„Politisches System Nordrhein-Westfalens“ – Versionsunterschied

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Version vom 25. Januar 2010, 15:32 Uhr

Grundlegender Staatsaufbau
Verwaltungsgliederung

Das politische System des deutschen Bundeslands Nordrhein-Westfalen basiert auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen.

Das Land Nordrhein-Westfalen ist im föderalen System Deutschlands ein teilsouveräner Gliedstaat, der nach den Grundsätzen eines republikanischen, sozialen und demokratischen Rechtsstaats organisiert ist. Die Exekutive wird vom Ministerpräsidenten geleitet, der im Übrigen als Staatsoberhaupt das Land nach innen und außen vertritt. Die Legislative liegt beim Landtag und im Falle des Volksentscheids bei den stimmberechtigten Bürgern. Die Landesverfassungsgerichtsbarkeit wird durch den Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen ausgeübt.

Nordrhein-Westfalen ist mit Abstand das bevölkerungsreichste Bundesland und bildet das industrielle Kernzentrum der Bundesrepublik, es übt daher erheblichen Einfluss auf die Bundespolitik aus. In den letzten Jahrzehnten wurde die Landespolitik von der SPD dominiert. Seit Mai 2005 ist eine Landesregierung mit einer CDU/FDP-Koalition unter Jürgen Rüttgers im Amt.

Verfassung

Die Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen trat am 11. Juli 1950 in Kraft. Da sie erst nach dem Grundgesetz entstanden ist, verfügt sie über keinen eigenen Grundrechtekatalog, sondern stützt sich auf die im Grundgesetz verankerten Grundrechte. Manche werden lediglich ein wenig näher charakterisiert. Der Landtag nahm die Verfassung mit einer knappen Mehrheit von 110 gegen 97 Stimmen an, bei einer Volksabstimmung am 18. Juni 1950 sprachen sich 3,62 Millionen Einwohner für die Verfassung und 2,24 Millionen dagegen aus. Hauptstreitpunkt zu dieser Zeit war die Frage, ob die Verfassung Konfessionsschulen oder Gemeinschaftsschulen den Vorrang geben sollte. Ergänzt wurden die Landesverfassung durch landesspezifische Rechtsgarantien und Staatszielbestimmungen. Dazu gehören etwa Bestimmungen zur Arbeits- und Sozialordnung oder ausführlichere Bestimmungen für den Bereich des Kultur- und Sozialwesens. Verfassungsänderungen bedürfen einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag. Wichtige Verfassungsänderungen waren 1968 die Vorrangstellung der Gemeinschaftsschule vor der Konfessionsschule, 1978 ein Grundrecht auf Datenschutz sowie die Einführung der Staatszielbestimmung Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (1985).[1]

Staatsorgane

Die Souveränität liegt beim Volk. Der Aufbau und die Aufgaben der einzelnen Landesorgane werden nach dem Prinzip der Funktionentrennung festgelegt. Das Volk wählt jedoch nur den Landtag sowie die kommunalen Vertreter und Organe direkt. Der Landtag wiederum wählt den Ministerpräsidenten und kontrolliert die Regierung, nimmt Einfluss auf die Besetzung der Richter am Verfassungsgerichtshof. Durch die Wahl des Ministerpräsidenten durch den Landtag ist es in der Praxis selten, dass sich die Landesregierung in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht auf eine gesicherte parlamentarische Mehrheit stützen kann. Gesetzesvorlagen der Landesregierung finden daher im Landtag ganz überwiegend eine Zustimmung. Auch die Regierung ist an der Richterauswahl für den Verfassungsgerichtshof indirekt und beschränkt beteiligt. Elemente direkter Demokratie im Gesetzgebungsprozess sieht die Verfassung vor, spielen in der Praxis jedoch keine Rolle. Daher dominiert im Staatsaufbau das System der Gewaltenverschränkung das Prinzip der strikten Gewaltenteilung.

Legislative

Gebäude des Landtages

Die Legislative wird überwiegend durch den Landtag Nordrhein-Westfalen ausgeübt. Ihm obliegt also in der Regel die Landesgesetzgebung. Der Landtag hat mindestens 181 Mitglieder, die in der Regel alle fünf Jahre durch die Wahlberechtigten (über 18-jährige Deutsche mit Hauptwohnsitz im Land) nach einem System der personalisierten Verhältniswahl gewählt werden, bei dem der Mehrheitswahlaspekt dominiert. Der Landtag ist ein Arbeitsparlament; der größte Teil der parlamentarischen Arbeit findet in den Ausschüssen statt, nicht im Plenum. Im Landtag sitzen seit 2005 insgesamt 187 Abgeordnete. Von 1980 bis 2005 waren es 201, bis 1980 waren es 200. In der Regel handelt es sich bei ihnen um Berufspolitiker. Zum Beginn einer Wahlperiode wählen die Abgeordneten Präsidium und Ältestenrat und besetzen die Ausschüsse.

Gesetzesvorlagen können dem Landtag aus den eigenen Reihen, seitens der Landesregierung oder durch ein Volksbegehren vorgelegt werden. Etwa drei Viertel der Gesetzentwürfe stammen von der Landesregierung, etwa ein Viertel aus dem Landtag. Volksbegehren spielen in der Praxis keine bedeutende Rolle, denn ein Volksbegehren muss von 20 % der Wahlberechtigten unterstützt werden, was in der nordrhein-westfälischen Geschichte erst einmal geschehen ist. 1978 war ein von der CDU-Opposition unterstütztes Volksbegehren im Zusammenhang mit der Zwangseinführung der kooperativen Schule erfolgreich. Die damalige SPD-Landesregierung musste ihre Schulpolitik ändern. Der Landtag entscheidet daher in der Regel über alle Gesetzesvorlagen. Lehnt er ein in einem Volksbegehren vorgebrachten Gesetzentwurf ab, muss das Volk in einem Volksentscheid über die Gesetzesvorlage abschließend abstimmen. Die Landesregierung kann von ihr dem Landtag aber von diesem nicht abgelehnte Gesetzesvorlagen den Bürgern zum Volksentscheid vorlegen. Nimmt das Wahlvolk die Vorlage an, kann die Landesregierung den Landtag auflösen und damit Neuwahlen herbeiführen. Lehnt das Wahlvolk die Vorlage ab, muss dagegen die Landesregierung zurücktreten und vom Landtag eine neue Regierung gewählt werden. Der Landtag kann sich nach Art. 35 der Landesverfassung auch selbst auflösen. Während die gesetzgeberischen Aufgaben durch die Bundeskompetenzen und durch die Ausweitung der EU-Befugnisse in den letzten Jahrzehnten abnahmen, nehmen die Landtagsabgeordneten verstärkt lokale und regionale Interessen gegenüber der Landesverwaltung wahr.

