Cividale del Friuli

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Cividale del Friuli
Cividale del Friuli (Italien)
Cividale del Friuli (Italien)
Staat Italien
Region Friaul-Julisch Venetien
Koordinaten 46° 6′ N, 13° 26′ OKoordinaten: 46° 6′ 0″ N, 13° 26′ 0″ O
Höhe 135 m s.l.m.
Fläche 50 km²
Einwohner 10.875 (31. Dez. 2022)[1]
Postleitzahl 33043
Vorwahl 0432
ISTAT-Nummer 030026
Bezeichnung der Bewohner Cividalesi
Schutzpatron San Donato
Website Cividale del Friuli

Cividale del Friuli (furlanisch Cividât, slowenisch Čedad, deutsch Östrich) ist eine Stadt in der nordostitalinischen Region Friaul-Julisch Venetien mit rund 12.000 Einwohnern.

In römischer Zeit hieß die Stadt Forum Iulii, aus dem später Friuli, der Name für die gesamte Region, hervorging. Als das Langobardenreich im Jahre 776 endgültig durch die Franken besiegt wurde, erhielt sie den Namen Civitas Austriae, was „Stadt des Ostens“ bedeutet, da Italien, ähnlich wie das Frankenreich, in einen westlichen (Neustrien) und einen östlichen (Austrasien) Teil gegliedert wurde. Der Name Cividal d'Austria hielt sich bis in die frühe Neuzeit als volkstümlicher Name. Daraus entwickelten sich Cividale del Friuli, was seit dem 16. Jahrhundert gebräuchlich wurde, aber auch der deutsche Name Östrich.

Cividale zählte am 31. Dezember 2022 10.875 Einwohner. Hundert Jahre zuvor hatte sie bereits 11.622 Einwohner, seither stagniert die Zahl etwa zwischen 10.000 und 11.700. 1881 hatte sie 8.118 Einwohner, 1878 8.303.[2] Kurz nach dem Anschluss an Italien zählte man 6.812 Einwohner.[3] Bis zur Industrialisierung im späteren 19. Jahrhundert war die Bevölkerung deutlich kleiner. So zählte man 1824 5.307 Einwohner.[4]

Für die Zeit vor der genaueren Erfassung liegen für das 18. Jahrhundert gleichfalls, wenn auch nur angenäherte Zahlen vor. So nennt Cristoforo Tentori für das späte 18. Jahrhundert rund 2.000 Einwohner.[5]

Cividale del Friuli liegt rund 17 km östlich von Udine und wenig mehr als 10 km von der Grenze zu Slowenien entfernt. Die kleine Stadt erstreckt sich beiderseits des Flusses Natisone und liegt auf den äußersten Ausläufern der Julischen Alpen.

Zu erreichen ist Cividale über die Staatsstraße SS 54 von Udine nach Kobarid (Slowenien) oder über die Bahnlinie Udine–Cividale.

Statue des Stadtgründers Julius Caesar vor dem Rathaus
Der von König Ratchis für seinen Vater Pemmo gestiftete Altar, entstanden zwischen 737 und 744, Verehrung Jesu und seiner Mutter durch die Heiligen drei Könige, nebst geflügeltem Engel und einer weiteren Figur

Die Stadt war eine ursprünglich keltische Siedlung, die von Gaius Iulius Caesar zur Stadt erhoben wurde (lat. Forum Iulii, Marktplatz des Iulius). Im Zuge der Völkerwanderung hielt sich in der Stadt eine Bevölkerung, die kulturell und durch ihre dem Ladinischen verwandte Furlanische Sprache mit den Alpenromanen verbunden war. Kirchlich unterstand Cividale dem Patriarchat von Aquileia.

Während der Völkerwanderungszeit hatte seine Bevölkerung besonders zu leiden, da die Stadt unmittelbar westlich der Sperrwerke der Claustra Alpium Iuliarum im Birnbaumer Wald lag, eines Gebirgspasses in den Julischen Alpen, der häufig von plündernden Armeen und ganzen Völkern als Einfallstor nach Italien benutzt wurde. Die Stadt gehörte nach dem Untergang Westroms zunächst zum Reich Odoakers (bis 493), dann zum Ostgotenreich Theoderichs und schließlich zu Byzanz. Allerdings konnte die Stadt auf Umwegen auch von den Zerstörungen, etwa durch die Hunnen unter Attila im Jahr 452 profitieren, als diese die Provinzhauptstadt Aquileia zerstörten. So übernahm Cividale, von dem man annahm, es sei nun zur Provinzhauptstadt avanciert, und das tatsächlich schnell wuchs, die Verteidigung der Alpen. Dies schloss auch die Umsiedlung von Speichern für die Armee ein.

Im Herbst 568 wurde die Stadt, wohl kampflos,[6] von den Langobarden besetzt und zum Mittelpunkt des Herzogtums Friaul gemacht. Dessen erster Herzog wurde Gisulf I. Um das Jahr 610 wurde Cividale allerdings von den Awaren geplündert. Nachdem Herzog Gisulf II. in der Schlacht gefallen war, suchte seine Frau Romilda mit ihren Söhnen in ihren Mauern Zuflucht. Den Awaren gelang es in die Stadt einzudringen. Den Berichten des Paulus Diaconus zufolge soll Romilda selbst die Tore der Stadt geöffnet haben, da sie von der Schönheit des Barbarenherrschers geblendet war. Die männlichen Stadtbewohner wurden angeblich allesamt getötet, die Frauen und Kinder in die Sklaverei verschleppt, Romilda selbst wurde ermordet. Nur den Kindern Gisulfs gelang die Flucht.[7]

Unter den Karolingern wurde Cividale Teil der Mark Friaul, dann der Markgrafschaft Verona, gelangte dann unter die Landesherrschaft des Patriarchen von Aquileia. Das Patriarchat fiel 1421 an die Republik Venedig, womit eine sehr viel stärkere Ausrichtung auf deren Bedürfnisse erfolgte. Cividale war bereits 1419 an die Republik gefallen. Der spätere Doge Francesco Donà ließ 1519 bis 1521 die Befestigungswerke wiederherstellen. Ab 1553 wurde die Stadt direkt von Venedig regiert. Ende des 16. Jahrhunderts wurde die Stadt von einer der Pestwellen getroffen.[8] Um diese Zeit verlor Cividale die Dominanz in der Provinz an Udine.

Italico Brass (1870 -1943): Soldaten in Cividale, 1916

Es folgte die Herrschaft der Habsburger (kurz von einem französischen Intermezzo unterbrochen) und 1866 die Eingliederung in das Königreich Italien. Während der österreichischen Zeit erlebte die Kommune einen wirtschaftlichen Niedergang.

Am 27. Oktober 1917 erlitt die italienische Armee ein Jahr vor Kriegsende eine schwere Niederlage bei Cividale gegen die deutsche Armee.

Nach dem Sturz Mussolinis beanspruchte das nazionalsozialistische Deutsche Reich die Herrschaft über Italien. Wie die gesamte Region Friaul – Julisch Venetien gehörte Cividale seit Beginn der deutschen Besatzung nach Bekanntwerden der italienischen Kapitulation von September 1943 bis April 1945 zur für eine spätere Angliederung vorgesehenen Operationszone Adriatisches Küstenland. Ab Mitte September 1943 diente die „Principe Umberto“-Kaserne den Besatzern als Ortskommandantur. In der Folge wurde diese Kaserne zu einem der drei größten Zentren zur Partisanenbekämpfung in der Region. Himmler erklärte die gesamte Region wegen der umfangreichen Partisanenaktivitäten am 9. November 1943 zum „Bandenkampfgebiet“. Bereits am 2. Oktober 1943 war auf dem Kasernenareal Antonio Rieppi, ein Mitglied der Garibaldi Brigade „Natisone“, ermordet worden. Mitte Juli 1944 zogen Einheiten der 24. Waffen-Gebirgs-(Karstjäger-)Division in Cividale ein. Mindestens 113 Menschen wurden bis Ende April 1945 auf diesem Areal umgebracht, ihre Leichen in Massengräbern am Ufer des hinter der Kaserne fließenden Natisone verscharrt. Diese Massengräber werden „Fosse del Natisone“ genannt. Am 18. Dezember 1944 wurden im Sportstadion acht Partisanen erschossen.[9]

