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„Angela Merkel“ – Versionsunterschied

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==== Türkei-Politik ====
==== Türkei-Politik ====
In der Vor-Wahl-Zeit 2005 äußerte Merkel des Öfteren – unter anderem auch bei einem Besuch in Istanbul – ihre Auffassung, dass die Türkei nicht als Voll-Mitglied in die EU aufgenommen werden könne. Sie favorisiere stattdessen eine „privilegierte Partnerschaft“. Während ihrer Amtszeit als Kanzlerin und als EU-Ratspräsidenten schwieg sie zu diesem Thema.
In der Vor-Wahl-Zeit 2005 äußerte Merkel des Öfteren – unter anderem auch bei einem Besuch in Istanbul – ihre Auffassung, dass die Türkei nicht als Voll-Mitglied in die EU aufgenommen werden könne. Sie favorisiere stattdessen eine „privilegierte Partnerschaft“. Während ihrer Amtszeit als Kanzlerin und als EU-Ratspräsidenten schwieg sie zu diesem Thema. Nachdem der türkische Premierministers [[Recep Tayyip Erdoğan]] bei einem Deutschland-Besuch im Februar 2008 die [[Türken in Deutschland]] vor einer Assimilation gewarnt hatte, kritisierte sie dessen „Integrationsverständnis“<ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,534603,00.html Merkel knöpft sich Erdogan vor] auf Spiegel Online, 11. Februar 2008</ref>.


==== Nahost-Politik ====
==== Nahost-Politik ====

Version vom 12. Februar 2008, 00:32 Uhr

Datei:Angela Merkel Joh.jpg
Dr. Angela Merkel

Angela Dorothea Merkel, geborene Kasner (* 17. Juli 1954 in Hamburg), ist eine deutsche Politikerin (CDU). Sie ist seit dem 10. April 2000 Bundesvorsitzende ihrer Partei sowie seit dem 22. November 2005 Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland.

Werdegang

Elternhaus und frühe Kindheit (1954–1960)

Angela Merkel wurde am 17. Juli 1954 in Hamburg als erstes Kind von Horst Kasner (* 6. August 1926 in Berlin-Pankow) und Herlind, geb. Jentsch (* 8. Juli 1928 in Elbing) geboren[1]. Horst Kasner hatte zunächst in Heidelberg und anschließend in Hamburg Theologie studiert, seine Frau war Lehrerin für Latein und Englisch.

Noch 1954, einige Wochen nach der Geburt der Tochter, siedelte die Familie Kasner von Hamburg in die DDR über. Für die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg trat Kasner eine Pfarrerstelle im Dorf Quitzow (heute zirka 350 Einwohner) bei Perleberg an. Die Familie wohnte im dortigen Pfarrhaus.

Drei Jahre später, 1957, wechselte Horst Kasner dauerhaft in die uckermärkische Kreisstadt Templin (Bezirk Neubrandenburg, heute Landkreis Uckermark, Brandenburg). Dort übernahm er gemeinsam teilweise den Aufbau einer innerkirchlichen Weiterbildungsstelle. Am 7. Juli 1957 wurde Angelas Bruder Marcus geboren; am 19. August 1964 ihre Schwester Irene.

Horst Kasner arbeitete in Templin nicht mehr als Gemeindepfarrer, sondern als langjähriger Leiter des Pastoralkollegs – eine wichtige Position innerhalb der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg. Kasner galt als ein Kirchenmann, der nicht in Opposition zur DDR-Regierung und zur Kirchenpolitik der SED stand. Er war Mitglied im Weißenseer Arbeitskreis und galt aus Sicht der Staatsführung als eine der „progressiven“ Kräfte innerhalb der Kirche. Die Kasners hatten gewisse Privilegien, wie Westreisen, allerdings wurde Herlind Kasner die Tätigkeit im DDR-Schuldienst verwehrt. Die Lehrerin nutzte ihre Zeit für die Betreuung der eigenen Kinder, daher besuchte Angela Kasner weder Kinderkrippe noch Hort.

Schulzeit (1961–1973)

1961 wurde Angela Kasner an der Polytechnischen Oberschule (POS) in Templin eingeschult.

Als Schulkind und Jugendliche wird sie von Lehrern und Mitschülern als eher unauffällig, jedoch sozial gut integriert beschrieben. Auffallend waren ihre herausragenden schulischen Leistungen, insbesondere in Russisch und Mathematik. Angela Kasner nahm nicht an der Jugendweihe ihres Jahrgangs teil, stattdessen wurde sie am 3. Mai 1970 in der St.-Maria-Magdalenen-Kirche in Templin konfirmiert. Ihr sehr gutes Abitur (Notendurchschnitt: 1,0) an der Erweiterten Oberschule (EOS) in Templin im Jahr 1973 berechtigte sie schließlich zum Hochschulstudium.

Angela Kasner war trotz ihres Elternhauses sowohl in der Pionierorganisation Ernst Thälmann als auch in der Freien Deutschen Jugend (FDJ). Ein religiös geprägtes Elternhaus wäre damals der einzige allgemein akzeptierte Grund für eine Nicht-Mitgliedschaft in den Jugendorganisationen gewesen.

Studium in Leipzig (1973–1978)

Angela Kasner hatte sich bereits während ihrer Schulzeit für das Studium der Physik an der damaligen Karl-Marx-Universität entschieden und zog 1973 nach Leipzig. Sie gehörte nicht zu den opponierenden Kräften innerhalb der DDR, berichtet aber, in diesen Jahren den Autor Reiner Kunze getroffen zu haben, den sie als ihren Lieblingsschriftsteller bezeichnet.

Während ihres Physikstudiums in Leipzig lernte Angela Kasner 1974 ihren ersten Mann, den aus dem Vogtland stammenden Physikstudenten Ulrich Merkel kennen. Am 3. September 1977 wurden die beiden kirchlich in Templin getraut.

Angela Merkels Diplomarbeit aus dem Juni 1978 mit dem Titel Der Einfluss der räumlichen Korrelation auf die Reaktionsgeschwindigkeit bei bimolekularen Elementarreaktionen in dichten Medien wurde mit „sehr gut“ bewertet. Die Arbeit war gleichzeitig auch ein Beitrag zum Forschungsthema Statistische und Chemische Physik von Systemen der Isotopen- und Strahlenforschung im Bereich Statistische und Chemische Physik am Zentralinstitut der Isotopen- und Strahlungsforschung der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW).

Angela Merkel war während ihres Studiums weiterhin in der FDJ aktiv.

