Afrikanische Literatur

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Die afrikanische Literatur umfasst Literatur in verschiedenen Sprachen – europäischen und afrikanischen – mit verschiedenen Stilen und Themen sowie historischen Hintergründen. Einige Merkmale, die in der Literatur schwarzafrikanischer Autoren immer wieder auftauchen, sind die Kolonialgeschichte und die Kolonialkriege, die Enttäuschungen der nachkolonialen Zeit aufgrund der Gewaltherrschaft und Korruption der Eliten und dem daraus folgenden Zerfall der Gesellschaft. Vorbilder und Stoffe sucht sich die afrikanische Literatur in der vorkolonialen Geschichte und in der mündlichen Tradition.

In jüngerer Zeit werden die Themen Exil und Migration immer wichtiger; die afrikanische Literatur gewinnt eine transkulturelle, ja interkontinentale Dimension, da sich viele Literaturschaffende souverän zwischen Afrika, Europa und Amerika hin- und herbewegen.

Mit dem Studium der traditionellen, mündlich überlieferten afrikanischen Literatur beschäftigt sich die Afrikanistik. Die Arabische Literatur der nordafrikanischen Völker und Staaten wird wegen der großen sprachlichen Homogenität der arabischen Welt nicht zur afrikanischen Literatur gerechnet.

Mündliche Literatur in autochthonen Sprachen

Die mündlich überlieferte Erzählkultur (Oralliteratur) in den autochthonen afrikanischen Sprachen hat vielfältige Formen. Märchen und Fabeln sind Allgemeingut, während die Heldenepen und Chroniken unter Barden weitergegeben werden. Zu diesen Barden gehören beispielsweise die Griots bei den Yoruba, die früher an Königshöfen angestellt waren. Auch heute noch verdienen sich einige Barden mit dem Singen von Chroniken und Preisgesängen bei Festen ihren Lebensunterhalt.

Die schwarzafrikanische Kultur ist nicht grundsätzlich schriftlos. Schriftsysteme wie die Tifinagh- und die Nsibidi-Schrift haben sich für die Überlieferung der Volksliteratur aber offenbar als unpraktisch erwiesen. Janheinz Jahn kommt in Muntu. Umrisse der neoafrikanischen Kultur[1] zu dem Schluss, dass die Wiedergabe mit einer Sprechtrommel einer schriftlichen Aufzeichnung gleichwertig und dem tropischen Klima, das Papier schnell verrotten lässt, besser angepasst sei. Eine schriftlose Kultur sei nicht zwingend weniger fortgeschritten, sondern besitze Werte, die in Schriftkulturen verloren gegangen seien.

Die Aufzeichnung und Übersetzung mündlicher afrikanischer Literatur ist unter anderem Hermann Baumann, Leo Frobenius und Robert Sutherland Rattray zu verdanken. Den Erzählungen und Liedern galt neben den Sprachstudien das Hauptinteresse der Ethnographie, bis die Analyse der Sozialstruktur das Studium der Volksliteratur verdrängte. Danach befassten sich ethnologisch nicht geschulte Missionare mit ihr, soweit sie sie verstehen konnten. Auch Frobenius selbst, der von 1904 bis 1935 zwölf Forschungsexpeditionen durch ganz Afrika unternahm, verstand keine afrikanische Sprache. Er ließ sich die Geschichten von den Erzählern der umliegenden Dörfer vortragen und hatte Übersetzer, die sie auf Englisch oder Französisch übertrugen. Seine deutschen Übersetzungen, beispielsweise die Heldenepen Pui und Dausi, veröffentlichte er ohne Originaltext in mehreren Sammelbänden.

Die meisten der in Berbersprachen, vor allem in Tamaziɣt mündlich tradierten Poeme und Gesänge gingen seit den 1960er Jahren verloren. In den letzten Jahrzehnten gab es Versuche zur Wiederbelebung dieser Traditionen. In Algerien erwarb sich der Sänger Mohamed Ben Hanafi (Mohamed Aït Tahar, 1927–2012) durch seine Sendungen im zweiten Programm von Radio Algerien und von ihm neu verfasste populäre Liedtexte große Verdienste um den Erhalt der kabylischen Tradition.[2] Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts erfolgt die Entwicklung einer eigenständigen kabylischen Literatur.

Die Poesie der anderen von Berbern besiedelter Regionen wurde fast ausschließlich in französischer Übersetzung schriftlich fixiert.

Historische Literaturen

Der Papyrus Ebers

Ägypten

Die altägyptische Literatur[3] von ca. 2800 v. Chr. bis 300 n. Chr. ist in vielfältigen Formen überliefert. Die verwendeten Sprachen sind die Alt-, Mittel- und Neuägyptische Sprache sowie das Demotische. Da die Literatur nach dem Untergang der altägyptischen Kultur nicht durch Abschreiben überliefert wurde, beschränken sich die heutigen Kenntnisse auf archäologische Funde. Die ältesten Zeugnisse aus dem Alten Reich sind die religiösen Pyramiden- und Sargtexte und die Autobiographien, aus dem Mittleren Reich sind der Ipuwer-Papyrus oder die Geschichte von Sinuhe bekannt. Aus dem Neuen Reich sind auch Kriegstagebücher und Briefe überliefert (Papyrus Anastasi I), sowie die neu begründete Jenseitsliteratur, die sich, wie beispielsweise das bekannte Totenbuch, auf das Leben nach dem Tod bezieht. Daneben existierte offenbar eine reichhaltige mündliche Literatur fort, so in Mythen, Legenden, Tiergeschichten, Arbeitsliedern. Zu den nicht-religiösen oder -kultischen Schriften gehörten Erzählungen, Dialoge, Sprüche, Autobiographien. Gattungen wie Epos, Drama oder der Mehrpersonenroman waren unbekannt.[4]

Der jüngste Dialekt des Ägyptischen, das Koptische, die Umgangssprache des einfachen Menschen, wurde seit dem 10. Jahrhundert durch das Arabische verdrängt; in Oberägypten hielt er sich länger. Das umfangreiche Schrifttum in koptischer Sprache besteht überwiegend aus Abschriften des Alten und Neuen Testaments, Heiligengeschichten und liturgischen Büchern.[5] Daneben existierte ein volkstümliche Unterhaltungsliteratur.[6]

Altäthiopische Literatur

Bis ins 19. Jahrhundert war die Literatur Äthiopiens in altäthiopischer Sprache (Ge'ez) verfasst. Das vorwiegend christliche Schrifttum der frühen Epoche vom 4. bis 7. Jahrhunderts umfasst die Inschriften aus dem Reich von Aksum sowie aus dem Griechischen übersetzte Werke wie die Bibel. Einige Pseudoepigraphen wie das Buch Henoch und das Jubiläenbuch sind nur in Ge'ez vollständig erhalten.

Seit dem 13. Jahrhundert wurden zahlreiche Werke aus dem Koptischen über arabische Übersetzungen vermittelt. Das gilt auch für kirchliche, liturgische und hagiographischer Schriften. Das Kebra Negest (Herrlichkeit der Könige), ein gewaltiger Legendenzyklus aus dem 13. Jahrhundert erzählt die Abstammung des äthiopischen Herrscherhauses von König Salomo, das Fetha Negest (Recht der Könige) diente als Gesetzeskodex. Das Arganona weddase ist ein Marienoffizium aus dem 15. Jahrhundert. Außerdem sind die Chroniken der äthiopischen Könige erwähnenswert. Die Auseinandersetzung mit dem Islam und den portugiesischen Missionaren brachte eine reiche theologische Streitliteratur hervor. Die von Klerikern gepflegten und in der Liturgien verwendeten Hymnen (Kene) weisen ein kompliziertes Metrum und eine kunstvolle Rhetorik auf. Bis ins 20. Jahrhundert wurden noch einzelne philologische Werke und Chroniken in Ge'ez abgefasst.

Dominierende Literatursprache der Gegenwart ist Amharisch.[7] In Tigre, das heute in äthiopischer Schrift geschrieben wird, gibt es keine schriftliche Überlieferung, aber ein umfangreiches Liedgut.[8]

Die Berber-Literatur des Maghreb

Angeblich wurde der erste „häretische“ - weil nicht in arabischer Sprache verfasste - Koran bereits im 8. Jahrhundert in Berbersprache übersetzt, vermutlich aber in arabischer Schrift. Seit dem 11. Jahrhundert sind einige religiöse Texte in einer frühen Form des Taschelhit oder Shilha, einem Berberdialekt Südmarokkos überliefert. Das mündlich tradierte Geistesgut ist weit umfangreicher. Gesammelt und ins Französische übersetzt wurden fast 600 dieser Werke im 19. Jahrhundert durch den französischen Offizier und Priester Charles de Foucauld.[9]

Erste Seite des Manuskripts eines Textes von Muhammad Awzal (18. Jahrhundert)

Die Taschelhit-Poesie erreichte im 16. und 17. Jahrhundert eine Hochblüte, so durch den fahrenden Sänger Sidi Hammu und vor allem durch Muhammad Awzal (1680–1758); sein Meisterwerk ist ein eschatologischer Text in Versen (Baḥr al-Dumūʿ, „Ozean der Tränen“, 1714), der ins Englische und Französische übersetzt wurde.

