacht}}
{{Großes Bild|Grand Place panorama.jpg|2001px|Panorama-Ansicht des Grand Place bei Nacht}}


[[Datei:Atomium FlickR ctsnow.jpg|thumb|[[Atomium]]]]
[[Datei:Atomium FlickR ctsnow.jpg|thumb|Das [[Atomium]] vor seiner Renovierung]]
[[Bild:Grand Place.jpg|thumb|left||Blumenteppich auf dem Grand Place mit Rathaus und „Haus des Königs“]]
[[Bild:Grand Place.jpg|thumb|left||Blumenteppich auf dem Grand Place mit Rathaus und „Haus des Königs“]]


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Zum großen Kulturangebot Brüssels gehören viele Theater sowie das Opernhaus [[Monnaie-Theater]] und Museen aller Art – vom [[Königliche Museen der Schönen Künste (Brüssel)|königlichen Kunstmuseum]] über das [[Musée Royal de l'Armée|Waffenmuseum]] bis zum [[Centre Belge de la Bande Dessinée|Comicmuseum]]. Brüssel verfügt ebenfalls über eine großes Musikangebot von Musikbars über Konzerthallen bis hin zu Technoclubs.
Zum großen Kulturangebot Brüssels gehören viele Theater sowie das Opernhaus [[Monnaie-Theater]] und Museen aller Art – vom [[Königliche Museen der Schönen Künste (Brüssel)|königlichen Kunstmuseum]] über das [[Musée Royal de l'Armée|Waffenmuseum]] bis zum [[Centre Belge de la Bande Dessinée|Comicmuseum]]. Brüssel verfügt ebenfalls über eine großes Musikangebot von Musikbars über Konzerthallen bis hin zu Technoclubs.


[[Bild:P4150235.JPG|thumb|Comic an einer Brüsseler Häuserwand]]
[[Bild:2005 manneke pis02.jpg|thumb|right|Manneken Pis]]

Das Stadtbild im Zentrum wird von flämischen Bürgerhäusern geprägt. Besonders auffällig ist der [[Jugendstil]], der durch den Brüsseler Architekten [[Victor Horta]] ins Leben gerufen wurde. In der Blütezeit des Jugendstils schossen in Brüssel neue Vorstädte aus dem Boden. Die Architektur der Viertel [[Schaerbeek]], [[Etterbeek]], [[Elsene]] und [[Saint-Gilles/Sint-Gillis|Saint-Gilles]] ist besonders sehenswert. Ein weiteres Beispiel des Brüsseler Jugendstils ist das in der Avenue de Tervueren 281 gelegene [[Palais Stoclet]] vom Wiener Architekten [[Josef Hoffmann]]. Die modernen Gebäude im Quartier Leopold oder Espace Nord runden das Bild ab.
Das Stadtbild im Zentrum wird von flämischen Bürgerhäusern geprägt. Besonders auffällig ist der [[Jugendstil]], der durch den Brüsseler Architekten [[Victor Horta]] ins Leben gerufen wurde. In der Blütezeit des Jugendstils schossen in Brüssel neue Vorstädte aus dem Boden. Die Architektur der Viertel [[Schaerbeek]], [[Etterbeek]], [[Elsene]] und [[Saint-Gilles/Sint-Gillis|Saint-Gilles]] ist besonders sehenswert. Ein weiteres Beispiel des Brüsseler Jugendstils ist das in der Avenue de Tervueren 281 gelegene [[Palais Stoclet]] vom Wiener Architekten [[Josef Hoffmann]]. Die modernen Gebäude im Quartier Leopold oder Espace Nord runden das Bild ab.


[[Bild:Brussel Koninklijk Paleis.jpg|thumb|left|Königspalast]]
[[Bild:Zepper-Brüssel-Belgien-KöniglicherPalast.jpg|thumb|left|Königspalast]]

In der Stadt gibt es von jeher eine große Künstlerszene. Der berühmte belgische Surrealist [[René Magritte]] beispielsweise hat in Brüssel gelernt. Die Stadt gilt auch als eine Hauptstadt des Comics: In Deutschland am bekanntesten sind [[Lucky Luke]], [[Tim und Struppi]], [[Cubitus (Comic)|Cubitus]], [[Gaston (Comic)|Gaston]] und das [[Marsupilami]]. Graue Häuserwände werden mit riesigen Bildern belgischer Comic-Helden bemalt, Metrostationen werden von Künstlern gestaltet. Im [[Centre Belge de la Bande Dessinée]] verbinden sich zwei künstlerische Leitmotive Brüssels, denn dieses nationale Comicmuseum ist im ehemaligen, 1906 errichteten und ebenfalls von Victor Horta entworfenen Jugendstil-Kaufhaus ''Waucquez'' untergebracht.
In der Stadt gibt es von jeher eine große Künstlerszene. Der berühmte belgische Surrealist [[René Magritte]] beispielsweise hat in Brüssel gelernt. Die Stadt gilt auch als eine Hauptstadt des Comics: In Deutschland am bekanntesten sind [[Lucky Luke]], [[Tim und Struppi]], [[Cubitus (Comic)|Cubitus]], [[Gaston (Comic)|Gaston]] und das [[Marsupilami]]. Graue Häuserwände werden mit riesigen Bildern belgischer Comic-Helden bemalt, Metrostationen werden von Künstlern gestaltet. Im [[Centre Belge de la Bande Dessinée]] verbinden sich zwei künstlerische Leitmotive Brüssels, denn dieses nationale Comicmuseum ist im ehemaligen, 1906 errichteten und ebenfalls von Victor Horta entworfenen Jugendstil-Kaufhaus ''Waucquez'' untergebracht.


