Luftkrieg im Ruhrgebiet (1939–1945)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 11. September 2016 um 02:24 Uhr durch Dateientlinkerbot (Diskussion | Beiträge) (Bot: Entferne Commons:File:1942G03701.jpg (de) da die Datei gelöscht wurde. (Missing source as of 3 September 2016 - Using VisualFileChange.)). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Britisches Flugblatt (1943)
Handley Page Halifax über Wanne-Eickel (1944)

Der Luftkrieg im Ruhrgebiet war ein strategischer Angelpunkt des Zweiten Weltkriegs. Wie schon im Ersten Weltkrieg zielten die zahllosen Luftangriffe der Alliierten darauf, die Produktion und den Transport kriegswichtiger Güter in der „Waffenschmiede des Deutschen Reiches“ zu zerschlagen. Sie richteten sich auch gegen die Zivilbevölkerung der Agglomeration (Morale-Bombing-Strategie) und beschränkten sich nicht auf den Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk, sondern umfassten die ganze Metropolregion Rhein-Ruhr. Das Flächenbombardement gipfelte 1943 in der fünfmonatigen Battle of the Ruhr. Die Luftangriffe endeten erst nach dem Ruhrkessel und der Einnahme des Ruhrgebietes im April 1945. Zerstörung und Wiederaufbau des „Reviers“ wirken bis heute nach.

Strategische Lage

Dass die Wehrmacht am 1. September 1939 den Polenfeldzug begonnen hatte, veranlasste die Dritte Französische Republik und das Vereinigte Königreich am 3. September zur Kriegserklärung an das Deutsche Reich. Die deutsche Flugabwehr konnte nicht verhindern, dass 19 zweimotorige Armstrong Whitworth Whitley-Bomber in derselben Nacht Flugblätter abwarfen und militärische Aufklärung betrieben. Im Rheinland und im Ruhrgebiet warnten Millionen von britischen Flugblättern vor Großbritanniens Plänen.[1] Vor dem Krieg hatte Hermann Göring noch am 9. August 1939 in Essen versprochen, dass das Ruhrgebiet „nicht einer einzigen Bombe feindlicher Flieger ausgeliefert“ würde und er sich persönlich um jede zusätzliche Flakbatterie kümmern wolle.

Erste Angriffe

Vickers Wellington
Bristol Blenheim

Das Luftgefecht über der Deutschen Bucht veranlasste die Royal Air Force zur Umstellung auf nächtliche Angriffe. Allerdings erschwerte die Verdunklung im Deutschen Reich die Navigation.[2] Unmittelbar nach dem Beginn des Westfeldzuges im Mai 1940 begannen die nächtlichen Luftangriffe auf das Rhein-Ruhr-Gebiet. Beim ersten großen Schlag in der Nacht vom 15. Mai 1940 zielten die 99 britischen Flugzeuge vor allem auf die Hydrierwerke in Oberhausen, Castrop-Rauxel, Wanne-Eickel, Dortmund, Gelsenkirchen und Bottrop. Von Mai bis in den Winter 1940/41 wurden der Rangierbahnhof Hamm, der Rangierbahnhof Soest, die Güterbahnhöfe Geisecke, Osnabrück und Münster (Westfalen), der Güterbahnhof Duisburg, der Rangierbahnhof Gremberg und der Bahnhof Düsseldorf-Derendorf bombardiert. Weitere Ziele waren Hydrierwerke, Kokereien, Flugzeugwerke und andere Betriebe der Rüstungsindustrie, vor allem die Werke der Friedrich Krupp AG in Essen. Die allnächtlichen Bombardierungen der Industriebetriebe machten schwere Sachschäden, bedingten aber 1940/41 relativ geringe Produktionsverluste.

Ab Januar 1941 ging das RAF Bomber Command mit größeren Angriffsverbänden gegen Einzelziele vor, um eine größere Schadenswirkung zu erreichen.[A 1] 135 Flugzeuge bombardierten in der Nacht vom 9. Januar 1941 die Hydrierwerke Scholven und Gelsenberg; wie schon die über 30 vorausgegangenen Angriffe konnte jedoch auch diese Operation nur geringe Schäden anrichten. Ein erneuter Angriff auf Gelsenkirchen am 14. März 1941 war wesentlich erfolgreicher. Von zahlreichen Spreng- und Brandbomben getroffen, fiel das für die Erzeugung von synthetischen Flugbenzin wichtige Scholven für zwei Wochen teilweise aus.[3] Der bereits Ende 1940 ausgearbeitete Plan zur Ausschaltung der Hydrierwerke wurde bis 1944 zugunsten der Flächenbombardierungen beiseitegelegt.[4] Dass man sich von Industriezielen abwandte, lag auch am über dem Ruhrgebiet damals häufig auftretenden Smog und Nebel. Diese „Tarnkappe“ behinderte die britischen Bomber bis zur Einführung der bodengestützten „Oboe“-Funknavigation Ende 1942 und des „H2S“-Bordradars kurz darauf erheblich mehr als die massive Flakabwehr.[3]

Flächenangriffe

Der Deutsch-Sowjetische Krieg veränderte die politische und strategische Situation. Britannien stand nicht mehr allein gegen Deutschland. Mit der Sowjetunion hatte es einen neuen Verbündeten. Winston Churchill wollte ihm überzeugende Erfolge im Luftkrieg vorweisen. Das westdeutsche Eisenbahnnetz wurde Ziel der Transport Directive vom 9. Juli 1941. Die Logistik der deutschen Ostfront sollte behindert werden. Die RAF griff deshalb ab Juni 1941 verstärkt Eisenbahnanlagen in Westdeutschland an, musste sich aber wegen der noch unzureichenden Navigations- und Zielfindungsmittel vor allem auf Städte im Rheinland beschränken.[3]

Das Bomber Command war zu Kriegsbeginn davon ausgegangen, mit nur 240 zweimotorigen schweren Bombern die gesamte deutsche Treibstoffversorgung und die eisenbahngestützte Verkehrsinfrastruktur des Ruhrgebietes ausschalten zu können.[A 2] Bis Anfang 1942 standen die Auswirkungen der britischen Luftangriffe in keinem Verhältnis zum materiellen Aufwand und zu den Personalverlusten. Der Butt-Report bestätigte diese Sicht durch detaillierte Auswertungen von Angriffs- und Aufklärungsfotos im August 1941.[5][6] David Bensusan-Butt analysierte mehr als 600 Aufklärungsphotos, die nach nächtlichen Bombenangriffen gemacht worden waren. Die Ergebnisse des Butt Reports übertrafen die Erwartungen der Kritiker der Bomberoffensive.[A 3] Nur bei einem Viertel der nächtlichen Einsätze über Deutschland trafen die Bomben ihre Ziele innerhalb eines Radius von fünf Meilen, im Ruhrgebiet sogar nur bei einem Zehntel.[7] Der Bericht berücksichtigte nicht die Einsätze, bei denen Bomben auf Grund von Versagen der Ausrüstung, Feindeinwirkung, Wetter, oder Verirren der Piloten nicht abgeworfen werden konnten. Unter Einbeziehung dieser Daten trafen insgesamt nur 5 % der Bomber ihre Ziele.[8]

Erste Luftschlacht über der Ruhr (1943)

In Großbritannien forderten politische Gremien einen Wechsel der Luftkriegsstrategie, weil die gezielten Luftangriffe auf einzelne Verkehrs- und Industrieanlagen nicht die gewünschten Erfolge brachten. Das Bomber Command entwickelte im Herbst 1941 Pläne für ein Flächenbombardement, das sich gegen alle Großstädte und viele Mittelstädte im Deutschen Reich richten sollte. Am 14. Februar 1942 wurde vom Air Ministry die Area Bombing Directive herausgegeben. Arthur Harris, ein Befürworter des Flächenangriffs, wurde am 22. Februar 1942 zum Leiter des Bomber Command berufen.[9] Nach der Trenchard-Doktrin sollte die Bombardierung von Wohngebieten die Kriegsbereitschaft der Zivilbevölkerung schwächen.[10][11][12][13][14]

Seit dem Frühjahr 1942 erleichterte die GEE (Navigation) die Positionsbestimmung, die Flugplanung und die Lokalisierung von Angriffszielen. Außerdem begann die RAF mit dem Aufbau einer schlagkräftigen Flotte der viermotorigen Avro Lancaster, Handley Page Halifax und Short Stirling. Im Juli 1942 kam die zweimotorige De Havilland Mosquito zum Einsatz. Auch die Bombenlast wurde erweitert; zu den Sprengbomben kamen auch Luftminen und Brandbomben. Im Sommer 1942 wurden auch neue Verfahren zur Markierung von Angriffszielen entwickelt. Auf den Abwurf von Flugblättern wurde bei Flächenangriffen nicht verzichtet. Seit 1942 nahm die Menge der regelmäßig über dem Reich abgeworfenen Flugblätter und Flugblattzeitungen stetig zu. Anfang 1943 war das Bomber Command für größere Angriffsvorhaben gerüstet. Zusammen mit der Oboe-Navigation und dem H2S-Radar ermöglichten die nun in größeren Zahlen vorhandenen viermotorigen Langstreckenbomber die lange geplante Luftoffensive gegen das Rhein-Ruhr-Gebiet.[9]

Battle of the Ruhr

Mosquito-Zielmarkierer der Pathfinder Force

Der Angriff auf Essen war der Auftakt zu einer bis Mitte Juli 1943 währenden fünfmonatigen britischen Luftoffensive, die als Battle of the Ruhr bekannt wurde. Gemeinsam mit der zu Jahresbeginn 1943 verlorenen Schlacht von Stalingrad und dem Ende des Tunesienfeldzugs im Mai 1943 (Kapitulation des Afrikakorps) wurden diese Angriffe als Wendepunkt des Krieges empfunden. Von der RAF zur Ruhr area gezählt, mussten Köln, Düsseldorf, Aachen, Krefeld, Bielefeld, Münster (Westfalen), München-Gladbach und Wuppertal zahllose Luftangriffe ertragen. Mit Ausnahme von Hagen waren im Frühjahr und Sommer 1943 alle Großstädte an Rhein und Ruhr bombardiert worden, wobei die Monate Mai und Juni den Höhepunkt der Luftoffensive darstellten. Die Verluste unter der deutschen Bevölkerung und den ausländischen Zwangsarbeitern lagen bei etwa 15.000 Menschenleben. Am 11. Juni 1943 verfügte das Bomber Command über 726 Flugzeuge und Besatzungen, beim letzten Angriff dieser Offensive am 9. Juli waren es nur noch 623.[15] Die Battle of the Ruhr führte erstmals im Deutschen Reich zu nachhaltigen Schäden und Produktionsverlusten in der Rüstungsindustrie.[16][17]

Vorausfliegende Flugzeuge der „Pathfinder Force“ markierten mit langbrennenden Leuchtbomben das Zielgebiet. Diesen „Christbäumen“ folgten Luftminen und Blockbuster (Wohnblockknacker), deren Druckwellen Dächer abdeckten und Fensterscheiben zerstörten. Anschließend fielen Stabbrandbomben in die beschädigten Häuser, in denen Zugluft die entstehenden Brandherde zu Großbränden anwachsen ließ. Es folgten mit Zeitzündern versehene Spreng- und Splitterbomben. Wasserleitungen wurden zerstört, Straßen unpassierbar gemacht und Löschtrupps ausgeschaltet, so dass die zahllosen Einzelbrände zu Feuerstürmen wurden. Über manchen Stadtteilen bildeten sich nach oben steigende Heißluftsäulen, die am Boden große Mengen Luft ansaugten und so orkanartige Stürme erzeugten. Viele Hunderte Menschen starben in Kellern wie im Freien an Hitzschlag, Überdruck, Verbrennungen oder einer Kohlenmonoxidvergiftung.[18]

