Tunnel

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Yerba-Buena-Tunnel: Tunneleinfahrt in Richtung San Francisco
Tunnelausfahrt zur San Francisco-Oakland Bay Bridge
Im Inneren eines Straßentunnels
U-Bahn-Tunnel in Taipeh.

Ein Tunnel oder Tunnelbauwerk ist ein unterirdisches Bauwerk ähnlich einer Röhre, das der Unterquerung von Hindernissen wie Bergen, Gewässern oder anderen Verkehrswegen dient.[1] Seltener dienen Tunnel anderen Zwecken wie dem Schutz der Anwohner vor Straßen- oder Schienenverkehrslärm.

Definition nach DIN

In der DIN-Norm 1076 – Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen; Überwachung und Prüfung sind Tunnel unterhalb der Erd- oder Wasseroberfläche liegende Bauwerke. Oberirdische Einhausungen von Verkehrswegen mit mindestens 80 m Länge und Galeriebauwerke gelten ebenfalls als Tunnel. Unterführungen zählen nach der Norm nicht zu den Tunnelbauwerken, wenn diese in offener Bauweise hergestellt wurden und kürzer als 80 Meter sind.[2]

Sprachliche Herkunft

Der Begriff tunnel tauchte erstmals im frühen 15. Jahrhundert im englisch auf und bezeichnete ein trichterförmiges Vogelnetz. Es ist nicht klar, ob der Begriff von französisch ‚tonnelle‘: Netz oder französisch ‚ton‘: kleines Fass stammt. In den 1540er Jahren wurde tunnel erstmals für Röhre verwendet und in den 1660er Jahren erstmals für unterirdischer Durchgang. Aus dem Englischen kam der Begriff zurück ins Französische und verdrängte dort das zuvor für unterirdische Bauwerke verwendete Wort mine.[3]

Im Duden wird neben dem Stichwort der Tunnel[1] auch das Tunell[4] aufgeführt für den Begriff, der in Süddeutschland und Österreich verwendet wird. In der Schweiz wird das Tunnel mit einem l und zwei n verwendet.[5]

Im Sprachgebrauch ist die Verwendung als Neutrum nur noch selten, jedoch in der Schweiz anzutreffen.[6] Die bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts noch typische Endbetonung wie im Französischen ist weitgehend der Betonung auf der ersten Silbe gewichen, mit Ausnahme einiger Sprecher im Süden des deutschen Sprachraums und besonders Südtirols.[7]

Messgrößen

Neben der Länge haben Tunnel die folgenden Messgrößen:

  • Querschnittsflächeninhalt: Inhalt einer rechtwinklig zum Tunnelverlauf gespannten Fläche.
  • Überdeckung: Höhenunterschied zwischen der Oberkante des Tunnels und der Oberkante des darüber befindlichen Geländes.
  • Lichte Höhe: Abstand zwischen der Oberkante und dem Boden des Tunnels. Tunnel werden aus statischen Gründen meist gewölbt ausgeführt, so dass die maximalen lichte Höhe wesentlich größer ist, als die von den Fahrzeugen nutzbare lichte Durchfahrtshöhe – die minimale lichte Höhe in dem planmäßig zum Befahren vorgesehenen Bereich.

Weiterhin können alle Messgrößen angegeben sein, die für Wege im freien Gelände gelten, wie die Steigung oder der Radius von Bögen.

Geschichte

Antike und Frühmittelalter

Vorläufer der dem Verkehr dienenden großen Tunnel waren unterirdische Be- und Entwässerungsstollen, die bereits seit der Antike errichtet wurden. Seit dem Beginn des 1. Jahrtausends v. Chr. wurde in den verschiedenen Staaten des Orients Grundwasser durch Qanate erschlossen, bei denen auf der Linie des zukünftigen Stollens senkrechte Schächte in die Tiefe getrieben und miteinander verbunden wurden. Ein Qanat hatte immer ein leichtes Gefälle zu einer Siedlung hin. Dadurch konnte unterirdisch das Grundwasser erschlossen und durch das Qanat zur Siedlung geführt werden. Andernfalls hätte dasselbe Grundwasser aus großer Tiefe unterhalb der Siedlung heraufgeholt werden müssen. Die Kanaaniter schlugen in Megiddo bereits einen 70 Meter langen Stollen in den Fels, der ihnen einen gedeckten Zugang zu einer unterirdischen Zisterne außerhalb der Stadtmauern gewährte.

