Rheinhessen (Weinanbaugebiet)

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Weinberge bei Worms-Pfeddersheim

Das Weinbaugebiet Rheinhessen ist mit 27.312 ha Rebfläche[1] das größte Weinbaugebiet Deutschlands. Es liegt komplett linksrheinisch und damit im Bundesland Rheinland-Pfalz (siehe auch: Region Rheinhessen). Das Weinanbaugebiet teilt sich auf in 3 Bereiche, 24 Großlagen und 432 Einzellagen.[2] Es liegt in der Weinbauzone A und zählt damit zu den kühlen Weinbauklimaten (Winterhärtezone 7).

Das Weinanbaugebiet wird seit 1953/1954 von der jährlich gewählten Rheinhessischen Weinkönigin vertreten.

Seit Mai 2008 ist Mainz mit Rheinhessen Mitglied im Netzwerk Great Wine Capitals.[3]

Überblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Größte
Weinbaugemeinden
im Anbaugebiet
Rang nach
Rebfläche
(innerhalb
von RLP)
Bestockte
Rebfläche
2022
Rheinhessen
Worms 03 01.659
Westhofen 07 00.824
Nierstein 09 00.805
Alzey 08 00.778
Alsheim 10 00.712
Ingelheim am Rhein 13 00.708
Bechtheim 11 00.669
Flörsheim-Dalsheim 12 00.652
Bingen am Rhein 15 00.578
Saulheim 16 00.539
Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Bad Ems, Mai 2023
Traubenvollernter VL6060 von New Holland in Guntersblum nach einem Einsatz in den rheinhessischen Weinbergen

Ein Fünftel der rheinland-pfälzischen Region Rheinhessen, die auch die waldärmste Deutschlands ist, ist mit Rebstöcken bepflanzt. Über 6000 Winzer produzieren pro Jahr mehr als 2,5 Mio. Hektoliter Wein aus dem Ertrag von ca. 120 Mio. Rebstöcken. Von den 136 Gemeinden Rheinhessens betreiben lediglich Budenheim, Hochborn, Eich und Hamm keinen Weinbau auf der eigenen Gemarkung.[4]

Rheinhessen ist zudem eines der traditionsreichsten Anbaugebiete, in dem bereits seit 20 v. Chr. Wein angebaut wird. In Nierstein befindet sich die möglicherweise älteste (742) Weinlage Deutschlands, der Niersteiner Glöck.[5][6] Nach Errichtung des Bremer Ratskellers im Jahr 1405 wurden dort zunächst ausschließlich Weine aus Rheinhessen ausgeschenkt – der Gemeine und der Bessere.

Aus Rheinhessen kamen vor dem Ersten Weltkrieg Weine, die bei internationalen Auktionen Spitzenpreise erzielten. Auf einer der ersten Auktionen nach dem Zweiten Weltkrieg im Juli 1949 konnten in London (Beaver Hall) die ersten Erfolge mit deutschen Spitzengewächsen erzielt werden, darunter 1929er Liebfrauenmilch Auslese und 1934er Liebfrauenmilch Superior.[7] Der Niersteiner Riesling z. B. genoss einen legendären Ruf. Mitte bis Ende des 20. Jahrhunderts gab es allerdings eine Phase, in der zu sehr auf Quantität geachtet wurde, was den Ruf des rheinhessischen Weines nachhaltig schädigte. In diesem Zusammenhang wurde die Liebfrauenmilch aus der gleichnamigen Großlage mehrfach genannt.

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts setzte jedoch ein Umdenken ein. Einer neuen Winzergeneration ist es zu verdanken, dass der rheinhessische Wein sich wieder eines guten Rufs erfreut. Rheinhessische Weingüter zählen zu den höchstdekorierten, und auch bekannte Weinkritiker und Weinführer heben die Qualität der Weine hervor. Meist handelt es sich um Riesling oder Silvaner, aber auch manche Rotweine werden gelobt. Kompromisslos auf Qualität setzenden Winzern (u. a. durch Ertragsbegrenzung, kontrollierte Vergärung usw.) gelingt es zunehmend, die geologische Vielfalt der Region zu nutzen und absolute Spitzengewächse zu erzeugen.