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=== Gastronomie ===
=== Gastronomie ===
[[Bild:Rue des Bouchers.jpg|thumb|Rue des Bouchers, die „Fressgasse“]]
[[Bild:Rue des Bouchers.jpg|thumb|Rue des Bouchers, die „Fressgasse“]]
[[Bild:Brussels waffle.jpg|thumb|left|Brüsseler Waffeln]]
[[Bild:Brussels waffle.jpg|thumb|left|100px|Brüsseler Waffeln]]


Das gastronomische Angebot umfasst rund 1.800 Gaststätten mit einer einer Vielzahl hochklassiger Lokale. Neben den klassischen Restaurants gibt es eine unüberschaubare Anzahl von Cafés, Bistros sowie das übliche Angebot internationaler Fastfood-Ketten. Die ''Cafés'' ähneln eher Kneipen mit einem Bier- und kleinem Speisenangebot, Kaffeehäuser im deutschen Verständnis sind die ''Salons de Thé''. Ebenfalls weit verbreitet sind die ''Brasserien'', die meistens eine große Anzahl Biersorten und typische nationale Gerichte anbieten.
Das gastronomische Angebot umfasst rund 1.800 Gaststätten mit einer einer Vielzahl hochklassiger Lokale. Neben den klassischen Restaurants gibt es eine unüberschaubare Anzahl von Cafés, Bistros sowie das übliche Angebot internationaler Fastfood-Ketten. Die ''Cafés'' ähneln eher Kneipen mit einem Bier- und kleinem Speisenangebot, Kaffeehäuser im deutschen Verständnis sind die ''Salons de Thé''. Ebenfalls weit verbreitet sind die ''Brasserien'', die meistens eine große Anzahl Biersorten und typische nationale Gerichte anbieten.
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*[[Audrey Hepburn]], Schauspielerin britisch-niederländischer Herkunft
*[[Audrey Hepburn]], Schauspielerin britisch-niederländischer Herkunft
*[[Gustav René Hocke]], Journalist, freier Schriftsteller und Kulturhistoriker
*[[Gustav René Hocke]], Journalist, freier Schriftsteller und Kulturhistoriker
[[Datei:Hotel Tassel.jpg|thumb|Ein [[Victor Horta]]-Haus in Brüssel]]
*[[Victor Horta]], Jugendstil-Architekt
*[[Victor Horta]], Jugendstil-Architekt
*[[Wilhelm Hyacinth (Nassau-Siegen)|Wilhelm Hyacinth]], Prinz von Oranien
*[[Wilhelm Hyacinth (Nassau-Siegen)|Wilhelm Hyacinth]], Prinz von Oranien
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*[[Plastic Bertrand]], belgischer New Wave-Musiker
*[[Plastic Bertrand]], belgischer New Wave-Musiker
*[[Joseph Antoine Ferdinand Plateau]], Physiker
*[[Joseph Antoine Ferdinand Plateau]], Physiker
[[Datei:Quick et Flupke.JPG|thumb|Ein Haus mit Zeichnungen nach [[Hergé]]]]
*[[Georges Prosper Remi]] bekannt unter dem Namen [[Hergé]], Comiczeichner unter anderem von [[Tim und Struppi]]
*[[Isabelle Spaak]], Schriftstellerin
*[[Isabelle Spaak]], Schriftstellerin
*[[Jacques Swaters]], Autorennfahrer und Rennstallbesitzer
*[[Jérémie Renier]], Theater- und Filmschauspieler
*[[Jérémie Renier]], Theater- und Filmschauspieler
*[[Alexandrine von Taxis]], Generapostmeisterin des 17. Jahrhunderts
*[[Alexandrine von Taxis]], Generapostmeisterin des 17. Jahrhunderts
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== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.bruxelles.be/ Offizielle Website der Stadt]
* [http://www.bruxelles.be/ Offizielle Website der Stadt Brüssel]
* [http://brussels.irisnet.be/ Offizielle Website der Hauptstadtregion Brüssel]
* [http://www.bruessel-gui.de/ Die deutsche Website rund um Brüssel]
* [http://www.bruessel-gui.de/ Die deutsche Website rund um Brüssel]
* [http://www.ilotsacre.be/site/de/stadtplan_brussel.htm Interaktiver Stadtplan von Brüssel]
* [http://www.ilotsacre.be/site/de/stadtplan_brussel.htm Interaktiver Stadtplan von Brüssel]
* [http://portail.irisnet.be/de/citoyens/home.shtml Hauptstadtregion Brüssel]
* [http://www.belgien-tourismus.de/urlauber/bruessel.html Brüssel-Seiten des belgischen Tourismusverbandes]
* [http://www.belgien-tourismus.de/urlauber/bruessel.html Brüssel-Seiten des belgischen Tourismusverbandes]
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[[Kategorie:Brüssel| ]]
[[Kategorie:Ort in der Hauptstadtregion Brüssel]]
[[Kategorie:Hauptstadt in der EU]]
[[Kategorie:Hauptstadt in Europa]]
[[Kategorie:Brabant]]
[[Kategorie:Sprachinsel]]
[[Kategorie:Ort mit Binnenhafen]]


{{Link FA|af}}
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Version vom 29. März 2009, 11:30 Uhr

Region Brüssel-Hauptstadt
Flagge der Hauptstadtregion Brüssel
Basisdaten
Hauptstadt: Brüssel
Ministerpräsident Charles Picqué
Fläche: 161,4 km²
Einwohner: 1.067.557 (4. Februar 2009)
Bevölkerungsdichte: 6.497 Einwohner je km²
Website: www.brussel.irisnet.be
Karte
Position der Hauptstadtregion Brüssel in Belgien
Stadt Brüssel
Datei:BEL Brussels flag.svg
Stadt Brüssel (Belgien)
Stadt Brüssel (Belgien)
Stadt Brüssel
Staat: Belgien Belgien
Region: Brüssel-Hauptstadt
Bezirk: Brüssel-Hauptstadt
Koordinaten: 50° 51′ N, 4° 21′ OKoordinaten: 50° 51′ N, 4° 21′ O
Fläche: 32,61 km²
Einwohner: (Stand) 148.900 (4. Februar 2009)
Bevölkerungsdichte: 4566 Einwohner je km²
Höhe: 70 m
Postleitzahl: 1000 (Brüssel)
1020 (Laken)
1120 (Neder-Over-Heembeek)
1130 (Haren)
Vorwahl: 02
Bürgermeister: Freddy Thielemans (PS)
Adresse der
Kommunal-
verwaltung:
Centre Administratif/
Administratief Centrum,
Boulevard Anspach 6/
Anspachlaan 6,
1000 Brüssel
Website: www.brucity.be
lplb

Brüssel (Frz.: Bruxelles [bʀyˈsɛl] oder [bʀyˈksɛl], Niederl.: Brussel [ˈbrɵsəɫ]) ist die Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Belgien, Sitz der Institutionen der Flämischen und Französischen Gemeinschaft Belgiens sowie von Flandern und Hauptort der Hauptstadtregion Brüssel. Zudem stellt die Stadt an der Senne den Hauptsitz der Europäischen Union sowie den Sitz der NATO, ferner den des ständigen Sekretariats der Benelux-Länder, der Westeuropäischen Union und der EUROCONTROL.