Arbeit an der Akademie der Wissenschaften (1978–1989)

Nachdem 1978 eine Bewerbung an der Technischen Hochschule Ilmenau scheiterte, ging Angela Merkel mit ihrem Mann nach Ost-Berlin. Hier nahm die Diplom-Physikerin eine Stelle am Zentralinstitut für Physikalische Chemie (ZIPC) der Akademie der Wissenschaften in Berlin-Adlershof an. Angela Merkel trennte sich 1981 von ihrem Mann Ulrich Merkel. Die kinderlose Ehe wurde 1982 in Ost-Berlin geschieden. An der Akademie lernte sie 1984 den Chemiker Joachim Sauer kennen, ihren jetzigen Ehemann, den sie 1998 heiratete. Im Jahr 1986 konnte Angela Merkel für mehrere Tage in die Bundesrepublik reisen, für DDR-Bürger war dies in der Regel nur bei vorheriger Prüfung auf prinzipielle Staatstreue möglich.

Am Zentralinstitut arbeiteten rund 650 Personen, davon etwa 350 Wissenschaftler, das Institut war der Akademie der Wissenschaften zugeordnet. Innerhalb des Zentralinstituts für Physikalische Chemie arbeitete Angela Merkel im Bereich Theoretische Chemie. Am 8. Januar 1986 reichte Angela Merkel schließlich ihre Dissertation ein: Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden (Signatur H 86b/5809 der Deutschen Bibliothek in Frankfurt am Main). Doktorvater war Lutz Zülicke, Leiter der Theoretischen Chemie am ZIPC. Nach der Promotion zum Dr. rer. nat. wechselte Angela Merkel innerhalb des Instituts an den Bereich Analytische Chemie, ihr Abteilungsleiter wurde Klaus Ulbricht.

Angela Merkel war während ihrer Zeit an der Akademie als Kreisleitungsmitglied und „Sekretärin für Agitation und Propaganda“ bei der FDJ tätig – sie selbst spricht in diesem Zusammenhang von „Kulturarbeit“, die ihr laut eines Interviews mit Günter Gaus aus dem Jahr 1992 „Spaß gemacht hat“. Darüber hinaus war sie politisch nicht aktiv, weder in der SED oder einer der Blockparteien noch in der sich bildenden DDR-Opposition.

Demokratischer Aufbruch (1989)

Während der Wende in der DDR im Herbst 1989 zeichnete sich ab, dass einerseits die Institute der Akademie der Wissenschaften in ihrer bisherigen Form nicht weiter bestehen würden (tatsächlich wurden sie später zum 31. Dezember 1991 aufgelöst) und dass sich andererseits im Osten Deutschlands neue, demokratische Parteistrukturen herausbilden würden. Vor diesem Hintergrund begann Merkel beim neu gegründeten Demokratischen Aufbruch (DA) zu arbeiten, zunächst im Dezember 1989 unentgeltlich als provisorische EDV-Administratorin, ab Februar 1990 dann hauptberuflich als Sachbearbeiterin in der persönlichen Arbeitsumgebung des Vorsitzenden Wolfgang Schnur in der Ost-Berliner Geschäftsstelle. Später entwarf sie Flugblätter und rückte schließlich in die Position einer Quasi-Pressesprecherin auf.

Der Merkel-Biograph Gerd Langguth (Lit.) berichtet von zahlreichen Freunden und Bekannten Merkels aus den 1970er und 1980er-Jahren, die sich irritiert darüber äußern, dass sie letztendlich CDU-Politikerin wurde, da einige eine weltanschauliche Nähe zu den Grünen erwarteten. Merkels Mutter war nach der Wiedervereinigung in der SPD aktiv und ihrem Vater wird ebenfalls keine Nähe zur CDU nachgesagt.

Die politische Ausrichtung des Demokratischen Aufbruchs war in seiner Anfangszeit noch starken Veränderungen unterworfen. Zunächst wurde dem DA wie auch den anderen Gruppen der Bürgerbewegungen (Neues Forum, Demokratie Jetzt) eine prinzipiell linke Ausrichtung nachgesagt, bald jedoch wurde eine grundsätzlich ablehnende Haltung zum Sozialismus deutlich. Dies wurde verstärkt, als Anfang 1990 westdeutsche konservative Politiker auf die erste demokratische Volkskammerwahl am 18. März 1990 hinarbeiteten und Volker Rühe als Generalsekretär der westdeutschen CDU am 5. Februar 1990 das Wahlbündnis Allianz für Deutschland konzipierte. Der Demokratische Aufbruch (DA) hatte dort als neu gegründete Bürgerbewegung eine Schlüsselposition inne: Helmut Kohl, damaliger CDU-Vorsitzender und Bundeskanzler, wollte nicht allein auf die als Blockpartei vorbelastete Ost-CDU oder die der CSU nahestehende Deutsche Soziale Union (DSU) setzen.

Das Ansehen des DA wurde erheblich geschwächt, als wenige Tage vor der Wahl die Tätigkeit des DA-Vorsitzenden Wolfgang Schnur für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) öffentlich bekannt wurde. Es war Merkels Aufgabe, die Pressekonferenz zu leiten, auf welcher der DA-Vorstand seine Betroffenheit über die MfS-Kontakte Schnurs äußerte.

Allianz für Deutschland (1990)

Die erste freie Volkskammerwahl am 18. März 1990 endete für Angela Merkels Demokratischen Aufbruch (DA) mit einem 0,9-Prozent-Desaster. Dank der unerwarteten 41 Prozent für den Bündnispartner Ost-CDU wurde die gemeinsame Allianz für Deutschland jedoch faktischer Wahlsieger. Unter dem CDU-Spitzenkandidaten Lothar de Maizière entstand innerhalb der folgenden Wochen eine Koalition, bestehend aus der Allianz, den Sozialdemokraten und den Liberalen. Am 12. April wählten die Volkskammerabgeordneten dieser Koalitionspartner Lothar de Maizière zum neuen Ministerpräsidenten der DDR. Im Kabinett de Maizières erhielt Rainer Eppelmann für den DA ein Ministeramt, das Ressort Abrüstung und Verteidigung. Im Zusammenhang mit der „Koalitionsarithmetik“ bei der Verteilung weiterer Posten wurde Angela Merkel stellvertretende Regierungssprecherin der ersten und gleichzeitig letzten frei gewählten Regierung der DDR.