Anders der Tunnelbau: Hier folgte die Linienführung im sogenannten Gegenortverfahren. Dabei wurden vom Ausgangs- und vom Endpunkt des Tunnels zunächst Suchstollen geschlagen, die erst nach dem Aufeinandertreffen auf den erforderlichen Querschnitt erweitert wurden. In der frühbronzezeitlichen Siedlung Khirbet ez-Zaraqon in Jordanien existiert ein 200 Meter langer Tunnel, an dessen First sich die Suchstollen noch gut nachvollziehen lassen. Seine Datierung in die Zeit vor der Verwendung von Eisenwerkzeugen scheint problematisch.[8] Die Griechen bauten beispielsweise auf Samos zur verdeckten Wasserversorgung um 530 v. Chr. den 1063 Meter langen Tunnel des Eupalinos. Unter dem judäischen König Hiskija wurde ebenfalls zur Wasserversorgung bei Belagerungen von der Gihon-Quelle zum Teich von Siloah in Jerusalem der 533 Meter lange Hiskija-Tunnel gegraben. Ein etwa 150 v. Chr. geschlagener 700 Meter langer Tunnel nach Qumran am Toten Meer diente ebenfalls der Wasserversorgung. Die Etrusker schufen die weniger spektakulären zahlreichen Cuniculi, schmale Tunnel, die der Wasserleitung, der Drainage oder der Wassersammlung dienten. Bereits im 6. Jahrhundert v. Chr. errichteten sie in den Albaner Bergen erste Straßentunnel. Besonders die Römer führten viele Bauten aus, darunter die Ableitung des Fucino-Sees, ein 5623 Meter langer Tunnel von der Mitte des 1. Jahrhunderts. Vespasian ließ im Jahr 77 auf der Via Flaminia einen neuen Tunnel durch den Intercisa-Pass (Furlo) errichten. Besonders bekannt ist ein Aquädukttunnel im algerischen Bejaia aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. durch den römischen Baumeister Nonius Datus, der in einer Inschrift die Schwierigkeiten des Gegenortverfahrens beschrieb.[9] Straßentunnel errichteten die Römer nur in Italien: Der Architekt L. Cocceius Auctus errichtete im Bürgerkrieg mit Sextus Pompeius 38/37 v. Chr. drei Tunnel um Cumae und am Averner See sowie zwei weitere zwischen Neapel und Puteoli, die eine Länge von bis zu 1000 Metern hatten. Auf der Insel Ponza ist ein Straßentunnel nachweisbar.[10] Aufgrund von Resten antiker Schachtbauwerke in der Umgebung von Dover geht die moderne Forschung davon aus, dass bereits die Römer sich mit dem Gedanken eines Ärmelkanaltunnels nicht nur theoretisch beschäftigt haben.

Der mitteleuropaweit älteste frühmittelalterliche Wasserstollen ist der Stiftsarm des Almkanals in Salzburg, der der Nutzwasserversorgung der Stadt diente und 1143 durch den Mönchsberg geschlagen worden war. Ein weiterer Tunnel, der vermutlich aus dieser Zeit stammt, ist der so genannte Fulbert-Stollen am Laacher See, der nach 1164 gebaut wurde und der Senkung des Wasserspiegels bei Hochwasser diente.