In Marokko galt bis in die 1980er Jahre ein Druckverbot für Amazigh; seit 2011 ist es durch die Verfassung geschützt. Nach 2010 mehrte sich auch in Tunesien der Ruf der Berber-Minderheit nach stärkerer Berücksichtigung ihrer Sprache in der Öffentlichkeit.

Arabische Literatur des Maghreb

Wichtige nordafrikanische Autoren des 20. Jahrhunderts, die überwiegend in arabischer Sprache schrieben, waren Abu al-Qasim asch-Schabbi (Aboul Kacem Chebbi), der tunesische Nationaldichter, und Mohamed Choukri, ein marokkanischer Berber (Das nackte Brot, dt. 1986). Zur Literatur in arabischer Sprache siehe

Frankophone Literatur

Französisch wird in West-, Ost- und Nordafrika gesprochen, außerdem neben dem Arabischen und den Berbersprachen (z. B. Kabylisch) auch im gesamten Maghreb außer Libyen. Die radikale Verbreitung des Französischen im Schulunterricht der französischen Kolonien zur Durchsetzung des Programms der Assimilation im Namen von „Zivilisation“ und „Fortschritt“ konnte nicht verhindern, dass die afrikanischen Sprachen die Lebenswelt lange Zeit dominierten; sie bewirkte aber, dass sich die intellektuelle Eliten, die französischsprachige Schulen besucht hatten, in ihren Texten fast ausschließlich der französischen Sprache bediente.

Frankophone Literatur des Maghreb

In Algerien, Marokko und Tunesien existiert eine frankophone Literatur - wenn man von der Literatur der Frankoalgerier wie Albert Camus oder Jules Roy und der Kulturpendler wie Isabelle Eberhardt (1877-1904) absieht - erst seit etwa 1950. Dabei dominiert in Algerien, das stark durch die französische Einwanderung geprägt wurde, der Anteil der frankophonen Literatur gegenüber der arabischen; in den Nachbarländern Marokko und Tunesien ist es umgekehrt. Allerdings sprechen hier die auf französischsprachigen Schulen ausgebildeten bildungsbürgerlichen Eliten oft besser Französisch als Arabisch; doch nimmt der Einfluss des Französischen ab und der des Englischen bei jüngeren Menschen zu, was sich auch in der Rezeption internationaler Literatur ausdrückt. Besonders in Marokko stehen sowohl die französische Schriftsprache als auch das Hocharabische in einem Spannungsverhältnis zu den mündlichen Traditionen der einheimischen Bevölkerung, die sich mittels regionaler arabischer Dialekte und Berbersprachen verständigt.

Mouloud Feraoun, ermordet von französischen Extremisten 1962

Die Anfänge

Die Anfänge frankophoner maghrebinischer Literatur waren - abgesehen von den Gedichten von Jean Amrouche (1906-1962), einem in Tunis lebenden aus der Kabylei stammenden Berber - durch autobiographische Arbeiten und eine quasi ethnographische Selbstdarstellung gekennzeichnet. Wegweisend für diese Literatur der Selbstvergewisserung waren in Algerien Le fils du pauvre (1950) und La Terre et le sang („Vergeltung unter Tage“, 1953) von Mouloud Feraoun, der selbst als Industriearbeiter in Frankreich gelebt hatte, in Tunesien La statue de sel (1953) und Agar (1955) von Albert Memmi, in Marokko La boite à merveilles (1954) von Ahmed Sefrioui. Eine wichtige Rolle für die Entwicklung der modernen marokkanischen Literatur spielte auch das hier bis 1977 verbotene Le passé simple (1954) von Driss Chraïbi, der seit 1945 in Paris lebte und mit den Zwängen der traditionellen marokkanischen Familie abrechnete. Mouloud Mammeri, ein algerischer Professor der Sprachwissenschaften, zeigte in seinen frühen Romanen in den 1950er Jahren den Zerfall traditioneller Sozialstrukturen im kolonialen Algerien auf, publizierte aber auch französischsprachige Nachdichtungen der Gedichte des Kabylen Si Mohand-ou-Mohand.

Ende der 1950er und in den frühen 1960er Jahren trat in Algerien die Auseinandersetzung mit den Befreiungskriegen in den Vordergrund. Kateb Yacine trägt in seinem Meisterwerk Nejma (1956) und seinen späteren Texten der Erkenntnis Rechnung, dass die Verwüstungen der Kolonialgeschichte nicht mit Hilfe der von der französischen Literatur übernommenen Darstellungstechniken erfassbar sind. Er entwickelte eine experimentelle Synthese von Lyrik, Drama und Roman, in die auch interkulturelle Elemente und Techniken Faulkners wie auch der italienischen Neorealisten einfließen. Auf ähnlichem Niveau bewegt sich die Algerientrilogie von Mohammed Dib,[10] die autobiographische Züge trägt. Sein Roman Qui se souvient de la mer (1956) enthält Elemente von Science fiction. Von Yacine beeinflusst zeigte sich auch der islamkritische tunesische Autor Abdelwahab Meddeb (1946–2014), der seit seiner Jugend in Frankreich lebte.

In den 1970er Jahren verstummte unter dem Regine Hassan II. der revolutionäre Elan jüngerer marokkanischer Autoren wie Abdelkebir Khatibi (* 1938). 1972 wurden mehrere Mitglieder der Gruppe Souffles verhaftet. Ben Jelloun (* 1944) behandelte in seinen späten Arbeiten das Schicksal der Migranten und ihre Konflikte mit traditioneller Kultur in zurückhaltender Weise.[11]

Frankophone algerische Literatur seit 1962

Während die moderne frankophone tunesische und marokkanische Literatur heute teils immer noch durch islamische Themen beeinflusst sind, ist die algerische Literatur vollständig säkularisiert, doch musste sie sich seit dem Beginn dieses Jahrhundertes verstärkt der islamistischen Kritik erwehren. Mit der Erringung der Unabhängigkeit regte sich das Interesse an vorislamischen Kulturtraditionen.[12] Zu dieser Bewegung gehört der 1938 geborene algerische Dichter und Romanautor Mourad Bourboune (Le Muezzin, 1968).[13] Im Vordergrund stand aber in den späten 1960er und den 1970er Jahren die Aufarbeitung der postrevolutionären Zeit. So schilderte Rachid Boudjedra (* 1941), der später in arabischer Sprache schrieb, die Traumata seiner Jugend in La répudiation (1969) und analysierte die Widersprüche der nachrevolutionären Gesellschaft. Unter dem Eindruck von Korruption, Machtmissbrauch und wegen des Bürgerkrieges um 1990 verließen viele Autoren das Land und gingen nach Frankreich, so u. a. der Theater-, Rundfunk-, Romanautor und Musiker Aziz Chouaki (* 1951). Bekannt wurde sein im Musikermilieu spielender Roman Etoile d’Alger.[14] Zu den wenigen Autorinnen gehört Assia Djebar (1936–2015); auch sie musste seit 1990 dauerhaft in Frankreich leben. Die französischsprachigen algerischen Autoren sind heute also durchweg Vertreter einer Exilliteratur. Eine der wenigen Ausnahme stellt der Erzähler Kamel Daoud dar. Seine Fortschreibung von Albert Camus' Der Fremde, der Roman Der Fall Meursault – eine Gegendarstellung (2014, dt. 2016) gibt dem anonymen ermordeten Araber in Camus' Werk einen Namen und eine Biographie. Er erhielt 2015 den Prix Goncourt.

Afrika südlich der Sahara: Négritude

Vor 1960 gab es im südsaharischen Raum nur wenige afrikanische Intellektuelle, die Bücher in französischer Sprache verfassten. Zu ihnen gehörten René Maran (1887-1960), ein dunkelhäutiger französischer Kolonialbeamter von den Antillen, der in Ubangi-Schari arbeitete, als erster schwarzer Schriftsteller 1921 den Prix Goncourt für seinen kritischen Roman Boutala erhielt und darauf seinen Posten verlor; der Senegalese Bakary Diallo (1892-1979), der 1926 als erster Afrikaner seine Erlebnisse aus dem Ersten Weltkrieg veröffentlichte, und Antoine Dim Delobsom (1897–1940) aus dem Französischen Sudan, ein Angehöriger des Volks der Mossi, der sich der christlichen Missionierung widersetzte.

Die in den 1930er Jahren einsetzende Bewegung der Négritude ist eine politische und literarische Bewegung, die auf die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung von W. E. B. Du Bois zurückgeht. Die Idee der Négritude war die Rückbesinnung auf afrikanische Kulturtraditionen und die Ablösung von Europa. Sie wurde zudem vom Sozialismus, vom Humanismus und von der deutschen Romantik beeinflusst. Die Négritude beruft sich auch auf die Theorien von Leo Frobenius in seiner Kulturgeschichte Afrikas, was von einigen Afrikanisten als Missverständnis angesehen wird, aber auch auf Frantz Fanon und Albert Memmi; sie orientiert sich jedoch am kolonialen Kontext.