Unter dem Begriff Brüssels kann die Stadt Brüssel (Frz.: Bruxelles-Ville oder, Niederl.: Stad Brussel) mit 148.900 Einwohner, oder die Hauptstadtregion Brüssel (auch Region Brüssel-Hauptstadt) (Frz.: Région de Bruxelles-Capitale oder, Niederl.: Brussels Hoofdstedelijk Gewest) mit 1.067.557 Einwohnern gemeint sein[1]. Die zur Hauptstadtregion gehörenden anderen 18 Gemeinden bilden zusammen mit der Stadt Brüssel ein zusammenhängendes städtisches Siedlungsgebiet, sind jedoch selbständig verwaltet und zählen dadurch im verwaltungsrechtlichen Sinne nicht zur Stadt Brüssel. Da die Region als ein zusammenhängendes Stadtgebiet wahrgenommen werden kann, wird im allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff Brüssel meist mit der Hauptstadtregion gleichgesetzt.

996 erstmals urkundlich erwähnt und im Mittelalter zur Hauptstadt des historischen Herzogtums Brabant aufgestiegen, wurde Brüssel mit der Unabhängigkeit Belgiens 1830 zu dessen Hauptstadt erhoben. Zusammen mit seinen umliegenden Gemeinden ist Brüssel heute als Industrie- und Handelsstadt mit zwei Universitäten, mehreren Hochschulen, Akademien, Bibliotheken, Museen und Bühnen ein bedeutendes Wirtschafts-, Wissenschafts- und Kulturzentrum sowie ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt im Zentrum des Landes.

Geographie

Brüssel vom Mont des Arts/Kunstberg

Die Stadt Brüssel befindet sich recht zentral innerhalb des belgischen Staatsgebietes, eingebettet im Brüsseler Becken zwischen dem Flandrischen Tiefland und dem Brabanter Plateau auf einer Höhe zwischen 15 und 100 Metern über dem Meeresspiegel. Die Senne durchzieht die Stadt von Südwesten nach Nordosten, wo sie durch ihre großflächige Überwölbung aus dem 19. und 20. Jahrhundert nicht mehr auszumachen ist. Außerdem quert ein Seekanal, ausgehend von Anderlecht und der westlichen Stadtgrenze mit Molenbeek-Saint-Jean/Sint-Jans-Molenbeek, das nördliche Stadtgebiet Brüssels und verbindet damit die Stadt mit Charleroi und Antwerpen. Die Region Brüssel-Hauptstadt ist eine der drei Regionen und eines der 43 Arrondissements Belgiens. Sie umfasst das zweisprachige Gebiet der Hauptstadt Brüssel und ist in 19 selbständige Gemeinden gegliedert. Die Stadt Brüssel, die das Stadtzentrum Brüssels umfasst, ist eine dieser 19 Gemeinden.

Verwaltungsgliederung

Gemeindegliederung
Die Flagge der Haupstadtregion Brüssel

Die Stadt Brüssel (auf der Karte die rote Fläche) bestand ursprünglich nur aus dem Stadtkern von Brüssel (auch Pentagon aufgrund seiner fünfeckigen Form genannt) und fusionierte im Jahr 1921 mit den Teilgemeinden Haren, Laken und Neder-Over-Heembeek. Heutzutage kann man die Stadt Brüssel in sechs Teile aufteilen: Das Pentagon (Stadtzentrum), Laken, Neder-over-Heembeek, Haren, die Südachse Louise/Louiza-Roosevelt (die die Hauptstadtregions-Gemeinde Ixelles/Elsene durchtrennt) und das Europaviertel.

Die Hauptstadtregion Brüssel (Die gesamte nebenstehende Karte) ist in 19 selbständige Gemeinden gegliedert, die jedoch ein zusammenhängendes städtisches Siedlungsgebiet bilden, siehe Liste der Gemeinden in der Hauptstadtregion Brüssel. Die Gemeinden haben bis heute ein hohes Maß an politischer Eigenständigkeit bewahrt. In punkto Lebensqualität und Wohncharakter unterscheiden sich die Hauptstadtgemeinden teils sehr stark voneinander. So gelten die südöstlichen und östlichen Gemeinden der Hauptstadtregion, unter anderem aufgrund ihrer Nähe zum Erholungsgebiet Zonenwald, allgemein als bevorzugte Wohngegenden. Insbesondere zentrumsnahe Gemeinden wie Schaarbeek, Sint-Joost-ten-Node und Sint-Gillis werden dagegen eher von sozial schwächeren Schichten bewohnt und vermitteln dem Besucher einen heruntergekommenen Eindruck.

Zu Vergleichen ist die Struktur mit der von Greater London und der der City of London.

Ausdehnung des Stadtgebietes / Agglomeration Brüssel

Das verwaltungsrechtliche Gebiet der Kommune umfasst 32 km², was etwa 3,5 Prozent der Stadtfläche Berlins entspricht. Dies ist im städtebaulichen Verständnis im deutschsprachigen Raum eher als Stadtteil der Region Brüssel-Hauptstadt aufzufassen. Auch wird mit dem Begriff Brüssel gewöhnlich die zweisprachige Region Brüssel-Hauptstadt bezeichnet, die auf 161 km² ein zusammenhängendes Siedlungsgebiet mit sehr hoher Bevölkerungsdichte bildet. Rund 1.067.557 Menschen leben in diesem Städtekonglomerat, welches auch als Agglomeration Brüssel bezeichnet wird, wenngleich sich die eigentliche Siedlungsfläche der Brüsseler Agglomeration über die Regionsgrenzen hinweg nach Flandern und Wallonien erstreckt. Die Brüsseler Metropolregion kann in drei Arten unterschieden werden. Erstens die operationalisierte Agglomeration (geoperationaliseerde agglomeratie) mit 1.451.047 Einwohnern. Zusammen mit den Vororten (banlieue) sind es 1.831.496 Einwohner. Zusammen mit dem Pendler-Einzugsgebiet (forensenwoonzone) steigt die Population auf 2.676.701 Einwohner[2][3]. Die verwaltungsrechtliche Zersplitterung des Brüsseler Verdichtungsraumes in 19 Gemeinden ist historisch bedingt. Die neue Rolle als Hauptstadt eines unabhängigen Staates und der industrielle Aufschwung Belgiens im 19. Jahrhundert führten auch in Folge einer lebhaften Zuwanderung aus der Wallonie und Frankreich zum starken Anstieg der Bevölkerungszahlen der ehemals ländlichen Vorortgemeinden. Die städtische Bebauung stieß an den kommunalen Grenzen aufeinander, so dass die Siedlungsgebiete um den Brüsseler Stadtkern (Pentagone) zu einem urbanen Konglomerat verschmolzen. Die einzelnen Städte und Gemeinden wurden jedoch bis auf einige königlich erlassene Ausnahmen nicht zur Kernstadt eingemeindet und behielten ihre kommunale Eigenständigkeit.