Gegenüber der Landesregierung besitzt das Landesparlament umfangreiche Kontroll- und Einflussmöglichkeiten. Der Landtag beschließt den Landeshaushalt und muss Staatsverträgen der Landesregierung zustimmen. Nicht zuletzt wählt der Landtag den Ministerpräsidenten und kann diesen durch ein konstruktives Misstrauensvotum jederzeit ersetzen, so dass der Landtag de facto erheblichen Einfluss auf die Exekutive hat. Gegenüber der Verfassungsgerichtsbarkeit ist seine Macht begrenzt. Der Landtag wählt immerhin vier der sieben Verfassungsrichter. Da ihre Amtszeit jedoch sechs Jahre beträgt, kann ein neu gewählter Landtag nicht sofort die Richter neu bestimmen. Die Entsendung der Vertreter in die Bundesversammlung, neben der Vertretung im Bundesrat eine der Partizipationsmöglichkeiten der Länder im Bund, wird maßgeblich durch die relativen Anteile der im Parlament vertretenen Parteien bestimmt.

Die letzte Landtagswahl im Jahre 2005 führte erstmals nach 39 Jahren wieder zu einer CDU-geführten Parlamentsmehrheit. Folgende Tabelle zeigt das amtliche Endergebnis der Landtagswahl vom 22. Mai 2005:

Landtag Nordrhein-Westfalen, Legislaturperiode 2005–2009[2]
Partei Stimmen Prozent Sitze Graphik
CDU 3.696.506 44,8 89
SPD 3.058.988 37,1 74
Grüne 509.293 6,2 12
FDP 508.266 6,2 12
WASG 181.988 2,2
Sonstige 288.973 3,5
Summe 8.244.014 100,0 187

Die nächste Landtagswahl findet im Mai 2010 statt.

Judikative

Der Verfassungsgerichtshof in Münster

Die Judikative liegt in der Hand von unabhängigen Gerichten (siehe: Liste der Gerichte des Landes Nordrhein-Westfalen). Ihre Organisation und ihre Rechte sind weitestgehend bundeseinheitlich geregelt. Die Richter sind in ihren Entscheidungen frei. Soweit die Gerichte als Behörden fungieren und sich in Trägerschaft des Landes befinden, darüberhinaus bei der Richterauswahl an solchen Gerichten und bei der Ausgestaltung anderer Organe der Rechtspflege, nimmt das Justizministerium, also ein Teil der Exekutive, Einfluss.

Verfassungsrechtliche Auseinandersetzungen werden vor dem Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster ausgetragen. Der Landtag wählt vier der sieben Verfassungsrichter für eine Amtsdauer von sechs Jahren, kann also diese Wahlmitglieder in der Regel nicht zu Beginn einer Legislaturperiode neu bestimmen. Die drei anderen Richter werden durch bestimmte Richter am Oberlandesgericht und Oberverwaltungsgericht gestellt. Das Justizministerium hat daher über die Richterauswahl an diesen Gerichten einen allerdings sehr beschränkten Einfluss auf die Besetzung dieser drei Verfassungsrichter. Der Verfassungsgerichtshof kann von den Organen der Legislative und Exekutive angerufen werden aber nicht beispielsweise von den Bürgern mit Hinweis auf die Verletzung der in der Verfassung garantierten Grundrechte. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet insbesondere über Beschwerden im Wahlprüfungsverfahren, über Ministeranklagen, über die Auslegung der Landesverfassung aus Anlass von Streitigkeiten zwischen Verfassungsorganen wie dem Landtag oder der Landesregierung über deren Rechte und Pflichten sowie auf Antrag der Landesregierung oder eines Drittels der gesetzlichen Mitgliederzahl des Landtags über die Vereinbarkeit von Landesgesetzen mit der Verfassung.

Exekutive

Die Exekutive wird von der Landesregierung, die sich aus dem Ministerpräsidenten und den Landesministern zusammensetzt, sowie der Landesverwaltung ausgeübt. Die unteren Ebenen der mehrstufig aufgebauten Landesverwaltung werden dabei auch zum Teil durch Organe der Kommunen ausgeübt, denen das Grundgesetz der Bundesrepublik (Art. 28) und die Landesverfassung (Art. 78) das Recht zur kommunalen Selbstverwaltung zusichert.

Landesregierung

Jürgen Rüttgers, Ministerpräsident

Die Landesregierung ist das oberste Organ der Exekutive des Landes und vertritt das Land nach Außen, insbesondere im Bund. Dazu schließt die Landesregierung Staatsverträge und entsendet Regierungsmitglieder in den Bundesrat. Die Landesregierung besteht aus dem Ministerpräsidenten, zurzeit Jürgen Rüttgers, (CDU) und den Landesministern. Der Landtag wählt einen seiner Mitglieder ohne Aussprache zum Ministerpräsidenten. Der Ministerpräsident besitzt die Richtlinienkompetenz und ernennt und entlässt seine Landesminister nach eigenem Ermessen. In der Praxis sind diese Kompetenzen aber durch die Bildung von Regierungskoalitionen eingeschränkt und die Politik der Regierung sowie der Besetzung der Landesminister spiegeln die Kräfteverhältnisse der die Regierungskoalition bildenden Parteien im Landtag wieder. Auch führen die Landesminister ihre Ressorts eigenständig. Insgesamt gilt der Ministerpräsident aber als dominierende Figur im Politiksystem des Landes. Die parlamentarische Stützung der Regierung durch eine Mehrheit im Landtag führt dazu, dass die die Landesregierung durch ihr Recht Gesetzesvorlagen in den Landtag einbringen zu können erheblichen Einfluss im Gesetzgebungsprozess hat. Wie oben gezeigt hat das Landesparlament anderseits umfangreiche Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten der Regierung, nicht zuletzt auch die Möglichkeit den Ministerpräsidenten und damit die Regierung insgesamt durch ein konstruktives Misstrauensvotum zu ersetzen. Die Landesregierung wiederum kann ihre in den Landtag eingebrachte Gesetzesvorlagen aber von diesem abgelehnte Gesetzesvorlagen dem Volk in einem Volksentscheid vorlegen. Stimmt das Volk der Vorlage zu, kann die Regierung das Parlament auflösen und Neuwahlen herbeiführen. Lehnen die Bürger die Vorlage ab, muss die Landesregierung zurücktreten und der Landtag eine neuen Ministerpräsidenten wählen. Neben den gezeigten Möglichkeiten können der Ministerpräsident oder die Landesminister jederzeit zurücktreten. Regulär endet die Amtszeit des Ministerpräsidenten, wenn ein neugewählter Landtag zusammentritt. Bei der Beendigung der Amtszeit des Ministerpräsidenten endet auch die Amtszeit der Landesminister.