Luftangriffe in der Battle of the Ruhr[19]
Datum
Angriffsziel
Beschreibung
5. März 1943 Essen RAF roundel In den späten Nachmittagsstunden starteten auf Flugplätzen in Ost- und Mittelengland über 442 Flugzeuge. Gegen 21:00 Uhr markierte eine mit dem OBOE-Navigationssystem an die Stadt Essen herangeführte zweimotorige Mosquito der Pathfinder Force mit farbigen Christbäumen die Krupp-Werke und die Essener Innenstadt. Anschließend warfen rund 360 Bomber (Wellingtons, Halifaxes, Stirlings and Lancasters) innerhalb einer Stunde in drei Wellen rund 1100 Tonnen Spreng- und Brandbomben auf das Stadtgebiet ab, wovon die Bomben von nur 153 Flugzeugen in einem Radius von drei Meilen (5 km) um den Zielpunkt niedergingen.[20] Mindestens 457 Menschen fanden den Tod und über 3000 Gebäude wurden völlig zerstört, wodurch Zehntausende obdachlos wurden.[17] Die Krupp-Werke nahmen erstmals größeren Schaden. 14 britische Flugzeuge gingen bei dem Angriff verloren.[19] Die Bilanz dieses ersten schweren britischen Bombenangriffs auf Essen lässt sich mit den Folgen der sog. Operation Millennium auf Köln am 30./31. Mai 1942 vergleichen. Bis zum 5. März 1943 war der Angriff auf Köln der bisherige Höhepunkt der britischen Luftkriegführung gegen das Deutsche Reich.
9./10. März 1943 Ruhr RAF roundel 8 Mosquitos über der Ruhr
10./11. März 1943 Essen und Mülheim an der Ruhr RAF roundel 2 Mosquitos
12./13. März 1943 Essen RAF roundel Die RAF verlor 23 Flugzeuge
26./27. März 1943 Duisburg RAF roundel Ein wegen Bewölkung und technischen Problemen mit dem Funknavigationssystem weit gestreuter Luftangriff durch eine große Zahl von RAF-Flugzeugen.
29./30. März 1943 Bochum RAF roundel Von 149 Wellingtons und 8 Mosquitos der Pathfinder Force verlor die RAF 8 %. Der Angriff war wegen Bewölkung und technischer Probleme mit dem Funknavigationssystem erfolglos.
3./4. April 1943 Essen RAF roundel Luftangriff mit 348 Bombern[21]
8./9. April 1943 Duisburg RAF roundel Von 392 RAF Flugzeugen kehrten 4.8 % nicht zurück.[21]
9./10. April 1943 Duisburg RAF roundel Von 104 Lancasters und 5 Mosquitos kehrten nach einer weitverstreuten Attacke acht nicht zurück.[21]
1943-04-2626./27. April 1943 Duisburg RAF roundel Von 561 Flugzeugen kehrten 3 % nicht zurück. Viele Gebäude wurden zerstört, besonders im Nordosten von Duisburg.[21]
30. April/1. Mai 1943 Essen RAF roundel 305 Flugzeuge[19]
4./5. Mai 1943 Dortmund RAF roundel In dieser Nacht griff der bisher größte Verband mit 596 viermotorigen Maschinen Dortmund an, wobei 690 Menschen ihr Leben verloren.
13./14. Mai 1943 Bochum RAF roundel Von 442 RAF Bombern gingen 5,4 % verloren. Die Bomben verfehlten viele ihrer Ziele durch Ablenkzielmarkierung. Trotzdem fanden mehr als 360 Personen den Tod, mehr als 1.000 wurden verletzt. Das Rathaus erlitt schwere Schäden.[22]
17. Mai 1943 Möhne-Talsperre und Edersee RAF roundel In der Nacht zum 17. Mai 1943 gelang es einer britischen Spezialeinheit der No. 5 Bomber Group mit 14 Bombern im Rahmen der Operation Chastise die Staumauern der Möhne-Talsperre und des Edersees mit Hilfe von Rollbomben zu zerstören. Mehr als 130 Millionen Tonnen Wasser ergossen sich als Sturzflut aus der Möhne-Talsperre und überfluteten das Ruhrtal zwischen Neheim-Hüsten und Hagen. Die Flut töteten (je nach Quelle) zwischen 1284 und 1900 Menschen.[23] Die Versorgung des Ruhrgebietes mit Strom aus Wasserkraft wurde nur kurz unterbrochen. 40 % der angreifenden Flugzeuge kehrten nicht zurück.
23/24. Mai 1943 Dortmund RAF roundel Bei dem zweiten schweren Angriff auf Dortmund warfen 826 Bomber erstmals über 2000 Tonnen Bomben in einer Nacht ab. Die Hoesch Stahlwerke stellten daraufhin ihre Produktion ein.[24] Die RAF verlor 4,8 % der eingesetzten Flugzeuge. Joseph Goebbels schrieb nach den Angriffen auf Dortmund in sein Tagebuch: Die Berichte, die aus Dortmund kommen, sind ziemlich grauenerregend. [...] Wir befinden uns in einer hilflosen Unterlegenheit und müssen die Schläge der Engländer und Amerikaner mit verbissener Wut entgegennehmen.[25]
25/26. Mai 1943 Düsseldorf RAF roundel 729 Bomber griffen Düsseldorf an, wobei Wolken und Ablenkungsfeuer eine weitverstreute Bombardierung verursachten. Die RAF verlor 3,6 % ihrer Flugzeuge.
27/28. Mai 1943 Essen RAF roundel Von 518 Flugzeugen verlor die RAF 4,4 %. Weitverstreute Bombardierung führte zu Schäden in Teilen Essens und zehn umliegenden Städten.
29/30. Mai 1943 Wuppertal RAF roundel Bei dem Luftangriff auf Wuppertal-Barmen durch 719 Bomber entwickelte sich ein den Stadtteil größtenteils vernichtender ca. 4,0 km² großer Feuersturm.
11./12. Juni 1943 Düsseldorf RAF roundel Luftangriff mit 783 Flugzeugen, von denen 4,9 % nicht zurückkehrten. Ein Teil der Bomben verfehlte sein eigentliches Ziel wegen inkorrekter OBOE-Zielanweisung um ca. 23 km. Eine Fläche von 130 acres (~ 0,5 km²) wurde zerstört.
12./13. Juni 1943 Bochum RAF roundel 503 RAF-Bomber verursachten schwerwiegende Schäden im Zentrum von Bochum.[19] 4,8 % der Flugzeuge kehrten nicht zurück.
14./15. Juni 1943 Oberhausen RAF roundel Von 197 Lancasters und zusätzlichen OBOE-Mosquitos kehrten 8,4 % nicht zurück.
16./17. Juni 1943 Köln RAF roundel Von 212 Bombern verlor die RAF 14. Bewölkung und fehlerhaftes Gerät resultierten in weitgestreutem Bombardement.
17./18. Juni 1943 Köln und Ruhr RAF roundel 3 Mosquitos, keine RAF-Verluste.
19./20. Juni 1943 Köln, Duisburg und Düsseldorf RAF roundel 6 Mosquitos, keine RAF-Verluste.
21./22. Juni 1943 Krefeld RAF roundel Während dieser durch Mondlicht erhellten Nacht entzündeten 705 Flugzeuge eine für mehrere Stunden außer Kontrolle wütende Feuersbrunst. Die RAF verlor 6,2 % ihrer Flugzeuge bei diesem Angriff.[19]
22. Juni 1943 Marl-Hüls Die 8. US-Luftflotte erzielte ihren ersten größeren Angriffserfolg bei einem Angriff auf die Chemischen Werke Hüls bei Marl, wodurch die Produktion von synthetischem Gummi für rund vier Wochen dort unterbrochen wurde und über 180 Todesopfer unter den Arbeitskräften und in den umliegenden Wohnsiedlungen zu beklagen waren.[26]
22./23. Juni 1943 Mülheim an der Ruhr RAF roundel 557 Flugzeuge zerstörten unter wolkigen Bedingungen 64 % der Stadt.
24./25. Juni 1943 Wuppertal RAF roundel 630 Flugzeuge zerstörten den Stadtteil Elberfeld zu 94 %.
25./26. Juni 1943 Gelsenkirchen RAF roundel Der Angriff von 473 Bombern auf die Nordstern-Raffinerie wurde wegen Wolkenbildung und technischer Untauglichkeit von fünf der zwölf mit OBOE-Geräten ausgestatteten Mosquitos von der RAF als erfolglos eingestuft.
28./29. Juni 1943 Köln RAF roundel Bei einem Flächenangriff auf Köln mit 540 (gemäß anderer Quelle 608) Flugzeugen starben mindestens 4.377 Menschen. Von RAF-Flugzeugen kehrten 4,1 % (von 608) nicht zurück. Nur die Hälfte der Funknavigationssysteme in den Mosquitos funktionierte.
9./10. Juli 1943 Gelsenkirchen RAF roundel Erfolgloser Angriff von 418 Bombern auf Gelsenkirchen. Wieder Ausfall der Funknavigationssysteme in fünf der Mosquitos, eine sechste zielte auf ein Gebiet ca. 16 km nördlich des eigentlichen Zieles.
25./26. Juli 1943 Essen RAF roundel 600 Bomber warfen ihre Bomben innerhalb einer halben Stunde über Essen ab.[27] Goebbels hielt in seinem Tagebuch fest, dass die Produktion im Krupp-Werk nach diesem Angriff eingestellt wurde.[27]
30./.31. Juli 1943 Remscheid RAF roundel Mit dem letzten Luftangriff dieser Kampagne starben 1.200 Menschen durch die Bombardierung von 273 RAF-Flugzeugen, von denen 5,5 % nicht zurückkehrten.[19] Zerstörung des Stadtkerns und schwere Schäden in den Außenbezirken waren die Folge.[28]

Tagangriffe der USAAF

Mit der Boeing B-17 und der Consolidated B-24 hatten die USA in den 1930er Jahren viermotorige Langstreckenbomber entwickelt. Die US-Luftwaffe verfolgte 1940/41 Pläne für präzise Tagangriffe. Im Sommer 1942 trafen die ersten Einheiten der Eighth Air Force in Großbritannien ein. Doch erst im Frühjahr/Sommer 1943 war die 8. US-Luftflotte für eine Bombardierung von Zielen im deutschen Hinterland gerüstet. Auftakt ihrer Luftoffensive war der Angriff auf den Marinestützpunkt Heppenser Groden am 28. Januar 1943.