Neuzeit

Traditionell gebauter Tunnel ohne Innenschale auf Madeira

Nördlich der Alpen gab es in Deutschland vor dem Zeitalter des Eisenbahnbaus nur vier Tunnel, die dem Verkehr dienten. Zu ihnen zählt der Tiergarten-Tunnel in Blankenheim in der Eifel. Die Einführung des Schwarzpulvers zur Gesteinssprengung machte seit dem 17. Jahrhundert Tunnel beim Bau von Kanälen realisierbar, beispielsweise der 157 Meter lange Malpas-Tunnel für den Canal du Midi (um 1680) und der Schifffahrtstunnel von Weilburg an der Lahn. 1708 wurde mit dem Urnerloch bei Andermatt der erste Tunnel an einer Alpenstraße (Länge 64 m) für den Güter und Personenverkehr gebaut. Das 1765 fertiggestellte Sigmundstor in Salzburg mit einer Länge von 131 Metern ist der älteste Straßentunnel Österreichs. Der 1789 eröffnete Sapperton-Kanaltunnel im Thames & Severn Canal in England war 3,5 Kilometer lang und erlaubte den Transport von Kohlefrachtern. Der 2869 Meter lange Norwood-Tunnel in England, eröffnet 1775, ist ein weiteres Beispiel. Durch den von 1842 bis 1847 erbauten 4880 Meter langen Mauvages-Tunnel im Canal de la Marne au Rhin im Elsass wurden Boote und Schiffe mit einem im Jahr 1912 in Betrieb genommenen elektrischen Kettenschlepper getreidelt. Die Treideleinrichtung ist jedoch nicht mehr in Betrieb, da der Kanal überwiegend von Freizeitschiffern genutzt wird.

Alter Elbtunnel (erbaut 1911)

Der erste Verkehrstunnel unter einem Fluss wurde unter der Themse in London zwischen Rotherhithe und Wapping von 1825 bis 1841 mit einer Unterbrechung von sieben Jahren erstellt. Nach der Ausrüstung mit Licht, Fahrbahnen, Treppen und einer Maschinenanlage zur Drainage wurde er am 25. März 1843 für den öffentlichen Verkehr freigegeben. Für Fußgänger wurde er nur bis 1865 genutzt, danach wurde dieser Thames Tunnel von der East London Railway als Teil der London Underground (zuletzt East London Line) benutzt.

Der erste amerikanische Verkehrstunnel unter einem Fluss wurde am 1. Januar 1869 in Chicago eröffnet. 1899 wurde der Spreetunnel Stralau in Berlin in Betrieb genommen. Am 7. September 1911 wurde der Elbtunnel in Hamburg eröffnet.

Die ersten Eisenbahntunnel schuf George Stephenson auf der Strecke Liverpool–Manchester 1826 bis 1830. 1837 bis 1839 wurde auf der Strecke Leipzig–Dresden bei Oberau der erste Tunnel einer Vollbahn auf dem europäischen Festland gebaut. Die Erfindung des Dynamits und der mit Druckluft betriebenen Gesteinsbohrmaschinen ermöglichte den Bau der großen Gebirgstunnel.

Bemerkenswert ist der 1882 unter dem Col de Tende hindurchgetriebene 3182 Meter lange Col-de-Tende-Straßentunnel. Er war der erste Straßentunnel unter einem Alpenpass und dürfte seinerzeit einer der längsten für den öffentlichen Verkehr freigegebenen Tunnels der Welt gewesen sein.

Jüngere Geschichte

Tunnel schrieben auch politische und militärische Geschichte: Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs lagerte die deutsche Rüstungsindustrie zahlreiche Fertigungsstätten in bombensicher vermauerte Verkehrstunnel im Rahmen des so genannten U-Verlagerungsprogramms aus. In den 1960er Jahren wurden geheime Fluchttunnel aus Ostberlin und der DDR nach Westberlin und Spionagetunnel vice versa während der Zeit der Berliner Mauer gebaut. Während des Vietnamkrieges besaß der Vietcong in den 1970er Jahren eine Vielzahl von Tunneln bis in die Nähe der südvietnamesischen Hauptstadt Saigon, in welche die Soldaten der Vietnamesischen Volksbefreiungsarmee sich bei amerikanischen Luftangriffen und Patrouillen versteckten, Nachschublager unterhielten und Verwundete operierten und pflegten. Während des Bosnienkrieges in den 1990er Jahren bauten die bosnischen Truppen einen geheimen Tunnel von Sarajevo unter dem serbischen Belagerungsring hindurch, durch den sie bescheidenen Nachschub erhielten.