Cividale del Friuli blieb beim Erdbeben im Friaul 1976 nahezu unversehrt, obwohl es genau auf jener Linie der am meisten heimgesuchten Orte lag, die sich an den Südhängen und im Vorland der Julisch-Karnischen Alpen hinzog.[10]

Sehenswürdigkeiten

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Teufelsbrücke mit Dom im Hintergrund

Über den Fluss Natisone führt die Teufelsbrücke, das Wahrzeichen der Stadt. Ihren Namen hat die Brücke von der Entstehungssage. Danach baute der Teufel die Brücke über den reißenden Fluss. Als Lohn sollte er die Seele des Ersten, der sie benutzt, erhalten. Nach der Fertigstellung jagten die Bürger jedoch einen Hund über die Brücke. Am Flussufer ist in den Stein ein Gewölbe eingehauen, das als keltisches Hypogäum, römischer Kerker oder auch langobardisches Gefängnis bekannt ist.

Piazza del Duomo

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In der Altstadt ist vor allem die Piazza del Duomo sehenswert. Hier steht der Palazzo Pretorio oder auch Palazzo dei Provveditori Veneti, dessen Entwurf Andrea Palladio zugeschrieben wird und der zwischen 1565 und 1586 errichtet wurde. Seit 1990 ist dort das Archäologische Nationalmuseum, Museo Archeologico Nazionale untergebracht. Neben der reichhaltigen Sammlung langobardischer Fundstücke sind auch Teile der zum UNESCO-Weltdokumentenerbe gehörenden Reichenauer Handschriften aufbewahrt. In der Nähe der Piazza del Duomo befindet sich der 1565 errichtete Stadtpalast.

Dom Santa Maria Assunta

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Innenansicht des Doms gegen das Eingangsportal

Der dreischiffige Dom Santa Maria Assunta (Mariä Himmelfahrt) aus dem 14. Jahrhundert wurde nach einem Einsturz im Jahr 1502 vom Architekten Pietro Lombardo wieder aufgebaut. 1909 erhob Papst Pius X. den Dom zur Basilica minor. Der Dom beherbergt Werke von beachtlichem künstlerischen und historischen Wert. Den Hochaltar schmückt ein Altaraufsatz des Patriarchen Pilgrim II. (1195–1204). Die lateinische Inschrift wurde mit Hilfe einzelner Buchstabenpunzen hergestellt[11] – über 200 Jahre vor Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Gutenberg.[12][13] An der Nordwand des linken Seitenschiffes hängt ein lebensgroßes Holzkruzifix aus dem 13. Jahrhundert.

An den Dom angeschlossen ist das Museo Cristiano, in dem sich u. a. ein Langobardenthron und das Callixtus-Taufbecken befinden. Für das Alltagsleben aufschlussreich sind Fresken und in Sgraffitotechnik ausgeführte Darstellungen des langobardischen Lebens.

Kloster Santa Maria (Tempietto longobardo)

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Der Gebäudekomplex des Klosters Santa Maria steht am Steilufer des Natisone im alten langobardischen Viertel Valle. Der Oratorio di Santa Maria aus dem 8. Jahrhundert war möglicherweise eine langobardische Pfalzkapelle. Er wird deshalb auch Tempietto longobardo genannt. Dieses vorromanische Bauwerk hat einen quadratischen Innenraum mit Kreuzgewölbe und ein tonnengewölbtes dreischiffiges Presbyterium mit mittelalterlichen, byzantinisch beeinflussten Stuckverzierungen und Fresken. Das Gewölbefresko des Chores zeigt Christus in der Mandorla umgeben von Heiligen und eine Darstellung der Anbetung der Könige. (Siehe auch: Lombardische Präromanik).

Weitere Kirchengebäude

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  • Die Kirche San Giovanni in Valle geht auf die Palastkirche des Königshofes der frühen Langobardenzeit zurück.
  • Die Kirche der Heiligen Petrus und Blasius (Chiesa dei Santi Pietro e Biagio) fällt durch ihre mit Fresken gestaltete Westfassade auf. Sie stammen von 1506–1508 und wurden 2013 restauriert. In einer Seitenkapelle zeigt ein Fresko den hl. Blasius auf einem Thron.
  • Die Chiesa di San Francesco ist nicht mehr geweiht und wird für Ausstellungen genutzt.
  • Im Osten oberhalb der Altstadt, direkt an der slowenischen Grenze, befindet sich die Kirche Madonna del Monte.

Söhne und Töchter

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Das Denkmal für Adelaide Ristori auf dem Foro Giulio Cesare
  • Amelio Tagliaferri: Cividale del Friuli. Einführung und Wegweiser zu den Monumenten und Kunstwerken der Herzogsstadt, Del Bianco Editore, 2004.
  • Bruno Figliuolo: Storia di Cividale nel Medioevo. Economia, società, istituzioni, Comune di Cividale del Friuli, 2012.
  • Luciano Bosio: Cividale del Friuli. La storia, Casamassima, 1977.
  • Roberta Costantini, Fulvio Dell’Agnese, Micol Duca, Antonella Favaro, Monica Nicoli, Alessio Pasian: Friuli-Venezia Giulia. I luoghi dell’arte, S. 178–183; Bruno Fachin Editore, Triest
  • Silvia Lusuardi Siena: Cividale Longobarda. Materiali per una rilettura archeologica, Milano 2005; I.S.U. Università Cattolica – Largo Gemelli, 1 – Milano
  • Andrea Beltrane, Erika Cappellaro, Claudio Cescutti, Daria Labano, Thai Sac Ma, Michele Stocco: Duomo di Cividale del Friuli, Soroptimist International d’Italia. Club di Cividale del Friuli; Copyright 1998 Parrocchia S. Maria Assunta-Cividale
  • Rudolf Eitelberger von Edelberg: Cividale in Friaul und seine Monumente, K.-K. Hof-und Staatsdruckerei, Wien 1857 (etwas angestaubtes, wenig mehr als 20 Seiten umfassendes Heft zu den langobardischen Werken der Stadt, die aus dem 8. Jahrhundert stammen). (Google Books)
Commons: Cividale del Friuli – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Bilancio demografico e popolazione residente per sesso al 31 dicembre 2022. ISTAT. (Bevölkerungsstatistiken des Istituto Nazionale di Statistica, Stand 31. Dezember 2022).
  2. Popolazione. Movimento dell Stato Civile. Anno 1878, Rom 1879, S. 137.
  3. Collezione delle leggi ed atti del governo del regno d'Italia, Stamperia governativa, 1867, S. 544.
  4. Vincenzo Guidetti: Almanacco giudizario per le Provincie Venete, I, Da Tipi Di Giuseppe Picotti, Venedig 1824, S. 155.
  5. Cristoforo Tentori: Saggio sulla storia civile, politica, ecclesiastica e sulla corografia e topografia degli stati della Repubblica di Venezia ad uso della nobile e civile gioventù, 12 Bde., Venedig 1785–1790, Bd. 12, Storti, Venedig 1790, S. 300 f. (Digitalisat)
  6. Neil Christie: From Constantinople to Charlemagne. An Archeology of Italy, AD 300-800, Aldershot 2006, S. 111.
  7. Walter Pohl: Die Awaren, Ein Steppenvolk in Mitteleuropa 567–822 n. Chr, 2 Auflage, C. H. Beck, München 2002, S. 239.
  8. Mario Brozzi: Peste, fede e sanità in una cronaca cividalese del 1598, Giuffrè, Mailand 1982.
  9. Cividale del Friuli, Gedenkorte Europa 1939–1945.
  10. Die Provinz Friaul nach den Erdbeben, Die Zeit, Jahrgang 1976, Ausgabe 22.
  11. Herbert E. Brekle: Die typographische Herstellungstechnik der Inschriften auf dem silbernen Altaraufsatz im Dom von Cividale, Regensburg 2011
  12. Angelo Lipinsky (1986): „La pala argentea del Patriarca Pellegrino nella Collegiata di Cividale e le sue iscrizioni con caratteri mobili“, in: Ateneo Veneto, Bd. 24, S. 75–80 (78–80)
  13. Koch, Walter (1994): Literaturbericht zur mittelalterlichen und neuzeitlichen Epigraphik (1985–1991), Monumenta Germaniae Historica: Hilfsmittel, Bd. 14, München, ISBN 978-3-88612-114-4, S. 213