Bevölkerung

Satellitenfoto des Großraums Brüssel

Die demographischen Verhältnisse der Hauptstadtregion Brüssel sind äußerst heterogen. Insbesondere der Anteil an Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist je nach Gemeinde unterschiedlich ausgeprägt. Mit 98% hat Sint-Joost-ten-Noode den höchsten Anteil an Allochthonen aufzuweisen, gefolgt von Sint-Gillis (81%), Schaarbeek und Sint-Jans-Molenbeek (beide 74%). Die beiden Außengemeinden Ganshoren und Watermael-Bosvoorde haben mit jeweils 24% den geringsten Allochthonenanteil. Insgesamt hat Brüssel mit 57% (nach NPDATA) einen für europäische Verhältnisse sehr hohen Anteil an allochthoner Bevölkerung. Interessant ist, dass die französischsprachigen autochthonen Belgier nur noch in wenigen Gemeinden die Mehrheit der Bevölkerung darstellen. Die guten Wahlergebnisse französischsprachiger Parteien in der Hauptstadtregion sind insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Bevölkerung mit Migrationshintergrund vorwiegend französisch wählt. Die niederländischsprachige Minderheit wohnt vor allem in den nördlichen Gemeinden der Hauptstadtregion und macht dort einen Anteil von ca. 15% an der Gesamtbevölkerung aus, in den Südbezirken schwindet ihr Anteil auf unter 10%.

Klima

Klimadiagramm von Brüssel

Brüssel liegt mit seiner Vollhumidität in der kühlgemäßigten Klimazone mit maritimem Klima.

Aufgrund der Lage Brüssels in relativer Küstennähe steht die Stadt unter dem Richtung Binnenland schwächer werdenden Einfluss von Meeresluftmassen, welche geringere Temperaturschwankungen im Jahresverlauf bewirken. In Brüssel sind Juli und August mit einer Durchschnittstemperatur von 17,2 beziehungsweise 17,0 °C die wärmsten Monate, das mittlere Temperaturminimum beträgt im Januar 2,5 °C. Die jährliche Durchschnittstemperatur liegt bei 9,7 °C. Die mittlere Sonnenscheindauer liegt bei rund 1585 Stunden im Jahr. Die durchschnittlichen Maximaltemperaturen liegen im Juli bei 22,7 °C, die mittlere Minimum bei 12,1 °C. Im Januar liegt das mittlere Maximum bei 4,3 °C, die durchschnittlichen Minimaltemperaturen bei −1,2 °C.

Die Niederschlagsmengen im Bereich Brüssel bewirken einen humiden Jahresverlauf, wobei im Juni und November mit rund 78 mm Niederschlagshöhe die meisten Niederschläge fallen. Die jährliche Niederschlagsmenge in Brüssel beträgt 821 mm. Die Anzahl winterlicher Frosttage liegt bei rund 60 Tagen.

Geschichte

Die Anfänge

Der Name Brüssel kommt von einer Wortzusammensetzung des altniederländischen Wortes bruoc (neuniederländisch: Broek), Sumpf, und des ebenso altniederländischen Wortes sella, Sessel, Wohnort. Der Stadtname bedeutet also Wohnort im Sumpf.

Der Legende nach wird Brüssel im 6. Jahrhundert durch den heiligen Goorik gegründet. Im Dokument nachweisbar ist die Siedlung jedoch erst 966, in einer Urkunde Otto des Großen, die Bruocsella erwähnt. 977 bis 979 errichtet Karl von Niederlothringen eine Burg und eine Kapelle auf einer Insel im Flüsschen Senne und damit die Grundlage für die weitere Stadtentwicklung. Die Kapelle wurde Gudula gewidmet, der Nationalheiligen von Belgien und Patronin der Stadt. Im 11. Jahrhundert wird eine erste Stadtmauer angelegt. Die Stadtbefestigung des 14. Jahrhunderts spiegelt sich in den Boulevards des kleinen Rings wider.

Stadtkarte von Jacob van Deventer, 1555

Das mittelalterliche Brüssel und die Habsburger

1430 erbt Philipp der Gute, Herzog von Burgund, das Herzogtum Brabant. Er macht Brüssel zur Hauptstadt seines Burgunderreiches. In dieser Zeit entstehen das Rathaus und die ersten Zunfthäuser am Großen Markt. Die Stadt blüht in dieser Zeit wirtschaftlich auf. Bildhauer, Teppichwirker und Goldschmiede finden ihr Auskommen. Künstler wie Pieter Brueghel der Ältere und Rogier van der Weyden lassen sich in der Stadt nieder. Die Enkelin Philipps des Guten, Maria von Burgund, heiratet 1477 Maximilian von Habsburg, Kaiser des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation. Dadurch kommt Brabant unter die Herrschaft des Habsburgerreiches. Nach einer kurzen Unterbrechung durch Margarete von Österreich, welche die Residenz nach Mecheln verlegt, wird Brüssel nach 1531 erneut Hauptstadt von Burgund.

Nach dem Tode Karls V., unter seinem Sohn Philipp II. wird der größere Teil des heutigen Belgien, mit Brüssel, Bestandteil der Spanischen Niederlande. Unter Philipp II. kommt es zu Erhebungen gegen die spanische Herrschaft, unter anderem zu den Aufständen der Grafen Hoorn und Egmont. Mit der Hinrichtung der beiden Adeligen auf dem Großen Marktplatz werden diese Aufstände 1568 blutig niedergeschlagen. In Folge dieses gescheiterten Aufstandes kommt es 1578–1579 zur Gründung der Union von Utrecht, der Keimzelle der späteren unabhängigen nördlichen Niederlande. Unter dem Statthalter Spaniens, des Herzogs von Alba, wurden die Anhänger des Protestantismus gnadenlos verfolgt. Diese Repression hat den Exodus der wirtschaftlichen und geistigen Elite, vorwiegend nach Amsterdam, und den wirtschaftlichen Niedergang der Stadt Brüssel zur Folge.

Brüssel nach dem Dreißigjährigen Krieg

Im Westfälischen Frieden von 1648 werden die nördlichen Niederlande unabhängig, während die südlichen Niederlande und damit Brüssel unter spanischer Herrschaft bleiben. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kämpft Frankreich unter Ludwig XIV. um die Vormachtstellung in Europa. Die Truppen Ludwigs XIV. erobern Westflandern und den Hennegau.