Arten

Amphibientunnel bei Furtwangen

Tunnel können nach deren Benutzung eingeteilt werden. Sie können von Schienenfahrzeugen, Straßenfahrzeugen, Wasserfahrzeugen, Fußgängern, Rohrleitungen, Elektrische Leitungen oder Tieren wie Amphibien benutzt werden.

Tunnel für Verkehrswege können ein-, zweispurig oder mehrspurig sein. Tunnel können im wechselweisen Einrichtungsverkehr betrieben werden. Zwei parallele Röhren können als ein Tunnelbauwerk angesehen werden.

Zeichen 327:Tunnel

Eisenbahntunnel

U-Bahn-Tunnel

Eisenbahntunnel dienen in erster Linie der Umgehung topografischer Hindernisse. Im Gegensatz zu Straßenfahrzeugen können Adhäsionsbahnen nur geringe Steigungen überwinden und große Bögen befahren, weshalb das Trassee oft nicht über oder um Hindernisse herumgeführt werden kann.

Bei Gebirgsbahnen werden Kehrtunnel eingesetzt, die dem Höhengewinn der Strecke dienen in dem die Strecke durch einen Tunnel im Gebirge künstlich verlängert wird. Kehrtunnel kommen bei extremen topografischen Verhältnissen wie bei Zahnradbahnen vor.

Ein Einzelfall dürfte der 300 m lange Tunnel auf der Neubaustrecke Mattstetten–Rothrist sein, welcher ein Käselager vor Verschmutzung durch die Eisenbahn schützt.[11]

U-Bahn-Tunnel

Straßentunnel

Da Straßenfahrzeuge größere Steigungen als Schienenfahrzeuge überwinden können, begann der Bau von Straßentunneln in größerem Umfang erst im Zuge des Baus von Autobahnen und anderen Schnellstraßen. Vorher waren Straßentunnel nur im Gebirge anzutreffen und meist nur wenige Meter lang.

Seit neuerer Zeit wird Tunnelbau aus Gründen des Landschafts- und Umweltschutzes betrieben. So wurde beispielsweise im Zuge der Bundesautobahn 4 westlich von Jena in Thüringen der 2014 in Betrieb genommene Jagdbergtunnel gebaut, um das ökologisch wertvolle Leutratal vom Autoverkehr zu befreien.

Weiter haben einige Grünbrücken so große Längen, dass sie als Tunnel gelten.

Fußgängertunnel

Eiertunnel in Bad Kleinen

Diese Tunnelart wird hauptsächlich in Städten angewendet. Dort dienen Fußgängertunnel häufig als Ersatz für Fußgängerüberführungen über breite Straßen oder als Verbindung von U-Bahn-Stationen. Insbesondere in Bahnhöfen werden Personentunnel angelegt. In Städten in kälteren Klimazonen gibt es größere Netze aus Fußgängertunneln, welche Untergrundstädte genannt werden. Beispiele für Fußgängertunnel sind die Berliner Fußgängertunnel oder der so genannte Eiertunnel in Bad Kleinen.

Verbrecher und Gefangene bauen mitunter temporäre Tunnel, um in eine Bank einzubrechen[12], rechtswidrig Drogen unter Landesgrenzen zu transferieren bzw. um einem Gefängnis zu entkommen. Mitunter werden Schienen gelegt um die den Transport von Ausbruch zu erleichtern. In Mexiko wurde vor Jahren ein motorisiertes Dreirad als Transportmittel genutzt.

In der Lamprechtshöhle im Land Salzburg wurde vor Jahrzehnten ein Tunnel gesprengt, und später mit einer eisernen Tür verschliessbar gemacht, um einen Siphon umgehen zu können, der temporär den trockenen Weg versperrt.