Im Februar 1943 stand der Verschiebebahnhof Hamm mehrfach auf den Angriffsbefehlen für die 8. USAAF; jedoch führten ungünstige Wetterlagen immer wieder zum Abbruch der Flüge. Am 4. März 1943 startete ein Verband von 80 B-17 mit Hamm als Ziel. Über der Nordsee und den Niederlanden wurde der Einsatz abgebrochen; 19 Maschinen der 91. Bombardment Group flogen aber weiter und bombardierten den Bahnhof Hamm (Westfalen). Auf die Hydrierwerke in Gelsenkirchen und verschiedene Ziele im Rheinland und in Westfalen unternahm die 8. USAAF bis zum Jahresende 1943 wiederholt Angriffe.[29]

Vorbereitungen der Invasion

Abgesehen von fortgesetzten Angriffen durch kleinere Verbände zweimotoriger de Havilland Mosquitos blieb das Ruhrgebiet im Spätsommer und Herbst 1943 sowie im Winter 1944 von schweren Flächenangriffen verschont. Allerdings waren Bochum und Hagen am 29./30. September und 1./2. Oktober 1943 größeren Bombardierungen ausgesetzt. Das Bomber Command konzentrierte sich zwischen November 1943 und März 1944 auf die Schlacht um Berlin; ab Sommer 1943 griff aber auch die Eighth Air Force in den Bombenkrieg gegen das Deutsche Reich ein. Die im Januar 1943 auf der Casablanca-Konferenz beschlossene Combined Bomber Offensive nahm damit konkrete Formen an.

Im Frühjahr 1944 wechselten US-amerikanische Tagangriffe mit nächtlichen Flächenangriffen der RAF. Gegen Verschiebebahnhöfe im Rheinland und in Westfalen erfolgten zwischen März und Mai 1944 mehrere Luftschläge. Mehr als 600 Maschinen der 8. USAAF bombardierten am Abend des 22. April 1944 die Bahnanlagen in Hamm. Im Blick auf die bevorstehende Operation Neptune (die Invasion der Alliierten in Nordfrankreich) bombardierte die 8. USAAF am 31. Mai 1944 die Verschiebebahnhöfe in Hamm, Schwerte, Soest und Osnabrück.

Das britische Bomber Command unterstand ab Februar 1944 dem Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force (SHAEF). Die britische Bomberflotte beteiligte sich an den Vorbereitungen der Invasion. Das Bomber Command flog im April und Mai 1944 schwere Flächenangriffe auf westdeutsche Städte, beginnend mit 705 Maschinen auf Essen am 26./27. März 1944. Weitere Ziele waren Aachen, Köln, Düsseldorf, Dortmund und Duisburg.[29]

Zweite Luftschlacht über der Ruhr (1944/45)

Arthur Tedder, seit Januar 1944 Stellvertreter Dwight D. Eisenhowers bei der Invasion in der Normandie, forderte die stärkere Bombardierung von Verschiebebahnhöfen und Flächenangriffe im Ruhrgebiet. In der SHAEF-Direktive vom 1. November 1944 wurden die Eisenbahnanlagen im Rhein-Ruhr-Gebiet auf die zweite Zielpriorität gestuft; zugleich wurde diese Region aber zum wichtigen Operationsraum erklärt. Der am 7. November 1944 in Kraft getretene Transportplan machte schließlich die Eisenbahnanlagen an Rhein und Ruhr zu erstrangigen Angriffszielen. Die Westalliierten rechneten mit dem Zusammenbruch des Reiches noch vor Jahresende. Wie die Operation Market Garden zeigte, war das ein Irrtum. Deshalb wurden die strategischen Luftangriffe auf das Reich ab dem 25. September 1944 weiter verstärkt.[30]

Das britische Bomber Command flog ab August 1944 auch am Tag mit schweren Langstreckenbombern in das Reichsgebiet ein. Die britischen Maschinen wechselten sich über Westdeutschland mit der 8. USAAF ab. Zusätzlich griffen auch die taktischen Luftstreitkräfte mit Jagdbombern und zweimotorigen Mittelstreckenbombern an. Auch die britischen Flächenangriffe gingen weiter. Am Abend des 6. Oktober 1944 forderte der Angriff von 498 Maschinen auf Dortmund mindestens 1.148 Todesopfer. Mit ihm begann die zweite Battle of the Ruhr, die bis zum Jahresende 1944 alle bedeutenden Industriestädte im Rheinland und in Westfalen erfasste. In der Nacht vom 23. auf den 24. sowie am 25. Oktober 1944 war Essen Ziel von 1.800 britischen Flugzeugen, wobei mindestens 1.163 Menschen ihr Leben verloren. In den Abendstunden des 4. November 1944 wurde Bochum von über 700 schweren Bombern angegriffen.[30] Der Bochumer Verein und andere Betriebe wurden zerstört; mindestens 994 Menschen fanden den Tod. Von 23.000 Häusern blieben in Bochum nur etwa 1.000 unbeschädigt. 70.000 Menschen wurden obdachlos.[31] Weitere schwere Luftangriffe folgten im Dezember 1944 auf Hagen, Soest, Siegen, Witten und Essen.

Im Zuge der „Operation Hurricane“ bombardierten 1.800 britische Flugzeuge die Verkehrsanlagen und das Stadtgebiet von Duisburg. Innerhalb weniger Stunden fielen über 9.000 Tonnen Sprengbomben auf die bereits gezeichnete Stadt. Mehr als 2.500 Menschen kamen um. Am 15. Oktober 1944 warfen 18 Lancaster-Bomber fünf Tonnen schwere Tallboys auf den Staudamm des Sorpesees im Sauerland. Wie schon am 16.und 17. Mai 1943 hielt der Damm. Ebenfalls während der Operation Hurricane zerstörte die 8. US-Luftflotte mit 899 und 914 Maschinen Verkehrsanlagen und weite Teile Kölns.[30]

Luftangriffe auf das Revier (1944)[32][33][34]
Datum
Angriffsziel
Bombenlast
Tonnen
Datum
Angriffsziel
Bombenlast
Tonnen
Datum
Angriffsziel
Bombenlast
Tonnen
27. März Essen 2.834 4. November Bochum 2.323 29. November Essen 1.147
21. Mai Duisburg 2.000 6. November Gelsenkirchen 3.288 29. November Dortmund 1.618
6. Oktober Dortmund 1.658 9. November Wanne-Eickel 1.315 2. Dezember Duisburg 2.270
14./15. Oktober Duisburg 9.000 12. November Dortmund 1.122 13. Dezember Essen 2.354
22. Oktober Essen 4.522 15. November Dortmund 904 17. Dezember Duisburg 1.767
24. Oktober Essen 3.719 19. November Wanne-Eickel 1.519 Gesamt 43.360

Kombinierte Tag- und Nachtangriffe

Die 8. USAAF verstärkte ab September 1944 ihre Angriffe auf das Rhein-Ruhr-Gebiet und nahm im Oktober und November 1944 die Hydrierwerke in Gelsenkirchen, Bottrop und Oberhausen zum Ziel. Das Bomber Command beteiligte sich an diesen Bombardierungen mit schweren Tag- und Nachtangriffen. Die Fortsetzung der erst im Mai 1944 von den Alliierten in Mittel- und Ostdeutschland begonnenen Oil Offensive wirkte sich nun auch auf die Treibstoffversorgung im Rhein-Ruhr-Gebiet aus.

Neben Flugbenzin lieferten die Hydrierwerke und Betriebe der Kohlenchemie an Rhein und Ruhr vor allem wertvolle Schmierstoffe, ohne die zum Beispiel der Einsatz der neuen Messerschmitt Me 262 nicht möglich war. Viele Kokereien, die Koks, Benzol, Stickstoff, Kohlenwasserstoff und Teer herstellten, rückten im Herbst 1944 wieder in den Fokus der Zielplanung. Im Herbst 1944 war der Verschiebebahnhof in Hamm mehrfach das Ziel von US-Bomberverbänden. Hamm und Gelsenkirchen gehörten auf dem europäischen Kriegsschauplatz neben den Leunawerken in Merseburg und der Reichshauptstadt Berlin zu den vorrangigen Angriffszielen der 8. USAAF.

Über Hamm wurden ein Großteil des Güterverkehrs aus dem Ruhrgebiet und Militärtransporte an die Westfront abgewickelt. Deshalb standen die Bahnanlagen schon 1938 auf britischen Ziellisten. In über 100 Nächten zwischen Mai 1940 und August 1941 versuchten RAF-Bomber den Bahnhof zu treffen. Hamm hatte auch für die 8. USAAF hohe Priorität. Nach erfolglosen Angriffen an vier Tagen Anfang 1943 wurde der Bahnhof Hamm (Westfalen) am 19. März 1943 zum ersten Mal bombardiert. Nach vielen Wiederholungen konnten die Schäden 1944 von den Reparaturtrupps kaum noch beseitigt werden.[30] Am 16. Februar bombardierte die 8. USAAF erneut Treibstoffwerke und Verkehrsanlagen im Ruhrgebiet.[35]

Abriegelung der Ruhr

Die Interdiction of the Ruhr wurde vom Alliierten Oberkommando am 17. Februar 1945 beschlossen. Diese Luftoffensive sollte alle Bahnanlagen, Industriebetriebe und Städte auf einer Linie entlang mehrerer Eisenbahnbrücken von Bremen bis Neuwied zerstören. Im Hintergrund stand die geplante Überschreitung des Rheins durch alliierte Bodenstreitkräfte. Mit dem Sieg der Bodenstreitkräfte auf linksrheinischem Gebiet Anfang März 1945 war der Weg frei für die Eroberung des Ruhrgebiets und den Vorstoß in das deutsche Hinterland. Ab Ende Februar 1945 begannen die strategischen Bomberflotten die Interdiction of the Ruhr.[36]

Die zweimotorigen Mittelstreckenbomber der Ninth Air Force (1942) und der RAF Second Tactical Air Force griffen ab Anfang März 1945 verstärkt in das Kriegsgeschehen an Rhein und Ruhr ein und hatten Kraftfahrzeugparks, Eisenbahn- und Straßenbrücken, Kasernen, Flughäfen, Depots und Verschiebebahnhöfe zum Ziel. Bombardiert wurden bis dahin weitgehend verschonte Klein- und Mittelstädte wie Langerfeld, Schwelm, Iserlohn, Unna und Recklinghausen. Die wichtigsten Verschiebebahnhöfe am Rand des Ruhrgebiets wurden in der Operation Bugle durch mehrere US-Luftangriffe zerstört. Den Auftakt bildete eine am 28. Februar 1945 begonnene kombinierte Mission gegen die Bahnanlagen in Hagen, Soest, Schwerte, Siegen, Arnsberg und Kassel. Die Tiefangriffe von Jagdbombern der taktischen Luftflotten richteten sich ebenfalls vor allem gegen den Schienen- und Straßenverkehr im westdeutschen Raum, der fast vollständig zum Erliegen kam.

Bei dem Nachtangriff auf Hagen am 5. März starben mindestens 400 Menschen in einem Hochbunker. Der überfüllte Bunker in der Nähe des Hauptbahnhofs wurde von mehreren Minen und Sprengbomben durchschlagen. Es handelte sich um das folgenschwerste Bunkerunglück während des gesamten Kriegsverlaufs.[35] Am 11. und 12. März 1945 gehörten zwei gewaltige britische Angriffe mit jeweils über tausend Flugzeugen auf Essen (850 Tote) und Dortmund (890 Tote) mit zu den schlimmsten Luftangriffen. Zwei weitere nächtliche Flächenangriffe fanden am 15./16. März 1945 auf Hagen und am 18./19. März auf Witten statt. In Arnsberg, Vlotho, Bielefeld und Altenbeken zerstörten britische Bomber mit überschweren Grand Slams und Tallboys bis zum 20. März die wichtigsten Eisenbahnbrücken der Hauptverkehrsstrecken in das Ruhrgebiet.

Die strategischen Luftstreitkräfte setzten bis Ende März 1945 ihre Bombenangriffe auf das rheinisch-westfälische Industriegebiet und das Umland ohne Unterbrechung fort. Vom 10. bis 20. März 1945 fand eine Serie von besonders schweren Bombardierungen sowie eine darauffolgende viertägige Luftoffensive statt, wobei die Städte Essen, Dortmund, Hagen und Witten durch britische Flächenangriffe völlig zerstört wurden. Damit sollte die Operation Plunder am Niederrhein vorbereitet werden. Zwischen dem 23. und dem 28. März 1945 wurden die letzten größeren Luftangriffe von vier- und zweimotorigen Bomberverbänden geflogen. In ihrem Bombenhagel gingen viele Klein- und Mittelstädte am Rand des Ruhrgebiets unter. Die historische Altstadt von Paderborn wurde bei dem letzten britischen Flächenangriff am 27. März 1945 zerstört.[37] In diesem Zeitraum fanden 10.000 Menschen im Rhein-Ruhr-Gebiet den Tod.[35] Der Ruhrkessel besiegelte das Schicksal des Reviers.

Luftverteidigung

Flak-Batterie in Feuerstellung (1943)
Scheinwerfer zur Fliegerabwehr, durch die Jalousieblende kann der Lichtstrahl ausgeschaltet werden, Deutschland, Januar 1940
Luftschutzstollen während eines Fliegeralarm im Ruhrgebiet
Bereich der deutschen Luftabwehr (1944)

Die 3.000 im Ruhrgebiet stationierten Flugabwehrkanonen[38] schienen in den ersten beiden Kriegsjahren die einzige wirksame Luftverteidigung gegen die zunehmenden britischen Bombenangriffe zu sein, wobei 8,8-cm-Flugabwehrkanonen in den Versionen 18, 36 und 37 das Rückgrat der Luftverteidigung bildeten.[39] Die deutsche Flak war für etwa ein Drittel der Totalverluste an alliierten Bombern verantwortlich. Statistisch waren für einen Abschuss mehrere Tausend Schuss großkalibrige Munition nötig. Die deutschen Flugabwehrkanonen verbrauchten insgesamt 12 % der Gesamtproduktion an Munition.[40]

Deutsche Funkmess-Stellungen wurden in Frankreich, Belgien und den Niederlanden gebaut, welche die Ortung von anfliegenden Bomberverbänden schon vor dem Erreichen Deutschlands ermöglichten. Die Kammhuber-Linie, eine strategische Einrichtung zur radargestützten Luftverteidigung nach dem Himmelbett-Verfahren, erreichte im Endausbau über 1.000 Kilometer Länge von Nord- bis Süd-Europa. So konnten die gegnerischen Flugzeuge bereits über Nordfrankreich unter Flak-Beschuss genommen werden.

Im Ruhrtal wurde zwischen Hamm und Duisburg eine zusätzliche Flak-Linie im Rahmen Ausweitung von Luftverteidigungszonen aufgebaut. Innerhalb der Revierstädte stellte man nach den ersten größeren Angriffswellen vermehrt Flakbatterien und einzelne Geschütze auf. Diese standen teilweise innerhalb der Wohngebiete mitten auf der Straße, direkt an Wohnhäusern und in Parkanlagen. Häufig griffen Tiefflieger erkannte oder mutmaßlichen Stellungen an.[41]

1940 wurde erstmals, und ab 1941 effektiver, mit der Nachtjagd ein zusätzliches wirkungsvolles Abwehrmittel zum Einsatz gebracht.[42] Die Nachtjäger waren hauptsächlich im belgisch-niederländischen Raum stationiert. Die deutsche Luftwaffe setzte zusätzlich Tagjagdverbände ein, nachdem die 8. US-Luftflotte ab Sommer 1943 verstärkt in das Kriegsgeschehen eingriff. Durch das Wilde-Sau-Nachtjagdverfahren sollten bei Nacht englische Bomber direkt über den angegriffenen deutschen Städten durch deutsche Tagjäger abgeschossen werden. Allerdings gelang es trotz zahlreicher Erfolge weder den Jagdverbänden noch den Flakeinheiten, die alliierten Luftangriffe zu verhindern oder in nennenswertem Umfang einzudämmen.[43]

Zwischen 1941 und 1943 erhöhte sich die Schlagkraft der Flugabwehr durch Flak-Großbatterien, die teilweise mit über 24 Geschützen ausgerüstet waren, durch Radar-Geräte wie Freya und Würzburg-Riese, die Ziele bis zu 35 km Entfernung orten konnten, und durch bis zu 200 cm große Flak-Scheinwerfer mit Kohlebogenlampen, deren Lichtstrahl je nach Wetterlage bis zu zwölf Kilometer hoch reichte. Mit ihnen konnten weite Gebiete überwacht werden. Ab 1943 setzten die Alliierten bei ihren Einsätzen eine Vielzahl von elektronischen Maßnahmen zur Ausschaltung der deutschen Radargeräte ein. Kleinere Bomberverbände legten Scheinkurse mit Stanniolstreifen, sog. Windows (deutsch Düppel), oder streuten tonnenweise Düppel über den Angriffszielen zur Radartäuschung aus. Auch wurden große und leistungsstarke Störsender eingesetzt, die in viermotorigen Flugzeugen zum Einsatz kamen. Zur Reduzierung dieser Störungen wurden darauf verschiedene Zusatzgeräte zur Freund-Feind-Erkennung in die Radargeräte installiert.[43]

Mit der Einführung der Wehrpflicht 1935 wurde die bodengestützte Luftabwehr ausgebaut, so entstanden zahlreiche Flak-Regimenter, die im Rhein-Ruhr-Gebiet in den Kasernen von Bochum, Dortmund, Duisburg, Essen, Iserlohn, Köln, und Wuppertal untergebracht waren. Mehrere Flakbatterien wurden im Umfeld der rheinisch-westfälischen Rüstungsbetriebe und Verkehrsanlagen 1938 während der Sudetenkrise stationiert. Zum Kriegsausbruch im September 1939 bezogen die für das Rhein-Ruhr-Gebiet zuständigen Flakverbände ihre vorgesehenen und teilweise bereits ausgebauten Stellungen.

Die Flakverteidigung in diesem Gebiet erhielt allerdings erst im Frühjahr 1943 ihre bis zum Kriegsende bestehende Struktur. So hatte die 22. Flak-Division ihren Befehlsstand in Dortmund und war für das östliche Ruhrgebiet, das Münsterland, Ostwestfalen und Südwestfalen zuständig. Die 4. Flak-Division mit Sitz in Duisburg war für das westliche Ruhrgebiet und den Niederrhein, die 7. Flak-Division in Köln für das Rheinland und das linksrheinische Gebiet, sowie für das Bergische Land zuständig.[43]

Innerhalb der Flak-Divisionen wurden in den Flak-Regimentern sog. Flak-Gruppen gebildet, die für ein Stadtgebiet oder eine Region verantwortlich waren. Diese waren unterteilt in Flak-Abteilungen, welche für ein Schutzobjekt oder einen Stadtbezirk zuständig waren. Jeweils eine Flak-Gruppe mit mehreren Flak-Untergruppen war für die Luftverteidigung von Großstädten wie Bochum, Essen, Duisburg, Köln, Dortmund und Hagen verantwortlich. Flak-Scheinwerfer-Regimenter waren ähnlich strukturiert. Innerhalb der Flak-Divisionen operierten mobile Eisenbahn-Flak-Batterien, die an vorbereiteten Haltepunkten auf Bahnhöfen stationiert wurden.[43]

Zwischen Rhein, Ruhr und Lippe waren im Herbst 1943 rund 1500 schwere und 1500 leichte bis mittlere Flakgeschütze stationiert. Allerdings wurden ab März 1944 zahlreichen Flak-Batterien von dort in den östlichen Teil des Deutschen Reichs verlegt, zum Schutz von Hydrierwerken und Betrieben der Luftrüstungsindustrie in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Oberschlesien. Obwohl sich auch dort die von Adolf Hitler vorgestellte Flak-Festung als nicht ausreichend gegen die vorrückenden Alliierten erwies, war die deutsche Flakverteidigung dennoch für Zehntausende von alliierten Bomberbesatzungen tödlich.[43]

Im Mai und Juni 1940 erfolgten die Bombenangriffe oftmals ohne einen vorherigen Fliegeralarm, worauf die Bevölkerung das Versagen des Luftwarnungssystems diskutierte. Es gab vielerorts Gerüchte. Der Sicherheitsdienst des Reichsführers SS registrierte im Sommer 1940 in Dortmund das Gerücht über bevorstehende Einsätze von Giftgas, das in Teilen der Bevölkerung zu Panik führte.[3]

In den Lageberichten des Sicherheitsdienstes, den Meldungen aus dem Reich, wurde im Frühjahr und Sommer 1943 wieder mehrfach auf die Unruhe in der Bevölkerung Westdeutschlands hingewiesen. Der Sicherheitsdienst registrierte seit März 1943 zunehmende Nervosität. So heißt es am 11. März 1943, dass der amerikanische Tagangriff auf Hamm am 4. März 1943 das Vertrauen in die Luftabwehr erheblich geschwächt habe. Die Bevölkerung in Westdeutschland habe das bedrückende Gefühl, dass die Engländer und Amerikaner entschlossen seien, eine Stadt nach der anderen auszuradieren.[44]

Deutsche Propaganda

25 Tage vor der Kapitulation

Die Bevölkerung kritisierte zunehmend die Berichterstattung über die alliierten Bombenangriffe. Die einseitige Presse berichtete ausschließlich über die hohen Personenverluste unter Kindern, Frauen und Greisen als Mordtaten der Luftgangster. Die wirtschaftlichen und industriellen Schäden (Hamm und Möhne-Talsperre 1943) wurden bagatellisiert oder blieben unerwähnt.[16]

In der Bevölkerung hieß es sarkastisch:

„Lieber Tommy, fliege weiter, hier wohnen nur die Ruhrarbeiter.
Fliege weiter nach Berlin, die haben alle ja geschrien.“

Volksreim[45]

Der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Goebbels, gleichzeitig auch Vorsitzender des im Januar 1943 gegründeten Interministeriellen Luftkriegsschädenausschusses (ILA), trat den moralischen Auswirkungen der Bombardierungen mit einer verstärkten Propagandaoffensive entgegen und besuchte im April 1943 das Rheinland und die Stadt Essen. Die Führung des Deutschen Reiches setzte ab Frühjahr 1943 unter anderem auf eine verschärfte antisemitische Propaganda, durch die versucht werden sollte, die Juden als die vermeintlichen Hintermänner des alliierten Bombenkriegs hinzustellen. Gleichzeitig verstärkte sich die Propaganda gegen die alliierten Bomberbesatzungen, besonders gegen die US-amerikanischen Flieger. Sie wurden als Luftpiraten, Mörderbanden, Gangstertypen und Terrorflieger beschimpft. In fast allen Teilen des Reichsgebiets wurden vor allem ab Sommer 1943 zwischen 225 und 350 Fliegermorde begangen.[46] Der südwestfälische Gauleiter und Reichsverteidigungskommissar Albert Hoffmann erließ am 25. Februar 1945 einen Befehl zur Billigung von Lynchjustiz gegen alliierte Jagdbomberpiloten.[35] Um den Durchhaltewillen der Bevölkerung und ihren Glauben an den Endsieg zu stärken, initiierte Goebbels im Frühjahr 1943 eine Aktion zur gezielten Verbreitung von Gerüchten über den bevorstehenden Einsatz von neuen Waffen. Nach einer Großveranstaltung in Düsseldorf nahm er als Redner an der Trauerfeier für die Todesopfer des Luftangriffs auf Wuppertal-Barmen (29./30. Mai 1943) teil. Der Höhepunkt seiner Reise war eine Großveranstaltung in der Dortmunder Westfalenhalle am Abend desselben Tages, wo er vor rund 20.000 Zuhörern Vergeltung für die Bombenangriffe versprach.

Zu diesem Stimmungsklima gesellte sich die für Deutschland ungünstige Entwicklung auf den Kriegsschauplätzen: erst die Niederlage in der Schlacht von Stalingrad im Januar 1943, dann der Zusammenbruch des Mittelabschnitts und das Scheitern des Afrikafeldzugs und schließlich die Operation Husky in Sizilien. Von Erfolgen im U-Boot-Krieg hörten die Deutschen nur noch wenig – Karl Dönitz hatte die Atlantikschlacht der Kriegsmarine nach schweren Verlusten im Mai 1943 abgebrochen. Alliierte Flugblätter verbreiteten die Kunde vom Scheitern des deutschen U-Boot-Kriegs und der Niederlagen in Afrika und Italien über das gesamte Deutsche Reich.[47][16]

Dennoch war die „Stimmung“ in der deutschen Bevölkerung höchst wechselhaft; noch vertrauten viele „ihrem Führer“. Parteifunktionäre verkündeten an der Heimatfront Endsiegparolen und Vergeltungsversprechen.[48][A 4]

Propaganda der Alliierten

In ihrer täglich über Deutschland verbreiteten Flugblattzeitung Nachrichten für die Truppe berichteten die Alliierten ausführlich über die schweren Luftangriffe auf das Rhein-Ruhr-Gebiet. Den Deutschen wurde die alliierte Sicht der verheerenden Bombardierungen geschildert und die Lufthoheit über dem Reichsgebiet vor Augen geführt.[37]

Schlagzeilen
Die Ruhr unter neuem Terror
Essen geht in Flammen auf
Bomben auf Dortmund blockieren die Ruhr
Doppelschlag gegen Hagen
Auch die Ruhr wird Todeszone
Die Ruhr steht in Flammen

Flugblätter

Ausgebombte

Die Luftangriffe machten Zehntausende obdachlos und verschärften die Wohnungslosigkeit. Vom „Freiwerden“ jüdischer Wohnungen erhoffte sich die Reichsführung Hilfe. Juden mussten ihre Wohnungen räumen und in Judenhäuser ziehen; die 1942 forcierten Deportationen in den Osten lieferten jedoch nur einen Bruchteil des benötigten Wohnraumes.[49] Ab Herbst 1943 sollte das Deutsche Wohnungshilfswerk Behelfsunterkünfte für Bombengeschädigte in Siedlungsform errichten.[50]

Mit der Wohnungsnot stieg ab 1942 auch der Bedarf an Wohnungseinrichtungen, Bekleidung und Verbrauchsgütern stark an. Die Behörden und besonders die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt konnten ihn nicht decken, sodass zwischen 1942 und 1944 auch auf beschlagnahmtes Eigentum von Juden zurückgegriffen wurde. In der M-Aktion wurde es vielen „Bombengeschädigten“ als Ersatz für zerstörten Hausrat zur Verfügung gestellt oder zu günstigen Preisen angeboten; was Binnenschiffe und Güterzüge nach Herne und Gelsenkirchen brachten, konnte den tatsächlichen Bedarf aber nur zum geringen Teil ausgleichen.[49]

Evakuierungen

Flaggenappell im KLV-Lager

Mit 2 bis zu 6 Millionen verschickten Kindern, Jugendlichen und Müttern mit Kleinkindern wurde die (ursprünglich freiwillige) KLV zur größten Binnenwanderung der Geschichte.[51] Im Juli 1943 begannen umfangreiche Evakuierungen von Kindern aus den „luftgefährdeten“ Städten an Rhein und Ruhr. Die erweiterte Kinderlandverschickung erfasste alle schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen, die mit ihren Schulklassen in „luftsichere“ Ostgebiete des Deutschen Reiches, nach Süddeutschland, Slowenien und Ungarn und in die Slowakei verschickt wurden.

Die KLV war unpopulär. Man sprach auch von „freiwilliger Zwangsverschickung“ oder „Kinderlandverschleppung“. Nicht alle Schulkinder konnten aus den geräumten Ruhrgebietsstädten gebracht werden. In Bochum wurden nach der Schulevakuierung im Sommer 1943 trotz massiven Drucks der Behörden und ungeachtet der Schulschließungen 6.000 Schulkinder bis zum Kriegsende von ihren Eltern zu Hause behalten.[52] Mittel- und Oberschüler der Geburtsjahrgänge 1926/27 ersetzten ab Februar 1943 im Ruhrgebiet als Luftwaffenhelfer reguläre Luftwaffensoldaten in Flakstellungen. Im Januar/Februar 1944 folgte der Geburtsjahrgang 1928 und im Sommer 1944 wurden auch Lehrlinge und Berufsschüler herangezogen.[47]

Wirtschaft

Zerstörte Krupp-Werke in Essen (1945)

Albert Speer schrieb am 11. November 1944 in einer seiner Ruhr-Denkschriften:

„Es ist selbstverständlich, daß ein Ausfall des rheinisch-westfälischen Industriegebiets für die ... Kriegführung auf die Dauer untragbar ist.“

Albert Speer[53]

In einem weiteren Memorandum an Hitler von 15. März 1945 prognostizierte er den Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft binnen ein bis zwei Monaten.[54][55]

Zur Entlastung der militärischen und politischen Instanzen bediente die deutsche Staatsführung sich häufig der Selbstverwaltung. Die Großunternehmen hatten hoheitliche Rechte und nahmen staatliche Aufgaben wahr. Ungeachtet der steigenden Zahl von Luftangriffen und der wachsenden Staatsanforderungen und trotz der absehbaren Niederlage blieben Vertrauen und Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft bis zum Kriegsende so gut wie unbeschadet. Anfang Dezember 1944 wurde Albert Vögler zum Generalbevollmächtigten für das Rhein-Ruhr-Gebiet ernannt. Als Chef des sog. Ruhrstabes erhielt er von Speer den Auftrag, alle Entscheidungen auf dem Gebiet der Rüstungs- und Kriegsproduktion in seinem Namen zu treffen.[56] In den zwölf Nürnberger Nachfolgeprozessen wurden 42 Industrielle und Bankiers als Kriegsverbrecher angeklagt.

Rüstungsgüter

Der US-amerikanische Strategic Bombing Survey (Europe) vom November 1944 befasste sich mit den Auswirkungen der anglo-amerikanischen Bombardierung Deutschlands.[57][58] Die Bombardierung von Stahlwerken verminderte die Ausbringungsmenge verschiedener Stahle, hatte aber entgegen den Erwartungen beider Seiten keine strategische Bedeutung.[A 5] Bei Panzern und Flugzeugen lag die wesentliche Beschränkung nicht in der Produktion, die sich bis 1944 trotz der Bombardierungen deutlich steigerte. Es mangelte an Kraftstoff. Auch die Herstellung von Munition und Lastkraftwagen war durch die Bombardierungen 1944 merklich gefallen und bei U-Booten zum Stillstand gekommen. Hingegen waren die Sekundärwirkungen auf die Wirtschaft des Ruhrgebietes erheblich. Bei der zerstörten Infrastruktur fielen Materiallieferungen aus und kam es ständigen Arbeitsunterbrechungen. So belief sich 1944 der Absentismus im Kölner Ford-Werk auf 25 %.[59]

Kohle

Kohleförderung im Ruhrgebiet 1943–1945[60]
Datum t/Tag
1943 400.000
Februar 1944 390.000
Februar 1945 190.000
Tage der Besetzung 11
Mitte Mai 1945 7.000
Ende Mai 1945 20.000
Mitte Juni 1945 40.000

Im Ruhrgebiet zerstörten Luftangriffe die Übertageanlagen und die meisten von über 150 Zechen.[61] Nach dem Höchststand von 1944 fiel die Förderrate kontinuierlich. Im September 1944 rollten täglich statt der geforderten 22.000 Kohlewaggons nur noch 5.000 aus dem Ruhrgebiet.[53] Die Förderung kam am Tag der Besetzung zum Erliegen. 40 % wurden in den Gruben verfeuert oder unter den Bergleuten verteilt. Der größte Teil der überschüssigen Kohle wurde für Transport und andere militärische Bedürfnisse verbraucht. Zur Verteilung an die Zivilbevölkerung blieb wenig übrig.

Kraftstoffe

Die Luftschläge gegen die Öl- und Treibstoffindustrie und die Hydrierwerke waren Katastrophen für das Reich.[4][62] Den größten Teil des Bedarfs an flüssigen Kraftstoffen deckte es durch Kohleverflüssigung. Mit einheimischer Kohle wurde in der Fischer-Tropsch-Synthese und dem Bergius-Pier-Verfahren Synthetisches Benzin gewonnen. Zu Kriegsbeginn 1939 lag die jährliche Gesamtkapazität für synthetisches Treibstoffe bei 1.200.000 Tonnen.[63] 1943 steigerte sie sich auf 5.528.000 Tonnen, wovon die Anlagen im Rhein-Ruhr-Gebiet ein knappes Fünftel herstellten.[64] Außer der Erdölförderung in Deutschland von 800.000 Tonnen (1942) standen nur Erdölreserven im rumänischen Ploiești zur Verfügung. Nach der systematischen Zerstörung der Anlagen durch alliierte Luftangriffe auf Ploiești seit Mai 1944 sollten sie nach dem Geilenberg-Programm auch unterirdisch errichtet werden. Die Umsetzung aller Pläne hätte mindestens 200.000 Arbeitskräfte über ein Jahr gebunden. Damit wären für die angestrebte Mindestmenge von knapp 300.000 Tonnen Treibstoff monatlich mehr Arbeitskräfte als in der gesamten Ölindustrie der USA erforderlich gewesen.[65] Bei einem Bedarf von monatlich 165.000 Tonnen allein an Flugbenzin wurden im September 1944 nur noch 9.400 Tonnen produziert.[53] Auch durch den verstärkten Einsatz von Zwangsarbeitern und KZ-Außenlagern war der Zusammenbruch der Treibstoffversorgung nicht aufzuhalten.[66][67] Im März 1945 betrug die Kapazität der Hydrierwerke lediglich 3 % des Höchststandes aus dem Jahr 1943.[64]

Produktion von synthetischem Öl (1943)[64][68]
Bergius-Pier-Verfahren
Standort Name Geschätzte Produktion in Tonnen / Jahr
Scholven-Buer Hydrierwerke Scholven, Hibernia AG 350.000
Gelsenkirchen Gelsenkirchen-Benzin AG 325.000
Wesseling Union Rheinische Braunkohlen Kraftstoff AG 250.000
Bottrop-Welheim Ruhröl GmbH 100.000
Andere Produktionsstätten im Deutschen Reich 3.250.000
Bergius-Pier gesamt 4.275.000
Fischer-Tropsch-Synthese
Standort Name Geschätzte Produktion in Tonnen/Jahr
Rauxel Klöckner-Wintershall AG 200.000
Moers-Meerbeck Treibstoffwerke Rheinpreussen 200.000
Holten Ruhrbenzin AG 130.000
Wanne-Eickel Krupp Treibstoffwerke 130.000
Dortmund Hoesch-Benzin GmbH 130.000
Kamen Chemische Werke, Essener Steinkohle AG 50.000
Andere Produktionsstätten im Deutschen Reich 710.000
Fischer-Tropsch gesamt 1.550.000
Gesamte Produktion von synthetischem Öl – 5.528.000 Tonnen

Stahl

1939 erzeugte die deutsche Industrie 23 Millionen Tonnen Stahl, wobei der Anteil des Ruhrgebietes bei 69 % lag. Hauptsächlich durch Expansion nach Lothringen, Belgien und Luxemburg im Jahr 1940 wurden zusätzliche 17 Millionen Tonnen Stahlproduktionskapazität pro Jahr hinzugewonnen. Die theoretische Kapazität von 40 Millionen Tonnen wurde jedoch durch besatzungsbedingte Unzulänglichkeiten nie erreicht.

