Paul Breitner

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Paul Breitner
Paul Breitner (2011)
Personalia
Geburtstag 5. September 1951
Geburtsort KolbermoorDeutschland
Größe 176 cm
Position Abwehr / Mittelfeld

Paul Breitner (* 5. September 1951 in Kolbermoor) ist ein ehemaliger deutscher Fußballnationalspieler.

In seiner aktiven Zeit spielte Breitner für den FC Bayern München, Real Madrid und Eintracht Braunschweig und galt als umstrittener Revoluzzer, der Auslöser sowie Gegenstand zahlreicher Debatten war. Mit der Nationalmannschaft wurde er 1972 Europa- und 1974 Weltmeister.

Im Jahr 2004 wurde er von Pelé auf die Liste der 125 besten noch lebenden Fußballer gesetzt (FIFA 100).

Seit 2007 ist Breitner als Scout für den FC Bayern München tätig.

Jugend

Der einzige Sohn eines Verwaltungsbeamten wuchs im oberbayerischen Freilassing auf und besuchte das Chiemgau-Gymnasium in Traunstein. Während seiner Schulzeit spielte Breitner bis zu seinem zehnten Lebensjahr für den SV-DJK Kolbermoor und anschließend für den ESV Freilassing, wo sein Vater Jugendtrainer war. 1968 gelangte er in den Kader der DFB-Jugendnationalmannschaft. Bei den dortigen Lehrgängen teilte er sich mit Uli Hoeneß ein Zimmer. Aus der Zimmergemeinschaft entwickelte sich eine enge Freundschaft, die beide bis heute miteinander verbindet. Am 22. September 1968 bestritt Breitner in Augsburg bei der 1:4-Niederlage gegen Jugoslawien sein erstes A-Junioren-Länderspiel, dem noch weitere 15 Einsätze folgten. 1970 schloss er das Gymnasium mit dem Abitur ab und begann anschließend ein Studium (Pädagogik, Psychologie, Soziologie) an der Pädagogischen Hochschule in München-Pasing mit dem Berufsziel Sonderschullehrer.

Vereinskarriere

FC Bayern München (1970 bis 1974)

Im März 1970 hatte DFB-Jugendtrainer Udo Lattek das Traineramt beim FC Bayern München übernommen und brachte seine ehemaligen Schützlinge Uli Hoeneß, Rainer Zobel und Paul Breitner in die Bundesliga. Der 18-jährige Breitner nahm das Angebot an, unterschrieb einen Profivertrag und brach daraufhin sein Studium an der Pädagogischen Hochschule ab. Er schaffte auf Anhieb den Sprung in den Bundesliga-Kader und debütierte am 15. August 1970 (1. Spieltag 1970/71) beim 1:1 gegen den VfB Stuttgart.

Lattek machte ihn sofort zum Stammspieler. Er funktionierte Breitner vom Stürmer erfolgreich zum linken Außenverteidiger um. Als Offensivverteidiger verkörperte er den Typus eines modernen Abwehrspielers, der sich nicht auf die Defensive beschränkte, sondern auch immer wieder mit Flankenläufen zum Angriffsspiel beitrug. Am Saisonende wurden die Bayern zwar nur Vizemeister, jedoch gewann Breitner mit dem DFB-Pokal (2:1 gegen den 1. FC Köln) seine erste Trophäe. Mit Breitner gewann Bayern München die Meisterschaften 1972, 1973 und 1974. Öffentlich gab sich Breitner linksorientiert, posierte medienwirksam mit einer Mao-Bibel und erklärte, ein Verehrer Che Guevaras zu sein. Durch seine politische Haltung und seine Kritik am Verein zog er sich unweigerlich den Unmut des konservativen Vereinspräsidenten Wilhelm Neudecker zu, der seinen Quertreiber 1973 sogar verkaufen wollte. Doch als die Mannschaft dagegen rebellierte, durfte Breitner bleiben und gewann 1974 mit dem Europapokal der Landesmeister (4:0-Sieg im Wiederholungsspiel gegen Atlético Madrid) den wichtigsten europäischen Vereinspokal. Nach der gewonnenen Weltmeisterschaft 1974 wechselte Breitner nach Spanien.

Real Madrid (1974 bis 1977)

Nach dem Weltmeisterschafts-Turnier 1974 wechselte Breitner zu Real Madrid. Der Wechsel kostete rund drei Millionen Mark Ablöse.

Der Trainer Miljanić wollte Breitner nicht als Verteidiger einsetzen, sondern schulte ihn zum Mittelfeldspieler um. Gemeinsam mit Günter Netzer, der bereits seit einem Jahr das Real-Trikot trug, bildete Breitner im zentralen Mittelfeld ein Duo, welches das Spiel lenkte und beschleunigte. Die Madrilenen gewannen 1975 das Double aus Meisterschaft und Pokal. 1976 gelang die Titelverteidigung in der Primera División, im Halbfinale des Europapokals der Landesmeister schied man jedoch gegen Bayern München aus.

