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Mercedes-Benz W 198

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Mercedes-Benz
Mercedes-Benz 300 SL (1954–1957)
Mercedes-Benz 300 SL (1954–1957)
Mercedes-Benz 300 SL (1954–1957)
W 198
Verkaufsbezeichnung: Mercedes 300 SL
Produktionszeitraum: 1954–1963
Klasse: Sportwagen
Karosserieversionen: Coupé, Roadster
Motoren: Ottomotoren:
3,0 Liter (158 kW)
Länge: 4520–4570 mm
Breite: 1790 mm
Höhe: 1300 mm
Radstand: 2400 mm
Leergewicht: 1295 kg
Mercedes-Benz 300 SL Roadster (1957–1963)
Mercedes-Benz 300 SL Roadster

Mercedes-Benz W 198 ist die interne Typbezeichnung eines Sportwagens von Mercedes-Benz. Unter der Verkaufsbezeichnung Mercedes 300 SL wurde er in den Jahren 1954 bis 1957 als Coupé mit Flügeltüren und in den Jahren 1957 bis 1963 als Roadster angeboten.

Die Zahl 300 steht in der Verkaufsbezeichnung für ein Zehntel des Hubraums in Kubikzentimeter gemessen, die Zusatzbezeichnung SL soll die Kurzform für „Sport Leicht“ sein, andere Quellen geben „Super Leicht“ als Langform an.

Mercedes-Benz präsentierte den 300 SL im Februar 1954 auf der International Motor Sports Show in New York. 1999 wurde das Fahrzeug von Lesern der deutschen Oldtimer-Zeitschrift Motor Klassik zum „Sportwagen des Jahrhunderts“ gewählt.

Vorgängerversion im Motorsport

Mercedes-Benz 300 SL W 194 von 1952 beim Oldtimer-Grand-Prix 1986 auf dem Nürburgring. Die Gitterstäbe vor der Frontscheibe wurden nach dem Einschlag eines Geiers in Mexiko angebracht.

Der Original-300-SL, der Rennsportwagen Mercedes-Benz W 194, errang im Jahre 1952 unerwartete Erfolge. Im Vorjahr fiel bei Daimler-Benz die Entscheidung, 1952 wieder an Rennen teilzunehmen und hierfür einen Sportwagen zu bauen. Dieser erhielt den Namen „300 Sport Leicht“. Um eine für Rennen ausreichende Leistung zu erreichen, musste der vorhandene Motor des Coupés 300 S (M 188) weiterentwickelt werden.[1] Weiterhin mit Vergasern bestückt, leistete er mit 129 kW (175 PS) deutlich weniger als die spätere Straßenversion von 1954.

1952 nahm das Fahrzeug an den wichtigen Rennen des Jahres teil, gegen deutlich stärker motorisierte Gegner. Erstmals hatte der neue SL bei der Mille Miglia Anfang Mai Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit gezeigt und in diesem Langstreckenrennen den zweiten Platz erzielt. Beim Preis von Bern gelang der Dreifachsieg. Das 24-Stunden-Rennen von Le Mans beendete der Rennsportwagen unerwartet mit einem Doppelsieg. Die Sieger hießen Hermann Lang und Fritz Rieß mit einem Gesamtdurchschnitt von 155,575 km/h, ein neuer Rekord in der Le-Mans-Historie. Zweite waren Theo Helfrich und Helmut Niedermayr. Ein Rennen am Nürburgring endete mit einem Vierfacherfolg. Bei der Carrera Panamericana in Mexiko siegte der 300 SL mit Karl Kling und Hans Klenk erneut – trotz eines Geiers, der durch die Windschutzscheibe flog. Damit knüpfte Mercedes-Benz an die großen Erfolge im Rennsport vor dem Zweiten Weltkrieg an.

1953 wurde an Prototypen unter anderem die Benzineinspritzung erprobt.