In den Wochen nach der Volkskammerwahl rückte überraschend schnell die Frage der Deutschen Wiedervereinigung in den politischen Mittelpunkt. Angela Merkel begleitete in ihrer neuen Position viele vorbereitende Gespräche, wie die zum Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, der am 18. Mai 1990 in Bonn unterzeichnet wurde. Maßgeblicher Verhandlungsleiter auf DDR-Seite war der parlamentarische Staatssekretär beim Ministerpräsidenten der DDR, Günther Krause, der in den nächsten Monaten ein wichtiger Förderer von Merkel wurde. Am 31. August 1990 wurde schließlich in Bonn durch Krause und den Innenminister der Bundesrepublik, Wolfgang Schäuble, der Einigungsvertrag unterschrieben. Angela Merkel begleitete als stellvertretende Regierungssprecherin Delegationen um Lothar de Maizière auf Auslandsreisen und war auch beim Abschluss des Zwei-plus-Vier-Vertrages am 12. September 1990 in Moskau anwesend. Zu diesem Zeitpunkt war das nächste wichtige politische Datum bereits festgelegt: Der erste gesamtdeutsche Bundestag sollte am 2. Dezember 1990 gewählt werden.

Einstieg in die CDU (1990)

Das schlechte Abschneiden des Demokratischen Aufbruchs (DA) bei der Volkskammerwahl im März 1990 und die Entwicklung der nächsten Monate führten zu einer Anlehnung des DA an die CDU, die von Angela Merkel mitgetragen wurde. Am 4. August 1990 votierte auf einem Sonderparteitag des DA eine Mehrheit für einen Beitritt zur westdeutschen CDU – nach vorhergehender Fusion mit der Ost-CDU. Merkel war eine der drei Delegierten des DA zum „Vereinigungsparteitag“ der CDU in Hamburg am 1. und 2. Oktober 1990. In einer Rede stellte sie sich dort als ehemalige „Pressesprecherin des Demokratischen Aufbruchs“ und als Mitarbeiterin von de Maizière vor. Am Vorabend dieses 38. CDU-Bundesparteitages kam es zu einem ersten von Merkel initiierten persönlichen Gespräch mit Helmut Kohl, dem CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzler.

Mit dem 3. Oktober 1990, dem Datum der Wiedervereinigung, endete Angela Merkels Tätigkeit als stellvertretende Regierungssprecherin der DDR. Merkel bekam die Planstelle einer Ministerialrätin (A 16) im Bundespresse- und Informationsamt (BPA). Eine Rückkehr an das Institut, an dem sie zwölf Jahre lang gearbeitet hatte, wäre kaum opportun gewesen, denn die „Abwicklung“ der Akademie der Wissenschaften (AdW) war im Einigungsvertrag festgeschrieben worden. Mit der gesicherten beruflichen Position im BPA im Rücken bewarb sich Angela Merkel um ein Bundestagsmandat. Durch Vermittlung von Günther Krause, dem CDU-Landesvorsitzenden in Mecklenburg-Vorpommern, kandidierte Merkel als Direktkandidatin im Bundestagswahlkreis Stralsund-Rügen-Grimmen. Gleichzeitig wurde sie als Listenkandidatin auf Platz 6 der Landesliste abgesichert.

Bundesministerin für Frauen und Jugend (1991–1994)

Bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl am 2. Dezember 1990 gewann Angela Merkel ihren neuen Wahlkreis mit 48,5 Prozent der abgegebenen Erststimmen. Mit der konstituierenden Sitzung am 20. Dezember 1990 wurde sie Abgeordnete des Deutschen Bundestages.

Vom Wahlsieger Helmut Kohl, der sie im November 1990 nochmals zu einem Gespräch in das Kanzleramt nach Bonn eingeladen hatte, wurde sie überraschend für ein Ministeramt in seinem Kabinett nominiert. Das alte Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit wurde dreigeteilt in: das Bundesministerium für Gesundheit (Gerda Hasselfeldt), das Bundesministerium für Familie und Senioren (Hannelore Rönsch) und das Bundesministerium für Frauen und Jugend. Kohls personalpolitische Überlegungen für dieses kleine und kompetenzarme Rest-Ministerium mündeten in Angela Merkel, die am 18. Januar 1991 als Ministerin vereidigt wurde. Als parlamentarischen Staatssekretär wählte sie Peter Hintze. Als beamteter Staatssekretär folgte später noch Willi Hausmann.

Angela Merkel hatte aufgrund ihrer DDR-Biografie nicht die für viele hohe westdeutsche CDU-Mandatsträger übliche Sozialisation, beispielsweise in der Jungen Union, hinter sich. Merkels schneller Quereinstieg innerhalb der Partei war ausschließlich auf die Gunst des Bundeskanzlers gebaut, aus dieser Zeit ist auch die Bezeichnung „Kohls Mädchen“ bekannt. Während ihre späteren innerparteilichen Konkurrenten in Karriere-Netzwerken wie dem „Andenpakt“ organisiert waren, besaß sie zunächst keine eigene Hausmacht innerhalb der CDU. Angela Merkel bemühte sich daher im November 1991 um den CDU-Landesvorsitz in Brandenburg, kassierte jedoch eine Abstimmungsniederlage gegen Ulf Fink. Im Dezember 1991 wurde sie schließlich auf dem CDU-Bundesparteitag in Dresden zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt, in das Amt, das vor ihr Lothar de Maizière innehatte. Nach de Maizières Rückzug und nachdem Günther Krause als Bundesverkehrsminister durch umstrittene Vergaben von Lizenzen für Autobahnraststätten in die Medien gekommen war, besaß Merkel eine der wenigen unbelasteten Ost-Biographien innerhalb der CDU. Nach dem Vorsitz des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) von 1992 bis 1993 bot Krauses Rücktritt, im Mai 1993, für Angela Merkel die Chance, ihre innerparteiliche Position mit einem Landesvorsitz zu stärken. Sie wurde im Juni 1993 CDU-Landesvorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern.

Bundesumweltministerin (1994–1998)

Nach der Bundestagswahl am 16. Oktober 1994 wurde Angela Merkel überraschend zur Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Kabinett von Bundeskanzler Helmut Kohl. In ihrem eigenen Wahlkreis erreichte sie 48,6 Prozent der Erststimmen.

Merkels Amtsvorgänger war Klaus Töpfer, der auch außerhalb der CDU anerkannt wurde. Töpfers umweltpolitische Positionen und Forderungen trafen innerhalb des Wirtschaftsflügels der CDU und insbesondere beim Koalitionspartner FDP jedoch auf zunehmenden Widerstand. So kann die Vereidigung Merkels am 17. November 1994 und der Ressortwechsel Töpfers zum Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau parteipolitisch als dessen Entmachtung betrachtet werden. Drei Monate nach Amtsantritt entließ Angela Merkel den langjährigen beamteten Staatssekretär Töpfers, Clemens Stroetmann, und ersetzte ihn durch Erhard Jauck.