1934 gründete der Senegalese Léopold Sédar Senghor gemeinsam mit dem Guyaner Léon-Gontran Damas und Aimé Césaire aus Martinique die Zeitschrift L'Etudiant Noir, deren Vorbilder die Crisis von der NAACP in den USA und die kommunistische Zeitschrift Légitime Défense in Paris waren. In der ersten Nummer benutzte Césaire den Begriff „Négritude“ und machte ihn durch sein Gedicht Cahier d’un retour au pays natal (1939), das als Beginn der literarischen Négritude gilt, bekannt. Senghor, Dichter und von 1960 bis 1980 auch erster Staatspräsident des unabhängigen Senegal, definierte die Négritude als „Gesamtheit der kulturellen Werte in der schwarzen Welt, wie sie sich im Leben, in den Institutionen und in den Werken der Schwarzen ausdrücken.“[15] Senghors Grundidee war eine Mischung der Kulturen, nicht eine Vorherrschaft europäischer oder afrikanischer Werte. Die Orientierung am Kommunismus, an der sich Senghor nie beteiligt hatte, und die Einordnung der Négritude in den Surrealismus endete nach dem Zweiten Weltkrieg. Viele schwarze Soldaten kämpften in der Kolonialarmee Frankreichs und kamen von der Illusion des weißen Übermenschen, die sie in der Schule von den Kolonialherren übernommen hatten, ab. In der Folge verwendeten die Schriftsteller der Négritude vermehrt Begriffe aus westafrikanischen Sprachen und Motive der afrikanischen Mythologie. Der Grund dafür, dass die Literatur dennoch in französischer Sprache geschrieben ist, liegt vor allem in der konsequent frankophonen Schulbildung der Elite. Doch wurden viele Arbeiten aus dieser Zeit nur in Westafrika publiziert; die Debatten hatten Selbstverständigungscharakter. Von 21 Romanen des in Benin geborenen Togolesen Félix Couchoro (1900-1968) wurden nur vier in Buchform publiziert; die anderen erschienen als Fortsetzungsromane in Zeitschriften. Nur Senghor veröffentlichte auch Gedichte in Serer, seiner Muttersprache.

1948 wurde die Négritude auch in Europa bekannt, als Senghor die Anthologie de la nouvelle poésie nègre et malgache de langue française herausgab, zu der Jean-Paul Sartre das Vorwort Orphée noir schrieb.

Seit 1947 vertrat die von dem Senegalesen Alioune Diop gegründete, vierteljährlich erscheinende Zeitschrift Présence Africaine die Négritude, die sich auch als politisches Sprachrohr des Panafrikanismus verstand, in Paris. Zu den Autoren gehören vor allem Afrikaner in der Diaspora, aber auch Europäer und Amerikaner.[16]

Die Négritude formulierte die Forderung Retour aux sources! („Zurück zu den Quellen!“). Ein Thema ihrer Literatur war deshalb die Wiederentdeckung der Quellen der afrikanischen Kultur. Diese Kultur, die auf dem Land teilweise noch in traditioneller Weise vorhanden war, sollte jenen, die die Geisteshaltung der Europäer übernommen hatten, an die Quellen zurückführen. Die von den afrikanischen Schriftstellern bisher meist unbeachtete mündliche Literatur wurde gesammelt und ins Französische übersetzt, weitere Fabeln und Märchen nach dem Muster der überlieferten neu gedichtet. Ein Beispiel bietet der Senegalese Birago Diop mit seinen Sammlungen Les contes d'Amadou Kouma (1947) und Nouveaux contes d’Amadou Kouma (1958), in denen die Grenze zwischen eigener Dichtung und der Überlieferung nicht mehr festzustellen ist. Kämpferischer präsentierte sich der Dramatiker, Erzähler und Sammler der Märchen seiner Heimat Bernard Binlin Dadié von der Elfenbeinküste, der während des Unabhängigkeitskampfes um 1950 inhaftiert wurde. Autobiographisch berichtete Laye Camara aus Guinea in L’enfant noir (1953).

Die Literatur befasste sich auch mit den afrikanischen Königreichen. Auf der Suche nach einer Vergangenheit, die der Europas gleichwertig war, und die von den Kolonialherren stets abgetan worden war, stieß man in den 1940er und 1950er Jahren zu den sudanesischen Pyramiden und Königreichen, zu den Reichen Timbuktu, Ghana und Simbabwe. Die Darstellung der Größe und Bedeutung dieser Reiche war nicht selten überhöht. Der erste historische Roman, Doguicimi (1933) von dem Beniner Paul Hazoumé, behandelte das Königreich Dahomey, nach dem sich der Staat Benin benannte. Nazi Boni aus dem heutigen Burkina Faso beschrieb in den 1960er Jahren die Bedrohung der traditionellen Werte seines Volkes.

Antikoloniale Literatur

Anders als die Négritude wollte die antikoloniale Literatur der 1950er und 1960er Jahre das koloniale System unmittelbar erschüttern. Sie drückte sich durch den Roman aus. Frankophone Romanciers wie die Kameruner Mongo Beti und Ferdinand Oyono, der Senegalese Ousmane Sembène sowie Benjamin Matip und Jean Malongo aus der Republik Kongo thematisierten die Abhängigkeit von der Kolonialmacht und wurden radikaler angesichts des französischen Desinteresses an Reformen. Tchicaya U Tam’si aus der Republik Kongo, der mit seinem Vater seit 1946 in Paris gelebt hatte, ging 1960 als Mitarbeiter Patrice Lumumbas nach Kinshasa, musste aber schon 1961 wieder nach Frankreich zurückkehren, wo er den vom Surrealismus beeinflussten Gedichtband Le Ventre (1964) schrieb.

Die Arbeiten dieser Autoren zielten auf die Veränderung der politischen Haltung der Leser. Sie schilderten die Romane häufig Einzelschicksale von Afrikanern, an denen die Diskriminierung durch weiße Geschäftsmänner, rassistische Kolonialbeamte oder Missionare deutlich wird. Die Parteilichkeit schloss eine differenzierte Darstellung keineswegs aus, wie Sembènes hervorragender Roman Holzstücke Gottes über einen Streik unter der Kolonialherrschaft zeigt.

Die Kooperation mit der Kolonialmacht auf dem Weg in die Unabhängigkeit seiner Heimat Mali suchte der Romanautor, Lyriker und Politiker Fily Dabo Sissoko (1900–1964), der nach der Unabhängigkeit 1962 verhaftet wurde und unter ungeklärten Umständen ums Leben kam.

Postkoloniale frankophone Literatur

Cheikh Hamidou Kane 2008

In den 1960er befassten sich die frankophonen Autoren mit den Nachwehen des Kolonialismus; sie blieben jedoch meist in den französischen literarischen Diskurs eingebunden wie die Kameruner Mongo Beti und Jean Ikellé-Matiba (1936–1984). Letzterer lebte zeitweise in Frankreich und Deutschland. Sein Buch Cette Afrique-là (1963) rechnet mit der Kolonialperiode ab.[17] Andere Stimmen artikulierten die Identitätsprobleme der nach Frankreich ausgewanderten oder dort studierenden Afrikaner. Dazu zählen das aus autobiographischer Sicht geschriebene, zum Klassiker gewordene Buch L’Aventure ambiguë (1961; dt. 1980 als „Der Zwiespalt des Sambo Diallo“) des Senegalesen Cheikh Hamidou Kane (* 1928), dessen Held den Verlust seiner islamischen und senegalesischen Wurzeln betrauert, und Kocoumbo, l’étudiant noir des von der Elfenbeinküste stammenden Gérard Aké Loba. Auch der aus Mali stammende Amadou Hampâté Bâ forscht in seinen Lebenserinnerungen den verloren gegangenen Traditionen nach; die Kolonialherrschaft sieht er nur dann kritisch, wenn sie diese ignoriert.

Die nachkoloniale Entwicklung der Elfenbeinküste wurde hingegen von dem Roman-, Kinderbuchautor und Theaterdichter Ahmadou Kourouma (1927–2003), der in verschiedenen Ländern im Exil lebte, in Les Soleils des indépendances (Montreal 1968) scharf kritisiert. Eine „Absurdität“ stellte für ihn die „Ivoirité“, die Behauptung einer besonderen nationalen Identität der Elfenbeinküste, dar. Nach ihm wurde ein seit 2004 verliehener Literaturpreis des Genfer Kritikersalons benannt.

Sony Lab’ou Tansi (1947–1995, geboren im damaligen Belgisch-Kongo), gehörte wie Sylvain Bemba, der Redakteur der Zeitschrift Liaison zu den Mitbegründern des modernen (Straßen-)Theaters der Republik Kongo in Brazzaville. Beide wurden auch international bekannt und mit vielen Preisen ausgezeichnet. Henri Lopès (Sans tam-tam 1977, Le pleurer-rire 1982) ebenfalls im belgischen Kongo geboren, kehrte 1965 aus Paris nach Brazzaville zurück, wo er als Bildungspolitiker, zwei Jahre lang als Premierminister der sozialistischen Regierung und später für die UNESCO tätig war. Ebenfalls als Minister der Republik Kongo war der bedeutende Lyriker Jean-Baptiste Tati Loutard (1938–2009) tätig, der trotz seiner zahlreichen Ämter fast 40 Jahre lang veröffentlichte.