Entstehungsgeschichte des Serienfahrzeuges

Eine Serienfertigung des 300 SL war zunächst nicht geplant. Doch Max Hoffman, US-amerikanischer Importeur von Mercedes-Benz-Fahrzeugen, wünschte sich vom Vorstand von Daimler-Benz schon seit einiger Zeit einen Sportwagen für seine Kundschaft. Eine Basis für diesen könne das Rennsport-Coupé von 1952 sein, das überraschend die Carrera Panamericana gewonnen hatte und somit in den USA bekannt war. Nach langem Abwägen fiel die Entscheidung für eine Serienproduktion des 300 SL, der Straßenversion W 198. Außerdem wurde die Produktion eines kleineren Roadsters, des Mercedes-Benz W 121 B II (190 SL), bekannt gegeben.

Mercedes-Benz 300 SL Roadster mit Hardtop
1955 Mercedes-Benz 300 SL Gullwing Coupé

Keine sechs Monate nach dem Vorstandsbeschluss hatten die beiden Sportwagen Premiere auf der „International Motor Sports Show“ in New York, die vom 6. bis zum 14. Februar 1954 stattfand. Mercedes-Benz erlebte auf der Motor Show eine enorm positive Besucherresonanz auf den 300 SL und den 190 SL. Die Serienproduktion begann im August 1954 im Werk Sindelfingen.

Der Preis des W 198 wurde auf 29.000 Deutsche Mark festgelegt – damals eine enorme Summe und nach heutiger Kaufkraft 87.886 Euro. 1953 kostete ein Mercedes 170 Vb 7900 DM (nach heutiger Währung 24.037 Euro). Der 300 SL war 1954 aber nicht der teuerste Wagen im Mercedes-Programm – der W 188 kostete (bei geringeren Fahrleistungen) 5500 DM mehr.

Das Konzept des offenen Zweisitzers 190 SL mit leicht zu bedienendem wetterfesten Verdeck war so erfolgreich, dass auch der 300 SL entsprechend modifiziert wurde. Der legendäre Flügeltürer (Gullwing) wurde im Frühjahr 1957 von einer Roadster-Variante (W 198 II) abgelöst, die nun auch in der Klasse der Hochleistungssportwagen offenes Fahren ermöglichte.

Die 100 Kilogramm Mehrgewicht verminderten die Fahrleistungen, aber mit unverändert 158 kW (215 PS) war auch der Roadster gut motorisiert. Der Gitterrohrrahmen blieb auch beim Roadster tragendes Gerüst, allerdings im Bereich der Türen und des Hecks deutlich verändert. So wurde Platz gewonnen für einen (wenn auch bescheidenen) Kofferraum und an Scharnieren normal befestigte Türen mit deutlich bequemerem Einstieg. Die Hinterachse wurde zur Eingelenk-Pendelachse mit Ausgleichfeder, mit der Folge verbesserter Fahreigenschaften und erhöhten Komforts. 1961 wurden die fahrtwindgekühlten Trommel-Duplexbremsen von modernen Scheibenbremsen abgelöst.

Das Verdeck des W 198 ließ sich unter einer separaten Klappe hinter den Sitzen unterbringen und war mit wenigen Handgriffen leicht zu bedienen. Seine äußere Erscheinung wurde vorne durch die unter einem gemeinsamen Deckglas eingelassenen Scheinwerfer und Blinker geprägt. Als seitlicher Blickfang fungierte eine Sicke, die sich vom oberen Rand des Luftaustrittes im Kotflügel bis tief in die Tür hinein zog. Für Wintersportfans lieferte Mercedes-Benz ab Herbst 1958 ein elegantes, leicht aufzusetzendes Hardtop. Es war so beliebt, dass es schon kurze Zeit später zu den meistbestellten Sonderausstattungen gehörte.

Sport Leicht oder Super Leicht?