CDU-Spendenaffäre (1999)

Die Bundestagswahl am 27. September 1998 endete für die CDU/CSU und deren Kanzlerkandidaten Helmut Kohl mit einem Debakel. Die Union erzielte mit 35,2 Prozent das schlechteste Ergebnis seit 1949 – erstmals wurde eine amtierende Bundesregierung abgewählt. Angela Merkels Erststimmenanteil sank um 11 Prozentpunkte auf 37,3 Prozent.

Wolfgang Schäuble, Kohls „ewiger Kronprinz“, hatte seit den Jahren 1996/97 immer wieder die „Kandidatenfrage“ thematisiert: Die Frage, welcher CDU-Spitzenpolitiker als Kanzlerkandidat zur Bundestagswahl antreten solle. Er hatte sich gegen Helmut Kohl, den „ewigen Kanzler“, aber nicht durchsetzen können. Bereits vor dem Wahltermin hatte Schäuble in Interviews Kritik an der Kohl-Kandidatur erkennen lassen. Auf dem der Wahlniederlage folgenden CDU-Bundesparteitag in Bonn, am 7. November 1998, wurde er schließlich zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt. Auf Vorschlag Schäubles erhielt Angela Merkel das Amt der Generalsekretärin der CDU – eine der wichtigsten Positionen innerhalb der Bundes-CDU in ihrer neuen Rolle als Oppositionspartei ohne Ministerämter. Helmut Kohl wurde zum Ehrenvorsitzenden gewählt, mit Sitz im Präsidium und im Bundesvorstand der Partei.

Die nächsten Monate brachten der CDU einige gute Landtagswahlergebnisse und im Juni 1999, bei der Europawahl, überragende 48,7 Prozent (1994: 38,8 Prozent) für CDU/CSU. Die Neigung der deutschen Wähler, die auf Bundesebene amtierenden Parteien in anderen Wahlen „abzustrafen“, war bereits in der Ära Kohl – unter umgekehrten Vorzeichen – bekannt. Nichtsdestoweniger stützten die guten Wahlergebnisse die öffentliche und innerparteiliche Position der CDU-Generalsekretärin Angela Merkel.

Im November 1999 gelangte die CDU-Spendenaffäre in die Medien. Nach einem Interview Helmut Kohls im ZDF am 16. Dezember 1999 war öffentlich, dass der Ex-Kanzler und amtierende CDU-Ehrenvorsitzende während seiner Kanzlerschaft am Parteispendengesetz vorbei Millionenbeträge entgegengenommen hatte. Kohl weigerte sich, den oder die Geldgeber zu nennen und verwies auf sein „Ehrenwort“. Generalsekretärin Merkel veröffentlichte am 22. Dezember 1999 einen Gastbeitrag in der FAZ, in der sie Helmut Kohls Haltung kritisierte und die Partei zur Abnabelung aufforderte:

„Die Partei muss also laufen lernen, muss sich zutrauen, in Zukunft auch ohne ihr altes Schlachtross, wie Helmut Kohl sich oft selbst gerne genannt hat, den Kampf mit dem politischen Gegner aufzunehmen. Sie muss sich wie jemand in der Pubertät von zu Hause lösen, eigene Wege gehen.“

Am 18. Januar 2000 wurde Helmut Kohl vom CDU-Präsidium und Bundesvorstand aufgefordert, seinen Ehrenvorsitz bis zur Nennung der Spender ruhen zu lassen. Kohl reagierte mit seinem Rücktritt vom Ehrenvorsitz. Inzwischen hatte er mit dem amtierenden CDU-Bundesvorsitzenden, Wolfgang Schäuble, eine teilweise öffentlich geführte Auseinandersetzung begonnen. Schäuble war inzwischen selbst durch die Parteispendenaffäre angeschlagen: Er gab am 10. Januar 2000 in einem ARD-Interview zu, Spenden des Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber entgegengenommen zu haben, obwohl er dies noch am 2. Dezember 1999 im Deutschen Bundestag bestritten hatte. Nachdem die damalige CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister widersprechende Aussagen zu den Details der Geldübergabe abgegeben hatte, war Wolfgang Schäuble als CDU-Bundesvorsitzender nicht mehr zu halten.

CDU-Vorsitzende (2000)

Am 16. Februar 2000 erklärte Wolfgang Schäuble vor der CDU/CSU Bundestagsfraktion seinen Rücktritt als Partei- und Fraktionsvorsitzender. In den darauf folgenden Wochen war die Partei führungslos und Angela Merkel befand sich als Generalsekretärin in einer Schlüsselposition. In dieser Zeit fanden neun so genannte „Regionalkonferenzen“ statt. Sie waren ursprünglich angesetzt worden, um die CDU-Spendenaffäre mit der Parteibasis zu diskutieren und aufzuarbeiten. Auf diesen lokalen Parteiversammlungen kristallisierte sich eine Unterstützung für Angela Merkel als Schäuble-Nachfolgerin heraus. Merkels später Quereinstieg kam ihr nun zugute: Sie galt in der Öffentlichkeit und bei der Basis als Parteispenden-unbelastet. Frühzeitig sprach sich der niedersächsische Oppositionsführer Christian Wulff für Merkel aus. Volker Rühe, Friedrich Merz und Edmund Stoiber dagegen sollen ihrer Kandidatur kritisch gegenübergestanden haben.

Am 10. April 2000 wurde Angela Merkel auf dem CDU-Bundesparteitag in Essen mit 897 von 935 gültigen Stimmen zur neuen CDU-Bundesvorsitzenden gewählt. Neuer CDU-Generalsekretär wurde, auf Merkels Vorschlag, Ruprecht Polenz. Den Vorsitz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion übernahm Friedrich Merz. Das neue Führungstrio erlebte am 14. Juli eine erste herbe politische Niederlage: Obwohl die rot-grüne Bundesregierung nicht über die notwendige Mehrheit im Bundesrat verfügte, war es ihr gelungen, in der Abstimmung über die geplante Steuerreform einige Bundesländer mit CDU-Regierungsbeteiligung auf ihre Seite zu ziehen. Bereits im November 2000 trennte sich Angela Merkel von dem in den Medien als moderat beurteilten Generalsekretär Ruprecht Polenz. Als seinen Nachfolger wählte sie Laurenz Meyer, der aggressiver auftrat und die Öffentlichkeit am 23. November mit dem Fauxpas: „Einen zweiten Missgriff kann sie sich nicht leisten“ überraschte. Gemeint war Merkels ursprüngliche Personalentscheidung Ruprecht Polenz.