Brüssels Großer Markt wird 1695 drei Tage lang mit Kanonen bombardiert und fast völlig zerstört. Im Frieden von Rijswijk 1697 muss Frankreich die belgischen Gebiete wieder abtreten. In Folge des spanischen Erbfolgekrieges, 1701–1714, erhalten die österreichischen Habsburger die Herrschaft über die südlichen Niederlande und damit über Brüssel.

Kampf um die Unabhängigkeit

Gustave Wappers: Szene aus den Septembertagen von 1830, Zeitgenössisches Historienbild von 1835 (Nationalmuseum Brüssel)
La Monnaie

1789 wird im Brabanter Aufstand die Unabhängigkeit gegen die Habsburger unter Joseph II. errungen. Diese ist jedoch nur von kurzer Dauer, weil 1794 die Truppen der revolutionären französischen Republik das Land erobern. Die französische Herrschaft endet 1815 mit der Niederlage Napoleons auf dem Schlachtfeld von Waterloo, das sich unmittelbar südlich der heutigen Hauptstadtregion Brüssel befindet. Im Wiener Kongress 1814–1815 werden die südlichen Niederlande mit den nördlichen Niederlanden unter Wilhelm I. von Oranien vereinigt. Doch in Folge der divergenten politischen und kulturellen historischen Entwicklung sind Konflikte zwischen den beiden Landesteilen im Keim angelegt.

Der zum Teil französischsprachige und hauptsächlich katholische Süden fühlt sich gegenüber dem protestantischen, holländischen Norden in der politischen Mitsprache, im Unterrichtswesen und in wirtschaftlicher Hinsicht benachteiligt. Die belgische Revolution führt in kurzer Zeit zur Abspaltung aus dem Vereinigten Königreich der Niederlande und zur Gründung des belgisches Staates. Da die ausländischen Großmächte England, Preußen, Österreich und Russland ein Interesse daran haben, den Konflikt friedlich beizulegen, um einer möglichen Einflussnahme und damit einem Wiedererstarken Frankreichs entgegenzuwirken, bestätigen sie auf der Konferenz von London die Unabhängigkeit des neuen Königreichs. Brüssel wird Hauptstadt dieses neuen Staates, Leopold I. von Sachsen-Coburg wird der erste König einer neuen konstitutionellen Monarchie.

Das moderne Brüssel

Börse
Basilique Nationale du Sacré-Cœur

Durch die neue Rolle als Hauptstadt eines unabhängigen Staates und durch den industriellen Aufschwung Belgiens im 19. Jahrhundert erlebt Brüssel einen gewaltigen Aufschwung. Die Bevölkerung wächst dramatisch, auch in Folge einer lebhaften Zuwanderung aus der Wallonie und Frankreich. Ehemals ländliche Gemeinden um den historischen Stadtkern herum verschmelzen zu einem urbanen Konglomerat; riesige neue Stadtgebiete wachsen im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert scheinbar aus dem Nichts. In dieser Zeit entstehen große Gebäude wie der Justizpalast (1866–1883), die Börse (1873), der Königspalast auf dem Mont des Arts (Fertigstellung 1903), der Triumphbogen (Fertigstellung 1905), und die berühmten Jugendstilbauten der Stadt, beispielsweise Victor Hortas Bauten.


Obwohl Belgien in beiden Weltkriegen als Vormarschgebiet Opfer der deutschen Offensivstrategie war, blieb Brüssel von Kriegszerstörungen weitgehend verschont. Deshalb prägten bis in die 1960er Jahre (und teilweise noch bis heute) die Architektur und die Straßenzüge der Gründerzeit das Stadtbild. Das große Projekt der schienenmäßigen Verknüpfung der beiden Bahnhöfe Gare du Nord und Gare du Midi und die damit verbundenen Flächenabrisse belasteten allerdings schon ab den 1930er Jahren das Zentrum der Stadt.

Justizpalast
Der Jubelpark mit seinem Triumphbogen

Ein Zankapfel, der Belgien seit seiner Gründung zu spalten droht, macht sich auch in jüngster Vergangenheit in Brüssel wieder zunehmend bemerkbar: Der sprachliche und kulturelle Konflikt zwischen der wallonischen, französischsprechenden Bevölkerung in Südbelgien und der flämischen, niederländischsprechenden Bevölkerung im Norden. Das kleinstädtische Brüssel des frühen 19. Jahrhunderts liegt nördlich der bis heute ansonsten stabilen flämisch-französischen Sprachgrenze. Die niederländisch geprägte Kleinstadt Brüssel wird aber durch ihre Hauptstadtfunktion und das im späteren 19. Jahrhundert dominierende ökonomische und kulturelle Gewicht der damals industriell weiter entwickelten Wallonie „französisiert“. Auch im heutigen urbanen Brüssel dominiert das französische Element, wiewohl sich auch im Süden der Stadt noch flämisch geprägte Randgemeinden finden. Diese Entwicklung wurde und wird von vielen Flamen abgelehnt. Das nationalsozialistische Deutschland versuchte diesen Konflikt für eigene Zwecke zu nutzen. Rechtsextremen Gruppen in Belgien, die darin speziell in den 1930er Jahren politischen Profit suchten, konnte allerdings mit Kompromissen immer wieder der Wind aus den Segeln genommen werden.

EU-Kommissionssitz: Berlaymont-Gebäude

1932–1938 wird Brüssel zweisprachig. Straßennamen, Namen von Stadtteilen und Stationen des öffentlichen Nahverkehrs sind seitdem konsequent zweisprachig beschildert, sofern die Namen nicht in beiden Landessprachen übereinstimmen. 1988 verabschiedet das belgische Parlament ein Gesetz, das Belgien zum Bundesstaat macht, mit den autonomen Regionen Flandern und Wallonie und der Region Brüssel mit besonderem Status. In den letzten Jahren, mit der zunehmenden Internationalisierung Brüssels, verliert dieser flämisch-wallonische Konflikt innerhalb dieser Stadt - im Gegensatz zum übrigen Belgien - mehr und mehr seine Schärfe.