Fast alle Bereiche und Behörden der Landesverwaltung sind direkt der Landesregierung nachgelagert, die selbst als oberste Landesbehörde gilt.

Landesverwaltung

Organisation
Oberfinanzdirektion Münster

Die überwiegend der exekutiven Gewalt zuzuordnende unmittelbare Landesverwaltung ist mehrstufig aufgebaut. Sie besteht aus den obersten Landesbehörden und den ihr nachgeordneten Landesbehörden: den Landesoberbehörden, den Landesmittelbehörden und den Unteren Landesbehörden:

Ebene Beispiele
Oberste Landesbehörden Landesregierung (Ministerpräsident und Landesministerien), Landesrechnungshof
Obere Landesbehörden Landesweit zuständige Behörden: Landeskriminalamt, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz,
Landwirtschaftskammer, Rechenzentrum der Finanzverwaltung, usw.
Landesmittelbehörde Überwiegend nur für Teile des Landes zuständige Behörden: Bezirksregierungen, Oberfinanzdirektionen
Untere Landesbehörden überwiegend kommunal zuständige Behörden: die Landschaftsverbände als untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde,
Finanzämter, Kreispolizeibehörden, Schulämter, etc.

Daneben gibt es Landesbetriebe die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen auf dem freien Markt operierende Betriebe und gleichzeitig Teil der Landesverwaltung sind. Beispiele dafür sind das Materialprüfungsamt Nordrhein-Westfalen und der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen. Weitere Einrichtungen wie das Landesarchiv oder die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen sind den obersten und mittleren Verwaltungsbehörden zugeordnet. Die Organe der Rechtspflege (Gerichte, Staatsanwaltschaften, Strafvollzug) verfügen entsprechend ihrer verfassungsrechtlichen Stellung über eine eigenständige, überwiegend bundeseinheitlich geregelte Organisation, die nur in verwaltungstechnischer Hinsicht völlig dem Justizministerium untergeordnet ist. Auch der Aufbau der juristischen Verwaltung ist dabei mehrstufig.[3][4][5]

Oberste Landesbehörden
Landesministerien
Andreas Pinkwart (FDP), stellvertretender Ministerpräsident und Landesminister

Neben der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen, die vor allem den Ministerpräsidenten unterstützt und die Regierungsarbeit koordiniert, hat die Landesregierung folgende Ministerien bzw. Abteilungen in der Staatskanzlei eingerichtet, an deren Spitze jeweils ein Minister der Regierungsparteien CDU und FDP aus Rüttgers Kabinett steht:

Ministerien des Landes Nordrhein-Westfalen
Nr. Ministerium Minister Partei im Amt seit
1 Finanzministerium Helmut Linssen CDU 2005
2 Innenministerium Ingo Wolf FDP 2005
3 Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie Andreas Pinkwart FDP 2005
4 Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie Christa Thoben CDU 2005
5 Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Karl-Josef Laumann CDU 2005
6 Justizministerium Roswitha Müller-Piepenkötter CDU 2005
7 Ministerium für Schule und Weiterbildung Barbara Sommer CDU 2005
8 Ministerium für Bauen und Verkehr Lutz Lienenkämper CDU 2009
9 Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Eckhard Uhlenberg CDU 2005
10 Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration Armin Laschet CDU 2005
11 Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten
(organisatorisch der Staatskanzlei zugeordnet)
Andreas Krautscheid CDU 2007
Landesrechnungshof

Der Landesrechnungshof ist eine selbstständige oberste Landesbehörde. Seine Mitglieder werden vom Landtag gewählt. Er begutachtet die staatlichen Finanzen aus externer Stellung heraus. Er ist durch seine Stellung als oberste Landesbehörde dem unmittelbaren Einfluss der Regierung entzogen. Der Kontrolle durch den Landtag Nordrhein-Westfalen ist er in der Ausübung seiner Tätigkeit ebenfalls nicht untergeordnet, sondern ist als unabhängiges Organ der Finanzkontrolle nur dem Gesetz unterworfen. Ihm nachgeordnet sind die Staatlichen Rechnungsprüfungsämter. Er ist daher weder eindeutig der Exekutive, noch der Legislative noch der Judikative zuzuordnen.[6]

Landesoberbehörden

Landesoberbehörden sind Einrichtungen, die direkt den Landesministerien nachgeordnet sind und ihren Zuständigkeitsbereich im gesamten Land haben. Beispiele sind das Landesamt für Besoldung und Versorgung, der Landesbeauftragte für den Maßregelvollzug oder das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen, das dem Innenministerium des Landes nachgeordnet ist.