Die Jahre 2000 und 2001 bescherten der CDU unter Merkel – auch als Folge der Spendenaffäre – keine großen Landtagswahlerfolge. Die rot-grüne Bundesregierung schien dagegen Tritt gefasst zu haben und bot der Opposition wenig Blößen. Die Positionierung für die Bundestagswahl im September 2002 begann: Friedrich Merz hatte sich selbst bereits im Februar 2001 als Kandidat für das Amt des Bundeskanzlers ins Gespräch gebracht. Damit war die Diskussion um die Kandidatenfrage – in den Medien häufig als „K-Frage“ bezeichnet – eingeläutet. Angela Merkels Bereitschaft zur Kandidatur war bekannt. Sie verfügte in den Spitzen der Partei jedoch über wenig Rückhalt, da viele CDU-Ministerpräsidenten und Landesvorsitzende den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber favorisierten. Im Dezember 2001 war auf dem Bundesparteitag in Dresden eine Entscheidung vermieden worden, diese sollte am 11. Januar 2002 auf einer Sitzung von CDU-Präsidium und Bundesvorstand in Magdeburg fallen. Merkel ging der unmittelbaren Konfrontation mit Stoiber jedoch aus dem Weg: Im Vorfeld hatte sie ihn zum „Wolfratshausener Frühstück“ besucht und ihren Verzicht, zu seinen Gunsten, mitgeteilt. Angela Merkels Rückzug diente dabei auch dem eigenen Machterhalt, eine deutliche Abstimmungsniederlage gegen Stoiber wäre als Misstrauensvotum gegen ihre Person aufgefasst worden und hätte nicht nur die „K-Frage“ entschieden, sondern auch eine neue Diskussion um den Parteivorsitz aufkommen lassen.

Oppositionsführerin (2002–2005)

Die Bundestagswahl am 22. September 2002 endete mit einer knappen Wiederwahl der rot-grünen Regierungskoalition unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer. Angela Merkel hatte die erfolglose Stoiber-Kandidatur loyal mitgetragen. Zu Schröders Wahlsieg hatte auch dessen schnelle Reaktion auf das damalige Elbehochwasser beigetragen, als noch wichtiger wird indes seine ablehnende Haltung zum Irak-Krieg betrachtet. Dem klaren „Nein“ der amtierenden Bundesregierung stand ein Bekenntnis Merkels zu George W. Bushs Konfrontationskurs – von ihr damals als „Drohkulisse“ bezeichnet – gegenüber.

Unmittelbar nach der verlorenen Bundestagswahl beanspruchte Angela Merkel den CDU/CSU-Fraktionsvorsitz im Bundestag, das bisherige Amt von Friedrich Merz. Sie wollte der Regierung Schröder im Parlament als Oppositionsführerin gegenübertreten. Merz war nicht bereit, seine Position aufzugeben und äußerte seinerseits Kritik an Merkel. Auf der entscheidenden CDU-Präsidiumssitzung soll das Votum Stoibers zugunsten Merkels den Ausschlag gegeben haben. Das Verhältnis zwischen Merkel und Merz galt bereits vorher als konfliktbelastete Konkurrenzsituation. Am 11. und 12. November 2002, auf dem CDU-Bundesparteitag in Hannover, wurde Angela Merkel mit 746 von 796 abgegebenen Stimmen (bei insgesamt 978 Delegierten) als Vorsitzende wiedergewählt.

2003

Das Jahr 2003 brachte der CDU und ihrer Vorsitzenden Erfolge bei den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen. Die stärker werdende Präsenz der CDU im Bundesrat ermöglichte Angela Merkel schließlich ein Mitregieren aus der Opposition heraus. Die CDU trug die Agenda 2010 der rot-grünen Bundesregierung mit und stimmte den Gesetzesänderungen in Bundestag und Bundesrat zu. Auch bei der Formulierung der zum 1. Januar 2004 wirksam werdenden Gesundheitsreform war die CDU eingebunden und konnte eigene Vorstellungen einbringen (Verzicht auf Positivliste). Im Fall des Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann und dessen scharf kritisierten Thesen zum „jüdischen Tätervolk“ zeigte sich Merkel jedoch wenig entschlussfreudig. Der erste Fraktionsausschluss eines Unions-Abgeordneten in der Geschichte des Deutschen Bundestages, im November 2003, erfolgte erst nach längerer Bedenkzeit und unter öffentlichem Druck.

2004

Am 6. Februar 2004 trat der politisch angeschlagene Bundeskanzler Gerhard Schröder als SPD-Vorsitzender zurück, sein Nachfolger wurde Franz Müntefering. Im gleichen Monat gelang der CDU ein deutlicher Sieg bei der Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft. Angela Merkel bereiste im Februar drei Tage lang die Türkei. Dort setzte sie sich für das Modell der „privilegierten Partnerschaft“ ein, als Alternative zu der von der Bundesregierung angestrebten Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union.

In einer Rede vom 20. November 2004 äußerte sich Angela Merkel mit den Worten „Die multikulturelle Gesellschaft ist gescheitert“ zur innenpolitischen Lage Deutschlands im Hinblick auf die Integrationsproblematik der muslimischen (vorwiegend türkischen) Bevölkerung. Dabei brachte Angela Merkel erneut den Begriff der deutschen Leitkultur in die Diskussion und kritisierte vor allem die mangelnde Integrationsfähigkeit der Muslime.

Das Ende der Amtszeit von Bundespräsident Johannes Rau bedeutete die Neubesetzung des formal wichtigsten politischen Amtes in der Bundesrepublik Deutschland. Wolfgang Schäuble hatte sich früh als Kandidat ins Gespräch gebracht und konnte auf Unterstützung innerhalb von CDU und CSU hoffen. Innerparteiliche Gegenspieler Angela Merkels wie Roland Koch und Friedrich Merz favorisierten Schäuble, ebenso wie Edmund Stoiber (CSU). Horst Köhler galt als Merkels Kandidat, und sein Wahlerfolg in der Bundesversammlung am 23. Mai 2004 wurde allgemein als ein weiterer Ausbau ihrer Machtposition gewertet.

Vorgezogene Bundestagswahl 2005

Die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai 2005 brachte der SPD eine schwere Wahlniederlage, die eine Serie von Landtagswahlniederlagen der Jahre 2003 und 2004 fortsetzte. Als politisch-medialen Befreiungsschlag kündigten eine halbe Stunde nach Schließung der Wahllokale zuerst SPD-Parteichef Franz Müntefering und kurze Zeit darauf Bundeskanzler Gerhard Schröder an, eine vorgezogene Neuwahl des Bundestages für den Herbst 2005 anzustreben.