Der Espace Nord mit modernen Hochhausgebäuden

Nach dem Zweiten Weltkrieg etabliert sich Brüssel auch international als Zentrum: 1958 wird es zum Sitz der EWG, der Vorläuferin der heutigen Europäischen Union. 1958 findet auch die Weltausstellung in Brüssel statt, die uns eines seiner berühmtesten Bauten, das Atomium, hinterlässt. 1967 wird der Sitz der NATO von Paris nach Brüssel verlegt. Urbanistisch erweist sich diese Periode für Brüssel als eher problematisch: Ein Gesetz von 1953, das den Gemeinden die Ankaufs- und Demolierungskosten von Sanierungsgebieten (minus dem geschätzten Bodenwert) staatlich vergütet, wirkt sich in der belgischen Hauptstadt fatal aus: Die Gemeinde wird quasi zum Abrissspekulanten, der, ähnlich privaten Bauherren, an einer maximalen Verwertung des Baugrundes und damit an Hochhausbebauung interessiert ist. Darüber hinaus bewirken Modernitätseuphorie und der Wunsch nach einer autogerechten Stadt Veränderungen des Stadtbildes, die zuweilen als „Brüsselisierung“ charakterisiert werden. Marcel Smets vermerkt, dass Brüssel in den 1960er Jahren „durch die Immobilienspekulation mehr devastiert wurde als durch die Bomben des Zweiten Weltkriegs“. Auch die drohende Ghettoisierung relativ zentraler und kulturell wertvoller Stadtviertel durch Ansiedlung armer und kulturell schwer integrierbarer Zuwandererschichten wird zum Charakteristikum des modernen Brüssel. Am 22. Mai 1967 kam es im Kaufhaus „A l'ínnovation“ während einer gut besuchten Sonderausstellung zu einem Brand, bei dem über 300 Menschen starben.

Sprachen und Gemeinschaften

Sprachenverhältnisse

Entwicklung der Sprachenverhältnisse
Zu Hause gesprochen Sprachen
Zweisprachiges Straßenschild an einem Straßentunnel Brüssels

Die Region Brüssel ist ein mehrsprachiges Gebiet mit zwei offiziellen Amtssprachen, Französisch und Niederländisch.

Von jeher ein niederländischsprachiges Gebiet, wurde erst seit der französischen Herrschaft und vor allem ab 1830 die französische Sprache als anfänglich einzige Amtssprache Belgiens immer wichtiger. Brüssel war als Hauptstadt Standort vielerlei Behörden und jeder Beamte sollte Französisch sprechen. Daher tauschten immer mehr Einwohner ihre niederländische Muttersprache gegen die französische Sprache. Nach Volkszählungsergebnissen entwickelte sich das Verhältnis zwischen Niederländisch- und Französischsprachigen im Gebiet der heutigen Region Brüssel wie folgt:

  • 1846: 68 % Niederländisch- und 32 % Französischsprachige
  • 1910: 49 % Niederländisch- und 51 % Französischsprachige
  • 1930: 35 % Niederländisch- und 65 % Französischsprachige
  • 1947: 26 % Niederländisch- und 74 % Französischsprachige

Weil die letzte Volkszählung Folgen für die Verwaltungssprache der Gemeinden gehabt hätte und deshalb die Zählungen in manchen Gemeinden beeinflusst wurden, das Niederländische überdies als Verwaltungssprache Brüssels im Zweiten Weltkrieg einen schlechten Ruf bekommen hatte, bekämpften die Flamen die Ergebnisse als unzuverlässig und plädierten für die endgültige Festlegung der Sprachgrenzen. 1962 wurden die Sprachgrenzen und somit auch die Grenzen der zweisprachigen Region (damals Arrondissement) Brüssel festgelegt. Gleichzeitig wurde beschlossen, bei der Volkszählung nicht mehr nach Sprachenzugehörigkeit zu fragen.

Obwohl es dadurch seit 1947 keine offiziellen Daten über die Sprachverhältnisse mehr gibt, sind verschiedene Studien zu diesem Thema durchgeführt worden. Eine Studie der Freien Universität Brüssel (VUB) zeigte 2001 folgende sprachliche Situation:

  • 50 % einsprachig Französisch
  • 10 % einsprachig Niederländisch
  • 10 % zweisprachig Niederländisch - Französisch, vor allem flämischer Herkunft
  • 10 % zweisprachig mit Französisch und einer anderen Sprache oder mit Niederländisch und einer anderen Sprache
  • 20 % anderssprachig mit weder Französisch noch Niederländisch als Muttersprache

Die heutige Bevölkerung der Region besteht also längst nicht mehr aus nur zwei Sprachgruppen, sondern aus Menschen sehr diverser Herkunft: einheimische dialektsprachige Brüsseler, einheimische französischsprachige Bourgeois, Wallonen, Flamen, Beamte und Mitarbeiter der Europäischen Institutionen, Immigranten aus der damaligen belgischen Kolonie Kongo, ehemalige Gastarbeiter aus Marokko und der Türkei, Flüchtlinge usw. Schätzungsweise ist schon eine Mehrheit der Einwohner ausländischer Herkunft.

Im politischen Bereich gibt es jedoch nur französische und flämische Parteien. Weil die übergroße Mehrheit der Ausländer und sogar viele Zweisprachige die französischen Parteien wählen, gewinnen diese immer die große Mehrheit der Stimmen (gut 85% gegen knapp 15% für die flämischen Parteien).

Sprachliche Gemeinschaften

Die Politikfelder Kultur, Sprache, Bildung und Teile des Sozialwesens fallen in Belgien nicht in die Zuständigkeit der Regionen, sondern in diejenige der Gemeinschaften.

Die französischsprachigen Einwohner der Hauptstadtregion Brüssel gehören zur Französischen Gemeinschaft Belgiens und werden durch die COCOF (Commission communautaire française; dt. Französische Gemeinschaftskommission) vertreten, die niederländischsprachigen Einwohner gehören zur Flämischen Gemeinschaft und werden durch die VGC (Vlaamse Gemeenschapscommissie, dt. Flämische Gemeinschaftskommission) vertreten. Beide Kommissionen (COCOF und VGC) sind teil der GGC (Gemeenschappelijke Gemeenschapscommissie)/COCOM (Commission communautaire commune; dt. Gemeinsame Gemeinschaftskommission), der vereinigten Versammlung beider Gemeinschaftskommissionen. In Brüssel existieren deshalb viele Institutionen des Bildungswesens und des Kulturlebens doppelt, einmal französischsprachig und einmal niederländischsprachig, in der Zuständigkeit der jeweiligen Gemeinschaft.

Eine eigene regionale Brüsseler Identität, wie sie in den Regionen Flandern und weniger stark in Wallonien besteht, hat sich reaktiv und in Abgrenzung auch in Brüssel entwickelt.

Politik

Die Region Brüssel-Hauptstadt hat eine eigene Regierung und ein eigenes Regionalparlament.

Die Regierung besteht aus einem Ministerpräsidenten und vier Ministern, zwei von jeder Sprachgemeinschaft. Das Brüsseler Regionalparlament zählt 89 Sitze, 72 für die Französischsprachigen und 17 Sitze für die Niederländischsprachigen. Für sprachliche und institutionelle Angelegenheiten haben beide Sprachgruppen ein Vetorecht (wie auch im belgischen Parlament).

Ministerpräsidenten der Region Brüssel-Hauptstadt

Name Beginn der Amtszeit Ende der Amtszeit Partei
Charles Picqué (erstes Mal) 12. Juli 1989 15. Juli 1999 PS
Jacques Simonet (erstes Mal) 15. Juli 1999 18. Oktober 2000 PRL
François-Xavier de Donnéa 18. Oktober 2000 6. Juni 2003 PRL/MR
Daniel Ducarme 6. Juni 2003 18. Februar 2004 MR
Jacques Simonet (zweites Mal) 18. Februar 19. Juli 2004 MR
Charles Picqué (zweites Mal) 19. Juli 2004 amtierend PS

Zusammensetzung des Regional-Parlaments von Brüssel

Partei Sitze
Sozialistische Partei (PS) 26
Reformbewegung (MR) 25
Demokratisch-Humanistisches Zentrum (CDH) 10
Ecolo 7
Flämische Belange (VB) 6
Nationale Front (FN) 4
Flämische Liberale und Demokraten (VLD) 4
Sozialistische Partei - Anders (SP.A) - Flämische Progressive (VP) 3
Christlich-Demokratisch und Flämisch (CD&V) - Neu-Flämische Allianz (N-VA) 3
Grün! 1
 Total
89

Regierungsparteien sind mit einem Punkt gekennzeichnet (•)

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaft und Unternehmen

Im Vergleich mit dem BIP der EU ausgedrückt in Kaufkraftstandards erreichte die Hauptstadtregion 2006 einen Index von 233,3 (EU-27 = 100), den dritthöchsten Wert in der EU.[4]

Die Europäischen Institutionen sowie der Sitz des Nato-Hauptquartiers sind der Grund, dass sich viele internationale Großunternehmen sowie Interessensverbände und Lobbyistenbüros in Brüssel niedergelassen haben. Auch Länderbüros, Kulturinstitute und Botschaften aus aller Welt bringen eine große Kaufkraft nach Brüssel. Auch die weltweite Presse ist stark vertreten.

Verkehr

Straßenverkehr

Brüssel ist das Zentrum des gut ausgebauten, nachts größtenteils beleuchteten belgischen Autobahnnetzes. Die Autobahnen laufen strahlenförmig nach Brüssel bis zur Ringautobahn R0. Die Hauptstraßen wurden häufig an großen Kreuzungen aufgrund des hohen Verkehrsaufkommen untertunnelt. So führt ein Tunnel direkt von der Autobahn im Osten der Stadt in das EU-Viertel.

Schienenverkehr

Internationale Hochgeschwindigkeitszüge halten in Brüssel

In Brüssel gibt es neben einer großen Anzahl kleinerer Bahnhöfe die drei großen Bahnhöfe Bahnhof Brüssel-Nord, Bahnhof Brüssel-Central und Bahnhof Brüssel-Süd, die miteinander durch eine Nord-Süd-Tunnelstrecke verbunden sind. Zugreisende aus dem Ausland kommen meist am Südbahnhof an, wo Verbindungen aus Paris, Amsterdam, Köln (mit dem Thalys, TGV oder ICE) und London (Eurostar) bestehen. Der Bahnhof Bruxelles Luxembourg abseits der Nord-Süd-Haupttunnelstrecke war ursprünglich ein Bahnhof zur Anbindung der EU-Institutionen, der jetzt nach der Renovierung immer mehr von der allgemeinen Bevölkerung angenommen wird.

Innerhalb der Region Brüssel-Hauptstadt gibt es insgesamt folgende Bahnhöfe, die auch auf Fahrscheinen zusammen als "Zone Bruxelles Agglo" bezeichnet werden:

  • Berchem-Ste-Agathe, Bockstael, Boitsfort, Boondael, Bordet, Bruxelles-Central,Bruxelles-Chapelle, Bruxelles-Congrès, Bruxelles-Midi, Bruxelles-Nord, Bruxelles-Luxembourg, Bruxelles-Schuman, Delta, Etterbeek, Evere, Forest-Est, Forest-Midi, Haren, Haren-Sud, Jette, Meiser, Mérode, Moensberg, Saint-Job, Schaerbeek, Uccle-Calevoet, Uccle-Stalle, Vivier d'oie/ Diesdelle und Watermael.

Öffentlicher Nahverkehr

Netz der Brüsseler Metro

Dem öffentlichen Nahverkehr dienen drei Metro-, zwei Premetro-, 18 Straßenbahn- und 50 Buslinien. Alle Haltestellen tragen – sofern sie abweichende Bezeichnungen in den beiden Sprachen haben – jeweils einen Namen in Französisch und Niederländisch. Betreiber des Nahverkehrsnetzes ist die die Gesellschaft für zwischengemeindlichen Verkehr zu Brüssel (STIB/MIVB).

Die Brüsseler U-Bahn (Metro) besteht aus den drei Linien 1A, 1B und 2. Die ersten beiden verbinden die östlichen und westlichen Nachbargemeinden mit der Stadt und bedienen dabei gemeinsam eine in Ost-West-Richtung durch die Innenstadt verlaufende Stammlinie. Die Linie 2 befährt einen erst 2009 vollständig geschlossenen "Kleinen Ring" (Pentagone oder Vijfhoek) um das Zentrum herum. Nach dem Ringschluss gibt es ab April 2009 gibt es ein umstrukturiertes Netz mit den vier Linien 1,2,5 und 6.[5]

Daneben gibt es so genannte Prémetro-Strecken – Straßenbahnlinien, die teilweise unterirdisch geführt werden. Die wichtigste dieser Strecken ist die Nord-Süd-Achse zwischen dem Nordbahnhof und dem Südbahnhof. Hinzu kommen weitere Straßenbahn- und Buslinien, die den Großraum erschließen und zweistellige Liniennummern tragen sowie zahlreiche Regionalbuslinien in das Umland mit dreistelligen. Die Linien des städtischen Nahverkehrs verkehren etwa bis 0:30 Uhr. Ein Nachtverkehrsnetz existiert in Brüssel – abgesehen von der Nachtbuslinie N71 – nur an Wochenenden. Hier verkehren 20 sogenannte "Noctis" Buslinien im gesamten Stadtgebiet. Die Fahrpreise sind jedoch höher als tagsüber. Taxis haben ein relativ hohes Preisniveau.