Seit Spätherbst 2007 darf sich der Federweiße aus Rheinhessen auch Rheinhessischer Federweißer nennen, davor musste laut Weingesetz die Bezeichnung „Rheinischer Federweißer“ benutzt werden.[8][9] Die Bezeichnung „Rheinischer Federweißer“ basierte darauf, dass Federweißer kein Qualitätswein ist und dem Bezeichnungsrecht für Tafelwein unterlag.

Rebsorten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rebenlandschaft bei Gau-Bickelheim
Weinberg bei Dalheim (Rheinhessen).

73,5 % der rheinhessischen Rebfläche sind mit weißen Rebsorten bestockt. Rotwein wird großflächig in der Gegend um Ingelheim und im Wonnegau angebaut. Im Sortenspektrum aufsteigend sind die pilzwiderstandsfähigen Rebsorten, neue Rebsorten die weniger Pflanzenschutz benötigen. So werden als statistisch relevant die Sorten Solaris, Johanniter, Cabernet Blanc (je ca. 0,2 %) , sowie Souvignier gris, Muscaris, Phoenix und Sauvignac mit je ca. 0,1 % gelistet.

Am Rhein um die Orte Nackenheim, Nierstein und Oppenheim konzentriert sich der Rieslinganbau. Der Anbau wird begünstigt durch milde Temperaturen, viel Sonne und geringen Niederschlag.

Der Anteil der 10 bedeutendsten Sorten ist der folgenden Tabelle zu entnehmen.

Führende Rebsorten in Rheinhessen (Stand 2022)
Sorte Farbe Synonym Fläche (%) Fläche (ha)
1. Riesling weiß Weißer Riesling 19,4 5.304
2. Müller-Thurgau weiß Rivaner 14,3 3.893
3. Dornfelder rot 11,3 3.099
4. Grauburgunder weiß Ruländer 8,5 2.314
5. Silvaner weiß Grüner Silvaner 7,1 1.932
6. Weißer Burgunder weiß Klevner, Pinot Blanc 5,8 1.589
7. Spätburgunder rot Pinot Noir 5,5 1.490
8. Chardonnay weiß 3,7 1.019
9. Blauer Portugieser rot 3,4 926
10. Scheurebe weiß Alzey S. 88, S 88, Sämling 88 2,7 733

Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz[10][11]

Weiße Sorten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zugelassene weiße Rebsorten

Rote Sorten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Trauben der roten Rebsorte Spätburgunder
Zugelassene rote Rebsorten

Bereiche und Großlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die insgesamt 26 Großlagen gliedern sich in 434 Einzellagen:

Bereich Bingen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereich Nierstein[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereich Wonnegau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

DLG-empfohlene Weingüter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schild an einem von der DLG empfohlenen Weingut

Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) prüft seit 1999 Weingüter und Winzergenossenschaften und zeichnet die jährlichen Gewinner der Wettbewerbe mit den Zertifikaten DLG-Empfohlenes Weingut beziehungsweise DLG-Empfohlene Winzergenossenschaft aus.

Die Gültigkeit der Auszeichnung ist zunächst auf drei Jahre befristet. Danach wird in jährlichen Kontrollen überprüft, ob die Kriterien noch erfüllt werden. In Rheinhessen wurden bisher folgende Weingüter ausgezeichnet:

Great Wine Capitals[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Mai 2008 wurde Rheinhessen mit seiner «Weinhauptstadt Mainz» in das Weinnetzwerk Great Wine Capitals aufgenommen.[12][13] In diesem Netzwerk wird jeweils ein charakteristisches Weinbaugebiet pro Land aufgenommen. Neben Mainz/Rheinhessen befinden sich in diesem Verbund Städte und Regionen wie Adelaide/Südaustralien, Bilbao/Rioja, Bordeaux/Bordeaux, Kapstadt/Cape Winelands, Lausanne Schweiz, Mendoza/Mendoza, Porto/Dourotal, San Francisco/Napa Valley, Valparaiso/Casablanca Valley Chile sowie Verona/Weinbau in Italien. Neustes Mitglied im globalen Netzwerk ist seit November 2023 die neuseeländische Region Hawke’s Bay mit den Weinbaugebieten der Nordinsel.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jens Priewe: Wein, die neue große Schule. Zabert Sandmann, 1997, ISBN 3-932023-02-1.
  • Hess. Weinbauverband, Oppenheim: Die Rheinweine Hessens, Rheinhessen und die Bergstrasse. 2. Aufl. v. Zabern. Mainz 1927.
  • Paul Kadel: Beiträge zur rheinhessischen Winzersprache. Gießen 1928.
  • Monika Becht: Weinland Rheinhessen. Societäts-Verlag, Frankfurt 2005, ISBN 3-7973-0936-8.
  • Matthias F. Mangold: Rheinhessen im Glas. Höma-Verlag, Offenbach 2006, ISBN 3-937329-14-5.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Vineyards of Rheinhessen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Deutsches Weininstitut: '23/'24 Deutscher Wein Statistik. Mainz 2022 (deutscheweine.de [PDF; 763 kB] Bestockte Rebflächen und wichtige Rebsorten nach Anbaugebieten 2022).
  2. Deutsches Weininstitut – Rheinhessenwein e.V. (Memento vom 14. März 2008 im Internet Archive)
  3. Pressemitteilung der Stadt Mainz (Memento vom 7. Februar 2013 im Internet Archive) vom 19. Mai 2008.
  4. ÜBER WEIN AUS RHEINHESSEN. Zusammenfassung über Weinbau in Rheinhessen, mit Bezug auf die Nicht-Weinorte Hochborn, Eich und Hamm. In: Blue Terroir. 2024, abgerufen am 21. Februar 2024.
  5. Maximilian Bieler: Der Rote Hang in Nierstein. Abgerufen am 27. Januar 2022.
  6. Franz Staab: Nierstein im Mittelalter (bis 1375), in: Hildegard Friess-Reimann/Sigrid Schmitt (Hrsg.): Nierstein – Beiträge zur Geschichte und Gegenwart eines alten Reichsdorfes, Alzey 1992, 36–58, 38 ff. Text und Übertragung der Urkunde Kaiser Ludwigs des Frommen von 822.
  7. Rhein-Zeitung 30./31. Juli 1949.
  8. „Rheinhessen“ auf Etikett – Winzer nutzen für Federweißer das geänderte Weinrecht in der Allgemeinen Zeitung vom 11. September 2008.
  9. @1@2Vorlage:Toter Link/www1.rhein-zeitung.deFederweißer aus Rheinhessen heißt ab 2008 endlich „Rheinhessischer Federweißer“. (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven) in Rhein-Zeitung online vom 10. September 2008 basierend auf Mitteilung des Bauern- & Winzerverbands Rheinland-Pfalz Süd.
  10. Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz: Bestockte Rebfläche der Keltertrauben 1999–2022 nach ausgewählten Rebsorten, Anbaugebieten und Bereichen. Mainz 2023 (rlp.de [PDF]).
  11. Bestockte Rebfläche der Keltertrauben in Rheinhessen 1990–2022 nach Rebsorten.
  12. Great Wine Capitals: eine Welt der Extraklasse. In: Internet-Stadtportal mainz.de. Landeshauptstadt Mainz: Hauptamt, Abteilung Öffentlichkeitsarbeit und Protokoll, abgerufen am 22. Juli 2023.
  13. Great Wine Capitals - Global Network. A World of Excellence. In: Internetpräsenz. Great Wine Capitals Global Network, Bordeaux, Frankreich, abgerufen am 22. Juli 2023 (englisch).