Eine offizielle Langform für das Kürzel „SL“ wurde von Mercedes-Benz nicht bekanntgegeben. Oft wird angenommen, dass die Buchstaben für „Sport Leicht“ stehen. Die Zeitschrift auto, motor und sport berichtete im Jahr 2012 jedoch ohne Angaben von Quellen, dass es „verbrieft und von Rudolf Uhlenhaut persönlich unterschrieben“ sei, dass das Kürzel „SL“ nichts anderes als „Super Leicht“ bezeichnet.[2] Diese Aussage steht im Widerspruch zum in enger Zusammenarbeit mit Uhlenhaut entstandenen Werk „Mercedes-Benz 300 SL“ von Engelen/Riedner/Seufert, welches die Langform mit „Sport Leicht“ angibt.[3]

Der Konzern verwendet heute beide Schreibweisen: In der von der Classic-Sparte herausgegebenen Zeitschrift „Mercedes-Benz Classic“ wird die Langform mit Super Leicht angegeben.[4] Im Internetauftritt der gleichen Konzernsparte hingegen heißt es abermals Sport Leicht.[5]

Damit bleibt unklar, welche Intention Daimler-Benz seinerzeit bei der Vergabe der Buchstabenkombination hatte.

Karosserie

Mercedes-Benz 300 SL
Seitenansicht

Die Karosserie des W 198 sollte möglichst strömungsgünstig geformt werden. Um die Stirnfläche klein zu halten, war die Karosserie ab der Fensterlinie etwas eingezogen. Erst nach der Konstruktion des Rahmens, der weit nach oben reichte, fiel auf, dass herkömmliche Türen wegen dieser Rahmenkonstruktion an den Fahrzeugflanken nicht einsetzbar waren. Die auffälligen Flügeltüren waren also wegen der Fahrzeugkonstruktion nötig. Im englischsprachigen Raum bekam der W 198 wegen seiner Türen den Beinamen „Gullwing“ (Möwenflügel). Ein dezenter Stab ließ sich zum Öffnen der Türen aus der Karosserie schwenken, entriegelte das Schloss und ließ die von zwei Teleskopfedern unterstützte Tür nach oben schwenken.

Der von Rudolf Uhlenhaut konstruierte Gitterrahmen sorgte für hohe Stabilität bei geringem Gewicht. Dünne Rohre wurden zu vielen Dreiecken zusammengesetzt, der fertige Rahmen war mit 82 Kilogramm sehr leicht; seine Elemente wurden bis auf den vorderen und hinteren Querträger nur auf Druck und Zug beansprucht. Das gesamte fahrfertige Auto inklusive Reserverad, Werkzeug und Treibstoff wog 1295 Kilogramm.

Die Karosserie des 300 SL bestand zum größten Teil aus Stahlblech, die Motorhaube, die Kofferraumklappe, die Schweller- und Türhaut jedoch aus Aluminium. Auf Wunsch und gegen einen verhältnismäßig geringen Aufpreis wurde die gesamte Karosserie aus Leichtmetall hergestellt, wodurch das Fahrzeug 80 Kilogramm leichter wurde. Doch diese Ausführung wählten nur 29 SL-Kunden; heute sind diese Exemplare entsprechend begehrt.

Ein besonderes Fahrzeug in der SL-Geschichte war der 300 SL mit der Chassisnummer 0011/52. Er wurde für die Rennsaison 1953 entwickelt, kam aber nicht zum Einsatz, weil Mercedes-Benz sich entschloss, ab 1954 wieder an der Formel 1 teilzunehmen. Damit wurde der „Hobel“, wie das Fahrzeug von den Versuchsingenieuren wegen seiner markanten Frontpartie auch genannt wurde, zum Zwischenmodell hin zum 1954 präsentierten Seriensportwagen 300 SL (W 198 I). Das Einzelstück, seit 1952 ununterbrochen in Werksbesitz und heute in der Obhut von Mercedes-Benz Classic, hatte bereits den Motor mit Benzin-Direkteinspritzung und 16-Zoll-Räder. Sein Getriebe war an der Hinterachse eingebaut, die Karosserie war zugunsten eines kleineren Luftwiderstandes überarbeitet.[6] Die Anordnung des Getriebes wurde jedoch nicht in die Serie übernommen.