In den 1970er und 1980er Jahren wollten sich Autoren wie Francis Bebey, Ahmadou Kourouma und Jean Pliya auf die traditionellen Aufgaben afrikanischer Künstler zurückbesinnen. Sie wandten sich vom französischen Publikum ab und richteten sich an eine neue afrikanische Leserschaft, um ihnen die Wandlungen des Alltags zu verdeutlichen und politische Werte zu vermitteln. In Kamerun, Senegal und den benachbarten Ländern wurden neue Verlage gegründet, die freilich meist nur Kleinauflagen drucken ließen. Zunehmend wurde afrikanisches Vokabular verwendet, auch traditionelle Symbolik und nicht immer unblutige Rituale erhielt ihren Platz in der Literatur. Die Romane bezogen sich anders als früher differenziert auf einzelne Kulturen und Regionen und ihre Mythen – bis hin zum Folklorismus. In teils krass realistischer Form wurden auch Themen wie die Korruptheit der neuen Eliten, die drückenden Anforderungen der Familie gegenüber dem Individuum oder die Lage der Frau angesichts des traditionellen Machismo behandelt. Zu den wichtigen Autorinnen mit pädagogischem Impetus gehört die Feministin Monique Ilboudou (* 1957) aus Burkina Faso.

Léonora Miano 2010

Immer mehr Autoren, die ähnliche Themen aufgrund eigener Erfahrung behandelten, waren jedoch gezwungen, die Handlung ihrer Texte in fiktive Länder zu verlegen. Andere bekannte Schriftsteller nahmen seit den 1990er Jahren ihren Wohnsitz in Frankreich, so Aké Loba und der 1962 in der Republik Kongo geborene Psychologe Gabriel Okoundji, der durch seine vielfältige Lyrik im französischen Sprachraum bekannt wurde, sowie der Kameruner Eugène Ebodé (* 1962) und die beiden Kameruner Autorinnen Léonora Miano (* 1973), deren Romane (zuerst: L’intérieur de la nuit 2005) mit vielen Preisen ausgezeichnet wurden, und Hemly Boum (* 1973), deren Romane die Sozialstruktur Afrikas spiegeln. Auch der Soziologe Sami Tchak (eigentlich Aboubacar Sadamba Tcha-Koura, * 1960) aus Togo lebt heute in Frankreich, fand aber seine Roman- und Essaythemen in Lateinamerika und der Karibik, die er lange bereiste (Hermina 2003; Les filles de Mexico 2008).[18] Der Chemieprofessor, Romancier und Fabeldichter Emmanuel Dongala (* 1941) baute das Theater in Brazzaville mit auf, für das er mehrere Stücke schrieb, musste aber in den Wirren der 1990er Jahre in die USA emigrieren. Ins US-Exil ging auch Tierno Monénembo (* 1947) aus Guinea, der sich mit der Geschichte der afrikanischen Diaspora und in Le Terroriste noir (2012) mit dem Beitrag der Afrikaner in der französischen Résistance literarisch befasste.

Insbesondere die Autoren aus den ehemaligen belgischen Kolonien sind seit Jahrzehnten mit Bürgerkrieg, Gewalt, Migration und Exil vertraut. Valentin-Yves Mudimbe beschrieb die archaischen und gewaltsamen Strukturen der kolonialistisch überformten Stammesgesellschaft und ihrer politischen Wirren der 1960er Jahre (The Invention of Africa). Ins Englische übersetzt wurde auch sein zuerst 1976 publiziertes Buch Before the Birth of the Moon. Er ging 1979 ins Exil in die USA. In Koli Jean Bofane wurde 1954 in der heutigen Demokratischen Republik Kongo geboren. Sein 1996 erschienenes Buch Pourquoi le lion n’est plus le roi des animaux (dt.: Warum der Löwe nicht mehr König der Tiere ist) wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Sein Roman Sinusbögen überm Kongo[19] berichtet über Macht der Eliten und Korruption im Kongo. Der Autor lebt seit 1993 in Belgien und versteht sich als Europäer. Ebenfalls aus der Demokratischen Republik Kongo stammen die Lyrikerin und Verfasserin von Kurzgeschichten Clémentine Nzuji, die 1964 die Künstlergruppe Pléiade du Congo gründete, sowie Fiston Mwanza Mujila (* 1981), der heute in Graz lebt und in höchst musikalischer Sprache Gewalt und Korruption in seiner Heimat beschreibt,[20]. Gilbert Gatone (Das lärmende Schweigen)[21], geboren 1981 in Ruanda, ging nach Zaire ins Exil und lebt heute in Frankreich, wo ihm jedoch die Einbürgerung verwehrt wurde.

Auch in anderen afrikanischen Staaten wurden die Ereignisse in Ruanda literarisch aufgearbeitet, so durch die Ivorerin Véronique Tadjo, die auch durch Kinderbücher bekannt wurde und heute in Johannesburg lehrt, und Eugène Ébodé.

Seit 1961 wird der Grand Prix littéraire de l’Afrique noire von der Vereinigung der französischsprachigen Schriftsteller Association des écrivains de langue française (ADELF) verliehen. Er ging bis 2015 dreizehnmal nach Kamerun bzw. an gebürtiger Kameruner (zuletzt an Hemley Boum), elfmal in die Republik Kongo, neunmal an die Elfenbeinküste und siebenmal nach Senegal, womit in etwa die regionalen Schwerpunkte der literarischen Produktion bezeichnet sind.

Anglophone Literatur

Die englische Sprache ist in West-, Ost- und im südlichen Afrika verbreitet. Die Entstehung einer Literatur in englischer Sprache in Afrika ist jedoch nicht einfach ein Transferphänomen, sondern das Resultat eines Kreolisierungsprozesses, bei dem europäische Formen und Kommunikationsstrukturen (Schriftlichkeit, Lesepublikum, Verlage usw.) mit einem afrikanischen Substrat von Themen, Inhalten und Sinnelementen in Verbindung gebracht werden. Dieser Prozess setzte im 19. Jahrhundert in Südafrika mit der Aufstellung der ersten Druckerpresse 1795 und der Eröffnung der ersten öffentlichen Bibliothek 1823 ein. Um 1840 gelangte die erste Druckerpresse nach Accra. Schottische Missionare begannen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Schulbetrieb für Afrikaner. In Freetown wurde 1840 die erste höhere Bildungsanstalt Afrikas südlich der Sahara gegründet. Befreite Sklaven aus der Karibik kamen als Missionare nach Sierra Leone und begannen publizistisch zu wirken. Die literarische Produktion blieb jedoch 100 Jahre lang spärlich. Erst seit den 1950er Jahren, gleichzeitig mit dem Erstarken der Unabhängigkeitsbewegungen, wurden die mit hohen Investitionen errichteten Universitäten zu Kristallisationspunkten der englischsprachigen Literatur Afrikas, die seither international beachtet wird.[22]

Westafrika

Stand vor den 1960er Jahren die mündliche Tradition im Mittelpunkt, gingen viele Autoren nach der Unabhängigkeit zu einer Kritik an der gegenwärtigen Gesellschaft, an den neu entstandenen Gewaltherrschaften und an der Korruption über. Viele bedeutende Autoren Westafrikas kommen aus Nigeria, wo die Universität Ibadan eine gesamtafrikanische Ausstrahlung erlangte. Dort gründete Ulli Beier 1957 die Zeitschrift Black Orpheus, die zum hauptsächlichen Forum vieler nigerianischer Dichter und Autoren wurde.

Zu den ersten modernen westafrikanischen Autoren gehörte Amos Tutuola (The Palm Wine Drinkard, 1952). Als eigentliche Gründerfigur gilt Chinua Achebe, Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2002. Seine Bücher (zuerst Things Fall Apart, 1958) thematisieren den Kolonialismus und haben das erklärte Ziel, das von der kolonialistischen Literatur z. B. Joseph Conrads vermittelte Bild eines primitiven Afrikas zu berichtigen. Weitere Vertreter dieser desillusionierenden Literatur, die im Vergleich mit der Négritude auch Tigritude genannt wird, waren Wole Soyinka (Literaturnobelpreis 1986), John Pepper Clark und der Ghanaer Ayi Kwei Armah. Eine starke Wirkung hatte der Biafra-Krieg, der sowohl bei Achebe und Soyinka als auch in dramatischen Kriegsromanen behandelt wird. In den 1950er Jahren kam zudem eine Großstadtliteratur nach amerikanischem Vorbild auf (Cyprian Ekwensi), veröffentlicht in auf dem Markt vertriebenen Heftchen der sogenannten Onitsha-Marktliteratur.

Wole Soyinka, der erste afrikanische Nobelpreisträger

Seit den 1970er Jahren meldeten sich verstärkt Frauen literarisch zu Wort, beispielsweise die Nigerianerin Buchi Emecheta und die Ghanaerin Ama Ata Aidoo (Changes 1991, dt.: Die Zweitfrau).

Wichtige Themen der 1980er und 1990er Jahre waren die Demokratisierungsbewegung und die Kritik an der Militärdiktatur. Dazu zählen u. a. poetische Arbeiten des von der Überlieferung der Ewe beeinflussten Ghanesen Kofi Awoonor.[23] Die Kritik an der nigerianischen Militärdiktatur kostete Ken Saro-Wiwa das Leben: er wurde 1995 unter dem Regime Sani Abachas zum Tode verurteilt.

