„Mehrgleisigkeit“ – Versionsunterschied

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Viele Strecken sind ''eingleisig'' (in der [[Schweizer Hochdeutsch|Schweiz]] {{lang|de-CH|''einspurig''}}; Abkürzung: ''eingl''<ref>Richtlinie 408, Modul 408.0102 der Deutschen Bahn AG</ref>); die [[Zug (Schienenverkehr)|Züge]] beider Richtungen fahren auf demselben Gleis. Das schränkt die Leistungsfähigkeit der Strecke ein, da [[Zugkreuzung]]en planmäßig nur in Bahnhöfen oder an [[Ausweiche]]n vorkommen dürfen, weil auf der freien Strecke zwangsläufig nur eine Richtung gleichzeitig befahren werden kann. Dies ist bei fast allen [[Nebenbahn]]en der Fall; aber auch bei vielen [[Hauptbahn]]en, in Deutschland zum Beispiel die [[Bahnstrecke Preußen–Münster]].
Viele Strecken sind ''eingleisig'' (in der [[Schweizer Hochdeutsch|Schweiz]] {{lang|de-CH|''einspurig''}}; Abkürzung: ''eingl''<ref>Richtlinie 408, Modul 408.0102 der Deutschen Bahn AG</ref>); die [[Zug (Schienenverkehr)|Züge]] beider Richtungen fahren auf demselben Gleis. Dies ist bei fast allen [[Nebenbahn]]en der Fall; aber auch bei vielen [[Hauptbahn]]en, in Deutschland zum Beispiel die [[Bahnstrecke Preußen–Münster]]. Eingleisiger Betrieb schränkt die Leistungsfähigkeit der Strecke ein, da [[Zugkreuzung]]en planmäßig nur in Bahnhöfen oder an [[Ausweiche]]n vorkommen dürfen, weil auf der freien Strecke zwangsläufig nur eine Richtung gleichzeitig befahren werden kann. Außerdem besteht die Gefahr von [[Deadlock (Eisenbahn)|Deadlocks]], in denen sich entgegenkommende Züge gegenseitig blockieren.<ref name="pachl214">Jörn Pachl: ''Systemtechnik des Schienenverkehrs: Bahnbetrieb planen, steuern und sichern''. 6. Auflage, Vieweg + Teubner 2011, S. 214. ISBN 978-3-8348-1428-9, {{DOI|10.1007/978-3-8348-8307-0}}.</ref>


Kreuzungsbahnhöfe oder Ausweichstellen auf eingleisigen Strecken stellen keine zweigleisige Strecke dar, daher kann die Fahrordnung aus betrieblichen Gründen von der auf zweigleisigen Strecken üblichen abweichen. So wird bei Zugkreuzungen in Bahnhöfen ohne zusätzliche Sicherungen bei der Überquerung des „Hausgleises“ der erste einfahrende Zug stets auf das „hausferne Gleis“ geleitet, damit das Zugpersonal die Einfahrt des zweiten Zuges auf das „Hausgleis“ sichern kann.
Kreuzungsbahnhöfe oder Ausweichstellen auf eingleisigen Strecken stellen keine zweigleisige Strecke dar, daher kann die Fahrordnung aus betrieblichen Gründen von der auf zweigleisigen Strecken üblichen abweichen. So wird bei Zugkreuzungen in Bahnhöfen ohne zusätzliche Sicherungen bei der Überquerung des „Hausgleises“ der erste einfahrende Zug stets auf das „hausferne Gleis“ geleitet, damit das Zugpersonal die Einfahrt des zweiten Zuges auf das „Hausgleis“ sichern kann.

Version vom 1. November 2019, 19:46 Uhr

Zweigleisige Eisenbahnstrecke in Pörtschach, Kärnten

Eisenbahnstrecken mit zwei oder mehr Streckengleisen außerhalb eines Bahnhofs bezeichnet man als mehrgleisig.