Landesmittelbehörden
Sitz der Bezirksregierung in Münster

Bekannteste Mittelbehörden sind die Bezirksregierungen. Das Land gliedert sich in fünf Regierungsbezirke:

Regerungsbezirke des Landes Nordrhein-Westfalen
Nr. Regierungsbezirk Einwohner (31. Dezember 2022) Sitz der Bezirksregierung Lagekarte
1 Arnsberg 3.600.754 Arnsberg
(Hochsauerlandkreis)
Die fünf Regierungsbezirke des LandesNiederlandeBelgienNiedersachsenRheinland-PfalzHessenEssenWuppertalSolingenRemscheidHagenEnnepe-Ruhr-KreisBochumDortmundHerneGelsenkirchenBottropOberhausenMülheim an der RuhrDuisburgKreis MettmannDüsseldorfRhein-Kreis NeussKreis HeinsbergMönchengladbachKrefeldKreis ViersenKreis WeselKreis KleveRhein-Erft-KreisKreis DürenRheinisch-Bergischer KreisOberbergischer KreisKreis RecklinghausenKreis BorkenKreis UnnaMärkischer KreisKreis OlpeHammKreis SoestKreis CoesfeldKreis SteinfurtKreis WarendorfLeverkusenKölnStädteregion AachenBonnRhein-Sieg-KreisStädteregion AachenKreis EuskirchenMünsterKreis Siegen-WittgensteinHochsauerlandkreisKreis PaderbornKreis GüterslohKreis HöxterKreis LippeKreis HerfordKreis Minden-LübbeckeBielefeld
Die fünf Regierungsbezirke des Landes
2 Detmold 2.085.331 Detmold
(Kreis Lippe)
3 Düsseldorf 5.261.157 Düsseldorf
4 Köln 4.527.594 Köln
5 Münster 2.664.280 Münster

Die von Regierungspräsidenten geführten Regierungsbezirke übernehmen als Landesmittelbehörde zwischen der Ministerialebene und den unteren Landesbehörden sowie den Kommunen eine Bindefunktion. Wichtige Aufgaben sind die Kommunal- und Schulaufsicht sowie die Regionalplanung und -entwicklung. Eine Reform der Landesmittelbehörden und Auflösung einiger oder aller Regierungsbezirke unter Einbeziehung einer Reform der Landschaftsverbände ist in der Diskussion. Weitere Landesmittelbehörden sind die beiden Oberfinanzdirektionen in Münster und Köln.

Untere Landesbehörden

Auf Ebene der unteren Landesbehörden wirken die Organe der kommunaler Selbstverwaltung wie Landräte, Bürgermeister oder die Landschaftsverbände an der Landesverwaltung mit. Gemäß dem Gesetz über die Organisation der Landesverwaltung – Landesorganisationsgesetz (LOG. NW.) können diesen kommunalen Stellen Aufgaben der unteren Landesverwaltung zugewiesen werden. Regelmäßig ist der Landrat beispielsweise Leiter der staatlichen Kreispolizeibehörde. Die Landschaftsverbände können aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit auch Aufgaben wie den Maßregelvollzug übernehmen.[7][8]

Kommunale Selbstverwaltung

  • Kreisfreie Stadt
  • Große kreisangehörige Stadt
  • Mittlere kreisangehörige Stadt
  • Kreisangehörige Stadt
  • Gemeinde
  • Die Kommunale Selbstverwaltung wird in Nordrhein-Westfalen von den 30 Kreisen und einer Städteregion sowie deren 374 kreisangehörigen (regionsangehörigen) Gemeinden und Städten, den 22 kreisfreien Städten den bei den Bezirksregierungen angesiedelten fünf Regionalräten wahrgenommen. Zwischen 1967 und 1975 führte der Landtag eine umfangreiche Verwaltungsreform durch: die Zahl der Gemeinden sank damals von 2.365 auf 396, die der Kreise von 57 auf 31 und die der kreisfreien Städte von 38 auf 23. Besondere Bedeutung im kulturellen und sozialen Bereich haben die beiden Landschaftsverbände in Nordrhein-Westfalen. Neben den Landschaftsverbänden gibt es weitere Kommunalverbände wie etwa den Regionalverband Ruhr oder den Landesverband Lippe, die besondere Aufgaben im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung wahrnehmen. Das Recht zur kommunalen Selbstverwaltung wird den Kommunen durch das Grundgesetz der Bundesrepublik (Art. 28) und die Landesverfassung (Art. 78) gebilligt. Gleichzeitig übernehmen Organe der Kommunalen Selbstverwaltung Aufgaben im Bereich der unteren Landesverwaltung, die ihnen von der Landesregierung zugewiesen wurden (siehe oben).

    Kommunalvertretungen

    Die Kommunen des Landes haben jeweils einen Rat (Stadt- oder Gemeinderat), sowie einen Bürgermeister, der nach Abschaffung der Doppelspitze nach Norddeutscher Ratsverfassung auch Leiter der Kommunalverwaltung ist. In den kreisfreien Städten trägt der Bürgermeister den Titel Oberbürgermeister. Die Kreise weisen einen Kreistag auf, sowie einen Landrat, der analog zu den Bürgermeistern auch Verwaltungschef der Kreisbehörden ist. Der Sonderfall Städteregion Aachen besitzt mit einem Städteregionstag und dem Städteregionsrat eine ähnliche Organsiation auf.

    Die Zusammensetzung der kommunalen Vertretungen wird alle fünf Jahre vom nordrhein-westfälischen Wähler (EU-Bürger über 16 mit Hauptwohnsitz in NRW) neu bestimmt. Die letzten Kommunalwahlen fanden 2009 statt. Über die Landräte bzw. den Städteregionsrat in der Städteregion Aachen, die Bürger- bzw. Oberbürgermeister und die Zusammensetzung der Vertretungen in den Kreisen (Kreistag) und in der Städteregion Aachen (Städteregionstag), in den kreisangehörigen Gemeinden (Rat) und den kreisfreien Städten (Stadtrat) bestimmt der Wähler direkt, über jene der beiden Landschaftsversammlungen für das Rheinland und Westfalen, des Verbandstages für den RVR, und der fünf Regionalräte nur indirekt. Die Amtsperioden der Landräte, des Städteregionsrates und der Bürgermeister wurde auf sechs Jahre verlängert.[9]

    Siehe auch: Ergebnisse der Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen ab 1975, Ergebnisse der Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen bis 1969/73

    Städte und Gemeinden

    Das Land besteht aus 396 politisch selbstständigen Städten und Gemeinden. 22 Städte sind, zählt man den Sonderfall Aachen nicht hinzu, kreisfreie Städte. Das Land hat 29 Großstädte. Zählt man den Sonderfall Aachen dazu, sind davon sieben Städte kreisangehörig. Die kleinste Gemeinde des Landes ist Dahlem (4400 Einwohner) im Kreis Euskirchen. 374 Kommunen (inkl. Aachen) sind dabei kreis- bzw. regionsangehörig.