Die Stahlproduktion an der Ruhr sank durch die Luftangriffe der RAF 1943 um 10 %, und konnte sich bis zum Jahresende auch nicht voll erholen. Hierfür waren allerdings eher die häufigen Luftalarme als die Beschädigungen der Anlagen ausschlaggebend. Hitler befahl, den von der New York Times berichteten Produktionsausfällen von 50 % an der Ruhr nicht zu widersprechen, da er gerade diesen Eindruck erwecken wollte.

In der zweiten Hälfte des Jahres 1944 verdreifachte sich die auf Deutschland fallende Bombenlast von 150.700 Tonnen (1943 gesamt) auf 481.400 Tonnen. Zusammen mit höherer Treffgenauigkeit ergab sich hieraus ein Abfall der Stahlproduktionskapazität an der Ruhr von 80 %. Die gesamte Stahlerzeugung des Deutschen Reiches sank 1944 von 5,57 Millionen Tonnen im Juli auf 1 Millionen Tonnen im Dezember, wobei 490.000 Tonnen auf Gebietsverlusten beruhten. Obwohl auch Hochöfen und Walzstrassen getroffen wurden, hatten die Schäden an der Strom-, Gas- und Wasserversorgung sowie die Unterbrechung der Kommunikation und Logistik einen größeren Einfluss auf das Sinken der Produktivität. Trotz der gesunkenen Produktion, die besonders im Bereich Edelstahl zu Engpässen führte, war diese für den Kriegsausgang im Vergleich zur Öl- oder Munitionsknappheit weniger ausschlaggebend. Eine Bestandsaufnahme nach Kriegsende ergab, dass einige deutsche Industriebereiche auskömmliche bis reichliche Stahllagerbestände hielten.[69]

Transport

Waggonladungen in Westdeutschland 1944–1945[70]
Datum Waggonladungen / Woche
19. August 1944 900.000
29. Oktober 1944 700.000
5. November 1944 über 700.000
23. Dezember 1944 550.000
3. März 1945 214.000
Es existieren keine weiteren Statistiken über dieses Datum hinaus

21–26 % aller Frachtbewegungen fand über Flüsse und Kanäle statt, unter 3 % liefen über Straßen, und der Rest wurde mit der Deutschen Reichsbahn transportiert. Die sporadischen Luftangriffe vor September 1944 hatten kaum Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der deutschen Transportsysteme. Die Reichsbahn war auf Luftangriffe jedoch nicht vorbereitet, so bewirkten die darauf folgenden schweren Luftangriffe auf Verschiebebahnhöfe, Brücken, Gleise und fahrende Züge ernsthafte Unterbrechungen im westdeutschen Logistikbereich. Die Luftangriffe auf die Wasserwege hatten teilweise noch drastischere Auswirkungen. Ab dem 23. September 1944 konnten der Dortmund-Ems- und Mittellandkanal nicht mehr beschifft werden, und Verbindungen zur Küste und Mitteldeutschland waren unterbrochen. Ab dem 14. Oktober 1944 wurde aller Verkehr, besonders Kohlelieferungen, auf dem Rhein Richtung Süden durch die Zerstörung einer Brücke bei Köln eingestellt. Der Transport von Kohle machte ungefähr 40 % des Gesamtverkehrsaufkommens aus. Im September 1944 wurden in Essen, dem Hauptumschlagplatz für Kohle, nur 12.000 Waggons pro Tag (W/T) für den Bedarf innerhalb des Ruhrgebietes beladen, verglichen mit 21.400 W/T zum Begin des Jahres. Im Januar 1945 gingen die Verladungen auf 9000 W/T zurück, und fielen im März auf 700 W/T.[71] Das Verkehrsaufkommen im Ruhrgebiet reduzierte sich hierdurch enorm.

Die Bombardierungen der deutschen Bahn- und Wasserwege waren mitausschlaggebend für den alliierten Enderfolg. Sie behinderten die Produktion im Ruhrgebiet durch ausbleibende Zulieferungen und die Auslieferung der fertigen Kriegsmittel an die Front, sowie die taktische Mobilität der Wehrmacht. Viele Industrien hatten ihren Produktionshöhepunkt im Spätsommer 1944. Jedoch sank der Ausstoss ab diesem Zeitpunkt, bis Ende November nur allmählich, aber ab Anfang Dezember erfolgte ein drastischer Fall der Produktion.[70]

Unterirdische Produktionsverlagerungen

U-Verlagerung „Kauz“ an der Bahnstrecke Wuppertal-Wichlinghausen–Hattingen

Die zunehmenden Bombenangriffe der alliierten Luftflotten führten seit Sommer 1943 zu erheblichen Produktionsverlusten in der Rüstungsindustrie. Im Herbst 1943 plante das Reichsministerium für Bewaffnung und Munition unter Albert Speer die „bombensichere“ U-Verlagerung wichtiger Rüstungsproduktion. In Frage kamen Höhlen, Tunnel, Steinbrüche und versteckte Täler.[72] Die Einrichtung und der Ausbau sowie die auch spätere Produktionsaufnahme waren mit dem Einsatz von Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen verknüpft, so wurden etwa 100.000 Häftlinge im Geilenberg-Programm unter brutalen Bedingungen zu Räum- und Bauarbeiten in bombardierten Treibstoffwerken und zur U-Verlagerung von Hydrieranlagen eingesetzt.[73] Die umfangreichen Baumaßnahmen standen unter der Aufsicht der Organisation Todt, die den Arbeitseinsatz mit der SS und der Geheimen Staatspolizei koordinierte. Zur Tarnbezeichnung der unterirdischen Verlagerungsbauten wurden Decknamen vergeben.[74]

Zwangsarbeiter

Französische Fremdarbeiter bei Lokomotivenbau

Im Spätsommer 1944 lag die Zahl der im Deutschen Reich eingesetzten Fremdarbeiter bei etwa 7,1 Mio. (5,3 Mio. Zivilisten und 1,8 Mio. Kriegsgefangene) Das entsprach einem Viertel aller Arbeitskräfte in Deutschland.[75] Der Ruhrbergbau war einer der wichtigsten Einsatzorte für ausländische Zivilarbeiter und Kriegsgefangene, von denen hier im Dezember 1943 über 150.000 Personen eingesetzt wurden.[76] Auf dem Höhepunkt dieses Einsatzes waren im Sommer 1944 rund 430.000 Zivilarbeiter und Kriegsgefangene im deutschen Bergbau beschäftigt, davon im Ruhrbergbau noch 120.000 vorwiegend sowjetische, aber auch polnische, ukrainische, französische Kriegsgefangene, Ostarbeiter und italienische Militärinternierte.[77][78] Die Eisen- und Rüstungsindustrie beanspruchte bald die größten Kontingente.[A 6]

Als im Laufe des Jahres 1943 die Intensität der Luftangriffe zunahm, stieg die Anzahl jener Zwangsarbeiter, die aus gesundheitlichen Gründen für den Arbeitseinsatz nicht mehr fähig waren, bei Luftangriffen starben oder flüchteten, so stark an, dass die angestrebte Steigerung der Kohleförderung nachhaltig in Frage gestellt wurde. Diese war zwingend notwendig für eine Erhöhung der Produktionszahlen der Eisenindustrie. Beispielsweise gelang von 2619 Ostarbeitern, die der Kruppsche Bergbau im August 1943 erhielt, 1979 die Flucht.[79]

Die Bewältigung der Luftangriffsfolgen wies Zwangsarbeitern eine Schlüsselrolle zu. In den Städten mussten sie Trümmer beseitigen, Leichen bergen und vor allem zahlreiche Bombenblindgänger entschärfen.[80]

Unter den Todesopfern der Luftangriffe befanden sich auch Tausende von Zwangsarbeitern, die oft den alliierten Bomben nahezu schutzlos ausgeliefert waren. Polizeipräsidenten und Bürgermeister verwehrten ihnen vielfach den Zugang in die Luftschutzbunker.[16] Genaue Zahlen lassen sich nicht mehr feststellen, als Beispiele sollen dienen:

  • Zahlenangaben zu Opfern des Angriff auf die Staumauern der Möhne-Talsperre im Mai 1943 schwanken zwischen 1284 und 1900 Menschen, von denen mehr als die Hälfte kriegsgefangene Zwangsarbeiter waren.[23]
  • Bei einem britischen Nachtangriff auf Dortmund im Mai 1943 wurden etwa 200 sowjetische Kriegsgefangene getötet.[80]
  • Am 31. Mai 1944 forderte ein Großangriff auf Hamm ca. 200 Tote, von denen der größte Teil Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene waren.[81]

Mit dem Näherrücken der Front sank die Disziplin in der Lagern, und der Widerstand wuchs. Mit den anhaltenden Luftangriffen und der einhergehenden Zerstörung zerfiel die gesellschaftliche Ordnung, und in den zerstörten Städten entwickelte sich eine Unterwelt aus Kriminellen, Deserteuren und entwichenen Zwangsarbeitern, auf die die NS-Behörden mit zahlreichen Endphaseverbrechen reagierten. Im Zuge der amerikanischen Besetzung herrschten im Ruhrgebiet zeitweise anarchische Zustände mit einhergehenden Plünderungen, Überfällen und Vergewaltigungen durch ehemalige Zwangsarbeiter.[82][83][84]

Instandsetzung der Infrastruktur

Den umfangreichen Sachschäden in der Rüstungsindustrie begegnete die Reichsführung mit dem erstmaligen Einsatz der Organisation Todt im Deutschen Reich. Der im August 1943 aufgestellt Ruhrstab war dem Reichsminister für Bewaffnung und Kriegsmunition, Albert Speer, unterstellt. Über 5.000 Angehörige der OT wurden im Mai 1943 für den Wiederaufbau des Ruhrgebietes vom Atlantikwall verlegt. Der Wiederaufbau der Möhnetalsperre wurde bereits am 3. Oktober 1943 abgeschlossen. Diese OT Einsatzgruppe Rhein-Ruhr blieb bis Kriegsende in Westdeutschland und beseitigte bis März 1944 die meisten der im Sommer 1943 entstandenen Sachschäden in den Industriebetrieben an Rhein und Ruhr.[47][16] Begünstigend wirkte hierbei, dass selbst in vollständig zerstörten Werkstätten die Maschinen oft nur kleinere Schäden erlitten hatten und nach drei oder vier Wochen wieder in Betrieb gehen konnten. Kesselgebäude, Kraftwerke, Chemiefabriken und Raffinerien waren nach Volltreffern auf Teileinrichtungen zeitweilig ganz ausgefallen. Fabrikgebäude wurden nur dann instand gesetzt, wenn es für den Produktionsablauf notwendig war. So wurde auch für Luftbeobachter der Anschein von schweren Schäden und Arbeitseinstellung gewahrt.[85]

Opfer des Bombenkrieges

Plakat in Westfalen (1945)

Im „Revier“ kamen rund 35.000 Menschen bei den Luftangriffen alliierter Bombergeschwader ums Leben, weit über 50.000 in den umliegenden Gebieten der Region Rhein-Ruhr. Zehntausende weitere wurden schwer verletzt.[86] Das britische Bomber Command verzeichnete rund 5.000 M.I.A.-Personen.