Kanaltunnel

Tunnel am Rhein-Marne-Kanal bei Arzviller

Als Kanaltunnel (Schiffstunnel) werden Bauwerke bezeichnet, mit denen ein schiffbarer Kanal unter Landschaftserhebungen wie Hügeln oder Bergen hindurchgeführt wird. Bei der Planung von Kanälen werden Anhöhen, die nicht mit einem Geländeeinschnitt zu durchqueren sind, wenn immer möglich mit einer längeren Strecke auf gleichbleibender Höhe umgangen oder mit Schleusenreihen überschritten. Wo beides nicht in Frage kommt oder für eine solche Lösung eine zu große Massenbewegung erforderlich wäre, kann der Bau eines Tunnels die wirtschaftlich optimale Variante sein. Kanaltunnel bilden in Kanälen mit mehreren Schleusenstufen einen Abschnitt der Scheitelhaltung.

Kanaltunnel sind meist für einspurigen Verkehr ausgelegt. Vor beiden Portalen sind ausreichende Warteräume und Signaleinrichtungen für die Verkehrsregelung erforderlich. In einigen Tunneln wird der Wasserweg von einem Bankett über dem Wasserniveau begleitet, das für Kontrollgänge und das Ziehen von Kähnen diente. Der erste Kanaltunnel wurde im 17. Jahrhundert für den Canal du Midi gebaut.

Auswahl langer Kanaltunnel

Der einzige schiffbare Tunnel in Deutschland ist der 195 Meter lange Weilburger Schifffahrtstunnel an der Lahn, der am 18. September 1847 eröffnet wurde.

Scheiteltunnel und Basistunnel

Tunnel, welche durch Gebirge führen, können in Scheiteltunnel, seltener Passtunnel, und Basistunnel eingeteilt werden.

Scheiteltunnel

Scheiteltunnel bezeichnen Bauwerke, die über Zufahrtsrampen erreicht werden und meist unter einem Gebirgspass hindurchführen. Dabei befindet sich der höchste Punkt des Verkehrsweges – die Passhöhe – oft innerhalb des Tunnels

Beispiele für Passrouten mit Scheiteltunnel:

  • Straße über den Col du Galibier: die 1890 erbaute Straße unterquert den 2645 m hohen Pass mit einem Scheiteltunnel von 363 m Länge, dessen höchsten Punkt auf 2556 m (Scheitelpunkt der Fahrbahn) befindet
  • Tauerntunnel der Tauernbahn durch den Alpenhauptkamm, errichtet 1901–1906, später mit Autoverladung, elektrifiziert worden, heute in Bezug auf Auto-Transfer als Tauernschleuse bekannt, Scheitel bei 1226 m ü. A.
  • Großglockner-Hochalpenstraße: die 1930 bis 1932 erbaute Straße unterquert das 2576 m hohe Hochtor mit einem Scheiteltunnel von 311 m Länge, dessen höchster Punkt auf 2504 m liegt

Basistunnel

Mit Basistunnel werden Bauwerke bezeichnet, die ohne Rampen mit nur geringer Steigung durch ein Gebirge führen, dafür wesentlich länger und aufwändiger sind als Scheiteltunnel.

Beispiele für Basistunnel in den Alpen

Gemeinsamkeiten

Scheitel- wie Basistunnel können beachtliche Längen erreichen. Um die Verkehrswege möglichst leistungsfähig zu gestalten, wurden meist Lösungen gewählt, die mit der damaligen Technik gerade noch machbar waren und an die Grenzen der Finanzierungsmöglichkeiten stießen. Die bei großer Länge nur mit dem für die Entwässerung nötigen Gefälle verlaufenden Tunnel haben meist keine gute natürliche Entlüftung, weil der höchste Punkt des Tunnels im Berg liegt. Dies führte beispielsweise beim Furka-Basistunnel zu Nebelbildung, welche die Schienen korrodieren ließ, so dass sie vorzeitig ausgetauscht werden mussten.[14] Sicherheitstechnisch sind die langen Tunnel eine besondere Herausforderung, da sie oft in entlegenen Gebieten liegen und die Rettungsdienste lange Anfahrtswege bei Störfällen im Tunnel haben. Im Mont-Blanc- und im Tauerntunnel (Autobahn) ereigneten sich 1999 schwere Tunnelbrände, welche Maßnahmen zur Verbesserung der Tunnelsicherheit nach sich zogen.