    Siehe auch: Liste der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen

    Kreise und kreisfreie Städte

    NiederlandeBelgienNiedersachsenRheinland-PfalzHessenEssenWuppertalSolingenRemscheidHagenEnnepe-Ruhr-KreisBochumDortmundHerneGelsenkirchenBottropOberhausenMülheim an der RuhrDuisburgKreis MettmannDüsseldorfRhein-Kreis NeussKreis HeinsbergMönchengladbachKrefeldKreis ViersenKreis WeselKreis KleveRhein-Erft-KreisKreis DürenRheinisch-Bergischer KreisOberbergischer KreisKreis RecklinghausenKreis BorkenKreis UnnaMärkischer KreisKreis OlpeHammKreis SoestKreis CoesfeldKreis SteinfurtKreis WarendorfLeverkusenKölnStädteregion AachenBonnRhein-Sieg-KreisStädteregion AachenKreis EuskirchenMünsterKreis Siegen-WittgensteinHochsauerlandkreisKreis PaderbornKreis GüterslohKreis HöxterKreis LippeKreis HerfordKreis Minden-LübbeckeBielefeld
    Kreise, Städteregion und kreisfreie Städte in Nordrhein-Westfalen

    Nachfolgend eine Auflistung der Gebietskörperschaften Kreise und kreisfreie Städte (in Klammern die jeweiligen Kfz-Kennzeichen):

    Kreise

    1. Aachen (Städteregion) (AC)
    2. Borken (BOR)
    3. Coesfeld (COE)
    4. Düren (DN)
    5. Ennepe-Ruhr-Kreis (EN)
    6. Euskirchen (EU)
    7. Gütersloh (GT)
    8. Heinsberg (HS)
    9. Herford (HF)
    10. Hochsauerlandkreis (HSK)
    11. Höxter (HX)
    12. Kleve (KLE)
    13. Lippe (LIP)
    14. Märkischer Kreis (MK)
    15. Mettmann (ME)
    16. Minden-Lübbecke (MI)
    17. Oberbergischer Kreis (GM)
    18. Olpe (OE)
    19. Paderborn (PB)
    20. Recklinghausen (RE)
    21. Rhein-Erft-Kreis (BM)
    22. Rhein-Kreis Neuss (NE)
    23. Rhein-Sieg-Kreis (SU)
    24. Rheinisch-Bergischer Kreis (GL)
    25. Siegen-Wittgenstein (SI)
    26. Soest (SO)
    27. Steinfurt (ST)
    28. Unna (UN)
    29. Viersen (VIE)
    30. Warendorf (WAF)
    31. Wesel (WES)

    Kreisfreie Städte

    1. Bielefeld (BI)
    2. Bochum (BO)
    3. Bonn (BN)
    4. Bottrop (BOT)
    5. Dortmund (DO)
    6. Duisburg (DU)
    7. Düsseldorf (D)
    8. Essen (E)
    9. Gelsenkirchen (GE)
    10. Hagen (HA)
    11. Hamm (HAM)
    12. Herne (HER)
    13. Köln (K)
    14. Krefeld (KR)
    15. Leverkusen (LEV)
    16. Mönchengladbach (MG)
    17. Mülheim an der Ruhr (MH)
    18. Münster (MS)
    19. Oberhausen (OB)
    20. Remscheid (RS)
    21. Solingen (SG)
    22. Wuppertal (W)

    Siehe auch: Liste der Kreise und kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen

    Landschaftsverbände

    Zuständigkeitsbereiche der Landschaftsverbände

    Die beiden Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe sind Kommunalverbände zu denen sich die Kreise und Kommunen zusammengeschlossen haben. Ihre gesetzliche Grundlage bildet die Landschaftsverbandsverordnung Nordrhein-Westfalen.[10] Oberstes Gremium ist die Landschaftsversammlung, die durch mittelbare Wahl gebildet wird. Die Finanzausstattung erfolgt durch eine Umlage der Kreise und kreisfreien Städte. Sie übernehme Aufgaben im kulturellen und sozialen Bereich, die über die Leistungsfähigkeit anderer Gemeindeverbände hinausgehen und übernehmen auf der Ebene der unteren Landesverwaltung Aufgaben wie den Maßregelvollzug.

    Weitere Kommunalverbände

    Die Kommunen sind an vielen weiteren Kommunalverbänden beteiligt. Wichtig für die Regionalplanung im Ruhrgebiet ist beispielsweise der Regionalverband Ruhr. Auf die Beitrittsverhandlungen des Landes Lippe zu Nordrhein-Westfalen, geht der Landesverband Lippe zurück der im lippischen Landesteil neben dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe kulturelle und soziale Aufgaben wahrnimmt und einen großen Teil des ehemaligen Landesvermögens Lippe für die Kommunen im lippischen Landesteil verwaltet.

    Parteien

    Alle großen Parteien sind durch Landesverbände in Nordrhein-Westfalen vertreten. Die großen Parteien blieben noch lange nach der Bildung des gemeinsamen Bundeslandes in getrennte Landesverbände Rheinland und Westfalen aufgeteilt. Der SPD-Landesverband wurde beispielsweise erst 1970 gegründet[11], die vier Bezirke (Mittelrhein, Niederrhein, Westliches Westfalen und Ostwestfalen-Lippe) blieben jedoch bis zu ihrer Auflösung 2001 dem Landesverband überlegene Machtzentren. Die beiden Landesverbände der CDU haben sich erst am 7. März 1986 zu einem gemeinsamen CDU Landesverband zusammengeschlossen.[12] Bis auf zwei Legislaturperioden war auch der FDP Landesverband stets im Landtag vertreten.

    Das Land im föderalen Gesamtstaat

    Gemäß den in Artikel 20 GG festgelegten Strukturprinzipien ist die Bundesrepublik Deutschland ein Bundesstaat, in dem die Länder grundsätzlich an der Gesetzgebung zu beteiligen sind (siehe Ewigkeitsklausel). Artikel 30 GG bestimmt, dass die Ausübung der Staatsgewalt grundsätzlich Sache der Länder ist, soweit das Grundgesetz keine abweichende Regelung trifft. Die Gesetzgebungskompetenz ist in den Artikeln 70ff. zwischen Bund und Ländern nach dem enumerativen Prinzip aufgeteilt. Die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder umfasst im Großen und Ganzen die Kultur- und Bildungspolitik, die Medien, die Landes- und Kommunalverwaltung und die Polizei. Über den Bundesrat, in dem Nordrhein-Westfalen sechs Stimmen hat, wirkt das Land an der Gesetzgebung im Bund mit. Die Verteter im Bundesrat sind Mitglieder der Landesregierung. Eine weitere Partizipationsmöglichkeit ist die Beteiligung an der Bundesversammlung in der das Land durch seine Größe einen erheblichen Anteil der Mitglieder stellt. Der Anteil der von einer Partei nominierten Mitglieder der Bundesversammlung wird durch die relative Stärke der Parteien bestimmt. Durch seine Größe hat das Land auch einen großen informellen Einfluss auf die Politik auf nationaler Ebene (siehe unten). Zum Teil wird der Einfluss durch die nordrhein-westfälischen Abgeordneten im Bundestag ausgeübt. Das Land ist in 64 Bundestagswahlkreise eingeteilt, so dass das Land mindestens 64 Direktkandidaten in den Bundestag entsendet. Dazu treten abhängig von verschiedenen Faktoren wie die relative Wahlbeteiligung im Ländervergleich und der Anzahl der Überhangmandate (vgl. Bundestagswahlrecht) eine etwa gleichgroße Anzahl (zur Zeit im 17. Deutschen Bundestag 65) Listenkandidaten aus Nordrhein-Westfalen. Neben diesen Faktoren ist für die relative Größe der nordrhein-westfälischen Landesgruppen der im Bundestag vertretenen Parteien, naturgemäß auch die relative Stimmenanzahl im Land maßgeblich. Bei der Bundestagswahl 2009 und den vorherigen Wahlen zum Bundestag entfielen auf die im Bundestag vertretenen Parteien in Nordrhein-Westfalen folgende Anteile:

    Amtliches Endergebnis für Nordrhein-Westfalen
    Bundestagswahl 2009 Bundestagswahl 2005[13] Bundestagswahl 2002 Graphik
    Zweitstimmenmehrheiten
    Bundestagswahl 2009
    Partei Anteil[14] Zweitstimmen[15] Direktmandate[16] Anteil Zweitstimmen Direktmandate Anteil Zweitstimmen
    CDU 33,1 % 37 34,4 % 24 35,1 %
    SPD 28,5 % 27 40,0 % 40 43,0 %
    GRÜNE 10,1 % 7,6 % 8,9 %
    FDP 14,9 % 10,0 % 9,3 %
    DIE LINKE1 8,4 % 5,2 % 1,2 %


    12002: PDS. Quelle: Bundeswahlleiter

    Geschichte und politische Kultur

    Ministerpräsident Meyers mit dem Staatspräsidenten von Pakistan, der zu Staatsbesuch in Düsseldorf weilt.
    Johannes Rau (1986). Rau war 20 Jahre lang Ministerpräsident und einer der vier Bundespräsidenten aus Nordrhein-Westfalen.

    Das Land Nordrhein-Westfalen wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von der britischen Besatzungsmacht vornehmlich aus Westfalen und dem nördlichen Rheinland geschaffen. Später kam noch Lippe hinzu. Großbritannien wollte - gegen den Widerstand Frankreichs - das industrielle Zentrum Westdeutschlands, das Ruhrgebiet, mit seinem westfälischen und nordrheinischen Teil in einem Bundesland zusammenfassen, um es so möglichst leistungsfähig zu erhalten. Trotz der historisch geprägten politischen Teilkulturen kann man von einer politischen Kultur des gesamten Landes sprechen, da die wichtigsten politischen Entscheidungen auf Landesebene stattfinden und kaum z.B. in den Landschaftsverbänden oder Regierungsbezirken.

    Siehe auch Politische Kultur in Westfalen bis 1933

    Das Land Nordrhein-Westfalen war und ist zweifellos geprägt durch die Ballungsgebiete an Rhein und Ruhr. Dort konzentriert sich die Bevölkerung und lange Zeit schlug das wirtschaftliche Herz im Ruhrgebiet. Gleichwohl machen diese Ballungsgebiete nur einen Teil des Landes aus. Hinzu kamen eine Reihe weniger konzentrierter Industrieregionen (wie die Gegend um Bielefeld, das Siegerland oder Teile des bergischen Landes). Ein großer Teil des Landes besteht dagegen aus Gebieten, die zumindest zu Beginn der Landesgeschichte noch eher ländlich und agrarisch geprägt waren und eine vergleichsweise geringe Bevölkerungsdichte aufwiesen. Dazu zählen beispielsweise Teile des Rheinlandes (wie die Eifel), das Münsterland oder das Sauerland. Im Laufe der Entwicklung kam es dabei teilweise zu erheblichen Veränderungen. Im Ruhrgebiet ging seit den 1960er Jahren im Zuge eines kontinuierlichen Strukturwandels die Bedeutung von Kohle und Stahl immer mehr zurück. Stattdessen gewannen der Bildungs- und Dienstleistungssektor an Bedeutung. Dagegen nahm anderswo – wie etwa im Sauerland – die Bedeutung des produzierenden Sektors zu. Diese wirtschaftliche Struktur und ihre Entwicklung hatte erhebliche Auswirkungen für die politische Kultur des Landes, gleichwohl blieben erhebliche Unterschiede zwischen großstädtisch und kleinstädtisch/ländlichen Gebieten ein Charakteristikum des Landes.

    Ebenso bedeutsam wie der Unterschied zwischen städtischem und ländlichen Raum war die in der Frühen Neuzeit geprägte Landkarte der Konfessionen. Ein Teil des Landes wie das ehemalige Minden-Ravensberg, Lippe, das Siegerland, das bergische Land, das märkische Sauerland und Teile des Ruhrgebiets waren protestantisch geprägt, während weite Teile des Rheinlandes, das Münsterland, das Sauerland oder das Paderborner Land und beträchtliche Teile des späteren Ruhrgebiets blieben katholisch. Mit der Politisierung des Katholizismus im 19. Jahrhundert gewann dieser Gegensatz für die politische Kultur an Gewicht.