Gewaltige Sachschäden und Zehntausende von obdachlosen Ausgebombten zeigten, dass alle Verteidigungsplanungen zwecklos wurden. Die 1940 von Hitler angeordneten Luftschutzmaßnahmen und das gescheiterte Bunkerbauprogramm erwiesen sich als völlig unzureichend. Im Ruhrgebiet konnten öffentliche Luftschutzräume nur ein Viertel der Bevölkerung aufnehmen.[87] Das „Luftschutz-Führerprogramm“ musste bereits Ende 1941 weitgehend eingestellt werden, weil der Bau von Atlantikwall, Führerhauptquartieren und U-Boot-Bunkern Vorrang vor zivilen Schutzmaßnahmen erhielt.[88] Nach dem Ende der ersten Ruhrschlacht kam der geplante Ausbau des Luftschutzes nicht über Anfänge hinaus.[16]

Verglichen mit den britischen Bombardements waren die deutschen „Vergeltungsangriffe“ auf englische Städte im Frühjahr und Sommer 1943 kleine Operationen.[89] Die im ganzen Jahr 1943 von der Luftwaffe über London abgeworfene Munition entsprach ziemlich genau dem Bombenabwurfgewicht, das in der Nacht des 23./24. Mai 1943 binnen einer einzigen Stunde vom Bomber Command auf Dortmund abgeworfen wurde. Die versprochenen Vergeltungswaffen wie die Fieseler Fi 103 und A4 (Rakete) kamen erst im Juni bzw. Herbst 1944 zum Einsatz.[47][16]

Bilanz der Luftangriffe auf das Ruhrgebiet, das Bergische Land und das Rheinland
Ruhrgebiet
Stadt Tote Luftangriffe Fliegeralarme Munition
SB Spreng-, BB Brand- und PB Phosphorbomben
Auswirkungen
Bochum[90] 4.095 225 22.000 SB, 531.000 BB Die Stadt wurde zu 38 % zerstört.
Bottrop[90][91] 719 105 11.500 SB, 30.000 BB 38 % des Gesamtbestandes wurden zerstört.
Castrop-Rauxel[90] 398 11.415 SB, 500.000 BB Schwere Zerstörungen.
Dortmund[90][92] 6.341 137 25.000 SB, 500.000 BB 90 % von 40.000 Mehrfamilienhäusern mit 144.000 Wohnungen zerstört.
Duisburg[90][93] 5.730 299 ab 1943 fast täglich 30.698 SB, 727.685 BB 80 % der Wohngebäude zerstört oder stark beschädigt.
Essen[90][91] 7.500 272 32.511 SB, 1.401.957 BB, 4.648 Minen 51 % des Gesamtbestandes wurde zerstört, 10.000 Gebäude wurden total zerstört, 50.000 Häuser schwer bis mittelschwer beschädigt, nur 6.300 waren unversehrt.
Gelsenkirchen[90][94] 3.092 184 2.820 55.035 SB, 663.491 BB 52 % der Häuser zerstört, 42 % beschädigt, 6 % werden weiterbewohnt, 28 % der Industriebetriebe zerstört. Fast völlige Zerstörung der Stadtteile Altstadt, Schalke, Bulmke und Hüllen; teilweise Zerstörung der Stadtteile Bismarck, Heßler, Horst und Scholven.
Gladbeck[90][95] 872 109 10.606 SB, 25.281 BB 45 % des Gesamtbestandes wurde zerstört.
Hagen[96][97] > 2.200 Die Innenstadt wurde weitgehend zerstört.
Herne[90][98] 419 64 2.698 SB, 4.843 BB Die Bausubstanz in Herne war größtenteils verschont geblieben.
Lünen[99] 287 > 50 1.165 60 % der Häuser zerstört.
Mülheim an der Ruhr[90][100][91] 1.301 160 8.870 SB, 290.481 BB 29 % des Gesamtbestandes wurde zerstört, große Vernichtung erhaltenswerter Bausubstanz.
Oberhausen[90][91] 2.300 161 25.010 SB, 395.045 BB 31 % des Gesamtbestandes wurden zerstört.
Recklinghausen[90][101] 393 12.000 SB, 150.000 BB Relative geringe Zerstörungen, das Nordviertel wurde in Schutt und Asche gelegt.
Wanne-Eickel[90] 1.074 92 3.000 SB, 461.000 BB Schwere Zerstörungen.
Wattenscheid[90][102] 328 48 1.241 SB, 85.440 BB 45 % der Wohnungen wurden beschädigt oder zerstört. Es entstanden 100.000 m³ Trümmerschutt.
Witten[90][103] 711 91 1.977 SB, 103.845 BB Im November 1944 wurde die Stadt fast vollständig zerstört.
Bergisches Land
Stadt Tote Luftangriffe Fliegeralarme Munition Auswirkungen
Remscheid[104][91] 1.200 295 Tonnen SB, 483 Tonnen BB 24 % der Häuser im Zentrum völlig zerstört, 20 % schwer und mittelschwer, Rest leichter beschädigt. 51 % des Gesamtbestandes wurde zerstört.
Solingen[105] > 5.000 20 % des Gesamtbestandes wurde zerstört, der Stadtkern völlig ausgelöscht
Wuppertal[106] 7.000 7527 SB, 631.590 BB, 58.320 PB, 357 Minen, 100 Granaten 45 % der Stadt zerstört, Barmen verging im Feuersturm, Elberfeld weitgehend zerstört, 200.000 obdachlos, weitere 100.000 bewohnten ihre zerstörten Wohnungen weiter.
Rheinland
Stadt Tote Luftangriffe Fliegeralarme Munition Auswirkungen
Düsseldorf[107][108][109][110][91] 5.858–6.000 234 > 93 % (ca. 176.000) der Wohnhäuser wurden zerstört, von 535.000 Einwohnern 1939 sind 1945 noch knapp 250.000 in der Stadt, ca. 10 Mio. m³ Schutt.
Köln[111] 30.000 262 42.969 SB, 1.406.226 BB, 18.652 PB, 1.239 Minen 90 % der Stadt und 95 % der Altstadt zerstört, die Einwohnerzahl sank von 800.000 auf 40.000, erst 1959 erlangte Köln wieder die Einwohnerzahl der Vorkriegszeit. Das einzige militärisch genutzte Gebäude, welches bei der Operation Millennium beschädigt wurde, war eine Flak-Stellung.

Literatur

Zeitungsberichte

Videomaterial

Deutsch

Englisch

Weblinks

Anmerkungen

  1. Dieser Taktik folgte auch die Luftwaffe bei ihren Angriffen auf britische Städte.
  2. Edgar Ludlow-Hewitt meinte 1938, die Elektrizitätsversorgung des Ruhrgebietes binnen vier Nächten durch 1.500 Einsätze ausschalten zu können. Eine 500-Pfund-Bombe würde ausreichen ein 100 m × 100 m großes Gebäude zu zerstören. Die RAF-Führung ging von der vierfachen Bombenmenge aus. (W. A. Jacobs, The British Strategic Air Offensive against Germany in World War II, in: R. Cargill Hall (Hg.): Case Studies in Strategic Bombardment. Washington D.C. 1998, S. 108.)
  3. Der vollständige Bericht ist abgedruckt bei Webster/Frankland, The Strategic Offensive against Germany, Bd. 4, Anhang 13.
  4. Das Vertrauen der gesamten Bevölkerung zum Führer sei in allen Gesprächen zum Ausdruck gekommen, wobei viele Volksgenossen in Dankbarkeit hervorhoben, dass der Führer „das größte Geschenk für das deutsche Volk“ sei. Trotz zahlreicher Stimmen des Zweifels nach Stalingrad und vieler Gerüchte ist der allgemeine Glaube an dem Führer in der breiten Masse der Bevölkerung ungebrochen. Auch in den von feindlichen Terrorangriffen stark heimgesuchten Städten kam dieses Vertrauen der Bevölkerung immer wieder zum Ausdruck, auch wenn zurückhaltend davon gesprochen wurde, dass „man uns nicht böse sein darf, wenn wir trotz aller Liebe zum Führer seinen diesjährigen Geburtstag nicht mit der Freude wie sonst begehen können“.
  5. Auch die Bombardierung von Fichtel & Sachs in Schweinfurt verringerte andernorts die Produktion von Panzern und Militärfahrzeugen nur wenig.
  6. In der Nachkriegszeit bekannte sich die von Krupp und der Ruhrkohle AG ins Leben gerufene Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft zur Mitverantwortung an dem begangenen Unrecht. Thyssen-Krupp zahlte nach der Fusion der beiden Konzerne 1999 insgesamt 78 Mio. Euro. Bereits 1959 hatte die Friedrich Krupp AG der Jewish Claims Conference 10 Mio. Deutsche Mark zur Verfügung gestellt. [1], [2], [3]