Andere Autoren beschäftigten sich mit den spirituellen Aspekten des traditionellen oder auch großstädtischen afrikanischen Lebens, so der Nigerianer Ben Okri (The Famished Road, 1991).

Auch im Teil Kameruns, der früher zum britischen Mandatsgebiet des Völkerbundes gehörte, schreiben immer mehr Autorinnen und Autoren in englischer Sprache. Dazu gehören Bole Butake, Sankie Maimos, Mbella Sonne Dipoko (1936–2009), Jedida Asheri, Kenjo Jumbam und Nsanda Eba.[24]

Immer mehr englischsprachige Autoren Westafrikas haben einen kosmopolitischen Lebensstil entwickelt, so z. B. der Nigerianer Helon Habila (Öl auf Wasser), der sich häufig in England oder in den USA aufhält. Kofi Awoonor lehrte in den USA und war Botschafter in Brasilien und Kuba. Auch Ama Ata Aidoo lebte in den USA und Simbabwe.

Ostafrika

Die Entwicklung der anglophonen ostafrikanischen Literatur vollzog sich zunächst vor allem im Umfeld des ugandischen Kings College Budo, das zum Bildungszentrum für ganz Ostafrika wurde, und später des Makerere College in Kampala (seit den späten 1940er Jahren Makerere-Universität).[25] Dort entstand um 1970 ein Zentrum der ostafrikanischen Literaturszene, das sich auch auf Kenia ausdehnte. Bekannte Autoren, die große Beachtung fanden, waren Okot p’Bitek (Lawinos Lied) und Taban lo Liyong. Die anglophone ostafrikanische Literatur hat jedoch einen anderen Hintergrund als die westafrikanische. In Ostafrika sind bereits Swahili und weitere afrikanische Sprachen als traditionsreiche Literatursprachen verbreitet. Deshalb haben englisch schreibende Autoren meist eine andere Muttersprache als Swahili und die anglophone ostafrikanische Literatur erschien ein Jahrzehnt später als die westafrikanische. Wichtig für die Verbreitung der anglophonen Literaturen waren Zeitschriften wie Transition. Zu den bedeutendsten Schriftstellern Kenias zählt Ngũgĩ wa Thiong’o, der sich schon am Widerstand gegen die englische Kolonialmacht beteiligte, unter Jomo Kenyatta verhaftet wurde und heute im amerikanischen Exil lebt. Er befasst sich literarisch, essayistisch und auf dem Theater mit afrikanischen Traditionen und publiziert auch in Kikuyu publiziert. Zu erwähnen sind die sozialkritischen Romane von Meja Mwangi, deren Schauplätze oft die Slums von Nairobi bilden. Eine der wichtigsten Autorinnen ist Charity Waciuma.

Mit dem Zusammenbruch der früheren Ostafrikanischen Gemeinschaft geriet die ostafrikanische Literatur in eine Krise, die den relativ großen lokalen Buchmarkt zerstörte und die Schließung zahlreicher Literaturzeitschriften zur Folge hatte. Seitdem hat die anglophone Literatur in Ostafrika zwar bedeutende Einzelpersönlichkeiten wie Nuruddin Farah und Grace Ogot hervorgebracht, kann aber insgesamt nicht mehr an die 1960er und 1970er Jahre anschließen. Die in den 1990er Jahren bekannt gewordenen englischsprachigen Schriftsteller haben ihre Heimat längst verlassen. Abdulrazak Gurnah, ein Autor indisch-arabischer Herkunft aus Sansibar, ging nach England ins Exil, Moyez Vassanji, ein indisch-kenianischer Autor, nach Kanada. Beide thematisieren die Erfahrungen der Migration und der indisch-afrikanischen Diaspora.

Anlässlich der Unruhen in Kenia Ende der 2000er Jahre verfasste Wanjohi Wa Makokha, der bestens mit der Swahili-Dichtung vertraut ist, einen Band mit Gedichten (Nest of Stones: Kenyan Narratives in Verse).[26]

Südliches Afrika

John M. Coetzee (* 1940)

Literarisch bedeutende Länder sind vor allem Südafrika und Simbabwe. In Simbabwe entwickelte sich erst spät eine moderne Schriftliteratur der schwarzen Bevölkerung. Die Romane von Stanley Nyamfukudza und Dambudzo Marechera waren von den Rebellenbewegungen geprägt, betrachten den Widerstand gegen die Kolonialherren allerdings nüchtern und selbstkritisch, nicht glorifizierend wie in anderen Ländern. Schon zwei Jahre nach Ende des Befreiungskriegs brachen ethnische Konflikte aus, deren Opfer Christopher Mlalazi ein literarisches Denkmal setzte (Wegrennen mit Mutter[27]). Shimmer Chinodya, der heute im Erziehungsministerium Simbabwes arbeitet, befasst sich mit der Lage der Kinder im Krieg (Children of War). Sein preisgekrönter Roman Harvest of Thorns wurde unter dem Titel Dornenernte (1991) auch ins Deutsche übersetzt. Als Wegbereiterin der weißen postkolonialen Literatur ist Doris Lessing zu nennen, die ihre Erfahrungen aus dem damaligen Südrhodesien jedoch zum größten Teil erst nach der Rückwanderung nach England verarbeitete.

In Südafrika begannen weiße Autoren bereits im 19. Jahrhundert, literarische Werke zu veröffentlichen. Schwarze Autoren folgten in den 1920er und 1930er Jahren; R. R. R. Dhlomo und sein Bruder Herbert Isaac Ernest Dhlomo, Thomas Mofolo und Sol Plaatje schufen eine eigenständige Literatur. Während des Apartheidsystems richteten sich viele Autoren unter großem politischem Druck gegen dieses. Andere, z. B. der Romanautor Alex La Guma und der Dichter Dennis Brutus, gingen ins Ausland. Die einzelnen Strömungen, also die Exilliteratur, die schwarze Literatur mit Vertretern wie Zakes Mda und Mongane Wally Serote und die „weiße Literatur“ mit den Literaturnobelpreisträgern Nadine Gordimer und John M. Coetzee (der seit 2006 australischer Staatsbürger ist) sowie die teilweise auch auf Afrikaans schreibenden André Brink, Breyten Breytenbach und Athol Fugard waren lange voneinander abgeschottet und begannen erst mit dem sich abzeichnenden Ende der Apartheid, sich einander zu nähern.

Als wichtige Vertreterin der englischsprachigen indisch-südafrikanischen Literatur ist Farida Karodia zu nennen. Das Apartheid-Regime entzog ihr den Pass; sie emigrierte nach Kanada, wo sie heute zeitweise lebt. In ihrer Drei-Generationen-Familiensaga Other Secrets thematisiert sie den Alltag der Menschen, die zu Zeiten der Apartheid durch das grobe Raster der ethnischen Klassifikation hindurchfielen und deren Familien durch die Rassentrennung geteilt wurden.[28]

Der Namibier Helmut Kangulohi Angula verfasste einen auch ins Deutsche übersetzten autobiographischen Roman über die Zeit des Unabhängigkeitskampfes der SWAPO („Zweitausend Tage des Haimbodi ya Haufiku“). Ähnliche Themen behandelt Joseph Diescho.

Literatur in Afrikaans

Die ersten Zeugnisse in kapholländischer Sprache stammen aus dem späten 18. Jahrhundert, die Buchproduktion setzt im späten 19. Jahrhundert ein. Aus dem 19. Jahrhundert stammen auch einige religiöse Texte aus muslimischen Religionsschulen in sogenannten arabischem Afrikaans, das in arabischer Schrift und mit eingestreuten arabischen Vokabeln geschrieben wurde.

C. J. Langenhoven engagierte sich neben seiner Arbeit als Schriftsteller in den 1920er Jahren für die Einführung von Afrikaans als Amtssprache in Südafrika. In der Lyrik des zur Gruppe der Dertigers („Dreißigern“) Nicolaas Petrus van Wyk Louw spiegelt sich die Auseinandersetzung mit der religiösen Tradition, die in dieser Form in Afrikaans bis dahin nicht stattgefunden hatte. D. J. Opperman (Diederik oder Dirk Johannes Opperman, 1914–1985) war wohl der bekannteste Dichter der 1940er und 50er Jahre, der in Afrikaans schrieb. Er erhielt zweimal den Hertzog-Preis für Lyrik und einmal für Drama (Louw hatte ihn fünfmal erhalten). Der Hertzog-Preis ist der wichtigste Literaturpreis für Werke in Afrikaans. Er wird jedes Jahr abwechselnd in den drei Kategorien Poesie, Drama und Prosa vergeben.