Am 30. Mai bestimmten die Parteipräsidien von CDU und CSU in einer gemeinsamen Sitzung Angela Merkel zur Kanzlerkandidatin der Unionsparteien. Ihre Rolle war unumstritten, die innerparteilichen Gegenspieler marginalisiert. Merkels Schattenkabinett wurde angesichts der angestrebten Koalition mit der FDP als „Kompetenzteam“ vorgestellt. Insbesondere Paul Kirchhof und sein „Kirchhof-Modell“, sowie die CDU-Vorstellungen zur Krankenversicherung („Kopfpauschale“) galten später als „schwer vermittelbar“ und mitverantwortlich für ein unbefriedigendes Wahlergebnis.

Bei der Bundestagswahl am 18. September 2005 erreichten CDU/CSU mit der Spitzenkandidatin Angela Merkel 35,2 Prozent (2002: 38,5) vor der SPD mit 34,2 Prozent. Damit blieb die Union deutlich hinter ihren Prognosen zurück und konnte ihr Wahlziel, die absolute Mehrheit der Bundestagsmandate für CDU/CSU und FDP, nicht erreichen. Ihren eigenen Wahlkreis 15 (Stralsund, Landkreis Nordvorpommern und Landkreis Rügen) gewann Angela Merkel mit 41,3 Prozent der Erststimmen. Neben der Union mussten auch die Sozialdemokraten deutliche Stimmeneinbußen hinnehmen, so dass die bisherige Regierungskoalition aus SPD und Grünen ihre Parlamentsmehrheit verlor.

Bundeskanzlerin (seit 2005)

Angela Merkel bei der Rede zur Eröffnung des Campus der ESMT 2006

Koalitionsverhandlungen

In einer Fernsehdiskussion am Wahlabend, der so genannten „Elefantenrunde“, beanspruchte Gerhard Schröder trotz der eingebüßten Mehrheit von Rot-Grün überraschend die Regierungsbildung für sich – in einer Form, die heftige Diskussionen auslöste und die er selbst später als „suboptimal“ bezeichnete. Die nächsten Tage waren im politischen Berlin von der Frage bestimmt, ob der SPD, als im Bundestag größte Einzelfraktion einer Partei, oder der CDU/CSU, als größte Fraktionsgemeinschaft, das Amt des Bundeskanzlers – in einer wie auch immer gearteten Koalitionsregierung – gebühre.

Am 20. September wurde Angela Merkel von der erstmalig nach der Wahl zusammengetretenen Unions-Bundestagsfraktion in geheimer Wahl mit 219 von 222 Stimmen zur Fraktionsvorsitzenden wiedergewählt. Nach dem enttäuschenden Bundestagswahlergebnis war dies ein wichtiges Vertrauensvotum und Rückhalt für bevorstehende Koalitionsgespräche. Die erstaunte Öffentlichkeit erlebte in den 14 Tagen bis zu einer notwendigen Nachwahl im Wahlkreis 160 (Dresden I) Gespräche Angela Merkels und Edmund Stoibers mit Bündnis 90/Die Grünen zwecks Sondierung einer möglichen schwarz-gelb-grünen „Jamaika-Koalition“ zusammen mit der FDP. Erst nach der Entscheidung in Dresden begannen die Gespräche mit der SPD zur Bildung einer Großen Koalition. Am 10. Oktober veröffentlichten SPD, CDU und CSU eine gemeinsame Vereinbarung, die die geplante Wahl von Angela Merkel zur Bundeskanzlerin durch den 16. Deutschen Bundestag beinhaltete. Am 12. November stellte sie nach fünfwöchigen Verhandlungen der CDU/CSU mit der SPD den Koalitionsvertrag vor.

Am 22. November 2005 wurde Angela Merkel mit 397 der 611 gültigen Stimmen (Gegenstimmen: 202; Enthaltungen: 12) der Abgeordneten des 16. Deutschen Bundestages zur Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Dies waren 51 Stimmen weniger, als die Koalitionsparteien Mandate besitzen. Nach sieben männlichen Amtsvorgängern ist Angela Merkel die erste Frau im Amt des deutschen Bundeskanzlers, die erste „Bundeskanzlerin“. Gleichzeitig ist sie mit 51 Jahren die jüngste Amtsinhaberin. Ebenfalls ist sie die erste Person aus den neuen Bundesländern, die dieses Amt bekleidet.

Regierungsbildung

Siehe auch Abschnitt Personalfindungsprozess vor Beginn der Legislaturperiode im Artikel Kabinett Merkel

Noch vor Beginn der Legislaturperiode verzichtete Merkels langjähriger Konkurrent Edmund Stoiber überraschend auf das für ihn vorgesehene Amt des Wirtschaftsministers, nach eigenem Bekunden wegen Franz Münteferings Rückzug vom Parteivorsitz der SPD.

In eine Vertrauens- und Schlüsselstellung, zum Leiter ihres Bundeskanzleramtes, wählte Angela Merkel Thomas de Maizière, Cousin des letzten DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière.

Erste Hälfte der Legislaturperiode

Zu Beginn der Legislaturperiode traten Merkel und ihr Kabinett weder außen- noch innenpolitisch in besonderem Maße in Erscheinung. Lediglich Merkels Minister sorgten für einige Schlagzeilen, die sich aber mehr auf Kompetenzfragen oder die langfristige Ausrichtung der Regierungsarbeit als auf konkrete Sachfragen bezogen.

Ende März 2006 legte Merkel ein Acht-Punkte-Programm für die zweite „Etappe“ der Legislaturperiode vor. Darin werden geplante Anstrengungen in den Bereichen Föderalismusreform, Bürokratieabbau, Forschung und Innovation, Energiepolitik, Haushalts- und Finanzpolitik, Familienpolitik, Arbeitsmarktpolitik und insbesondere Gesundheitsreform skizziert.

Ungeachtet des Fehlens einschneidender Maßnahmen stieß Merkels eher sachlicher Regierungsstil anfangs in der Bevölkerung, unter den Führungskräften der Wirtschaft und im Ausland überwiegend auf Zustimmung. Das Forbes Magazine stellte sie 2006 und erneut 2007 im Rahmen einer Liste als mächtigste Frau der Welt dar, und auch für die Time gehörte sie 2006 und 2007 zu den 100 Personen, die unsere Welt am meisten prägten[2][3]. Nach wie vor erreicht Merkel in vielen Umfragen ausgesprochen gute Werte.[4]

Am 27. November 2006 wurde sie auf dem Bundesparteitag der CDU mit 93 Prozent der Stimmen erneut zur Bundesvorsitzenden der Partei gewählt.