Unterwassertunnel

Unterwassertunnel können zur Querung von Wasserflächen eingesetzt werden. Generell sind Unterwassertunnel kostspieliger als Brücken, können dafür größere Distanzen überwinden, die selbst von Hängebrücken nicht überwunden werden können. Bei Schifffahrtswegen können Brücken oft nur eingeschränkt eingesetzt werden, weil sie die Schifffahrt behindern. Beispiele für Tunnel, die aus Schifffahrtsgründen an Stelle von Brücken erbaut wurden, sind der Holland- und Lincoln-Tunnel zwischen New Jersey und Manhattan, sowie die Elizabeth-Tunnel zwischen Norfolk und Portsmouth in Virginia.

Unterwassertunnel können als Absenktunnel gebaut werden, indem vorgefertigte, sehr schwere Elemente ins Wasser gelassen werden, die danach miteinander verbunden, abgedichtet und leer gepumpt werden.

Tunnelbau

Der Bau eines Tunnels ist kostenintensiv und oft eine Herausforderung an die Ingenieurskunst. Lange Tunnel werden üblicherweise von beiden Seiten her im Gegenortvortrieb gebaut, dies gilt vor allem im Gebirge oder unter dem Meer. Inzwischen gibt es Bauwerke, bei denen ein Zwischenangriff von Bohrungen in die ungefähre Mitte des künftigen Tunnels aus in beide Richtungen gestartet wird (als Beispiel der Gotthard-Basistunnel).

Der Bau von Tunneln erfolgt in geschlossener oder in offener Bauweise. Bei der geschlossenen Bauweise erfolgt die Herstellung bergmännisch in der Neuen Österreichischen Bauweise mittels Bohr- und Sprengvortrieb beziehungsweise Baggerausbruch oder maschinell mittels einer Tunnelbohrmaschine. Beim Tunnelbau in offener Bauweise erfolgt die Herstellung des Tunnelbauwerks in einer offenen Baugrube, die anschließend wieder verfüllt wird.

Bei längeren Tunneln im Gebirge und im Hochgebirge kommt oft nur der Gegenortvortrieb, eventuell ergänzt um weitere Vortriebe von Zwischenangriffen aus, als Bauweise in Frage, um die Bauzeit auf eine wirtschaftlich sinnvolle Zeitdauer zu begrenzen. Die Grundlage für einen erfolgreichen Tunnelbau ist eine präzise Vermessung des zu bauenden Tunnels.

Beim Bau des Tunnels werden Lokomotiven mit dieselelektrischem Antrieb und optimalen Traktionseigenschaften eingesetzt.

Tunnel der IND Second Avenue Line im Bau (New York City)

Bei einem langen Tunnel (mit geradlinigem Streckenverlauf) weicht die Linie des konstanten Gefälles bereits deutlich von einer Geraden ab. Diese Linie liegt dank der Erdkrümmung näherungsweise auf einem Kreis mit dem Erdradius. Die Abweichung von der Geraden beträgt auf 10 km Länge bereits 8 m. Etwa ab 1 km langen Bauwerken ist daher Höhere Geodäsie nötig, um ausreichende Genauigkeit zu erreichen. Der entdeckte Vermessungsfehler beim Zusammentreffen der beiden je etwa 10 km langen Richtstollen des Simplontunnels betrug etwa 22 Zentimeter.

Der Bau von Tunneln ist sehr investitionsintensiv. So schlägt in Deutschland ein zweistreifiger Straßentunnel, welcher bergmännisch in mittelschweren Bodenverhältnissen hergestellt wird, im Schnitt mit 20.000 Euro pro Meter zu Buche. Dies ist nur ein Durchschnittswert, der nach unten, vor allem stark nach oben hin abweichen kann. Davon entfallen 15 bis 20 Prozent auf die Ausstattung des Tunnels, zum Beispiel Beleuchtung, Notrufsäulen. Neben den zum Teil enormen Baukosten ist die Unterhaltung des Tunnels ebenfalls sehr kostspielig. Im Schnitt wird mit jährlich 180.000 Euro Folgekosten pro Kilometer Tunnelstrecke gerechnet.

