Horst Seehofer

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Horst Seehofer, 2008

Horst Lorenz Seehofer (* 4. Juli 1949 in Ingolstadt) ist ein deutscher Politiker (CSU). Seit Oktober 2008 ist er Ministerpräsident des Freistaates Bayern und Vorsitzender der CSU.

Er war von 1992 bis 1998 Bundesminister für Gesundheit und von 2005 bis 2008 Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Leben und Beruf

Als Sohn eines Lastwagenfahrers und Bauarbeiters absolvierte Seehofer nach der Mittleren Reife an der Knabenrealschule Rebdorf in Eichstätt 1965 eine Ausbildung in der Kommunalverwaltung und bestand 1967 die Verwaltungsprüfung für den mittleren Dienst an der Bayerischen Verwaltungsschule in München. 1970 stieg er in den gehobenen Dienst als Diplom-Verwaltungswirt (FH) auf.

Er war dann bis 1980 bei den Landratsämtern in Ingolstadt und Eichstätt tätig. Von 1974 bis 1980 war er daneben Geschäftsführer des Planungsverbandes und Rettungszweckverbandes Region Ingolstadt. Den Besuch der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie in München schloss er 1979 als Verwaltungs-Betriebswirt (VWA)[1] ab. Am 12. Juni 2008 wurde Seehofer anlässlich seines Besuches auf der AGRO in Kiew die Ehrendoktorwürde der Nationalen Agraruniversität der Ukraine verliehen.

Horst Seehofer ist zum zweiten Mal verheiratet und hat aus dieser Ehe mit Karin Seehofer drei Kinder sowie eine weitere, nichteheliche Tochter.[2] Seinen Wohnsitz hat er im Ingolstädter Stadtteil Gerolfing.

Politischer Werdegang

Partei

Nach seinem Eintritt in die Junge Union 1969 trat er 1971 auch in die CSU ein. Von September 1994 bis zu seiner Wahl als Vorsitzender der CSU im Oktober 2008 war er stellvertretender Vorsitzender der CSU. Zudem ist er Vorsitzender der Arbeitnehmer-Union der CSU (CSA). Nach der Erklärung von Edmund Stoiber im Januar 2007, im September 2007 sowohl den Parteivorsitz, als auch das Amt des Ministerpräsidenten abgeben zu wollen, gab Seehofer bekannt, für den Parteivorsitz kandidieren zu wollen.

In Umfragen vom Januar 2007 zu bevorzugten Stoiber-Nachfolgern lag Seehofer unter bayerischen Wählern weit vorn, insbesondere seit Bild Gerüchte über sein Privatleben veröffentlichte (aufgrund einer Affäre wurde er zum vierten Mal Vater) und dem Bekanntwerden von Geheimabsprachen zwischen Günther Beckstein und Erwin Huber, während Huber noch hinter Beckstein, Alois Glück, Gabriele Pauli und Joachim Herrmann zurückfiel.

Auf dem Parteitag der CSU in München am 29. September 2007 unterlag er mit 39,1 % seinem Konkurrenten um den Parteivorsitz, Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber, der 58,19 % der Delegiertenstimmen erhielt vor der dritten Mitbewerberin, der Fürther Landrätin Gabriele Pauli, die 2,5 % erhielt. Auf Vorschlag Hubers wurde er daraufhin mit 91,81 % als stellvertretender Parteivorsitzender wiedergewählt.

Nach dem Rücktritt von Erwin Huber als Folge des unerwartet schlechten Abschneidens der CSU bei der Landtagswahl 2008 wurde Seehofer am 25. Oktober 2008 von einem Sonderparteitag zum Vorsitzenden der Partei gewählt. Er konnte 90,3 % der Stimmen auf sich vereinen.[3] Trotz des wieder deutlich besseren Ergebnisses der CSU bei der Europawahl im Juni 2009 konnte Seehofer bei der erneuten Kandidatur zum Parteivorsitz am 18. Juli 2009 nur 88,1 % der Stimmen erreichen.[4]

Abgeordneter

Seehofer war von 1980 bis 2008 Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 1983 bis zu seiner Berufung als Staatssekretär 1989 fungierte er als sozialpolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe. Ab Oktober 1998 war er Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Bereiche Europa, Landwirtschaft und Umwelt. Meinungsverschiedenheiten bezüglich der von ihm abgelehnten Gesundheitsprämie in der gesetzlichen Krankenversicherung führten dazu, dass er am 22. November 2004 als stellvertretender Fraktionsvorsitzender zurücktrat. Er blieb jedoch weiterhin einer der stellvertretenden CSU-Vorsitzenden und behielt sein Mandat.

Horst Seehofer ist stets als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Ingolstadt in den Bundestag eingezogen. Bei der Bundestagswahl 2005 erreichte er hier 65,9 % der Erststimmen. Dies war das zweitbeste Ergebnis bundesweit.

Trotz seines Amtes als Ministerpräsident ist Seehofer kein Mitglied des Bayerischen Landtages. Als neues Mitglied des Bundesrats legte Seehofer nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten sein Bundestagsmandat nieder.

Ämter in Bundesministerien und Bundesregierung

Bei der Ernennung zum Staatssekretär 1989

Von 1989 bis 1992 war er Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.