Rücklicht

Technik

Die Technik des 300 SL basierte zum Teil auf der Limousine W 186 II (Typ 300). Der Sechszylinder-Motor wurde stark modifiziert und erhielt unter anderem statt Vergasern eine Benzindirekteinspritzung, die es bis dahin nur in Flugzeug- und Zweitaktmotoren gegeben hatte und danach bis 1997 nicht mehr in Serienwagen. Der Motor hatte eine Leistung von 158 kW (215 PS). Damit erreichte der W 198 je nach Hinterachsübersetzung bis zu 260 km/h. Fünf unterschiedliche Übersetzungen waren erhältlich. Die Serienübersetzung war 1:3,64 und vor allem auf hohe Beschleunigung abgestimmt. Sie ermöglichte eine Höchstgeschwindigkeit von 235 km/h. Eine noch bessere Beschleunigung boten die Übersetzungen 1:3,89 und 1:4,11. Die Übersetzung 1:3,42 bot eine höhere Endgeschwindigkeit, die mit der dritten Übersetzung von 1:3,25 noch einmal auf 260 km/h gesteigert wurde. Der erste Gang war dann sehr lang übersetzt, sodass der Wagen im Stadtverkehr nicht mehr so gut zu fahren war.

Für die Beschleunigung von 0 bis 100 km/h wurden 10 Sekunden benötigt. Den Verbrauch ermittelten zeitgenössische Autotester mit durchschnittlich rund 15 Liter Benzin. Im Heck war ein 100-Liter-Tank untergebracht, gegen Aufpreis gab es auch eine 130-l-Ausführung (Roadster nur mit 100-l-Tank).

Damit der Motor in dem flachen Auto überhaupt untergebracht werden konnte, wurde er um 45 Grad nach links geneigt (auch eine Neuheit in der Serienproduktion) – nach anderen Angaben jedoch beträgt die „Schräglage des Motors … 50° zur Senkrechten“.[7] Dadurch verringerte sich der Fußraum des Beifahrers etwas. Um bei schneller Kurvenfahrt die Schmierung sicherzustellen und die Höhe der Ölwanne einzusparen, wurde eine Trockensumpfschmierung eingesetzt. Der Fahrzeugschwerpunkt lag fast genau in der Fahrzeugmitte. Das Fahrwerk entsprach im Wesentlichen dem der 300er-Limousine, wurde aber sportlicher abgestimmt. Die zunächst verwendeten Trommelbremsen mit Kühlrippen waren auf die höhere Leistung ausgelegt. Zur Verringerung der Pedalkraft wurde erstmals im PKW-Bau ein Bremskraftverstärker verwendet, damals als „Ate-Bremshelf“ bezeichnet, der den Unterdruck im Saugrohr ausnutzte. Die Trommelbremsen der Vorderräder hatten zwei auflaufende Bremsbacken (Duplexbremse) und größere Radbremszylinder. Erst später wurden ab 1961 beim 300 SL Roadster Scheibenbremsen an allen vier Rädern verwendet.

Innenraum

Der Innenraum in grau/rot

Der Innenraum des 300 SL Coupés war nicht luxuriös ausgestattet. Standardmäßig wurde für den Sitzbezug Stoff in vier karierten Mustern angeboten. Die Kombinationen der Grundfarben waren rot/grün, grau/grün, grau/blau und grau/rot. Bei allen karierten Stoffen war ein rotes und ein dazu versetztes gelbes Gittermuster eingewebt. Die meisten Kunden entschieden sich jedoch für Lederbezüge, die später beim Roadster zur Serienausstattung gehörten. Für die Karosserie war Silbermetallic die Standardfarbe; gern wurde auch Rot, Dunkelblau und Schwarz bestellt.

Das Einsteigen in den 300 SL erfordert Übung aufgrund des knappen Raums und der breiten Seitenteile der Karosserie. Damit die Beine einfacher in Richtung Pedale gefädelt werden können, lässt sich beim Coupé das Lenkrad an der Lenkradnabe mit dem unteren Teil voran in Richtung Armaturenbrett nach vorne klappen, wodurch der obere Teil in den Fahrgastraum ragte. In der Seitenansicht lag es somit auf einer gedachten Linie von den Pedalen zum Kopf des Fahrers. Der Klappvorgang erfordert auch, den Wagen in einer bestimmten Lenkradstellung (geradeaus oder volle Umdrehungen) abzustellen.