Unter den in den 1960er und 70er Jahren bekannt gewordenen Autoren (den Sestigers), die die konservativ-patriarchalische burische Kulturlandschaft und die Apartheidpolitik herausforderten, sind vor allem Breyten Breitenbach zu nennen, der den Hertzog-Preis dreimal für Lyrik erhielt, ferner der Erneuerer des Romans André Brink (einmal für Drama, einmal in der Kategorie Roman), der Avantgardist Etienne Leroux, der Coloured Adam Small, der als erster Nicht-Weißer diesen Preis erhielt, und die Lyrikerin Ingrid Jonker, deren Lyrik in viele Sprachen übersetzt und vielfach vertont wurde. Unter den in den 1940er und 50er Jahren geborenen Prosaautoren wurden Ingrid Winterbach und vor allem Deon Meyer für seine präzisen Schilderungen verschiedener südafrikanischer Milieus (Der Atem des Jägers 2004) international bekannt, unter den Lyrikern Johann de Lange. Generell gewinnt die afrikaanse Literatur an Bedeutung und Qualität und wird heute häufiger in andere Sprachen übersetzt als je zuvor.

Schriftliche Literatur in afrikanischen Sprachen der Subsahara

Gemessen an der Vielzahl der auf dem afrikanischen Kontinent - vor allem südlich der Sahara - gesprochenen Sprachen - ist die Literaturproduktion der indigenen Sprachen extrem schmal und steigt - wenn überhaupt, wie in Südafrika - nur sehr langsam. Das ist umso gravierender, als es sich bei Somali, Amharisch, Swahili, Hausa oder Yoruba um Sprachen handelt, die von jeweils mindestens 10 bis 30 Millionen Menschen gesprochen werden, die aber nicht zu Literatursprachen wurden. Ursachen dafür sind in der Kolonialisierung und der daraus folgenden Dominanz der Verwendung europäischer Sprachen durch die Eliten, in der künstlichen Grenzziehung, die zur Zerstreuung der Sprachträger über mehrere Staaten sowie in den wegen geringer Kaufkraft und Sprachzersplitterung viel zu engen nationalen Buchmärkten zu sehen; hinzu kommen die geringen Rezeptionschancen indigener Literatur außerhalb der Region. Hingegen können Medien wie das Theater auch in den indigenen Sprachen wirkmächtig sein.

Südliches Afrika

In Südafrika wurden isiXhosa, Sotho (Nord- und Süd-Sotho, letzteres Sesotho genannt) und isiZulu zu Literatursprachen. Im frühen 19. Jahrhundert kamen die Völker in Kontakt mit Europäern, die die Lese- und Schriftkultur sowie Druckerpressen nach Südafrika brachten. In der Folge entstanden unterschiedliche Genres, wobei Xhosa und Zulu unterworfen wurden und ihre Kultur teilweise verloren, die Basotho in Basutoland aber eine kulturelle Eigenständigkeit behaupten konnten. Die ersten indigenen Autoren standen unter dem Einfluss der Missionare und waren christlich geprägt. So übersetzte der Xhosa Tiyo Soga das religiöse Werk The pilgrim’s progress von John Bunyan; der Xhosa-Dichter Ntsikana schrieb Kirchenlieder.

Die seit 1910 vermehrten Buchveröffentlichungen waren zwar vielfach der Zensur der Missionare und später der Sprachüberwachung des Apartheidregimes ausgesetzt. Doch erschienen unter dem Einfluss der Mission auch nennenswerte literarische Arbeiten. Weltbekannt wurde 1925 der schon vor dem Ersten Weltkrieg auf Sesotho geschriebene biographische Roman Chaka von Thomas Mofolo. Samuel Edward Krune Mqhayi verfasste 1914 den ersten Roman in isiXhosa. Zu den ersten Autoren, die in den 1930er und 1940er Jahren auf isiZulu schrieben, gehörte Benedict Wallet Vilakazi.

Die Gründung einer Reihe von Verlagen und die heutige Anerkennung der afrikanischen Sprachen nach dem Ende der Apartheid ließen auf die Förderung der Literatur in afrikanischen Sprachen hoffen, doch wurde auch noch im Jahr 2011 außer Schul- und religiösen Büchern kein einziges Buch in isiZulu veröffentlicht. Dabei waren die Rezeptionsbedingungen eigentlich günstig, da isiZulu die einzige, dazu eine von über zehn Millionen Menschen verstandene indigene Sprache ist, in der (seit 1903!) national verbreitete Zeitungen gedruckt werden. Der Autor Phiwayinkosi Mbuyazi kritisierte die Konservierungs- und Erstarrungstendenz des traditionellen „reinen“ isiZulu und veröffentlichte im Selbstverlag ein Jugendbuch über die Begegnung von Teenagern mit neuen Technologien, für den er ungeachtet der Warnung mancher Sprachpuristen 450 neue Wörter (z. B. für „Umweltverschmutzung“) entwickelte.[29]

In Simbabwe schreibt der Performer Chirikure Chirikure satirische Gedichte, die er selbst vertont, in Englisch und Shona.

Westafrika

Obwohl in Westafrika 400 Sprachen gesprochen werden, haben nur die Hauptsprachen eine bedeutsame literarische Tradition. Außerdem kann man beobachten, dass in den anglophonen Ländern mehr in afrikanischen Sprachen publiziert wird als in den frankophonen. Absoluter Vorreiter ist hier Nigeria mit den drei großen Sprachen Yoruba, Hausa und Igbo. Die Literatur in Yoruba entstand bereits im 19. Jahrhundert, da die christlichen Yoruba ein frühes Interesse an der westlichen Erziehung zeigten. So entstanden seit 1886 zahlreiche Gedichtsammlungen. Der erste Roman, Itan Emi Segilola von Isaac Thomas, erschien 1930 als Fortsetzungsroman in einer Lagoser Zeitung. Ihm folgten weitere Romane, unter anderem von Daniel Fagunwa. Die Hausa im Norden Nigerias wurden mehr vom Islam als von westlichen Einflüssen geprägt. Ihre Literatur ist weniger umfangreich als die der Yoruba, reicht aber bis Usman dan Fodio zurück. Einen eher geringen Beitrag zur nigerianischen Literatur haben bisher die Igbo geleistet. Anstrengungen zur Förderung der Literatur in Igbo waren weitgehend erfolglos, erst in den 1970er Jahren traten einige Romanciers wie Tony Ubesie hervor. Auch die Sprachen Twi und Fante, die in Ghana gesprochen werden, haben sich zu Literatursprachen entwickelt. Für das frankophone Westafrika gibt es vor allem in den Sprachen Bamanankan (Bambara)/Dyula, Fula und Wolof schriftliche Literatur.

Ostafrika

Die klassische islamische Swahili-Dichtung, vorherrschend an der Küste Kenias, reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück. In Deutschland bekannt wurde sie durch die Entdeckung des Chuo cha Herkal (Buch von Herkal) durch einen deutschen Missionar 1850, das 1912 von Carl Gotthilf Büttner publiziert wurde. Die klassische Swahili-Dichtung behandelte meist historische Ereignisse oder religiöse Themen wie das Leben Mohammeds. Wichtige Dichter waren Aidarusi bin Athumani, der Ende des 17. Jahrhunderts lebte, Mwengo bin Athumani, ein Verfasser von Verserzählungen im 17./18. Jahrhundert, und Sayyid Abdul bin Nassir, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts Gedichte und Trauergesänge verfasste.[30]

Romane in Swahili entstanden erst seit den 1960er Jahren in Kenia (Abdilatif Abdalla) und besonders in Tansania, wo auch das erste Theaterstück in Swahili von Ebrahim Hussein erschien.

In Uganda verfasste Okot p’Bitek 1966 auf Acholi das Gedicht Wer pa Lawino („Lawinos Lied“), die Klage einer Hausfrau vom Lande über die Verwestlichung ihres Mannes mit mehreren tausend metrischen Versen, bevor er es ins Englische übertrug. Er schrieb ebenso wie die Kenianerin Grace Ogot nicht nur in Englisch, sondern auch in Luo. Der Kenianer Ngũgĩ wa Thiong’o schreibt seine Werke oft in Kikuyu, bevor sie übersetzt werden.

Lusophone Literatur

Die portugiesische Sprache ist in Angola, Mosambik, Guinea-Bissau, Kap Verde und São Tomé und Príncipe, den ehemaligen Kolonien von Portugal, verbreitet. Die Entwicklung einer autochthonen Literatur vollzog sich ebenso schleppend wie die Abschaffung der Sklaverei bzw. Zwangsarbeit und die Einführung des Schulsystems. In den Genuss der Bürgerrechte kamen die Autochthonen erst wenn sie schreiben und lesen konnten, was (mit Ausnahme der Kapverdischen Inseln) absichtlich stark verzögert wurde. In Angola kam es früher als in Mosambik zur Entwicklung einer nationalen Literatur von Autoren verschiedener Hautfarbe. In Lissabon selbst entwickelte sich frühzeitig eine von der panafrikanischen Bewegung beeinflusste Vereinigung von Emigranten um die Zeitschrift O Negro (1911).

Angola

Die erste Druckerpresse in Luanda wurde 1845 aufgestellt. Als das erste Werk der angolanischen Literatur gilt der Gedichtband Espontaneidades da minha alma von José da Silva Maia Ferreira, der 1849 in Luanda erschien. Ferreira gehörte der kreolischen Gesellschaft an, die die literarische Bewegung Angolanidade entwickelte. Diese Bewegung wird in den Romanen von O segredo da morta (1929) von António de Assis Júnior bis A gloriosa familía (1997) von Pepetela thematisiert und bildet somit den Leitfaden durch die angolanische Literatur. Doch gelang es auch afrikanischstämmigen Autoren der Mittelschicht kaum, die eurozentristische Sicht zu durchbrechen. Erst mit der Gründung der Zeitschrift Mensagem durch Agostinho Neto als Reaktion auf die Phase der Lähmung von 1920 bis 1940 durch zunehmende kolonialistische Repressionen begann eine literarische und später auch politische Aufbruchsstimmung, die in der Unabhängigkeitsbewegung MPLA mündete. Wichtige Werke des Unabhängigkeitskampfes waren die sozialkritische Camaxilo-Trilogie (ab 1949) von Castro Soromenho und der Roman Mayombe (1980) von Pepetela. Pepetela war selbst aktiver Guerillakämpfer der MPLA, Neto wurde nach der Unabhängigkeit 1975 erster Präsident. Viele Werke des aus Portugal in die Armenviertel von Luanda zugewanderten Luandino Vieira wurden im Gefängnis geschrieben.

Seit 1985 rechnen Pepetals und andere Autoren wie Manuel dos Santos Lima (* 1935) mit der Korruption und Unfähigkeit des Regimes und seiner tragenden Figuren ab und wenden sich teils der angolanischen Geschichte zu. Eine der wenigen Vertreterinnen der angolanischen Literatur, Ana Paula Tavares (* 1952), Autorin vieler Lyrik- und Prosabände, lebt heute in Portugal.

Mosambik

Die Schicht von Assimilados in Mosambik war aufgrund einer noch rigoroseren Kolonisierung schmaler als in den anderen portugiesischen Kolonien. In den 1920er Jahren entstanden erste literarische Werke im Umkreis einer urbanen Schicht assimilierter Intellektueller. Vor allem durch die Gründung von Zeitschriften (O Africano, Brado Africano) entwickelte sich eine Literaturszene, die sich im Laufe der 30er und 40er Jahre von der kolonialen Literatur ablöste. In den 1950er Jahren dominierte das Thema der Moçambicanidade. Damit war die verstärkte Hinwendung zur afrikanischen Identität gemeint. Herausragende Autoren waren die von Portugiesen, Afrikaner und Indern abstammende Noémia de Sousa und der von der Négritude beeinflusste Mulatte José Craveirinha. Zunehmend wurden kritisch gegenüber dem repressiven Kolonialsystem eingestellte Schriftsteller verhaftet. De Sousa musste nach Lissabon und später nach Paris ins Exil gehen.

Mia Couto (2006)

Mit dem Beginn des Unabhängigkeitskriegs 1964 trat die Literatur in eine nationalistisch-kämpferische Phase ein. Nach der Unabhängigkeit wandelte sich die mosambikanische Literatur. Nachdem lange Zeit die Lyrik dominiert hatte (z.B. im Werk von Orlando Mendes), wurden seit den 1980er jahren kontinuierlich narrative Werke publiziert, in denen die Autoren persönlichere und intimere Themen behandelten und eine eigene Sprache entwickelten. Von großem Einfluss auf die Literatur war der bis 1992 wütende Bürgerkrieg. Bedeutende mosambikanische Autorinnen und Autoren der Gegenwart sind Suleiman Cassano (*m1962), Paulina Chiziane (* 1955), Mia Couto, der von brasilianischen Autoren und dem Magischen Realismus beeinflusst ist, sich aber vor allem als Biologe versteht, und Lília Momplé. Der herausragende Lyriker Paulo Teixeira (* 1962) lebt heute in Portugal.

Mindestens ein mosambikanischer Roman wurde von dem Linguistikprofessor Bento Sitoe (* 1947) in einer autochthonen Sprache, nämlich in Ronga verfasst.

Kap Verde

In Kap Verde wird neben Portugiesisch die Mischsprache kapverdisches Kreol gesprochen, in der Eugénio Tavares und Pedro Cardoso in den 1930er Jahren Gedichtsammlungen veröffentlichten, die aber nicht zur Literatursprache geworden ist. Die ersten Schriftsteller zu Beginn des Jahrhunderts, Baltasar Lopes da Silva, Jorge Barbosa und Manuel Lopes, wurden von literarischen Bewegungen in Brasilien beeinflusst. Sie veröffentlichten nach 1936 in der Zeitschrift Claridade Gedichte und Kurzgeschichten, zum Beispiel die berühmte Kurzgeschichte O enterro de nhâ Candinha Sena (1957) von António Aurélio Gonçalves. Der einzige Roman von Baltasar Lopes da Silva, Chiquinho (Roman) (1947), war wegweisend für die kapverdische Literatur. Die Autoren der nachkolonialen Zeit suchen die Annäherung an Afrika und haben seit 1977 die Zeitschrift Raîzes (Wurzeln). Der Rechtsanwalt Germano Almeida, der heute bekannteste Autor, entlarvt in seinen humoristischen Romanen die Scheinheiligkeit der kapverdischen Moral. A morte do meu poeta (1998) gilt als der erste Nationalroman des 1975 unabhängig gewordenen Kap Verde.

São Tomé und Príncipe

Aus São Tomé und Príncipe stammt der erste afrikanische Dichter portugiesischer Sprache, Caetano da Costa Alegre. Ein weiterer Dichter war José Francisco Tenreiro. Er studierte wie da Costa Alegre in Portugal und schrieb ein Essay über die Entstehung der Négritude aus afroamerikanischen, kubanischen und brasilianischen Vorbildern (Acerca da literatura „negra“). Auch seine Gedichtbände Ilha de santo nome (1942) und Coraçao em Africa (1964) werden mit der Négritude in Verbindung gebracht. Die Schriftstellerinnen Alda do Espírito Santo und Maria Manuela Margarido wurden beide während der Kolonialzeit von der portugiesischen Geheimpolizei PIDE inhaftiert. Die Lyrikerin Conceição Lima war 2013 auch in Deutschland zu hören. Versuche, die Kreolsprache Forro bzw. Saotomense als Literatursprache zu etablieren, sind bis heute erfolglos geblieben.

Kapverdische Inseln

Unter den portugiesischen Kolonien war der Schmelztiegel der kleinen Kapverdischen Inseln die erste, welche eine einheimische Literatur in portugiesischer und kreolischer Sprache hervorbrachte. Der romantische Roman O esclavo (1856) von José Evaristo de Almeida zeichnet das Bild der kapverdischen Gesellschaft um die Jahrhundertmitte. Pedro Monteiro Cardoso und Eugénio Tavares schrieben Lyrik in crioulo, das Ende des 19. Jahrhunderts schriftlich fixiert wurde. Seit den 1930er Jahren machte sich der Einfluss brasilianischer Literatur bemerkbar, so im Werk von Jorge Barbosa und Baltasar Lopes da Silva. Der Tropenarzt Henrique Teixeira de Sousa (1919–2006) trat als wegweisender Prosaautor hervor; er wanderte später nach Portugal aus.

Seit den 1960er Jahren werden die Probleme der Inseln wie Trockenheit, Isolation und Emigration thematisiert; das Portugiesische nimmt in dieser Zeit immer mehr kreolische Elemente auf und die Autoren wenden sich gegen die Kolonialherrschaft. Das Kreolische wird während des Unabhängigkeitskampfes zum wichtigen Medium der militanten Dichtung; allerdings erschien erst 1987 das erste große Prosawerk in crioulo von Manuel Veiga.

Guinea-Bissau

Der 1934 erschienene Roman Auá: Novela negra des auf den Kapverden geborenen Fausto Duarte (1903–1953) ist eher dem Genre der Kolonialliteratur zuzuordnen. Die Schriftkultur in Guinea-Bissao wie auch die Literatur des Freiheitskampfs der 1960er und 1970er Jahre war eng mit der der Kapverdischen Inseln verbunden. Ein wichtiger neuerer Autor war der spätere Verteidigungsminister Hélder Proença.

Jüngste Trends

Ist der Panafrikanismus der Négritude längst nur noch Erinnerung, so führte die folgende Epoche angesichts von fast 60 Staaten und vielen hundert autochthonen Sprachen Afrikas nicht zur Bildung von neuen Kulturräumen und Literaturtraditionen. Dazu waren die Grenzziehungen zu künstlich, die innerafrikanische Migration zu chaotisch, der Sog Europas, der USA und Kanadas zu stark. So basiert die Literatur seit 1990 verstärkt auf den globalen und Migrationserfahrungen der Schriftsteller, die außerhalb Afrikas bessere Publikationsmöglichkeiten und zunehmend auch Leser aus der afrikanischen Diaspora finden. Immer mehr transkulturelle Elemente fließen in die literarische Produktion ein.

Umgekehrt beeinflussen neue Trends aus den USA und Europa die afrikanische Literatur, die sich nicht mehr an den alten westlichen Vorbildern orientieren will. Die Einflüsse des Hip-Hop aus den USA machen sich in der Lyrik bemerkbar. In modernen Performances verschmelzen Literatur, Sprechgesang, Tanz und Video. Afrikanische Literaturfestivals oder Kulturtage in London (zuletzt im Juli 2015), Frankfurt, Wien und anderen Städten ziehen zahlreiche Teilnehmer an.

Das Theater spielt eine große Rolle, insbesondere in multikulturellen Großstädten Afrikas mit ihren vielen Migranten. Gestik und Mimik erleichtern das Verständnis der Sprache und für die Verbreitung der Stücke durch Vorführungen werden nur wenige gedruckte Texte benötigt.

Wenn afrikanische Autoren nicht auswandern wollen, sind sie meist immer noch auf Staatsämter, UNESCO-Stipendien oder Hochschullehrerstellen angewiesen, um sich zu ernähren. Der Buchmarkt ist eng und es gibt viel mehr Leser als Bücher verkauft werden. Diese müssen also mehrfach zirkulieren. Übersetzungskapazitäten für Bücher, die nicht in englischer, französischer oder portugiesischer Sprache verfasst sind, gibt es nur in unzureichendem Umfang.

Buchmessen und Literaturpreise

Eine bedeutende internationale Buchmesse war bisher die Zimbabwe International Book Fair (ZIBF)[31], die seit 1983 in der Hauptstadt Harare stattfindet. Nachdem sich der Präsident Simbabwes, Robert Mugabe, ablehnend über die Präsenz Homosexueller auf der Buchmesse geäußert hatte, wurden Forderungen nach einer Verlegung der Buchmesse nach Kapstadt in Südafrika laut. Tatsächlich wurde in Zusammenarbeit mit der Frankfurter Buchmesse im Juni 2006 die Buchmesse Kapstadt eröffnet. Zuvor wurde in Johannesburg bereits die International South African Education, Training, School Supplies and Book Market Exhibition veranstaltet. Weitere Buchmessen finden in Lagos (Nigeria, seit 1994), Accra (Ghana, seit 1996) und Lusaka (Sambia) statt; eine internationale Kinderbuchmesse wird seit 1992 in Lomé (Togo), eine panafrikanische Kinderbuchmesse seit 1992 in Nairobi (Kenia) organisiert.

International angesehene Preise sind der Grand Prix littéraire de l'Afrique noire für frankophone und der African Commonwealth Writers Prize für anglophone Literatur. Ein weiterer namhafter Literaturpreis ist der Noma-Preis für afrikanische Literatur für in afrikanischen Verlagen erschienene Bücher, der seit 1980 von Kodansha gestiftet wird, das erste Mal an Mariama Bâ. Für afrikanische (auch arabische) Dichtung wird der Tchicaya-U-Tam’si-Preis verliehen. In Deutschland zeichnet der LiBeraturpreis Schriftstellerinnen aus Afrika neben Asien und Lateinamerika aus.

Bisher wurde der Nobelpreis für Literatur drei Schriftstellern und einer Schriftstellerin aus Afrika verliehen:

Jahr Name Nationalität
1986 Wole Soyinka Nigeria
1988 Nagib Mahfuz Ägypten
1991 Nadine Gordimer Südafrika
2003 John Maxwell Coetzee Südafrika

Siehe auch

Listen

Literatur

Einführungen

  • Eckhard Breitinger: Die Literatur Schwarzafrikas in englischer Sprache, in: Kindlers neues Literaturlexikon, München 1996, Bd. 20. S. 258-269.
  • Eckhard Breitinger: Die Literatur Südafrikas in englischer Sprache, in: Kindlers neues Literaturlexikon, München 1996, Bd. 20. S. 270-280.
  • János Riesz: Die Literaturen Schwarzafrikas in französischer Sprache, in: Kindlers neues Literaturlexikon, München 1996, Bd. 20. S. 1035-1045.
  • Ilse Pollack: Die portugiesischsprachige Literatur Afrikas. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon, Bd. 20, München 1996, S. 90-93.
  • Jozef Deleu: Die Literatur in Afrikaans, in: Kindlers neues Literaturlexikon, München 1996, Bd. 20. S. 197-202.
  • Fritz Peter Kirsch: Literaturen des Maghreb in französischer Sprache, in: Kindlers neues Literaturlexikon, München 1996, Bd. 20. S. 1046-1051.
  • Manfred Loimeier: Wortwechsel. Gespräche mit afrikanischen Autorinnen und Autoren. Horlemann, Bad Honnef 2002.
  • Holger Ehling, Peter Ripken: Die Literatur Schwarzafrikas. München 1997. (Autorinnen und Autoren in Einzelporträts)
  • Almut Seiler-Dietrich: Wörter sind Totems. Heidelberg 1995.
  • Almut Seiler-Dietrich: Afrika interpretieren. (24 Werke afrikanischer Autorinnen und Autoren in Einzeldarstellung sowie ein Überblick über die afrikanische Literatur des 20. Jahrhunderts.)

Gesamtdarstellungen

  • J. Jahn: Geschichte der neo-afrikanischen Literatur. Düsseldorf 1965.
  • Hjördis Jendryschik: Afrikanische Bauformen des Erzählens. Spezifische Eigenarten des frankophonen Romans Schwarzafrikas. Lang, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-631-43570-3.
  • Tibor Keszthelyi: Afrikanische Literatur : Versuch e. Überblicks. Aus d. Ungar. übers. von Péter Lieber. Aufbau-Verl., Berlin 1981.
  • Kesteloot Lilyan: Histoire de la litterature negro-africaine. Karthala, Paris 2001, ISBN 2-84586-112-5. (französisch)
  • Rainer Strzolka: Bibliotheken in Afrika. In: Bibliothek. Forschung und Praxis 23.1999.2, 157-194.
  • Rainer Strzolka: Bibliotheken in oralen Kulturen: das Beispiel Afrika. 2. Aufl. in zwei Bänden. Koechert, Hannover 2000.
  • Abiola Irele, Simon Gikandi (Hrsg.): The Cambridge history of African and Caribbean literature. 2 Bände. Cambridge Univ. Press, Cambridge 2004, ISBN 0-521-59434-0.
  • Markus Kessel: »Aus Negern Afrikaner machen«. Die Vermittlung subsaharisch-afrikanischer Literaturen in deutscher Übersetzung seit Ende der 1970er Jahre. SAXA Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-939060-27-7. Inhaltsverzeichnis

Enzyklopädien

Anthologien

  • Gerald Moore, Ulli Beier: The Penguin Book of Modern African Poetry. Penguin Books, 1998. (Gedichte aus 60 Jahren von 99 Autoren aus 27 Ländern; englisch)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Janheinz Jahn: Muntu. Umrisse der neoafrikanischen Kultur. Düsseldorf 1958, Kapitel 7: Hantu
  2. larbaanathirathen.com (Memento vom 15. Februar 2015 im Internet Archive)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt
  3. Siehe auch die Zusammenfassung bei Alfred Hermann: Die altägyptische Literatur. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon, Bd. 20. München 1996, S. 867-876
  4. Hermann 1996, S. 871.
  5. Koptische Sprache in www.zeno.org
  6. Julius Assfalg: Die christlichen Literaturen des Orients. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon, Bd. 20. München 1996, S. 931-939, hier: S. 934.
  7. Universal-Lexikon: Äthiopische Literatur
  8. Maria Höfner: Die Tigrē-Literatur. in: Kindlers neues Literatur-Lexikon. Bd. 20. München 1996, S. 940–943.
  9. Otto Rössler: Die Berber-Literatur. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon. Bd. 20. München 1996, S. 944–948.
  10. La Grande Maison, L'Incendie, Le Métier à tisser, 1952–1957.
  11. Kirsch 1996, S. 1050.
  12. Kirsch 1996, S. 1049.
  13. Littératures francophones, Valencia 1996, S. 125 ff. [1]
  14. Autorenporträt
  15. Definition zitiert in: Janheinz Jahn: Geschichte der neoafrikanischen Literatur. Düsseldorf 1966
  16. http://www.presenceafricaine.com/
  17. In deutscher Sprache erschienen als: Adler und Lilie in Kamerun: Lebensbericht eines Afrikaners. Erdmann, Herrenalb 1966.
  18. Centre for Creative Arts der Universität Kwazulu-Natal 2014
  19. deutsch: Horlemann Verlag, Berlin 2013.
  20. F. M. Mujila: Tram 83, deutsche Ausgabe Wien 2016.
  21. deutsch: Horlemann Verlag, Berlin 2014
  22. E. Breitinger 1996, S. 258 f.
  23. Awoonor wurde 2013 bei einer Vorlesung in Kenya beim Überfall auf das Westgate-Einkaufszentrum getötet. The Telegraph, 22. September 2013, online: [2]
  24. Kamerun auf der Website des Goethe-Instituts
  25. E. Breitinger 1996, S. 258
  26. Erschienen in Mankon, Bamenda (Kamerun) 2010.
  27. deutsch: Horlemann Verlag Berlin 2013.
  28. Zur gegenwärtigen südafrikanisch-indischen Literatur siehe Ronit Frenkel: Reconsiderations: South African Indian Fiction and the Making of Race in Postcolonial Culture. Unisa Press (University of South Africa) 2010, ISBN 978-1-86888-548-0.
  29. Authors in Africa: Writer aims to revive Zulu literature, abgerufen 28. Juli 2015
  30. Jan Knappert: Traditional Swahili Poetry. Leiden 1967.
  31. http://www.zibf.org/