Breitners drittes Jahr (1976/77) in der spanischen Hauptstadt verlief enttäuschend. Real landete lediglich auf dem neunten Tabellenplatz – nur vier Punkte vor den Abstiegsrängen –, und Miljanić wurde seines Amtes enthoben.

Eintracht Braunschweig (1977/78)

Nach drei Jahren in Spanien gab es in der Bundesliga keinen Verein, der die für Breitner geforderte Ablösesumme von 1,6 Millionen DM zahlen mochte – außer Günter Mast. Der Hauptsponsor von Eintracht Braunschweig und Geschäftsführer der Firma Jägermeister stellte die Summe bereit und brachte Breitner mit einem Jahresgehalt von 400.000 Mark zur Eintracht. Die Integration von Breitner in das bestehende Umfeld misslang. Trotzdem erzielte er in dieser Saison zehn Tore für Braunschweig.[1]

FC Bayern München (1978 bis 1983)

Breitner (vorne) im Trikot des FC Bayern

Im Sommer 1978 kehrte Breitner für 1,75 Millionen Mark zum FC Bayern zurück.

In der nächsten Saison (1979/80) wurde Breitner unter dem neuen Trainer Pál Csernai Mannschaftskapitän. 1980 gewannen die Bayern ihre erste Meisterschaft seit sechs Jahren und verteidigten den Titel ein Jahr später. Nach der Saison wählten die Sportjournalisten Breitner zum Fußballer des Jahres und bei der Wahl zu Europas Fußballer des Jahres belegte er hinter Vereinskamerad Rummenigge den zweiten Platz. 1982 holten die Bayern durch ein 4:2 über den 1. FC Nürnberg den DFB-Pokal (Breitner traf per Elfmeter zum zwischenzeitlichen 3:2). Beim Endspiel des Europapokals der Landesmeister verlor Bayern München gegen Aston Villa mit 0:1.

Nach einer Saison, die von Verletzungen geprägt war, verabschiedete sich Paul Breitner im Sommer 1983 während einer Asien-Reise mit den Bayern vom Profifußball. Sein letztes Pflichtspiel hatte er am 28. Mai 1983 bei der 0:1-Heimniederlage gegen den FC Schalke 04 bestritten.

Nationalmannschaft

Für die U-23-Nationalmannschaft bestritt Breitner sein einziges Spiel am 11. Juni 1971 gegen Albanien (2:0) und wurde anschließend von Bundestrainer Helmut Schön auf die sogenannte Nordlandreise der A-Nationalmannschaft mitgenommen. Dort debütierte er in Oslo am 22. Juni 1971 beim 7:1-Kantersieg gegen Norwegen und schaffte wie im Verein auf Anhieb den Sprung zum Stammspieler als Linksverteidiger.

1972 wurde die Nationalmannschaft mit Breitner nach einem 3:0 über die Sowjetunion Europameister.

Weltmeisterschaft 1974

Breitners Elfmeter im WM-Finale 1974

1974 war die Bundesrepublik Deutschland Austragungsland der Fußball-WM. Schließlich war es Breitner, der mit einem Distanzschuss den 1:0-Siegtreffer im ersten Gruppenspiel gegen Chile erzielte. In der Zwischenrunde gelang Breitner beim 2:0 über Jugoslawien sein zweiter Turniertreffer. Im Finale gegen die Niederlande verwandelte er in der 25. Minute einen Foulelfmeter zum 1:1-Ausgleich, obwohl er nicht als Schütze vorgesehen war.

Dauerstreit mit dem DFB (1974 bis 1981)

Nach dem Titelgewinn 1974 überwarf sich Breitner mit Bundestrainer Schön und erklärte seinen Rücktritt aus der Nationalelf.[2] Eine Ausnahme bildeten die beiden EM-Qualifikationsspiele gegen Bulgarien und Griechenland im Oktober 1975, als Breitner zurückkehrte, wobei sich Schön beklagte, dass man jedes Mal bei Real Madrid anfragen musste, ob Breitner für ein Länderspiel freigegeben werde.[3] Schöns Nachfolger Jupp Derwall holte Breitner Anfang des Jahres 1981 in die Nationalmannschaft zurück. Am 29. April 1981 gab Breitner gegen Österreich (2:0) in Hamburg sein Comeback in der Nationalmannschaft.[4]

Weltmeisterschaft 1982

Im Halbfinale bei der WM 1982 gegen Frankreich, der Nacht von Sevilla, bewies Breitner im Elfmeterschießen Nervenstärke, so dass er schließlich zum zweiten Mal in seiner Laufbahn ein WM-Finale erreichte. Im Finale traf die deutsche Elf auf die italienische „Squadra Azzurra“. Breitner erzielte den Treffer zum 1:3 (83. Minute) und ist damit mit Pelé, Vavá und Zinedine Zidane einer der wenigen Spieler, dem in zwei WM-Endspielen jeweils ein Treffer gelang. Das WM-Finale am 11. Juli 1982 war Breitners letztes Länderspiel. Nach 48 Einsätzen (10 Tore)[5] erklärte er seinen Rücktritt.

Erfolge und Auszeichnungen

Nationalmannschaft

Vereine

Persönlich

Sonstiges

Breitner trat auch als Schauspieler in dem Western Potato Fritz (1976) und als Kolumnist für die Bild-Zeitung auf. Das Bayerische Fernsehen produzierte 1978 eine sechsteilige Sendereihe mit ihm, „Paul Breitners Fußballmagazin“, in der er mit seinem Team Eintracht Braunschweig und Jugendspielern technische Grundlagen des Spiels und Einblicke in den Alltag eines Fußballprofis präsentierte. Auch publizierte Breitner das anekdotenhafte Buch „Kopfball“. Sein Markenzeichen, den Vollbart, stutzte er sich vor der Weltmeisterschaft 1982 in Spanien im Rahmen einer Werbekampagne für das Rasierwasser Pitralon zu einem Stutzbart und erhielt hierfür von dem Unternehmen 150.000 DM.

Politische Aktivitäten

1972 bot sich Breitner der SPD als Wahlkämpfer an.[6] Später beschwerte er sich, dass politische Aktivität von Spitzensportlern durch Sportfunktionäre und das sportliche Umfeld unterdrückt würde.[7]

Aktivitäten nach dem Rücktritt

Nach seinem Rücktritt vom aktiven Sport tat sich Breitner erneut als ein vehementer Kritiker des deutschen Fußballs hervor; so titulierte er beispielsweise Derwalls Nachfolger als Bundestrainer, Franz Beckenbauer, in seiner Bild-Kolumne als den „Totengräber des deutschen Fußballs“.[8] Nachdem Berti Vogts 1998 als Bundestrainer zurückgetreten war, war Breitner für kurze Zeit von DFB-Präsident Egidius Braun als Vogts’ Nachfolger für die Funktion des Teamchefs der Nationalmannschaft vorgesehen. Doch nahm Braun etwa 17 Stunden nach einer offenbar schon erzielten Übereinkunft wieder Abstand von dieser Möglichkeit, weil – so Braun – Breitner kein Stillschweigen über ein von ihm in dieser Angelegenheit als vertraulich empfundenes Telefongespräch gewahrt und Dritten davon berichtet hatte. Breitner hingegen wollte die eigentliche Ursache für den nebulösen Vorgang darin sehen, dass Braun zwischenzeitlich von kritischen Äußerungen erfahren habe, die er vormals über den DFB und den DFB-Präsidenten selbst ausgesprochen hätte.

Während der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea bildete Breitner zusammen mit Oliver Welke das Moderatoren-Duo für die entsprechende Berichterstattung im privaten TV-Sender Sat.1.

Seit Frühjahr 2007 ist Breitner Berater und Scout, seit der Saison 2009/10 Chefscout des FC Bayern München.

Er ist Gründungsmitglied der Kindersportstiftung des ehemaligen SPD Abgeordneten Jörn Thießen.

Privatleben

Paul Breitner ist verheiratet und hat drei Kinder. Sein Sohn Max Breitner arbeitet als Sportjournalist seit 2006 in der Pressestelle des FC Bayern München.

Filmografie

Weblinks

Commons: Paul Breitner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/sportclub/sportclub3813.html
  2. Mit Beulen nach Athen spiegel.de 25. November 1974
  3. Ich fand mich gut spiegel.de 17. November 1975
  4. Alte Kameraden spiegel.de 27. April 1981
  5. Matthias Arnhold: Paul Breitner - International Appearances. Rec.Sport.Soccer Statistics Foundation, 18. April 2004, abgerufen am 22. November 2012.
  6. Rot und Schwarz. In: Der Spiegel, Heft 43/1972.
  7. Mit der Hälfte verdorben. In: Der Spiegel, Heft 9/1989.
  8. 1990. Süddeutsche Zeitung WM-Bibliothek ISBN 978-3-86615-154-3.

Literatur

  • Champions. 100 große Fußballer und ihre Erfolge. Gondrom-Verlag, Bindlach 2004, ISBN 3-8112-2342-9, S. 30 ff.
  • Günter Netzer: Aus der Tiefe des Raumes. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2005, ISBN 3-499-61921-0, S. 101, 135ff., 162, 164.
  • Hardy Grüne: Fußball-WM-Enzyklopädie 1930–2010. Agon-Sportverlag, Kassel 2006, ISBN 3-89784-290-4.