Blick auf das Armaturenbrett

Im Blickfeld des Fahrers liegen links der Drehzahlmesser und rechts der Tachometer. Unter diesen Instrumenten sind jeweils zwei Zusatzinstrumente. Die Uhr sitzt leicht nach rechts versetzt in der Mitte des Armaturenbretts. Der Innenspiegel ist auf dem Armaturenbrett angebracht.

Hinter den Vordersitzen ist beim Flügeltürer ein zusätzlicher Stauraum für Gepäckstücke vorhanden, da der hintere Kofferraum durch Reserverad und Fahrzeugtank samt Tankeinfüllstutzen eingeschränkt wird.

Der Innenraum des Flügeltürers heizt sich im Sommer stark auf und kann durch die Fahrzeugbelüftung nur unzureichend gekühlt werden. Die Seitenscheiben sind nicht versenkbar, es gibt aber vorn dreieckige Ausstellfenster.

Presseberichte

Die zeitgenössische Presse äußerte sich lobend über den 300 SL.

  • Autosport meinte: „Der 300 SL ist ein Wagen mit einer wunderbaren äußeren Erscheinung, gepaart mit einer fast unglaublichen Leistungsfähigkeit. Seine Konstruktion und seine Fertigungsqualität sind geradezu erstklassig, das ganze Konzept stellt eine kompromisslose Verwirklichung aller neuen Ideen dar.“
  • Road & Track schrieb nach dem ersten Test: „Wenn ein komfortabler Innenraum mit einem bemerkenswert guten Fahrverhalten konform geht, mit geradezu unheimlicher Bodenhaftung der Räder, einer leichtgängigen und präzisen Lenkung und einer Leistung, die den besten bisher bekannten Wagen nahe kommt und sie sogar noch zu übertreffen vermag, bleibt nur eines zu sagen: Der Sportwagen der Zukunft ist Wirklichkeit geworden.“
  • Auto Motor und Sport hielt fest: „Unter den Sportwagen unserer Zeit ist der Mercedes 300 SL der kultivierteste und zugleich der faszinierendste – ein Traum von einem Automobil.“

Produktion

Die ersten W 198 wurden 1954 zunächst in Europa verkauft. Im März 1955 wurde das erste Fahrzeug in die USA exportiert. Insgesamt wurden 1400 Flügeltürer gebaut. Der größte Teil, etwa 1100 Stück, gelangte in die USA.

Durch die speziellen Wünsche der Kunden in den USA (etwas mehr Komfort, größerer Kofferraum und oft auch ein Cabrio) wurde ab 1957 der 300 SL Roadster (W 198 II) produziert. Von diesem Modell wurden insgesamt 1858 Stück produziert.

Käufer des Fahrzeugs

Der Kauf eines Mercedes W 198 war wegen seines hohen Preises nur für wenige Menschen realisierbar. Zu den bekannten Neuwagenkäufern des 300 SL zählten unter anderem Juan Perón, Stavros Niarchos, Porfirio Rubirosa, Rob Walker, Juan Manuel Fangio, Herbert von Karajan, Tony Curtis, Henri Nannen, Sophia Loren, Gina Lollobrigida, Zsa Zsa Gabor, Romy Schneider, Clark Gable, Curd Jürgens, Gunter Sachs, Glenn Ford, Horst Buchholz, Syd Mead und Willi Daume.