Um Menschen im Vortriebstollen Sicht und atembare Luft bei akzeptabler Feuchte und Temperatur bereitzustellen und auch aus dem Berg austretende Gase abzuführen ist Belüftung nötig. Durch einen von der Stollendecke hängenden Schlauch oder über einen begleitenden Stollen und Querschlag oder quer verlaufenden Lüftungsstollen. Solche Stollen haben auch Bedeutung für Flucht im Brandfall, für den auch dichte Schutzkabinen eingerichtet sein können.

Ein großer zu vermeidender Unfall ist auch die Havarie einer Vortriebsmaschine.

Tunnelsicherheit

Notrufnische im Autobahntunnel der A 17 bei Dresden

Bauliche Maßnahmen

In Tunneln kann ein funktionierendes Sicherheitssystem bei Unfällen oder Bränden Leben retten. Folgende bauliche und technische Maßnahmen erhöhen die Sicherheit in Tunnelanlagen:

  • Abflusssystem für brennbare Flüssigkeiten,
  • Anlage zur automatischen Branddetektion (Brandmelder),
  • Anlage zur Sichttrübungsmessung,
  • Anlage zur Windgeschwindigkeitsmessung,
  • Lüftungsanlage mit Strahlventilatoren und eventuell Belüftungsschächte,
  • nach Fahrtrichtungen getrennte Tunnelröhren (Richtungsverkehrstunnel, „Zwillingsröhre“ im Gegensatz zu Gegenverkehrstunnel),
  • Notausgänge zu Fluchtwegen, zumeist gebildet durch Querschläge (Querstollen) zu benachbarten Tunnelröhren,
  • zusätzliche Rettungsstollen, die hauptsächlich als Fluchtweg, aber auch als Zugang für Einsatzkräfte genutzt werden können,
  • Fluchtweghinweise mit Entfernungsangabe und Fluchtwegbeleuchtung,
  • Notbeleuchtung bei Eisenbahntunneln,
  • Nothaltebuchten bei Straßentunneln,
  • Notrufnische mit Notrufanlage und mit Brandmelder und Feuerlöscher,
  • Sprinkleranlage und für die Feuerwehr Löschwasserentnahmestutzen,
  • Videoüberwachungsanlage,
  • Lautsprecheranlage für Sprachdurchsagen durch Leitwartenpersonal und Feuerwehr, insbesondere für Evakuierungsaufforderungen im Brandfall und weitere Sicherheitshinweise. Seit 2009 wird in Deutschland für Straßenverkehrstunnel fast nur noch die von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) empfohlene synchronisierte Längsbeschallung (SLASS-Technik = synchronized longitudinal announcement speaker system) mit Grenzflächenhornlautsprechern installiert, mit der erstmals trotz der extremen akustischen Verhältnisse eine akzeptable Sprachverständlichkeit solcher Durchsagen erreicht wird.

Sicherheitsmanagement

Bei Tunnelbauwerken ist ein intensives Sicherheitsmanagement notwendig, welches das Erstellen von Alarmplänen und Durchführungen von Übungen mit den ansässigen Feuerwehren beinhaltet. Feuerwehren, in deren Schutzgebiet Tunnelbauwerke für Verkehrswege liegen, werden Portalfeuerwehren genannt. Sie verfügen über spezielle Ausrüstung für den Einsatz im Tunnel. Zahlreiche schwere Unfälle in Tunneln zeigen, dass viele Tunnel nur über ein schlechtes Sicherheitssystem verfügen.

Schienenverkehr

Einige Eisenbahnunfälle in Tunneln sind in der Liste schwerer Unfälle im Schienenverkehr aufgeführt.