Anzahl der Streckengleise

Eingleisige Strecken

Eingleisige, nicht-elektrifizierte Strecke: Die Bahnstrecke Mönchengladbach–Stolberg in Eschweiler
Zweigleisige, elektrifizierte Strecke im Osten Tschechiens
Viergleisige, elektrifizierte Trasse. Die Main-Neckar-Bahn nahe Frankfurt Louisa

Viele Strecken sind eingleisig (in der Schweiz einspurig; Abkürzung: eingl[1]); die Züge beider Richtungen fahren auf demselben Gleis. Dies ist bei fast allen Nebenbahnen der Fall; aber auch bei vielen Hauptbahnen, in Deutschland zum Beispiel die Bahnstrecke Preußen–Münster. Eingleisiger Betrieb schränkt die Leistungsfähigkeit der Strecke ein, da Zugkreuzungen planmäßig nur in Bahnhöfen oder an Ausweichen vorkommen dürfen, weil auf der freien Strecke zwangsläufig nur eine Richtung gleichzeitig befahren werden kann. Außerdem besteht die Gefahr von Deadlocks, in denen sich entgegenkommende Züge gegenseitig blockieren.[2]

Kreuzungsbahnhöfe oder Ausweichstellen auf eingleisigen Strecken stellen keine zweigleisige Strecke dar, daher kann die Fahrordnung aus betrieblichen Gründen von der auf zweigleisigen Strecken üblichen abweichen. So wird bei Zugkreuzungen in Bahnhöfen ohne zusätzliche Sicherungen bei der Überquerung des „Hausgleises“ der erste einfahrende Zug stets auf das „hausferne Gleis“ geleitet, damit das Zugpersonal die Einfahrt des zweiten Zuges auf das „Hausgleis“ sichern kann.

Zweigleisige Strecken

Alle Hochgeschwindigkeitsstrecken und viele andere Hauptstrecken besonders in Europa sind zwecks höherer Leistungsfähigkeit zweigleisig (auch zweispurig, doppelgleisig oder doppelspurig) ausgebaut. In Preußen wurden die einzelnen Streckengleise – zugrunde gelegt war dabei der dortige der Rechtsverkehr – nach den begrenzenden Dienststellen bezeichnet: „von A nach B“ oder „von B nach A“.[3]

Mehrgleisige Trassen

Sehr stark belastete Trassen besonders im Nahbereich von Eisenbahnknotenpunkten und Ballungsräumen besitzen drei, vier oder vereinzelt auch mehr Streckengleise. Da Eisenbahnstrecken in Deutschland per Definition nur aus einem oder zwei Streckengleisen bestehen können, handelt es sich dabei aber um mehrere Strecken im Sinne des „Verzeichnis örtlich zulässiger Geschwindigkeiten“ (VzG), die in enger Nachbarschaft zueinander liegen.

Dreigleisige Trassen

Auf dreigleisigen Trassen wird in der Regel ein Gleis in beiden Fahrtrichtungen benutzt, die beiden anderen jedoch entsprechend der in dem betreffenden Land geltenden Fahrordnung jeweils in nur einer Richtung. Die Verteilung der Verkehre wird von der Steigung der Strecken bestimmt. Das dritte Gleis liegt oft in der Mitte und wird zum Beispiel ausschließlich von Güterzügen genutzt. Diese Nutzungstaktik variiert bei Mischverkehr mit Halt von Personenzügen auf einem der Durchfahrtsgleise.

Beispiele in Deutschland sind die flexibel genutzten Mittelgleise auf den dreigleisigen Schnellfahr-Abschnitten Buchholz (Nordheide)–Rotenburg (Wümme) (VzG-Strecken 2200 mit zwei Gleisen und 1283 mit einem Gleis), und Gelnhausen–Hanau (VzG-Strecken 3600 mit zwei Gleisen und 3677 mit einem Gleis).

Auf dem 12,5 Kilometer langen dreigleisigen Abschnitt der Thüringer Bahn westlich von Erfurt bis Neudietendorf hingegen werden im Regelfall das südliche und mittlere Gleis den Fahrtrichtungen entsprechend von Personenzügen genutzt (VzG-Strecke 6340) und das nördliche Gleis dient Güterzügen in beiden Fahrtrichtungen (VzG-Strecke 6291). Auf dem Abschnitt WürzburgRottendorf der Bahnstrecke Nürnberg–Würzburg fahren die Züge in Richtung Nürnberg über die beiden südlichen Gleise der VzG-Strecke 5910, das nördliche Gleis wird im Regelbetrieb von Zügen in Richtung Schweinfurt, Erfurt und Bamberg genutzt und gehört zur VzG-Strecke 5909. Im Bahnhof Rottendorf besteht allerdings noch die Möglichkeit, von allen Gleisen aus in jede Richtung weiter zu fahren.