    Es gab zwar in Rheinland und Westfalen auch liberale und konservative Traditionsstränge, aber prägend für das Land waren zum einen die sozialen Folgen der Industrialisierung und zum anderen die Folgen des Kulturkampfs. Für die politische Kultur Rheinlands und Westfalens im Kaiserreich und der Weimarer Republik war daher das Nebeneinander des katholischen und sozialdemokratischen Milieus charakteristisch. Von dem letzteren spaltete sich während der Krisenjahre der Weimarer Republik das kommunistische Milieu ab.

    Wenig überraschend ist, dass die katholischen ländlichen und kleinstädtischen Gebiete Rheinland und Westfalen von der Zentrumspartei dominiert wurde. Daran konnte die (überkonfessionell ausgerichtete) CDU meist nahtlos anknüpfen. So ist die Union im Münster- oder Sauerland auch nach der Jahrtausendwende die politisch führende Kraft. Ebenso wenig überrascht es, dass in einigen protestantischen Industriegebieten wie die Gegend um Bielefeld, dem Siegerland oder dem märkischen Sauerland gestützt auf ein tief verwurzeltes sozialdemokratisches Milieu lange Zeit die Sozialdemokratie dominierte. Das (katholische) Ruhrgebiet und weite Teil des industriell geprägten Rheinlandes waren ursprünglich keineswegs eine traditionelle sozialdemokratische Hochburg. Vielmehr war auch dort vor während des Kaiserreichs meist die Zentrumspartei führend. Insbesondere der Sozialkatholizismus hatte dort eine seiner stärksten Bastionen. Bereits während der Weimarer Republik gab es im "Zentrumsturm" zwar erste Risse, gleichwohl blieb die Partei nicht selten eine führende politische Kraft. Von Ausnahmen abgesehen war daneben im Lager der Linksparteien die KPD stärker als die SPD.

    Nach dem Krieg kam es zunächst in gewisser Weise auch in den Ballungsgebieten zu einer Restauration des Parteisystems der Vorkriegszeit. Zunächst war die KPD von erheblicher Bedeutung und die CDU konnte das Erbe der Zentrumspartei antreten. Für die politische Kultur des Landes insgesamt war von entscheidender Bedeutung, dass sich die alten Wählerbindungen aus verschiedenen Gründen in den Industriegebieten schneller auflösten als in anderen Teilen des Landes. Die KPD verlor als Anhängsel der SED rasch an Legitimität und wurde zudem 1956 verboten. Die CDU konnte die Arbeiterwähler im Revier auf Dauer nicht halten. Dabei spielten Säkularisierungstendenzen nur eine Rolle. Auch die Bindung der Kirche an ein politisches Lager verlor vor dem Hintergrund des Zweiten Vatikanischen Konzils an Bedeutung. So gab die katholische Kirche vor der Landtagswahl von 1966 erstmals keine Wahlempfehlung mehr zu Gunsten der CDU ab.

    Ebenso wichtig waren die Folgen der beginnenden Kohlekrise. Der wirtschaftspolitische Kurs der CDU schien vor allem für die Bergleute keinen Schutz vor einer drohenden Arbeitslosigkeit zu bieten. Sowohl ehemalige KPD- wie auch CDU-Wähler gingen daher zunehmend zur SPD über. Dieser Schritt fiel insbesondere den ehemaligen Unionsanhängern auch deshalb leicht, weil die Sozialdemokratie nach dem Godesberger Programm alte ideologische Barrieren aus dem Weg geräumt hatte. Vor allem seit den 1960er Jahren wurde das Revier dann zur "Herzkammer der Sozialdemokratie" (Willy Brandt).

    Erst in den späten 1990er Jahren sorgten zum einen die wirtschaftlichen Umbrüche, zum anderen die sich ändernde Programmatik der SPD für einen erneuten Wandel. Der Anteil der klassischen SPD-Klientel, gewerkschaftsorganisierte Arbeiter, ging in der nordrhein-westfälischen Bevölkerung stark zurück. Ebenso konnten sich diese Wähler in der geänderten Parteiprogrammatik weniger gut wieder finden. Die Ergebnisse bei Landtagswahlen gingen seit 1990 kontinuierlich zurück, bei den Kommunalwahlen 1999 gelang es der CDU selbst in großen Ruhrgebietsstädten Wahlen zu gewinnen. Obwohl dabei auch eine gesellschaftspolitisch offenere Haltung der CDU gegenüber der städtischen Bevölkerung beitrug (u. a. fordert sie im Landtagswahlkampf 2005 Islamunterricht und Ganztagsschulen), war dafür vor allem die stark sinkende Wahlbeteiligung ausschlaggebend. Vor allem SPD-Stammwähler verweigerten die Wahlteilnahme.

    Diese langfristige Entwicklung prägte auch die Regierungsbildung im Lande. Ab 1958 waren die kleineren Parteien (KPD und Zentrum) nicht mehr im Landtag vertreten: die Volkspartei gewannen bis zu 90% der Stimmen, bei klarer Überlegenheit der CDU. Nachdem diese von 1947 bis 1950 noch eine Allparteienregierung (bis 1948 sogar zusammen mit der KPD) führte, war sie ab 1950 klar bestimmende Partei; sei es in einer Alleinregierung in einer Koalition mit dem Zentrum oder mit der FDP. Nach einem kurzen sozialliberalen Zwischenspiel von 1956 bis 1958 erfolgte die vorerst wichtigste Zäsur in der Landespolitik bei der Landtagswahl von 1966. Die SPD errang die relative Mehrheit und koalierte schließlich mit der FDP. Seitdem blieb die SPD größte Regierungspartei, musste 1970 und 1975 die relative Mehrheit im Landtag aber wieder an die CDU abgeben. Seit 1980 war Nordrhein-Westfalens ein sicheres SPD-Stammland. 1980 bis 1995 regierte die SPD mit absoluter Mehrheit, was hauptsächlich dem damaligen Ministerpräsidenten Johannes Rau zugeschrieben wurde. Er bekleidete dieses Amt von 1978 bis 1998, womit er der am längsten amtierende Ministerpräsident in der Geschichte des Landes war. Nachdem die SPD 1995 die absolute Mehrheit verfehlt hatte, bildete sie eine Koalition mit den in der Landespolitik immer bedeutsamer werdenden Bündnis 90/Die Grünen, die 2000 trotz deutlicher Stimmenverluste beider Parteien im Amt bestätigt wurde. Erst Anfang des 21. Jahrhunderts sollte die SPD ihre Regierungsfunktion einbüßen. Die Landtagswahl 2005 endete mit einer klaren SPD-Niederlage. FDP und CDU bildeten eine Koalitionsregierung unter Jürgen Rüttgers.