Einzelnachweise

  1. Warnung. Großbritannien an das deutsche Volk
  2. Ralf Blank: Der Ruhr-Plan 1937–1939.
  3. a b c d Ralf Blank: Erste Bomben
  4. a b Rainer Karlsch, Raymond G. Stokes: Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859-1974. Verlag C. H. Beck 2003, ISBN 3-406-50276-8, S. 233
  5. Klaus Autbert Maier: Der operative Krieg bis zur Luftschlacht um England. Stuttgart 1979, S. 338 f.
  6. Alan J. Levine: The strategic bombing of Germany, 1940–1945. Greenwood, Westport 1992. ISBN 0-275-94319-4, S. 338 f.
  7. Norman Longmate: The Bombers. The RAF offensive against Germany 1939–1945. Hutchinson 1983. ISBN 0-09-151580-7, S. 120–133.
  8. Australian War Memorial, 2003 History Conference: Air War Europe, Hank Nelson: A different war. Australians in Bomber Command
  9. a b Ralf Blank: Flächenangriffe
  10. Charles Kingsley Webster, Noble Frankland: The strategic air offensive against Germany 1939–1945. Her Majesty’s Stationery Office 1961, S. 71–76.
  11. Werner Wolf: Luftangriffe auf die deutsche Industrie 1942–1945. Universitas 1985. ISBN 3-8004-1062-1, S. 16
  12. Wolfgang Trees, Charles Whiting, Thomas Omansen: Drei Jahre nach Null: Geschichte der britischen Besatzungszone 1945–1948. Droste 1979, S. 49
  13. Geographisches Institut der Universität zu Köln: Kölner geographische Arbeiten, Notizen: nos. 57 f., 1993, S. 7
  14. Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte: Dokumente deutscher Kriegsschäden – Evakuierte, Kriegssachgeschädigte, Währungsgeschädigte. Die geschichtliche und rechtliche Entwicklung. Bonn 1949, S. 48.
  15. Australian War Memorial: Battle of the Ruhr.
  16. a b c d e f g Ralf Blank: Luftangriffe auf das Rheinland und das Ruhrgebiet im Frühjahr und Sommer 1943.
  17. a b Ralf Blank: Die erste Ruhrschlacht 1943.
  18. Jochen Bölsche: So muss die Hölle aussehen. Der Spiegel, Januar 2003, S. 15.
  19. a b c d e f Campaign Diary, Royal Air Force Bomber Command 60th Anniversary (Memento vom 31. Oktober 2006 im Internet Archive)
  20. Richard D. Davis, Bombing of European Axis Powers (Memento vom 10. Juli 2007 im Internet Archive)
  21. a b c d Royal Air Force Bomber Command 60th Anniversary (1943) (Memento vom 28. März 2006 im Internet Archive)
  22. Großangriff auf Bochum
  23. a b Die Nacht vom 16. auf den 17. Mai 1943. Die Zerstörung der Möhne-Talsperre.
  24. RAF Campaign Diary May 1943
  25. Rolf-Dieter Müller, Florian Huber, Johannes Eglau: Der Bombenkrieg 1939–1945. Christoph Links Verlag, Berlin 2004. ISBN 3-86153-317-0, S. 160
  26. 8th Air Force 1943 Chronicles (Memento vom 12. September 2007 im Internet Archive)
  27. a b RAF Pathfinder Force
  28. Remscheid (Heinemann)
  29. a b Ralf Blank: Happy Valley.
  30. a b c d Ralf Blank: Kriegsendphase.
  31. 70.000 Obdachlose in Bochums Zentrum
  32. Campaign Diary (1944) (Memento vom 5. Juli 2006 im Internet Archive)
  33. 8th Air Force 1944 Chronicles (Memento vom 30. Mai 2009 im Internet Archive)
  34. Hanno Ballhausen, Friedemann Bedürftig: Chronik des Zweiten Weltkriegs. Wissen Media Verlag 2004. ISBN 3-577-14367-3, S. 440.
  35. a b c d Bombenkrieg, Chronik 1945
  36. Jörg Friedrich: The fire. The bombing of Germany (2006)
  37. a b Ralf Blank: Ruhrabriegelungs-Programm.
  38. J.M Spaight: Bombing vindicated. Robert Maclehose, The University Press, Glasgow 1944, S. 79.
  39. Deutsche Flak 1930–1945
  40. Ernst Willi Hansen, Karl-Volker Neugebauer, Michael Busch: Grundkurs deutsche Militärgeschichte. Oldenbourg, München 2007, S. 406.
  41. Aktiver Luftschutz (Bochum)
  42. Flugabwehr der Nachtjagd
  43. a b c d e Ralf Blank: Mit Kanonen gegen Bomber.
  44. H. Boberach (1989), Bd. 13, S. 4927.
  45. H. Boberach (1989), Bd. 13, S. 5217.
  46. Armin Nolze, Dietmar Süss und Malte Thießen: Deutschland im Luftkrieg. Geschichte und Erinnerung. Oldenbourg, München 2007, S. 75.
  47. a b c d Ralf Blank: Rückwirkungen.
  48. H. Boberach (1989), Bd. 13, S. 5157
  49. a b Heimatfront Westfalen. Zwischen Bombenkrieg und Endkampf, Schadensersatz aus jüdischem Eigentum
  50. Arno Buschmann: Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung 1933–1945, Band II: Dokumentation einer Entwicklung. Springer 2000. ISBN 978-3-211-83407-7, S. 524
  51. Der große Abschied. Die erweiterte Kinderlandverschickung (Memento vom 26. Mai 2009 im Internet Archive)
  52. Gerhard E. Sollbach: Flucht vor Bomben. Kinderlandverschickung aus dem östlichen Ruhrgebiet im 2. Weltkrieg. Lesezeichen Verlag Dierk Hobein 2002, ISBN 978-3-930217-65-6, S. 98 ff.
  53. a b c d Der Spiegel 40/1966 vom 26. September 1966, S. 44, Speer – Fühlende Brust
  54. Klaus Hildebrand: Das Dritte Reich. Oldenbourg, München 2003, ISBN 978-3-486-49095-4, S. 117
  55. Klaus Dietmar Henke: Die amerikanische Besetzung Deutschlands. Oldenbourg, München 1996, S. 437. ISBN 978-3-486-54141-0
  56. Wacław Długoborski (Hg.): Zweiter Weltkrieg und sozialer Wandel. Achsenmächte und besetzte Länder. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2003, ISBN 978-3-525-35705-7, S. 98 ff.
  57. Chuck Anesi: United States Strategic Bombing Survey, Summary Report (European War), 1997.
  58. William O'Neil, History, Reports, Data, 2006 (Memento vom 3. Februar 2008 im Internet Archive)
  59. Richard Overy: Die Wurzeln des Sieges. Warum die Alliierten den Zweiten Weltkrieg gewannen. Rowohlt 2005. ISBN 978-3-499-61314-2, S. 168-174
  60. Klaus-Dietmar Henke: Die amerikanische Besetzung Deutschlands. Oldenbourg, München 1995, S. 444.
  61. Liste der Zechen im Ruhrgebiet (Memento vom 7. Februar 2009 im Internet Archive)
  62. The Attack on Oil
  63. Markus Schmitzberger: Österreichische Treibstoff- und Schmierölindustrie im Zweiten Weltkrieg.
  64. a b c Henry Ludmer: Oil in Germany. The Ohio Journal of Science 6 (1947), S. 259-263 (Memento vom 8. September 2006 im Internet Archive)
  65. Rainer Karlsch, Raymond G. Stokes: Faktor Öl: die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859–1974. Verlag C. H. Beck 2003, ISBN 978-3-406-50276-7, S. 239.
  66. Vereinigung der Freunde von Kunst und Kultur im Bergbau, Bochum (Memento vom 22. Juni 2007 im Internet Archive)
  67. Marlies Mrotzek: Das KZ-Aussenlager der Gelsenberg-Benzin AG. Germinal 2002. ISBN 978-3-88663-527-6.
  68. Adolf Galland: The First and the Last: The Rise and Fall of the German Fighter Forces, 1938–1945. Ballantine Books, New York 1968, ISBN 3-88663-527-9, S. 210, 224 und 239.
  69. United States Strategic Bombing Survey, Steel
  70. a b United States Strategic Bombing Survey, The Attack on the Railways and Waterways
  71. 60 Jahre nach Kriegsende (Frankfurter Rundschau)
  72. U-Verlagerung Eisenkies
  73. Workshop zur Geschichte der Konzentrationslager
  74. Ralf Blank: Unterirdische Rüstungsverlagerungen (Memento vom 9. Februar 2007 im Internet Archive)
  75. Dokumentation Zwangsarbeit (enkreis.de)
  76. Pressestelle der Ruhr-Universität Bochum.
  77. Holger Menne, Michael Farrenkopf: Zwangsarbeit im Ruhrbergbau während des Zweiten Weltkrieges (Memento vom 22. Juni 2007 im Internet Archive)
  78. Kriegsende an Rhein, Ruhr und Weser (WDR) Deutsche Erstausstrahlung: 1. April 2005
  79. Lothar Gall: Krupp im 20. Jahrhundert. Die Geschichte des Unternehmens vom Ersten Weltkrieg bis zur Gründung der Stiftung. Berlin 2002, ISBN 3-88680-742-8. S. 417 ff.
  80. a b Heimatfront Westfalen, zwischen Bombenkrieg und Endkampf
  81. Stadtgeschichte Hamm, Zweiter Weltkrieg (Memento vom 21. Juni 2009 im Internet Archive)
  82. Ulrich Herbert: Fremdarbeiter. Politik und Praxis des „Ausländer-Einsatzes“ in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches. Berlin 2002, ISBN 978-3-8012-5028-7, S. 389 ff., 424
  83. Elisabeth Tillmann: Zum „Reichseinsatz“ nach Dortmund. Das Schicksal französischer Zwangsarbeiter im Lager Loh 1943-1945. Katholisches Bildungswerk der Dortmunder Dekanate, ISBN 3-931183-00-9, S. 148 ff.
  84. Klaus Wisotzky: Zwangsarbeit in Essen – Essen 2001 (Memento vom 29. Dezember 2009 im Internet Archive)
  85. Graf Moltkes Bericht an Hans Wilbrandt und Alexander Rüstow über die Zustände in Deutschland und den Warschauer Ghettoaufstand, 9. Juli 1943, Luftangriffe auf Deutschland
  86. Zahl der Kriegs- und NS-Opfer nicht mehr feststellbar
  87. Horst Boog: The conduct of the air war in the Second World War. An international comparison. Freiburg im Breisgau 1988. Berg 1992, ISBN 0-85496-697-8, S. 287
  88. Almut Hielscher: Leben in Trümmern – Wir haben ja nichts mehr (Der Spiegel 2003)
  89. Ulf Balke: Der Luftkrieg in Europa. Die operativen Einsätze des Kampfgeschwaders 2 im Zweiten Weltkrieg. Pawlak, Koblenz 1989, ISBN 978-3-7637-5882-1
  90. a b c d e f g h i j k l m n o Liste der Bombenopfer im Ruhrgebiet (Memento vom 16. Juni 2007 im Internet Archive)
  91. a b c d e f Die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges im Rheinland (Memento vom 30. August 2009 im Internet Archive)
  92. Gerhard E. Sollbach: Bombenkrieg und Nachkriegsalltag 1939–1948. Hagen 1996
  93. Erinnerungen im Luftschutzbunker (Memento vom 4. Juni 2008 im Internet Archive)
  94. Gelsenkirchen (Memento vom 24. April 2010 im Internet Archive)
  95. Gladbeck (Kreis Recklinghausen). (Memento vom 21. September 2011 im Internet Archive) Bezirksregierung Münster, Stadt Gladbeck
  96. Ralf Blank: Hagen 1939–1945.
  97. Ralf Blank: Hagen im Zweiten Weltkrieg: Bombenkrieg, Kriegsalltag und Rüstung in einer westfälischen Großstadt 1939–1945. Klartext 2008, ISBN 3-8375-0009-8
  98. WAZ 5. März 2009, Stärken ins Licht setzen (Memento vom 9. März 2009 im Internet Archive)
  99. Daniel Schaffer: Der Luftkrieg der Alliierten um das Ruhrgebiet und die Auswirkungen auf Lünen (Memento vom 2. Mai 2005 im Internet Archive)
  100. Der Bombenkrieg in Mülheim an der Ruhr
  101. Bezirksregierung Münster, Stadt Recklinghausen (Memento vom 24. Juli 2012 im Webarchiv archive.today)
  102. Die nachstehende Seite ist nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2014. (Suche in Webarchiven.) @1@2Vorlage:Toter Link/www.wattenscheid.net Der Zweite Weltkrieg endet für Wattenscheid
  103. Andreas H. Blesken: Wittener Heimatbuch: Bilder aus der Geschichte der Stadt Witten. Katholisches Bildungswerk der Dortmunder Dekanate, Witten 1948.
  104. 100 Jahre Arenberger Dominikanerinnen (Memento vom 5. April 2005 im Internet Archive) (Festschrift)
  105. Solingen: Stadtkern völlig zerstört (Memento vom 28. Juli 2007 im Internet Archive)
  106. Wolfgang Ispert: Aufstieg aus Trümmern und Ruinen. Wissenschaftliches Archiv, Urkunde, Bild – Chronik Verlag, Bonn 1960, S. 15.
  107. Stadtarchiv Düsseldorf, Vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg
  108. Düsseldorf im Bombenkrieg
  109. Stadtarchiv Düsseldorf, Zeitleiste-IX (Memento vom 9. Mai 2008 im Internet Archive)
  110. Düsseldorf Ausstellung: Aus der Geschichte lernen
  111. Köln im 2. Weltkrieg