Viergleisige Trassen

Viergleisige Trassen bestehen in der Regel aus mindestens zwei parallelen Strecken, die oft für verschiedene Zugarten ausgelegt sind:

In Deutschland handelt es sich dabei um mindestens zwei Strecken im Sinne des VzG.

Sie werden entweder im Linienbetrieb oder im Richtungsbetrieb befahren. Im Linienbetrieb werden die beiden Gleispaare wie zwei nebeneinander liegende, zweigleisige Strecken befahren, zum Beispiel: Minden–Löhne–Bielefeld–Hamm, oder in Frankreich: Thionville–Woippy(–Metz). Im Richtungsbetrieb befindet sich das eine Gleispaar in der Mitte der Strecke, während sich das andere beidseits davon außen befindet, sodass beide Gleise für eine Fahrtrichtung nebeneinander liegen, zum Beispiel: westlich von Essen Hauptbahnhof Übergang vom Linienbetrieb auf Richtungsbetrieb vor Mülheim (Ruhr) Hauptbahnhof, weiter über Duisburg Hauptbahnhof bis Duisburg-Schlenk, danach wieder Linienbetrieb in Richtung Düsseldorf Hauptbahnhof.

Der Linienbetrieb wird weitaus häufiger verwendet als der Richtungsbetrieb. Dies trifft auch auf das Gebiet mit dem weltweit dichtesten Netz viergleisiger Strecken zu, nämlich London mit seiner weiteren Umgebung sowie auf verschiedene andere längere viergleisige Streckenabschnitte in Großbritannien. Dagegen kommt der Richtungsbetrieb in Frankreich häufiger vor.

Bei vier parallel verlaufenden Gleisen können diese in manchen Fällen auch außerhalb Deutschlands als zwei nebeneinanderliegende zweigleisige Strecken angesehen werden: insbesondere dann, wenn es sich um unterschiedliche Bahnsysteme handelt.

Trassen mit mehr als vier Gleisen

Sechsgleisigkeit bei Köln-Porz (Rhein). Von links nach rechts: Rechte Rheinstrecke, Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main, Siegstrecke

Bei Trassen mit mehr als vier Gleisen handelt es sich in Deutschland dementsprechend um mindestens drei parallel trassierte VzG-Strecken, die in der Regel ebenfalls nach Zugarten und Fahrtrichtungen aufgeteilt werden, zum Beispiel der Abschnitt zwischen der Abzweigstelle (Köln–)Steinstraße und Troisdorf: Hier liegen sechs Gleise von drei VzG-Strecken, die im Linienbetrieb befahren werden: Siegstrecke (VzG-Strecke 2651) für Regionalzüge, Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main (VzG-Strecke 2690) für Hochgeschwindigkeitszüge und die Rechte Rheinstrecke (VzG-Strecke 2324) für Güterzüge.

Bei Strecken mit mehr als vier Gleisen kann auch ein Teil der Streckengleise im Linienbetrieb und ein anderer im Richtungsbetrieb angelegt sein. Diese Mischform existiert zum Beispiel auf der Bahnstrecke Köln–Duisburg zwischen Düsseldorf Hbf und Duisburg Hbf, die aus zwei bis vier einzelnen VzG-Strecken mit demselben Bahnkörper besteht:

  • Ab Duisburg beginnt sie fünfgleisig im reinen Richtungsbetrieb, dabei führen drei Gleise nach Süden (2310, 2650, 2670) und zwei Gleise nach Norden (2650 und 2670).
  • Zwischen Duisburg-Schlenk und Duisburg-Buchholz wird sie sechsgleisig, wobei die beiden Ferngleise wie beim Linienbetrieb üblich auf der Ostseite zusammengeführt werden (2650 (2)), während die restlichen vier Nahverkehrsgleise auf der Westseite im Richtungsbetrieb geführt werden (2310, 2670 (2) und 2317).
  • Nach dem Bahnhof Duisburg-Großenbaum werden die vier Gleise auf zwei reduziert, so dass zwei zweigleisige Strecken im Linienbetrieb verbleiben (2650 und 2670).
  • Nach dem Bahnhof Düsseldorf-Flughafen wird die Strecke wieder sechsgleisig, dieses Mal aber im reinen Linienbetrieb; die Ferngleise auf der Ostseite (2650), die S-Bahn-Gleise in der Mitte (2407 bzw. ab Derendorf Dp 2400) und zwei Regionalgleise auf der Westseite (2670), vornehmlich für Regional-Express-Züge, die im Düsseldorfer Hauptbahnhof enden bzw. beginnen.

In den USA gab es aufgrund der mangelnden technischen Möglichkeiten und der Tatsache, dass stellenweise mehrere Eisenbahngesellschaften ihre Strecken nebeneinander führten, vereinzelt besonders im Bereich großer Eisenbahnknotenpunkte Streckenabschnitte mit mehr als vier Gleisen, die heute teilweise reduziert wurden.

Anteil der zwei- und mehrgleisigen Trassen

Weltweite Verteilung

Entsprechend dem Entwicklungsstand der Länder und ihrer Eisenbahnnetze haben die meisten europäischen Länder sowie die Nachfolgestaaten der Sowjetunion in ihren Eisenbahnnetzen im weltweiten Vergleich den weitaus höchsten Anteil zwei- und mehrgleisiger Strecken, meistens mehr als 20 %. Außerhalb Europas beträgt ihr Anteil in Ägypten, Südafrika, Japan, Korea, der Volksrepublik China und Indien mindestens 20 %. Dagegen liegt deren Anteil am Gesamtnetz nicht nur in fast allen Ländern der so genannten Dritten Welt darunter, sondern auch in den USA: dort sind beispielsweise im größten Bundesstaat Texas bis auf kurze Abschnitte im Bereich seiner drei größten Städte Houston, Dallas und San Antonio sowie eines längeren Abschnittes bei Amarillo alle Strecken eingleisig, ebenso wie fast alle Strecken in der Westhälfte des Landes mit Ausnahme verschiedener längerer zweigleisiger Abschnitte der beiden Transkontinentalbahnen von San Francisco und Los Angeles nach Chicago sowie der Strecke SeattlePortland. Die Transsibirische Eisenbahn als russische Transkontinentalbahn und längste Eisenbahnstrecke der Welt ist durchgehend zweigleisig.

Rückbau und Ausbau heute

Besonders in Nordwest- und Mitteleuropa sowie in Kanada und den USA wurden bereits viele früher zweigleisige Strecken auf nur mehr ein Gleis zurückgebaut, was auch heute weiterhin geschieht.

In Deutschland wurde im Bereich der sowjetisch besetzten Zone (spätere DDR) und der Französischen Besatzungszone nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Besatzungsmächte auf fast allen zweigleisigen Strecken das zweite Gleis demontiert, so dass dort viele Hauptstrecken zunächst nur noch eingleisig waren und das zweite Gleis teilweise auch niemals wiederaufgebaut wurde. Die Bahnhofsanlagen blieben meist im Originalzustand. Die ausgebauten Gleise wurden zur Reparatur der Kriegsschäden in den Gebieten der Besatzungsmächte verwendet.

Dagegen werden in vielen anderen Ländern einschließlich verschiedener Entwicklungsländer wie Marokko, Iran oder Indien auch heute noch eingleisige Strecken zweigleisig ausgebaut; dasselbe betrifft in Nordwest- und Mitteleuropa im Gegensatz zu dessen meisten anderen Ländern auch Österreich und die Schweiz. Nur in diesen beiden zuletzt genannten Ländern sowie in Belgien, Luxemburg und Großbritannien sind mehr als 50 % der Eisenbahnstrecken zwei- und mehrgleisig. In den Niederlanden wurden in der Vorkriegszeit viele Strecken völlig oder teilweise zweigleisig ausgebaut. Im Krieg hat die deutsche Besatzungsmacht das zweite Gleis demontiert, so dass dort viele Hauptstrecken zunächst nur mehr eingleisig waren. In der Nachkriegszeit wurde das zweite Gleis fast überall wiederaufgebaut. Jetzt werden dort auch in größerem Umfang dritte und vierte Gleise an bereits zweigleisigen Strecken gebaut.

Fahrordnung in den einzelnen Ländern

Rechts- oder Linksbetrieb bei Mehrgleisigkeit in den Staaten weltweit

In jedem Staat wird im Regelfall für jede Richtung ein festgelegtes Gleis benutzt (Fahrordnung oder Betriebsrichtung): entweder in Fahrtrichtung das linke (Linksbetrieb, Linksverkehr) oder das rechte (Rechtsbetrieb, Rechtsverkehr). Dementsprechend befinden sich die Signale bei Linksbetrieb links und bei Rechtsbetrieb rechts vom Gleis. Dabei stimmt die Fahrordnung der Eisenbahn nicht immer mit derjenigen des Straßenverkehrs überein: in einigen Ländern mit Linksbetrieb der Eisenbahn fahren die Autos auf der rechten Straßenseite.

In wenigen Ländern wird aus historischen Gründen abweichend davon auf einigen mehrgleisigen Strecken links, auf anderen jedoch rechts gefahren.

Die ursprünglich starr festgelegte Fahrordnung der einzelnen Länder bzw. Eisenbahnnetze wurde ab den 1950er-Jahren vereinzelt und später häufig durch den Gleiswechselbetrieb aufgeweicht, wobei beide Streckengleise in beiden Fahrtrichtungen befahren werden; in Zeiten schwächerer Streckenbelastung jedoch meistens die ursprüngliche Fahrordnung beibehalten wird.

An Stellen mit Wechsel der Fahrordnung erfolgt dieser entweder im (Grenz-)Bahnhof (Beispiel: Strecke RotterdamAntwerpen rechts, ab dem niederländischen Grenzbahnhof Roosendaal nach Belgien jedoch links) oder mittels Überwerfungsbauwerk auf freier Strecke (zum Beispiel an mehreren Stellen in Frankreich oder bei der Münchner S-Bahn zwischen Giesing und Fasangarten).

Ein betriebsbedingtes Kuriosum gibt es in den Niederlanden. Die Schnellzüge (Intercity) zwischen Rotterdam/Den Haag – Gouda – Utrecht – Amersfoort – Enschede/Leeuwarden/Groningen müssen in Utrecht gewendet werden. Darum gibt es eine zweigleisige Ein- und Ausfahrt der Ferngleise an der Nordseite des Bahnhofs Utrecht. Um die Züge in Utrecht Richtung Amersfoort wenden zu können, wird auf den Ferngleisen zwischen Utrecht und Utrecht Blauwkapel links gefahren. Nach Blauwkapel existiert ein Überwerfungsbauwerk und eines der Ferngleise kreuzt das andere Ferngleis und die Nahverkehrsgleise. Danach wird wieder rechts gefahren.

Die Fahrordnung von Untergrundbahnen stimmt nicht immer mit derjenigen der Eisenbahn im gleichen Land überein: in Ländern mit Linksbetrieb der Eisenbahn und Rechtsverkehr beim Straßenverkehr fahren U-Bahn-Züge ebenfalls häufig, aber nicht immer auf dem rechten Gleis. Dies kann auch innerhalb des Landes variieren, so fahren beispielsweise die Métros von Paris und Marseille rechts, die von Lyon jedoch links.

Geschichte der Fahrordnung

Die Fahrordnung der Eisenbahn wurde meistens von der bestehenden Fahrordnung des Straßenverkehrs übernommen, weshalb die Eisenbahn in der Frühzeit wie die Pferdefuhrwerke meistens auf zweigleisigen Strecken links fuhr. Hinsichtlich der damals vorherrschenden Dampfloktechnik war das Linksfahren jedoch nachteilig, da der Heizer zwangsläufig auf der rechten Seite des Führerstandes arbeiten musste, damit der Lokführer auf dessen linker Seite die links vom Gleis stehenden Signale sehen konnte, was für den gewöhnlich rechtshändigen Heizer eine Arbeitserschwernis zur Folge hatte. Im Laufe der Zeit gingen verschiedene Bahnen daher teilweise oder vollständig vom Linksbetrieb auf den Rechtsbetrieb über, zum Beispiel in Deutschland die ehemaligen Gesellschaften: Leipzig-Dresdner Bahn, Großherzoglich Badische Staatsbahn und Hannoversche Staatsbahn; oder die Eisenbahn Russlands. Dagegen wurden in der Schweiz einige anfangs rechts befahrene Strecken zwecks Vereinheitlichung auf Linksbetrieb umgestellt.

Zweigleisige Eisenbahnstrecken in ehemaligen Kolonien haben in der Regel die Fahrordnung des früheren Mutterlandes. Ausnahme: Niederlande jetzt rechts, deren frühere Kolonie Indonesien jedoch links.

Zur weiteren Steigerung der Leistungsfähigkeit zweigleisiger Strecken wurde ab Mitte des 20. Jahrhunderts der Gleiswechselbetrieb eingeführt: dabei können paarige Streckengleise von Zügen gleichzeitig in gleicher Richtung befahren werden und auch einander ohne Halt überholen. Hierdurch wurde die starre Festlegung der Fahrordnung aufgehoben, obgleich auch auf Strecken mit Gleiswechselbetrieb gewöhnlich für jede Richtung das der in dem betreffenden Land hergebrachten Fahrordnung entsprechende Gleis benutzt wird und das andere nur bei Bedarf. Gegenüber einer bisher starr festgelegten Fahrordnung auf mehrgleisigen Strecken ermöglicht die Eisenbahnsicherungstechnik beim heutigen Stand der Technik die flexible Nutzung jedes Gleises für verschiedene Fahrtrichtungen.

Auffällig ist, dass sich Länder mit höherem Anteil zwei- und mehrgleisiger Strecken sowie mit Rechtsbetrieb der Eisenbahn fast nur auf der Nordhalbkugel der Erde befinden. In den kursiv geschriebenen Ländern sind mindestens 20 % der Strecken zwei- und mehrgleisig:

Linksbetrieb

Linksbetrieb in Pepinster an der Wesertalstrecke in Belgien

Linksbetrieb mit Ausnahmen

Linksbetrieb und Rechtsbetrieb als Regelfahrordnungen

  • Österreich: Es herrschte während der Donaumonarchie bezüglich der Fahrordnung ein ziemliches Durcheinander als Folge des Baues durch verschiedene Gesellschaften, die jeweils ihre eigene Fahrordnung hatten. Im Zuge des Anschlusses an das Deutsche Reich im Jahre 1938 wurde damit begonnen, in Österreich die Rechtsfahrordnung einzuführen, dieses Vorhaben blieb aber im Zweiten Weltkrieg stecken. So wurde nach dem Krieg im Bereich der Bundesbahndirektionen Wien und Villach links, im Bereich der Bundesbahndirektionen Linz und Innsbruck rechts gefahren, was zur Folge hatte, dass Züge der Westbahn im Bahnhof Amstetten von Links- auf Rechtsverkehr wechselten. Da in Tirol zwischen Wörgl und Brenner aus historischen Gründen ebenfalls Linksbetrieb herrschte, mussten alle Züge in Wörgl Hauptbahnhof und die Arlbergzüge in Innsbruck Hauptbahnhof wiederum das Regelgleis wechseln. Seit 1993 ist allerdings auch die Strecke Wörgl – Brenner auf Rechtsfahrordnung umgestellt. Bis 2012 wurde noch auf der Südbahn einschließlich der Semmeringbahn (Wien – Werndorf), der Nordbahn (Wien – Hohenau – Břeclav/Tschechien), der Strecke Absdorf-Hippersdorf – Tulln – Wien sowie den meisten Strecken im Wiener Stadtgebiet links gefahren, ansonsten dagegen rechts, einschließlich der beiden früher links befahrenen Strecken Westbahn (Wien – Amstetten) und Brennerbahn (Wörgl – Innsbruck – Brenner – Italien). Allerdings sind die mehrgleisigen Strecken in Österreich signaltechnisch praktisch vollständig für Gleiswechselbetrieb ausgerüstet. Am 6. August 2012 wurden große Teile des Streckennetzes im Osten auf Rechtsbetrieb umgestellt, Linksverkehr besteht seitdem nur mehr auf der Südbahn zwischen Payerbach-Reichenau und Werndorf, auf der Franz-Josefs-Bahn zwischen Wien Franz-Josefs-Bahnhof und Absdorf-Hippersdorf und auf der Laaer Ostbahn zwischen Wien Südbahnhof und Wien Süßenbrunn. Am 13. Dezember 2015 wurde auch der Abschnitt Wien Hauptbahnhof – Wien Süßenbrunn auf Rechtsverkehr umgestellt.
  • Spanien: Auf der ehemaligen Nordbahn (Norte) von (Frankreich –) Irún über Burgos und Valladolid nach Madrid nebst weiteren Strecken in deren Einzugsbereich besteht Linksbetrieb, während auf den zweigleisigen Streckenabschnitten der ehemaligen Eisenbahngesellschaft MZA (Madrid – Saragossa – Alicante) östlich und südlich von Madrid und in Madrid selbst sowie den Hochgeschwindigkeitsstrecken rechts gefahren wird. Der Übergang zwischen den Fahrordnungen erfolgt in einem komplizierten planfrei angelegten Gleisdreieck im Nordwesten von Madrid. Im nordspanischen Meterspurnetz der FEVE sind die Strecken um die Städte Bilbao, Zaragoza sowie Oviedo und Gijón zweigleisig ausgebaut, hier besteht im Regelfall Linksfahrbetrieb.

Rechtsbetrieb mit Ausnahmen

Rechtsbetrieb

Mehrgleisigkeit bei Straßenbahnen

Trassierung in Seitenlage bei der Straßenbahn Osijek

Straßenbahn-Strecken sind heute meist ebenfalls zweigleisig ausgeführt. Ausnahmen hiervon sind beispielsweise Engstellen in historischen Stadtkernen, bestimmte Außenstrecken in Vororten und Teilstrecken von Überlandstraßenbahnen. Beim typischerweise dichten Taktfahrplan einer Straßenbahn ist die zweigleisige Trassierung unverzichtbar, um einen pünktlichen Betrieb zu gewährleisten. Nicht selten wurden aber auch selten befahrene Abschnitte zweigleisig ausgebaut, um zu verhindern, dass Straßenbahnwagen dem Individualverkehr frontal entgegenkommen.

Eine typisch österreich-ungarische Besonderheit ist die nach Fahrtrichtungen getrennte Anlage der Gleise in Seitenlage, das heißt am Straßenrand. Man findet diese heute beispielsweise noch – meist auf breiten innerstädtischen Boulevards – in Wien bei der Ringlinie, in Zagreb, in Osijek, in Lemberg sowie ferner bei der Straßenbahn Pjöngjang. Diese Trassierung ermöglicht es den Fahrgästen, direkt vom Gehweg aus einzusteigen, ohne sich den Gefahren des Straßenverkehrs aussetzen zu müssen. Im Gegenzug können Individualverkehrsteilnehmer ungehindert überholen, zwischen den Gleisen können ferner Abbiegefahrstreifen angelegt werden, so dass Linksabbieger eine geradeaus fahrende Straßenbahn auch bei Gegenverkehr nicht behindern. Außerdem müssen bei Trassierung in Seitenlage keine Haltestelleninseln angelegt werden, als Bahnsteig dient der Gehweg. Dadurch ist auch der Höhenunterschied beim Ein- und Ausstieg etwas geringer, was sich positiv auf die Fahrgastwechselzeit auswirkt. Vereinzelt ist es bei dieser Sonderform üblich, zwischen den Gleisen zu halten oder zu parken.

Jedoch überwiegen bei der seitlichen Trassierung die Nachteile. So laufen an Einmündungen unachtsam einfahrende Verkehrsteilnehmer Gefahr, direkt mit der Straßenbahn zu kollidieren. Zudem behindern langsame Radfahrer, unachtsam auf die Fahrbahn tretende Fußgänger, Paketzusteller, Müllfahrzeuge, Taxen oder andere kurz anhaltende Kraftfahrer die schnelleren Straßenbahnen. Im Gegenzug stellen die Rillenschienen eine potentielle Gefahr für Radfahrer dar. Ferner sind beim Rechtsabbiegen engere Radien erforderlich, die nicht überall umsetzbar sind. Teilweise müssen die Straßenbahnen daher erst nach links abbiegen, um anschließend das Geradeausgleis zu kreuzen. Außerdem können am Straßenrand keine Parkplätze angeboten werden.

In anderen Fällen ist es üblich, die beiden Richtungsgleise der Straßenbahn links und rechts eines Grünstreifens beziehungsweise einer Parkanlage anzuordnen. Eine weitere Besonderheit ist die Anlage sogenannter Parallelstrecken. Hierbei verkehren die Bahnen stadtauswärts durch einen anderen Straßenzug als stadteinwärts. Ursächlich für diese Betriebsform sind meist Einbahnstraßen.

An besonders engen Stellen, meist Kurven, ist es üblich, ein sogenanntes Begegnungsverbot zu signalisieren. Dies kann für alle dort verkehrenden Straßenbahnen ausgesprochen werden oder aber auf besonders breite Typen beschränkt sein und kann bis hin zu Gleisverschlingungen führen.

Literatur

  • Röll: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens bei Zeno.org. Zweite, vollständig neu bearbeitete Auflage 1912–1923: Victor von Röll (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, gedruckt von Urban & Schwarzenberg Verlag, Berlin/Wien (1912).
  • André Schontz: Le sens de circulation des trains en Alsace-Moselle (franz.). März 2011
  • Wilhelm Müller: Eisenbahnanlagen und Fahrdynamik, Berlin (West)/Göttingen/Heidelberg: Springer-Verlag; Band 1: 1950, Band 2: 1953.
  • Ewald Grassmann: Handbuch des Eisenbahnbauwesens. Darmstadt: Carl-Röhrig-Verlag, 1961.
  • Ralf Roman Rossberg: Geschichte der Eisenbahn. Künzelsau: Sigloch Service Edition, 1977 (S. 519–521: Nicht alle Bahnen fahren rechts).
  • Gérard Blier: Nouvelle géographie ferroviaire de la France. Paris: La Vie du Rail. Tome (Band) I: Le réseau: structure et fonctionnement 1991, ISBN 2-902808-34-8 (S. 42–49).
  • [Friedrich] Wernekke: Rechts- und Links-Fahren. In: Zeitung des Vereins Mitteleuropäischer Eisenbahn-Verwaltungen N° 22 vom 1. November 1944 (S. 334–336).[4]
  • Erich Preuß: Rechts oder links. In: Eisenbahn-Magazin 7/2004 (S. 39).[4]

Die früher in Papierform herausgegebenen Statistiken des Internationalen Eisenbahnverbandes (Union Internationale des Chemins de fer, kurz UIC, Website: http://www.uic.asso.fr/home/home_de.html) enthielten unter anderem Angaben über die Länge zwei- und mehrgleisiger Strecken sowie die Fahrordnung bei den meisten Mitgliedsbahnen, letzteres allerdings manchmal fehlerhaft. Dies wird nicht mehr fortgeführt.

Einzelnachweise

  1. Richtlinie 408, Modul 408.0102 der Deutschen Bahn AG
  2. Jörn Pachl: Systemtechnik des Schienenverkehrs: Bahnbetrieb planen, steuern und sichern. 6. Auflage, Vieweg + Teubner 2011, S. 214. ISBN 978-3-8348-1428-9, doi:10.1007/978-3-8348-8307-0.
  3. Eisenbahndirektion Mainz (Hrsg.): Amtsblatt der Königlich Preußischen und Großherzoglich Hessischen Eisenbahndirektion in Mainz vom 6. Februar 1904, Nr. 6. Bekanntmachung Nr. 67, S. 46.
  4. a b Wernekke gibt für Indien falsch Rechtsbetrieb an. Dieser Fehler wurde im Artikel Preuß übernommen. Tatsächlich besteht jedoch in Indien bei der Eisenbahn von jeher Linksbetrieb. Das ergibt sich schon aus seiner Geschichte als ehemalige britische Kolonie, wo folglich ebenso wie im damaligen Mutterland Großbritannien die Eisenbahn auf doppelspurigen Strecken ebenso wie die Autos links fahren. Nachgewiesen ist der Linksbetrieb der indischen Eisenbahnen unter anderem in den Bahnhofsplänen aus der hier zitierten Literatur.