Renn- und Rallye-Erfolge

Zum 300 SLS umgebauter 300 SL Roadster beim Oldtimer-Grand-Prix 2009

Die rennsportliche Basis des 300 SL verführte namhafte Piloten und Privatfahrer in aller Welt zur Teilnahme an Sportwagenrennen und Rallyes. Bei der Mille Miglia 1955 fuhren Fitch/Gendebien mit dem Serien-SL, neben dem grandiosen Sieg von Stirling Moss auf dem 300 SLR Rennsportwagen, einen souveränen Klassensieg nach Hause. Werner Engel wurde 1955 mit dem 300 SL Tourenwagen-Europameister, 1956 Walter Schock. Die Marathon-Rallye Lüttich–Rom–Lüttich gewann 1955 Olivier Gendebien und 1956 Willy Mairesse. Nachdem die Produktion des Coupes 1956 eingestellt wurde, kam 1957 der Nachfolger 300 SL Roadster auf den Markt. In den USA wurde Paul O’Shea 1957 mit dem Roadster, den die Rennabteilung in Stuttgart für die Einsätze in den USA aufbaute, Meister in der Rennsportkategorie Class D der vom Sports Car Club of America ausgeschriebenen Sportwagenmeisterschaft vor Caroll Shelby auf Maserati. Ein Einsatz in der Production Class war 1957 wegen der gerade begonnenen Serienfertigung noch nicht möglich. Die zwei von Paul O´Shea eingesetzten Roadster wurden als 300 SLS bezeichnet.

Technische Daten

Die aufgeführten Daten beschreiben den Mercedes-Benz 300 SL W 198 I, (1954 bis 1957, Flügeltürer-Coupé). Die davon abweichenden Daten des Mercedes-Benz W 198 II (1957 bis 1963, Roadster) stehen in Klammern und sind kursiv dargestellt.

Allgemeine Daten

  • Radstand: 2400 mm
  • Spur vorne/hinten: 1385/1435 mm (1398/1448 mm)
  • Maße L × B × H: 4520 × 1790 × 1300 mm (4570 × 1790 × 1300)
  • Wendekreis: 11,5 m
  • Wagengewicht: 1295 kg (fahrbereit) (1420 kg)
  • Zulässiges Gesamtgewicht: 1515 kg (1560 kg)
  • Höchstgeschwindigkeit: 208 km/h bis 260 km/h, je nach Hinterachsübersetzung (220 bis 260 km/h)
  • Beschleunigung, 0–100 km/h: 10 s
  • Verbrauch nach DIN: 9,5 l
  • Kraftstofftank: 100 l (130 l gegen Aufpreis), (100 l), davon 9 l Reserve

Motor

Der Motor
„Rollendes Chassis“ des 300 SL Coupé

Kraftübertragung

  • Einscheiben-Trockenkupplung
  • 4-Gang-Schaltgetriebe; Übersetzungen: I. 3,34, II. 1,97, III. 1,39, IV. 1,00, R 2,73
  • Achsantrieb: wahlweise 3,64, 3,25, 3,42, 3,89 oder 4,11
  • Antrieb auf Hinterräder

Fahrwerk/Lenkung/Bremsen

  • Stahlrohr-Gitterrahmen, Stahlblech- oder Leichtmetall-Karosserie (nur 29 Stück)
  • Kugelumlauflenkung
  • Federung: vorn und hinten Schraubenfedern und hydraulische Teleskopstoßdämpfer
  • Bremsen: hydraulisch mit Unterdruck-Bremskraftverstärker, auf Vorder- und Hinterräder wirkend, Trommel-Duplexbremsen vorn/hinten (ab März 1961: Dunlop Scheibenbremsen vorn/hinten); mechanische Handfeststellbremse auf Hinterräder wirkend

Vorderachse

Hinterachse

Felgen und Reifen

  • Räder: Stahlblech-Scheibenräder 5K × 15, auch mit Rudgefelge 5J × 15 lieferbar (5 1/2K × 15)
  • Reifen: 6,50-15 Supersport, 185VR15