    Für die kommende Landtagswahl 2010 wurde erstmal ein Wahlrecht eingeführt, dass zwei Stimmen je Wähler vorsieht, was zu einer Stärkung kleiner Parteien führen könnte.

    Nach wie vor haben es die kleinen Parteien am linken und rechten Rand des politischen Spektrums schwer. So gehört NRW zu den Bundesländern, in denen die NPD regelmäßig unter der Marke von einem Prozent blieb.

    Überregionale Bedeutung der Landespolitik

    Nordrhein-Westfalen ist das bevölkerungsreichste Bundesland und nimmt dementsprechend im föderalen System der Republik eine wichtige Stellung ein. Im Land leben etwa 22 Prozent aller bundesdeutschen Wahlberechtigten, in der Bundesrepublik vor 1990 waren es sogar 30 Prozent. Im Bundesrat hat Nordrhein-Westfalen sechs Stimmen und ist damit im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße unterrepräsentiert. Im aktuellen Bundestag sind 64 Direktkandidaten und 65 Listenkandidaten der 622 Abgeordneten aus Nordrhein-Westfalen. Das sind rund 21 % der Abgeordneten des Bundestages. Aufgrund seiner Größe und der damit verbundenen Mitgliederstärke der regionalen Parteigliederungen nehmen Politiker aus Nordrhein-Westfalen traditionell wichtige Plätze in ihren Parteien ein.

    Besonders in den frühen Jahren der Bundesrepublik versuchte die Bundespolitik auch Einfluss auf die Politik im Land zu nehmen. Konrad Adenauer verhinderte 1950 eine vom CDU-Ministerpräsidenten Karl Arnold angestrebte Große Koalition, da Adenauer eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Bund und Bundesland für nötig hielt. 1966 bildete die neu formierte SPD-FDP-Koalition den Vorreiter für die 1969 etablierte Sozialliberale Koalition im Bund, ab 1995 war die Rot-grüne Koalition im Land Testlauf für die spätere gleiche Koalition im Bund. Die Landtagswahl 2005 endete mit einem klaren Sieg der CDU, die zusammen mit der FDP die neue Regierung stellt. Die SPD ist damit das erste mal seit 1966, die Grünen das erste Mal seit 1995 nicht mehr an der Regierung beteiligt. Da dieses Wahlergebnis bewirkte, dass die zu diesem Zeitpunkt regierende rot-grüne Bundesregierung nicht mehr über die Mehrheit der Sitze im Bundesrat verfügte, kündigte der damalige SPD-Parteivorsitzende Franz Müntefering und der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) an, den Bundestag auflösen zu wollen und für den Herbst 2005 Neuwahlen zum Bundestag einzuberufen.

    Quellen

    1. vergl. Andreas Kost. Nordrhein-Westfalen. Vom Land aus der Retorte zum "Wir-Gefühl." In: Hans-Georg Wehling (Hrsg.): Die Deutschen Länder. Geschichte, Politik, Wirtschaft. 3.akt.Aufl. Wiesbaden, 2004. S.206f.
    2. Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen: Wahlarchiv
    3. Landesregierung Nordrhein-Westfalen: Verwaltung
    4. Inneministerium Nordrhein-äWestfalen (Hrsg.): Gesetz über die Organisation der Landesverwaltung – Landesorganisationsgesetz (LOG. NW.)
    5. Evangelischen Fachhochschule RWL (Hrsg.): Heinz-Jürgen Dahme, Norbert Wohlfahrt: Verwaltungsaufbau in Nordrhein-Westfalen. Bochum
    6. Der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen: Aufgaben
    7. Landesregierung Nordrhein-Westfalen: Verwaltung
    8. Inneministerium Nordrhein-äWestfalen (Hrsg.): Gesetz über die Organisation der Landesverwaltung – Landesorganisationsgesetz (LOG. NW.)
    9. Innenminsiterium Nordrhein-Westfalen: Einfluss nehmen auf die Politik vor Ort
    10. Landesverband Westfalen-Lippe (Hrsg.): Landschaftsverbandsverordnung Nordrhein-Westfalen
    11. NRW Landesverband Nordrhein-Westfalen: Chronologie
    12. CDU Nordrhein-Westfalen: ZEITTAFEL 1945–2000
    13. Bundeswahlleiter Bundestagswahlen 2005
    14. Bezugsangabe
    15. Bundeswahlleiter Bundestagswahlen 2009
    16. Bundeswahlleiter Bundestagswahlen 2009: Gewählte Wahlkreisbewerber: Nordrhein-Westfalen

    Literatur

    • Uwe Andersen (Hrsg.): Kommunale Selbstverwaltung und Kommunalpolitik in Nordrhein-Westfalen. Köln u.a. 1987.
    • Christian Dästner: Die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen. Kommentar. Köln 1996.
    • Johannes Dietlein: Die Verfassungsentwicklung in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen 25 Jahren. In: Jahrbuch des Öffentlichen Rechts der Gegenwart, Neue Folge. Band 51, 2003, S. 343–384.
    • Michael Giese: Politische Steuerung von Standortpolitik und Verwaltungsreform in NRW. In: INEF-Report. Band 60. Duisburg 2002 (uni-due.de [PDF]).
    • Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Nordrhein-Westfalen – eine politische Landeskunde. Köln 1984.
    • Der Kraftakt: Kommunale Gebietsreform in Nordrhein-Westfalen. In: Landtag Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Schriften des Landtages Nordrhein-Westfalen. Band 16. Düsseldorf 2005.
    • Mensch und Staat in NRW. 1971, ISBN 3-7745-0231-5.
    • NRW-Lexikon – Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Recht, Kultur. Opladen 1990.
    • Wichard Woyke: Nordrhein-Westfalen und die Europäische Gemeinschaft. Opladen 1990.
    • Karl-Rudolf Korte, Marin Florack, Timo Grunden: Regieren in Nordrhein-Westfalen. Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-14301-8.