Das Umland Brüssels – zu dem auch der Nationalflughafen in Zaventem zählt – wird zur Zeit von der Staatsbahn SNCB/NMBS durch Vorortbahnen nur unzureichend erschlossen. Um die drängenden Probleme zukünftig in den Griff zu bekommen, wurde 2004 der Ausbau eines leistungsstarken S-Bahn-Netzes (Réseau Express Régional/Gewestelijk ExpresNet) nach Pariser Vorbild in Angriff genommen. Bereits 2012 sollen neun Linien in einem 15-/30-Minuten-Taktfahrplan verkehren.[6]

Luftverkehr

Siehe dazu: Flughäfen Brüssel
→ auch: Brussels Airlines

Schiffsverkehr

Der Hafen von Brüssel ist mit 7,5 Millionen Tonnen Umschlag einer der größten Belgiens. Über den Meereskanal Brüssel-Schelde ist er mit der Schelde und damit mit dem Hafen von Antwerpen und der Nordsee verbunden. Über den Canal Charleroi-Brüssel ist er mit der Wallonie verbunden.

Städtepartnerschaften

Sehenswürdigkeiten / Kultur

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Das Atomium vor seiner Renovierung
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Blumenteppich auf dem Grand Place mit Rathaus und „Haus des Königs“

Hauptsehenswürdigkeiten sind der Grand Place, der seit 1988 in der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO steht, mit dem gotischen Rathaus im alten Zentrum, die Kathedrale Saint Michel und das Atomium in Laeken, das Wahrzeichen der Weltausstellung von 1958. Auch das Manneken Pis, eine 60 Zentimeter hohe Bronzefigur in der Altstadt ist eine Touristenattraktion.

Weitere Sehenswürdigkeiten sind der Triumphbogen im Park Cinquantenaire, die Art-Deco-Basilika Sacré-Cœur, die Börse, der Kunstberg, der Justizpalast, das Schloss Laeken (Palais Royal) mit Park und großen Gewächshäusern sowie die Gebäude der EU im Europaviertel Leopold.

Zum großen Kulturangebot Brüssels gehören viele Theater sowie das Opernhaus Monnaie-Theater und Museen aller Art – vom königlichen Kunstmuseum über das Waffenmuseum bis zum Comicmuseum. Brüssel verfügt ebenfalls über eine großes Musikangebot von Musikbars über Konzerthallen bis hin zu Technoclubs.

Manneken Pis

Das Stadtbild im Zentrum wird von flämischen Bürgerhäusern geprägt. Besonders auffällig ist der Jugendstil, der durch den Brüsseler Architekten Victor Horta ins Leben gerufen wurde. In der Blütezeit des Jugendstils schossen in Brüssel neue Vorstädte aus dem Boden. Die Architektur der Viertel Schaerbeek, Etterbeek, Elsene und Saint-Gilles ist besonders sehenswert. Ein weiteres Beispiel des Brüsseler Jugendstils ist das in der Avenue de Tervueren 281 gelegene Palais Stoclet vom Wiener Architekten Josef Hoffmann. Die modernen Gebäude im Quartier Leopold oder Espace Nord runden das Bild ab.

Königspalast

In der Stadt gibt es von jeher eine große Künstlerszene. Der berühmte belgische Surrealist René Magritte beispielsweise hat in Brüssel gelernt. Die Stadt gilt auch als eine Hauptstadt des Comics: In Deutschland am bekanntesten sind Lucky Luke, Tim und Struppi, Cubitus, Gaston und das Marsupilami. Graue Häuserwände werden mit riesigen Bildern belgischer Comic-Helden bemalt, Metrostationen werden von Künstlern gestaltet. Im Centre Belge de la Bande Dessinée verbinden sich zwei künstlerische Leitmotive Brüssels, denn dieses nationale Comicmuseum ist im ehemaligen, 1906 errichteten und ebenfalls von Victor Horta entworfenen Jugendstil-Kaufhaus Waucquez untergebracht.

Das König-Baudouin-Stadion ist eine Konzert- und Wettkampfstätte mit 50.000 Sitzplätzen. Hier stand früher das Heysel-Stadion, in dem sich 1985 die mit 39 Toten und über 400 zum Teil Schwerverletzten schlimmste Katastrophe des europäischen Fußballs ereignete. Englische Hooligans fielen über italienische Fußballfans her und lösten eine Massenpanik aus.

Gastronomie

Rue des Bouchers, die „Fressgasse“
Brüsseler Waffeln

Das gastronomische Angebot umfasst rund 1.800 Gaststätten mit einer einer Vielzahl hochklassiger Lokale. Neben den klassischen Restaurants gibt es eine unüberschaubare Anzahl von Cafés, Bistros sowie das übliche Angebot internationaler Fastfood-Ketten. Die Cafés ähneln eher Kneipen mit einem Bier- und kleinem Speisenangebot, Kaffeehäuser im deutschen Verständnis sind die Salons de Thé. Ebenfalls weit verbreitet sind die Brasserien, die meistens eine große Anzahl Biersorten und typische nationale Gerichte anbieten.

Die belgische Küche zeichnet sich durch die Verbindung der französischen Küche mit der eher deftigen flämischen Küche aus. Kulinarische Spezialitäten Brüssels sind besonders Waffeln (Gaufres) und Miesmuscheln (meist als „Moules frites“ mit Pommes Frites serviert). Die Stadt ist eine Hochburg der Schokoladen- und Pralinen-Hersteller mit Traditionsunternehmen wie Godiva oder Neuhaus. Pommes frites werden wie auch die Waffeln in Brüssel auch an Straßenständen verkauft. Die bekannten belgischen Biersorten wie Hoegaarden, Jupiler, Stella Artois, die Brüsseler Spezialität Geuze und das Kirschbier Kriek sind ebenfalls überall in der Stadt erhältlich.

Söhne und Töchter der Stadt

Ein Victor Horta-Haus in Brüssel
Ein Haus mit Zeichnungen nach Hergé


Siehe auch

Wahlkreis Brüssel-Halle-Vilvoorde

Commons: Bruxelles - Brussel – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Brüssel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Quellen

  1. nieuwsblad.be: Einwohnerzahlen 2009
  2. Statistics Belgium; Population de droit par commune au 1 janvier 2008 (Excel-Datei) Die Bevölkerungszahlen aller Gemeinden Belgiens, vom 1. Januar 2008.
  3. Statistics Belgium; De Belgische Stadsgewesten 2001 (PDF-Datei) Definition von Metropolregionen in Belgien.
  4. Eurostat Pressemitteilung 23/2009: Regionales BIP je Einwohner in der EU27 (PDF-Datei; 360 kB)
  5. Webseite zum neuen Metro-Netz
  6. Webseiten der SNCB/NMBS zur Planung der RER-Brüssel (dt., niederl., franz. und engl.)


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