Merkel sorgte für einen kleineren außenpolitischen Eklat, als sie am 23. September 2007 den Dalai Lama Tenzin Gyatso im Berliner Bundeskanzleramt empfing. Das Treffen mit dem geistlichen Oberhaupt Tibets war von ihr als „privater Gedankenaustausch“ mit einem religiösen Führer bezeichnet worden und sollte nicht als politische Stellungnahme zu den Autonomiebestrebungen Tibets verstanden werden. Trotzdem zeigte sich die Volksrepublik China verstimmt und sagte mit dem Hinweis auf „technische Probleme“ mehrere offizielle Termine auf ministerieller Ebene ab. Merkels außenpolitischer Berater Christoph Heusgen konnte die Wogen wieder glätten, indem er dem chinesischen Botschafter Ma Canrong versicherte, dass Deutschland seine China-Politik nicht ändern werden und die territoriale Integrität Chinas außer Frage stehe. [5][6]

EU-Ratspräsidentschaft 2007

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Angela Merkel am 17. Januar 2007 im Europäischen Parlament

Hauptartikel: Deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2007

Vertreten durch Angela Merkel und den Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte die Bundesrepublik Deutschland vom 1. Januar bis 30. Juni 2007 den Vorsitz im Rat der Europäischen Union inne. Der Vorsitz wurde turnusmäßig im Rahmen der Dreier-Präsidentschaft mit Portugal und Slowenien wahrgenommen. Als wesentliche Bestandteile der politischen Agenda nannte[7] Merkel den Europäische Verfassungsvertrag, die Umwelt- und Energiepolitik sowie die Verbesserung des transatlantischen Verhältnisses. Eine wichtige Rolle spielte darüber hinaus etwa die Nachbarschaftspolitik hinsichtlich der Nachbarstaaten der EU.

Politische Positionen

Außenpolitik

Irak-Politik

Merkel mit US-Außenministerin Condoleezza Rice am 6. Dezember 2005 in Berlin

Auf einer USA-Reise im Februar 2003 bekundete Angela Merkel ihre Sympathien gegenüber der Irak-Politik der USA und der „Koalition der Willigen“. Vom Boden der USA aus kritisierte die deutsche Oppositionsführerin die Außenpolitik der Bundesregierung, was ihr wiederum scharfen Widerspruch aus Berlin einbrachte. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Franz Müntefering beurteilte Merkels Verhalten als einen „Bückling gegenüber der US-Administration“. Angela Merkels Grundhaltung zu militärischen Konfliktlösungen beschreibt sie in Veröffentlichungen aus dieser Zeit. Als „Ultima Ratio“ akzeptierte Merkel beispielsweise das NATO-Engagement im Kosovo-Krieg (1999) und stellt historische Vergleiche zur deutschen Geschichte an:

„Ein Blick zurück in unsere eigene Geschichte mahnt dazu, den Frieden als wertvolles Gut zu erhalten und alles zu tun, um kriegerische Auseinandersetzungen zu vermeiden. […] Ein Blick in die gleiche Geschichte mahnt aber auch, dass ein falsch verstandener, radikaler Pazifismus ins Verhängnis führen kann und der Einsatz von Gewalt trotz des damit einhergehenden Leides – in letzter Konsequenz unausweichlich sein kann, um noch größeres Übel zu verhindern. Auch die jüngere europäische Geschichte zeigt, dass Krieg im Umgang mit Diktatoren zur ‚ultima ratio‘ werden kann. […] Beim Kosovo-Krieg hat eine ‚coalition of the willing‘ durch den Einsatz von Gewalt noch größeres Leid […] verhindert.“

Türkei-Politik

In der Vor-Wahl-Zeit 2005 äußerte Merkel des Öfteren – unter anderem auch bei einem Besuch in Istanbul – ihre Auffassung, dass die Türkei nicht als Voll-Mitglied in die EU aufgenommen werden könne. Sie favorisiere stattdessen eine „privilegierte Partnerschaft“. Während ihrer Amtszeit als Kanzlerin und als EU-Ratspräsidenten schwieg sie zu diesem Thema. Nachdem der türkische Premierministers Recep Tayyip Erdoğan bei einem Deutschland-Besuch im Februar 2008 die Türken in Deutschland vor einer Assimilation gewarnt hatte, kritisierte sie dessen „Integrationsverständnis“[8].

Nahost-Politik

Merkel mit George W. Bush im Januar 2006

Merkel hat sich bisher zurückhaltend zu einer deutschen Beteiligung an einer Friedenstruppe der Vereinten Nationen im Südlibanon zur Befriedung des Israel-Libanon-Konflikts geäußert. Israels Premier Olmert plädierte für die Beteiligung deutscher Soldaten. „Ich habe Kanzlerin Angela Merkel mitgeteilt, dass wir absolut kein Problem haben mit deutschen Soldaten im Südlibanon“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Israel habe keinen besseren Freund als Deutschland.

Wirtschafts- und Sozialpolitik

Merkel versuchte sich Ende 2000 mit der Formulierung einer „Neuen Sozialen Marktwirtschaft“ zu profilieren. Der Titel greift den etablierten Begriff der Sozialen Marktwirtschaft auf. Unter den unscharfen Thesen, deren konkrete Umsetzung im Vagen bleibt, finden sich auch Positionen, die bereits im Schröder-Blair-Papier aus dem Jahr 1999 auftauchten. Eine CDU-Präsidiumskommission unter Merkels Vorsitz erarbeite bis zum 27. August 2001 ein Diskussionspapier, das im Dezember 2001 auf dem Bundesparteitag der CDU in Dresden verabschiedet und somit Teil der CDU-Programmatik wurde.

Familienpolitik

Als Bundesministerin für Frauen und Jugend sah sich Angela Merkel in den neuen Bundesländern mit einer dramatisch gesunkenen Frauenerwerbsquote und, damit einhergehend, mit einem Einbruch der Geburtenrate konfrontiert. Hinzu kam die unterschiedliche Rechtslage zum Schwangerschaftsabbruch in Ost und West, die laut Einigungsvertrag von einer späteren gemeinsamen Regelung abgelöst werden sollte. Einen politischen Schwerpunkt während ihrer Amtszeit bildete daher die Neuregelung des § 218 und die Einführung einer faktischen Fristenlösung mit Beratungspflicht im gesamten Bundesgebiet. Der Verbesserung der beruflichen Situation von Frauen sollte das Gleichberechtigungsgesetz (1993/94) dienen. Als im Rückblick größten Erfolg ihrer Amtszeit bewertet Merkel die von ihr betriebene Änderung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Diese Novellierung brachte den formellen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Kinder ab 3 Jahren.