Am 6. Mai 1992 wurde er als Bundesminister für Gesundheit in die von Bundeskanzler Helmut Kohl geführte Bundesregierung berufen. Im Jahre 1993 kam es zu Kritik an Seehofer wegen der mangelnden Informationspolitik beim Problem HIV-verseuchter Blutpräparate. In diesem Zusammenhang veranlasste Seehofer 1993/1994 die Auflösung des Bundesgesundheitsamtes.[5] Als Gesundheitsminister kämpfte Seehofer während seiner gesamten Amtszeit gegen die Kostensteigerung im Gesundheitswesen und das Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung. Das Gesundheitsstrukturgesetz aus dem Jahr 1993 zwang das Gesundheitswesen zu einem rigiden Sparkurs und führte schon nach einem Jahr zu einer Kostensenkung von etwa 5,5 Milliarden Euro. Das Beitragsentlastungsgesetz (1996) und die GKV-Neuordnungsgesetze (1997) waren weitere Reforminitiativen Seehofers.

Horst Seehofer in den späten 1990ern

Nach der Bundestagswahl 1998 schied er am 26. Oktober 1998 aus der Regierung aus. Im Januar 2002 erkrankte Seehofer schwer, aufgrund einer lebensgefährlichen Myocarditis wurde er in ein Ingolstädter Krankenhaus eingeliefert. Seehofer erklärte hierzu später, dass er sich aufgrund seiner Arbeitsbelastung zu spät habe behandeln lassen.

In der Großen Koalition, welche sich nach der Bundestagswahl 2005 bildete, wurde Seehofer Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Er wurde am 22. November 2005 in die von Bundeskanzlerin Angela Merkel geführte Bundesregierung berufen. Nur wenige Tage später wurde er mit dem Gammelfleischskandal konfrontiert.

Er gab sein Amt als Bundesminister zum 27. Oktober 2008 auf, um als Bayerischer Ministerpräsident gewählt werden zu können.

Bayerischer Ministerpräsident

Seehofer in Markt Schwaben, 2009

Nach dem schlechten Abschneiden der CSU bei der Landtagswahl in Bayern 2008 – die CSU verfehlte erstmals seit über vier Jahrzehnten die absolute Mehrheit – und den darauf folgenden Rückzug des bisherigen Ministerpräsidenten Günther Beckstein, wurde Seehofer von der Partei auch für dieses Amt nominiert. Er konnte sich dabei parteiintern gegen Georg Schmid, Thomas Goppel und Joachim Herrmann durchsetzen. Weite Teile der CSU haben dabei gefordert, mit Seehofer wieder Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt in eine Hand zu legen.[6][7] Am 27. Oktober 2008 wurde Seehofer schließlich vom Bayerischen Landtag zum Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern gewählt. Von den 184 anwesenden Abgeordneten stimmten 104 für ihn, das waren vier Stimmen weniger als die Koalitionsparteien CSU und FDP auf sich vereinen.[8]

Gesellschaftliche Ämter

Vom 23. April 2005 bis 22. November 2005 war er Vorsitzender des Sozialverband VdK Bayern und konnte 20.000 neue Mitglieder hinzugewinnen. Mit seiner Ernennung zum Bundesminister für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft musste Horst Seehofer sein Amt niederlegen. Das Bundesministergesetz lässt eine derartige Doppelfunktion nicht zu.

Politische Positionen

Über viele Jahre galt Seehofer als wichtigster Sozialpolitiker der Unionsfraktion. 2004 stellte er sich deutlich gegen die Ansichten der Parteimehrheit und trat als scharfer Kritiker des von CDU und CSU präsentierten Gesundheitskompromisses der Union auf.[9] Teilweise warf man ihm daraufhin das Festhalten an einer Art Umverteilungspolitik vor, die zum Teil eher einer sozialdemokratischen Linie entspräche. Als Verbandsfunktionär im Sozialverband VdK stand er in einigen Aspekten der Sozialpolitik noch deutlicher gegen die Unionslinie. Von einer großen Koalition fordert er einen dritten Weg zur Reform des Gesundheitswesens. In der Presse wird er häufig als das soziale Gewissen der Union bezeichnet, gelegentlich ist aber auch die Rede vom Herz-Jesu-Sozialisten Seehofer als Vertreter des aus der katholischen Sozialbewegung stammenden Arbeitnehmerflügels.

Seehofer lehnte im März 2005 die Hartz IV-Reform als wirkungslos ab.[10]

Ehrungen und Auszeichnungen

Siehe auch

Belege

  1. VWA Nürnberg – Studiengänge
  2. Seehofer ist wieder Vater geworden, in: Spiegel vom 14. Juni 2007.
  3. CSU wählt Seehofer zum neuen Parteichef, in: Spiegel online vom 25. Oktober 2008.
  4. Dämpfer für Seehofer bei Wiederwahl, in Süddeutsche Zeitung, Online Ausgabe vom 18. Juli 2009
  5. Wolfgang Hoffmann: Seehofer bleibt stur, in: Die Zeit vom 28. Januar 1994.
  6. Goppel und Herrmann machen Weg frei für Seehofer, in: Spiegel online am 7. Oktober 2008.
  7. Birgit Kruse: Chaotisch unsoziale Union, in: Süddeutsche Zeitung vom 7. Oktober 2008.
  8. Seehofer zum Ministerpräsidenten gewählt, in: Süddeutsche Zeitung vom 27. Oktober 2008.
  9. Gesundheitskompromiss gebilligt, in: Manager Magazin vom 19. November 2004.
  10. Henryk M. Broder: Wehner, Lenin, Poltergeist, in: Spiegel online vom 11. März 2005.
  11. [Seehofer ist nun chinesischer Ehrenprofessor, in: Abendzeitung vom 29. April 2010.

Weblinks

Commons: Horst Seehofer – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien