Auswärtiges Amt
Das Auswärtige Amt (abgekürzt AA) ist das Außenministerium der Bundesrepublik Deutschland und zuständig für die Außenpolitik sowie die deutsche EU-Politik. Leiter des Auswärtigen Amtes ist heute der Bundesminister des Auswärtigen.
Geschichte
Das Auswärtige Amt wurde 1870 als Behörde des Norddeutschen Bunds gegründet. Es wurde zunächst von einem Staatssekretär geleitet. Der Hintergrund ist der, dass der spätere Reichskanzler Otto von Bismarck alle außenpolitischen Angelegenheiten als die seinen erachtete und ein dafür zuständiges Ministerium nicht duldete. Bis heute hat sich die Bezeichnung erhalten, obgleich das "Auswärtige Amt" heute selbstverständlich kein bloßes Amt mehr ist und über erheblich bedeutendere Kompetenzen verfügt als noch zu Bismarcks Zeiten. Ja, noch mehr: Bei den bisherigen Koalitionsregierungen der Bundesrepublik Deutschland war der Außenminister seit 1966, gestellt vom jeweils kleineren Koalitionspartner, zugleich meist auch der Vizekanzler. Eine Ausnahme ist die gegenwärtige Große Koalition. - Andere Länder kennen diese Tradition nicht; daher ist es unangemessen, etwa vom "Auswärtigen Amt" Frankreichs oder Polens zu sprechen.
Zweites Kaiserreich
Im Deutschen Kaiserreich war das Auswärtige Amt ein Reichsamt, das sich federführend um die Außenpolitik kümmerte. Es entstand 1871 nach der Gründung des Kaiserreiches und hatte seinen Sitz in der Berliner Wilhelmstraße 76.
Das Reich übernahm das Auswärtige Amt vom Norddeutschen Bund in unveränderter Form als Reichsbehörde, die von einem Staatssekretär geleitet wurde. Obwohl das Auswärtige Amt nun als Behörde einer gesamtdeutschen Außenpolitik fungierte, behielten die deutschen Bundesstaaten ein beachtliches Maß an Eigenständigkeit in ihrer jeweils eigenen Außenpolitik. Bismarck prägte mit seiner Außenpolitik den weltweit guten Ruf dieses Amtes, durch seine Bündnispolitik wurde das Auswärtige Amt zu einer der meistbeachteten Behörden Deutschlands. Obwohl nach Bismarcks Entlassung unter Wilhelm II. die meisten außenpolitischen Entscheidungen vom Kaiser selbst getroffen wurden, behielt das Auswärtige Amt die Schlüsselfunktion in der Deutschen Diplomatie und stellte sogar eine gewisse Opposition gegen Wilhelms Zickzackkurs in der Außenpolitik dar.
Im Auswärtigen Amt gab es zunächst zwei Abteilungen, welche den beiden streng getrennten Laufbahnen Diplomat und Konsul entsprachen.
Abteilung I
Die erste Abteilung war die politische, die sich mit den Angelegenheiten der höheren Politik, Personalien, Generalia, Zeremonien, Ordenssachen, Etats, Kassensachen, Angelegenheiten der Schulen und Kirchen etc. beschäftigte. Leiter dieser Abteilung war ein Staatssekretär, der zugleich als ständiger Vertreter des Reichskanzlers im Auswärtigen Amt fungierte. Der Reichskanzler besaß die oberste Verantwortlichkeit in außenpolitischen Belangen, weswegen der Staatssekretär ihm gegenüber weisungsgebunden war. Stellvertreter des Staatssekretärs war wiederum ein Unterstaatssekretär.
Abteilung II
Die zweite Abteilung war für die Bearbeitung der Angelegenheiten des Handels, Verkehrs, Konsulatswesens, Staatsrechts, Zivilrechts, der Kunst und Wissenschaft, der Privatangelegenheiten Deutscher im Ausland und der Gegenstände, die das Justiz-, Polizei- und Postwesen, die Auswanderung, die Schiffsangelegenheiten, die Grenzsachen und Ausgleichungen mit fremden Staaten etc. betrafen, zuständig. Sie war dem Direktor des Auswärtigen Amtes unterstellt.
Einrichtung weiterer Abteilungen
1885 verlor die zweite Abteilung die Zuständigkeit für Rechtssachen, da eine neue Abteilung III als Rechtsabteilung aus der Taufe gehoben wurde. Fünf Jahre später folgte eine eigene Kolonialabteilung, die 1907 zum Reichskolonialamt wurde. Des Weiteren schuf man 1915 im Ersten Weltkrieg eine Abteilung IV, welche die Funktion einer Nachrichtenabteilung übernahm.
Direktoren der Kolonialabteilung | |||
Nr. | Name | Amtsantritt | Ende der Amtszeit |
---|---|---|---|
1 | Friedrich Richard Krauel | 1890 | 1890 |
2 | Paul Kayser | 1890 | 1896 |
3 | Oswald Freiherr von Richthofen | 1896 | 1898 |
4 | Gerhard von Buchka | 1898 | 1900 |
5 | Oscar Wilhelm Stübel | 1900 | 1905 |
6 | Ernst Fürst von Hohenlohe-Langenberg | 1905 | 1906 |
7 | Bernhard Dernburg | 1906 | 1907 |
Weimarer Republik
In der Weimarer Republik hatte das Auswärtige Amt den Status eines Ministeriums. Ihm stand ein Minister vor. Es ging 1919 aus dem Auswärtigen Amt des Deutschen Kaiserreichs hervor, das lediglich eine Reichsbehörde war, deren Staatssekretär gegenüber dem Reichskanzler weisungsgebunden war. Zudem besaß das Reich nun die Alleinverantwortlichkeit für die Außenpolitik. Der Name der Behörde wurde jedoch aus positiver Tradition beibehalten ("Amt"). Besonders Gustav Stresemann prägte den Charakter der Deutschen Außenpolitik in der Weimarer Republik und setzte Bismarcks Tradition in großen Teilen fort.
Nationalsozialismus
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde das Auswärtige Amt gleichgeschaltet.
Nach Ende des 2. Weltkrieges dauerte es eine Weile, bis es 1951 in der Bundesrepublik wieder seine Arbeit aufnahm.
Bundesrepublik Deutschland
Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 und der Zurückerlangung der außenpolitischen Souveränität 1951 gründete man das Amt in Bonn wieder und behielt den Namen. Damit bekannte sich die Behörde in der Bundesrepublik - als nach eigener Ansicht mit dem Deutschen Reich identischer Staat - eindeutig zu ihrer Tradition und Kontinuität bis hin zu Bismarck.
In der DDR vertrat das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten die Außenpolitik der dortigen Regierung.
Das Auswärtige Amt heute
Das Auswärtige Amt hält auf seiner offiziellen Netzpräsenz Informationen über die Außenpolitik Deutschland, sowie umfangreiche Informationen zu allen Staaten der Welt parat. Es dient damit als Behörde, die dem Bürger direkt zugänglich ist. Seinen Sitz hat es im historischen Zentrum Berlins, am Werderschen Markt, unweit des abgerissenen früheren DDR-Außenministeriums. Der große Altbau war seit 1940 Sitz der Reichsbank, ab 1959 des Zentralkomitees der SED. Der Zweitsitz ist in der Adenauerallee der Bundesstadt Bonn.
Amtsinhaber und damit Bundesaußenminister ist seit 2005 Frank-Walter Steinmeier (SPD) (siehe auch Bundesregierung). Der Bundesaußenminister ist häufig gleichzeitig Vizekanzler; diese Verknüpfung ist verfassungsrechtlich aber nicht geboten (sie galt nicht: 1949 - 1966, 1982, 1992 - 1993, 2005 - ?), zumal die Position des "Vizekanzlers" nach dem Grundgesetz nicht formal mit Rechten ausgestattet ist; im Kabinett wird lediglich ein Minister mit der Vertretung des Bundeskanzlers betraut.
Organisation
Neben der Zentrale des Auswärtigen Amts in Berlin gibt es Auslandsvertretungen in der ganzen Welt. Aufgabe der Zentrale ist es laut Website, als "zentrale Schaltstelle der deutschen Diplomatie, in der außenpolitischen Analysen und Konzeptionen sowie konkrete Handlungsanweisungen für die deutschen Auslandsvertretungen erarbeitet werden", zu fungieren. Die Auslandsvertretungen -- also Botschaften, Ständige Vertretungen und Konsulate -- werden dort als "Augen, Ohren und Stimme" Deutschlands bezeichnet.
Heute unterhält das Auswärtige Amt 226 Auslandsvertretungen, darunter 145 Botschaften, 59 Generalkonsulate, 12 Ständige Vertretungen (bei Internationalen Organisationen) und 10 sonstige Auslandsvertretretungen (8 Außenstellen und 2 Vertretungsbüros). Zusätzlich sind 356 Honorarkonsuln ehrenamtlich im Auftrag des Auswärtigen Amts tätig.
Außenminister
Konrad Adenauer und Helmut Schmidt übten das Amt in Personalunion mit dem des Bundeskanzlers aus. Hans-Dietrich Genscher bekleidete es sowohl unter einer SPD- als auch unter einer CDU-Kanzlerschaft.
Staatsminister im Auswärtigen Amt
bis 1974: Parlamentarische Staatssekretäre
Staatsminister | |||
Name | Amtsantritt (Jahr) | Ende der Amtszeit (Jahr) | Partei |
---|---|---|---|
Gerhard Jahn | 1967 | 1969 | SPD |
Ralf Dahrendorf | 1969 | 1970 | FDP |
Karl Moersch | 1970 | 1974 | FDP |
Hans Apel | 1972 | 1974 | SPD |
Hans-Jürgen Wischnewski | 1974 | 1976 | SPD |
Klaus von Dohnanyi | 1976 | 1981 | SPD |
Hildegard Hamm-Brücher | 1976 | 1982 | FDP |
Peter Corterier | 1981 | 1982 | SPD |
Alois Mertes | 1982 | 1985 | CDU |
Jürgen W. Möllemann | 1982 | 1987 | FDP |
Lutz Stavenhagen | 1985 | 1987 | CDU |
Irmgard Adam-Schwaetzer | 1987 | 1990 | FDP |
Helmut Schäfer | 1987 | 1998 | FDP |
Ursula Seiler-Albring | 1990 | 1994 | FDP |
Werner Hoyer | 1994 | 1998 | FDP |
Ludger Volmer | 1998 | 2002 | Bündnis 90/Die Grünen |
Günter Verheugen | 1998 | 1999 | SPD |
Christoph Zöpel | 1999 | 2002 | SPD |
Hans Martin Bury | 2002 | 2005 | SPD |
Kerstin Müller | 2002 | 2005 | Bündnis 90/Die Grünen |
Gernot Erler | 2005 | heute | SPD |
Günter Gloser | 2005 | heute | SPD |
Beamtete Staatssekretäre im Auswärtigen Amt
Siehe auch
Filmographie
- Hitlers Diplomaten in Bonn. Das Auswärtige Amt und seine Vergangenheit. 45 Min. Dokumentation; Buch und Regie: Heinrich Billstein und Mathias Haentjes; Produktion: WDR; Erstausstrahlung: 18. Januar 2006 [1]
Literatur
- Jens Ruppenthal: Die Kolonialabteilung im Auswärtigen Amt der Weimarer Republik. In: Ulrich van der Heyden, Joachim Zeller (Hg.) „... Macht und Anteil an der Weltherrschaft.“ Berlin und der deutsche Kolonialismus. Unrast-Verlag. Münster 2005, ISBN 3-89771-024-2
- Enrico Brandt und Christian F. Buck: Auswärtiges Amt, 4. Auflage, VS-Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3531147234
- Berndt von Staden: Zwischen Eiszeit und Tauwetter. Diplomatie in einer Epoche des Umbruchs (Erinnerungen). Berlin 2005, wjs-Verlag, ISBN 3-937989-05-6
Weblinks
- Offizielle Website
- Ludwig Biewer, Überblick über die Geschichte des Auswärtigen Amtes (PDF-Format)
- 3D Rekonstruktion des historischen Gebaeudes
- Das Auswärtige Amt im Dritten Reich