Straßenverkehr

Um die Sicherheit in Straßentunneln zu erhöhen, werden laufend Tests von den Verkehrsclubs durchgeführt, bei denen ungefähr 30 Tunnel in ganz Europa miteinander verglichen werden. Durch Veröffentlichung der Resultate soll auf die Tunnelbetreiber öffentlicher Druck ausgeübt werden. 2005 begann das von der Europäischen Union geförderte Sicherheitsprojekt EuroTAP (European Tunnel Assessment Programme) des ÖAMTC, an dem sich zehn weitere Länder beteiligen. Die Europäische Union hat zur Verbesserung der Tunnelsicherheit die Richtlinie 2004/54/EG erlassen, deren Umsetzung in den Mitgliedsstaaten bis zum 30. April 2006 abgeschlossen sein musste. In Österreich wurde dazu das ab 1. Mai 2006 gültige Tunnelsicherheitsgesetz erlassen, das alle Straßentunnel auf den Autobahnen und Schnellstraßen mit einer Länge über 500 Meter betrifft.

Trotz aller dieser Maßnahmen kann vor allem in Straßentunneln keine hundertprozentige Sicherheit gewährleistet werden. Auch die Benutzer müssen sich der Gefahren bewusst sein und sich an die Regeln halten, wie:

  • Ampel unbedingt beachten
  • Autoradio mit Verkehrsfunk einschalten
  • Nie hinter einem brennenden Fahrzeug noch in den Tunnel einfahren. Die Verqualmung kann den Motor zum Absterben bringen, was eine Flucht aus dem Tunnel wesentlich erschwert
  • Fahrgeschwindigkeit reduzieren
  • Fahrzeugbeleuchtung einschalten
  • Sicherheitsabstand einhalten
  • nicht stehen bleiben im Tunnel
  • die Umstellung der Lichtverhältnisse der Augen beachten
  • bei Ausfahrt mit stark veränderten Wetterverhältnissen rechnen: Eis, Nebel.

Die längsten Tunnel der Erde

Die längsten und bereits für den Verkehr freigegebenen Tunnel der Erde sind:

Siehe auch

Literatur

  • Ralf Roman Rossberg: Sicherheit hat Ihren Preis. Teure Tunnel. In: eisenbahn magazin. Nr. 4/2011. Alba Publikation, April 2011, ISSN 0342-1902, S. 26–29.

Weblinks

Commons: Tunnel – Sammlung von Bildern
Wiktionary: Tunnel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b Tunnel, der. In: Duden. Abgerufen am 8. Oktober 2015.
  2. DIN 1076:1999-11: Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen. Abs. 3, Begriffe.
  3. tunnel (noun). In: Online Etymology Dictionary. Abgerufen am 8. Oktober 2015 (englisch).
  4. Tunell, das. In: Duden. Abgerufen am 8. Oktober 2015.
  5. Tunnel für Drogenschmuggel an US-Grenze entdeckt. In: NZZ. 8. April 2015, abgerufen am 8. Oktober 2015 (siehe Bildlegende).
  6. Ergebnisse der vierten Befragungsrunde: Tunnel (Genus). In: Atlas der deutschen Alltagssprache. Philologisch-Historische Fakultät der Universität Augsburg, 5. November 2009.
  7. Ergebnisse der vierten Befragungsrunde: Tunnel (Betonung) In: Atlas der deutschen Alltagssprache. Philologisch-Historische Fakultät der Universität Augsburg, 5. November 2009.
  8. Holger Sonnabend: Mensch und Landschaft in der Antike. J.B. Metzler'sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-476-02179-3, S. 569.
  9. Holger Sonnabend: Mensch und Landschaft in der Antike. J.B. Metzler'sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-476-02179-3, S. 570.
  10. Holger Sonnabend: Mensch und Landschaft in der Antike. J.B. Metzler'sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-476-02179-3, S. 571.
  11. Bern-Zürich: Mitten durchs Land. In: Beobachter. Band 2007, 7. November 2007, Beobachter 23, ISSN 1661-7444 (Link [abgerufen am 8. Oktober 2015]).
  12. Diebe gruben Tunnel unter Bank im Zentrum Mailands orf.at, 13. August 2016, abgerufen 13. August 2016.
  13. Tunnel du Rove. In: Structurae. 14. August. 2009.
  14. Gustav Peter, Marc Ladner, René Muntwyler: Baustofflehre. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-322-86783-4 (Google Buch [abgerufen am 8. Oktober 2015]).