Umweltpolitik

Im April 1995 war Angela Merkel als deutsche Umweltministerin Gastgeberin der ersten UN-Klimakonferenz (COP-1) in Berlin. Mit dem Berliner Mandat kam es zu einem Abschluss, der einen Einstieg in die internationale Reduzierung von Treibhausgasen bilden sollte. 1997 bei den nachfolgenden Verhandlungen zum Kyoto-Protokoll setzte sich Merkel für vergleichsweise hohe Reduktionsziele ein. Eine Initiative zur Eindämmung des Sommersmogs in Deutschland scheiterte im Mai 1995 innerhalb des Kabinetts und wurde später nur in sehr abgeschwächter Form umgesetzt. Angela Merkel galt und gilt als Befürworterin der zivilen Nutzung von Kernenergie, der Stromgewinnung in Kernkraftwerken. In ihrem Amt war sie auch für die Abwicklung von Atommülltransporten zuständig. Im Mai 1998 wurden Überschreitungen der Grenzwerte bei Castor-Transporten nach Frankreich bekannt. Aus der Opposition wurde Merkels Rücktritt, wegen der Verletzung der ministeriellen Aufsichtspflicht, gefordert. Die Ministerin konnte jedoch darauf verweisen, dass wichtige Kompetenzen und Verantwortlichkeiten auch bei den Bundesländern und der Atomwirtschaft lagen. In Merkels Amtszeit fällt das Kreislaufwirtschaftsgesetz zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen. In öffentlichen Äußerungen des Jahres 1997 findet sich auch die Forderung nach einer jährlich steigenden Abgabe auf Energieträger wie Öl, Gas und Strom (Ökosteuer).

Öffentlichkeitsarbeit

Seit dem 8. Juni 2006 wendet sich Merkel als erstes Regierungsoberhaupt weltweit per Video-Podcast an die Öffentlichkeit. Sie nutzt dieses moderne Medium wöchentlich (samstags), um den Bürgern die Politik der Großen Koalition zu vermitteln.

Nach Kritik am Stil der Videobotschaft wurde die Produktion neu ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt die Evisco AG aus München. Da mit Jürgen Hausmann einer der Vorstände der Evisco AG ein Schwiegersohn des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoibers ist, wurden in den Medien Zweifel am ordnungsgemäßen Ablauf des Ausschreibungsverfahrens laut. Das ausschreibende Bundespresseamt wies die Vorwürfe zurück. Für den Merkel-Auftritt bis Jahresende gaben verschiedene Medien ein Auftragsvolumen von 40.000 Euro an.

Sprachkenntnisse

Angela Merkel spricht neben ihrer Muttersprache Deutsch fließend Russisch und Englisch.

Familiäres

Angela Merkel ist seit dem 30. Dezember 1998 in zweiter Ehe mit Joachim Sauer verheiratet und wohnt mit diesem in einer privaten Wohnung gegenüber der Museumsinsel in Berlin. Sie hat keine Kinder.

Auszeichnungen und Ehrungen

Angela Merkel ist Ehrenmitglied im Rotary Club Stralsund.

Das US-amerikanischen Wirtschaftsmagazin Forbes verzeichnete Angela Merkel in den Jahren 2006 und 2007 in einer Rangliste der 100 mächtigsten Frauen der Welt auf dem ersten Platz.

Im Jahr 2007 erhielt Angela Merkel den Leo-Baeck-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland und die Hebräische Universität Jerusalem verlieh ihr die Ehrendoktorwürde in Philosophie. Weitere Ehrungen waren der World Statesman Award der Appeal of Conscience Foundation für ihr bisheriges Lebenswerk[9] und der König-Abdulaziz-Orden, der höchste Orden Saudi-Arabiens für ausländische Regierungschefs.

Am 11. Januar 2008 erhielt Angela Merkel von Bundespräsident Horst Köhler das Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Frau Merkel erhält den Karlspreis 2008 „für ihre Verdienste um die Weiterentwicklung der Europäischen Union“.

Veröffentlichungen

Naturwissenschaftliche Veröffentlichungen

  • Zs. m. Ilka Böger, Hans Joachim Spangenberg, Lutz Zülicke: Berechnung von Hochdruck-Geschwindigkeitskonstanten für Zerfalls- und Rekombinationsreaktionen einfacher Kohlenwasserstoffmoleküle und -radikale. In: Zeitschrift für physikalische Chemie. 1982, 263 (3), S. 449–460.
  • Zs. m. Lutz Zülicke: Berechnung von Geschwindigkeitskonstanten für den C-H-Bindungsbruch im Methylradikal. In: Zeitschrift für physikalische Chemie. 1985 266 (2), S. 353–361.
  • Zs. m. Lutz Zülicke: Nonempirical parameter estimate for the statistical adiabatic theory of unimolecular fragmentation carbon-hydrogen bond breaking in methyl. In: Molecular Physics. 1987, 60(6), S. 1379–1393.
  • Zs. m. Zdenek Havlas, Rudolf Zahradnik: Evaluation of the rate constant for the SN2 reaction fluoromethane + hydride: methane + fluoride in the gas phase. In: Journal of American Chemical Society. 1988, 110(25), S. 8355–8359.
  • Zs. m. Lutz Zuelicke: Theoretical approach to reactions of polyatomic molecules In: Journal of Quantum Chemistry. 1990, 36, S. 191–208.
  • F. Schneider und A. Merkel: The lowest bound states of triplet (BH2)+ In: Chemical Physics Letters 1989, 161, S. 527–531.[10]

Politische Schriften

  • Der Preis des Überlebens. Gedanken und Gespräche über zukünftige Aufgaben der Umweltpolitik. Stuttgart 1997, ISBN 3-4210-5113-5
  • Europa und die deutsche Einheit. Zehn Jahre Wiedervereinigung: Bilanz und Ausblick. Freiburg 2000, ISBN 3-451-20140-2

Literatur

Biografische Abhandlungen

Artikel und Reden

Siehe auch

Weblinks

Commons: Angela Merkel – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. n-ost.de: Eine polnische Stadt im Angela-Merkel-Fieber
  2. TIME 100: The People Who Shape Our World
  3. The TIME 100
  4. ZDF-Politbarometer
  5. China sagt weiteres Treffen ab auf tagesschau.de, 24.09.2007
  6. Peking versetzt Steinmeier auf Spiegel Online, 24.09.2007
  7. Deutsche Welle – „Große Herausforderungen für deutschen EU-Vorsitz“, in: dw.world, 15. November 2006
  8. Merkel knöpft sich Erdogan vor auf Spiegel Online, 11. Februar 2008
  9. Ehrungen die die Welt nicht braucht: Merkel wird „World Statesman“, taz, 26. September 2007
  10. F. Schneider, Merkel, A.: The lowest bound states of triplet (BH2)+. In: Chemical Physics Letters. 161. Jahrgang, 1989, S. 527–531 (harvard.edu).
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