Repliken

Der Mercedes-Benz 300 SL war immer wieder auch bei Herstellern von Repliken beliebt. Dabei hat Mercedes-Benz die originalgetreue Nachbildung des 300 SL gerichtlich verbieten lassen, denn die Form des Fahrzeugs ist geschützt. So gab es aus Deutschland die Modelle Mercedes 300 SL Flügeltürer[8] und Mercedes 300 SL Roadster[9] aus der bayerischen Automobilmanufaktur Scheib. Scheib baute seine beiden Modelle zunächst auf eigenen Chassisrahmen auf. Antriebsstrang und Fahrwerk dagegen wurde vom Mercedes-Benz W 124 übernommen. Aus der Schweiz gab es die Repliken Gullwing und Gullwing Roadster. Sie haben eine auf einem Gitterrohrrahmen aufbauende Verbundstoffkarosserie, die sich aus einer Aluminiumschicht, Epoxydharz und Glasfasern zusammensetzt. Zwei verschiedene Sechszylindermotoren standen zur Wahl: Der Mercedes-Benz M 103 mit einer Leistung von 132 kW (180 PS) und der Mercedes-Benz M 104, der 165 kW (225 PS) leistet.

In den USA wird der Flügeltürer von der H-Wing Motors für den lokalen Markt unter dem Namen Turnkey Gullwing montiert. Das Unternehmen machte unter anderem auch mit dem Konzeptfahrzeug Gullwing Americana auf sich aufmerksam, das sich stilistisch sehr an den 300 SL orientierte.

Literatur

  • Mercedes Benz 300 SL Coupé / Gullwing Register #198.040 & #198.043 www.mercedes300slregister.com
  • Markus Bolsinger, Jürgen Lewandowski, Harry Niemann: 50 Jahre Mercedes-Benz 300 SL. Delius Klasing Verlag, Bielefeld 2004, ISBN 3-7688-1512-9
  • Jürgen Lewandowski: Mercedes 300 SL. Südwest Verlag, München 1988, ISBN 3-517-01101-0
  • Günter Engelen, Michael Riedner, Hans-Dieter Seufert: Mercedes-Benz 300 SL. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 3-613-01268-5
  • J. A. Hofelich: Mercedes 300 SL. Der Traumwagen aus Stuttgart. Podzun-Pallas Verlag GmbH, Friedberg 1992, ISBN 3-7909-0152-0 (Auto-Classic 5).
  • R. M. Clarke: Mercedes 190/300 SL 1954–1963. Brooklands Books Ltd., Cobham 1988, ISBN 1-870642-26-0

Einzelnachweise

  1. Michael Rieder: Urahn-Forschung. In Motor Klassik, Heft 5/1989, S. 14.
  2. Jochen Übler: TRIMM'S LEICHT. In: Auto, Motor und Sport, Mercedes SL-Spezial 2012. Nr. 10, 19. April 2012, ISSN 0005-0806, S. 14–17.
  3. Günter Engelen, Mike Riedner, Hans-Dieter Seufert: Mercedes-Benz 300 SL. 1999 (2. Auflage), ISBN 3-613-01268-5, S. 31.
  4. Gerold Lingnau: 300SL – Die Ikone wird fünfzig. In: Mercedes-Benz Classic. Nr. 1, 2002, ISSN 1610-8043, S. 10–22.
  5. Mercedes-Benz-Classic.com Motorsport als Zündfunke: Der Mercedes-Benz 300 SL Rennsportwagen; abgerufen am 27. Dezember 2013
  6. Daimler – Internetseite: Der Mercedes-Benz 300 SL (W 194) mit der Chassisnummer 11. Auf: media.daimler.com, 26. März 2012, abgerufen am 3. September 2013.
  7. K. Müller Technische Betrachtung über die Mercedes-Benz-Sportwagen 300 SL und 190 SL. In: ATZ 59 (1957), Nr. 5, S. 137
  8. Automobilbau-Scheib – Internetseite: Ein Juwel – traumhaft schön! Auf: www.automobilbau-scheib.de, archiviert vom Original am 15. April 2009; abgerufen am 3. September 2013.
  9. Automobilbau-Scheib – Internetseite: 300 SL Roadster Reproduktion. Auf: www.automobilbau-scheib.de, archiviert vom Original am 15. April 2009; abgerufen am 3. September 2013.

Weblinks

Commons: Mercedes-Benz W 198 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien